Mittwoch, 13. September 2017

Das Große Problem an der "Cause Müller"

Nur eines? Dabei gibt es doch so viele...

Fangen wir erst Mal mit dem Offensichtlichen an: Es ist anscheinend für all unsere Experten unmöglich, eine sachliche Debatte über Thomas Müller zu führen. Also über den Fußballer... Schließlich ist er als Persönlichkeit unantastbar. Die letzte übrig gebliebene absolute, bedingungslos geliebte Identifikationsfigur beim FC Bayern. Und als designierter WM-Rekordtorschütze auch ein Nationalheld. Dazu kommt das "Bonus-Feature", dass selbst der Kicker mit dem Mann interessante Interviews führen kann... Auch wenn ich irgendwie das Gefühl habe, das ich 80% des Interviews schon im Februar in der Socrates gelesen habe... In einem der schwächeren Socrates Interviews... Aber Details...

Das Problem ist halt: Die Persönlichkeit Müller überstrahlt alles. Also sogar den Fakt, dass das eigentlich kein wirklich guter Fußball ist.

Da. Ich habe es ausgesprochen. Müller ist jedes Wochenende der schwächste Fußballer im Bayern-Kader... Ok, Sven Ulreich dürfte er im 1gegen1 im Dribbling besiegen... aber selbst ein Manuel Neuer könnte rein fußballerisch betrachtet mehr drauf haben, als Thomas...

Und ja, die "freundliche" Interpretation dieses Fakts lautet "Müller ist ein Unikat". Der findet Räume, die sonst niemand findet. Damit sind auch die 2 herausragenden Eigenschaften von Müller erwähnt worden; Antizipation und Handlungsschnelligkeit.
Die bittere Wahrheit ist aber: Diese Fähigkeiten hat er jahrelang ausgereizt, in dem er extrem von seinen überragenden Mitspielern (sowohl im Verein, als auch im Nationalteam) profitiert hat...

Also... geht einfach mal ein kurzes Gedankenexperiment durch: Stellt euch vor, Müller wäre bei 1860 München groß geworden... und Österreicher... glaubt ihr, für den hätte sich irgendjemand interessiert... Klar, Bundesligastürmer wäre er wahrscheinlich trotzdem geworden... aber mehr auch nicht...
Am Ende... müssten die Uli Hoeneß eigentlich immer noch Dankesreden auf Louis van Gaal halten, der damals in einem Akt absurder Genialität erkannt hat, dass Müller (der in der Jugend nie ein großer Name war... siehe seine 9 U-Länderspiele... die zu Zeiten kamen, bevor wir 2 U21 Nationalmannschaften stellen konnten) im richtigen Umfeld perfekt funktionieren kann... solange er am eigenen Limit spielt...

Es ist nebenbei nicht so, dass ich das Müller vorwerfen will. Im Gegenteil. Um ein weiteres Beispiel zu bringen: Wer bringt eigentlich eher die Voraussetzungen mit ein absoluter Superstar zu werden? Lukas Podolski mit seinem überragenden Linken Fuß? Der mit den Ding halt Sachen anstellen kann, von dem wir alle nur träumen können? Oder Thomas Müller, der eigentlich nichts überragend kann? Aber Müller war halt Jahrelang gewillt, sich so weit zu quälen, dass er immer das Maximum heraus geholt und abgerufen hat. Und solche Spieler kriegen (selbst wenn sie das für Deutschland und Bayern tun) immer erst Mal Respekt...
Und dass Müller jahrelang weit über seinem eigentlich fußballerischen Horizont verdammt erfolgreich war, muss man halt einfach mal hoch anerkennen.

Aber... Müller muss halt auch dieses Maximum abrufen, um relevant zu bleiben. Und da kommen wir zur nächsten bitteren Wahrheit: Der Junge war in der letzten Saison richtig Scheiße. Also der ist halt letzte Saison wirklich von seinen Mannschaftskameraden durch geschleppt worden.
Und natürlich ist ein Kicker Notenschnitt von 3,44... nun ja, bei anderen Mannschaften wäre er damit wahrscheinlich in der Top 5 der Saison... Und 19 Scorerpunkte sind doch auch mehr als beeindruckend. Aber bei genauerem Hingucken... Hat er 14 dieser Scorerpunkte bei den 6+X:0 Schützenfesten gegen Bremen, Wolfsburg (da gleich 2 Mal), Hamburg und Augsburg gesammelt... diese Vereine müssen sich schon fragen, wie das ausgegangen wäre, wenn die Bayern zu 11. aufgelaufen wären...
Und diese Spiele treiben ja auch seinen Notenschnitt nach oben... auf der anderen Seite... Stehen 8 Spiele, in denen Müller die Note 4,5 oder schlechter bekommen hat... während er von absoluten Spitzenspielern umgeben ist... Besonders hervorgehoben soll hier sein Rückrundenauftakt... in dem er in 3 von 4 Spielen die Note 5,0 bekam... Autsch...

