Mittwoch, 30. Juni 2021

Die reimste Poesie

Guckt es euch in Endlosschleife an. Hier mit offiziellem Livekommentar. Hier die Variante vom ZDF. Oder Manu Thieles Analyse. Der Manu blendet sogar als einziger die wirklich relevante Statistik ein. Und hey, ich verlinke euch sogar mal Sportbild, was ich ja sonst nie machen würde. Einfach nur wegen der "Bei dieser Müller-Szene schrie ganz Deutschland auf" Ankündigung.

Ganz Deutschland? Nein. Irgendwo saß ein kleiner und unwichtiger Blogger an einer Bar und dachte ganz entspannt "Ist nur Thomas Müller, der macht den eh nicht." Ich hatte es echt noch nie in meinem Leben, dass ich so ruhig geblieben bin, während um mich herum alle aufgesprungen sind. 

Dass Thomas Müllers EM Karriere mit einer vergebenen Großchance endet, ist halt die reimste Poesie. Und ich muss halt auch zugeben: Ich war nicht überrascht, dass er die Chance vergeben hat, ich war nur überrascht, dass er sich diese Chance überhaupt erarbeitet hat. 

Denn hier ist eine weitere grausame Statistik: Thomas Müller hat bei dieser EM nicht ein Mal aufs Tor geschossen. Ok, ein Mal ein harmloser Abschluss, aber wie sagte Toni Kroos so schön: Abseits ist eben Abseits. Und er stand halt vorher im Abseits.

Das faszinierendste ist ja das Portugal Spiel, in dem Müller irgendwie an allen Toren beteiligt war, aber trotzdem auf keine direkte Torbeteiligung kam. Mittlerweile wissen wir aber halt auch, dass man nicht zwingend Weltklasse ist, wenn man gegen diese Portugiesen gut spielt. Vor allen Dingen bleibt an der Stelle festzuhalten: Ich bin leider schuld. Denn ich bin beim Stand von 0:1 auf ein Dota-Konzert gegangen und kaum gucke ich mal nicht hin, spielt der Typ dann doch ordentlich. Aber selbst da...

Also das Portugal Spiel ist ja das genau genommen das perfekte Szenario für Müller: Wenn der Gegner nur halbherzig verteidigt und die Mitspieler richtig gut aufgelegt sind, dann glänzt auch Müller. Aber wenn die Räume eng werden, den Mitspielern die Aktionen nicht so richtig gelingen und Müller eigentlich vorne wegmarschieren müsste, ist von ihm nichts bis wenig zu sehen. Genauso spielt er bei den Bayern halt seit Jahren. Genauso hat er bei diesem Turnier gespielt.

Wenn die gut bezahlten Experten das geahnt hätten... hätte man vielleicht auch mal erklären können, warum Müller in der Nationalmannschaft seit Jahren "einen Scheißdreck" gespielt hat. Da kann der nebenbei selber auch wenig dafür. Also er hat ja die Position des "Raumdeuters" erfunden. Das ist die Rolle, die er auf dem Platz spielt. Eine Rolle, die er auch richtig gut beherrscht. Das Problem, worüber halt keiner reden will, ist, dass diese Rolle eben nur funktioniert, wenn er einen klassischen Mittelstürmer von gehobener Qualität neben sich hat. Ein Spieler, der durch die Aufmerksamkeit, die er auf sich zieht, die Räume kreiert, in die Müller dann stößt. Und Deutschland hat diesen Mittelstürmer seit dem Rücktritt von Miroslav Klose einfach nicht mehr. Wenig überraschend hat Müller sein letztes starkes Turnier noch an der Seite von Klose gespielt.

Und ja, ich erwarte von Experten, dass sie mir so was vor dem Turnier erklären. Dass sie nicht völlig schockiert reagieren, wenn Müller genau das Turnier spielt, welches sachlich von ihm zu erwarten war. Aber Müller kritisch hinterfragen ist ja keine Option.

Nebenbei zieht das ganze einen taktischen Rattenschwanz nach sich. Also es wurde zumindest in den Kommentarspalten die Frage gestellt, warum Jamal Musiala erst so spät eingewechselt wurde. Der hätte doch von Anfang an spielen müssen. Das Problem ist halt: Dafür hätte Müller auf die Bank gemusst. 

Der eigentlich viel größere "Skandal" ist ja nicht, das Musiala erst in der 90. Minute kam, sondern dass Ilkay Gündogan das komplette Spiel auf der Bank saß. Also nur um das mal festzuhalten: Gündogan war, nach überstandener Corona-Erkrankung, einer DER Schlüsselspieler beim englischen Meister und Champions League Finalisten Manchester City. Einer der ganz wenigen Stammspieler, um die Pep Guardiola seine Strategie aufbaut. Und nach dem Champions League Finale rauschte es durch den Blätterwald, dass Pep sich mal wieder vercoacht hat, weil... er Gündogan auf die 8 oder 6 zurückgezogen hat, anstatt ihm wie vorher auf der 10 alle Freiheiten zu geben. Löw macht genau dasselbe und keiner sagt was.

Aber man konnte ja auch nichts sagen. Denn Gündogan in einem 4-2-3-1 ins Zentrum zu stellen, hätte ja bedeutet, dass man Müller opfern muss. Das ist natürlich keine Option. Da wurden dann lieber Aufstellungen ohne den 2-maligen Spieler des Monats der Premiere League entworfen. 

Das logische Ergebnis: Gündogan kam nie ins Turnier. Aber anstatt sich zu fragen, wie man dies ändert, wurde er einfach auf die Bank verschoben.
Der Deutsche Kader hat halt ein fieses Balance-Problem: Mit Gündogan, Kimmich, Goretzka und Kroos hat man 4 richtig starke zentrale Mittelfeldspieler. Da Müller aber unbedingt spielen musste, bastelte Löw ein 3-4-2-1 in dem für alle 4 nicht gleichzeitig Platz war. In einem 4-2-3-1 mit Kimmich als offensiven Rechtsverteidiger hätte man dies lösen können. Dazu verteilt man Gnabry, Sané, Werner und Havertz auf die restlichen 3 Offensivplätze. Aber keiner der Experten hat diese Idee mal in den Raum geworfen... 

Da zeigt sich dann halt, wie dieses bedingungslose Vertrauen in Müller zu strukturellen Problemen in der Mannschaft führen. Nebenbei habe ich dieses Problem schon im Oktober 2020 genauso dargelegt. Passives Abseits Leser wissen es früher. Aber selbst jetzt nach dem Turnier kriege ich immer nur ein "Wie kannst du Müller kritisieren! Der ist wichtig für die Mannschaft!" entgegen. Die blinde Verehrung dieses Mannes führt auch jetzt noch dazu, dass man dessen Leistungen im Trikot der Nationalmannschaft nicht sachlich einordnen und kritisieren kann.

Und ich kann das ja auch voll nachvollziehen. Müller wäre ja sogar mir sympathisch, wenn er nicht Bayern- und Deutschland-Spieler wäre. Ich erwähne ja auch immer wieder, dass ich allerhöchsten Respekt vor dessen Karriere hat, denn Müller ist etwas übertrieben ausgedrückt der lebende Beweis, dass jeder Kreisklassekicker es zum Weltmeister schaffen könnte, wenn er nur den nötigen Aufwand betreibt. Er hat aus seinen abgesehen von der Spielintelligenz doch überschaubaren fußballerischen Möglichkeiten mehr als das Maximum herausgeholt. Aber er ist halt den einen Schritt langsamer geworden, was in richtig engen Duellen ein Problem ist.

Dienstag, 29. Juni 2021

War das der beste EM Spieltag aller Zeiten?

Oder zumindest der aufregendste? Schwierig, denn ich hatte die gesamte Spielzeit über Sitzung und konnte deswegen weniger sehen.

Aber ich sag das mal so: Ich hatte Pause, als Ricardo Rodriguez seinen Elfmeter verschoss. Und bevor meine Sitzung weiter ging, stand es plötzlich 2:1 für Frankreich... und Karim Benzema hatte still und heimlich eines der überragenden Tore des Jahres geschossen. Dass die Ballmitnahme zum 1:1 war ein absolutes Kunstwerk, welches in dem allgemeinen Trubel untergeht. Vor allem, weil Frankreich halt trotzdem ausgeschieden ist.

Allein in diesen 5 Minuten passierte ungefähr so viel, wie im gesamten Niederlande - Tschechien Spiel in 90 Minuten. Oder mehr als bei Italien - Österreich bis zur Verlängerung. Aber als man dann dachte "Jetzt fahren die das souverän mit 3 Toren Vorsprung nach Hause..." kam die Schweiz zurück und erreichte zunächst die Verlängerung. Und dann, weil wir den Rest ja schon am Vorabend gesehen haben, auch noch das Elfmeterschießen.

Dort wurden dann entgegen den allgemeinen Versager-Trends 9 von 10 Elfmeter versenkt. Bis ausgerechnet Kylian Mbappé als designierter Weltfußballer versagten die Nerven. Was überraschend gut zu seinem doch recht verkorksten Turnier passte.

Dieses Spiel allein hat ja schon Gesprächsstoff für Jahre besorgt. Aber das erste Spiel war genauso bekloppt... oder gut. Der ganze Wahnsinn wurde ja von Pedri und Unai Simon losgetreten. Beide hatten anscheinend verstanden, dass so ein Fußballspiel ja erst richtig beginnt, nachdem ein Tor gefallen ist. Da sie das Potenzial ihrer eigenen Angreifer sehr gut einschätzen konnten und merkten, dass von den Kroaten auch wenig kommt, dachten die sich: Fuck it, wir machen das Fass jetzt selber auf. 

