Dienstag, 30. November 2021

Moment, ich dachte, Fredi Bobic sei einer der Guten.

 Und dann... zaubert er Tayfun Kokut aus dem Hut? Ich bin wirklich verwirrt. 

Also zum einen, dass Korkut bereits gestern als neuer Trainer feststand. Wie lange hatte Bobic das schon geplant? Stand es am Ende schon vor dem Augsburg-Spiel fest, dass Pal Dardai gehen muss? Muss ja fast. Oder macht Fredi Bobic seine Entscheidung wirklich von einem Tor in der Nachspielzeit abhängig? Laut eigener Aussage war das Ergebnis in Augsburg am Ende nicht mehr ausschlaggebend...

Hat Davie Selke damit seinem Trainer mit seiner Schauspieleinalge und der dadurch entstehenden Unruhe den Job gekostet? Wird dies Selke dazu bringen, solche Aktionen zu meiden, oder ist er heimlich froh darüber, dass es so praktisch für ihn ausging? Kann Andreas Neuendorf seine Sperre nächste Woche absitzen, auch wenn er gar nicht mehr unter Vertrag steht?

Ok, das ist wahrscheinlich die unwichtigste Frage. Aber interessant ist es trotzdem... also da Neuendorf ja doch irgendwie ne Hertha Legende ist, sollten die ihm doch die Möglichkeit geben, diese Sperre abzusitzen, falls er dafür wirklich noch unter Vertrag stehen muss. Denn das könnte seine Chance auf dem Arbeitsmarkt ja schon gefährden. Aber Details.

Dass Bobic wirklich keinen besseren Plan als Korkut in der Hinterhand hat, spricht am Ende schon dafür, dass es sich um einen panischen Schnellschuss und keine geplante Ablösung handelt. Und dass Korkut so verzweifelt ist, dass er sofort und ohne groß zu verhandeln, jedes Angebot annehmen muss...

Also wenn man die Florian Kohfeldt Verpflichtung brillant aussehen lässt, dann hat man was falsch gemacht. Bei Kohfeldt kann man wenigstens noch darauf hoffen, dass er ein hoch veranlagtes Trainertalent ist, welches den nächsten Schritt irgendwann gehen wird. Aber Korkut... Also hatte Michael Oenning keine Zeit? Also ganz ehrlich, die Verpflichtung ist praktisch auf Oenning-Niveau.

Nur um mal kurz festzuhalten, wie absurd schlecht Korkuts Bilanz ist: Das einzige ordentliche Jahr war 2014 in Hannover. Damals holte er in Rück- und Hinrunde zusammen 48 Punkte. Darauf kann man aufbauen. Wenn er so was eine Saison lang konstant abliefern könnte...

Aber schon in der Rückrunde brach man ein und Korkut beendete diese Station mit 11 sieglosen Spielen in Folge. Seit dem hat er sich nirgends länger als 22 Spiele gehalten. Er hat es noch nicht ein Mal geschafft, eine komplette Saison zu coachen. Also von Vorbereitung bis zum letzten Spieltag. 

Und klar, ein Klassenerhalt über Dead Coach Bounce ist durchaus erreichbar. Aber ist die Lage in Berlin wirklich so verzweifelt, dass man auf so einen kurzzeitigen Effekt hoffen muss? Und wird Bobic dann nach dem Klassenerhalt die Eier haben und im Sommer einen neuen Trainer, der wirkliche Aufbauarbeit leisten kann, verpflichten? Denn eigentlich sollte Bobic Plan ja auf langfristige Stabilität und eine konstante Weiterentwicklung ausgelegt sein.

Natürlich kann es durchaus sein, dass Korkut sich auf seiner 5. Cheftrainerstation noch entscheidend weiter entwickelt. Das ist bei jemanden, der im Durchschnitt 0,66 Jahre im Amt ist, aber doch eher unwahrscheinlich. Also als Bundesliga-Manger müsste man eigentlich sagen: Weise erst Mal auf niedrigerem Niveau nach, dass du deine Lektionen gelernt hast. 

Also als ganz spontane Idee: Warum holt man nicht Lucien Favre zurück? Das wäre doch genau der Mann, der erst Mal Stabilität reinbringt und die Mannschaft dann nach oben führt. Oder warum nicht Thomas Doll? Ernsthaft. Also der Mann hat sich natürlich mit seiner letzten Pressekonferenz verbrannt, aber er hat danach im Ausland halt doch nachgewiesen, dass er langfristig eine Mannschaft aufbauen kann. Also das, was ich als Bundesligamanager von einem Korkut erwarten würde. Oder wenn man einen neuen Namen braucht, dann probiert man Daniel Farke aus. Wenn man ambitioniert, aber unkreativ denkt, fragt man mal bei Edin Terzic nach. Und wenn die dir allesamt absagen, kannst du immer noch auf Korkut zurückgreifen. Der wird ja nicht so viele Angebote im Briefkasten finden. 

Das ist halt die kurzsichtigste und unkreativste Lösung. Von einem Bobic hätte ich da einfach mehr erwartet. Es ist schon faszinierend, dass Bobic jetzt nicht mehr so weiterwurschteln will, sondern einen Trainer holt, der halt anders weiterwurschtelt. Und all das halt, weil er mit Korkut schon vor Ewigkeiten mal als Jugendtrainer zusammengearbeitet hat.

Hey, vielleicht ist Korkut auch ein brillanter Jugendtrainer. Es gibt ja Leute, die auf der Ebene perfekt passen, aber denen der Bundesliga-Anzug nicht wirklich passt. Nur kommt Korkut halt nicht als Jugendtrainer...

Dienstag, 23. November 2021

Passives Abseits vs Tradition Teil 10: Warum ist Rostock gegen Aue ein Derby?

 Passt das in diese Serie? Irgendwie schon, denn am Ende wird es wieder viel um Tradition gehen. Aber es wird auch unnötig politisch. Seid also gewarnt.

Eines der für mich irgendwie nervigsten Narrative dieses Wochenende war ja, dass Hansa Rostock gegen Erzgebirge Aue ein Derby sein soll. Also das wurde vor dem Anpfiff vom Trainer so propagiert. Es wurde vom Sky Kommentator befeuert und auch in die Nachberichterstattung schaffte es dieser Begriff. Alle verwendeten diesen Begriff vollkommen selbstverständlich und ich frage mich nur: warum?

Dafür müssen wir natürlich erstmal klären, was ein Derby ausmacht. Und dann können wir gucken, ob und wie weit man das auf Duelle wie dieses anwenden kann.

Das erste wichtige bei einem Derby ist natürlich die örtliche Nähe. Das sagt sich so einfach, weil es an sich mega offensichtlich ist, aber warum ist diese örtliche Nähe eigentlich so wichtig?
Ganz klar: Weil es vor dem Spiel haufenweise Berührungspunkte gibt. Also gehen wir mal davon aus, dass man in einem Dorf zwischen Hannover und Wolfsburg wohnt. Wir nennen dieses Dorf spaßeshalber Braunschweig. Dann geht man in diesem Dorf arbeiten und spielt selber in einem niederklassigen Verein. (Nennen wir ihn spaßeshalber Eintracht...) Dann liegt schon am Montag vor dem Spiel im Büro diese Spannung in der Luft. Beim Donnerstagstraining trägt jeder das Trikot seiner Mannschaft und die Trainingsintensität wird künstlich hochgefahren. Oder man ist so schlecht, dass man demonstrativ das Trikot des Konkurrenten anzieht, um den lächerlich zu machen. Helden der Kreisklasse...
Und wenn das Derby dann gewonnen wird, kann man die Kollegen die nächste Woche im Büro und auf dem Platz aufziehen. Da kommt doch am Ende die Spannung her.

Was bei der örtlichen Nähe auch immer wichtig ist: Man trifft auch sportlich regelmäßig aufeinander. Also schon in den Jugendjahren wird ja die Rivalität zwischen Schalke und Dortmund gepflegt, weil die schon in der F-Jugend gegeneinander antreten. Mindestens 2 Mal im Jahr. Wenn man dann als Jugendspieler in die erste Herrenmannschaft aufsteigt, hat man dann natürlich ein anderes Verhältnis zu diesem Gegner. Also als Schalker, als Dortmunder Jugendspieler wird man dann ja verliehen und durch einen Engländer ersetzt.

Zwischen Rostock und Aue liegen 513 km. Hannover ist nur 335 km entfernt. Ich habe ja die ersten 20 Jahre meines Lebens in Rostock verbracht, dort aber keinen einzigen Aue-Fan gekannt. Gut, seit dem lebe ich in Leipzig und kenne trotzdem noch keinen Aue-Fan. Lustigerweise habe ich in Rostock mit einem Hannover Fan und in Leipzig mit einem Zwickau-Fan zusammen Fußball gespielt. Aber Aue Fans existierten einfach nicht. Dieser Verein war mir praktisch vollkommen egal.
Was natürlich so nicht ganz richtig ist, ich hab die mal als "Drecksverein" beschimpft, weil die Vereinsführung echt furchtbar ist.


