Mittwoch, 30. März 2022

Worst of des "Thomas Müller hat getroffen!" Länderspiel

 Gebt dem einen Stammplatz! Von mir auch aus bis zur EM 2024! Der ist so wichtig und so gut! Lasst uns komplett ignorieren, dass wir mit Kai Havertz schon einen besseren Ersatz haben!

Also ich hab mir mal die Mühe gemacht, die Länderspieleinsätze von Müller zu analysieren. Mit einer ganz einfachen Frage: Wann hat Müller gegen ernstzunehmende Gegner getroffen. Die Definition für "ernstzunehmen" ist dabei vollkommen willkürlich: Wir nehmen die aktuelle Top 15 der Weltrangliste.

Hier sind alle Spiele in denen Thomas Müller gegen diesen exklusiven Klub, der ja unter anderem auch Dänemark beinhaltet, seit dem WM Titel getroffen hat: Spanien in einem Freundschaftsspiel 2018. Und gestern gegen die Niederlande. Das war's. Lustigerweise gingen beide Spiele unentschieden aus.

Nebenbei ist Müller zwischendurch 11 Spiele am Stück ohne eigenen Treffer geblieben. Er erzielte in den letzten 16 Länderspielen unter Löw einen einzigen Treffer: bei einem 7:1 Schützenfest gegen Lettland. Wir reden hier von einem Zeitraum, der 2 Turniere umfasst. Und es ist nicht so, dass Müller in dieser Zeit als überragender Vorlagengeber geglänzt hat. Aber hey, wenn er trifft, jubelt er wenigstens richtig

Also nur um nochmal ganz sachlich festzuhalten, dass Müller auszusortieren, die eine richtige Entscheidung von Löw war. Wenn man dessen Leistungen mal sachlich analysieren würde, käme man auch zu diesem Schluss. Das macht nur niemand. 

Ganz ehrlich: Ich ging ja vor diesem Beitrag davon aus, dass Müller im Lukas Podolski Modus angekommen ist und seine Rolle in der Nationalmannschaft mit belanglosen Toren gegen überforderte kleine Gegner rechtfertigt. Aber selbst da liefert er wenig. Es ist wirklich faszinierend, dass es komplett ignoriert wird, wie nutzlos Müller im Nationalmannschaftstrikot geworden ist. Selbst der krasse Fehlschuss gegen England hilft da ja nicht. Also ein Mario Gomez wäre dafür gelyncht worden. Mir passt das natürlich richtig gut. 

Nebenbei ist Julian Draxler ja auch immer noch Nationalspieler und durfte in diesen Freundschaftsspielen richtig viel spielen. Das finde ich faszinierend, weil ja Timo "Ich stand im letzten Champions League Finale in der Startformation" Werner bei Chelsea gerade kein unumstrittener Stammspieler ist. Draxler hat doch im Jahr 2022 eine Kernkompetenz: Er kann bei richtig gut besetzten Mannschaften auf der Bank sitzen und murrt nicht, wenn er nur den Einwechselspieler gibt. Also bei 16 von 24 Einsätzen in dieser Saison kam er von der Bank. Werner ist bei 12 Einwechslungen bei 28 Spielen... Nur um mal ein wenig Perspektive zu schaffen...

Und sonst so? In den relevanten Spielen? Setzt sich der Senegal mit beeindruckender Lasershow gegen Ägypten durch. Was mich am meisten faszinierte: Die hatten alle grüne Laserpointer. Da frag ich mich schon: Wurden die beim Einchecken flächendeckend verteilt? Aber hey, endlich wieder Fans im Stadion. Was man ja nebenbei auch beim Deutschland - Israel Spiel dachte, wo ein verwirrter Einzeltäter es als lustig empfand, bei diesem Spiel den Hitlergruß zu zeigen. Und in Nigeria gab es nach dem Abpfiff heftige Ausschreitungen... Im Umfeld des Spieles ist der Dopingbeauftragte Joseph Kabungo gestorben. Das ist ganz schön heftig. 

Kann mir nebenbei jemand erklären, warum es in den Playoff-Spielen in Europa keine Rückspiele gab? Vor allem, weil man ja technisch gesehen noch ein Zeitfenster im Mai hätte? Liegt das am Ende wirklich an der Nations League, die dafür gesorgt hat, dass 2 zusätzliche Mannschaften an diesen Playoffs teilnehmen dürfen? Wenn ja, nehme ich alles Positive, was ich über diesen Wettbewerb gesagt habe, zurück. Denn bei Länderspielen dürfte der Faktor Heimvorteil wirklich Einfluss nehmen. Also Portugal wird extrem froh darüber sein, dass sie nicht in einem türkischen Hexenkessel antreten mussten.

Apropos Nations League: In den Abstiegsplayoffs (oder auch Relegation) sah Danilo Spoljaric die Gelb-Rote Karte... Wegen Zeitspiels... in der 47. Minute!!! Wie geil. Also wenn das stimmt, wäre das echt grandios. Absurderweise finde ich keinerlei Belege dafür. Also weder eine Zusammenfassung des Spieles, noch einen ordentlichen Ticker, der mir wirklich beschreibt, was los war. Da gibt es nur "Spoljaric is sent off; Cyprus down to ten men." Das ist schon faszinierend. Also ich hätte ja gedacht, dass ein Platzverweis wegen Zeitspiels mehr Aufmerksamkeit bekommen würde.

Donnerstag, 24. März 2022

Warte, Bochum macht was?

 Sie schalten einen Anwalt ein und behaupten, dass es ja gar nicht ihre Schuld ist? Sie fordern ernsthaft, dass ein Spiel, welches nach 70 Minuten und beim Stand von 0:2 gegen sie abgebrochen wurde, neu angesetzt wird? Ich sag sach mal, ihr sagt "Geht's noch?"

Haben die echt vor, alle Sympathien zu verspielen? Ist denen nicht bewusst, dass der DFB gar keine andere Option hat, als dieses Spiel für Gladbach zu werten? Allein schon um eine gewisse Abschreckung zu erzielen. Und als VfL Bochum sollte man froh sein, wenn das die einzige Strafe bleibt und kein Geisterspiel hinzukommt.

Bochum sollte sich, meiner Meinung nach, demütig zeigen und alle Energie nach innen wenden. Also seinen Fans verdeutlichen: Guckt mal, das passiert, wenn ihr euch so verhaltet, wie ihr euch verhaltet. Ihr schadet uns. Also genau genommen: Wir schaden uns, denn ihr seid ja ein wichtiger Teil dieses Vereins. Wir müssen gemeinsam verhindern, dass so etwas wieder passiert. Aber man bleibt traditionel lieber bei der "Einzeltäter-These"...

Und klar, im Hintergrund wird das bestimmt auch passieren. Aber im Vordergrund wird diese Botschaft halt torpediert. Das wäre nebenbei auch die Variante, um möglichst schnell wieder zum Image des sympathischen aufstrebenden Verein zurückzukehren. Nach dem Motto: Selbst, wenn da Scheiße passiert ist, wurde das knallhart aufgearbeitet und nicht relativiert.

Vor allem ist der VfL Bochum ja in einer relativ luxuriösen Position: Mit 32 Punkten nach 27 Spieltagen hat man praktisch nichts mit dem Abstiegskampf zu tun. Also klar, bei einem kompletten Einbruch rutscht man nochmal unten rein. Aber so, wie das in den letzten Jahren lief, brauchen sie noch einen Sieg, um sicher drin zu bleiben. Es ist also nicht existenziell, dass man um jeden einzelnen Punkt verbissen kämpft. Wenn Bielefeld sich jetzt an dem Glauben aufhängen würde, dass man das 0:2 noch drehen könnte...

Obwohl, selbst dann. Also berichtigt mich, wenn ich falsch liege, es ist verdammt lang her. Aber als auf St.Pauli damals aus exakt demselben Grund ein Spiel abgebrochen wurde, steckte St.Pauli richtig tief im Abstiegskampf. Trotzdem hat man das Urteil widerspruchslos akzeptiert. Wahrscheinlich, weil man sich einfach richtig geschämt hat.

Nebenbei ist es auch spannend, ob der DFB noch mit weiteren Strafen kommt. Also St.Pauli kostete das Auswärtsheimspiel mit begrenzten Zuschauern ungefähr 400.000 Euro Einnahmen. Wichtig ist dabei natürlich, dass "Einnahme" nicht gleich "Gewinn" ist. Aber da die beiden Vorfälle absolut vergleichbar sind, spricht eigentlich nichts gegen eine derartige weitergehende Strafe... außer, dass wir nach 2 Jahren Pandemie halt so gar keinen Bock mehr auf Geisterspiele oder halbvolle Stadien haben. Damit geht es am Ende nicht um "Gerechtigkeit" und "Verhältnismäßigkeit", sondern um unser Wohlbefinden...

