Donnerstag, 28. November 2019

Hall of Shame / Positionsbeschreibung: Schalke 04 Angreifer

Wisst ihr, was ich viel zu lange nicht gemacht habe und was dringend mal wieder dran ist? Unmotiviert auf Schalke 04 rumhacken.
Unmotiviert stimmt natürlich gar nicht, die Motivation kommt von meinem Stammleser der ersten Stunde Phil, der Mark Uth unter der Kategorie "Marius Ebbers Angreifer" einsortieren wollte. Was fachlich falsch ist, der ist ein:

SCHALKE 04 ANGREIFER!!!!

Ok, hier eine kurze Definition dieses Spielertyp: Wir reden von einem Stürmer, der seine Bundesligatauglichkeit bereits nachgewiesen hat. Idealer Weise, in dem er 10 Tore geschossen hat. An Toren kann man so was ja bei Stürmern relativ gut messen. Dann wechselt dieser Spieler mit einem gewissen Hype zu Schalke 04, erreicht dort aber nie wieder dieses Niveau. Es gibt in diesem Jahrtausend überraschend viele Spieler, auf die dies zutrifft und man muss die Regeln erstaunlich selten brechen.

Mark Uth: Das erste, was mir auffällt, ist ja: Mark Uths Fussballdaten.de Profil ist kaputt. Sein Wechsel nach Schalke hat hat ihn derart ruiniert, dass er seit 2016 keine Bundesligaspiele mehr absolviert haben soll... und dass er als Schalke II Spieler geführt wird. Ich hoffe mal, dass dies kein generelles Problem ist, denn Fussballdaten.de ist meine Primärquelle...
Auf Transfermarkt.de bekommt man dann raus, dass Uth 14 Tore in seiner letzten Saison für Hoffenheim erzielt hat. Wikipedia teilt uns dann mit, dass es seit dem 2 Tore von ihm im Schalker Trikot gab. Ein beeindruckender Leistungsabfall, den man als Ausnahme abheften könnte, wenn es davon nicht so viele geben würde.

Apropos Ausnahmen. Der nächste ist eine:
Breel Embolo: Alle waren sich ziemlich sicher, dass Breel Embolo eines dieser "Die können nicht scheitern" Talente ist. Einer dieser Spieler, die selbst Heiko Herrlich nicht versauen kann. Dann ging er nach Schalke. Und zugegebener Weise wurde ihm das Bein gebrochen. Auf ziemlich brutale Weise in seiner Debütsaison. Dass Embolo aber selbst 2 Jahre danach noch nicht wieder auf die (hust, hust) Beine kam, könnte dann auch an Schalke liegen. Und natürlich ist diese Nominierung auch mit der Hoffnung verbunden, dass Embolo dieses oder nächstes Jahr für Gladbach die 10 Tore Marke knackt, denn technisch gesehen kann ich ihn erst danach auf diese Liste packen.

Guido Burgstaller: Und all so häh? Der hat doch nur für Schalke in der Bundesliga gespielt? Und das sogar in der ersten Saison ziemlich gut! Stimmt. Es beweist aber nur, wie komplex die Schalke 04 Angreifer DNA ist. Natürlich muss Burgstaller erst Mal nachweisen, dass er kein einfacher Marius Ebbers Angreifer ist. Das wäre ja zu einfach. Also erzielt er direkt 9 Tore in der ersten Halbserie. Und dann 11 in seiner ersten vollen Saison. Damit halt Schalke doch endlich den Stürmer für die nächsten Jahre gefunden! Nun ja... mittlerweile versuchen die irgendwie Platz in ihrem Budget frei zu schaufeln, damit sie im Winter einen neuen Angreifer verpflichten können... weil Burgstaller seit 1 1/2 Jahren... nun ja... wie ein Spieler auftritt, der vor 1 1/2 als Hoffnungsträger für den Schalker Angriff verpflichtet worden ist...

Eric Maxim Chupo-Moting: Erinnert ihr euch noch an den? Also an die Mainzer Version, die, wenn sie fit war, 10 Tore pro Saison erzielte. Also 2 Mal... Als Schalker Fan war man ein Mal dicht dran, aber nach 2 weiteren weitgehend ereignislosen Jahren ging Chupo-Moting ablösefrei nach England. Und heute spielt er, als einer der absurdesten Plottwist, seinen Part in einer der teuersten Offensivreihen aller Zeiten bei Paris St.Germain. Klar, als Ergänzungsspieler, aber wenn jemand einem Schalker Fan gesagt hätte: 2020 spielen Chupo-Moting und Julian Draxler zusammen in Paris. Hätte der gesagt "Auf keinen Fall, der eine ist unsere Zukunft und wird für immer bleiben..."

Chinedu Obasi: Das hätte man kommen sehen können. Schließlich war Obasis eine Gute Saison schon eine Weile her in der 2. Liga. Aber er war Teil dieser absurden Hoffenheimer Himmelstürmer und genoss deswegen einen guten Ruf. Und hey, Schalke kann sogar behaupten, dass er sich auf Schalke verbessert hat. Immerhin traf er in der Rückrunde ein Mal.
Hmm... wer hätte 2009 gedacht, dass Obasi nur ein "Marius Ebbers Angreifer" ist? Da schien so viel mehr möglich... Aber dann kam halt Schalke...

Franco di Santo: Gefühlt finanziert sich Werder Bremen ja dadurch, dass sie Spieler in ihrem System gut aussehen lassen und sie dann nach Schalke verkaufen, ohne das Schalke dadurch besser wird. Nirgends wurde dies so deutlich wie bei di Santo, für den Schalke nach seiner ersten ordentlichen Saison 8,5 Millionen Euro hinblätterte. Nur um als Gegenwert 5 Tore in 3 1/2 Jahren zu bekommen. So sieht ein ganz normaler Schalke-Transfer aus...