Trotzdem... um den Bogen zu schlagen... fragen sich alle, warum Müller dann in den wichtigen Spielen nicht spielt... Obwohl er im Hinspiel gegen Real Madrid gespielt hat... und zwar schlecht... Nun ja... ähm... Leistungsprinzip?
Und wenn er denn eingewechselt wird... Beginnt sein Spielbericht mit einem "Im Mittelfeld verliert der soeben eingewechselte Müller einen wichtigen Zweikampf gegen Casemiro". Die Bayern haben ja nach dem Ausscheiden gegen Real Madrid so exzessiv auf den Schiedsrichter geflucht, dass sie die eigentlich entscheidende Information verpasst haben: Wenn Müller Normalform erreicht, kommen die Bayern souverän weiter.
Genau der Müller, den "ihr alle" unbedingt in der ersten Elf sehen wolltet...
Und bevor ihr jetzt mit "Naja, Müller musste im Hinspiel halt Mittelstürmer spielen... das liegt ihn halt nicht" 1. Genau. Wenn Müller keinen Weltklasse Mittelstürmer neben sich hat, von dem er profitiert, ist er nicht gut genug. 2. 2015 hätte er da trotzdem funktioniert. Wenigstens halbwegs.

Und nur um mal zu erwähnen, dass beim jetzt endlich ausgeruhten Müller nicht alles besser wurde... das 0:2 gegen Hoffenheim muss genau genommen auch er verhindern. Hätte er vor 2 Jahren auch... jetzt... kommt er wieder nicht in den Zweikampf... Für jemanden, der Fußball genau genommen arbeitet, ist das ein verdammt schlechtes Zeichen...

Und ja, gerade in engen Spielen ist Müller derzeit eher ein Risikofaktor. Und das ist der einzige Müller, den Carlo Ancelotti kennt. Natürlich setzt er den derzeit lieber auf die Bank. Er wird sich ärgern, dass er es nicht häufiger gemacht hat... Und auf ein Mal kommt eine absurde Unruhe auf, weil Ancelotti eine Entscheidung trifft, die sachlich betrachtet zwingend notwendig ist. Müller hat derzeit einfach nicht das Niveau für die Bayern. Und er muss erst Mal nachweisen, dass er wieder auf dieses Niveau kommt.
Das ist halt die nächste bittere Wahrheit: Müller ist dichter an einem Bastian Schweinsteiger als an Philipp Lahm. Er ist einer dieser Spieler, die man bei den Bayern halt aussortieren muss, wenn sie einen Schritt langsamer werden. Oder er findet sich mit seiner Rolle als Ergänzungsspieler ab... Danach sieht es derzeit eher nicht aus...
Also um mal eine Prognose abzugeben: Müller wird die Bayern verlassen, bevor er 31 ist. Die Frage ist dann, ob er sich das Jahr im europäischen Ausland bei einer Mannschaft wie Manchester United in ihrer Umbruchphase antut... oder ob er direkt ins exotische Ausland wechselt...

Und wo wir schon dabei sind: Wenn der seine Form nicht wieder findet, aber unbedingt spielen muss... wird er erst den Bayern die Meisterschaft kosten... und danach Deutschland den Weltmeistertitel... weil... Jogi Löw und Oliver Bierhoff ja felsenfest davon überzeugt sind, dass es "nur" das fehlende Vertrauen ist... wie absurd ist das eigentlich... da spielt jemand 3 von 4 Spielen richtig schlecht, wird im wichtigsten Hinspiel trotzdem in der ersten Elf aufgestellt... enttäuscht wieder... aber er darf sich auf fehlendes Vertrauen berufen? What the fuck?
Und dann... kommen all die Leute aus ihren Verstecken gekrochen und behaupten, dass es ja Wahnsinn war den Müller überhaupt aufzustellen...

Und wenn ihr jetzt denkt: Das ist doch absurd. Das wird uns doch nicht passieren... dann müsst ihr allerdings auch ehrlich sein und behaupten "Das wird uns nicht schon wieder passieren." 2016 hätten wir dieselbe Debatte über Schweinsteiger führen müssen. Löw hat sie mit einem "Natürlich ist Schweinsteiger bei der EM gesetzt, das ist mein Kapitän" beantwortet... Nur um dann an einem von Schweini verursachten Handelfmeter zu scheitern... Also wenn Löw (und Bierhoff) wirklich was aus der EM gelernt haben...

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