Das zweite wichtige ist "eine gemeinsame Geschichte". Dabei ist nicht nur, aber auch, wichtig, dass man gegeneinander gespielt hat, sondern dass man wirklich wichtige Spiele gegeneinander ausgetragen hat. Und dass Gerald Asamoah dabei war... Also ganz praktisch gesehen ist Bayern München gegen Borussia Dortmund ja ein Derby. Das liegt einerseits daran, dass gerade die Bayern so groß sind, dass sie überall Fans haben. Da bekommt örtliche Nähe eine vollkommen neue Bedeutung. Wo wir schon bei wahllosen Randanekdoten sind: Ich habe auf dem Dorf in Amerika einen Bayern-Fan getroffen. Also im Gegensatz zu Aue Fans gibt es die echt überall...
Aber vor allem gab es in den letzten 15 Jahren so verdammt viele bedeutungsvolle Spiele. Die haben unzählige offizielle und inoffizielle Finale gespielt. Die Bayern haben immer in genau diesen Spielen die Titeltträume der Borussen zerstört. Außer das eine Mal, wo es eine richtige Klatsche für den Rekordallesgewinner gab. Selbst in einem Champions League Finale stand man sich während dieser Zeit gegenüber. All diese Vorgeschichten werden vor jedem Spiel wieder ausgepackt. All das wirkt auch auf die aktuellen Duelle.

Rostock gegen Aue... klar, hat es in der DDR regelmäßig gegeben. Also 62 mal. Es gab sogar ein 0:0 auf neutralen Boden. Die hießen damals noch BSG Wismut Aue und in der Regel war es das Duell zweier Mittelfeldmannschaften. Und ja, vielleicht erinnert sich der eine oder andere Fan aus Aue noch an das 3:2 im letzten Aufeinandertreffen. Also Aue stieg damals ab, obwohl man die letzten 2 Spiele gewinnen konnte. Weil Stahl Eisenhüttenstadt am letzten Spieltag seinen 2. Saisonsieg (bei 14 Unentschieden) holte. Das war für die Auer bestimmt grausam, aber ein "Wir haben euch damals beim vorletzten Oberligaspiel geschlagen, war aber egal." macht aus so einer Ansetzung noch kein Derby.

Und seit dem... Also in den letzten 30 Jahren traf man 7-mal aufeinander. Hansa verliert meistens. Also die Bilanz ist jetzt noch schlechter als damals in der Oberliga. Dass man als Hansa aber inzwischen halbwegs regelmäßig auf Aue trifft, erinnert einen nur schmerzlich daran, wie sehr man dort die letzten 10 Jahre verkackt hat. Denn nach der Wiedervereinigung spielt man Jahrzehntelang praktisch in einer anderen Liga. Aber das ist ja kein Alleinstellungsmerkmal für die Auer, dass kann jeder etablierte Drittligist genau so von sich behaupten. Egal von wo er herkommt.

Nur um das nochmal zu verdeutlichen: Seit der Wiedervereinigung hat Hansa 16 Pflichtspiele gegen Hannover absolviert. Man kommt auf 19 Spiele gegen den 1. FC Nürnberg. Der Rekordhalter dürfte der 1. FC Kaiserslautern mit 35 Pflichtspielen sein. Warte, was? "Wir" haben im Supercup gegen "die" gespielt? Wow.
Aber gerade Kaiserslautern war halt die Mannschaft, die sich praktisch immer auf Augenhöhe mit Hansa entwickelt hat. Also wenn die einen abgestiegen sind, zogen die anderen solidarisch nach. Und wenn die einen im Supercup spielten, wurden die anderen auch eingeladen. Irgendeinen Grund hat man dafür schon gefunden. Selbst im DFB-Pokal wurde diese Partie 2-mal ausgelost. Letzter absurder Fun Fact: Das letzte Hansa-Spiel, welches ich im Stadion gesehen habe, war ein 4:1 gegen Kaiserslautern...

Trotzdem würde keiner auf die Idee kommen, die 36. Ansetzung zu einem Derby zu erklären. Selbst dann nicht, wenn es in der Relegation anstehen sollte und dann der eine Verein dem anderen die schmerzlichste Niederlage der Saison zufügt. 

Aber nur, weil man vor 30 Jahren in der selben Liga regelmäßig gegeneinander angetreten ist, wird man nicht automatisch ein Derby. Nehmen wir einfach mal den "Bundesligaklassiker" Karlsruher SC gegen Fortuna Düsseldorf. Das steht demnächst zum 50. Mal an. Die sind früher auch in relativer Regelmäßigkeit in der Bundesliga aufeinander getroffen. Das letzte Mal 1997. Und klar, dass das 2 ehemalige Bundesligisten sind, wird regelmäßig erwähnt. Trotzdem käme niemand auf die Idee daraus ein Derby zu machen...


Warum ist das trotzdem ein Derby, obwohl es eigentlich keins sein sollte? Die Antwort ist so einfach wie schmerzlich: Weil wir die Wiedervereinigung verkackt haben. Eigentlich sollte sich die aktuelle U40 Generation in Rostock als Norddeutsche fühlen und die Feindschaft zu den bösen Linken aus St. Pauli pflegen. Da könnte man echt mal den ersten Sieg seit 2009 einfahren... Man sollte eigentlich seine erfolgreichere Geschichte nach der Wiedervereinigung in der Vordergrund stellen, denn man war ja nach der Wender erfolgreicher als vorher. Der eigentlich Vereinsmythos basiert auf den Jahren nach der Wende.

Also wie das funktionieren kann, zeigt ja ganz praktisch Union Berlin. Die sind jetzt erfolgreicher als sie es "zu Zonenzeiten" jemals waren. Sie sind das nicht, weil sie ein ehemaliger Ostverein sind, sondern weil sie ein Berliner Verein sind. Deswegen sind sie, was natürlich Teil des Problems ist, in einem von 2 Wachstumsmärkten in Ostdeutschland. Und in dem einen Markt, der auch einfach groß genug um 2 Bundesligisten zu verkraften. Deswegen hatte Quattrex German Opportunities ein Auge auf den Verein geworfen. Und Michael Kölmel den Verein ursprünglich mal gerettet. Was alles kein Vorwurf an den Verein sein soll, die arbeiten ja auch sehr gut mit ihrem Geld. Aber mich würde es aufgrund der Kombination von Investoren und Kompetenz nicht überraschen, wenn sie dauerhaft vor der Hertha bleiben. Aber denen werden die "Ost-Derbys" dann endgültig egal sein, denn dann sind sie ein Berliner Bundesligist mit eigenem Stadtderby.

Hansa Rostock hat halt eine gegenteilige Entwicklung genommen. Also in den 15 Jahren nach der Wiedervereinigung waren einen die Ostderbys fast egal, weil man sie halt auch kaum ausgetragen hat. Die Highlights des Jahres waren die Duelle mit den Bayern, die man eingangs sogar noch regelmäßig besiegt hat. Ernsthaft, die erste Niederlage gegen die Bayern gab es im 5. Spiel! Ich behaupte mal ganz dreist, dass die Bayern gegen keinen anderen Bundesligisten so lange auf einen Sieg warten mussten.

In den 10 Jahren im Dauereinsatz als Bundesligist zwischen 1995 und 2005 spielte man insgesamt 6 "Ostderbys". In den 3 Jahren, als Energie Cottbus überraschend in der Bundesliga spielte. Das war eigentlich auch genügend Zeit um sich seine eine eigene, neue Identität aufzubauen. Man war damals auch echt auf einem guten Weg. Einerseits hatte man eines dieser 5 Sterne Nachwuchsleistungszentren, worauf man damals auch echt stolz war: Man war der Anlaufpunkt für alle Talente aus Norddeutschland. Man feiert sich bis heute auf der Homepage für ein "Internat, das zur Jahrtausendwende für viele Bundesliga-Internate in Deutschland zum Vorbild wurde." Und ja, dass Toni Kroos der einzige Weltstar war, der jemals auf dem Internat war, wurde am Ende zum Problem. Vor allem, weil Kroos ja so schnell wie möglich weg ist. Man hat realistisch gesehen halt doch nur Zweitligaspieler ausgebildet... Und die Legende Kevin Pannewitz.
Oh und fast hätte ich es vergessen: Materia kommt auch aus der Hansa-Jugend... Das bedeutet einerseits, dass man mehr Rapstars als Nationalspieler wirklich ausgebildet hat. Andererseits bedeutet es auch, dass man alles richtig gemacht hat, schließlich hat man Materia ausgebildet.

Man war ein hervorragender Aus- und Weiterbildungsverein, bei denen Stefan Beinlich, Olivier Neuville, René Schneider und Co ihre ersten Schritte in der Bundesliga gehen konnten, bevor sie dann zu Vize-Meistern wurden. Von dem Verkauf dieser Spieler konnte man, auch wenn 5 Millionen Ablöse heutzutage lächerlich wirken, gut leben, man musste halt nur den nächsten guten und günstigen Spieler finden. Solange dieser Spieler nicht Rade Prica war, lief das auch sehr gut. Apropos Prica.

