Freitag, 18. Juli 2025

Nebenbei haben die eine der besten Regeländerungen der Neuzeit eingeführt.

 Es ist gar nicht alles schlecht. Nur 95 % der Dinge, die die Fifa so macht, dient der Profitmaximierung. Und jetzt haben sie sogar etwas Positives bewirkt. Wie konnte Gianni Infantino das zulassen?

Aber jetzt wird wirklich etwas gegen die Spielverzögerung unternommen, denn wenn der Torhüter den Ball zu lange in der Hand hält, wird das sanktioniert. Und das nicht nur mit einem erhobenen Zeigefinger, sondern mit einer Standardsituation tief in der eigenen Hälfte: Einem Eckball. Das sind genau die Momente, die man in einer Schlussphase unbedingt vermeiden will.

Es wird also jeder Torhüter den Ball ins Spiel bringen, sobald der Schiedsrichter runterzählt. Geile Idee.

Wobei die natürlich nicht radikal genug ist: Viel geiler wäre es, wenn man für jegliches Zeitspiel einen Eckball für den Gegner gibt. Egal, wo diese Unsportlichkeit begangen wird. Das wäre mal ein Ansatz, der das Spiel positiv verändern würde.

Denn eines muss man an der Stelle nochmal festhalten: Zeitspiel ist immer effektiv. Man unterbricht den Rhythmus des Gegners und gibt seiner eigenen Verteidigung die Gelegenheit, durchzuschnaufen. Die Zeit wird nie komplett nachgespielt. Und wenn ein Spieler dafür verwarnt wird, ist das nur noch besser, weil es weitere 10 Sekunden dauert, bis das erfasst wurde.

Und wenn ein Spieler sich durch das Zeitspiel direkt eine Sperre einhandelt, passiert nur in 3 Szenarien:
1. Man hat das Achtelfinalhinspiel souverän gewonnen und will unbelastet ins Viertelfinale gehen. Das ist vor allem in der Champions League relevant.
2. Man spielt am nächsten Wochenende beim FC Bayern und hat die Niederlage eh einkalkuliert. Das ist das Bundesliga-Szenario.
3. Man hat nächste Woche ein Familientreffen... was noch schlimmer ist. Die Kreisklasse-Variante.

Dass Spieler unbeabsichtigt eine Sperre kassieren, ist quasi ausgeschlossen. Das machte die Aktion Gregore bei der Klub-WM so absurd.

Noch viel absurder wird es in einem Viertelfinale bei einer WM der EM. Da wird man dann für die restlichen 5 bis 10 Minuten verwarnt. Dass man direkt danach noch eine Verwarnung bekommt, ist so gut wie ausgeschlossen. Und direkt nach dem Abpfiff wird die Verwarnung wieder gestrichen, weil wir zu viel Angst davor haben, dass ein Star das Finale gesperrt verpassen könnte. Da kann man dann doch wirklich nicht mehr von einer Strafe reden. Und im Halbfinale kann man dann wieder zu diesem Mittel greifen.

Schritt 1 wäre es da, dass man die Karten für Zeitspiel und Unsportlichkeiten einfach doch behält. Oder dass Verwarnungen nicht komplett nach dem Viertelfinale, sondern nach 2 Spielen, gestrichen werden. Dann würde man im Finale gesperrt fehlen, wenn man im Viertel- und Halbfinale verwarnt wird, aber eben nicht, wenn man aus dem 1. oder 2. Spieltag eine Verwarnung mitbringt.

Aber unabhängig von solchen doch recht komplizierten Lösungen wäre es auch schon extrem hilfreich, wenn die auf Zeit spielende Mannschaft sofort eine spürbare Bestrafung bekommt. Denn das ist ja auch ein Vergehen, für das man sich am Ende kollektiv entscheidet. Ein Eckball wäre hier auch das perfekte Strafmaß: drastisch genug, dass man der Aufforderung den Ball zu spielen sofort nachkommt. Aber nicht so drastisch, dass man gar keine Chance hat, die folgende Situation zu verteidigen.

Genau so würde man das Zeitspiel effektiv unterbinden. Und wenn jetzt irgendwelche Regel-Nerds ankommen und behaupten, dass man ja nicht einfach willkürlich Eckbälle verteilen kann, sondern die nur in einer sehr spezifischen Situation angewendet werden... nun ja. Die Fifa hat ja gerade bewiesen, dass sie das einfach anpassen kann, wenn das gewollt ist.