Faszinierender Weise war der einzige Unterschied zum Abendspiel, dass die Spanier ihre Angriffe in der ersten Halbzeit der Verlängerung erfolgreich zum Abschluss brachte, während Sommer das Unentschieden festhielt. Es ist schon absurd, dass diese beiden Ausnahmespiele einen verdammt ähnlichen Verlauf genommen haben.

Aber ihr seid ja nicht hier um das zu lesen, was sonst überall auch steht. Was lernen wir also aus diesen Spielen für "uns"?

Nun ja. Vor 7 Tagen hieß es noch "Eine knappe Niederlage gegen Frankreich? Da hat Deutschland doch gar nicht schlecht ausgesehen"... Andere werden ja noch ganz andere Probleme haben. Jetzt ist genau dieses Deutschland die einzige Mannschaft, die gegen die Franzosen verloren hat. 

Und wenn man dann die "Todesgruppe" im etwas größeren Fokus betrachtet. Also Frankreich und Portugal sind schon ausgeschieden. Frankreich gegen den Gruppendritten der Gruppe D. Deren Gruppenzweite hat den Spaniern alles abverlangt und ist nach Verlängerung weitergekommen. Der Gewinner dieser Gruppe spielt heute Abend gegen Deutschland. Es kann sein, dass wir die "Todesgruppe" im Nachhinein eine ganz andere war. Und dass die Gruppe F "Die Gruppe der großen Enttäuschungen" wird.

Denn aus Englands Perspektive bleibt eines festzuhalten: Wenn sie dieses Deutschland nicht schlagen. In Wembley. Dann können sie hinterher alle weiteren Turnierspiele einfach absagen. Denn Deutschland ist halt so schwach wie seit 2004 nicht mehr. Und die Engländer...

Nun ja, ich überlasse es mal meinem neuen Lieblingsyoutuber das richtig einzuordnen. Und schiebe dann auch direkt das beste reine Fußballlied aller Zeiten hinterher.

Die Engländer haben selber halt auch verdammt viele Probleme. Also vor allem das Talent dafür völlig unnötig auszuscheiden. Weil der Torhüter mal wieder einen durchrutschen lässt. Oder, weil Wayne Rooney unmotiviert vom Platz fliegt. Oder weil man sich doch nur ins Elfmeterschießen rettet und dann darauf setzt, dass das dieses Mal schon anders ausgehen wird. Obwohl man bereits 5 Mal in dieser Lotterie gescheitert ist. England ist halt der 1.FC Nürnberg unter den Nationalmannschaften: Sie sind immer wieder die Doofen. Wenn man dachte "Dümmer können sie sich nicht mehr anstellen"... kommt als nächstes Island.

Und jetzt haben sie halt auch diese ungünstige Bürde, dass die letzte WM überraschend erfolgreich verlief. Also eigentlich ist man noch die Nation, die zwischen 2006 und 2018 kein einziges K.O. Spiel gewinnen konnte. Eigentlich befindet man sich noch in einer strukturellen Umbauphase, wie Deutschland sie von 1998 bis 2006 erlebt hat. Man sieht das Licht am Ende des Tunnels (und dieses Licht sah nur kurzzeitig wie der ICE "Superleague" aus, der einfach alles überfährt...), aber man ist eben noch nicht am Ende. Dank des überraschenden Halbfinaleinzuges glaubt man jetzt trotzdem, dass man weiter ist, als man denkt. Das ist grob vergleichbar mit dem Finaleinzug der Deutschen in 2002, welches auch kein wirklicher Neustart, sondern nur ein auf Losglück basierendes Strohfeuer war. Gerade wenn man bedenkt, dass man auf Kolumbien und Schweden traf, weil man die Gruppe nur als 2. hinter Belgien abschloss. Jetzt hat man die Messlatte aber schon wieder so hoch gelegt, dass ein Ausscheiden gegen Deutschland eine Enttäuschung wäre. Und in Katar oder bei der nächsten EM wäre das auch so. Aber jetzt sind all die wirklichen Hoffnungsträger noch verdammt jung. Und noch spielt Harry Kane mit, der weiterhin auf seinen ersten Titel und sein erstes EM Tor wartet.

Und ja, es wird das Duell der Supergiganten: Kane vs Thomas Müller. Zusammen kommen sie auf 21 Spiele und 0 Tore und 1 Vorlage. Das sind Statistiken, die auch einfach nicht mehr nachvollziehbar sind. Dabei versuche ich seit Turnierbeginn echt ein Müller-Tor herbeizureden... denn die Gastronomen, die am meisten unter dieser verfickten Pandemie zu leiden hatten, hätten es schon verdient, wenn sich die Deutschen mal so richtig Mühe geben und wirklich inspiriert auftreten. Und ein Müller Tor würde genau das repräsentieren. Andererseits muss man bei diesem Duell auch festhalten: Das geht den englischen Gastronomen ja ganz genauso. Also eine nationale Kneipenszene wird heute Abend um 8 kollektiv jubeln, sich den Rest des Turnierbaums angucken und Pläne fürs Finale machen... während sie die Umsatzzahlen nach oben schießen sehen. Während die anderen kollektiv "Warum wir?" fragen werden.

Nebenbei sollte Jogi Löw echt darüber nachdenken, ob er nicht sein Gehalt der letzten 4 Jahre an Gastronomen spenden sollte, wenn er das schon wieder verkackt und frühzeitig ausscheidet. Also um all die ausbleibenden Einnahmen wegen seiner Fehlleistungen irgendwie zu kompensieren.

Meine deprimierende Diagnose: Gareth Southgate agiert, obwohl er es eigentlich besser wissen müsste, viel zu zögerlich, bringt Sancho und Bellingham erst in der 115. Minute. Und im Elfmeterschießen läuft es dann so wie immer. And the fastest way out of Wembley? Still the Southgate!

An der Stelle muss man auch mal festhalten: Wenn England weiterhin so zögerlich (oder gut organisiert und strukturiert) auftritt und dann im Elfmeterschießen ausscheidet, ist das kein Pech, sondern reine Eigenverantwortung. England hat die Spieler um diese anfällige Verteidigung zu verwunden. Sie müssen das vorhandene Potenzial nur mal von der Leine lassen...

Montag, 28. Juni 2021

Sensationelle Erkenntnis: Fußball ist spannender

Wenn man beim Stand von 0:1 nicht auf "Ergebnis halten" spielen kann. Oder einfach nur sagen kann "Unentschieden reicht uns!" 

Diese beiden Faktoren haben ja die Vorrunde ruiniert. Es hatte eigentlich selten jemand nach der 60. Minute noch wirklich einen Anlass um ernsthafte Angriffsbemühungen zu starten. Und gerade nach einer derart anstrengenden Saison heißt es halt: Warum mehr machen als nötig? Das ist nicht mal ein Vorwurf an die Spieler, die können nichts dafür, dass der Modus so beschissen ist.

Dennoch war es wirklich erfrischend zu sehen, wie verzweifelt sich die Portugiesen sich gegen das drohende Ausscheiden gestemmt haben. Gut, sie hätten damit ein wenig früher anfangen können, aber besser spät, als nie.

Vor allem wäre es halt auch schön, wenn das 1:0 wenigstens aus einer gewissen Konsequenz fallen würde. Also ernsthaft: Wenn ihr das 1:0 der Dänen mit dem Siegtreffer der Belgier vergleicht, ist das exakt dieselbe Aktion: Eine halbherzig vorgetragene Kombination über die linke Seite, ein kurzer Haken und dann schießt man einfach mal aufs Tor. Mit der naiven Hoffnung, dass da schon was passieren wird. Vor allem hatte der Angreifer auch keine anderen Optionen als "Draufhalten und Beten"... Konsequent heraus gespielte Tore sehen irgendwie anders aus. Vor allem war selbst dieser Abschluss ja auch nicht das Ergebnis einer Druckphase. Der einzige Abschluss der Belgier vor dem Tor war... exakt dieselbe Aktion nur auf der rechten Seite. Meuniers Schuss sah noch kunstvoller aus, weil er den Außenriss genutzt hat. Bei dem Versuch hätte sich der durchschnittliche Kreisklassekicker den Fuß gebrochen.

Aber es wäre halt mal wirklich schön, dass das 1:0 nicht durch eine beherzte Einzelaktion fällt, sondern als Ergebnis einer Druckphase. Doch derzeit sieht es so aus, dass keine Mannschaft mehr als 5 Minuten am Stück nach vorne spielen kann oder will. Danach gibt man erst Mal den Ball ab und holt Luft.

Der Unterschied zwischen den Belgiern und den Dänen war dann natürlich, dass Wales als Gegner der Skandinavier komplett auseinandergebrochen ist, währen Portugal sich gewehrt hat. 

Wobei man da den Walisern fast schon wieder ein Lob aussprechen muss: Auseinanderzubrechen war wenigstens eine Reaktion. Bei den Niederländern blieb diese komplett aus. Die hatten halt den dummen Fehler begangen, ihre einzige gute und konsequente Aktion nicht erfolgreich abzuschließen. Im Gegensatz zu den Belgiern war das sogar mal ein Angriff, der mit hoher Geschwindigkeit und zielgerichtet vorgetragen wurde, aber Donyel Malen dachte sich: Dann doch lieber Urlaub...

Es war aber echt faszinierend, wie das Spiel nach dem auf wirklich dummen Platzverweis gekippt ist. Also die Tschechen waren ja am Ende die Mannschaft, bei denen das 1:0 als logische Konsequenz der letzten Minuten gefallen ist. Wo man sich als neutraler Zuschauer nach der 55. Minute nur noch fragte "Wann" und nicht "Ob" das Tor fällt.