Ciprian Marica: Langsam gehen einem echt die dummen Sprüche aus. Vor allem, weil man im wesentlichen immer dasselbe schreibt. Aber das ist ja das faszinierende daran: Marica knackte 2010 die 10 Tore Marke, wechselte ein Jahr später nach Schalke... und war nach 2 Jahren auf Schalke (und 5 Toren) direkt 2 Monate arbeitslos.

Raffael: Dies ist ein doppelt faszinierendes Exemplar. Denn wenn man sich an die Berliner Version erinnert, kommen die Hertha Fans ins Schwärmen. Und in Gladbach ist er seit Jahren Fixpunkt in der Offensive. Auch wenn er inzwischen in ein gewisses Alter gekommen ist, in dem die Lichtblicke rarer werden. Dazwischen gab es 6 Monate im Schalker Trikot, die niemanden in Erinnerung bleiben... Ernsthaft, wenn ich Raffael und Schalke in der Bildersuche eintippe, ist das 3. Bild bereits im Gladbach Trikot. Insgesamt scheint es davon 5 zu geben. Es dürfte mehr Bilder von Raffael in Spielen gegen Schalke geben, als im Schalker Trikot...

Ailton: Eigentlich ist Ailton ja der Überklassiker. Er kam als Torschützenkönig vom Meister. Und er wurde auf Schalke nicht glücklich. Hier ist das faszinierende: In seiner einen Schalker Saison war er eigentlich richtig gut. Überlegt selber mal kurz, wie viele Angreifer in diesem Jahrtausend 14 Tore in einer Saison auf Schalke erzielt haben... Fallen euch mehr als 4 ein? Wird euch dann bewusst, dass einer der 4 Ailton ist? Aber trotzdem war er halt nach einer Saison schon wieder weg, weil ein torgefährlicher Stürmer halt so gar nicht nach Schalke passt... oh und praktisch gesehen halbierte er immer noch seine Torquote, das sollte also trotz der 14 Tore für eine Nominierung reichen. Oh und Ailton war nach seinem Wechsel zu Schalke nie wieder derselbe. Was ehrlicher Weise mehr an ihm gelegen haben dürfte, ich erwähne es trotzdem.

Und als Bawful Bonus Kandidat: Viktor Agali: Ok, Agali hat nur gefühlt in jedem seiner Hansa Jahre 18 Tore erzielt. Praktisch kam er insgesamt auf diese 18 Tore, aber so ist das halt als Fan. Trotzdem hat er mehr Tore für Hansa als für Schalke erzielt... deswegen wird er hier erwähnt. Außerdem habe ich damit meine Standart Hansa Referenz eingebaut...

Damit sind wir auch schon am Ende. Das Ende bedeutet: 9 Stürmer haben ihre Karriere durch einen Wechsel zu Schalke entweder aufs Spiel gesetzt oder ruiniert. Das ist eine beeindruckende Bilanz für einen einzelnen Verein. Da kommen nicht mal die Bayern-Talentverschwender ran (obwohl die eventuell als nächstes dran sind).

Das macht aber vor allem die Leistung von 3 Spielern noch viel herausragender: Ebbe Sand, Kevin Kuranyi und Klaas Jan Huntelaar. Das sind die 3 Angreifer, die nach Schalke gewechselt sind und danach konstant Leistungsträger waren. Die es geschafft haben für diesen Verein, der eigentlich jeglichen Esprit und jegliche Torgefahr aus seinen Angreifern heraus saugt, über 70 Tore zu erzielen. Das ist eine unfassbare sportliche Leistung, die man auch mal angemessen würdigen sollten.
Da fällt mir auf: Ist das jetzt eigentlich noch ne Positionsbeschreibung, oder ein Eintrag in die Hall of Shame? Passen wir die Überschrift an und machen beides draus...

Mittwoch, 27. November 2019

Passives Abseits vs Tradition: Teil 4: Was macht einen Traditionsverein eigentlich aus?

Um nochmal ein theoretisches Schema zu erschaffen, an dem man sich an praktischen Beispielen voran arbeiten kann.

Eigentlich sollte es doch verdammt einfach sein. Aber wenn man die Suche dann bei Google eingibt... findet man nur Fragen und keine Antworten...
Am besten ist der Satz "Ein Traditionsverein ist ein Verein, der auf eine Lange Tradition zurückblicken kann." Wenn man sich bei der grundlegenden Definition schon im Kreis drehen muss, hat man irgendwie ein Problem.

Als erstes landet man natürlich bei:
Ein Traditionsverein muss alt sein!

Da kommt aber auch sofort das erste Gegenbeispiel: Der 3. älteste Bundesligist ist die TSG 1899 Hoffenheim. Also ein Verein über den sich (bevorzugt die Dortmunder) Ultras gerne aufregen, obwohl ihr Verein 10 Jahre jünger ist. Und den sie wohl nie in ihren eigenen Reihen aufnehmen werden.  

Ein weiteres praktisches Beispiel ist Lipsia Eutritzsch 93 e.V..  Von den habt ihr wahrscheinlich noch nie was gehört, aber ich sag das mal so: die fehlende Zahl vor dem 93 ist keine 19... Somit taucht er dann teilweise in den Listen der 5 ältesten Fußballvereinen Deutschlands auf. Diese sind nicht immer ganz eindeutig, weil einige nur reine Fußballvereine zählen, andere auch Fußballabteilungen.
Das wirklich relevante ist: Wenn es um die Leipziger Traditionsvereine geht, nennt man immer erst Mal Lok Leipzig und Chemie. Selbst in der Stadt kommt kaum jemand auf die Idee, Lipsia zu nennen. Und ja, ich habe 8 Jahre Fußball in Leipzig gespielt, herausgefunden, dass dieser Verein so verdammt alt ist, habe ich trotzdem gerade bei der Recherche für diese Serie.

