Donnerstag, 6. August 2020

Willkommen zur sinnlosesten Fußballwoche des Jahres

Ernsthaft, einzelne Ansetzungen in dieser Woche sind so albern. Da fragt man sich echt: Warum muss das sein? Hätte man keine andere alternative Lösung gefunden, die verhindert, dass Fußballmannschaften relativ unnötig quer durch Europa fliegen? Während einer immer noch existierenden Pandemie?

Also das ganze so überhaupt durchzuprügeln, ist schon fraglich. Aber das man dann nicht wenigstens sagt: Ist unfair, aber wir nehmen die Hinspielergebnisse als Gesamtergebnis... gerade wenn die Hinspielergebnisse deutliche Auswärtssiege waren.

Nehmen wir mal spaßeshalber Eintracht Frankfurt. Die müssen unbedingt in Salzburg antreten. In einem Pflichtspiel. 38 Tage nach ihrem letzten Bundesligaspiel. Und auch genau 38 Spieltage vor ihren Saisonauftakt im DFB Pokal. Das ist ja gerade zu poetisch.

Frankfurt muss also, nach einer vierwöchigen Pause, die man nach all den Pflichtspielen in den letzten 2 Jahren auch einfach mal braucht, direkt mit einem K.O. Spiel in der Europa League durchstarten. Ohne auch nur eine annähernd angemessene Vorbereitung zu haben.

Oh und weil das ja noch nicht reicht, müssen sie ein 0:3 aus dem Hinspiel wegmachen. Einem Heimspiel vor Geisterkulisse, was den Heimvorteil negieren sollte. Die Wahrscheinlichkeit, dass Frankfurt diesen Rückstand aufholt, tendiert gegen 0.
Genau so, wie es unwahrscheinlich ist, dass die Glasgow Rangers in Leverkusen und Chelsea London in München ihre deutlichen Heimspielniederlagen korrigieren. Aber den Aufwand muss man halt trotzdem betreiben. Weil der Vereinsfußball halt dermaßen Systemrelevant ist.

Wäre es jetzt eine gewisse Wettbewerbsverzerrung, wenn man die Hinspielergebnisse, so weit es kein Unentschieden gab, einfach als Gesamtsieger festzulegen? Bestimmt. Aber ist das eine schlimmere Wettbewerbsverzerrung als die eh schon absurden Verhältnisse, die wir in Europa haben?

Denn sein wir kurz ehrlich: Von fairen Bedingungen kann nicht die Rede sein, wenn die einen aus Frankreich in den letzten 6 Monaten ein einziges Pflichtspiel hatten, während andere Titelkandidaten aus Italien und England ihre Saison bis Ende Juli oder Anfang August beendeten und voll eingespielt sind. Die konnten also kurz eine Woche regenerieren und sich dann mit einer grundsoliden Fitness und angemessener Matchpraxis auf die kommenden Aufgaben vorbereiten.

Oh und das RB Leipzig auf einen absoluten Leistungsträger verzichten muss, weil der halt schon verkauft worden ist, ist eine Wettbewerbsverzerrung...

Und ja, die Bundesliga hat jetzt praktisch einen Wettbewerbsnachteil, weil "wir" unsere Corona-Pandemie so schnell im Griff hatten, dass wir die Saison bereits Ende Juni beenden konnten. Andere mussten sich zwangsweise mehr Zeit lassen, dürften dafür jetzt aber die besseren Voraussetzungen haben.

Ich habe ja nebenbei praktisch kein Problem damit, dass die Superreichen gerade die Champions League unbedingt durchprügeln wollen, damit sie zu Supersuperreichen werden. Oder die Umsatzeinbrüche halbwegs kompensiert bekommen und sie nicht pleite gehen. Aber eine Sache dürfen sie dann halt nicht machen: Sich bei nächster Gelegenheit beschweren, wenn die Nationalmannschaften auch mal wieder nen paar Spiele abhalten wollen. Wenn man diesen Scheiß so und mit nur sehr geringen Kompromissen durchziehen will, muss man auch die anderen spielen lassen.

Aber, regelmäßige Leser wissen es bereits, Karl Heinz Rummenigge hat sich natürlich schon in Position gebracht und gegen die Länderspiele gehetzt. Er kann halt nicht anders. Und es traut sich wie immer auch keiner dem zu sagen, dass das eine Bodenlose Frechheit ist.