Nebenbei... war die Erklärung vom ARD Experten Lutz Wagner auch wieder verwirrend: Da kann man Platzverweis geben, deswegen ist der Eingriff des VARs richtig. Ähm... ok. Also klar, das ist ein ehemaliger deutscher Schiedsrichter. Aber sollte der VAR nicht nur bei klaren Fehlentscheidungen eingreifen? Also nicht beim "Kann man" sondern "muss man" geben? Und klar, das eigentliche Problem ist, dass die restlichen Holländer Matthijs de Ligt alleine lassen. Wenn die anderen Verteidiger sich in die Position bringen ihrem Kameraden zu helfen, gibt es für das Handspiel nur Gelb. Aber nach Wagners erster Erklärung war das Eingreifen des VARs eben doch falsch, weil es eben keine klare Fehlentscheidung war.

Also um noch mal zu meiner persönlichen Schlüsselszene zu kommen: Ich bin mir nach wie vor sicher, dass der Schiedsrichter bei Mats Hummels "herausragender Grätsche" auf Elfmeter entscheidet, wenn er sich das nochmal genau anguckt. Aber ich sehe auch ein, dass die Berührung so gering war, dass man den nur "durchaus geben kann" und nicht "zwingend geben muss". Deswegen sehe ich sogar ein, dass der VAR da nicht eingreift. Aber jetzt bei den Niederländern wird es doch wieder anders gehandhabt. Es interessiert hier halt nur keinen, weil es ja nur die dummen Holländer geht, und wenn's um Fußball geht, hass ich Holland wie die Pest

Aber nur um mal nachzuweisen, dass der VAR bei der EM nur besser funktioniert, weil er "uns" bisher bevorteilt hat und diejenigen, die unter ihm gelitten haben, uns egal sind: Wenn ein Deutscher Spieler diesen Platzverweis nach VAR Eingriff bekommt, diskutieren wir noch im Januar darüber, dass man da ja nicht hätte eingreifen dürfen...

Bleiben noch... die Italiener und ihre tolle Serie. Die jetzt zum Glück endlich vorbei ist. Also ich ging ja davon aus, dass die Italiener doch ganz plötzlich scheitern werden, wenn sie das erste Mal auf Widerstand treffen. Aber das haben sie jetzt gegen die Österreicher früher erlebt, als erwartet. Und sie haben es bestanden. Aber diese Torlos-Serie... ist zum Glück endlich vorbei. Aber immer, wenn solche Serien hochgejubelt werden, denke ich mir: Die muss man doch mal in Perspektive setzen. Denn das Mannschaft X vor einem Turnier seit Monaten ungeschlagen ist, war früher (also bevor Jogi Löw reihenweise Testspiele verloren hat) nichts Ungewöhnliches. Man trifft halt direkt vor einem Turnier nur selten auf die ganz großen Gegner, da man denen ja auch keine Geheimnisse verraten will. Und man sucht sich Gegner, die die Konkurrenz aus der Gruppenphase simulieren kann. Dazu spielt man in diesem Fall noch die Qualifikation fürs nächste Turnier, wo man, wenn man nicht Löw heißt, auch keine Niederlagen einsammelt.

Lange Rede, kurzer Sinn: Die einzige Mannschaft, die nicht mit einer fetten Serie ohne Niederlage zum Turnier fährt, sind die Deutschen. Und bei den Italienern ist sie ein wenig länger... und kommt halt mit einem neuen Rekord: 1000 Minuten ohne Gegentor! Boah!

Aber auch hier muss man genauer hingucken: Die einzige "gute Angreifer" auf den die Italiener während dieser Serie getroffen sind, war Robert Lewandowksi. Beim Nations League Spiel gegen die Polen. Dazu kam ein Testspiel gegen die Tschechen, die Patrick Schick zur Halbzeit eingewechselt haben. Man muss dabei zwingend erwähnen, dass das noch nicht der "4 Tore bei einem Turnier? Geil, verkauft den für 75 Millionen" Stürmer war. Sondern eher der "Warum hält Peter Bosz an dem fest und lässt nicht Alario spielen?" Schick.

Natürlich wirkt es auf den ersten Blick super beeindruckend, wenn man seit dem 14.10.2020 ohne Gegentor ist. Aber wenn man dann feststellt, dass die Gegner San Marino oder Bulgarien hießen und nicht Frankreich oder Spanien.

Andererseits... haben wir Deutschen es Jogi sei Dank auch vergessen, wie es ist, wenn man 2 Spiele in Folge ohne Gegentor bleibt. Da kann man dann als Reporter natürlich auch hysterisch werden, wenn man so was sieht...

Samstag, 26. Juni 2021

Was mich in meiner Entscheidung den Kicker abzuschaffen bestärkt

 Anscheinend liest den ja auch sonst niemand mehr. Also nicht mal die eigenen Redakteure.

Natürlich ist der Anlass eher eine lustige Kleinigkeit. Und er weist nach, dass ich immer noch auf Kicker.de unterwegs bin... aber die "Baumgartner präsentiert sich der Premiere League" Schlagzeile ist schon absurd. Das ist investigativer Journalismus! Da wäre sonst nie jemand drauf gekommen. Jetzt, wo die Österreicher in Wembley spielen, gucken die englischen Scouts auch hin. Und nur in diesem Spiel wird sich entscheiden, ob Baumgartner und Co. ins gelobte Land wechseln werden. Das hätten wir ohne den Kicker nie rausgefunden.

Aber jetzt mal ernsthaft. Also auf allen Ebenen. Diese Europameisterschaft ist doch sowieso ein Vorspielen für die Premiere League. Denn zum einen ist da bekannter Weise das meiste Geld zu verdienen. Da will halt logischerweise jeder hin, da man bei einem Abstiegskandidaten mehr verdient, als bei einem Europa League Anwärter in der Bundesliga. Siehe Haller, Sébastien, wenn man konkrete Beispiele braucht.

Dazu wage ich mal ganz dreist zu behaupten, dass die Scouts der Premiere League Sky Abos besitzen. Und/oder piratebay kennen. Die werden jetzt ja nicht "nur wegen der Pandemie" ihre Arbeit eingestellt haben, sondern sind aufs Homeoffice umgestiegen. Hey, vielleicht kriegt man jetzt sogar raus, dass es einem gar nicht soo viel bringt, Scouts durch die Welt fliegen zu lassen, wenn man sich die Spiele auch von der Couch aus ansehen kann. Auch wenn es, da immer noch keine Totale angeboten wird, schwieriger sein dürfte, einzelne Spieler dauerhaft im Bild zu behalten. Also, wenn es um das taktische Verhalten im Mannschaftsverbund geht. Wobei ich mich ja als nächste Frage, ob Scouts wirklich ihre Empfehlung abgeben, weil Verteidiger X sich in der Minute 33. jenseits des Spielgeschehens wunderbar verschoben hat. Da dürfte es doch eher um Kopfbälle, Zweikämpfe und Spieleröffnungen gehen. Aber ich bin halt auch kein Scout.

Jedenfalls ist absolut davon auszugehen, dass die Spieler der EM sowieso und in jedem Moment von entsprechenden Experten beobachtet werden. Und diese kommen praktisch gesehen dieses Jahr nur aus England und Paris als Sonderfall.

Also wenn man sich die Berichtserstattung der letzten Monate so angeguckt hat, ist doch klar, dass alle Vereine dank der Pandemie gerade pleite sind. Also selbst die Bayern geben bekannt, dass sie erstmal auf größere Transfers verzichten müssen. Natürlich, nachdem sie über 40 Millionen für Upamecano ausgegeben haben... Das "Wir können gerade auch keine 100 Millionen Transfers stemmen" ist nebenbei eine richtig schlechte Nachricht für die Bayern. Denn Robert Lewandowski wird in diesem Sommer 33 Jahre alt. Auch wenn Oliver Kahn sich einreden will, dass er "dieses Niveau noch einige Jahre halten" kann", so ist das sachlich eher unwahrscheinlich. 

Also selbst der Demigott Lionel Messi ist still und heimlich ein wenig schlechter geworden, weil er halt alt ist. Das fällt (wie bei Thomas Müller in der spanischen Liga kaum auf. Aber es ist verdammt lange her, dass Messi ein Champions League Halbfinale entschieden hat, was er früher gekonnt hat. Oder um es konkret zu machen: Zwar hat Messi 26 Tore im Superclassico gegen Real Madrid erzielt, aber die letzten Treffer stammen halt aus dem Jahr 2018. Um mal wieder den Zyniker herauszulassen: Das wird Robert Lewandowski eher früher als später genau so passieren: Also dass er in der Liga weiterhin munter 30+x Tore erzielt, man aber irgendwie trotzdem jedes Jahr in der Champiosn League "frühzeitig" scheitert. Und um Lewandowski zu ersetzen, müsste man halt 100 Millionen+x ausgeben. Das steht spätestens im Sommer 2023 an.

Anyhow, zurück zum eigentlichen: Die Premiere League ist dieses Jahr noch mehr als sonst der einzige Markt, der sich Einkäufe leisten kann. Der Schmetterling-schlag, der den Wirbelsturm Transfermarkt auslöst, wird mehr noch als sonst aus England kommen. Es ist realistisch gesehen der einzige Markt, auf dem sich Baumgartner und all die anderen Spieler auf seinem Niveau anbieten kann. Als praktisches Beispiel: Wenn Manchester United sich bereit erklärt eine angemessene Ablöse für Jadon Sancho zu bezahlen, dann könnte die Borussia darüber nachdenken, ob Baumgartner ihnen hilft oder nicht. Bis man mit dem Geld der Engländer allerdings rechnen kann, muss man sich selber bedeckt halten. 

Baumgartner spielt also nicht mehr oder weniger für die Premiere League vor, als alle andere Spieler bei diesem Turnier.