Und an der Stelle sollte das gewollt sein, weil es das Spiel objektiv verbessern würde. Aber das ist halt leider nicht der Fokus der Fifa. Deswegen hier jetzt die wirkliche Lösung: Für jegliches Zeitspiel gibt es eine Coca-Cola-Ecke. Das ist an und für sich auch nur ein Eckball, nur wird er von der Marke präsentiert und während die Mannschaften sich im Strafraum sammeln, was ja aufgrund des Zeitspiel-Szenarios etwas dauern wird, kann ein entsprechender Spot gezeigt werden.

Montag, 14. Juli 2025

Worst of der "Mathhias Sammer hat Rech" Vorrunde

 Also zumindest der Überschrift nach zu urteilen. Praktisch im Prinzip. Denn auch wenn ich Matthias Sammer für einen der fähigsten, kritischen Köpfe halte, will ich mir deswegen jetzt kein Abo holen... und so weit, dass man denen 50 Cent für einen Einzelartikel geben kann, sind die noch nicht.

Außerdem wird Sammer da kaum an den Frauenfußball gedacht haben, auch wenn die gerade ein Paradebeispiel fürs Schönreden abliefern.

Da war Klara Bühl (zumindest glaube ich, dass das ihre Reaktion war) nach dem Spiel dann "stolz" drauf, dass man gegen die Schwedinnen in Halbzeit 2 nur ein Gegentor gefangen hat. Schließlich war man in Unterzahl. Dass die Schwedinnen ihre Stars auswechselten und bei eigenem Ballbesitz in den Schonmodus geschaltet haben, wird ignoriert.

Christian Wück sah seine Mannschaft bis zum Platzverweis von Nora Nderlage auf Augenhöhe. Hier ist das Problem: mit dem Handspiel verhinderte Carlotta Wamser, wie Nderlage im bürgerlichen Leben genannt werden will, das sichere 3:1. Man liegt da quasi schon deutlich zurück. Wenn man jetzt beim Stand von 1:1 einen unglücklichen und fragwürdigen Platzverweis bekommt... Aber man hat zum 3. Mal innerhalb von 20 Minuten richtig beschissen verteidigt.

Apropos beschissen verteidigt: Wück sieht ein glückliches 1:2, weil der Schussversuch ja nur aus Tor geht, weil eine Deutsche beim Klärungsversuch angeschossen wird... Aber ganz ehrlich: wie Smilia Holmberg da an Bühl und Sarai Linder vorbeizieht, ist beängstigend einfach. Und da gibt es eine einfache Regel: wenn man erst im Strafraum versucht, wenigstens Widerstand zu leisten, fängt man sich regelmäßig Gegentore ein. Und das hat dann mehr mit der eigenen Unfähigkeit, als mit "Pech" zu tun.

Wahr ist: Die ersten 20 Minuten waren stark. Aber man hat sich in den entscheidenden Umschaltmomenten viel zu eng an das Lehrbuch Jogi Löws gehalten, obwohl wir seit 8 Jahren wissen, wie naiv das ist. Um es freundlich auszudrücken. Vor allem fand man nach dem Ausgleich nie zum eigenen Spiel zurück. Und sich jetzt auf die ersten 20 Minuten zu konzentrieren, wenn ein Großteil des Spiels Scheiße war, kann nicht der Ansatz sein. Hoffentlich analysieren sie das unter den kritischen Augen Rihannas gründlicher.

Lasst uns da mal ein praktisches Beispiel fürs Verklären von Mittelmaß zur Weltklasse anbringen: Dem Narrativ, dass Elisa Senß eine Lena Oberdorf vergessen lässt. Die Lücke sei "sportlich geschlossen", weil die Frankfurterin in 9 von 10 Länderspielen mitgewirkt hat. 

Und das geht jetzt nicht gegen Senß. Die hat bisher ein ordentliches Turnier abgeliefert. Aber eben auch nicht mehr. Und Lena Oberdorf ist eine der 2 verbliebenen Spielerinnen mit deutschem Pass, die wirklich Weltklasse verkörpern. Die andere ist die ebenfalls verletzte Giulia Gwinn. Der Rest der Mannschaft ist gut, aber nicht überragend. Wir reden uns aber trotzdem ein, dass wir um den Titel mitspielen, obwohl andere deutlich bessere Spielerinnen haben. Weil ja "das System" so gut und so wichtig ist. Dieses System hat beim ersten echten Stresstest einen klassischen Bluescreen produziert.

Eine Lea Schüller lässt schon in der Bundesliga zu viele Chancen liegen. Einer Liga, die international mehr und mehr den Anschluss verliert. In der Champions League kommt sie fast schon logischerweise auf 0 Treffer in 7 Spielen. Aber gut, da wird sie ja meistens auch nur eingewechselt.