Andererseits will man darüber "zu einem späteren Zeitpunkt" sprechen. Es könnte also noch was kommen.

Mittwoch, 23. März 2022

Die großen Probleme der Borussia

 Haben wenig mit der Mentalität zu tun... und viel mit der Perspektive.

Lasst uns mal zunächst eines klarstellen: Borussia Dortmund ist an sich richtig gut. Das muss man auch einfach mal so erwähnen und sollte man nicht ignorieren. 

Also seitdem dieser legendäre "Die Bayern schalten ins nächste Level und niemand kann ihnen mehr folgen" Lauf begann, haben die Dortmunder eine schlechte Saison gespielt: 2014/15 wurde man nur Siebter. Das war eine absolute Katastrophensaison, die mit Jürgen Klopps Abschied endete. Und man spielte das Jahr darauf trotzdem im internationalen Wettbewerb gegen den FC Liverpool. Also um das mal festzuhalten: wenn man sich nur für die Europa Leauge qualifiziert, ist das eine extrem schlechte Saison. Das ist ein Niveau, auf dem sonst nur Real Madrid, Barcelona, Atlético Madrid, Paris St. Germain, Juventus Turin, Manchester City und Chelsea agieren. Alle anderen Vereine hatten ebenfalls mindestens eine Saison in der internationalen Zweitklassigkeit verbracht. Tendenziell eher mehr. 

Also um das mal ganz sachlich festzuhalten: Mannschaften wie Tottenham Hotspurs, Manchester United, AC und Inter Milan würden für eine derartige Bilanz ihre Seele verkaufen. Oder sie haben ihre Seele bereits an dubiose Investoren verkauft, schaffen es aber trotzdem nicht dieselbe Konstanz hinzubekommen.

Und auch der internationale Vergleich sieht gar nicht so übel aus. Seit 2011/12 hat man ein Mal das Finale erreicht und war darüber hinaus 3 Mal im Viertelfinale. Man kann mit Fug und Recht behaupten, dass man zu den 16. besten Mannschaften Europas gehört. Das ist, bei dem finanziellen Wahnsinn, den andere betreiben, keine Selbstverständlichkeit. Und klar, die aktuelle europäische Saison war schlecht. Kein Zweifel. Aber man hat halt in den letzten 10 Jahren nur 2 wirklich schlechte europäische Saisons gespielt.

Bedenkt einfach mal, dass Vereine wie Schalke oder der Hamburger SV bei dem Versuch da irgendwie mitzuspielen krass gescheitert sind. Und klar, dass man in einer relativ schwachen Liga spielt, hilft ihnen ungemein. Man ist in den 2 direkten Duellen mit den Spurs doch deutlich geschlagen worden. Die 4. und wahrscheinlich auch 5. beste Mannschaft der Premiere League ist einfach besser als Dortmund. Wenn man in der Liga spielen würde... hätte man halt auch selber ganz andere Möglichkeiten.

Aber abgesehen davon, dass man seine eigenen Leistungen unzufrieden ist, weil es eben nicht für die Meisterschaft reicht, eine historisch gute Saison zu spielen... hat man auch noch ein weiteres Problem: die eigene Struktur im Kader.

Dortmund hat sich ja, völlig zurecht, einen hervorragenden Ruf als Weiterbildungsverein erworben. Dummerweise ist man aber kein guter Ausbildungsverein. Also keines der großartigen Talente wurde wirklich in der eigenen Talentschmiede ausgebildet. Der Letzte, der von dort den Durchbruch geschafft hat, dürfte Mario Götze gewesen sein. Das Problem der mangelnden Identifikation der Toptalente wurde hier bereits erörtert. Die einzige Prognose in diesem Beitrag, die nicht eingetroffen ist, war der Reyna-Wechsel... aber der hat sich halt verletzt, deswegen verschiebt sich das.

Ich verweise an der Stelle nochmal darauf hin, dass der VfL Bochum mehr aktuelle Nationalspieler in seiner Jugend ausgebildet hat (Goretzka und Klostermann), als der BvB. Nur um mal zu verdeutlichen, wie schlimm die Lage ist. Ich finde das halt auch faszinierend, weil niemand darüber spricht, wie effektiv schlecht die Jugendarbeit der Dortmunder trotz ihrer zahllosen A-Jugend Meisterschaften eigentlich ist. Da müsste man sich mal dringend neu orientieren, denn die eigentliche Aufgabe besteht ja darin National- und Bundesligaspieler auszubilden, nicht sich 17-jährige Rohdiamanten zu kaufen und die dann ein Jahr in der Jugend zu parken und die Meisterschale in die Höhe zu recken.

Dennoch ist der herausragende Kern an Hochtalentierten nicht das eigentliche Problem. Sie sorgen halt nur für eine ungesunde Struktur. Denn die Spieler, die dableiben, sind halt eigentlich nicht gut genug, um die Führungsrolle in so einer Mannschaft zu übernehmen. Oder diejenigen, die zurückkommen. Oder diejenigen, die erst im relativ hohen Alter nach Dortmund wechseln. Also, um Namen zu nennen: Reus, Hummels, Witsel, Brandt und Hazard.

Reus ist der einzige, der sich wenigstens auf Verletzungen berufen kann. Aber alle anderen waren nicht (mehr) gut genug für die ganz großen Adressen, also lässt man sie nach Dortmund gehen. Dort sollen sie dann aber denjenigen, die gut genug für diese ganz großen Vereine sind oder sein werden (Haaland und Bellingham halt) Anweisungen geben? 

Julian Brandt könnte so ein Paradebeispiel werden. Also der Zug für die ganz große Karriere scheint abgefahren zu sein. Leistungsträger bei einem der Champions League Titelanwärter wird er wohl nicht mehr werden. Stammspieler in der Nationalmannschaft ist auch eher unwahrscheinlich. Bleibt also: überdurchschnittlicher Bundesligaspieler. Und das macht er dann 10 Jahre lang als Fixpunkt in Dortmund. Und damit fehlt Dortmund dann in einer zentralen Position die Konstanz. Aber er hat halt doch immer so viele "richtig gute Phasen", dass er gehalten wird und irgendwann das Kapitänsamt übernimmt. Eigentlich müssten die Dortmunder auf genau dieser Position nach einem Upgrade suchen. Das Problem ist aber: all die Spieler, die wirklich dieses Upgrade wären, interessieren sich nicht für sie. So bleibt man halt ewig in der "Gut genug fürs Achtelfinale, aber im Viertelfinale ist Schluss" Falle gefangen. Oder in der "Man wird souverän 2. oder 3., aber für den Titel reicht es nicht" Falle.

Es bleibt ja irgendwie die Hoffnung, dass Niklas Süle das ändert. Wenn man noch einen vergleichbaren Mann fürs Mittelfeld finden würde. Einen Spieler, der nachgewiesener Weise gut genug für die Bayern ist, nicht für die spielen, aber zeitgleich unbedingt in der Bundesliga bleiben will... also nur um mal festzuhalten, wie spezifisch die Anforderungen an diesen Spieler sind.

Montag, 21. März 2022

Worst of des "Warte, was, schon wieder?" Wochenendes

 Was ist hier denn verdammt nochmal los? Solltet ihr euch nicht alle freuen, dass ihr wieder in die Stadien führt? Sollten die Bochumer Fans nicht feiern, dass es ihnen relativ egal sein kann, ob der Schiedsrichter da den fragwürdigen Elfmeter pfeift, weil sie insgesamt so gut dastehen?

Stattdessen die so: Geisterspiele sind ein faszinierendes Konzept. Es ist viel spannender, all die taktischen Anweisungen im Fernseher zu hören. Und das Bier kostet auch nur 30 Cent und keine 3 Euro 80... FEUER FREI!!!

Dass faszinierendste ist jetzt ja wieder die "Einzeltäter"-Theorie: Das Problem ist der eine Fan, der den Schiedsrichter getroffen hat und nicht die Kultur des Bierbecher-Werfens. Man ignoriert dabei komplett, dass man vor dem Spiel ein extra Video gemacht hat, welches auf diese Problematik hinweist. Dass Max Kruse noch im Trikot von Union Berlin sich darüber beschwert hat, dass seine Biere mit den "Gegnern" zu teilen im Bochumer Block gang und gäbe ist. Aber das Problem ist die eine arme Sau, die tatsächlich getroffen hat. Der muss sich jetzt die ganzen Vorwürfe gefallen lassen, weil er besser zielt als seine Kumpels.