Natürlich ist mir auch bewusst, worum es dem Kicker eigentlich geht. Aber da hätte man auch ein "Baumgartner freut sich auf Pflichtspiel in Wembley" schreiben können...

Donnerstag, 24. Juni 2021

Worst of der Gruppenphase

 Und natürlich gleich das Allerbeste vorneweg: die Dänen. Verdammt, diese Dänen. Sein wir kurz ehrlich: Für die wirklichen Gänsehautmomente haben die Dänen gesorgt. Im tragischen, wie im positivsten Sinne. Wie die nach dem fragwürdigen Elfmeter gesagt haben: jetzt erst Recht! Wir holen uns das Achtelfinale mit einer überzeugenden Leistung.

Es hat auch noch nie eine Mannschaft gegeben, die so überzeugend aufgetreten ist und trotzdem nur 3 Punkte gesammelt hat. Gegen Finnland waren sie schon die klar bessere Mannschaft. Und sein wir ganz ehrlich: ohne den tragischen Vorfall verlieren sie das Spiel höchstwahrscheinlich nicht. Man kann natürlich im Fußball nie "nie" sagen, aber es war schon dicht dran an "auf keinen Fall".

Dann gab es eine absolut beeindruckende Reaktion gegen den Titelfavoriten aus Belgien. Die Belgier dachten sich wahrscheinlich, dass bis zur 10. Minute nichts passieren wird, die Dänen hatten andere Ideen. Nur fehlte es halt an letzter Konsequenz vor dem Tor. Aber als sie beim Stand von 1:2 den Ball an die Latte köpften, dachte doch selbst Courtois: Hoffentlich geht der rein, uns tut das nicht weh, die hätten sich das verdient.

Und wie man dann trotz VAR aus Moskau (das ist zumindest die logische Erklärung, warum diese Entscheidung nicht korrigiert wurde) auf den Elfmeter reagierte. Simon Kjaer ist als Kopf dieser Mannschaft jetzt schon der Spieler des Turniers. Und wer in diesem Turnier gegen Dänemark wettet, ist ein schlechter Mensch.

Aber danach fangen halt auch schon die großen Probleme an. Denn abgesehen von Dänemark waren die emotionalen Momente... das Aufbäumen der Polen und der verzweifelte Widerstand der Ungarn. Die restlichen Spiele waren mehr aus der Kategorie "Wir verteidigen lieber das 0:1 und hoffen auf die anderen Ergebnisse" als ein "wir wehren uns mit allem, was wir haben." Obwohl ich es ein wenig Schade finde, dass Ukraine - Österreich nicht "Die Schande von Gijon 2.0" geworden ist... also, dass beide Mannschaften sagen "Bei einem 0:0 sind wir sicher weiter, lasst uns nichts riskieren" und den Ball in der eigenen Hälfte ohne jeglichen Druck hin und her spielen. 

Aber nur um mal festzuhalten, wie schlimm es ist: Die Tschechen haben beim Stand von 0:1 als Gruppendritter ihren einzigen guten Angreifer Patrik Schick ausgewechselt... weil sie den fürs Achtelfinale schonen wollten. Die 2. Halbzeit hätte so großartig werden können, wenn die Tschechen gemusst hätten. Aber so hatten wir Glück, dass nicht alle Spiele so aussahen, wie die 2. Halbzeit in Wembley... Was halt nur daran liegt, dass der Modus absolute Scheiße ist.

Nur um das mal festzuhalten: Mit Nordmazedonien, Finnland, der Slowakai und Schottland habe ich 4 von 8 ausscheidenden Mannschaften richtig vorhergesagt. Oder anders ausgedrückt (das wäre nur umständlicher gewesen): 12 von 16 Achtelfinalteinnehmer hätte ich richtig getippt. Die Ukraine war halt wirklich besser als erwartet. Gerade offensiv. Dass die 4 Tore erzielen würden, habe ich nicht kommen sehen. Die Tschechen haben halt davon profitiert, dass die Kroaten gegen sie gar keinen Bock hatten. Nebenbei hat Kroatien mit ihrem begeisterten Schlussspurt dafür gesorgt, dass sie den Schweden aus dem Weg gehen.

Hier stehen wir jetzt vor der entscheidenden Frage: Konnten die alle nicht mehr, oder wollten sie aufgrund des Modus nicht? Also England - Deutschland ist ja praktisch das Duell der größten Turnierenttäuschungen. Beide Mannschaften blieben weit hinter ihren Erwartungen zurück. Und mit Harry Kane und Thomas Müller treffen die personifizierten Offensiv-Enttäuschungen aufeinander. Fun Fact: In der 80. Minute gegen Ungarn kam es das erste Mal zur Sprache, dass Müller noch ohne EM Tor ist... Also bei den bezahlten Experten von ZDF... Immerhin. Besser spät, als nie.

England ist hauptsächlich deswegen Gruppensiege geworden, weil Kroatien 2 1/2 Spiele lang noch schlechter war. Aber die Kroaten können wenigstens behaupten, dass sie den Schalter spät umgelegt haben... aber sie haben ihn umgelegt. So heftig, dass sie als Dank dafür gegen die Spanier antreten dürfen... Der eigene Beitrag der Engländer zum Gruppensieg war eher minimalistisch.

Aber da geht es ja nicht nur den Engländern und den Deutschen so: Auch Frankreich machte nicht mehr, als unbedingt nötig. Portugal kommt zum 2. Mal in Folge als Gruppendritter weiter. Wie ich vorher angekündigt habe, reichte ein Sieg gegen Ungarn. Die einzige Überraschung in dieser Gruppe war, dass die Ungarn so kurz vorm Weiterkommen standen. Und bei allem Respekt vor der couragierten Leistung der Ungarn: Das lag am Ende auch an den sehr uninspirierten Leistungen der Favoriten. 

Jetzt reden sich natürlich alle ein, dass es "keine Kleinen" mehr gibt, dabei muss es mehr Kleine bei einer EM geben, wenn das Teilnehmerfeld erweitert wird. Und wenn man sich dann die Überlegenheit der Spanier gegen die Slowakei anguckt, dann wird einem eben doch bewusst, dass es einen Klassenunterschied gibt, wenn die "Großen" das Gaspedal finden. Aber Jogi Löw und dessen Sympathisanten wollen halt nicht zugeben, dass sie einfach nicht gut waren. Also gibt es keine Kleinen mehr.

Wenn man es mal ganz genau nimmt... Theoretisch sollten die Leistungszentren und die Millionen Euro, die in die Talentförderung von Kinderbeinen gesteckt wird, doch dazu führen, dass der Abstand zu den Ungarn größer geworden ist. Ein ungarisches Talent hat doch gar nicht dieselben Möglichkeiten und Chancen wie ein deutsches. Die Frage, warum wir diesen Talentvorsprung nicht auf den Rasen bringen... muss Jogi Löw halt nicht beantworten, wenn er einfach behauptet, dass es keine Kleinen mehr gibt, weil die sich mittlerweile mit 8 Mann vorm eigenen Strafraum vergraben. Ist ja auch bekannt, dass die kleinen Nationen früher immer mit 3 Angreifern angetreten sind.

Egal, kommen wir zum größten Gewinner der Vorrunde: die UEFA und ihre Anti-Diskriminierung-Kampagne. Ganz ehrlich, ich verstehe gar nicht, warum die von allen so kritisiert werden. Zunächst mal haben sie die ganze Debatte überhaupt losgetreten, indem sie Manuel Neuers Binde untersucht haben. Das war quasi ein "Antiuntersuchungsausschuss"... denn in Deutschland werden in Untersuchungsausschüssen ja normalerweise Dinge vergraben. Aber seid mal ehrlich: Ohne diese Reaktion der UEFA wäre Neuers Protestaktion doch vollkommen untergegangen. Kaum einer hat es überhaupt mitbekommen, weil wir ja alle mit den Frisuren beschäftigt waren. Die UEFA hat die Debatte also selber losgetreten.

Und dann haben sie auch noch bereitwillig (und natürlich unterstützt von Dr. Koch) die Rolle des Bösewichts übernommen und damit nochmal richtig Öl ins Feuer gegossen. Wenn sie einfach nur "Ja, macht doch, ist uns egal" geantwortet hätte, wäre wirklich nur die Allianz Arena in Regenbogenfarben angestrahlt worden. Durch das "nein" konnte auf einmal das ganze Internet im Namen einer guten Sache ihren Hass gegen die UEFA herauslassen. Überlegt einfach mal, wie viele eurer Facebook Freunde, denen das ungarische Gesetz letzte Woche vollkommen egal war, sich jetzt solidarisch mit den Homosexuellen zeigen. Nicht, weil sich an ihrer Haltung gegenüber Schwulen irgendwas geändert hätte, sondern weil man mit dieser Haltung plötzlich gegen die UEFA sein kann. So muss man eine Debatte erstmal managen.

Als Kirsche auf der Sahnetorte musste dann selbst Ursula von der Leyen ihren Job machen und darauf hinweisen, dass Orbans neues Gesetz im Widerspruch zu den europäischen Werten steht. Das hätte sie eigentlich gleich machen können. Aber am Ende musste sie es tun, weil die UEFA Haltung bewahrt hat. Wenn man es schafft, dass Zenursula sich für eine gute Sache äußert, hat man alles richtig gemacht, auch wenn der Weg dahin vielleicht fragwürdig war.

Wenn man jetzt noch darauf hinweist, dass Homosexuelle Männer in Deutschland immer noch kein Blut spenden dürfen... ABER DIE UNGARN!!!!