Eine Jule Brand lässt immer wieder wunderbares Potenzial aufblitzen, muss aber aufpassen, dass sie nicht zum weiblichen Julian Brandt wird. Der Vergleich drängt sich nicht nur wegen des Namens auf. Und sie muss trotz ihrer 63 Länderspiele noch lernen, wie man konstant und seriös nach hinten mitarbeitet... Hoffentlich hilft ihr der Wechsel zu Olympique Lyon, aber da wird sie erstmal ihre Schwächen aufarbeiten müssen.

Nebenbei zeigt uns diese Entwicklung wahrscheinlich auch ein elementares Problem: Wer Weltklasse werden will, muss die Bundesliga verlassen. Und das so schnell wie möglich. Das ist keine gute Grundlage für langfristiges Wachstum. 

Und es kommt ja zumindest kurzfristig nichts nach. Also während woanders mit Vicky, Schertenleib, Beney, Wandeler und Gaupset 20-Jährige in die Startelf drängen, ist Wamser als 21-jähriges "Küken" eher die Notlösung. Selbst die steinalten Schwedinnen haben mit Holmberg eine 18-jährige, die zumindest gut genug ist, um Deutschland abzuschießen... 

Frankreich hat die Legende Wendie Renard durch Alice Sombath, Melween N'dongala, Thiniba Samoura und Lou Bogaert ersetzt, die alle höchstens 21 sind. Sonbath und Samoura bildeten in den letzten beiden Spielen die Innenverteidigung. Die anderen wurden regelmäßig eingewechselt.

In Deutschland guckt eine 20-jährige Franziska Kett nur zu, wie eine 32-jährige Kathrin Henrich eingewechselt wird...  Nur um zu verdeutlichen, dass die Dinge nur bedingt besser werden, falls es dieses eine Mal noch gegen Frankreich reicht. Und auch wenn Frankreich uns jetzt einreden will, dass unsere Mannschaft favorisiert ist, weil die vor 12 Jahren regelmäßig Titel gewonnen haben, sieht es in der Gegenwart so aus, dass ein Weiterkommen eine ordentliche Überraschung wäre.

Aber anstatt den Finger in die Wunde zu legen, wird uns überall eingeredet, dass das ja schon irgendwie werden wird. Denn jetzt, wo die Aufmerksamkeit gerade vorhanden ist, schon die Missstände anzusprechen, wäre doch völlig übertrieben. Das kann man doch dann machen, wenn keiner mehr hinguckt, da tut es dann nicht so weh. 

Das macht es dann in 2 Jahren auch wieder leichter, sich einzureden, dass man ja zur Elite gehört. Nur um dann wieder überrascht zu gucken, wenn man mit dem Halbfinale nichts zu tun hat... 

Montag, 7. Juli 2025

Ein doppeltes Worst of

 Quasi das Gegenteil von einem Doppel-Wumms...

 Fangen wir mit den Impressionen zur Frauen-EM an. Und da muss man festhalten: Die Auslosung ist echt... ungünstig. Denn die Gruppe A ist sichtbar schwächer als der Rest.

Die jungen Schweizerinnen sind noch 2 Jahre von einer wirklich relevanten Rolle entfernt. Und die alten Schweizerinnen sind einfach nicht so gut. Das Potenzial blitzt immer wieder auf, aber das 1:0 gestern fiel, auch wenn in dem Moment stark umgeschaltet wurde, eher aus dem Nichts. Erst danach kamen die Damen richtig ins Rollen.

Finnland ist hauptsächlich froh, dass sie überhaupt mitspielen dürfen. Island stellt eine Spielerin auf, die buchstäblich nur bei Einwürfen positiv auffällt. Aber ich habe noch keine einzige gelungene Aktion mit dem Ball am Fuß von Jonsdottir gesehen und ich habe beide Spiele live gesehen.

Norwegen ist die absolute Arschlochmannschaft. Das Real Madrid dieses Turniers. Die machen nicht mehr als nötig und wissen selbst nicht genau, wie sie die Gegnerinnen zu den Eigentoren zwingen. Wo die garantiert als Gruppensiegerin feststehen, würde es mich nicht überraschen, wenn die am 3. Spieltag gar nicht antreten und die 0:3 Niederlage akzeptieren.

Keine dieser Mannschaften wird sachlich gesehen etwas mit dem Halbfinale zu tun haben. Was absurd ist, denn in Gruppe D spielen mit England, Frankreich und den Niederlanden 3 Mannschaften mit berechtigten hohen Ansprüchen. Deutschland und Schweden muss man auch zu den Titelfavoritinnen zählen. Dänemark wäre in Gruppe A ebenfalls der klare Favorit. Diese Mannschaften verteilen sich nicht nur auf 2 Gruppen, sondern treffen im Viertelfinale aufeinander... 