Vielleicht haben wir ja einfach nur vergessen, wie das war. Und ja, es ist schon nichts Ungewöhnliches, dass Spieler zum Beispiel beim Ausführen einer Ecke mit Bier bespritzt oder mit Feuerzeugen bedacht werden. Meistens sind die halt vorher so clever, dass die Becher nicht fast voll sind, deswegen bleiben die ganz großen Wirkungstreffer aus. Oder sie lassen den Becher richtig rotieren. Aber...

Also ich sag das mal so: Als bei der Hansa Zusammenfassung letztens auch ein Bierbecher an der gegnerischen Bank vorbeiflog, dachte ich auch nur: Schwein gehabt, dass der daneben ging. Oder anders ausgedrückt: Es ist eher eine Überraschung, dass dies erste das 2. Mal war, dass so ein Becher jemanden getroffen hat. 

Nebenbei würde so ein Verhalten an allen anderen Orten der Welt zu einem Hausverbot führen. Also auch, wenn man nicht trifft. Und abgesehen von seinem eigenen engsten Kreis, die mit einem auf Sauftour sind, würden sich alle angeekelt distanzieren. Oder wenigstens ein "Lieber Frau und Kind erschießen, als nen Tropfen Alk vergießen" grölen. Aber im Stadion gehört das "Bierbecher in Richtung anderer Menschen" werfen anscheinend einfach dazu. Das ist halt Teil der Kultur. Und genau das ist das Problem.

Das ist nebenbei schon der dritte Spielabbruch in den obersten 4 Ligen, den wir dieses Jahr erleben. Erst Duisburg, dann Essen und jetzt Bochum. Aber das sind ja alles bedauerliche Einzelfälle.

Der Optimist hofft darauf, dass alle halt mal nach 2 Jahren mit angezogener Handbremse so richtig die Sau rauslassen müssen und sich dann wieder mäßigen werden. Das sieht ja in der Klubszene auch nicht anders aus. Aber wenn das die optimistische Variante ist...
Denkt der Pessimist in mir, dass unsere Gesellschaft in den letzten 2 Jahren einfach aggressiver geworden ist. Und der Fanblock gehört definitiv zu den Orten, die noch mehr Aggressivität nicht vertragen. Dann müssen wir uns daran gewöhnen, dass immer mehr und immer schwerere Gegenstände geworfen werden, wenn irgendetwas nicht nach Wunsch läuft. Wir werden dann demnächst die Fans nach Klavieren absuchen müssen...

Aber hey, in den restlichen Stadien wurde ja ohne größere Vorfälle gespielt. Und ich frage mich echt, warum ich mir Sorgen um Bayer Leverkusen gemacht habe. Die könnten die Champions League verpassen! Und was macht die versammelte Konkurrenz aus Leipzig, Freiburg und Hoffenheim: Sie erzielen zusammen 0 Tore. Stark. Hoffenheim unterstützt die Hertha bestmöglich in dem Versuch Felix Magath doch noch zu verhindern: Hey, guckt mal, dieser Fotheringham! Der ist doch voll sympathisch. Der kann das bestimmt auch!

Freiburg ließ 2 Punkte beim abgeschlagenen Tabellenletzten aus Fürth liegen. Kaum glaubt man wirklich, dass es was werden könnte... 

Apropos: Kaum glaubt man dran... der Kicker hat ja am Donnerstag ausgerechnet, wie knapp 4 Punkte wirklich sind. Anscheinend hat man die Borussen damit nervös gemacht. Also dachten sie sich: Zur Beruhigung der allgemeinen Lage lassen wir einfach mal nen paar Punkte liegen. Dann muss sich niemand ernsthafte Gedanken machen, was passieren könnte, wenn wir gegen die Bayern nicht versagen würden.

Arminia Bielefeld: Hmm... also die scheinen ja vorausschauend zu agieren. Wie reagiert man. Wie reagiert man auf einen Rückstand, wenn man seit 3 Spielen ohne Sieg und eigenen Treffer ist? Man nutzt die Gelegenheit, um unter Wettkampfbedingungen Ausnahmesituationen zu trainieren, damit man in der Relegation auf alles vorbereitet ist. Man entscheidet sich diese Woche dafür, Ortega eine kleine Simulation eines Elfmeterschießens zu geben. Und Mainz kooperiert sogar und schickt 3 unterschiedliche Schützen. Jetzt wissen die Arminen schon mal, dass sie besser all ihre Elfmeter am Ende verwandeln sollten.

Thomas Hitzlesperger und seine Lebensplanung. Das muss beruhigend sein. Also er kann jetzt ja die Uhr stellen und weiß, wann es für ihn alles vorbei sein wird. Oder zumindest kennt er die Pläne des VfB Stuttgarts. Die haben ihm nämlich zur Verabschiedung einen überdimensionalen, "ein Leben lang" Mitgliedsausweis überreicht. Das Problem an der Übergröße: Wir konnten alle lesen, dass der zum 21.12.2026 ausläuft. Ich frag mich ja, ob Hitzlesperger den über seinem Bett oder über seinem Klo aufhängt...
Ich frag mich ja echt, was daran so schwierig ist, auf so einen symbolischen Zettel "unbefristet" zu schreiben... Aber hey, stehen die Suttgarter in Kontakt mit den Reptiloiden und wissen bereits, dass 2026 die Welt untergeht...

Donnerstag, 17. März 2022

Passives Abseits Leser wissen es früher: Ronaldo und Messi spielen keine Rolle mehr

 Natürlich müssten echte Experten nicht darauf hinweisen, dass sie das ja gesagt haben. Aber echten Experten wäre es auch egal, wenn sie falsch liegen und auch das ist bei mir anders. Und Recht zu behalten, macht halt schon extrem viel Spaß.

Und ja, ich habe im Sommer prognostiziert, dass es egal ist, wo Lionel Messi und Cristiano Ronaldo dieses Jahr spielen. Es wird auf die Vergabe des Champions League Titels keinen Einfluss nehmen. Beide sind für das allerhöchste Niveau einfach zu alt. 

Jetzt... fällt es plötzlich auch allen anderen auf. Und natürlich ist der Kicker eher überrascht, aber dass die sich nicht so wirklich mit Fußball beschäftigen, sollte hier niemanden überraschen. Ronaldo verabschiedete sich ohne einen einzigen Torschuss aus diesem Wettbewerb. Vielleicht sogar für immer. Und wenn die beiden Arsenal Fans mir jetzt einen "Stat Curse" vorwerfen wollen: Einer von euch hat mir das so geschickt... Also selbst Arsenal Fans haben keine Angst mehr vor Ronaldo...

Das wirklich faszinierende ist ja, wie jetzt allen auffällt, dass Lionel Messi sein Trikot nur noch spazieren trägt. Ähm... Welchen Fußball habt ihr die letzten 6 Jahre gesehen? Also klar, ein junger Messi unter einem Pep Guardiola hat engagiertes Gegenpressing am gegnerischen 16er betrieben. Aber die Zeiten sind doch lange vorbei. Messis Laufleistungen sind seit Jahren unterirdisch. Deswegen stellte Luis Enrique beim letzten Titelgewinn die Taktik um: Man spielte nicht mehr dominantes Pressing und setzte mehr auf die individuelle Klasse von Messi, Neymar und Luis Suarez in der vordersten Linie. So kam man "nur" auf 62 % Ballbesitz, was für Pep eine Beleidigung wär... Das ist vor allem aber auch schon 7 Jahre her.

Messi hat seit Jahren keinen Defensivzweikampf mehr geführt. Bei Barca konnte man das noch relativ gut verstecken, weil er der einzige war, der sich komplett rausnahm. Und "relativ gut" bedeutet auch nur, dass man jedes Jahr mit heftigen Klatschen ausschied...
Auch bei Barca lief Messi teilweise kaum mehr als ein motivierter Torhüter. Hier kommt, via SportBild, die Auswertung aus dem Jahr 2016.

Der einzige Unterschied zu 2016 ist halt, dass Messi mit 7,4 km Laufleistung keine 10 Großchancen mehr kreiert, sondern vielleicht eine. Und das reicht dann halt auf halbwegs hohem Niveau einfach nicht mehr. Aber das war halt so was von abzusehen.

Wirklich spannend ist ja jetzt die Frage, ob Xavi den Messi überhaupt zurückhaben will... Also in den gerade anlaufenden Neuaufbau passt er halt überhaupt nicht rein. Und wenn man den amerikanischen Medien trauen will, ist Xavi ja gerade dabei eine vernünftige Leistungsgesellschaft zu etablieren. Was es in den letzten Jahren unter Messi anscheinend einfach nicht gab. Und klar, einen überragenden Messi könnte man da einbauen, aber diesen Messi gibt es halt nicht mehr... andererseits soll man angeblich an Neyamr dran sein... wie jeden März... 