Sonntag, 20. Juni 2021

Fuck your National Identity Part 2

 Ernsthaft, nachdem ich das ein Mal ausgesprochen habe, wird mir noch viel bewusster, wie schlimm diese Klischees sind. Und das nicht nur, weil England mittlerweile relativ selten Kick and Rush spielen, wir aber auch darüber jedes Mal überrascht sind.

Das ist ja vielleicht noch ertragbar, aber was ich vor dem Deutschland - Portugal Spiel hören durfte... war genau dieser dumme Patriotismus, der dann auch irgendwann zum Problem wird.

Also vor dem Spiel hieß es "Der Schiedsrichter Anthony Taylor ist ein Brite, das ist gut für 'uns', weil die Portugiesen mit ihrer südländischen Mentalität Probleme bekommen könnten, wenn ein körperliches Spiel zugelassen wird." Das war jetzt nicht direkt der Wortlaut und ich weiß auch nicht, wer das gesagt hat, aber diese Aussage ist genau genommen so daneben.

Denn erstens: Die portugiesische Mannschaft besteht aus 8 Premiere League Profis. Dabei sind auch echte Elitekicker wie Bruno Fernandes. Dazu kommen Cristiano Ronaldo, der jahrelang bei Manchester United gespielt hat und Pepe, der als einer der härtesten Verteidiger der Gegenwart gilt und bei dem man sich fragen muss, warum er eigentlich nie in England gespielt hat. DIESE Mannschaft soll Probleme bekommen, wenn es härter zur Sache geht? Ernsthaft?

Auf der anderen Seite kommt ein Großteil der deutschen Mannschaft aus der Bundesliga. Also nur die Schweiz haben noch mehr "Bundesliga-Stars" in ihren Reihen... Und das Problem mit dieser Liga ist: Dort werden halt eher Weicheier herangezogen, weil die Schiedsrichter viel zu kleinlich pfeifen. Auch wenn dieselben Schiedsrichter dann bei internationalen Einsätzen durchaus nachweisen, dass sie großzügigere Linien ansetzen können, aber im Ligaalltag ist das anscheinend nicht gewollt.

Also um es konkret zu machen: Deutschland ist die Liga, in der man sich als 1,90 m Schrank in die Nationalmannschaft "janckern" kann. Es gibt ja Gründe, warum von "internationaler Härte, an die man sich erst Mal gewöhnen muss" geredet wird, wenn deutsche Mannschaften im Europacup unterwegs sind. Oder warum deutsche Spieler, wenn sie zu Chelsea wechseln, erst mal ein halbes Jahr brauchen um klarzukommen. Das konnte man ja gerade ganz praktisch bei Timo Werner und Kai Havertz nachvollziehen.

Warum sollte ausgerechnet diese Mannschaft einen Vorteil haben, wenn der Schiedsrichter mehr laufen lässt? Aber das Klischee besagt halt, dass "wir" richtige Männer schicken und dass die Südländer alles Weicheier sind. Und ja, genau darauf läuft diese Aussage am Ende hinaus. Wir verpacken das nur schöner mit "einer anderen Mentalität"...

Ansonsten muss ich noch zwingend festhalten, dass selbst Raphael Guerrero und Ruben Dias mittlerweile mehr EM Tore für Deutschland erzielt haben, als Thomas Müller. Langsam wird es echt unheimlich...

Freitag, 18. Juni 2021

Fuck your National Identity!

 Wer hat das nochmal gesagt? Angeblich Eric Cantona. Also anscheinend hat der sich mit entsprechendem Merch ablichten lassen... Was mich auch nur zu dem Punkt bringt: Cantona trägt Merchandise von Roter Stern Leipzig... Das ist ein Bezirksligist, der, optimistisch ausgedrückt, sozial engagiert ist. Wie geil ist das denn?

Anyhow, ich wollte ja woanders hin: FUCK YOUR NATIONAL IDENTITY! 

Denn es ist mal wieder so weit. Die gewöhnlichen 2 Jahre sind vergangen. Dieses Mal waren es 3, aber das tut nichts zur Sache. Denn alle 2 Jahre stellen wir völlig entsetzt fest: Die Italiener spielen gar keinen Catenaccio mehr! Die spielen mittlerweile richtig attraktiven Fußball. Wie unfair von denen. Die haben doch sonst IMMER nur gemauert.

Hier ist das faszinierende: Die ursprüngliche Catenaccio Strategie kommt aus den 30er Jahren. Sie wurde in Italien bis in die 70er Jahre hinein praktiziert. Aber selbst das ist 50 Jahre her. Trotzdem wird das Klischee jedes Turnier wieder ausgepackt.

Also nur um das mal festzuhalten: Arigo Sacchi legte die Grundlagen für modernes, offensives Ballbesitzspiel. Er ist quasi der Vater von Pep Guardiola, wenn Johann Cruyff die Mutter ist. Und der war 1994 italienischer Nationaltrainer.

Oh und ein gewisser Marcelo Lippi hat in einem WM-Halbfinale 3 Stürmer eingewechselt, weil er auf keinen Fall ins Elfmeterschießen wollte. Hat auch gut funktioniert. Und jetzt haben sie mit Roberto Mancini einen Trainer, der für begeisternden Offensivfußball steht. Wer da überrascht ist, dass die nicht mehr Mauern... hat sich praktisch seit 100 Jahren nicht mehr mit Fußball beschäftigt. Das ist natürlich auch wieder der Kicker.

Aber dieses Stigma der defensiv denkenden Mannschaft werden sie nicht mehr los. Obwohl es mittlerweile die Franzosen sind, die sich vor dem eigenen Tor verbarrikadieren, auch wenn sie das gar nicht nötig haben. Aber da niemand auf die Idee kommt, dass die Franzosen, bei all ihrem Offensivpotenzial, von sich aus mauern, gehen alle davon aus, dass es eine großartige Leistung war, gegen die 60 % Ballbesitz zu haben. Wie schon erwähnt schafft das selbst Peru

Die Franzosen spielen einen richtigen Assi-Fußball. Da fängt der Torwart in der 30. Minute mit dem Zeitspiel an. Aber weil das unserem Bild von Michel Platini und Zinedine Zidane entspricht, weigern wir uns einfach, das anzuerkennen. Deswegen steht in der Vorschau auch kein "Wird sich zum Titel Mauern, obwohl sie Potenzial für wesentlich mehr hätten... aber der Erfolg gibt Didier Deschamps recht."

Und gerade das Deschamps schon vor 3 Jahren seine technisch hochbegabten Individualisten davon überzeugte, dass der Weg zum Titel über disziplinierte Defensivarbeit gehen wird, ist eine herausragende Trainerleistung. Man sieht das ja an Paul Pogba, der im Nationalteam ein ganz anderer Spieler ist, als bei Manchester United. Die Arbeit, die Deschamps macht, ist schon richtig, richtig gut. Aber man muss halt auch den richtigen Kontext dieser Arbeit darstellen. Macht aber keiner, weil es nicht ins Klischee passt.

Nächstes Beispiel: Die Spanier sollen jahrelang Tikitaka mit falscher 9 gespielt haben. "Wie Barca ohne Messi", weil wir das halt erwarten, wenn eine Mannschaft um Xavi und Iniesta aufgebaut wird. Aber, dass die jahrelang nur mit Ballbesitz verteidigt haben. Dass die eigentlich nicht angegriffen haben, sondern nur den Gegner Müde spielen wollten, um dann irgendwann ein Tor zu erzielen. Erzählt euch natürlich niemand, weil es nicht ins Klischee passt. Also gut, ich habe euch das natürlich erzählt, aber Details.

Wo wir schon dabei sind: Die Holländer haben seit dem Rücktritt von Johann Cruyff häufiger Rumpelfußball um Beert van Marwijk und Mark van Bommel als Voetball Total gespielt. Trotzdem gehen wir vor jedem Turnier davon aus, dass die begeisternden Offensivfußball spielen, nur um wieder enttäuscht zu werden.

Nur um zu beweisen, dass das in alle Richtungen geht: Selbst wir Deutschen gelten ja immer als "Turniermannschaft, die sich reinarbeitet und mit den deutschen Tugenden" überzeugt. Aber die beste Nationalelf aller Zeiten bestand in wesentlichen Teilen aus Beckenbauer, Breitner, Netzer, Heynckes und Müller. Die stehen jetzt nicht für die klassischen deutschen Tugenden. 

Jetzt wird aber gerne behauptet, dass Jogi Löw eine neue Identität geschaffen hat. Dabei hat er doch eigentlich "nur" den Geist der 70er Jahre wiederbelebt. Und das ohne das damalige Niveau wieder zu erreichen oder zu übertreffen. 

Selbst ich rechne es Jogi Löw hoch an, dass er immer der Manager war, der schon beim ersten Spieltag auf Sieg spielte anstatt zu taktieren. Und der auch schon am ersten Spieltag konsequent aufs 2. und 3. Tor ging. Das machen halt nicht viele. Aber er hat die deutsche Nationalmannschaft nach finsteren Jahren, die nichts mit ihm zu tun hatte, wieder dahin geführt, wo sie sonst auch immer war: Er hat den guten Individualisten (Damals Beckenbauer und Netzer, 2014 Özil und Kroos) ein Kollektiv zur Seite gestellt, in dem diese gut funktionieren konnte.

Aber es passt halt nicht in das Klischee, dass "wir" auch schon in den 70ern einige großartige Künstler in der Mannschaft hatten.

Donnerstag, 17. Juni 2021

Ok, das war's dann

 War auch schön, auch wenn unsere Beziehung zuletzt ja schon eher kompliziert. Ich habe dich ja hauptsächlich kritisiert und dich bewusst als ehemaliges Fachmagazin bezeichnet... und habe mich immer wieder gewundert, warum Menschen, die sich offensichtlich nicht wirklich mit Fußball beschäftigen, so häufig im Kicker schreiben dürfen

Aber es gab halt immer die eine Sache, für die es sich doch gelohnt hat. Bevor ich am Montag über die Schiedsrichter-Entscheidungen und das Eingreifen des VARs diskutiert habe, informierte ich mich vorher über die Ansichten des Kickers zu diesem Thema. Und deren Beurteilungen habe ich auch immer vertraut.