Dazu kommt ja, dass die Gruppe A die exponierteste Stelle hat. Denn man durfte nicht nur den Auftakt geben, sondern auch die beste Sendezeit am Sonntagabend für sich beanspruchen. Und dann kommen die sexistischen Arschlöcher und behaupten, dass das Niveau ja grausam sein muss, weil sie Island gegen Finnland gesehen haben. Das reicht ja auch, um das gesamte Turnier zu beurteilen... Genau.

Allen, die das behaupten, sollte man die Highlights von Spanien - Portugal an den Kopf werfen. Und natürlich sind die Portugiesinnen überfordert. Aber man kann dort wunderbar erkennen, auf welchem Niveau und mit was für einem Tempo die Damen agieren können.

Und natürlich ist nicht jedes Spiel der Gruppenphase hochwertig. Am Ende hoffen einige Mannschaften auch einfach, dass sie nach 2 Spieltagen irgendwie auf 2 Punkte kommen... Und Norwegen liegt trotz dieser Einstellung irgendwie bei 6. Aber das ist doch bei jedem beliebigen Männerturnier genauso. Nur dass da dann niemand die Kommentarspalten mit "das kann sich ja keiner angucken" Kommentaren voll jammert. Aber die behaupten alle trotzdem, dass das ja kein Sexismus sei...

Nebenbei müssen wir mal über Edina Alves Batista reden. Der Gastschiedsrichterin aus Brasilien. Und dass die in Südamerika mindestens eine Schiedsrichterin haben, die so gut ist, dass "wir Europäer" die unbedingt bei diesem Turnier haben wollen, ist ein gutes Zeichen für die Entwicklung des Sportes. Aber es ist ein eher schlechtes für den DFB, dass bei den 12 besten Schiedsrichterinnen Europas anscheinend keine einzige Deutsche dabei ist. Und das ist ja keine Ausnahme, sondern ein Trend, denn schon bei der letzten EM wurde nur ein einziges Spiel von Riem Hussein gepfiffen.

5 Jahre nach dem Karriereende von Bibiana Steinhaus-Webb scheint man auch bei den Schiedsrichtersinnen den Anschluss zu verlieren. Genauso wie bei den Vereinen, die International auch nur noch die 2. Geige spielen... und wie genau genommen und als logische Konsequenz auch in der Nationalmannschaft, die ihren letzten von beeindruckenden 8 EM Titeln vor 12 Jahren holte...  Während hier also seit Jahren während der Turniere ein Hype herbeigeredet wird, wurde in den anderen Ländern richtig investiert. Und diese Länder haben "uns" eiskalt überholt.

 

Auf der anderen Seite der Kommerzialisierung ist es nebenbei absurd, wie viel Fußball in den USA gespielt wird: Klub-WM, Gold Cup Finale und MLS.  Warum sollte man die nationale Liga auch pausieren lassen, nur weil die Nationalmannschaft im eigenen Land spielt...

Am Ende geht es aber doch um zu viel Geld, deswegen muss Jamal Musiala in die Startelf. Zum ersten Mal seit dem 4.4. gegen St. Pauli. Obwohl man in der Gruppenphase einen deutlichen "lasst den mal lieber pausieren" Warnschuss bekommen hat. Aber jetzt kann man die Schuld ja bei Donnaruma suchen, anstatt sich zu fragen, wie sehr der mangelnde Rhythmus und die fehlende Fitness sich auf diese Situation ausgewirkt haben könnte.

Klingt übertrieben? Vielleicht. Aber seit mal ehrlich: wenn Musiala sich bei einem Nations League oder Confederations Cup Spiel verletzt hätte, würde Karl-Heinz Rummenigge auf die Barrikaden gehen und eine Abschaffung dieser sinnlosen Wettbewerbe fordern... Da aber dieses Mal das Geld auf dem Konto der Bayern landet, hört man da nichts.

Den großartigsten Beitrag lieferte dann aber Georg Holzner ab. Der rechnet wie immer erst nach dem Ausscheiden vor, wie bescheiden die internationale Bilanz der Bayern gerade ist. Er weist darauf hin, dass man wirklich nur Bratislava und Celtic geschlagen hat. Was man vorher natürlich lieber verschwiegen hat, weil man sich und seinen Lesern die Chancen schön schreiben musste.

Wirklich absurd wird es dann, wenn Holzner Vincent Kompany vorwirft, dass er ja den Gruppensieg leichtfertig weg rotiert hat... ähm... dem ist bewusst, dass man als Gruppensieger gegen Chelsea gespielt hätte? Dem wieder erstarkten Tabellenvierten aus England. Eine Mannschaft, die deutlich besser ist als Celtic oder Bratislava... Also nur um zu verdeutlichen, dass die beim Kicker wirklich die Aufmerksamkeitsspanne eines Goldfisches haben. Aber zum Glück verstecken die mittlerweile das Meiste hinter einer Paywall, da fällt mir nicht mehr so häufig auf, wie unfähig die sind.