Aber plötzlich ist es ein erstaunlich realistisches Szenario, dass Messi diesen Sommer in die USA oder in eine vergleichbare Altherren-Liga wechselt. Oder dass er bei Paris nächste Saison von der Bank kommt und man es so noch einmal versucht. Aber dass Messi in der K.O. Phase der Champions League irgendwo in der Startformation steht, ist zumindest das unvernünftigste Szenario...

Mittwoch, 16. März 2022

Es gibt ja nichts, was mich so nervt...

 wie Experten, die sich offensichtlich nicht mit ihrem Gebiet beschäftigen. Und gerade im Fußball passiert das viel zu häufig. Da ist oftmals die einzige Qualifikation, die man braucht, um Weisheiten in Mikrofone zu erbrechen: Er hat selber ganz ordentlich gespielt. Und je ordentlicher man gespielt hat, umso dümmer dürfen seine Kommentare sein. 

An und für sich ergibt das ja auch Sinn. Also selber gespielt zu haben, gibt einem schon eine einzigartige Perspektive. Auch wenn man immer anerkennen sollte, dass das Spiel sich seit den 90ern weiterentwickelt hat. Also mein größtes Problem ist ja, wenn die "alten Säcke" behaupten, dass Trainer wie Pep Guardiola mit ihren ständigen taktischen Anforderungen und Änderungen die Spieler überfordern. Das mag in den statischen Zeiten des Fußballs gegolten haben. Also früher als man als Vorstopper 90 Minuten lang an einem Diego Maradonna hing. Als die taktische Anweisung lautete: Wenn der auf Klo geht, folgst du ihm trotzdem. Mittlerweile wird man aber schon als 16-Jähriger viel variabler ausgebildet. Und natürlich fällt es einem dann einfacher, sich während der 90 Minuten auf neue Anweisungen einzustellen. Man ist es halt mittlerweile auch gewöhnt. Und ja, dieses "Das Spiel hat sich weiterentwickelt" sollte viel häufiger zu tragen kommen.

Viel schlimmer ist es aber, wenn man sich zu internen Abläufen äußert. Auch das ergibt ja auf der ersten Ebene Sinn: Man hat selber jahrelang mit Mitspielern. Managern und Trainern zu tun gehabt. Da kann man sich schon eine Meinung zu aktuellen Abläufen bilden. Aber auch da sollte man zugeben, dass man mittlerweile vielleicht einfach isoliert ist.

Und niemand ist so isoliert, wie Lothar Matthäus. Der hat es ja irgendwie geschafft, alle Brücken mit seinen ehemaligen Vereinen und dem DFB niederzubrennen, obwohl er eigentlich der designierte Nationaltrainer in Ausbildung war. Ob das jetzt alles Loddars Schuld ist, soll jetzt erstmal zweitrangig sein. Aber es gibt, glaube ich, keinen Experten, der so wenige Kontakte zu den Vereinen hat. Also es gab ja die legendäre Ansage von Uli Hoeneß, dass der nicht mal als Greenkeeper angestellt wird. Nun ist mittlerweile viel Gras über diese Aussage gewachsen, aber Angestellter bei den Bayern wird Matthäus trotzdem nicht mehr werden.

Dennoch äußert er sich zu den Vorgängen in München und kritisiert die Leute, die das geschafft haben, was ihm verwehrt blieb: Hoeneß Nachfolger zu werden. Und das geht ja mal gar nicht. Also werden Oliver Kahn und Hasan Salihamidžić regelmäßig kritisiert. Und die Kritik ist recht simple: Robert Lewandowski muss ein neuer Vertrag angeboten werden. Dass man den so in der Luft hängen lässt, hätte es früher nicht gegeben!!! Und das wird dann immer wieder wiederholt, solange bis man es glaubt. Hier ist die Version von vor 8 Tagen.

Das Problem ist aber: Diese Aussage sollte Matthäus als Experte auf ewig aus dem Verkehr ziehen, denn sie beweist, dass er sich einfach nicht mit Fußball oder den Bayern beschäftigt. Denn Kahn und Salihamidžić führen ja die Vereinsphilosophie von Hoeneß und Rummenigge nahtlos fort. Sie halten sich genau an die Vorgaben ihrer Mentoren. Was auch wenig überraschend ist. Diese Vorgaben lauten aber halt: keine langfristigen Verträge für alternde Stars. Wer älter als 32 ist, bekommt maximal ein 2 Jahres Angebot. Danach verlängern wir immer um ein Jahr. Und Robert Lewandowski ist 33 und hat noch einen Vertrag bis 2023. Danach sieht man von Saison zu Saison. Man hält sich also konkret ans Protokoll. Jetzt zu behaupten, dass es das früher nicht gegeben hätte, ist einfach nur dumm.

Vor allem, weil Salihamidžić ja selber weiß, wie das bei den Bayern läuft. Der gehört nämlich zu der langen Liste von Spielern, die den Verein ablösefrei verlassen "durften."

Also ich werfe hier mal ein paar Namen in den Raum: Bastian Schweinsteiger, Philipp Lahm, Miroslav Klose, Franck Ribery, Arjen Robben und Luca Toni. Alles mehr oder weniger große Bayern Legenden. Und alle verließen den Verein mit Anfang oder Mitte 30. Einzig Schweinsteiger brachte eine Ablöse ein. Als Bayern München lässt man solche Spieler lieber ablösefrei ziehen, als ihnen frühzeitig langfristige Verträge anzubieten, die man dann auch ausbezahlen muss, wenn der Spieler seine Leistung nicht mehr bringt. Und der Erfolg gibt ihnen ja recht.

Und klar, man hat dann, siehe Ribery, der am Ende einfach nicht mehr gut war, den Hang dazu, diesen Spielern immer wieder Ein-Jahres-Verträge anzubieten, auch wenn sie für die Champions League Ansprüche nicht mehr gut genug sind. Aber man hat halt am Ende mit diesen Spielern von Jahr zu Jahr verhandelt. 

Ich bleibe ja dabei: Der Uli Hoeneß Move wäre es, Thomas Müller für überteuertes Geld nach Newcastle zu verkaufen und sich Wirtz und Haaland zu holen. Und Haaland lässt er dann ein Jahr mit Lewy zusammen spielen. So wie er es mit Luca Toni und Mario Gomez gemacht hat. Oder mit "Robbery" und Gnabry/Sané. Es gibt mehr als genügend Beispiele, wo "Legenden" wie Lewandowski dann doch ganz pragmatisch durch jüngere, aufstrebende Spieler ersetzt worden sind. 

Der Umgang mit Robben und Ribery beweist ja eher, dass die von Sentimentalitäten geprägten Entscheidungen dem Verein genau genommen nicht helfen. Denn erst als man die beiden 2 Jahre zu spät gehen ließ, spielte man auch wieder um den Champions League Titel mit. Und klar, in der Liga ist das vollkommen egal. Aber an der Liga richtet man ja nicht seine Vereinspolitik aus.

Zu behaupten, dass es das früher nicht gegeben hätte, ist einfach faktisch falsch. Und wenn man immer wieder falsche Aussagen wiederholt, sollte man irgendwann einfach kein Experte mehr sein...

Dienstag, 15. März 2022

Der Welleneffekt der Floran Wirtz Verletzung

Verdammt, das ist deprimierend. Einfach nur traurig. Also in allererster Instanz für den jungen Mann selber. Aber die Zeiten, in denen ein Kreuzbandriss das Karriereende bedeuten konnte, sind ja zum Glück vorbei. Normalerweise kehrt er in 9 Monaten zurück auf den Platz. Hoffen wir das Beste.

Die Folgen könnten trotzdem erschütternd sein. Also für Bayer Leverkusen und die Liga als Ganzes. Ich will ganz ehrlich sein: Florian Wirtz erinnert mich ganz stark an einen jungen Mario Götze. Und daran wird sich kaum noch jemand erinnern können, aber der junge Götze war verdammt gut. Er hat halt seine großen Verheißungen nie erfüllen können, aber er erinnerte mich halt an einen jungen Lionel Messi. Und ja, mir ist bewusst, was ich da schreibe.

Das war schon bei Götze kein Lob, welches mir leicht über die Finger ging. Und gerade dass Götze die Erwartungen am Ende nie erfüllen konnte, sorgt dafür, dass ich Wirtz lieber nur mit ihm vergleiche. Aber die Dinge, die Wirtz regelmäßig und mit Leichtigkeit auf den Rasen zaubert, kann man einfach nicht lernen. Man stelle sich vor, der würde mit einem Kai Havertz das offensive Herz bei der WM bilden. Aber das wird ja Thomas Müller verhindern, der gesetzt bleiben muss...