Jetzt ist das definitiv auch vorbei. Der Kicker hat heute eindrucksvoll nachgewiesen, dass er auch bei Regelauslegungen einfach nur Scheiße labert.

Also man muss ja nicht zwingend einen Elfmeter gegen sein eigenes Land fordern. Das ist halt immer schwierig. Und ich kann ja auch nachvollziehen, dass das am Ende auch immer Fußballfans sind und es schwieriger ist, die Journalistische Distanz zu wahren. Alles kein Thema.

Aber wenn ein Verteidiger bei einer Grätsche von hinten erst den linken und dann den rechten Fuß berührt, bevor er den Ball spielt... dann muss ich mindestens sagen "Wow, da kann es Elfmeter geben." Selbst durch die Nationenbrille muss man da mindestens eine "klassische 50-50 Szene" sehen.

Unser ehemaliges Fachmagazin dagegen... verschweigt die Szene bei der Analyse des Schiedsrichters komplett. Und in der Einzelkritk von Mats Hummels wird dann ein "Herausragend, wie er das Tempo-Defizit gegen Mbappé mit mutigem Tackling kompensierte." In diesem Moment hat der Kicker einen treuen, aber halt kritischen Leser verloren. 

Wer an der Stelle was anderes schreibt als "Deutschland hatte Glück, dass es da keinen Elfmeter gab", der ist offensichtlich nicht an einer sachlichen Berichtserstattung über das Spiel interessiert. Der soll das dann auch aber so Kennzeichnen und sich als "deutsches Fußball-Propaganda-Blatt" verkaufen. Und wer dafür Geld geben will, der soll dies tun.

Und ja, die Berichtserstattung über Deutschland (oder deutsche Vereinsmannschaften, wenn sie im Europapokal weit kommen) war schon immer kritisch. Aber das ist halt ein völlig neues Niveau. Obwohl, genau genommen ist es gar nicht schlimmer, als damals, als der Kicker damals für seine Manuel-Neuer-Wichsvorlage ausgerechnet das Motiv genommen hat, in dem Neuer den legendären Schlag von Toni Schumacher nachstellte. Das ist halt auch nur so ein "Jetzt reicht es endgültig...", weil es eben kein bedauerlicher Einzelfall ist.

Vor allem, weil ich ja auch die Folgeschäden sehe. Also ich werde mich halt tierisch aufregen, wenn der Kicker dann am Ende das "Aber der VAR hat doch wunderbar funktioniert und in allen kritischen Situationen eingegriffen" bilanziert. Denn machen wir uns nichts vor: Die richtige Anweisung wäre gewesen "Du Schiri, der hat beide Füße touchiert, das solltest du dir nochmal angucken, denn das hast du in Realgeschwindigkeit bestimmt nicht so gesehen." Und wenn der Schiedsrichter dann sagt "Ist mir zu wenig um meine Entscheidung zu revidieren..." Dann ist das eine Entscheidung, die alle Franzosen nicht nachvollziehen können, aber wenigstens hat er es sich nochmal angeguckt...


Das wirklich traurige ist nebenbei: "Der Kicker" ist noch nicht mal der "Vollidiot der Woche". Dieser Titel geht an... Drumroll pls... Das französische Ärzteteam. WHAT THE FLYING FUCK? Wie kann einen Spieler, der 10-15 Sekunden bewusstlos war, einfach weiterspielen lassen? 3 Tage nachdem Christian Eriksen auf dem Platz wiederbelebt werden musste?? DREI TAGE! 

Und als Arzt sollte man die Folgen von Gehirnerschütterungen kennen. Da sollte man wissen, dass ein weiterer leichter Schlag auf dem Kopf (sagen wir mal durch einen Ball, der mehr oder weniger scharf in deine Richtung geschlagen wird) dazu führen kann, dass man dann plötzlich umkippt. Was hatten die französischen Betreuer sich da gedacht? Hey, wir wollen mal allen zeigen, dass wir das genauso gut können, wie der Boesens

Kopfverletzungen sind etwas verdammt gefährliches. Etwas, worüber man im Fußball viel, viel mehr aufklären müsste. Mit einer potenziellen Gehirnerschütterung einfach weiterzuspielen ist echt das Dümmste, was man als Arzt machen lassen kann. Und die Franzosen haben gerade mal wieder eindrucksvoll nachgewiesen, dass man den eigenen Ärzten da nicht trauen kann. Und ja, Benjamin Pavard wird im nächsten Spiel wieder in der Startelf stehen, obwohl man bei einer Gehirnerschütterung erstmal mehrere Tage Ruhe verschrieben werden sollten.

Aber es gibt ja kein "Concussion Protocol" und keine neutralen Ärzte, die sicherstellen, dass auf die Gesundheit und Sicherheit der Spieler geachtet wird. Wir sind hier bei der UEFA, die traumatisierte Spieler selber entscheiden lässt, ob sie weitermachen wollen. Die lassen dann auch Spieler, die unter einer Gehirnerschütterung leiden, selbst entscheiden, ob es weiter gehen kann oder nicht. Oder halt Mannschaftsärzte, die nur an den Erfolg ihrer Nationalmannschaft und nicht an die Gesundheit ihrer Spieler denken. Denn das muss man an der Stelle auch bedenken: Diese Ärzte machen die Spieler nicht "gesund", sie sorgen dafür, dass die Spieler auf dem Platz stehen können... Nur 3 Tage nach dem erschütternden Vorfall von Eriksen heißt es schon wieder: Sei keine Memme, stecke das weg wie ein Mann und spiel weiter. 

Selbst die "Nach Corona wird der Fußball ein anderer werden" Illusion hat länger gehalten als 3 Tage...

Mittwoch, 16. Juni 2021

Worst of des "Ein letzter Rekord für Jogi Löw"

Als man dachte: Der hat doch schon alles erreicht. WM Vorrundenaus. Nations League Abstieg. Längste Serie ohne Pflichtspielsieg. Was kann der noch leisten, was kein Nationaltrainer je zuvor erreicht hat?

Die Antwort: Ein EM Auftaktspiel verlieren. Ja, selbst die Gurkentruppe von Erich Ribbeck hat damals gegen Rumänien ein Unentschieden geholt. Damit hat Jogi jetzt praktisch alle Negativrekorde auf- oder eingestellt. Jetzt wissen wir auch, warum er die EM unbedingt noch durchziehen wollte.

Und wenn ihr jetzt mit "Ja, aber der kann doch nichts dafür, dass es gegen die Franzosen ging!" ankommt: Doch, kann er. Wenn er die letzten 5 Jahre nicht so vollkommen verkackt hätte, dass Deutschland nicht mehr unter den Top 6 Europas steht, hätte er gegen die Türkei oder Wales spielen dürfen. Dass "wir" in dieser "Todesgruppe" spielen hat ausschließlich der Bundestrainer zu verantworten. Aber hey, er hat ja die Heilande (Highländer? Oder kann es nur einen geben?) gefunden. Das bringt mich zu einer völlig absurden Statistik:

Toni Kroos und Thomas Müller sind die einzigen deutschen Feldspieler mit mehr als 10 EM-Spielen und keinem Treffer in ihrem Lebenslauf. Also vor dem Anpfiff hat sich Mats Hummels zu diesen beiden aufgeschlossen, aber der dachte sich dann auch: Ist doch irgendwie peinlich 10 Turnierspiele ohne Tor zu absolvieren, ich ändere das mal... (Nebenbei dürfte Dietmar Hamann der einzige Spieler auf der Welt sein, der 6 EM Spiele absolvierte, ohne eines zu gewinnen... Nur so am Rande...)

Ich erwähne das ja auch nur, weil immer noch alle glauben, dass Müller wirklich einen Unterschied machen wird. Und hey, vielleicht trifft er gegen biedere Ungarn oder einen zu alten Pepe sogar. Das ändert nichts daran, dass wir gegen die Spitzenmannschaften genau das erwarten können, was er heute gezeigt hat.

Also er hat bestimmt voll viel geredet, wir haben das nur nicht gehört. Er war aber auch in 90 Minuten an keiner gefährlichen Szene beteiligt. Trotzdem behaupten alle ZDF Experten, dass er ein gutes Spiel gemacht hat... weil... ähm... er nach dem 0:1 nicht den Kopf hat hängen lassen! Ohne ihn hätten wir 0:3 verloren!! Aber andererseits hat es auch noch nie eine Auftaktniederlage gegeben, die so gut war...

Und das, obwohl man einfach nur Schwein hatte, dass Mats Hummels nicht auch noch einen Elfmeter verursachte. Also mal ganz sachlich gesehen: Hummels setzt von hinten zu einem Hochrisiko Tackling an und trifft definitiv erst die Beine von Kylian Mbappé. Wenn ein deutscher Stürmer so abgeräumt wird, sieht Bela Rethy da einen ganz klaren Elfmeter. Und fragt sich, warum der VAR nicht eingreift.

Aber das ist ja auch derselbe Rethy, der ein "freundschaftliches Anknabbern" gesehen hat, als Antonio Rüdiger Paul Pogba gebissen hat. Eine Aktion, für die Luiz Suarez 8 Spiele gesperrt wurde. Auch wenn er nicht "so doll" gebissen hat... sorry, das ist Rot. Also wenn man als Kommentator neutral bleiben würde, wäre es da. Aber Rethy packte Rüdiger und Pogba ja am Ende zusammen in "die Beißer Fraktion"... 