Natürlich sind nicht die "4 Vorbereitungen", die die Bayern Profis dieses "durchziehen" mussten (Eine regulär in der Winterpause, eine vor dem Re-Start, jetzt die für die Champions League und danach dann die für die nächste Saison), sondern dass sie dazwischen vielleicht noch 2 relativ bedeutungslose Länderspiele mit geringer Intensität absolvieren müssen. Ja, GENAU DAS ist es, was die Spieler kaputt macht... Nichts anderes.

Dienstag, 4. August 2020

Ein neuer Trend, oder doch nur Zufall?

Es ist ja schon ein wenig faszinierend: Da gehen im Sommer 2020 2 Weltmeister aus dem Jahr 2014 in den Ruhestand. Und beide in einem relativ jungen Alter. Bein Andre Schürrle steht sogar noch eine 2 vorne, bei Benedikt Höwedes steht die 2 noch hinten, was halt eigentlich auch kein Alter ist um die Schuhe an den Nagel zu hängen.
Ein Rudi Völler wurde an der Stelle behaupten: "Die haben den Fußball nie geliebt"... was wie fast alles, was Völler so von sich gibt, absoluter Blödsinn ist.
Aber der moderne Medizinische Standart hätte bei beiden noch 2-3 Jahre Fußball auf hohem Niveau zugelassen. Also Cristiano Ronaldo hält sich ja mit seinen 35 Jahren immer noch in der Weltspitze. Und ja, ich befürchte seit 2 oder 3 Jahren, dass der Mann einbricht und wir nur noch ein Phantom früherer Tage zu sehen bekommen.
Nebenbei ist Ronaldo laut Transfermarkt.de bei 69.000 Spielminuten angekommen... Und trotzdem ist er noch hoch motiviert.
Also mein erster Gedanke war einfach die Spielminuten von Höwedes zu zählen, der ja im Gegensatz zu Schürrle immer fit und meistens Stammspieler war, und dann rauszukriegen, dass ein Höwedes einfach auf mehr Minuten kommt als ein Franz Beckenbauer, obwohl letzterer erst mit 37 in Rente ging. Um dann pseudomäßig nachzuweisen, dass ein Spieler mit 32 Jahren heute wesentlich älter ist als vor ein paar Jahren. Dann musste ich feststellen, dass Beckenbauer auf 52.000 Minuten kommt, Höwedes nur auf 38.000. Ein Anstieg der Einsatzzeiten ist also nicht das Problem.

Nebenbei überrascht mich die Erkenntnis, dass Beckenbauer auf so viele Minuten kommt. Weil ich ja irgendwie immer noch davon ausgehe, dass dank der Eskalation des internationalen Rahmenterminkalenders einiges an Spielen dazu kam. Also um das praktisch festzumachen: Ein Beckenbauer kam in seiner hoch dekorierten Karriere auf 76 Europacup Einsätze für den FC Bayern und dem HSV. Ein Philipp Lahm kommt dagegen auf 130 Einsätze auf der Internationalen Bühne für die Bayern und den VfB Stuttgart. Und er kommt da auf 4.000 zusätzliche Minuten. Und so kommt ein Lahm dann auch in 16 Jahren "Profikarriere" auf mehr Minuten als Franz Beckenbauer in seinen 19. Und ging dementsprechend auch einiges früher in dem Ruhestand. Da passt das Bild mit dem "Die spielen halt mehr, haben also mit Anfang 30 schon mehr Minuten auf dem Buckel, als die Helden der 70er mit 38"...

Das hilft uns aber halt nur nicht bei Schürrle und Höwedes weiter. Also bei dem Erklärungsversuch, warum die beiden schon so früh in den Ruhestand gegangen sind.

Gehen wir das also mal anders an: Was haben die beiden denn neben dem Karriereende im Jahr 2020 noch gemeinsam? Und da fällt einem halt sofort auf, dass sie beim WM Finale 2014 gemeinsam die linke Seite beackert haben. Dass beide aber formell gesehen keine absoluten Leistungsträger waren. Also Höwedes war eher die Notlösung als Linksverteidiger, weil es in diesem Land anscheinend niemand gibt, der das wirklich gut kann. Also übernahm er diese unangenehme Rolle und erfüllte sie als ehrlicher Arbeiter.
Schürrle war im Finale wie meistens nur Einwechselspieler. Als erste Wechseloption kommt er trotzdem auf 90 gespielte Minuten im WM Finale, für die Startelf reichte es aber trotzdem übers gesamte Turnier nicht.