Nebenbei ist keiner der Vereine von der Fussball.de Liste heute wirklich relevant. Am ehesten ist es der Kieler FV, aus dem dann Holstein Kiel hervorgegangen ist. Aber wenn man heute an Holstein Kiel denkt, denkt man doch zuerst an den aufstrebenden Verein aus dem Norden, der plötzlich an die Tür der Bundesliga klopfte und nicht an eine Mannschaft mit ellenlanger Geschichte.

Letztes Beispiel: In der letzten Socrates wurde der 2. Vorstand des ältesten immer noch existierenden Sportverein Deutschlands interviewt. Ihr kommt garantiert nie darauf, wie der heißt. Wobei natürlich auch dieser Verein ein 50 jähriges Loch in seiner Geschichte hat, weil er nach der Wende neu gegründet werden musste...

2. Ein Traditionsverein muss erfolgreich sein!
Natürlich nicht. Die klassische Tradition des FC Bayern Münchens ist überschaubar (also verglichen mit sagen wir 1860 München), aber sie sind halt verdammt erfolgreich und haben deswegen weltweit verdammt viele Fans. Das soll auch kein Vorwurf an die Fans sein, manche wollen halt hauptsächlich guten und erfolgreichen Fußball sehen.
Eigentlich sollte dieser Beitrag natürlich auch heißen: Ein Traditionsverein funktioniert ohne Erfolg. Eher im Gegenteil: Solange einem nie so richtig das Herz gebrochen wurde, ist man kein Traditionsfan.
Traditionsvereine zeichnen sich ja gerade dadurch aus, dass sie unabhängig von von kurzfristigen Erfolgen funktionieren. Am praktischsten lässt sich das gerade am 1.FC Kaiserslautern zu verdeutlichen: Praktisch ist dieser Verein das reinste Chaos. Er stolpert von einer Katastrophe in die Nächste. Und er ist mittlerweile dichter an der 4. als an der 1. Liga. Trotzdem bewegen sich zu jeden Heimspiel 20.000 Menschen ins Stadion... Um derzeit einen Abstiegskandidaten zu sehen.
Selbst wenn der Konkurs nicht mehr aufzuhalten ist und der Verein in der Kreisklasse wieder anfangen muss, wird er immer noch die Leute in der Pfalz bewegen.
Ähnliches ist ja damals bei Lok Leipzig passiert, die buchstäblich von der Kreisklasse bis in die Regionalliga marschiert sind. Die dabei aber auch einen erstaunlichen Rückhalt in der Stadt hatten.

Genau das hat mich ja so an den Aussagen von Dirk Zingler in der Saisonvorschau für Union Berlin so schockiert: Da macht sich ein Präsident sich Sorgen darum, dass sein Verein von der Landkarte verschwindet, wenn man sich nicht für Investoren öffnet. Dabei sollte man doch einer dieser Vereine sein, die, solange man seriös wirtschaftet, auch in der Regionalliga funktionieren können. Also die wahren Union Fans werden dann immer noch ins Stadion gehen und ihren Verein unterstützen. Eine derartige Institution kann gar nicht von der Landkarte verschwinden.

3. Ein Traditionsverein braucht eine eigene Identität. Auch jenseits des Platzes.
Wo wir schon bei Union sind: Der Verein bezieht seine Tradition halt als "Arbeiterverein". Als Gegenpol zu den etablierten Bonzen von BFC Dynamo und Hertha BSC. Diese Position macht den Mythos Union am Ende doch aus.
Das Klischee behaftete Beispiel ist da doch Schalke 04 als der ultimative "Kumpel-Klub". Mittlerweile wird praktisch keine Steinkohle mehr in Deutschland gefördert, aber das Image wird von den Schalkern weiter gepflegt. Was ich auch gar nicht kritisieren will, es fasziniert mich nur. Also das ein Verein, der am russischen Gashahn hängt, die Deutsche Kohleförderung glorifiziert... es führt aber zu:

4. Ein Traditionsverein muss tief in seiner Heimat verwurzelt sein.
Das ist ja etwas, was RB Leipzig auch in 100 Jahren noch nicht erreicht haben wird. Selbst wenn die dann Rekordmeister sein sollten. Dann wird es immer noch heißen: Ist schön, aber die Vereine, die das Stadtbild immer geprägt haben, waren andere. Ihr seid immer noch die Österreicher...

Das ist natürlich etwas, was sich sehr schwer fassen lässt. Anders ausgedrückt: Gibt es eigentlich irgendwo eine Studie, die einen Zusammenhang zwischen erfolgreichen Traditionsvereinen und den Jugendmannschaften in der Stadt des Traditionsvereines untersucht? Meine persönliche, aber sehr subjektive (und eventuell etwas veraltete) Erfahrung ist ja, dass in Rostock und Umgebung jeder 15-jährige den Traum gehabt hat, dass er beim jährlichen Schützenfest der Hansa Jugend gegen den eigenen Verein von einem Scout entdeckt wird. Was natürlich nie passierte. Wie will man bei einem 0:18 gegen den jüngeren Jahrgang auch glänzen? Aber es führte halt dazu, dass jeder Verein bis zum hintersten Dorf von der D-Jugend hoch eine Jugendmannschaft für jeden Jahrgang gestellt hat.
Als es dann fürs Studium nach Leipzig ging, gab es regelmäßig Mannschaften ohne A-Jugend/U19 Mannschaft. Was suboptimal ist, wenn man in einer 2. Mannschaft spielt, die eigentlich davon lebt, dass jedes Jahr 3-4 Spieler nachrücken.
Und trotz des theoretischen Boom-Faktors Weltmeisterschaft im eigenen Land. Aber das war halt auch zu Hochzeiten des Traditionskrieges, als man als Fan des einen Vereins Angst haben musste, dass man auf seiner Weihnachtsfeier vom anderen Lager überfallen wird. Es fehlte halt dieser Lokale Magnet, zu dem sich jeder Fußballer der Stadt hingezogen fühlte und wegen dem man mit dem Kicken begann.
Um das zu verdeutlichen: Die A-Jugend Kreisklasse in Leipzig besteht nur noch aus 6 Mannschaften, weil eine bereits aufgegeben hat.
Andererseits... gibt es in Rostock anscheinend keine Kreisklasse mehr, sondern nur noch die "OSPA Landesklasse Staffel I"... Ich sag das mal so: Dass jetzt meine beiden Jugendvereine und der Verein meines Großvaters und Vaters in derselben niedrigsten Staffel spielen, obwohl letzterer eigentlich ziemlich weit weg liegt, beunruhigt mich etwas... wo war ich?
Oh ja, wenn ihr euch fragt, warum hier gerade so wenig veröffentlicht wird: Weil ich irgendwie zu viel Zeit mit solchen erst Mal sinnlosen Recherchen verbringe und dann hoffe, dass sie irgendwo reinpassen.