Dazu war man der einzige Bundesligst aus Süd-Schweden. Man hatte so viele Skandinavier verpflichtet, dass am Samstag die Fans aus Nordeuropa in Büssen am Einkaufszentrum abgeladen wurden, um erstmal Alkohol zu kaufen, sich dann Hansa im Stadion anzusehen und hinterher wieder heimzufahren. Und ja, da ging es auch um den günstigen Alkohol... aber halt auch um den Fußball im Stadion. Das war alles wunderbar und das funktionierte als Norddeutscher Fußballverein. Zumindest war man auf einem guten Weg zu einer eigenen Identität. Und Duelle mit Aue oder Halle haben halt niemanden interessiert.

Jetzt hat man im letzten Jahr als Drittligist 8 "Ostderbys" gespielt. Also mehr als in den 10 Jahren als Bundesligist insgesamt. Und da man ja so nen paar Jahre in der dritten Liga zugebracht hat, waren 8-10 Duelle praktisch der Standard, denn es spielen halt verdammt viele ehemalige Oberligisten in der dritten Liga. Was nebenbei auch völlig normal ist. Also um das mal zu verdeutlichen: Es spielen dieses Jahr 3 ehemalige DDR Oberligisten (Magdeburg, Halle und Zwickau) und 6 ehemalige Bundesligisten (Braunschweig, Kaiserslautern, Mannheim, Saarbrücken, 1860 München und Duisburg) in der dritten Liga. Wenn Rostock, Dresden und Cottbus noch teilnehmen würden, wären es sogar 3 Mannschaften, die beides sind... Es ist also nicht zwingend ein Ost-Problem, dass so viele ehemalige "Spitzenmannschaften" in die 3. Liga abgestürzt sind, sondern ein ganz normaler Vorgang: Schlecht geführte Vereine steigen dorthin ab.

Was aber ein Problem ist, ist diese "Geil, Ost-Derby, wie in der guten, alten Zeit" Mentalität. Also zumindest als Rostocker. Als Hallenser ist es was anderes, die sind ja so weit aufgestiegen, dass sie wieder Derbys haben. Aber als Rostocker war es "die gute Zeit", als man sich mit den Bayern messen durfte. Da müsste es eigentlich eine "Wie konnte es dazu kommen, das wir uns wieder mit DENEN messen lassen müssen, die hatten wir doch so weit hinter uns gelassen?" Haltung kommen. Stattdessen freut man sich auf diese Duelle. Verklärt sie zu irgendetwas ganz tollem und historischen. Obwohl es unseren Eltern komplett egal war, wie das Spiel gegen Aue ausging.

Wir müssten mal irgendwann dahin kommen, dass die Sachsen-Derbys Sachsen-Derbys sind. Die gibt es ja durchaus. Und das Rostock sich bei den Nordderbys einreiht, wo sie eigentlich hingehören. Und klar, für Rostock ist das auf ein Mal ein Problem, weil man halt wirklich sehr isoliert auf der Landkarte liegt: Der nächste Konkurrent ist 200 km entfernt. Göteburg liegt halt dichter als Aue. Aber da müssen wir als Gesellschaft irgendwan mal hinkommen. Und es wäre schön gewesen, wenn der Fußball da seinen Beitrag zu geleistet hätte. Gerade erreicht er aber eher das Gegenteil.

Montag, 22. November 2021

Worst of des "Ist Freiburg jetzt eine richtige Spitzenmannschaft?"

 Oder doch nur ein ganz normaler Bundesligist? Geht gleich richtig philosophisch los.

Also erstmal das Argument für die "richtige Spitzenmannschaft": Wie sich das für einen Bayern-Verfolger gehört, lassen sie das Geschenk des Rekordmeisters am Freitagabend liegen und reagieren auf den Punktverlust mit einer eigenen Niederlage. So macht man das halt. So würde Borussia Dortmund das auch machen, wenn sie wirklich ein ernsthafter Bayern-Verfolger wären. So läuft das in der Bundesliga seit 10 Jahren...

Und was auch für eine Spitzenmannschaft spricht: Sie haben ihren dritten Tabellen ganz souverän mit 2 Niederlagen in Folge verteidigt. Das kann man nur als deutsche Spitzenmannschaft erreichen. 

Auf der anderen Seite sind sie halt auch nur eine ganz normale Bundesligamannschaft sein. Also, dass man durch das Spiel gegen die Bayern, egal wie das ausgeht, erstmal so richtig aus der Bahn geworfen wird und danach dann 3 Spieltag wenig bis nichts holt, ist halt auch ein völlig normaler Vorgang

Wir stehen also vor einem Rätsel, für das es einfach keine Lösung geben kann. Es sei denn, der SC Freiburg ist tatsächlich beides: Eine richtige Spitzenmannschaft UND ein ganz normaler Bundesligist. Die Antwort kommt in den nächsten 2 Spieltagen, an denen die Bayern wieder gewinnen werden...

RB Leipzig: Apropos Bayern-Verfolger: Da hilft einem Marcel Sabitzer schon richtig weiter und versucht alles, damit sein Vermarkter zurück in den Titelkampf rutschen kann... und dann sagen Peter Gulacsis und Tyler Adams mal mit aller Konsequenz: Wollen wir nicht. Da haben wir kein Interesse dran.

Und wer sich jetzt fragt, warum die Bayern unbedingt Sabitzer als Ergänzungsspieler holen musste: Nun ja, wenn ein Joshua Kimmich alle 12 Tage für 10 Tage in Quarantäne muss, weil er das für sinnvoller hält, als sich vor dem Virus zu schützen, obwohl ihn das jetzt sogar richtig Geld kostet... dann braucht man halt eine geimpfte Vertretung.

Florian Kohfeldt, der neue Held der Arbeit. Bester Wolfsburg-Trainer aller Zeiten. Oder zumindest seit dem Letzten. Kohfeldt stand kurz vor einem neuen Startrekord: 4 Siege in Folge. Er hat sich sicherheitshalber für einen Verein entschieden, in dem solche "Startrekorde" (oder halt Dead Coach Bounces) einfach zu erreichen sind. Also um das mal ganz praktisch zu verdeutlichen: Wisst ihr, wer mit 4 Siegen und einem Unentschieden in die Bundesliga gestartet ist? Da kommt ihr nie drauf: Mark van Bommel. Aber jetzt ist alles viel besser. Vor allem, weil die Richtung stimmt. Also gegen Augsburg war die 2. Halbzeit richtig schlecht. Dieses Mal waren es schon 60 Minuten, die richtig schlecht waren. Gebt dem Kohfeldt noch 3 Wochen und etabliert ein weiß gestreiftes Trikot, dann werdet ihr den Unterschied zu Werder Bremen nicht mehr erkennen...

Apropos Werder: Das bringt zum gähnend langweiligen Standardthema: der VAR. Spieltäglich grüßt der VAR.

Und wenn selbst Jonathan Tah hinterher nicht nachvollziehen kann, warum es keinen Elfmeter für Bochum gab, als er Christopher Antwi-Adjei getreten hätte... Also hätte Schiedsrichter Daniel Schlager nicht den Kollegen, sondern den Spieler gefragt (und der so ehrlich wie nach dem Spiel reagiert... oder wie Vincenzo Grifo auf dem Platz), hätte er den Elfmeter gegeben. Er ließ sich aber von demjenigen beraten, der die wenigste Ahnung von den Regeln hat. Und da es ja vorher schon einen Platzverweis für Bayer Leverkusen geben muss, kann man an der Stelle nichts anderes behaupten. Und dem Schlager ist da direkt kein Vorwurf zu machen: In Originalgeschwindigkeit kann einem da so ein Fehler unterlaufen. Da kann man sich denken: Der Tah spielt den Ball weg, der Bochumer ist gar nicht am dran. Aber, wenn man die Videoaufnahmen sieht...
Vielleicht... sollten wir den Leuten im Kölner Heller einfach mal HD Bildschirme hinstellen und das Internet so weit ausbauen, dass sie eine bessere Qualität als 144p geliefert bekommen. Ernsthaft, dass die sich die Szenen in verschwommener Qualität angucken müssen, ist mittlerweile die einzige Erklärung für den Scheiß, den die jedes Wochenende abliefern.

Aber Günter Perl war ja nicht mal der Schlimmste. Was dann in Bremen in der Nachspielzeit abging... Ernsthaft, man sollte die beiden Schiedsrichter, die den Scheiß entschieden haben, einfach mal 3 Monate aus dem Verkehr ziehen. Denn die Folgen dieser Entscheidung sind am Ende wieder... nun ja... dramatisch. Also sie fördern mit so einem Schwachsinn die dramatischen Schauspieleinlagen der Spieler.

Also um das kurz festzuhalten: Der VAR Christian Dingert sagt zum Hauptschiedsrichter Tobias Stieler: "Guck dir das nochmal an, da könnte was gewesen sein!" Er sagt das nur und ausschließlich, weil Roger Assalé so dramatisch und übertrieben fällt. Wenn Assalé auf den Beinen bleibt und selber den Abschluss sucht, kommt der VAR nie auf die Idee, dass die Berührung relevant war. Und das war sie auch nicht. Also Assalé ist nicht gefallen, weil er so heftig getroffen worden ist, sondern weil er einen Elfmeter haben wollte. Und er wird für diesen Scheiß auch noch belohnt.