Der Götze Vergleich ist aber auch aus einem anderen Aspekt spannend. Denn als Götze grandios war, wurden die Bayern zum letzten Mal nicht Meister. 

Aber guckt euch mal die beiden Meisteroffensiven der Borussen an: 2011 war Lucas Barrios der 20 Tore Stürmer. 2012 übernahm dann dieser Robert Lewandowski diesen Part. In Szene gesetzt wurden sie von eben Götze und einem Shinji Kagawa

Der aktuelle Bayer-Kader hat mit Patrik Schick und Lucas Alario ebenfalls ein Sturmduo, dem man 30 Tore locker zutrauen kann. Und sie haben Wirtz und Moussa Diaby

Dazu kommt mit Jeremie Frimpong, Piero Hincapie und Edmond Tapsoba ein "Kinderriegel", der sich nicht vor Hummels, Subotic und Schmelzer verstecken muss. Jonathan Tah übernimmt die "Mit 26 bin ich schon der Veteran" Rolle von Lukasz Piszcek. Lukas Hradecky übernimmt die Rolle des chronisch unterschätzen, aber beruhigend wirkenden, alten Sack zwischen den Pfosten von Roman Weidenfeller. Das einzige, was ihnen wirklich fehlt, ist ein Nuri Sahin oder İlkay Gündoğan. Ansonsten ist man echt gar nicht soo weit weg von genau dem Setup, welches damals gereicht hat.

Aber dem ganzen fehlt natürlich die Breite. Und mit Wirtz jetzt auch das Herzstück für mindestens 6 Monate.

Also ja, mein Best Case Szenario war folgendes: Bayer qualifiziert sich souverän für die Champions League. Sie können ihren Kader zusammenhalten, weil all die jungen Stars diese größere Bühne für sich nutzen und als Stammspieler in ihre erste Gruppenphase gehen wollen. Man scheidet im Achtelfinale aus, spielt dann eine fantastische Rückrunde und wird am Ende ganz knapp nur Vizemeister... Ja, es ist immer noch Leverkusen, dass die den Titel holen, glaube ich nicht wirklich. Aber dass sie die Saison 2022/23 spannend gestalten und die Bayern fordern, würde ich ihnen zutrauen. Und auf ein wirklich spannendes Meisterrennen warten wir doch seit Jahren.
Danach verteilt sich die Mannschaft dann auf die europäischen Spitzenvereine. 

Jetzt droht das Verpassen der Champions League, denn die Abstände zwischen Platz 3 und 6 sind erschreckend gering. Und ohne die wird man Schick und Diaby auf keinen Fall halten. Dann darf man direkt mit dem "Neuaufbau" anfangen, und bis dann "die nächste Generation Talente" so weit ist, wie Schick und Diaby es jetzt sind, spielt Wirtz in einem anderen Trikot.

Nebenbei spielt Bayer noch gegen RB Leipzig, TSG 1899 Hoffenheim und den SC Freiburg. Wenn es nur gegen Hertha und Fürth gehen würde, würde ich mir weniger Sorgen machen.

Vor allem wird einem bewusst, wie eng die Zeitfenster halt mittlerweile sind. Diese Leverkusener Mannschaft hat das Potenzial, etwas wirklich Besonderes zu werden. Sie hat dafür aber realistisch gesehen auch nur 2 Jahre Zeit. Wenn in den 2 Jahren nicht alles glattläuft, verschwindet diese Truppe im Grau des Fußballalltages. Wenn Diaby und Wirtz dann in einem WM-Halbfinale aufeinandertreffen, ist der Fakt, dass sie mal gemeinsam angefangen haben, nur noch eine Randnotiz.

Und ja, ich habe mehr Zutrauen in Leverkusen als in Borussia Dortmund. Ich gehe halt ganz realistisch davon aus, dass Erling Haaland ab Sommer nicht mehr im Ruhrpott spielen wird. Ohne den wird es halt nicht reichen, um die Bayern wirklich zu kitzeln.

Montag, 14. März 2022

Worst of des "Magath is zurück!" Wochenendes

 Sind wir uns sicher, dass Fredi Bobic nicht einfach nur einen Konkurrenten ausschalten will und danach dann zur Eintracht zurückkehrt? Also den Karriereweg von Christian Heidel folgt? Habt ihr eine bessere Erklärung?

Wenigstens muss er sich dieses Mal keine Nepotismus vorwerfen lassen. Aber ganz ehrlich: Felix Magaths Zeit war doch vorbei. Seine letzten Anstellungen endeten im Desaster. Die davor genaugenommen auch. Was natürlich in Berlin kein Problem ist, da kann halt gerade niemand an langfristige Erfolge denken. Und Magath ist ja der 2. Trainer dieser Saison, der erstmal nur bis zum Saisonende bleiben soll. 

Die eigentliche Überraschung ist ja, dass Magath sich das nochmal antut. Also nicht nur unter jemanden zu arbeiten, sondern unter jemand derart dominanten zu arbeiten, wie Bobic das gerade ist. Aber hey, wenn dessen Plan wirklich eine Rückkehr nach Frankfurt ist, kann Magath dann im Sommer wieder seine Doppelposition übernehmen und 20 neue Spieler verpflichten. Vielleicht kann er ja dem Lars Windhorst vermitteln, dass er viel besser mit Geld umgehen kann, als all die Vorgänger. Und dann verpflichtet er als Nächstes für 10 Millionen Max Kruse... 

Absurderweise gehe ich trotzdem davon aus, dass das funktionieren wird. Obwohl Magaths letzte erfolgreiche Saison aus dem Jahr 2010 ist. Obwohl seine Methoden aus der Zeit gefallen wirken. Aber für einen letzten Dead Coach Bounce wird es trotzdem noch reichen. Am Ende sind es halt auch nur 2 Punkte auf Arminia Bielefeld und 3 auf den FC Augsburg

Und ich sag das mal so: Der VfB Stuttgart zeigt ja, wie schnell es gehen kann. Vor 2 Wochen dachte man noch "Das wird halt dieses Jahr nicht, schade eigentlich."... Dann erzielt man die späten Tore auf einmal selber und schon ist man auf dem Relegationsplatz. Das Absurde am Abstiegskampf ist: Man braucht echt nur einen kurzen Lauf und ein wenig Glück, schon ist man zurück im Spiel. Und man muss darauf hoffen, dass der Trainer der Konkurrenz nach deinem eigenen Spiel entlassen wird.

Das ist halt irgendwie der Unterschied zwischen dem Tabellenkeller und den Mannschaften oben: Unten kann man ein spätes Unentschieden mal feiern, oben... oh warte...

TSG 1899 Hoffenheim: Ok, das mag ein wenig eine Überreaktion sein. Schließlich haben die das erste Mal seit 1899 vor mehr als 13.000 Fans gespielt. Hoffenheim hatte ja zwischenzeitlich das Problem, dass sie trotz Einschränkungen das Stadion nicht ausverkauft haben. Da kann man sich schon ein bisschen gehen lassen, wenn man vor ausverkauften Haus spielt.

Aber ganz sachlich gesehen: Dass die Hoffenheimer sich für ein Unentschieden so feiern lassen, nur weil es gegen die Bayern ging. Dass es eine Sensation ist, wenn der Tabellenvierte nicht vom Rekordmeister aus dem eigenen Stadion geschossen wird. Und das auch nur, weil die Bayern sehr großzügig mit ihren Chancen umgegangen sind. Die Reaktion der Hoffenheimer beweist wieder schmerzlich, wie weit weg die Bayern sind und wie ungesund das für die Liga ist. Ganz sachlich haben die Hoffenheimer nichts geleistet, was irgendwie herausragend sein sollte. Sie haben 2 Tabellenplätze verloren. Und so, wie RB Leipzig gerade punktet, kann man zu Hause kaum Punkte liegen lassen, wenn man in die Champions League will. Absurderweise macht es die Freiburger Ausbeute gerade sogar schwierig, mit einem Unentschieden Platz 5 zu sichern. Wenn man aber einfach nur mitspielen will, kann man sich hinterher für ein Unentschieden feiern lassen.