Jedenfalls sollte sich Strahlkraft eines Traditionsvereines auch in der Breite der Gesellschaft auffallen. Einerseits im Breitensport. Andererseits aber halt auch im Stadtbild. Einerseits natürlich durch ein Stadion und ein Vereinsgeländer, welches seit Ewigkeiten da ist, aber halt auch ausschließlich mit diesem Verein in Verbindung gebracht wird. Dazu kommen halt so Kleinigkeiten wie "Graffiti". Ich bin ja Freund von der absurden These, dass man in Rostock 80 Km in jede Richtung fahren kann und wenn es dort irgendwo ein Fußball-Graffiti gibt, ist es in 90% der Fälle eines von Hansa.
Und wenn ein Traditionsmannschaft ein Heimspiel austrägt, prägt es halt auch das ganze Stadtbild. Weil die Fans im gesamten Stadtbild präsent sind, was einem auch irgendwie das Gefühl vermittelt, dass die gesamte Stadt mitfiebert. Das zeigt halt, wie eng die Verbindung zwischen Traditionsverein und Stadt sind.

5. Traditionsvereine dürfen keinen Investor/ Mäzen haben.
Ist natürlich nur ein Scherz. Investoren haben so gar keinen Einfluss auf den Traditionsstatus eines Vereins. Ein 1860 München verliert ihn nicht, weil man am Tropf von Hasan Ismaik hängt.
Aber das wirklich faszinierende ist ja, wie viele abgestürzte Traditionsvereine in der letzten Kicker Serie (die kommt ja mittlerweile gefühlt ein Mal im Jahr) die klassische "Solange der Mäzen Geld hatte, ging es dem Verein gut, seit dem geht es bergab" Geschichte sind. Nehmen wir mal das aktuell dramatischste Beispiel: SG Wattenscheid 09: Klaus Steilmann führte diesen Verein als Quasi Vorbild von Dietmar Hopp in die Bundesliga. Und jetzt gingen dort endgültig die Lichter aus und der Spielbetrieb im Männerbereich wurde eingestellt. Was dann überregionale Wellen geschlagen hat, nachdem man vorher Wattenscheid einfach vergessen hatte. Und diese Wellen waren nicht im "Mäzenklub endgültig pleite gegangen" Duktus... sondern im "Hier stirbt ein Stück Fußballtradition". Und all die Leute, die Hopp kritisieren, haben Wattenscheid dann ihr Beileid ausgesprochen...

Warum? Nun ja, finden wir es gemeinsam im Verlauf der nächsten Ewigkeit raus. In dem wir uns mehrere Beispiele von Traditionsvereinen genauer angucken.

Montag, 25. November 2019

Worst of des ultimativen "Dead Coach Bounce" Wochenendes

Wenn das nicht das perfekte Konzept für eine Comeback ist.

Und klar, Hansi Flicks "Dead Coach Bounce" setzte bereits letzte Woche ein. Aber er dürfte auch am heftigsten ausfallen. Also ernsthaft: Gibt es irgendwelche Anzeichen, dass Hansi Flick ein guter Coach ist?

Mich erinnert das alles an, um ein ganz großes Bild zu erschaffen, den Friedensnobelpreis für Barrack Obama. Der hat den bekommen, weil er... ähm... ja... also... offiziell für seine „außergewöhnlichen Bemühungen, die internationale Diplomatie und die Zusammenarbeit zwischen den Völkern zu stärken“. Praktisch bekam er ihn, weil er auf George W. Bush folgte. Und ohne in der Außenpolitik irgendwas anders zu machen, wirkte er wie ein Held.
(Btw: Ist der Nobelpreis 2025 eigentlich schon für den auf Donald Trump folgenden Präsidenten reserviert?)
Genau so ist es jetzt bei Hansi Flick. Zuletzt war der im Jahr 2005 bei der TSG 1899 Hoffenheim als Cheftrainer angestellt. Das war in der Regionalliga. Danach machte Jogi Löw ihn zum Co-Trainer seiner Nationalmannschaft. Darauf folgten 5 Jahre als Sportdirektor... also Jogis treuer und ergebener Mitarbeiter wurde zu seinem Vorgesetzten. Das hat auch überraschend gut funktioniert. Also mit einer relativ enttäuschenden EM und einer katastrophalen WM. Vielleicht hätte man doch Matthias Sammer mehr Kompetenzen geben sollen.