Donnerstag, 3. Juli 2025

Worst of des "endlich wieder Fußball" EM Auftaktes

 Es braucht ja nicht viel. 22 Spielerinnen und ein Ball. Und dann legt man den Fokus auf das Spiel, auch wenn es nur das Äquivalent von Schottland - Ungarn ist.

Und ja, das "Nicht Auftaktspiel" zwischen Island und Finnland war nicht gut. Das waren 2 Mannschaften, die diszipliniert verteidigen, aber keine Ahnung hatten, wie sie selbst in den gegnerischen Strafraum kommen wollen. Die einzige ernstzunehmende Variante der Isländerinnen waren weite Einwürfe von Jonsdottir, mit denen die finnische Verteidigung so gar nicht zurechtkam.

Aber der Fokus der Übertragung lag fast ausschließlich auf dem Rasen. Das klingt selbstverständlich, ist es aber nicht, wenn man sich die Klub-WM anguckt. Dort wird viel zu oft zu den korrupten Arschlöchern auf der Ehrentribüne gesprungen. Menschen wie David Beckham, die mehr Geld besitzen, als sie ausgeben können, aber sich trotzdem an die Scheichs aus Qatar verkauft haben. Und natürlich auf Gianni Infantino als Oberbösewicht.

Das ist ja mittlerweile der Standard. Aber neu sind die ständigen Werbeeinblendungen. Wir haben echt den "diese Auswechslung wird ihnen präsentiert von" Kipppunkt erreicht. Aber teilweise werden sogar im laufenden Spiel extra Werbung eingeblendet. Während Lionel Messi das erste Mal aufs Tempo drückt, zieht das Produktionsteam die emotionale Bremse...

Bei der Frauen-EM gab es in ruhigen Momenten die Hinweise auf die Sportschau App und auf die tolle Doku und ansonsten 96 Minuten lang nur Fußball. Da merkt man erst, was man vermisst hat.

Diese Doku ist nebenbei weird. Also es geht um die "neue Generation". Und dann nennt man direkt Giulia Gwinn und Jule Brand. Über die hat man das letzte Mal schon eine Doku gemacht...

Gwinn war 2019 das erste Mal dabei. Sie ist mittlerweile die Kapitänin. Brand spielt ihr 4. großes Turnier. Und beide haben schon über 60 Länderspiele auf dem Buckel. Das sind keine neuen, aufstrebenden Stars, sondern die etabliertesten Gesichter dieser Mannschaft.

Anyhow, das wirkliche Auftaktspiel war doch auf einem ganz anderen Level. Die Schweiz hatte gerade in Halbzeit 1 genau den Plan, den man im frühen Spiel vermisst hat. Sie kombinierten sich immer wieder in aussichtsreiche Abschlusspositionen. Leider verpasste man es das 2. Tor nachzulegen und nach 50 Minuten ging ihnen schon die Luft aus. Das anfangs super präzise Aufbauspiel wurde von Minute zu Minute ungenauer. So konnte Norwegen ihre körperliche Dominanz in 2 schnelle Tore umwandeln, ohne aber wirklich zu überzeugen.

Das faszinierende daran sind die angeblichen Beschwerden über das zu harte Training der lebenden Legende Pia Sundhage. Anscheinend braucht man aber ein anderes Fitness-Level, wenn man auf diesem Niveau mithalten will.

Freitag, 27. Juni 2025

Dann fassen wir mal die Gruppenphase zusammen

 Ein paar lustige und wichtigen Dinge sind ja schon passiert. 

Vor allem gaben die Boca Juniors die wichtige Lektion gelernt, warum man die großen Bayern eben doch nicht sinnlos tritt. Denn dann stellen die im nächsten Spiel gegen deine direkte Konkurrenz einfach Leroy Sané auf... Und der verabschiedet sich angemessen schlampig.

Thomas Müller ist nebenbei endgültig im "Ist mir egal" Modus angekommen... und kontert eine Frage nach der Mentalität mit einem "Sind wir jetzt in Dortmund?" Er muss ja nicht mehr im "wie heißt das Stadion dieser Traditionsaktiengesellschaft gerade?" antreten, da kann er sich das leisten. 

Und nebenbei wird man ja auch noch dafür belohnt, weil man als Gruppenzweiter Chelsea aus dem Weg geht. Das ist jetzt, wo sich die Europäer doch am Riemen gerissen haben, wichtiger als erwartet. Und ja, abgesehen von Atletico und Porto haben alle "Großen" doch noch die Kurve bekommen. Und der Turnierbaum entwickelt sich damit so bescheiden, dass 7 Europäer und ein Brasilianer das Viertelfinale erreichen sollten. 