Und das ist dann die Stelle, an der die Gemeinsamkeiten wirklich interessant werden: Beide waren halt als Rollenspieler Weltmeister, welches der vielleicht wichtigste Titel für alle Fußballer ist. Und nebenbei der einzige relevante Titel, der einem Ronaldo noch fehlt.
Beide verpassten aber hinterher die ganz große "Weltklasse" Karriere. Bei Schürrle gab es mit seinen 23 Jahren noch die Hoffnung auf einen ganz großen Durchbruch... Und es wurden halt auch insgesamt 93 Millionen Euro bewegt, damit er es bei mehreren Vereinen versuchen konnte. Das macht Schürrle zu einem der "Umsatzstärksten" und "Teuersten" deutschen Fußballer aller Zeiten. Also Leroy Sané ist jetzt schon bei 97 Millionen. Kai Havertz wird diese Summen pulverisieren. Aber Schürrle spielte auf dem Transfermarkt in derselben Liga. Das macht ihn halt eher zum deutschen Robbie Keane... also in 15 Jahren wird niemand mehr nachvollziehen können, warum so viel Geld mit diesen Spielern bewegt worden ist... aber es ist halt passiert.

Bei Höwedes war halt gleich abzusehen, dass es bei ihm "nur" zum "Schalke-Idol" reicht. Und das ist noch nicht mal eine Beleidigung. Es ist eher eine Beleidigung für ihn, dass Domenico Tedesco ihn vom Hof gejagt hat. Aber "Leistungsträger bei Juventus" überstieg dann halt doch seinen Horizont.

Und damit dürfte beiden in diesem Sommer eines bewusst geworden sein: Sie könnten noch ein paar Jahre fernab der Heimat vor sich hin kicken... Angebote hätten sie dafür garantiert gefunden. Aber Titelkandidaten werden eher einen großen Bogen um sie machen. Und damit steht auch fest: Das WM Finale 2014 wird ihr absoluter Karrierehöhepunkt bleiben. Das definierende Spiel, mit dem sie jeder in Verbindung bringen wird. Der emotionale Höhepunkt, den man aber nie wieder auch nur annähernd erreichen wird.
Wenn einem das bewusst geworden ist, fällt es einem eventuell schwer sich weiter zu quälen und zu schinden. Und man hat ja als Profi mittlerweile auch garantiert so viel Geld verdient, dass man dann auch einfach aufhören kann, bevor man jedes Jahr einen Schritt langsamer wird.

Das ist halt auch der entscheidende Unterschied zu einem Cristiano Ronaldo: Der spielt weiterhin jedes Jahr um jeden Titel mit. Und um den Titel "Bester Spieler der Welt". Und solange das noch im Rahmen seiner Möglichkeiten liegt, hält halt auch sein Antrieb und das Adrenalin. Aber ich stelle da mal folgende These in den Raum: Sobald es bei ihm "nur" noch für die Europa League reicht, weil er mit 41 dann doch zu alt für den ganz großen Fußball ist, wird er auch in den Ruhestand gehen.

Natürlich ist das "für ganz oben reicht es nicht mehr, also gehe ich in den Ruhestand" Prinzip keine allgemein anwendbare Regel. Also es gibt ja genügend Schweinsteigers, die sich zu ihrem Karriereausklang auf das eine oder andere an sich unnötige Abenteuer einlassen. Und es gab halt immer auch beide Extreme, auch wenn der frühe Ruhestand mittlerweile leichter finanzierbar ist. Aber es fällt mir halt schon auf, dass Höwedes und Schürrle unabhängig voneinander zum selben Schluss kommen. Und reiner Zufall kann das nicht sein.

Aber ein Trend? Das ist eine spannende Frage. Also nehmen wir mal einen weiteren Mitstreiter, der eigentlich seit 2014 in einer leistungstechnischen Abwärtsspirale fest hängt: Mesut Özil. Also seit dem Özil bei Arsenal London Stück für Stück nachließ, wurde deren genau genommen eh schon begonnener Negativlauf weiter beschleunigt. So dass Özil heute meistens auf der Bank sitzt und Arsenal auf günstigste Sternenkonstellationen hoffen muss, um sich für die Champions League zu qualifizieren.
Und auch Özil, der mal einer der besten Vorlagengeber der Welt war, steht jetzt vor der Entscheidung: Tut er sich das noch an? Will er wirklich zu international irrelevanten Vereinen wechseln um dann da noch nen Weilchen vor sich hinzukicken? Oder sagt der sich im nächsten Sommer: Reicht eigentlich...
Ein weiterer Name, der eine ähnliche Entscheidung treffen könnte, ist Mario Götze. Auch da würde mich ein vorzeitiges Karriereende nicht mehr überraschen, weil auch da abzusehen ist, dass er nie wieder auf sein ehemals überragendes Niveau kommen wird.