Jedenfalls wurde Flick dann im Sommer Co-Trainer bei den Bayern. Also quasi das Sicherheitsnetz, falls das mit Niko Kovac nicht gut gehen sollte. Und weil das nicht gut ging, ist er jetzt Cheftrainer.
Nur um das mal festzuhalten. Das einzige Pflichtspiel oberhalb der Regionalliga, in der Hansi Flick jemals als Cheftrainer die Verantwortung trug, war das Viertelfinale bei der EM 2008 gegen Portugal. Aber hey, damit ist er praktisch als Cheftrainer seit 2005 ungeschlagen.
Und der Erfolg gibt ihm ja Recht. Er ist schließlich bei 8:0 Toren und 3 Siegen. Und er hat Thomas Müller reanimiert.
Aber es ist ja nicht so, dass er irgendwelche revolutionären Ansätze hätte. Also wenn er jetzt der erste wäre, der Joshua Kimmich auf die 6 setzt und er dadurch die Lösung für die Defensiven Probleme gefunden hätte. Die Problemlösung lautet eher: Jetzt werfen sich halt alle in die Torschüsse des Gegners. Verteidigen gemeinsam. Und haben dann zusammen mehr Spaß.
Anders ausgedrückt: Das einzig neue, was Hansi Flick gebracht hat, ist der Fakt, dass er nicht Niko Kovac ist. Die Mannschaft hatte mit dem alten Trainer abgeschlossen und brauchte dringend einen neuen Besen. Wer dieser Besen ist, ist fast egal.
Das ist nebenbei kein Vorwurf an die Bayern-Mannschaft. Als Trainer ist es deine Aufgabe, deinen Kader auf Linie zu halten, wenn man daran scheitert, ist das nicht wirklich die Schuld der Mannschaft, sondern deiner eigenen Führung.

Aber das wirklich faszinierende ist ja, dass jetzt alle so tun, als wäre Hansi Flick ein Genie. Als müssten die Bayern ihn jetzt unbedingt einen Vertrag bis 2025 anbieten. Und "Experten" wie Olaf Thon tun so, als würde dies nur nicht passieren, weil der Name "Hansi Flick" zu klein für einen Weltverein, der sich an Pep Guardiola oder Carlo Ancelotti gewöhnt hat. Vor allem wo dieser Trainer mit diesem komischen Namen von diesem irrelevanten Londoner Verein plötzlich verfügbar ist.

Für Hansi Flick ist das wunderbar. Ohne selber wirkliche Kompetenz als Trainer nachzuweisen, ist sein Marktwert auf ein Mal extrem gestiegen. Er kann sich jetzt im Winter aussuchen, ob er zurück ins 2. Glied rutscht, oder ob er diesen gestiegenen Marktwert nutzt um den dann eventuell frei werdenden Trainerposten bei Borussia Dortmund zu übernehmen.

Das wäre nebenbei ein übelster Uli Hoeneß Move. Also von dem Jungen Hoeneß, der als Manager ein verdammtes Genie war: Wir verkaufen unseren inkompetenten Trainer, der nur vom Dead Coach Bounce profitiert, an die direkte Konkurrenz, damit die dann auch rauskriegen, dass der eigentlich gar nicht so gut ist...

Für Flick ist das, wenn er die Hinrunde ungeschlagen zu Ende bringt, die Perfekte Position. Er wird dann auf ein Mal Angebote bekommen, für die ihm eigentlich jegliche Vorqualifikation fehlt, weil er ja mal erfolgreicher Bayern-Trainer war. Oder er bleibt bei seinem sicheren Job in München und wiederholt das ganze Spiel, wenn die Mannschaft den nächsten Trainer ausblendet.

Achim Beierlorzer und der andere effektive "Dead Coach Bounce": Ernsthaft, so wie die Mainzer dieses Wochenende abgingen, bin ich ein wenig überrascht, dass nicht alle anderen Verlierer des Wochenendes auch ihre Trainer entlassen. Gerade wenn man bedenkt, wie die ihren Gegner in Unterzahl auseinander genommen haben. Da ist es plötzlich auch völlig egal, auf welchem Tabellenplatz man selber steht. Auch als Tabellenführer kann man einen derartigen Effekt durchaus gebrauchen. Natürlich sollte der Dead Coach Bounce, wenn man Meister werden will, länger als für ein Spiel anhalten. Aber gerade jetzt sieht es wie eine vernünftige Taktik aus... Also abgesehen von dem einen Gegenbeispiel

Markus Gisdol und der 1.FC Köln: Horst Heldt wird sich genau jetzt ärgern, dass Achim Beierlorzer schon einen neuen Job gefunden hat. Und das auch noch bei einem direkten Konkurrenten. Das könnte sich als schlechtester "Transfer" der Bundesligageschichte herausstellen. Denn im Gegensatz zu den anderen Probanden stellen die Kölner jetzt fest, dass es gar nicht am Trainer lag. Man erlebt quasi einen "Reverse Dead Coach Bounce": Vorher war man mit einem Kandidaten fürs Internationale Geschäft noch auf Augenhöhe und verlor wegen Kleinigkeiten oder dem fehlenden Matchglück. Und weil der VAR natürlich wie immer gegen die Kölner war. Sachlich gesehen war dieses Spiel aber ein Schritt in die richtige Richtung, aber trotzdem wurde der Trainer entlassen.  Trainer wegen dem fehlenden Matchglück zu entlassen, ist halt genau so dumm, wie sie zu behalten, weil man extrem glücklich gewonnen hat, obwohl der Gegner deutlich überlegen war.
Vor allem, wenn man sich anguckt, was für eine Bruchlandung man unter Gisdol hinlegte.

Gerade Spieler wie Jonas Hector oder Anthony Modeste belegen doch, dass das Problem der Kölner nie der Trainer war. Hector ist ein Deutscher Nationalspieler. Der hat unter der Woche die EM-Qualifikation gesichert. Mit einer starken Leistung gegen Nordirland, wie ich gelesen habe. Als würde irgendjemand diese Quali freiwillig gucken. Und sobald er wieder in seiner Vereinskluft unterwegs ist, geht er beim Untergehen vorne weg.
Auch ein Anthony Modeste hat schon nachgewiesen, dass er einen brauchbaren Bundesligastürmer mimen kann. Nur ist das in dem derzeitigen Kölner Umfeld anscheinend nicht mehr möglich.
Ich fand es sowieso faszinierend, wie die Kölner zu Saisonbeginn ihren Kader klein reden wollten. Wie viele Aufsteiger fallen euch ein, die 2 deutsche WM Teilnehmer in ihren Reihen haben? Dazu noch den einen oder anderen mehr als brauchbaren Bundesligaspieler. Also verglichen mit Düsseldorf, Mainz, Augsburg oder Union hat man mehr als genug Qualität im Kader. Man spielt trotzdem eher auf Augenhöhe mit Paderborn.
Ich bin ja hauptsächlich enttäuscht, dass die Kölner nicht Sandro Schwarz als Problemlösung verpflichtet haben. Zumindest noch nicht, wenn das so weiter geht... dann könnte man endlich mal wirklich nachvollziehen, wie sehr es bei den jeweiligen Vereinen am Trainer liegt. Das wäre doch das ultimative Humanexperiment... und wer wenn nicht die Kölner ist für so was Bescheuertes geeignet?
Am Ende sollten sich alle anderen Trainer bei den Kölnern bedanken, schließlich bewiesen die, dass ein Trainerwechsel nicht alle Probleme löst. Besonders gilt dies natürlich für die als nächstes anstehenden Dead Coach Bounces:

1. Lucien Favre und Borussia Dortmund. Es ist immer gut, wenn man nur nicht entlassen wird, weil das nach einer "Panikreaktion" aussehen würde. Bessere Voraussetzungen zum Weiterarbeiten kann es doch gar nicht geben. Vor allem, wenn als nächstes der FC Barcelona auf dem Spielplan steht. Also das praktische Gegenteil des SC Paderborns.
Und Paderborn hat halt genau genommen auch nur nachgewiesen, dass sie wirklich nicht bundesligatauglich sind. Denn als Bundesligist musst du eine 3:0 Halbzeitführung nach Hause fahren. Gerade wenn sich dein Gegner derart desinteressiert präsentiert, wie Dortmund in Hälfte Eins.
Nebenbei die 2. grausame Hälfte in Folge.
Wenn Dortmund nicht gegen das mit Abstand schwächste Team der Bundesliga gespielt hätte... Nun bekommen die Paderborner (nicht zum ersten Mal) den Beweis, dass sie selbst dann nicht gewinnen können, wenn der Gegner eine Halbzeit lang nicht am Spiel teilnimmt. Was keine guten Voraussetzungen sind um das "Was fehlt, sind mehr Tore als der Gegner" Problem zu lösen.
Und klar kann ich es verstehen, dass sich die Paderborner jetzt selber einreden wollen, dass es auch an ihnen lag, dass die Dortmunder in Halbzeit eins so schwach aussahen. Aber realistisch gesehen wären die chancenlos gewesen, wenn die Dortmunder einen Trainer hätten, der die vorhandenen Probleme im Kader lösen kann.
Nur um das Problem Favre mal an einer praktischen Zahl festzumachen: 3. In einem Heimspiel gegen den Tabellenletzten setzt Lucien Favre auf 3 ausgewiesene Offensivexperten (Sancho, Reus und Paco Alcacer). Da klingt es nicht mal nach einer Überreaktion, wenn ich sage: Als Achim Watzke hätte man den Trainer entlassen müssen, sobald man diese Aufstellung gesehen hat.
Und natürlich hat Favre Guerreiro als Offensivspieler eingesetzt. Wichtig ist hierbei aber, dass es sich nicht um Paolo, den ehemaligen Hamburger, sondern um Raphael, der als Linksverteidiger verpflichtet worden ist, handelt.
Und natürlich absolviert Guerreiro unter Favre relativ viele Spiele in einer offensiven Rolle. Das verdeutlicht doch aber nur das Grundproblem: Er setzt dort prinzipiell lieber auf Spieler, die nach der Sicherheitsvariante riechen, anstatt seine offensiven Talente wirklich von der Leine zu lassen.
Dass man sich dann noch mit 3 echten Offensivspielern auskontern lässt, verdeutlicht nur, wie tief die Dortmunder Probleme eigentlich liegen.

2.) Ante Covic und Hertha BSC Berlin. Kurz Kicker.de öffnen, um sicher zustellen, dass der nicht doch schon entlassen ist. Sieht noch gut aus. Die Hertha stellt jetzt gerade fest, dass Pal Dardai doch ein guter Trainer ist. Also zumindest kein schlechter. Und die Hertha steht genau jetzt vor dem Szenario, welches hier in der pessimistischen Saisonvorschau beschrieben worden ist: Wie reagiert die Hertha, wenn sie plötzlich hinter Union Berlin steht?
Dabei waren die spielerischen Fortschritte, wegen denen man von Pal Dardai weg wollte, ja zumindest in Ansätzen zu sehen. Nur schaffte man dies nur auf Kosten von elementarer Eigenschaften, ohne die die Hertha halt nur bedingt bundesligatauglich ist.
Ich finde es nebenbei niedlich, wie die Hertha-Spieler in Form von Niklas Stark es vermeiden vom "Abstiegskampf" zu reden. Ähm... ihr steht gerade hinter Union, wenn dies passiert,steckt man garantiert im Abstiegskampf. Und ihr habt gegen einen der designierten Abstiegskandidaten gerade mit 4:0 verloren, was ebenfalls kein gutes Zeichen sein kann. Aber hey, redet es such nur ein, das wird bestimmt gut gehen.
Genau so wie bei den Bremern, die ja auch zu viel Qualität für den Abstiegskampf haben.

Dienstag, 5. November 2019

Ihr habt ja bekommen, was ihr gewollt habt.

Überrascht das irgendjemanden?

Also ja, vor dem angeblichen Berliner Derby haben alle dieses Spiel künstlich gepusht. Zum gefühlt wichtigsten Spiel der Berliner Fußballgeschichte... Und die Ultras beider Mannschaften haben sich das natürlich zu Herzen genommen.

Und so redet man jetzt nur noch darüber, wie sehr sich die Fans daneben benommen haben. Dass die Spieler von Union Berlin Angst um ihre eigenen Familien haben mussten. Es wurde quasi ein großer Demonstrationsfilm gedreht, warum Pyrotechnik verboten bleiben sollte. Und ja, wenn man Angst um seine Familie haben muss, ist das der einzig logische Schluss.