Die ungelogen lustigste Szene der gesamten WM gab es nebenbei bei Atletico gegen Palmeiras. Beim Stand vom 1:0 für die Spanier bekamen die Südamerikaner einen an sich belanglosen Freistoß in der 95. Minute zugesprochen. Hier ist das wichtigste: Atletico müsste noch 2 Tore erzielen, um Palmeiras noch abzufangen. Diese würden aber mit einem Ausgleich auf Platz 1 springen, was angeblich ungefähr 4 Millionen Euro Prämie einbringt. Man konnte also wenig verlieren, aber einiges gewinnen. 

Die logische Konsequenz: Gregore tut so, als würde er den Freistoß ausführen, bewegt sich dann aber doch weg, um "sich anzubieten". Ein 2. Spieler trottet zum Ball. Der Schiri gibt Gregore Gelb. Seine 2. im laufenden Turnier, er ist jetzt im Achtelfinale gesperrt.

Ich finde es nebenbei großartig, dass der Schiedsrichter das durchgezogen hat. Viel zu oft lässt man diesen einfachen und offensichtlichen Zeitspiel-Trick durchlaufen. Dass dann noch ein Spieler für völlig überflüssiges Zeitspiel gesperrt wird, macht die Sache perfekt.

Aber zu den wirklich wichtigen Sachen: Unwetterwarnungen. Denn der Klimawandel trifft uns alle... Außer die Menschen in Seattle, da ist es angenehm. Und es gab erschreckend viele Unwetterunterbrechungen in der Vorrunde. So viele, dass man die irgendwie mit einberechnen muss.

Praktisches, weil sogar auf Kicker.de dokumentiertes, Beispiel: Auckland City gegen Boca Juniors wurde für 50 Minuten unterbrochen. Das "Parallel-Spiel" zwischen Bayern und Benfica lief derweil munter weiter. Und als der Ball dann in Nashville endlich wieder rollte, stand bereits fest, dass Boca bereits ausgeschieden ist, was sich definitiv auf den weiteren Spielverlauf auswirkte und die Moral der Argentinier brach. Schön für Auckland, die einen überraschendes Unentschieden feiern durften.

Aber jetzt stellt euch mal vor, die wären beide mit diesem Unentschieden ins Achtelfinale eingezogen... Und hier sei nochmal erwähnt, dass selbst die EM in Deutschland von spontanen Stürmen heimgesucht wurde.

Das verdeutlicht nur, wie absurd es ist, dass beim Anpfiff der ersten Halbzeit penibel darauf geachtet wird, dass beide Spiele exakt im selben Moment angepfiffen werden. Mit Countdown und Videoschalte. Aber was danach passiert, ist allen egal. 

Die nächsten Weltmeisterschaften finden teilweise in Mexiko und Marokko statt. In nicht klimatisierten Stadien. Dass wir da ohne Unterbrechungen durchkommen, ist eher unwahrscheinlich. Da sollte man sich doch auch mit der Frage beschäftigen, ob man nicht vorher festlegt, dass immer beide Spiele unterbrochen werden, wenn es an eine Spielstätte eine Unwetterunterbrechung gibt.

Aber das würde ja bedeuten, dass man den Einfluss des Klimawandels auf unser Leben akzeptiert und, wenn auch nur im sportlichen Details, darauf vorbereitet. Da kann man auch gleich die Debatte aufmachen, ob eine WM in Spanien nicht doch auch in den Winter verlegt werden muss, weil es da im Hochsommer einfach zu heiß ist... Das wird also so lange nicht passieren, bis eine Unwetterunterbrechung zur nächsten Schande von Gijon führt. 

Montag, 23. Juni 2025

Die Berichtserstattung über die Klub WM ist herrlich verlogen

Prelude: 3 Tage habe ich zwischenzeitlich im Krankenhaus verbracht. Hauptsächlich deswegen habe ich mich mehr mit der Klub-WM beschäftigt, als ich vorhatte. Denn die Alternativen waren: Lineares Fernsehen zu genießen, was ich seit bestimmt 15 Jahren nicht gemacht habe. Aber ich konnte mich wenigstens selbst fürs Programm entscheiden, wenn es auch noch 10 Stunden RTLII gegeben hätte... Danke, Arte.

Option 2: ich scrolle mich durch die sozialen Medien, die komplett von rechten Trollen und Flat Earthern verseucht sind. Selbst einem zynischen Arschloch wie mir ist das irgendwann zu hässlich. Und politische Nachrichten will man ja gerade auch lieber ausblenden, wenn man auf Schmerzmitteln in einem Zimmer eingesperrt ist. Also doch Sport. Bedeutet: also doch Klub-WM.