Stellt euch einfach mal selber folgende Frage: Würde Arsenal London sich dafür feiern lassen, wenn sie im Emirates Stadium ein Unentschieden gegen Manchester City holen? Eher nicht, schließlich hat man ja doch den Anspruch wieder in die Champions League zu kommen und da ist ein Unentschieden zu wenig. Hey, auch wenn es "nur" gegen den FC Liverpool geht, können wir das am Mittwoch rausfinden... Atletico Madrid würde ein Unentschieden gegen Real Madrid auf gar keinen Fall so feiern. Die haben aber halt einen Diego Simeone

Aber genau dieses "Wir sind ja schon zufrieden, wenn wir die Bayern ein wenig fordern und sie uns nicht aus dem eigenen Stadion schießen" Haltung ist und bleibt das Grundproblem der Bundesliga. Dass die Bayern in der Liga so dominant sind, liegt halt nicht nur an den Bayern, sondern auch daran, dass der Rest sich mit viel zu wenig viel zu zufriedengibt. Hoffentlich ändert RB da irgendwann was dran.

Dr. Rainer Koch, Vollidiot der Woche. Oder des Monats. Oder jetzt schon des Jahres. Also ganz ehrlich, wie dumm kann man sich anstellen? Angeblich hat Kom Jong-un dessen Rede gesehen und hinterher verlauten lassen: "Das kann man doch so nicht vor einer Wahl sagen." Du musst denen doch wenigstens die Illusion lassen, dass sie sich aus freien Stücken für dich entscheiden. Wenn man das nicht schafft... wird man halt abgewählt.

Es ist echt faszinierend, wie Koch bis zum Schluss einerseits daran geglaubt hat, dass er fest im Sattel sitzt, andererseits nicht sieht, dass er das Problem ist.

Freitag, 11. März 2022

Und dann geht plötzlich so ein Scheiß durch meine Timeline

 Ernsthaft, am Ende werde ich Facebook nicht wegen Querdenkern und Neonazis abschaffen, sondern wegen den 11 Freunden.

An der Stelle muss direkt erstmal ein ganz dicker Disclaimer rein: Ich habe nicht das Probeabo abgeschlossen, welches die mir verkaufen wollen. Ich weiß also nicht, ob die 11 Freunde das reißerisch zusammengeschnitten haben, oder ob der Sportforscher Simon Chadwick das wirklich so gesagt hat... Und ich weiß auch nicht, ob die 11 Freunde Redaktion ihn danach darauf hingewiesen hat, was für ein Blödsinn das ist. Aber hier kommt das, was vor der Paywall erreichbar ist. (Und ja, Link geht zu Facebook, aber ich zitiere das auch hier, ihr könnt mir also ruhig glauben.):

"Schalke ist als traditioneller Arbeiterklub emblematisch. Es war eine strategische Verführung, dass Gazprom dazugehörte. Das war ein trojanisches Pferd. Warum sollte man Gazprom auch in Frage stellen: Das sind doch die Sponsoren der Champions League."

Also nehmen wir das mal in der Reihenfolge auseinander, in der es da steht:

1.) Schalke war 2008 ein ziemlich heruntergewirtschaftetes Millionenunternehmen. Es wurde von einem Clemens Tönnies geführt, der von einer Arbeiterbewegung ungefähr so weit entfernt ist, wie Putin von einem lupenreinen Demokraten. Man leistete sich Spieler wie Kevin Kuranyi, der mit 6,9 Millionen Ablöse mehr Geld in einem Sommer bewegt hat, als ein gemeiner Arbeiter in seinem Leben sehen wird. Oh und Mike Büskens musste für 4 Spiele als Trainer übernehmen. Also sowohl 2007/08, als auch das Jahr darauf. Manche Dinge ändern sich nie. Oh und man spielte in einem wunderschönen, zur WM neu errichteten Stadion, welches das Wachstum extrem beschleunigte. Dieses Stadion hieß überraschender Weise nie "Arbeiterkampfbahn"...
Aber mit Arbeitern hatte dieser Verein allgemein nichts zu tun. Also außer vielleicht die paar Fans, die sich das Ticket gerade so noch leisten konnten.

Aber dann... wurde man ja verführt. Die wollten ja gar nicht. Und die konnten ja gar nichts dafür. Schalke ist das Opfer hier. Wisst ihr, was das wirklich schlimme an dieser Aussage ist: Es ist genau die Ausrede, die unsere Großeltern auch genutzt haben. Also falls eure Großeltern auch alt genug waren, um Nazideutschland live miterlebt zu haben.
Da hieß es nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges plötzlich: Der Hitler war das alles alleine. Der hat uns verführt. Wir waren gar keine Nazis! Wir waren dagegen! Innerlich! Wir waren alle Sophie Scholl!!!Wir hätten nie die 3000 Reichsmark genommen, und uns an dem System bereichert!

Ganz ehrlich: Gebt Schalke nicht die Möglichkeit, jetzt in die Opferrolle zu fliehen. Weist sie darauf hin, dass Gazprom schon 2008 ein eher dubioser Sponsor war. Und dass man spätestens 2021 dies nicht mehr ignorieren konnte. Schalke hat es aber trotzdem ignoriert und der Vertrag einfach mal langfristig verlängert. Diesen Vorwurf müssen sie sich gefallen lassen. Da können sie sich nicht einfach herausreden. Und wenn sie dies versuchen, dann harkt nach.

Dann kommen wir zu dem einzigen richtigen Teil: Die Gazprom Sponsorenverträge waren ein trojanisches Pferd. Stimmt vollkommen. Aber hier ist das entscheidende: Schalke waren die Vollpfosten von der Stadtmauer, die dieses vergiftete Geschenk gesehen haben und sich dann dachten: Boah, glitzert voll geil, das holen wir erstmal rein... und was das dann erstmal ist, gucken wir später. Beziehungsweise wir gucken gar nicht nach und tun einfach konsequent weiter, als ob das schön glitzert, auch wenn um uns herum schon alles brennt. Schalke hat Gazprom die Tore nach Europa geöffnet. Das muss man bei jeder Debatte über diese Situation immer wieder festhalten.

Vor allem, weil der angeblich so gute Arbeiterklub richtig beschissen geführt worden ist. Man war trotz der regelmäßig reinkommenden Champions League Millionen und den Umsatzsteigerungen durch die neue Arena so pleite, dass man jedes Geld unabhängig von moralischen Bedenken annehmen musste. Und es gab damals mehr als genug moralische Bedenken. Alle anderen Champions League Teilnehmer sagten zu Gazprom ab. Nur mit Schalke konnte man verhandeln.

Das bringt mich ja zu dem größten Aussetzer vom Chadwick. Also ich habe mal nen Kalender aufgeschlagen. Wofür hat man sonst so ein Handy? Und in diesem Kalender kriegt man etwas absurd revolutionäres raus: 2008 war vor 2012! Ja, wirklich. Hat mir die CIA geschrieben, und die finden alles raus. Zu behaupten, dass Schalke den Sponsorenvertrag mit Gazprom nicht hinterfragen konnte, weil das ja auch der Großsponsor der Champions League war, ist einfach... also... selbst Querdenker sind nicht so doof, dass sie behaupten, 2012 wäre vor 2008.

Abgesehen davon sind doch UEFA und Fifa seit Jahren, drücken wir es diplomatisch aus, nicht unbedingt als Institutionen höchster moralischer Integrität bekannt. Wenn jemand Sponsorenverträge mit diesen Verbänden abschließen, sollte das doch sofort ein riesiges, nicht zu übersehendes Warnschild sein. Wenn man wirklich den Anspruch eines Arbeiterklubs hätte, sollte man sich doch so weit wie möglich von allem, was irgendwie bei der Fifa oder UEFA mit drin hängt, distanzieren. Also schonmal vorsorglich. Nur wenn man selber einen ähnlichen moralischen Anspruch hat, denkt man sich, dass das doch alles integre Verhandlungspartner sind.

Nebenbei gibt es etwas, was bei dieser Debatte vollkommen untergeht. Wisst ihr, wer in diesen Gazprom Deals immer tief mit drinsteckte? Peter Peters. Also der war offiziell seit 1993 Geschäftsführer. Er war von 1994 bis 2020 für die Finanzen verantwortlich. Er hat also erst dabei geholfen, dass Schalke in die Position gewirtschaftet wurde, dass sie das dreckige Geld brauchten... und dann hat er geholfen, die Verträge mit Gazprom einzutüten. Aber man ist ja nur getäuscht worden, da kann man ja nichts dafür. Und was soll Peters als erste richtig große Sportpointe des Jahres jetzt laut den DFL-Vereinen werden?