Dazu kommen nebenbei fachliche Fehler wie die Behauptung, dass Matthias Ginter bei der WM 2014 als einziger Feldspieler ohne Einsatz war... während Kevin Großkreutz und Erik Durm ebenfalls nicht auf dem Platz standen.

Und ja, wenn Müller der Fixpunkt der Offensive ist, bin ich so entspannt, dass ich solche Fakten während des Spieles nachschlage.

Immerhin hat Bela dieses Mal die französischen dunkelhäutige Stars nicht mit Klischees beleidigt. Das ist ein Fortschritt zum letzten Frankreich Spiel, welches er kommentieren durfte. Eigentlich gibt es da nur eine Frage: Kriegt Bela Rethy eigentlich Prämien für jedes Magenta Abo, welches spontan noch während der EM verkauft wird? Ist der heimlich ein V-Mann von der Telekom?

Halten wir mal fest: Ein neutraler Kommentator sieht eine Tätlichkeit von Rüdiger und einen von Hummels verursachten Elfmeter. Also er stellt jeweils zumindest die Möglichkeit in den Raum, dass diese Strafen angemessen wären.

Also selbst Per Mertesacker und Christoph Kramer sahen das so. Und waren froh, dass Pogba da nicht mehr draus gemacht hat, denn dann hätte der VAR eingegriffen. Den eigentlich logischen Schritt, dass es nicht sein kann, dass man bei solchen Aussetzern vom Gegner zusammenbrechen muss, damit der VAR eingreift, gehen sie nicht. Wenn man sich nicht mehr fallen lassen müsste, um einen Elfmeter zu bekommen, weil der VAR auch eingreift, wenn man dies nicht tut, würde der Sport wirklich mal besser werden... aber die beiden lesen halt diesen Blog nicht...

Nebenbei war die Selbstbeweihräucherung der Experten nach dem Spiel auch wieder... sehr konstruktiv. Also anscheinend bin ich der einzige, der nach dem Vorrundenaus 2018 nicht abgeschaltet hat und sich daran erinnert, wie Frankreich Weltmeister geworden ist: Mit absolutem Assi-Fußball. Also im Finale hatte Kroatien 66 % Ballbesitz. Im Halbfinale kamen die Belgier auf stolze 64 %. Selbst Peru kam auf 54 %!!! Frankreich hat sich die Offensive der Deutschen um Müller angeguckt und kam zu den Schluss: Denen können wir den Ball überlassen, da passiert nichts. Jetzt sind unsere Experten (und Toni Kroos) aber stolz darauf, dass "wir" Frankreich tief in die eigene Hälfte gedrängt haben... auch wenn es nur eine wirkliche Torchance von Serge Gnabry gab. Wenn "wir" genau das Spiel gespielt haben, das Frankreich sehen wollte.

Gegen Frankreich auf den Ballbesitz zu verweisen ist ungefähr so sinnvoll, wie es gegen eine von José Mourinho trainierte Mannschaft zu machen: Es bringt einem nichts. Vor allem hat Frankreich ja bis zum Tor durchaus nach vorne gespielt. Das Ding fiel ja nicht aus dem nichts, sondern als das Ergebnis konsequent vorgetragener französischer Angriffe. Erst danach sagten die sich: Wir kontern jetzt nur noch... und waren auch dabei (Der Elfmeter, der Pfostenschuss von Rabiot, 2 Abseitstore) wesentlich dichter am 2:0 als Deutschland am Ausgleich. Aber der Ballbesitz. Man wie toll.

Aber das einzige wirkliche Highlight in der 2. Halbzeit war "Gosens trifft Pavard am Kopf". Und "Hummels rettet in höchster Not". Das behaupte nicht ich, sondern das ZDF... mehr "Highlights" gab es nach der 54. Minute nicht. Obwohl man ja im Training so viel Zeit in Standardsituationen gesteckt hat, von denen es auch genug gab, die aber allesamt harmlos verpufften... ABER DER BALLBESITZ!!!

Hugo Lloris: Damit es hier nicht heißt, ich hacke nur auf den Deutschen rum: Warum wird das bereits in der ersten Halbzeit aufgezogene Zeitspiel nicht frühzeitig mit einer Verwarnung geahndet? Muss man als Schiedsrichter wirklich bis zur 88. Minute warten, bis man solche Aktionen ahndet? Wollen wir wirklich sehen, wie ein Torwart den Ball in der Hand hält? Oder beim Abstoß liegen lässt? Und klar, das ist abgezockt. Aber gefühlt fiel die Hälfte des Ballbesitzes der Franzosen auf ihren Torwart. Das eine mal, als ich wirklich darauf geachtet habe, hielt er den Ball nach einer abgefangenen Flanke (Paraden musste er ja de facto keine zeigen) 14 Sekunden in der Hand, obwohl er 6 Sekunden hat um den Ball wieder ins Spiel zu bringen. Und Lloris wird das ja so lange durchziehen, bis ihn jemand dafür verwarnt und er eine Sperre riskiert. Und es dann in Halbfinale und Finale jeweils wieder auf die Spitze treiben... wendet doch einfach mal das fukking Regelwerk an um das Spiel schneller und damit ansehnlicher zu machen.

Dienstag, 15. Juni 2021

Heute in der beliebten Seire

 "Ich bin kein Rassist, ich nutze nur rassistische Beleidigungen": Marko Arnautovic. Inklusive des schönen Mottos: "Mein bester Freund kommt aus Dänemark"... 

Das Traurigste daran ist ja, dass Arnautovic sich selber für einen ganz tollen Hecht hält, aber gar nicht bemerkt, dass er sich auf dem geistigen Niveau eines Donald Tumps bewegt... Wobei, er hat ja wenigstens den Anstand sich danach halbherzig zu entschuldigen.

Oh und es ist natürlich wieder ein bedauerlicher Einzelfall, dass ein ansonsten sympathischer Österreicher ein Mal beim Torjubel über die Stränge schlägt, ist kein strukturelles Problem und hat auch nichts mit den rassistischen Beleidigungen in Richtung Nadiem Amiri oder den Entgleisungen von Jens Lehmann zu tun. Es gibt halt kein Problem mit Rassismus, wir sind hier in Sachsen... Ich meine beim offiziellen Kriegsersatz Fußball-Europameisterschaft...

Nebenbei bin ich nicht mal der Meinung, dass Arnautovic jetzt von der UEFA bestraft gehört... der sollte einfach von den Fans mit einem Pfeifkonzert (also das, was die Russen so gut können, wenn es gegen Rassismus geht) begrüßt werden. Dann tritt ihm ein Gegenspieler noch mal so leicht auf den Fuß und gut ist. Und so kann dann jeder seine Meinung dazu äußern, ohne dass Arnautovic gesperrt werden muss...

Ist doch auch schön... also, dass man jetzt ein Feindbild hat, welches man so richtig schön unsympathisch findet. Dumm für die Österreicher, weil der halt aus ihrem Team kommt. War aber abzusehen, schließlich lebt Arnautovic diese Rolle bewusst. Und wenn man seine Mannschaft um solche Charaktere aufbaut, muss man auch damit leben, dass der Rest der Welt darauf reagiert und dann gegen einen ist. 

Aber ich bin ja auch immer dagegen Rassisten wegzusperren. Die werden dadurch nicht zu besseren Menschen, sondern es wird alles nur noch viel schlimmer. Man muss diese Leute damit konfrontieren, dass man ihre Aussagen oder Meinungen Scheiße findet. 

Wenn ihr euch fragt, warum es schon wieder so gar nicht um Fußball geht... nun  ja...

Heute in der beliebten Serie: Wie schlimm ist es? So schlimm: Selbst deutschen Kommentatoren fällt auf, dass der neue Gruppenmodus Scheiße ist. Wenn selbst DENEN das auffällt, was soll ich dann noch sagen?

Montag, 14. Juni 2021

Das Wichtigste zuerst

 Martin Boesens, Spieler des Tages: Er und sein Team retteten Christian Eriksen das Leben, was die wichtigste Nachricht ist. Und nebenbei auch uns allen das Turnier.

Warum eigentlich nicht? Also es fiel am Samstag ja verdammt häufig der Satz, dass Fußball jetzt nicht so wichtig ist. Warum ehrt und würdigt man dann danach nicht mal die Menschen, die es mit ihrem entschlossenen Handeln geschafft haben, dass eine wirkliche Tragödie abgewendet wurde. Und die damit auch dafür gesorgt haben, dass wir uns jetzt "nur" darüber streiten, ob man das Spiel gleich zu Ende spielen musste, und nicht ob das gesamte Turnier abgebrochen werden müsste. Wer, wenn nicht Boesens, sollte von der UEFA zum "Man of the Match" gekürt werden?

Ein besonderes Lob geht dann auch an Simon Kjaer, der im Gegensatz zur UEFA entschlossen handelte und mit seinen Mitspielern die Person Eriksen vor neugierigen Blicken schützte. Warum die UEFA so lange auf Sendung blieb, muss auch hinterfragt werden.

Genau so, wie man halt nicht die Spieler entscheiden lassen kann, ob sie jetzt weiter spielen. Denn während sie sich geschlossen vor Eriksen stellten, war ja deutlich zu sehen, wie sehr sie das gerade mitnimmt. Und dass die UEFA keine vernünftige Alternative als Option angeboten hat, muss auch kritisiert werden. So "Ihr spielt das Spiel am Montag zu Ende oder entscheidet bis dahin, ob ihr euch aus dem Turnier zurückzieht, wir finden dann eine Lösung." Aber die Entscheidung darüber müsst ihr erst morgen fällen. Aber wenn man den Spielern nur die Wahl zwischen "Gleich, oder morgen Mittag" gibt...