Und da fällt dann auf, dass die Europäer ihre Meinung vor dem Turnier schon fertig hatten: alles sinnlos. Da wird dann von Hass geschrieben, wovon wir ja in diesen Zeiten dringend noch mehr brauchen. Das Ganze ist natürlich ein Desaster. Gleichzeitig schafft man es aber nicht mal, halbwegs anständige Live-Ticker zur Verfügung zu stellen. Also es mussten ja Spiele wegen diversen Unwetterwarnungen pausiert werden. Passiert halt in Zeiten des Klimawandels. Selbst bei einem Turnier in Deutschland. Auf Kicker.de stand dann aber nur "abgebrochen". Warum konnte man nicht herausfinden. Das soll das beste Sportmagazin in Deutschland sein? Wie erbärmlich. Haben die keine Praktikanten mehr?

Natürlich hat das Turnier zahlreiche Probleme. Wie alles im Profifußball. Nächsten Sommer werden auch Spiele in der Mittagssonne angesetzt werden, damit wir Europäer die sehen können. Da wird sich die Hitze auch auf die Qualität der Spiele auswirken. Und die Einheimischen sind vom Turnier ausgeschlossen, weil sie ja um 12 arbeiten müssen. Nur wird es dann niemanden interessieren.

Das einzige neue Problem ist ja, dass die Stadien eine Nummer zu groß sind. In 40.000 Mann Arenen würde das alles unproblematisch wirken. Also abgesehen von Boca Juniors, die die Hütte echt voll machen. Aber jetzt tun alle so, als wären 35.000 im Durchschnitt "niemand". Damit wäre man 8. in der Bundesliga-Tabelle... Aber diese Relativierung wird ja bewusst verschwiegen.

Und dann wurde über den sportlichen Teil nach dem ersten Bayern-Spiel geurteilt. Weil diese die Amateure aus Auckland mit 10:0 abgefertigt haben, ist das gesamte Turnier unnötig.

Kurzer Realitätsabgleich: Die Europäer haben im interkontinentalen Vergleich nach 2 absolvierten Spieltagen eine bescheidene Bilanz: 11 Siege, 4 Unentschieden, 3 Niederlagen. Nur so als Verglech: Die Südamerkaner kassierten ihre erste Niederlage im 10. Spiel... Wenn man bedenkt, wie krass unterschiedlich die finanziellen Voraussetzungen sind, ist das absurd. Selbst Giganten wie Paris St. Germain und der FC Chelsea haben bereits verloren. Nur die Bayern, Manchester City und Juventus  starten mit 2 Siegen. Die letzten beiden hatten halt extremes Losglück. Und auch die Bayern mussten sich gegen Boca mehr strecken, als ihnen lieb war. Nach dem überraschenden, aber überragenden, Ausgleich von Miguel Merentinel war man sichtlich angeknockt.

Boca ist sowieso die faszinierendste Mannschaft des Turniers, nicht nur wegen der Fans. Das ist eine richtig asoziale Tretermannschaft. Die wehren sich mit allem, was sie in die Wagschale werfen können und testen die Linie des Schiedsrichters permanent aus. Torhüter Augustin Marchesin ging in beiden Spielen in der 75. Minute ohne Gegnereinfluss zu Boden, nur um eine Behandlungspause zu kreieren und den Spielfluss zu unterbrechen. Asozial? Bestimmt. Unsportlich? Nur bedingt, denn sie versuchen ja nur die krassen wirtschaftlichen Unterschiede auszugleichen. Und darum geht es mittlerweile doch im Profisport. Wenn man bedenkt, wie viele Bundesligisten sich brav ihrem Schicksal ergeben und sich fast widerstandslos abschießen lassen... Die könnten sich dieses Spiel mal angucken, wenn sie Ideen brauchen, wie man sich richtig wehrt.

Aber anstatt die großartige Verteidigungsleistung zu würdigen, wie der geschlagene Luis Enrique es tat, wird lieber gehated. Aber wenn mir jemand vorher gesagt hätte, dass die Europäer so schlecht starten, hätte ich sie ausgelacht. Und dass der 2. Anzug nicht reicht, um die hoch motivierten Mannschaften der anderen Kontinente im Vorbeigehen zu schlagen, ist eine spannende Erkenntnis. Und ja, in den letzten Tagen scheint man ein wenig die Kurve zu bekommen, weil sich die Erkenntnis, dass das doch kein Spaziergang wird, durchgesetzt hat.