Eigentlich hätte der VAR dazu führen müssen, dass man in solchen Szenen einfach trotzdem den Abschluss sucht, weil man den Elfmeter ja auch bekommt, wenn man nicht dramatisch fällt. Da hätte man dank dieser Innovation hinkommen können. Die ganzen ekligen Schauspieleinlagen hätten wegfallen können, weil sie ja nichts mehr bringen. Stattdessen werden die Schauspieler jetzt mehr belohnt als vorher, denn selbst wenn der Schiedsrichter ihnen das in erster Instanz nicht abnimmt, kommt ein VAR aus dem Kölner Keller und sagt "Guck dir das nochmal an, da könnte doch was gewesen sein... also ein minimaler Kontakt."

Jetzt führt das natürlich zum nächsten Problem: Wenn man wirklich jeden Schiedsrichter, der so einen Scheiß verzapft, aus dem Verkehr zieht, muss bald doch bald Rober Hoyzer wieder pfeifen... oder sonst irgendwelche Regionalligaschiedsrichter. Denn das eigentliche Problem ist ja, dass mit Dingert und Stieler Leute von unserer internationalen Liste so einen Blödsinn entscheiden. Das sind die Besten der Besten der Besten. Aber selbst die haben nach wie vor nicht den Arsch in der Hose, einem Assalé nach dem Blick auf die Bilder mit einem "Lass den albernen Scheiß und spiele Fußball" an den Kopf zu werfen.

Zum Ende noch 4 Worte zu Markus Anfang: Es gilt die Unschuldsvermutung.

Montag, 15. November 2021

Jogi Löw war nicht der Beste Trainer aller Zeiten

Damn, ich bin dann doch getriggert. Aber zum hoffentlich letzten Mal. Irgendwann muss das ja mal vorbei sein.

Und mir ist auch bewusst, dass das am Ende nur Hansi Flick so gesagt hat. Aber dadurch ist es halt in jede Schlagzeile gekommen und dann werden Umfragen gestartet und die landen bei 60 % Zustimmung... Wie wenig Perspektive kann man denn haben.

Also zunächst mal: Alle unter 27-Jährigen sollten sich vielleicht mal zurückhalten. Also als Jogi Löw in der Nationalmannschaft anfing, wart ihr 10 Jahre alt. Und klar, Jürgen Klinsmann war die ersten 2 Jahre Teammanager. Aber praktisch kennt ihr einfach keinen anderen Bundestrainer. Er mag damit der beste Bundestrainer sein, den ihr je gesehen habt. Aber das ist ein wenig wie zu behaupten, dass Angela Merkel die beste Bundeskanzlerin ist, die ihr je erlebt habt. Ja, das stimmt noch so. Das hat aber trotzdem 0 Wertigkeit. Und nur, weil wir die Ansprüche an Löw so weit runtergeschraubt haben, dass der einfach weiterwurschteln durfte, wenn er keine Erfolge hat...

Das Erste, was ja angebracht wird, ist seine Peak Turnier Bilanz:

2006 als Co-Trainer Dritter.
2008 direkt ins Finale.
2010 wurde er wieder Dritter.
2012 Halbfinale.
2014 Weltmeister.

4 Turniere in Folge mindestens ins Halbfinale! Wie gut! Überragend! Ja... für alle anderen Nationen. Für Deutschland ist, so absurd das klingt, eine Halbfinalteilnahme nichts Besonderes. Ich mache das mal ganz praktisch deutlich:

1972: EM Titel.
1974: WM Titel.
1976: EM Finale, der 3. Titel in Folge wurde von Uli Hoeneß in den Belgrader Himmel gejagt.
1978: 6. Der eine Ausreißer nach unten. Danach wurde direkt der Trainer Helmut Schön entlassen.
1980: Europameister.
1982: Finale.

Das sind 5 von 6 Turnieren, in denen Deutschland im Finale stand. Aber Jogi hat uns ja immer souverän ins Halbfinale geführt. Das ist halt wie Vize-Meister mit Bayern München werden.

Aber... wahrscheinlich muss ich den Rahmen noch weiter fassen als "U-27."... denn Löws Vorgänger waren ja Rudi Völler, Erich Ribbeck und Berti Vogts. Auch alles nur bedingt gute Trainer.

Wo TV Total gerade zurückkommt, kann ich euch, nur mal für Kontext, hier ein Video posten, wie damals über Vogts hergezogen wurde:

Und es gab sogar eine Schalalalala Version. Und ihr glaubt, ihr habt es schwer...

Niemand würde Berti Vogts den besten Nationaltrainer aller Zeiten nennen. Aber hier kommt das völlig absurde: Wenn man die extrem hohen Deutschen Ansprüche als Maßstab nimmt, hat Vogts: 2 Finalteilnahmen und einen Titel. 1992 verlor man überraschend gegen Dänemark, 1996 holte man den Titel in England

Das ist ganz praktisch dieselbe Bilanz, die Jogi Löw vorweisen kann. Nur, dass der wesentlich mehr Turniere gebraucht hat. Nur stand Berti in 2 von 4 Turnieren im Finale, Jogi in 2 von 7. Also schon vor seinem Absturz war Löw nicht wirklich besser als seine Vorgänger. Nur war die Zeit vor Klinsi und Löw halt so grausam, dass wir komplett vergessen haben, wie dominant die deutsche Nationalmannschaft mal war. Und jetzt kann man diesen Absturz nicht einfach aus der Bewertung entfernen...

Also die letzten 3 Turniere waren halt:
2016: Halbfinalteilnahme
2018: Das erste Vorrundenaus bei einer WM. (Wir wollen nochmal festhalten, dass Welt- und Europameister Schön nach einem 6. Platz gehen musste, Löw wurde offiziell 22.)
2021: Achtelfinalaus bei der EM. Also technisch gesehen ebenfalls zum ersten Mal. Platz 15, was laut Wikipedia offiziell genauso gut war wie die EM 2000.)

Das heißt auch praktisch: "Wir" haben 3 Turniere in Folge kein Finale erreicht. DREI!. Wisst ihr, wie selten das ist? Also dank der absurden WM 2002, die uns die richtig grausamen Jahre gerettet hat? Nun ja... lasst uns mal kurz nachzählen, wie oft das wirklich passiert ist.

1.) Zu Hitlers Zeiten und danach. Also von 1930 bis 1950 spielte Deutschland in 0 von 4 Finalen.
2.) Von 1958-1964: Nach dem ersten Weltmeistertitel wurde man in Schweden "nur" 4. Am "Europa Nationenpokal" nahm man nicht teil. Das sind technisch gesehen 4 Turniere. Aber man muss an der Stelle erwähnen, dass die Europameisterschaft noch nicht annähernd das war, was sie heute ist. Also Sepp Herberger empfand diesen Wettbewerb als "reine Zeitverschwendung"... Der war guter Deutscher und nur an der Welteroberung interessiert... 

Danach beginnen dann schon dominanten, oben bereits erwähnten 70er und 80er Jahre, die eigentlich durch das WM-Finale 1966 eingeleitet worden sind. Und nach den 4 Finalen in 5 Turnieren ging das ja fast nahtlos so weiter: WM Finale 86, Weltmeister 90, EM Finale 92, Europameister 96, WM Finale 2002. Dann kam halt Jogi Löw.

Also ja, wenn wir an Turnieren teilnehmen wollen, dann qualifizieren wir uns seit 1950 konstant in jedem 3. Turnier fürs Finale. Vollkommen egal, wie die Umstände sind. Oder wie finster der Trainer eigentlich ist. Und selbst, wenn man die "Interessiert uns nicht, wir nehmen da nicht teil" Turniere mitzählt, hat Löw es trotzdem als erster Trainer in 55 Jahren geschafft, bei 3 Versuchen in Folge kein Finale zu erreichen.

Nebenbei sind abgesehen von Sepp Herberger alle Trainer entlassen worden, bevor es überhaupt so weit kommen konnte. Da reichte ein schlechtes Turnier, um rausgeworfen und durch einen anderen schlechten Trainer ersetzt zu werden. Siehe Schön und Derwall. 

Die einzigen Trainer, die sich nach einem Aus im Viertelfinale (oder früher) im Amt halten konnten, waren Berti Vogts und Jogi Löw.

Natürlich ist die Messlatte bei anderen Nationaltrainern gar nicht soo hoch. Wir haben halt eine krankhafte Obsession mit schlechten Nationaltrainern. Also genauer: Nationaltrainern, die auf Vereinsebene nie irgendwas holen. Um das nochmal zu erwähnen: Hansi Flick hat in 1 1/2 Jahren bei den Bayern mehr Vereinstitel gewonnen, als alle anderen Nationaltrainer zusammen. Hauptsächlich, weil "wir" beim DFB in Sachen Trainersuche und perspektivische Planung richtig beschissen aufgestellt sind. Aber trotzdem hatten wir einige Nationaltrainer, die zumindest erfolgreicher waren. Und auf der anderen Seite hat Löw die schlechteste Phase der Deutschen Nationalmannschaft seit 1952 zu verantworten... Dabei haben wir die "Der Abstieg aus der Nations League wurde nur durch eine Formatänderung verhindert" noch nicht mal erwähnt.

Um das noch mit einem praktischen Vergleich zu beenden: Zu behaupten, dass Jogi Löw der beste Nationaltrainer aller Zeiten ist, ist ungefähr so sinnvoll wie die über Felix Magath bei den Bayern zu behaupten. Beide haben im Rahmen ihrer Anstellung nichts Außergewöhnliches geleistet.