DFB-Präsident! Lasst es mich mal so fragen: Was ist gerade das wichtigste, was ein neuer DFB-Präsident braucht, um wenigstens das Image dieses Verbandes ein wenig zu retten? Vom "Aufräumen" wollen wir mal gar nicht träumen, solange Dr. Rainer Koch da noch im Topf rumrührt. Also auf meiner Liste wären "Seriöses, langfristiges Wirtschaften" und "Eine möglichst große Distanz zu Despoten und moralisch fragwürdigen Geldgebern" ziemlich weit oben auf der Liste. Und "Wir wurden getäuscht" und "das konnten wir ja nicht wissen" ziemlich weit unten. Aber ja, das wird jetzt der Mann, der beim DFB alles besser macht.

Dienstag, 8. März 2022

Es ist schön, wie jetzt alle ihr Gewissen reinwaschen.

Oh, guckt mal, die Schalker, die sind so konsequent, sie kündigen jetzt einseitig ihren Sponsorenvertrag mit Gazprom... und gehen den Weg so konsequent, dass jetzt "Vivawest" auf ihren Trikots zu lesen ist. Konsequenter kann man eine 180 Grad Drehung gar nicht vollziehen. Da kann man sehr stolz auf den Verein sein.

Gut, wie schon erwähnt, wäre es eigentlich konsequent gewesen, den Vertrag im April 2021 nicht zu verlängern, denn Putin war auch da schon ein homophobes, nationalistisches Arschloch. Aber damals hat er ja nur Krieg führen lassen und nicht selber zu den Panzern gegriffen, das ist was ganz anderes.

Was mich ja am meisten nervt: Wo bleibt jetzt eigentlich der investigative Journalismus, lieber Kicker? Also wo ihr euch doch bei jeder Gelegenheit damit brüstet, dass ihr damals die Lage auf Dortmund so schön aufgedeckt habt. Geschichten aus diesem "Früher", als der Kicker noch ein Fachmagazin war

Wo bleiben also diese ausführlichen und gut recherchierten Artikel, in denen uns als Laien erklärt wird, wie Russland wunderbares "Sportswashing" betrieben hat und Sponsorenverträge und Großveranstaltungen genutzt hat, um Kontakte zu knüpfen und zu pflegen. Da kann man doch bestimmt wunderbar ein 30 Minuten Video zusammenbasteln, wenn man die Dinge wenigstens halbwegs aufschlüsselt.

Also ja, kann man. Hat Alfie von HITC Seven auch gemacht. Nur muss ich halt mittlerweile nach unabhängigen Youtubern gucken, wenn ich so etwas erfahren will. Das ist aber auch keine wirkliche Neuigkeit. Auch von der Arbeit eines Romain Molina erfahre ich ja im Kicker nichts, sondern nur auf Youtube. Und Triggerwarnung: Wenn ihr diesem Link folgt, erfahrt ihr, wie viele nachgewiesene Misshandlungen von jungen Spielern und Spielerinnen es im Fußball so gibt. Da kommt auch jeden Monat was Neues dazu. Aber auch dafür interessiert sich keine Sau. Nur so nen paar dumme Nerds mit eigenem Youtube Kanal wollen sich damit beschäftigen. Aber das führe ich bei Gelegenheit mal aus. Zurück zu den Russen und anderen Diktatoren.

Wenn man genau hingucken würde, könnte man herauskriegen, wie Gazprom seine Position als Großsponsor ausgenutzt hat, um nebenbei in der VIP-Lounge Verträge mit der Stadt Manchester abzuschließen. Man könnte herausfinden, dass Oligarchen wie Igor Setschin und Roman Abramovich die WM Vergabe entschieden haben. Wie Russland strategisch Leute im Fußball platziert hat, damit man auf verschiedene Verein Einfluss nehmen kann. Also von Usmanov in Everton über Rybolovlev in Monaco und Fedun in Moskau... und ganz offensichtlich Abramowitch in London. Es gibt erschreckend viele Fußballvereine, die sich jetzt von ihren russischen Investoren distanzieren müssen... Die meisten dieser Menschen kamen nebenbei zu ihrem Reichtum, weil sie den Zusammenbruch der Sowjetunion eiskalt ausgenutzt haben...

Russland und seine Oligarchen haben den Fußball immer genutzt, um Verbindungen nach Europa aufzubauen oder um das eigene Volk abzulenken. Und am Ende landet man immer bei Gazprom... kaum jemand hat so viel in diesen Sport investiert, wie der russische Gasgigant.

Aber wir standen halt alle daneben und haben applaudiert. Wenn man sich jetzt wirklich kritisch mit der Rolle der Russen im europäischen Fußball beschäftigen würde, müsste man ja auch anerkennen, dass man selber seinen Beitrag dazu geleistet hat, dass wir jetzt in dieser beschissenen Situation sind, denn man hat dadurch das System Putin unterstützt. Das kann ja nicht gewollt sein.

Nebenbei sind Putin und seine Oligarchen ja gerade der praktische Beweis, dass große Sportevents wie die WM oder die Olympischen Spiele eben nicht zu einem Wandel im Land und mehr Freiheit führen, sondern nur dazu genutzt werden, um Stärke zu demonstrieren und seine Macht zu festigen.

Lustigerweise wird Russland jetzt ja von der Fifa WM ausgeschlossen, weil sie auf Menschenrechte scheißen und Krieg führen... Das ist jetzt echt unfair, es dachten doch all, dass das eine Teilnahmebedingung an der WM in Katar war...

Aber das ist ja das andere Problem: Wenn man sich jetzt wirklich mit den Konsequenzen dreckiger Investoren beschäftigt, landet man auch an dem Punkt, dass man eigentlich keine Geschäfte mit Katar, Saudi-Arabien oder Aserbaidschan machen kann. Lasst uns aus lauter Spaß noch Ungarn hinzufügen. Aber das sind alles immer noch legitime Partner, die von der UEFA und Fifa hofiert werden.

Russland hat den Fußball einfach nur ausgenutzt. Genauso wie es die anderen "lupenreinen Demokraten" machen. Und wenn man jetzt anfängt, derartige Praxis zu hinterfragen, sticht man in ein Wespennest, welches man halt lieber unberührt lässt. Denn es hängt ja am Ende auch das eigene Gehalt daran. Gucken Sie weg, hier gibt es nichts zu sehen.

Da ist es natürlich viel einfacher, die Schalker zu Helden mit einem ganz tollen Rückgrat zu machen. Auch wenn man damit indirekt allen moralisch fragwürdigen Investoren in die Hände spielt, weil man beweist, dass Sportswashing funktioniert, solange man kein Land in Europa angreift...

Dienstag, 1. März 2022

Die Sache mit Schalke und Gazprom oder RB und Moskau

 Nun also doch. Also jetzt erreicht der Krieg auch diesen Blog. Man kann es halt einfach nicht ignorieren. Ist halt in Europa und nicht in Afrika, da kann man dann nicht so einfach wegschauen. Da muss es Konsequenzen geben.

Und ja, dass was da in der Ukraine passiert ist schrecklich und verurteilenswert. Und Fuck Putin. Wobei ich ja eigentlich aus der "Fick nicht die Welt, sondern schwänger sie" Position komme... Dabei sollte man aber bedenken: Die Menschen in Jemen oder Äthiopien nennen das Dienstag. Wenn man aber aus Jemen in die Ukraine geflüchtet ist und jetzt aus guten Gründen vor der polnischen Grenze steht, knallen einem die guten Christen die Stalltür vor der Nase ins Gesicht. Also nur um mal ganz genau festzuhalten, wie weit unsere europäische Solidarität geht...

Aber lasst uns mal erörtern, wie der Sport und insbesondere der Fußball auf diesen Krieg reagiert und was wir daraus lernen können. Und fangen wir RB Leipzig an. Denn die haben ja das ganz große Los gezogen und sollten mitten im Krieg nach Russland fliegen. Gute Idee. Das wurde dann aber wenig überraschend abgesagt und RB bekam doch ein Freilos.

Worauf wir aber mal im Detail achten sollten, ist die Positionierung von Oliver Mintzlaff. Der stellte nämlich gleich klar, dass er nur davon ausgeht, dass dieses Spiel nicht stattfinden wird. Und dass sich die Uefa darum kümmern wird. Das ist wirklich schade. Also warum bezieht man da nicht klar und eindeutig Stellung: Da wird ein völkerrechtswidriger Krieg geführt, gegen russische Mannschaften können und wollen wir deswegen derzeit nicht spielen. Wenn die Uefa uns dafür bestraft und wir deswegen ausscheiden, dann ist das so.

Aber das ist ja das Grundproblem: Wir wollen alle Sanktionen gegen Russland sehen, aber diese Sanktionen dürfen uns nicht beeinträchtigen. Wenn wir selber deswegen finanzielle Einbußen hinnehmen müssten, finden wir uns doch Möglichkeiten uns mit den Gegebenheiten zu arrangieren. Deswegen wurde ja auch an Nordstream 2 solange festgehalten. Und auch RB weigerte sich eine "Wir sind auch dagegen, wenn es uns schadet" Haltung einzunehmen.