Das einzige Bild, dass von diesem "Derby" hängen bleibt, ist wie Rafael Gikiewicz einen Platzsturm verhindert, obwohl ihm seine eigenen Fans an den Hals gehen.

Da frage ich mich schon: Wie viel hatte das "Wir gucken da jetzt alle hin", welches vorher verbreitet worden ist, dazu mit beigetragen. Also Ultras, als Hansa-Fan hat man da einen gewisse geschichtliche Prägung, suchen sich ja bewusst die Momente aus, wo die Aufmerksamkeit am höchsten ist. Da würde niemand auf die Idee kommen, beim Gastspiel bei Bayern II Pyros abzubrennen. Aber im Pokal gegen Berlin brennt der eigene Fanblock. Je größer die Bühne, um so heftiger die Provokation.

Und "wir" haben halt vorher sicher gestellt, dass dies die größtmögliche Bühne sein wird, die Berliner Ultras in den nächsten 10 Jahren kriegen werden. Natürlich nutzen diese Ultras die dann aus.

Mich selber fasziniert ja, wie naiv ich selber war. Also vor der Saison dachte ich mir noch: Das Spiel sollte doch eigentlich so unproblematisch sein, dass man es als DFL als "30 Jahre Wiedervereinigung" auf den Tag der Deutschen Einheit oder den Tag des Mauerfalls hätte legen können. Aber jetzt muss ich zugeben, dass die Polizei beides (also Feiertagsaktionen und Bundesliga-Pseudo-Derby) kaum gleichzeitig in den Griff bekommen hätte. Das ist schließlich die Partybrigade der Bundespolizei...

Mich ärgert das halt, weil es so unnötig ist. Also Provokationen bei Fanlagern mit Jahrelanger Abneigung kann ich ja noch nachvollziehen. Das ist halt der gute alte Party-Patriotismus: Man liebt den eigenen Haufen, weil er der eigene ist, und hasst den anderen Haufen, weil er der andere ist. Aber auch nur, wenn man wirkliche Berührungspunkte mit dem anderen Haufen hatte. Wenn der einem im weitesten Sinne mal was angetan hat. Wenn man jetzt schon eskaliert, weil der andere Haufen relativ dicht am eigenen liegt, einem aber eigentlich nicht betrifft.

Und da muss mir auch niemand mit "Stimmung" und "das gehört dazu" kommen. Vermummt den Platz zu stürmen hat nichts mit "Stimmung" zu tun. Mit Feuerwerkskörpern in Menschenmassen zu schießen auch nicht. Aber hey, ab sofort ist Herha - Union natürlich ein richtiges Derby. Wenn auch aus den Falsche Gründen: Nicht wegen der sportlichen Rivalität als Grundlage, sondern weil es bisher nach jedem Bundesligaspiel der beiden zu Ausschreitungen kam.

Montag, 4. November 2019

Das hat ja länger gedauert, als erwartet.

Also für den Kicker sogar zu lange, in deren Druckausgabe ist Niko Kovac noch Trainer. Immerhin wissen wir jetzt ziemlich genau, wann die ihren Abgabetermin haben... vor halb 10. Aber darum geht es ja gar nicht.

Die Frage ist schon, warum die Bayern so lange gebraucht haben, um mal auf den Spielplan zu sehen. Wahrscheinlich lief die Analyse so ab: Kovac so: "Ich werde das und das ändern, so und so umstellen, Thiago von der 6 nehmen."
Rummenigge so: "Ok, das sieht vernünftig aus, das können wir so versuchen."
Dann hat der Hoeneß hinterher mal mit dem Kalle geredet und wollte wissen, wie der Stand der Dinge ist und ob er mal beim Heynckes anrufen sollte. Und Kalle so: "Na, ich hab mit Kovac geredet, der kriegt das hin."
Und dann der Hoeneß so: "Hast du mal auf den Spielplan geguckt. Weißt du, wer nächste Woche kommt?"
Kalle so: "Ok, ruf mal den Jupp an, ich rede noch mal kurz mit Kovac..."

Ernsthaft, als ich nach dem 1:5 das erste mal gehört habe, dass nächste Woche Borussia Dortmund in München antritt... dachte ich mir: Auf keinen Fall werden die Bayern mit Kovac in dieses Spiel gehen, denn in der derzeitigen Verfassung sind sie dann auf ein Mal der Außenseiter. Wenn überhaupt...

Denn es ist ja auch nicht so, dass dieses Spiel ein Ausrutscher war. Das wirkliche Problem sind Manuel Neuers "Es war kein Wunder, sondern hat sich angebahnt" Aussage. Im derzeitigen Zustand, und die Tendenz unter Kovac ist ja seit Wochen fallend, stehen die Bayern gegen einen mittelmäßigen Zweitligisten am Rande einer Niederlage (wtf, Bochum ist Vorletzter... also nicht mal Mittelmäßig...)...
Und sind gegen halbwegs ambitionierte Bundesligisten chancenlos. Trotz Neuer und Robert Lewandowski, die viele Schwächen durch individuelle Klasse überdecken. Unter diesen Voraussetzungen wäre es schon naiv gewesen in ein Normales Bundesligaduell zu gehen und dann zu hoffen, dass sich das schon wieder einpegelt. Aber gegen den individuell stärksten Konkurrenten? In den Superclassico der Bundesliga? Warum verwenden wir eigentlich nicht einen Deutschen Begriff wie "Gipfeltreffen" sondern kopieren den Begriff aus Spanien? Anderes Thema.

Dass die Bayern-Bosse nicht so blauäugig sind, war eigentlich abzusehen. Warum sie trotzdem bis Sonntag halb 10 gewartet haben... nun gut, die werden halt alt...

Freitag, 1. November 2019

Passives Abseits vs Tradition Teil 3: Die große Vorschau auf das Derby, das keines ist.