Wo ich schon bei "nichts Außergewöhnlichen" bin: Können wir aufhören, Hansi Flicks Siegesserie zum Auftakt zu feiern? Ja, der hat jetzt 7 Spiele mit 31:2 Toren gewonnen. Aber der stärkste Gegner war Rumänien. Die sind gerade auf Platz 40 in der Fifa Weltrangliste. Und die hat man trotz Rückstand gerade so besiegt... Die restliche "Konkurrenz" taucht nicht mal auf Seite 1 auf. Es hatte garantiert noch nie ein Bundestrainer ein derart einfaches Startprogramm, weil die meisten ja mit Testspielen gegen anständige Gegner beginnen. Wenn Hansi Flick eines dieser Spiele nicht gewonnen hätte, hätte er auch direkt wieder zurücktreten können.

Aber wie schon bei Löw, der sich halt auch nur an seinen Vorgängern Ribbeck und Völler messen lassen muss, haben wir die Messlatte so niedrig angelegt, dass jetzt alle total begeistert sind, wenn "wir" international drittklassige Konkurrenz besiegen...

Mittwoch, 10. November 2021

Jetzt wird Kimmich für seine Haltung auch noch belohnt

 Schließlich darf er die völlig bedeutungslosen Pflichtspiele gegen Liechtenstein und Armenien verpasst. Spiele, die Deutschland sogar komplett verlieren könnte, ohne dass es irgendwelche Konsequenzen hat. Großartiges Timing. Er kann jetzt 10 Tage Urlaub machen und regenerieren... Urlaub auf Balkonien, aber immerhin dürfte er einen schönen Balkon haben...

Ich habe mich ja selber kurz dabei erwischt, ob ich jetzt darauf hoffe, dass Kimmich sich jetzt selber angesteckt hat. Aber mir fiel dann relativ schnell auf, dass ich niemanden irgendwelche Krankheiten wünsche. Vor allem müsste ich ihm ja auch noch einen Rune Jarstein-esquen Verlauf wünschen, damit er wirklich was lernt. Das wäre wirklich asozial. Das kann keiner wollen.

Aber praktisch muss Joshua Kimmich jetzt doch mal anerkennen, dass seine egoistische Haltung gegenüber einer Impfung seinem Team schadet. Und zwar hauptsächlich seinem Team schadet. Denn das, was er jetzt gerade erlebt, kann ihm ja quasi täglich passieren: Irgendwer in seinem direkten Umfeld infiziert sich und er muss deswegen in Quarantäne. Es ist ein reiner Glücksfall für alle Beteiligten, dass es jetzt um nichts geht und er nicht mal ein Bundesligaspiel verpassen dürfte. Man stelle sich vor, so was passiert vor einem Champions League K.O. Spiel. Oder vor einem WM-Viertelfinale. 

Oder man stelle sich vor, die von Oke Göttlich geforderte vorbildliche Vernunft wird umgesetzt und es wird konsequent auf 2G umgestellt. Dann kann Kimmich gar nicht mehr spielen, bis er geimpft wird. Oder nur noch in der Champions League, da dort andere die Entscheidungen treffen.

Das ist nebenbei, um mal kurz wirklich politisch zu werden, das eigentliche Problem an der Pandemie: Dank zahlloser Konsequenz freier Skandale ist das Vertrauen in die Politiker extrem beschädigt. Dieser Schaden treibt die Leute in die Arme der Extremisten. Besonders passiert dies in Sachsen, wo diese Enttäuschung ins System 30 Jahre lang gehegt und gepflegt worden ist. Diese Extremisten bedienen sich der Unzufriedenheit und besetzen deswegen einfach die Anti-Covid-Maßnahmen Position. Die wird schön dadurch verdeutlicht, dass sich AfD Abgeordnete im Bundestag nicht testen lassen wollten und auf die Tribüne mussten. Jetzt haben die Politiker aber Angst vor wirklich konsequenten Maßnahmen, weil die "besorgten Bürger" dann nur noch mehr in Richtung der Extremisten getrieben werden. Also schieben sie die Verantwortung den Kulturbetreibern zu: Künstler, Veranstalter, Vereine. Ihr solltet 2G machen, ihr dürft das auch, aber ob ihr das wirklich wollt, müsst ihr selber entscheiden. Dafür kriegt ihr dann auch die Kritik ab, egal wie ihr euch entscheidet.
Anstatt schon im September, als Drosten vor der 4. Welle gewarnt hat, konsequent auf 2G zu entscheiden, weil absolut abzusehen war, was sonst passiert: Im November wird dann eh 2G kommen. Natürlich wäre das eine Impfpflicht gewesen. Eine "Wer am kulturellen Leben teilnehmen will, muss das tun" Pflicht. Aber solche Entscheidungen zu treffen ist doch deren Aufgabe und nicht unsere. Und es gibt so viele andere Pflichten, die der Staat ebenfalls eingeführt hat.

Und vertraut mir, ich betreibe ehrenamtlich in einem basisdemokratisch geführten Nachtclub. Wir haben stundenlang und sehr emotional aufwühlend über 2G oder 3G diskutiert, einfach nur, weil sich die Regierung geweigert hat, diese Entscheidung zu treffen... obwohl es doch eigentlich ihre Verantwortung ist. Jetzt sind die Ansagen der Politik so eindeutig, dass wir nicht wissen, ob wir gerade für eine Disco öffnen dürfen, oder nicht. Also selbst das Gesundheitsamt kann uns das nicht beantworten. Einfach nur, weil die Politiker sich vor klaren Entscheidungen und Ansagen fürchten.

Oh und falls sich noch jemand fragt, ob die Impfung trotz Durchbrüchen wirkt, guckt euch mal diese Karte an: Eigentlich sollte Hamburg als ziemlich überlaufene Großstadt, in der man im praktischen Alltag einfach keinen Meter Abstand halten kann, im Inzidenzwert ganz weit vorne liegen. Stattdessen dürfte die eher dünn besiedelte Sächsische Schweiz zeitnah vierstellige Inzidenzzahlen. Ländliche Kreise in Bayern sind schon so weit. Und Thüringen überholt gerade alles. Das sind die Bundesländer mit der schlechtesten Impfquote. Also abgesehen von Sachsen-Anhalt, anscheinend ist dieses Land selbst dem Virus zu doof... Ob die Corona-Zahlen gerade wieder extrem steigen oder nicht, liegt hauptsächlich an der Impfquote...

Aber zurück zum Sport: Eines steht doch auf jeden Fall fest: Wer sich in einem Mannschaftssport nicht impfen lässt, handelt extrem egoistisch und stellt die persönlichen Interessen über den Erfolgt des Teams. Nehmen wir mal die 2 praktische Beispiele:

Aaron "Ich bin immunisiert, ups doch nicht" Rodgers ist einer der 3 besten Quarterbacks der NFL. Das ist die wichtigste Position in diesem Sport. Jetzt verpasste er wegen eine Covid Infektion schon mal das erste Spiel und sein Team musste auf einen Debütanten setzen. Das ging nicht gut aus, der Debütant war gnadenlos überfordert. Rodgers schenkte also schon mal einen möglichen Sieg her. Und jetzt könnte er noch ein 2. Spiel verpassen, weil er sich plötzlich doch an das Protokoll halten muss, welches er vorher einfach ignoriert hat. Wenn man diese beiden Spiele verliert, schenkt man praktisch den ersten Platz in der NFC her. Ein extrem wichtiger Platz, weil man dadurch einerseits im Achtelfinale ein Freilos bekommt und anderseits im Viertel- UND Halbfinale Heimrecht genießt. Das sind extrem wichtige Vorteile. Aber Rodgers so: Ich vertraue auf lieber auf mein eigenes Gefühl und meine Freunde, als auf die Meinung der Ärzte.

2. bekanntes Beispiel aus Amerika: Kyrie Irving ist einer der besten Guards der NBA. Und auch er verweigert eine Impfung. Hier haben allerdings die New Yorker Politiker genau die konsequente Entscheidung getroffen, die ich vorhin gefordert habe: Nur wer geimpft ist, darf sich in öffentlichen Hallen aufhalten. Das gilt auch für Sportler, aber trainieren dürfte er. Deswegen hat Irving jetzt schon 11 von 82 möglichen Spielen verpasst. Auch hier gilt: Für sein Team wird es ohne ihn schwierig den Heimvorteil in den Playoffs zu sichern, worum es in der regulären Saison eigentlich geht...

Beide Athleten sind mit den höchstmöglichen Ansprüchen in die Saison gestartet: Meister werden, genauso wie Kimmich den Anspruch "Henkelpott holen" hat. Alle drei torpedieren aber diese Ansprüche durch ihr eigenes Verhalten.

Man sieht ja auch an Leon Goretzka, Leroy Sané, Manuel Neuer und Thomas Müller, welchen Unterschied eine Impfung ausmachen könnte. Also ja, es wird nur darüber spekuliert, dass nur die Ungeimpften nach Hause geschickt werden. Aber wenn Kimmich, Segre Gnabry, Jamal Musiala und Eric-Maxim Choupo Moting nach Hause reisen müssen, während wir nach 4 weiteren ungeimpften Bayern-Profis suchen könnten... ist schon auffällig. Und völlig überraschender Weise durften genau 4 andere Spieler im Kreise der Nationalmannschaft bleiben und werden weiter getestet... diese 4 werden aber nicht namentlich genannt, es gibt nur rein zufällig noch 4 weitere Bayern-Profis im Kader...