Nur um mal festzuhalten, dass das möglich wäre: Sebastian Vettel hat schon vor der offiziellen Absage angekündigt, dass er nicht für einen Grand Prix nach Russland reisen wird. Das geht also durchaus, man muss nur wollen.

Und ja, man muss an der Stelle auch festhalten, dass dies nicht Russlands, sondern Putins Krieg ist. Dass es keinen Grund gibt, eine Hetzjagd auf Russen im Allgemeinen zu starten. Dummerweise ist aber auch genau das, was passieren würde, wenn russische Mannschaft jetzt an internationalen Spielen teilnehmen würde. Die Stimmung im Stadion wäre im besten Fall vergiftet. Im schlimmsten Fall nutzen bekloppte und betrunkene Fans die Gelegenheit, ihren Hass an den russischen Athleten auszulassen. Es würde verdammt hässlich werden und es gibt keinen Grund das den Spielern anzutun. Und es müssen ja nicht mal die Fans im Stadion sein, es reicht ja, wenn militante Friedensdemonstranten den Bus auf dem Weg ins Stadion blockieren und mit Steinen bewerfen.

Das nächste Problem ist doch: Der Schritt von russischen Fußballvereinen zu Putin ist meist erschreckend klein. Denn die gehören ja im Wesentlichen genau den Oligarchen, auf die wir jetzt die größten Hoffnungen setzen, dass die Putin stürzen. Aber die sind ja nur Oligarchen, weil sie Putin jahrelang unterstützt haben. Also nehmen wir mal demonstrativ, weil er der bekannteste Name ist und jetzt die Kontrolle über Chelsea London abgeben musste, Roman Abramowitch. Der ist ja nur in die Position gekommen sich Chelski zu leisten, weil er sich mit Putin gut gestellt hat

Und, um den Bogen zum anderen großen Thema zu schlagen, es gibt halt auch gute Gründe, warum es Bilder von Clemens Tönnies und Wladimir Putin gibt. Und warum Tönnies uns erzählt hat, was für ein cooler Typ Putin ist. Denn wer mit Gazprom verhandelt, verhandelt beinah direkt mit Putin. Aber die gute Nachricht für alle Schalker: Man muss sich jetzt nicht mehr fragen, wer auf diesem Bild das größere Arschloch ist.

Dabei ist es sehr lobenswert, dass Schalke die Zusammenarbeit mit Gazprom einseitig aufkündigt. Die machen jetzt genau das, was Leipzig vermieden hat: Sie positionieren sich, auch wenn es weh tut. Und wir reden hier von Schalke, die echt nicht in der Position sind, finanzielle Einbußen hinzunehmen.

Aber jetzt springen wir den Helden von Schalke sofort zur Seite. Also der Boss des größten Rivalen bringt direkt Hilfspakete für Schalke ins Gespräch. Ähm... wäre es nicht sinnvoller, die Gelder an Menschen in Krisengebieten zu spenden? Also vor allem, weil Schalke ja auch bekannt dafür ist, derartige Gelder zu verbrennen. Wenn es ein gut geführter Verein wäre, könnte man darüber reden, aber dann wären sie halt auch nicht in dieser Position.

Obwohl... selbst dann. Also wisst ihr, was mit einem beliebigen Regionalligisten passiert, wenn der Hauptsponsor Konkurs anmeldet, wofür man als Verein ja nun wirklich nichts kann? Diese Mannschaft verliert dann die Lizenz. Aber Schalke müssen wir retten.

Dabei haben die freiwillig einen Deal mit dem Teufel abgeschlossen. Also es ist ja nicht so, dass Putin überraschend und über Nacht zum Arschloch geworden. Der war schon immer ein Systemkritiker ermordender und Schwulen hassender Diktator. Die einzige wirkliche Überraschung ist es doch, dass Putin jetzt wirklich durchzieht, womit er seit Jahren droht.

Schalke hat den Vertrag mit Gazprom im April 2021 verlängert. Da war die Krim schon ein paar Jahre besetzt und die Russen ließen einen Bürgerkrieg in der Ost-Ukraine führen. Und ein gewisser Nawalny hat da bereits seine Haftstrafe in einem Arbeitslager angetreten. Und das, obwohl Nawalny die militärischen Aktionen von Putin an sich gut findet. Oh ja, der Typ, den wir hier für den größten Freiheitskämpfer in Russland halten ist auch ein richtiger Nationalist und würde gerne Georgier deportieren. Ich nenne den Namen ja auch nur, weil er das bekannteste Beispiel ist. Aber er ist ja bestimmt nur ein bedauerlicher Einzelfall.

Jedenfalls gab es auch schon im Frühjahr 2021 gute Gründe, die Zusammenarbeit zu beenden, aber stattdessen wurde sie ausgeweitet. Und Schalke war 2007 halt buchstäblich der Steigbügelhalter für Gazprom. Also, die wollten unbedingt in den europäischen Markt und mussten ihr Image aufpolieren. Die richtig Großen wollten aber nichts mit denen zu tun haben. Also stieg man so hoch wie möglich ein und das war halt Schalke. Denn den Schalkern ging es damals schon so schlecht, dass die moralischen Bedenken bei diesem Deal in den Hintergrund treten mussten. Aber die spielten immerhin halbwegs regelmäßig Champions League. Und siehe da, 5 Jahre nachdem Schalke Einstieg wurden sie Sponsor der Champions League und das Logo war plötzlich überall. Und GENAU DAS war ja das Ziel von denen. Seit dem sind die überall präsent und auch Großsponsor der Europameisterschaften. Und ja, noch vor 7 Tagen wurde darüber diskutiert, ob Gazprom bei "unserer EM 2024" als Großsponsor auftreten darf.

Das Geld dafür hatten sie schon immer. Die Reputation dafür haben sie sich auf Schalke erworben. Und Schalke hätte davon auch sehr gut leben können. Aber es war auch immer offensichtlich, dass das ziemliche Arschlöcher sind...
Andererseits... reden wir von einem Verein, der seine Meisterschaften in der Nazizeit errungen hat... Sich mit menschenverachtenden Machthabern zu arrangieren, liegt vielleicht auch einfach in deren Blut.

Aber jetzt so zu tun, als hätte man das, was wir alle wussten, nicht mal ahnen können. Hier ein theoretisches Beispiel: Wenn jetzt spontan der Wirkstoff von Energy-Drinks zur Droge erklärt und kriminalisiert wird. Irgendwas muss ja das Cannabis ersetzen, wir können die ganzen Drogenfahnder ja nicht arbeitslos machen. Obwohl mir die Hunde, die das dann erschnüffeln müssen, noch mehr leidtun, als jetzt. Aber gebt schon mal die "Taurin ist kein Brokkoli" T-Shirts in Auftrag. Und das klingt ziemlich absurd, bis einem bewusst wird, dass das Coca in der Cola wirklich mal für Kokain stand

Wenn jetzt jedenfalls das Geschäftsmodell von RedBull über Nacht abgeschafft wird, Dietrich Mateschitz in den Drogenuntergrund gehen muss und das gesamte Konstrukt in Leipzig zusammenbrechen würde, käme auch keiner auf die Idee, die zu retten. Also kein anderer Bundesligist, ein neuer Investor würde sich finden lassen. Alle würden sagen: Ihr wusstet, worauf ihr euch einlasst, wenn ihr euch in die totale Abhängigkeit eines einzigen Unternehmens begebt... das ist jetzt euer Problem.

Oder, viel unrealistisches Szenario, weil es ums Öl geht: wenn wir jetzt die ganzen Ölscheiche für ihre Verbrechen am Menschenrecht und die Kriege, die die so führen lassen, vom SWIFT System ausschließen und plötzlich die Hälfte der Finanziers der Premiere League pleite sind... Da würde doch auch niemand zucken. Ihr wusstet, dass ihr unmoralisches Geld annimmt. Jetzt lebt mit den Konsequenzen.

An der Stelle muss ich nochmal auf meinen "Am Ende ist doch alles Geld dreckig" Beitrag hinweisen, obwohl der noch gar nicht so alt ist. Aber wenn ich dieses dreckige Geld nutze, um mir meinen sportlichen Erfolg aufzubauen, muss ich auch mit den Konsequenzen leben. Dann kann ich nicht plötzlich auf die Solidarität und das am Ende ein wenig weniger dreckige Geld der anderen Vereine hoffen.

Also ich könnte nicht, Schalke kann, weil die sich nie ernsthaft vorwerfen lassen mussten, dass sie mit Putin ins Bett gehen.