Ernsthaft, mich nervt dieses Derby-Narrativ beim Spiel Union - Hertha so dermaßen. Das ist so was von konstruiert.
Und natürlich darf man schon erwähnen, dass es das erste Spiel zweier Berliner Mannschaften in der Bundesliga seit 1977 ist. Und man darf das als Auszeichnung für die Arbeit der Unioner in den letzten Jahren sehen. Und nebenbei auch nicht verheimlichen, dass sich bei der Hertha so viel getan hat, das zumindest Zweitligaduelle derzeit ausgeschlossen sind. Aber deswegen ist es doch kein Derby. Ein Derby macht doch mehr aus als örtliche Nähe.

Und dann kommt noch dieses "Ist Berlin eigentlich groß genug für 2 Bundesligisten?" Was für ein Bullshit. Berlin hat 3,7 Millionen Einwohner. Dortmund und Gelsenkirchen kommen zusammen auf 700.000. Selbst wenn man Essen, Oberhausen und Bochum noch dazurechnet, kommt man nicht auf 3,7 Millionen. Dazu kommt, dass Berlin ja auch ziemlich isoliert ist. Also mitten in Brandenburg liegt. Da kommt halt erst mal ganz lange nichts mehr und dann irgendwann die Ostsee. Dass ein derartig großes Einzugsgebiet bisher nur von einem einzigen Bundesligisten abgedeckt wurde, ist eigentlich absurd. Auch eine dritte Profimannschaft wäre überhaupt kein Problem.
Allein deswegen ist die Konkurrenzsituation, auch rein wirtschaftlich, komplett an den Haaren herbeigezogen. Aber lasst mal so tun, als wäre das relevant.

Aber ein Derby entsteht doch nicht nur durch örtliche Nähe, sondern durch Reibung. Durch regelmäßige Duelle, bei denen es auch wirklich um was geht. Es geht um schmerzhafte Niederlagen und grandiose Triumphe. Also, um es an einem praktischen Beispiel zu erklären, Bayern - Dortmund ist mehr Derby als Bochum - Dortmund. Denn jeder Dortmund Fan denkt sofort an die Schmerzhafte Niederlage in Wembley, die Bayern denken an das 5:2 im DFB Pokal. Als Dortmund Fan denkt man an all die Verräter, die übergelaufen sind. Und wenn Matts Hummels Dortmund zu einem Titel führen sollte, werden die Bayern das plötzlich auch denken.
Das sind Emotionen, die sogar bei neutralen Zuschauern sofort hochkommen, wenn man an dieses Duell denkt. Dagegen dürfte niemand mehr wissen, wie das letzte Duell Bochum - Dortmund ausgegangen ist.

Und das Dortmund - Schalke das Überderby im Deutschen Fußball ist, liegt halt nur zum Teil an der räumlichen Nähe. Klar, das spielt mit rein, aber wesentlich relevanter ist doch, dass beide Mannschaften in diesem Jahrtausend bereits eine Meisterschaft in genau diesem Duell effektiv verloren haben. Schalke damals im legendären "Wenn wir in Herne West gewinnen und Meister werden, laufe ich zurück nach Schalke" Spiel. Dortmund letztes Jahr beim heftigen 4:2.
Dieses Duell ist so legendär, weil beide in gewisser Regelmäßigkeit zu den Spitzenmannschaften der Liga gehört und diese Nachbarschaftsduelle auf Augenhöhe die Titelvergabe mitentscheiden. Was den Bochumern vielleicht ein Mal in ihrer Vereinsgeschichte gelungen ist.

Oder das wohl zweitbeste traditionelle Derby: Hamburger SV - Werder Bremen. Die liegen sogar relativ weit auseinander. Also hier ist was faszinierendes: Hannover ist, genau wie Hamburg, 120 Kilometer von Bremen entfernt. Es würde trotzdem niemand von einem wirklichen Derby sprechen. Weil es halt zwischen Hannover und Bremen keine wirkliche Rivalität gibt.
Bremen hat dagegen allein im Jahr 2009 3 Titelchancen für den HSV vereitelt. Wir wissen heute, dass es die letzten Titelchancen waren... Jeder HSV Fans bekommt immer noch Flashbacks, wenn irgendwo eine Papierkugel rumliegt.
Und da beide Mannschaften jahrelang um den Titel "Nummer 2 hinter den Bayern" gekämpft haben, sind Geschichten wie 2009 keine Einzelheit.

Bei Hertha - Union dagegen... joah... also... Ist nett. Wenn jetzt ein Herthaner auf den ersten "Derbysieg" der Unioner angesprochen wird, sagt er (Zitat aus dem Montags-Kicker): "Ich wusste, Hertha wird trotzdem aufsteigen." Also wenn Thorsten Mattuschka mit seinem Freistoßtor den Aufstieg der Hertha verhindert hätte... oder der Aufstieg danach zumindest auf der Kippe gestanden hätte, weil man auf den Relegationsrang zurück fiel. Stattdessen ist die Reaktion auf den ersten Unioner Sieg ein allgemeines Schulterzucken.

Und dass diese Derbys überhaupt stattgefunden haben, war ja kein Ergebnis der guten Arbeit der Unioner, sondern einiger Fehltritte der Herthaner. Das ist ja jetzt zumindest anders. Also ja, ich sehe ein, dass die Union Fans dieses Spiel als das große Symbol für ihre großartige Entwicklung feiern. Aber andererseits haben sie genau dasselbe letzte Woche im Block in München gemacht. Da ist dieses Spiel in Berlin nur bedingt etwas besonderes.

Aber trotzdem tun jetzt alle (und nicht nur die Regionalen Medien, wo ich es vielleicht noch einsehen würde) so, als wäre dies das größte Derby, auf dass wir alle gewartet haben. Mit 6 Seiten Interview, Derby Check, 18:30er Anstoss-Zeit. Das komplette Paket. Obwohl das eigentlich albern ist.