So korrekt die "Das unterliegt der Schweigepflicht" Haltung ist... es ist schon sehr offensichtlich, wer da welchen Status hat.

Und hier muss man nochmal eindeutig festhalten: Das hätte den Bayern genauso vor einem Champions League Achtelfinale gegen Paris St. Germain passieren können. Und wir sehen ja auch, dass Müller und Co. 3 Tage später spielen dürfen...

Der Fall Niklas Süle beweist, dass es, selbst wenn man geimpft und genesen ist, keinen 100 prozentigen Schutz gibt. Aber wenn Süle sich mit dem Virus infiziert, ist das Pech. Bei Kimmich wäre es leichtsinnig. Und leichtsinnig einen angeblich möglichen Titel wegzuwerfen, ist dumm.

Es ist nebenbei bezeichnend, dass Oliver Bierhoff es dann doch wieder vermeidet, ein klares Statement abzugeben... obwohl er doch eigentlich als Manager dafür angestellt ist, in solchen Momenten Stellung zu beziehen. Kein "Genau deswegen ist es wichtig, dass alle sich impfen lassen, wir hoffen, dass die Letzten da jetzt auch nachziehen"... Aber bevor Bierhoff nochmal eine Botschaft bringt, haben wir die Probleme mit dem VAR gelöst...

Dienstag, 9. November 2021

Ok, ich kann das doch nicht ignorieren

 Es ist schließlich die perfekte Kombination aus dem aktuellsten Thema und dem Namensgeber dieses Blogs.

Gucken wir uns die Szene erst noch mal an und nehmen sie auseinander: Nach einem abgewehrten Angriff versucht Hoffenheim, wie sich das gehört, komplett herauszurücken, um den Gegner ins Abseits zu stellen. Danilo Soares schlägt eine Flanke auf den eben nicht rausrückenden und klar im Abseits stehenden Soma Novothny. Kevin Vogt macht das, was man als gut konditionierter Verteidiger so macht und lässt den Ball nicht einfach zum Stürmer durchrutschen. 15 Jahre Kopfballtraining führen halt dazu, dass die Auffassungsgabe nicht mehr schnell genug ist und dass es definitiv Abseits gibt, wenn er einfach wegbleibt. Novothny selber macht im Rücken von Vogt eine geschickte Meidbewegung.

Vogts Verteidigungsversuch ist eher suboptimal direkt auf Milos Pantovic, der den Ball ziemlich direkt auf den Stürmer schlägt. Dieser zieht einen klaren Vorteil aus seiner vorherigen Abseitsposition und erzielt das 1:0. 

Er zieht also einen doppelten Vorteil aus seiner Abseitsstellung: Er übt den nötigen Druck auf Vogt aus, um diesen zu einem vermeidbaren Fehler zu zwingen. Denn ohne Novothny im Rücken geht der da einfach nicht hin. Sagt er zumindest selber hinterher. Und dann steht der Angreifer in unfassbar guter Position, die für die Hoffenheimer einfach nicht mehr zu verteidigen ist. Also sie haben, nachdem Pantovic an den Ball kommt, einfach überhaupt keine Chance mehr einzugreifen.

Wie kann ein Spieler, der einen doppelten Vorteil aus seiner Abseitsstellung zieht, als passiv gelten? Also wenn das die Regeln sind, dann sind diese Regeln einfach Scheiße. Dann wurden sie von Leuten geschrieben, die noch nie ein Tor verteidigt haben. Oder überhaupt irgendwann mal gegen einen Ball getreten haben. 

Der wirkliche Kicker kommt ja erst doch: Das sieht der Linienrichter, entweder Guido Kleve oder Thomas Gorniak genau so, deswegen hebt er die Fahne. Also, weil er Novothny als aktiv eingeschätzt hat. Das ist eine Tatsachenentscheidung. Eine Entscheidung, die man auch durchaus nachvollziehen kann. Und die Bochumer Fans würden, wenn sie die Szene sachlich beurteilen, auch zugeben, dass sie bei einem Gegner in so einer Situation auch eine klare Abseitsstellung sehen würden. Novothny, da er Einfluss auf den Verteidiger nimmt, als aktiv zu betrachten, ist keine klare Fehlentscheidung.

Das bringt einem dann zur eigentlichen Frage: Warum greift der VAR bei der Frage "aktiv oder passiv" überhaupt ein. Der hat da einfach wegzubleiben.
Nebenbei auch bei einer gegenteiligen Auslegung. Also wenn der Assistent auf passiv entscheidet und deswegen die Fahne unten lässt, kann der VAR dann hinterher auch nicht sagen, dass er der Meinung war, dass der Spieler doch aktiv war. Das ist eine dieser endlos vielen Stellen im Regelwerk, die nicht eindeutig geklärt sind. 

Aber wir haben dieses neue System VAR ja erst seit 4 1/2 Jahren... da kann man ja nicht davon ausgehen, dass mittlerweile geklärt ist, wann der angewendet werden muss und wann er zu schweigen hat. Aber hey, ich bin optimistisch, dass wir das hinbekommen, bevor die Pandemie beendet wird...

Montag, 8. November 2021

Worst of des "So kann man gegen die Bayern verlieren" Wochenendes

 Was soll man zu Christian Streich noch sagen... das ist der großartigste Trainer der Bundesliga. Einfach brillant. Und dieses Wochenende zeigte warum.

Denkt einfach mal darüber nach: Wie viele Trainer wären mit der Leistung der Freiburger in München zufrieden gewesen. Ein "Wir haben uns ordentlich verkauft, die Bayern vor Probleme gestellt, aber am Ende doch verloren. Wir können mit unserer Leistung zufrieden sein!" Oder auf Deutsch gesagt: Immerhin wurden wir nicht abgeschossen.

Freiburg bewies einerseits, dass man sich gegen die Bayern wehren kann. Andererseits war Streich hinterher verdammt unzufrieden und beendet sein Interview mit einem "Wenn wir Unentschieden gespielt hätte, dann hätte isch nen freudigeres Gesicht." Wenn mehr Trainer so gegen die Bayern antreten würden...

Aber wenn man sich diese Saison anguckt, dann waren die Duelle mit den Bayern häufig auch Wendepunkte in der Saison. Also nehmen wir mal Bayer Leverkusen: Die waren vor dem Spiel mit dem Rekordmeister quasi auf Augenhöhe. Ganze 4 erzielte Tore trennten sie von der Tabellenspitze. Dann wurden sie von den Bayern in 37 Minuten komplett zerlegt... und seit dem kriegen sie national kein Bein mehr auf die Erde. Selbst im Pokal schied man gegen den Zweitligisten Karlsruhe aus. Und jetzt, 4 Spieltage nach dem "Wir sind fast auf Augenhöhe", trennen einen 10 Punkte...

Selbst Eintracht Frankfurt nutzte das "Oh mein Gott, wir haben die Bayern besiegt" Momentum, um auf Platz 15 abzustürzen... Weil man gegen die "Wir hätten Pal Dardai eigentlich entlassen müssen" Hertha verloren hat. Und das Wochenende darauf direkt eine Niederlage gegen Bochum nachlegte.

RB Leipzig gewann nach der Niederlage zum September Auftakt im gesamten Monat ein einziges Spiel: gegen die bereits angesprochene Hertha. Nebenbei sicherte man sich quasi das Vorrundenaus in der Champions League bei einer völlig unmotivierten Heimniederlage gegen Brügge.

Selbst die "Wir machen alles besser, da wir die besseren Berliner sind" von Union legen mit einem Unentschieden gegen Köln nach. Mal gucken, ob und wann die sich wieder erholen.

Einzig der Bremer SV sagte sich nach der Klatsche im Pokal: Mund abwischen, weitermachen und die Liga dominieren...

Das ist ja das eigentliche Problem der Bundesliga: Das Spiel gegen die Bayern ist kein unangenehmer Zahnarztbesuch, der nach 2 Stunden erledigt ist. Das Spiel gegen die Bayern ist eine Wurzelbehandlung, die danach noch wochenlang schmerzt und dafür sorgt, dass man danach nicht ordentlich essen kann. Selbst wenn die Behandlung an und für sich gut verläuft, hängt die richtig nach. Bleibt zu hoffen, dass Streich das besser hinbekommt... Aber er hat ja auch erstmal eine Länderspielpause...

Und wo wir schon bei grundlegenden Problemen der Bundesliga sind: Der VfL Bochum stellt die beste Abwehr der Liga. Also zumindest, wenn man die Anzahl der "Weißen Westen" als Grundlage nimmt. Die 7 Gegentore gegen (natürlich) die Bayern hauen halt so richtig rein. Aber trotzdem spielte man bereits 5 Mal zu 0. Häufiger als eben die Bayern, RB Leipzig, Borussia Dortmund und Bayer Leverkusen. Also die eigentlichen Anwärter auf derartige Titel. Das Problem ist halt, dass all diese Mannschaften eher so optional verteidigen. Sehr stark aufs Social Distancing im Strafraum setzen. Die einzigen Mannschaften, die wirklich kompetent verteidigen, sind doch der SC Freiburg und der VfL Wolfsburg. Wolfsburg hat trotzdem schon den Trainer gewechselt... oder gerade deswegen, so was hat doch in der Bundesliga nichts verloren.