Auch das erste Spiel von Boca Juniors gegen Benfica Lissabon wäre sofort ein Klassiker, wenn man die Berichtserstattung ernst nehmen würde: Volle Hütte, super Stimmung, 3 Platzverweise und mit Ángel Di María und Nicolas Otamendi klauen ausgerechnet 2 Weltmeister den Argentiniern 2 Punkte. Dieses komplett einzigartige Spiel mit all seinen besonderen Emotionen rechtfertigen dieses Turnier für mich.

Und wenn ihr jetzt mit "ja, aber die Korruption, die Belastung und die Menschenrechte!!!" Klar, wenn man das konstant anspricht, darf man darüber jetzt auch jammern. Aber wenn man den Champions League Sieg der Qataris zu einem Fußball-Märchen verklären will und da den ganzen Scheiß komplett ausblendet, sollte auch jetzt die Fresse halten. Denn die reformierte Champions League mit demnächst 6 Mannschaften aus der Premiere League ist genauso schlimm, wie die Klub-WM. Aber weil davon ausschließlich Europäer profitieren, frisst man das anstandslos.

Denn wirklich verwerflich ist das alles nur, wenn andere Menschen als wir Europäer von etwas profitieren. 

Montag, 16. Juni 2025

Wann geht diese ominöse EM denn endlich los?

 Wo ich gerade mit einem frisch gebrochenem Arm vorm Rechner sitze und erstaunlich viel Zeit hätte..

02.07.? Das ist ja noch Ewigkeiten hin. Deswegen gibt es noch kein Sonderheft. Da hat der Kicker ja mal richtig Zeit, um zu recherchieren. Und ich habe die Zeit, meine Vorschau mit 3 Fingern zu tippen...

Mir stellt sich da eine spannende Frage: Werden wir das merken? Wird es einen qualitativen Unterschied ausmachen, dass die Spielerinnen wirklich auf das Turnier vorbereiten können. Dass sie im Zweifelsfall all die kleinen Wehwehchen, die sich während einer Saison so ansammeln, auskurieren können.

Also hier die reine Mathematik: der letzte Spieltag der Frauenbundesliga wurde am 11.05. ausgetragen. Das Champions League Finale am 24.05.. Bedeutet: selbst die Extremsportlerinnen haben mindestens 38 Tage Ruhe. Für die Normalsterblichen sind es sogar 52 Tage. Da verliert Mann ja jegliche Form.

Nur so als Vergleich: zwischen dem vorletzten Champions League Finale und dem EM Start bei den Männern lagen nur 13 Tage. Die Bundesliga endete am 18.05. also immerhin 27 Tage vor dem großen Turnier. Aber das sind immernoch deutlich weniger, als die Champions League Finalistinnen...

Fun Fact: zwischen dem Finale und dem nächsten Turnierstart im Sommer 2026 liegen wieder nur 12 Tage. Dazu kommt die Bonusbelastung Klub-WM... Die Leute von TheRinger haben da mal nachgerechnet und festgestellt, dass Marco van Basten in seiner Ballon d'Or Saison 1992 3228 Minuten für den AC Mailand im Einsatz war. Bei Lionel Messi 2016 waren es dann plötzlich 5062 Minuten. Und ein einziges Länderspiel mehr. Also falls wirklich noch jemand daran glaubt, dass die Nationalmannschaften Schuld sind...

Ein Kylian Mbappé hat jetzt 48% mehr Minuten auf dem Buckel, als ein 24-jähriger Thierry Henry. Die Zahlen sind völlig bekloppt, aber die Tendenz ist weiter steigend.

Und gleichzeitig könnte man sich beim Frauenfußball angucken, wie ein halbwegs gesunder, noch nicht völlig durch kommerzialisierter Spielplan aussehen würde. Also das, was die Ultras immer fordern, wo sie aber trotzdem nie hingehen...

Das ganze führt zu einer völlig absurden Debatte: sollte Lena Oberdorf ohne jegliche Spielpraxis zum Turnier fahren, nachdem sie ihren Kreuzbandriss auskuriert hat. Christian Wück hätte das gerne gesehen, aber die Bayern waren dagegen. Obwohl sie wahrscheinlich im Juni für die Bayern auflaufen würde, wenn es da Gelegenheiten gäbe. In dieser einen Ausnahme könnte der großzügige Rahmenterminplan ein Nachteil sein. 

Aber im Großen und Ganzen wird es den Star-Spielerinnen guttun, dass sie ausgeruht zum Turnier kommen. Und die Trainer*innen werden davon profitieren, dass sie eine ordentliche Vorbereitung mit dem gesamten Kader planen können. Sowas werden wir bei den Herren nie wieder erleben, Wir sollten es genießen, bevor Fifa und Uefa auch dieses Spiel ruinieren.