Gleichzeitig genießt Florian Kohfeldt einen extended Dead Coach Bounce, weil er gegen die "Wir fangen eh erst nach dem Gegentreffer an mitzuspielen" FC Augsburg antreten darf... Und danach dann die Armina aus BNDielefeld auf dem Menü steht. Und klar, der Auftakt gegen Bayer wirkte beeindruckend. Gegen Österreichs Meister hat man auch gewonnen, was ja nur eine Selbstverständlichkeit sein sollte, aber längst nicht mehr ist. Jetzt fehlt aber halt nur noch Fürth, um den leichtesten Spielplan aller Zeiten zu erstellen...

Apropos Fürth: Es ist schon faszinierend, wie schlecht die sind. Also sie sind so schlecht, dass einfach keiner mehr darüber redet. Wir ignorieren das einfach. Wir verkneifen uns jegliche Schalke Vergleiche, obwohl sie deren Bilanz pulverisieren. Auch dass selbst Tasmania Berlin in Fürth Punkte holen würde, wird einfach ignoriert. Und die hatten eine Auswärtsbilanz von 0 Siegen, 1 Unentschieden und 16 Niederlagen... (Traurige Nebenstatistik: Bayern und RB Leipzig sind die einzigen Mannschaften, die Auswärts ein positives Torverhältnis vorweisen können... Nur so am Rande).

Greuther Fürth ist nach 22 Heimspielen immer noch ohne Sieg. Nur um das mal zu verdeutlichen: Die Hertha kam 2009-11 mal auf 17 Spiele ohne Heimsieg am Stück... aber das streckte sich über 3 Jahre, weil man zwischenzeitlich abstieg. Fürth hat diese Bilanz jetzt schon pulverisiert.

Genauso wie sie all die an sich uneinholbaren Leistungen der Schalker aus der Vorsaison werden souverän eingestellt. Oder die grausame Hinrunde der Mainzer. Also beide holten in der Hinrunde letztes Jahr 7 Punkte. Fürth steht derzeit bei einem. EIN PUNKT! Selbst gegen gerade ebenfalls furchtbare Frankfurter holt man... nichts. Auch wenn es richtig schwer war, da nichts zu holen. Gegen wen will man da überhaupt einen Heimsieg holen? Bielefeld war schon zu Gast. Bochum auch schon. Bleibt eigentlich nur noch Augsburg am 17. Spieltag. Es ist ja noch nicht mal so, dass Fürth jetzt auf unglückliche Absurditäten im Spielplan verweisen könnten, sondern praktisch haben sie schon 2 der 3 Heimspiele, die sie zwingend gewinnen müssen, wenn sie den Klassenerhalt erreichen wollen, schon hinter sich.

Der Rest der Liga hofft nur darauf, dass sie nicht derjenige sind, der diese Serie beendet. Persönlich würde ich mein Geld ja auf Borussia Dortmund am 33. Spieltag setzen. Also die liegen vorher irgendwie auf Meisterschaftskurs und ein Unentschieden würde reichen, aber sie sind halt Dortmund... Das ist gerade das realistischste Szenario für einen Fürther Heimsieg. Wenn dein realistischstes Szenario mit "Dortmund liegt auf Meisterschaftskurs" beginnt, bist du richtig im Arsch...

Wo wir schon bei Dortmund sind: Zum Glück gibt es die. Also zum Glück für Jesse Marsch. So kann er etwas von "Fortschritte, die man gemacht hat" schwadronieren. Obwohl das Spiel praktisch exakt dasselbe war, wie gegen Frankfurt: Man war deutlich überlegen, bewarb sich aber für den Titel "Gomez der Woche". Das sieht alles schön aus, ist aber absurd ineffizient. Wie schon das ganze Jahr lang. Und hinten betreibt man halt, wie bereits erwähnt, regelmäßig Social Distancing. Man kassiert einfach gegen jeden einen Treffer. Selbst gegen Fürth.

Aber Dortmund ist halt ohne Haaland so Scheiße, dass das egal ist. Man gewinnt halt trotzdem und kann so den unangenehmen Fragen aus dem Weg gehen.

Freitag, 5. November 2021

Das kann doch eigentlich nicht so schwierig sein

 Also dass es auch so gar keine Fortschritte gibt, ist schon faszinierend. Dass jetzt selbst die englischen Schiedsrichter auf internationaler Bühne für Lächerlichkeiten Platzverweise erteilen, obwohl sie sich die Szene nochmal angucken. Das ist einfach alles nicht mehr nachvollziehbar. Also vielleicht sind die Schiedsrichter ja selber Teil einer groß angelegten Verschwörung, die den VAR wieder abschaffen will. Eine bessere Erklärung habe ich jedenfalls nicht.

Die Anziehungskraft des Fußballs besteht ja daraus, dass er eigentlich so einfach zu erklären ist: 10 Spieler versuchen den Ball mit dem Fuß in ein markiertes Rechteck zu schießen. Ein Spieler in jeder Mannschaft darf die Hände nutzen, um dies zu verhindern. Das kann man an jedem Strand und auf jeder Wiese reproduzieren. Das komplizierteste ist das Abseits.

Und trotzdem hat man immer wieder Entscheidungen, bei denen man sich einfach nur fragt: warum? Wie kann das passieren? Also Michael Oliver ist ja ein professioneller Schiedsrichter. Und der ist seit 2012 auf der Fifa Liste. Dessen Vater ihm das Pfeifen beigebracht hat. Das ist kein Neuling, der mit der Situation überfordert ist.  Das ist ein erfahrener Veteran, der seit 15 Jahren nichts anderes macht als Spiele zu leiten und solche Zweikämpfe zu bewerten.

Dass ihm dann in Realgeschwindigkeit ein Fehler unterläuft, ist kein Problem. Dass er (Achtung, Ferndiagnose und ohne jemals mit dem Mann gesprochen zu haben...) anscheinend zu Stolz ist diesen Fehler einzusehen und zu revidieren. DAS könnte am Ende das Grundproblem des VARs sein.

Nebenbei... passiert das Oliver schon das 2. Mal. Also nicht in seiner Karriere, sondern in diesem Jahr. Also schon beim EM Viertelfinale Spanien - Schweiz war nach dieser Szene der allgemeine Konsens: Sieht in Originalgeschwindigkeit schlimmer aus, als es ist und Rot ist zu hart... sollte er sich nochmal angucken. Tat er aber nicht. Frei nach der Querdenker Logik: Verwirren sie mich nicht mit ihren Fakten und Bildern, mein Bauchgefühl sagt mir, dass Rot richtig ist. Und obwohl mir die Bilder gerade im Fall Mats Hummels etwas anderes sagen, bleibe ich bei meinem Bauchgefühl. Das hat mich noch nie getäuscht.

Das wirklich enttäuschende am VAR ist ja, dass sich die eigentliche Hoffnung nicht erfüllt. Also weil die Schiedsrichter anscheinend zu stolz sind dieses Hilfsmittel zu nutzen, bleiben all die Krankheiten, die eigentlich keiner sehen will, bestehen. 

Meine ganz große Hoffnung war ja sogar, dass Stürmer, wenn sie gefoult werden, trotzdem den Abschluss suchen, weil der VAR ja auch eingreift, wenn man getreten wird, aber nicht theatralisch fällt. DAS ist das Ziel, welches wir eigentlich erreichen müssen: Dass der Spieler, der trotzdem den Abschluss sucht, nicht der Dumme ist. Aber das wird nie passieren, deswegen fällt man halt lieber.

Aber wenigstens das Aufhalten der "Neymar"-irsierung des Fußballs... Also selbst die Fans dieses an sich großartigen Fußballers werden nach dem 4. Bier zugeben, dass dessen übertriebenen und patentierten Einlagen übertrieben sind und dass die keiner sehen will. Und selbst diejenigen, die darauf verweisen, dass ihm regelmäßig die Beine gebrochen werden, müssen zugeben, dass man deswegen die Schauspieleinlagen nicht ins Lächerliche ziehen muss. 

Jetzt muss sich Neymar-Schüler Antony vorwerfen lassen, dass er zwar ein großartiger Fußballer, aber kein richtiger Sportler ist. Dabei ist der halt Vollprofi und versucht alles, um seiner Mannschaft einen Vorteil zu erarbeiten. Das macht man als Profi so. Und natürlich nutzt man dann als Sportler die vorhandenen Regeln zu seinem Vorteil aus. Das macht Hummels ja auch nicht anders. Also klar, schon anders, er nutzt die Grenzen des "Ist eigentlich verboten, wird aber selten gepfiffen" Prinzips aus. Antony kommt dagegen von der "Wird nur gepfiffen, wenn ich da mehr draus mache" Schule. Die Idee ist jeweils dieselbe: Man nutzt die Lücken des Regelwerkes für sich aus.

Und Antony hatte damit ja Erfolg. Er hat also alles richtig gemacht. Nur von der hohen moralischen Position her nicht. Aber wenn es um die Millionenprämien in der Champions League geht, sind diese Ansprüche doch egal. Wir müssen also nicht auf Antony rumhacken und dessen Handeln hinterfragen.

Wir müssen uns fragen, warum wir diese hässliche Kultur so gepflegt und gehegt haben. Und ob man das Regelwerk nicht ändern könnte, um dies zu ändern. Also in einer idealen Welt geht Oliver als Schiedsrichter zu Antony und macht ihm eindeutig klar, dass solche Schauspieleinlagen Scheiße sind. Idealerweise schreibt man noch ins Regelwerk explizit, dass solche Aktionen auch mit Verwarnung zu ahnden sind. Dann kann Oliver ihm direkt den gelben Karton für seine Unsportlichkeit unter die Nase reiben. Und nur wenn das regelmäßig passiert, wird sich was auf dem Feld ändern. Denn nur dann hat auch der Trainer einen Anreiz den Spielern diese Angewohnheiten auszutreiben.

Aber da setzt ja der nächste Instinkt ein: Wir wollen das nicht. Wir wollen, dass die Starspieler sich diese Einlagen abgewöhnen, ohne dass es Konsequenzen für sie gibt. Denn vor nichts haben wir ja so viel Angst, wie eine Sperre von Neymar in einem Champions League Halbfinale oder im Endspiel. Auf gar keinen Fall wollen wir, dass diese Superstars das Highlight des Jahres verpassen könnten... egal wie unsportlich sie sich auf dem Weg dahin präsentiert haben.

Da akzeptieren wir es eher, dass die Spiele davor durch Unsportlichkeiten und provozierte Platzverweise entschieden werden. Und selbst, wenn es das gewünschte Ziel nicht gibt, hat man ja nichts verloren. Man spielt dieses Spiel ja als Angreifer ohne jeglichen Einsatz. Das einzige Risiko trägt der Verteidiger.

Von mir aus können wir da auch eine extra Kategorie für einrichten. Also wir lassen erfahrene Veteranen nach dem Spieltag die entsprechenden Szenen analysieren. Nehmen wir Jürgen Kohler und Ulf Kirsten, um wirkliche Instanzen zu nennen. Und dann sagen die beiden "Das war eine völlig übertriebene Einlage, das muss sanktioniert werden!" Wenn ein Spieler das dabei zum dritten Mal in einer Saison erwischt wird, wird er für ein Spiel gesperrt. 

Und nur um mal den Blick über den großen Teich zu werfen: In der NBA wurde gerade eine der beschissenen Regeln abgeschafft. Eine Regel, die dazu geführt hat, dass einzelne Spieler 10 Mal pro Spiel an die Freiwurflinie gegangen sind. Die Fans wollten dies aber einfach nicht mehr sehen und haben sich so lange beschwert, bis es bei den Regelhütern ankam. Jetzt beschweren sich die Spieler ein wenig, werden sich aber umstellen. Und die Fans reagieren mit einem kollektiven "endlich!".

Aber still und heimlich wollen wir ja genau den Fußball sehen. Deswegen regen wir uns nicht auf. Oder wir wollen unbedingt Sport sehen, der uns aufregt, eines von beidem. Am Ende kriegen wir das Spiel, das wir verdienen...

Montag, 1. November 2021

Worst of des "Endlich mal wieder eine VAR Debtatte" Wochenendes

 Das Schöne daran ist ja: Die kommen mit so schön viele Nuancen, weil sie halt immer nur unsachlich geführt wurde. Und jeder alles immer nur zu seinem Vorteil auslegt, anstatt mal das große Bild im Blick zu behalten. Deswegen gibt es nach 3 Jahren immer noch neue... Ansätze.

Dieses Mal geht der Titel Vollidiot der Woche an Oliver Glasner, der wirklich darüber philosophierte, warum der VAR bei der Ecke nicht eingegriffen hat, wenn hinterher aus der Ecke doch ein Tor fällt. Das ist doch auch irgendwie unfair. 

Also ganz ehrlich: Das Tor fällt nicht, weil der VAR nicht eingreift. Das Tor fällt, weil Tuta und Almany Toure ihre entscheidenden Zweikämpfe im Strafraum gegen Wili Orban und Yussuf Poulsen. Ausschließlich deswegen liegt Eintracht Frankfurt hinten. Wer die Schuld daran, dass sich seine Spieler in solchen Momenten nicht durchsetzen können, beim Schiedsrichter sucht, wird seine Mannschaft nie voranbringen. Und gerade Toure gegen Poulsen sieht ja wirklich finster aus.

Ganz ehrlich, als Bruno Hübner sollte man darüber nachdenken, ob man Glasner für solche Aussagen nicht entlässt. Also zumindest würde ich den mal in mein Büro bestellen und fragen, ob die interne Aufarbeitung des Gegentreffers auch so ausfällt. Und wenn er dann "Ja, klar, wir haben da auch nur über den VAR diskutiert", würde ich ihm die Entlassungspapiere überreichen.

Und hier ist das faszinierende: Jesse Marsch zeigt doch, wie es geht. Der jammert nicht darüber, dass der VAR eigentlich beim 1:1 eingreifen MUSS. Also um mal die beiden Szenen zu vergleichen: Bei der Eckball Entscheidung hat Frankfurt hinterher noch 8 Mann, die das Tor selber verhindern können, weil sie ja die Standardsituation konsequent verteidigen können. Währenddessen wird beim Ausgleich mit Willi Orban der letzte Verteidiger, der noch eingreifen kann, umgeschubst. Damit steht dem Treffer nur noch der Torwart im Weg. DAS ist der Moment, in dem man sich über den VAR beschweren kann. Und Jesse Marsch... verweist darauf, dass man 6 Tore hätte schießen müssen... Dass sich Emil Forsberg lieber für den Titel "Gomez der Woche" bewirbt, anstatt den Deckel draufzumachen. Und zumindest im Sportschau Zusammenschnitt erwähnt er den Schiedsrichter gar nicht. Denn er kommt aus der "Wenn wir unseren Job richtig machen, ist der Fehler des Schiedsrichters am Ende egal" Haltung. Er macht sich lieber über die Dinge Gedanken, die er auch beeinflussen kann.

Wenn Glasner Anstand hätte, würde er selber darauf verweisen, dass man beim 1:1 ja auch Glück hatte... und beim Gegentor den Fokus darauf legen, dass man mit der Fehlentscheidung des Schiedsrichters leben und sich auf die nächste Szene konzentrieren muss, dann passiert da gar nichts und niemand redet über den Eckball. Aber das ist wieder das Grundproblem am Fußball: Selbst die Trainer, die ja am ehesten in der Lage sein sollten, die Lage sachlich zu analysieren, sehen immer nur die Momente, in denen der VAR gegen sie ausgelegt werden könnte. 

Aber es hat wie immer kein Journalist den Arsch in der Hose mit einem "Sie können doch aber nicht wirklich wollen, dass wir jeden Eckball überprüfen, oder?" und einem "Man kann auch einfach einen der Zweikämpfe gewinnen, sollten sie sich nicht lieber darauf konzentrieren" zu kontern...

Florian Kohfeldt ist zurück! Der Rest der Liga atmet durch, weil die Wolfsburger herauskriegen wollen, ob der Scheiß in Bremen nun an ihm oder an Frank Baumann lag... Spoiler: Es lag an beiden. Die gute Nachricht für Kohfeldt: Er wird erstmal einen richtig heftigen Dead Coach Bounce erleben. Einfach nur, weil er nicht Mark van Bommel ist. Schließlich ist es echt nicht schwierig mehr aus diesem Kader herauszuholen, als dies van Bommel gelungen ist. Und der Niederländer scheint ja auch die Kabine recht schnell verloren zu haben. Also in Rekordzeit. Der letzte Trainer, der so schnell eingebrochen ist, war Peter Bosz bei Borussia Dortmund. Für Kohfeldt ist dies perfekt, er kann jetzt nachweisen, dass er tatsächlich was aus der Geschichte in Bremen gelernt hat. Und die gute Nachricht für Wolfsburg: Selbst wenn Kohfeldt doch ein richtig schlechter Trainer ist, wird man nicht absteigen...

Schließlich gibt es Fürth und Bielefeld. 2 Mannschaften, die gerade echt alles versuchen um sich gegenseitig zu unterbieten. Für Fürth kann es doch eigentlich nur noch darum gehen, wenigstens noch einen Heimsieg einzufahren, damit man diese historische Serie endlich beendet. Und Bielefeld hat echt noch weniger Tore erzielt, als die Fürther. Und dafür muss man nicht mal die 3 Eigentore der Fürther mitzählen. Für den Rest der Liga kann es doch fast nur noch um den Relegationsrang gehen.

Und ja, das haben wir bei den Mainzern letzte Saison auch gesagt. Aber der Unterschied ist halt: Die Mainzer hatten da einen bundesligatauglichen Kader, dessen Probleme durch einen Trainerwechsel gelöst werden konnten. Fürth und Bielefeld könnte nicht mal Jörg Berger retten, denen fehlt es einfach an Qualität. Ich bin ja mal gespannt, wann das auch alle Beteiligten einsehen...