Russland und seine Fans. Und ja, es soll auch in England vereinzelt gepfiffen worden sein. Aber "gellende Pfiffe" gab es halt nur in St.Petersburg. Die Idee der UEFA mit dem kontinentalen Turnier war ja auch, europäische Werte zu feiern. Jetzt wird plötzlich deutlich, dass selbst an sich nicht verhandelbare Werte wie Anti-Rassistische Aktionen nicht bei allen Gastgebern zum "Wertekatalog" gehören. Und es war ja auch kein Angriff auf die Russen, sondern es geht dabei grundlegend um Rassismus auf der ganzen Welt. Wer sich da persönlich angegriffen fühlt, ist halt selbst Schuld. Oder wirklich Teil des Problems. Also getroffene Idioten pfeifen...

Österreich - Nordmazedonien: Ich muss zugeben: Das war das erste EM Spiel, welches ich so richtig und aufmerksam verfolgt habe. Und dabei fiel mir dann sofort auf: Fußball muss halt gar nicht gut sein, um faszinierend zu sein. Und faszinierend war es auf jeden Fall. Die plötzliche Erkenntnis, dass eine Mannschaft bestehend aus durchschnittlichen Bundesligaspielern und David Alaba vielleicht einfach nicht wirklich gut ist... Ja, Passives Abseits Leser wissen es früher... Die Bundesliga ist einfach nicht mehr wirklich gut. Aufmerksame Leser (allen beiden...) dürfte es nicht überraschen, dass die Österreicher plötzlich Probleme bekommen.

Aber faszinierend war, wie dann Die Nordmazenodnier sich von der steigernden Unsicherheit der Österreicher inspirieren ließen... und plötzlich sichtbar dran glaubten, dass man hier mehr holen könnte als ein Unentschieden. Aber dann dachte sich Alaba "Fuck it, ich geh jetzt nach links und regel das"... Und 10 Minuten nachdem er endlich die Mitte verlassen hatte, wo er mehr Einfluss hat, weil er dann zentraler spielt, bereitete er mit einer großartigen Flanke den entscheidenden Treffer vor...

Und ja, die "Mitte Zentrum" Analyse kam von Prince... nur, weil jetzt im ZDF nicht mehr nur alte, weiße Männer das Spiel erklären, werden die Analysen nicht zwingend besser... Auch wenn es trotzdem angenehm ist, dass die verkrustete"Alte, Weiße Männer erklären mir Dinge, die ich schon weis" Struktur mal aufgebrochen wird.

Kroatien als bisher größte EM-Enttäuschung. Im Kicker steht tatsächlich indirekt der Satz, dass Kroatien wohl darauf spekuliert, als Gruppendritter weiterzukommen. Denn als erster trifft man auf Frankreich oder Portugal... Wobei der Kicker fairerweise nur durchrechnet, auf wen man trifft, wenn man 2. wird. Aber dass man als 2. der Gruppe D ebenfalls auf einen Gruppenzweiten im Achtelfinale trifft, ist ein weiteres Detail, welches belegt, wie beschissen es ist, dass die besten Gruppendritten weiterkommen. Also in der Gruppe D wird man auf jeden Fall bestraft, wenn man auf den Gruppensieg geht.

Und so dachte Kroatien sich dann: Naja, verteidigen wir lieber den knappen Rückstand, das hilft uns am ehesten. Ist ja auch vollkommen korrekt. Also jetzt kommen sie mit 4 Punkten aus den Spielen gegen Schottland und Tschechien garantiert weiter. Selbst ein Sieg gegen einen der beiden sollte reichen, solange man auch das 2. Spiel nur knapp verliert und dann selbst 2 Tore erzielt. Wenn man allerdings mit 0:3 verloren hätte, weil man sich beim Versuch den Ausgleich zu erzielen auskontern ließ...

Also praktisches Beispiel: Nordmazedonien wurde am Ende dafür bestraft, dass sie an erst an den Sieg geglaubt haben und danach dann doch noch versucht haben das Unentschieden zu erreichen... anstatt sich einfach ab der 60. hinten reinzustellen und nur noch das 1:1 zu verteidigen. Kroatien wird am Ende dafür belohnt werden, dass sie lieber das 0:1 verteidigten, anstatt ernsthafte und leidenschaftliche Angriffsversuche zu starten...

Das ist sowieso schon bei 4er Gruppen ein strukturelles Problem der Gruppenphase: Es ist sinnvoller gegen den Turnierfavoriten nur knapp zu verlieren, anstatt selber nach dem Rückstand auf das Unentschieden zu gehen und dem Gegner so Räume für mehr Tore zu geben. Aber dadurch, dass jetzt selbst 4 von 6 Gruppendritte weiterkommen, wird das ganze nochmal verschlimmert. Denn jetzt hat sich Kroatien nicht nur im eigenen 4er-Block einen Vorteil gegenüber den Tschechen und den Schotten verschafft... sondern auch noch im großen Rahmen gegenüber der Türkei oder den Russen. Denn wenn diese 3 Mannschaften jetzt am Ende mit 3 Punkten die Vorrunde beenden, kommt Kroatien souverän weiter... Damit ist es endgültig (und auch noch am 2. Spieltag) sinnvoller einen knappen Rückstand zu verteidigen, als auf den Ausgleich zu drängen... Was halt dazu führt, dass wir noch mehr spiele wie England - Kroatien sehen werden... Oder auch nicht, diese Partie haben ja nur 4 Millionen Deutsche verfolgt... Vielleicht ist dies ja wirklich das Turnier, bei dem die Leute abschalten, womit "mehr Spiele" eben nicht mehr automatisch auch "mehr Geld" bedeuten.

Donnerstag, 10. Juni 2021

Wie der gar nicht mehr so neue Modus die Vorrunde ruiniert.

 Irgendwie sitze ich seit Tagen da und frage mich, warum ich so gar keinen Bock darauf habe, eine Vorschau auf die EM Vorrunde zu verfassen. Dabei habe ich mir als Motivationshilfe das Kicker-Sonderheft geholt. Und die neue Socrates beschäftigt sich quasi ausschließlich mit der EM, bringt aber nicht ganz so offensichtliche Geschichten. Eigentlich macht eine derartige Sondervorschau, in der man nach kleinen und besonderen Fakten sucht, den meisten Spaß beim Schreiben...

Aber dieses Jahr habe ich einfach keinen Bock, obwohl ich schon Bock auf das Turnier habe. Was wahrscheinlich daran liegt, dass es das erste größere soziale Event seit November wird. Und es gibt ja auch zumindest eine richtige Hammer-Gruppe.

Dann fiel es mir auf: Selbst diese Hammer-Gruppe ist am Ende vollkommen egal. Also eigentlich sollte der EM Auftakt Frankreich - Deutschland das erste richtige Turnierhighlight werden. Dank der Portugiesen kann man sich eigentlich nicht mal ein Unentschieden leisten. Verlieren ist auf jeden Fall verboten. Und dazu gibt es 2 richtig gute Mannschaften.

Aber dann fällt dir auf, dass bei einer Niederlage nichts passiert... und selbst wenn Deutschland das erste Spiel knapp verliert UND dann gegen Portugal nur Unentschieden spielt, kommen sie immer noch sicher weiter... Denn dann gewinnen sie 3:0 gegen Ungarn und mit 4 Punkten und einem positiven Torverhältnis ist man garantiert unter den 3 besten Gruppendritten. Es gibt kein realistisches Szenario, dass das nicht reicht.

Das ist halt das Problem mit der Bezeichnung "Todesgruppe": Wenn keinem der Favoriten wirklich das Ausscheiden droht, ist die Gruppe halt nicht wirklich tödlich. 

Und wenn man Ungarn, bei allem Respekt, nicht schlägt, hat man mit der Titelvergabe eh nichts zu tun. Und ja, ich habe das 3:3 von Ungarn gegen Portugal im Hinterkopf. Da muss man aber bedenken, dass es alle 12 Jahre ein völlig abgefucktes Turnier gibt, bei der jemand völlig absurdes gewinnt.

Es ist nebenbei superfaszinierend, wie mir alle erzählen, dass Portugal ja jetzt noch viel stärker ist als vor 5 Jahren. Habt ihr diese EM wirklich schon erfolgreich verdrängt? Portugal hat damals statistisch gesehen (also nach 90 Minuten Spielzeit) ein einziges Spiel gewonnen. Das Halbfinale gegen Wales. Die Vorrundenspiele endeten allesamt Unentschieden und man kam trotzdem weiter (was meinen "4 Punkte reichen auf jeden Fall" Punkt belegen sollte). Die K.O. Spiele gingen fast ausschließlich in die Verlängerung und im Viertelfinale gegen Polen ging es sogar ins Elfmeterschießen.

Selbst wenn Portugal wirklich besser ist... das entscheidet nebenbei am Ende Cristiano Ronaldo, der zuletzt fast die Champions League verpasst hätte und den Juventus im entscheidenden Spiel auf der Bank ließ... Wenn Cristiano Ronaldo nur wie ein Normalsterblicher spielt, sind sie nicht besser als vor 5 Jahren...

Aber selbst, wenn sie besser sind... also das Team von damals würde wahrscheinlich dieses Jahr im Achtelfinale scheitern... Denn diese Mannschaft wird realistisch gesehen Gruppendritter und spielt dann gegen Belgien oder die Niederlande. 2 Mannschaften, die besser sein sollten, als die 2016er Edition Portugals (aka der 3. schlechteste Europameister aller Zeiten). Genauso wie Deutschland, Italien, England, Spanien und je nach Laune von Robert Lewandowski Polen

Nur weil die Portugiesen stärker sind als vor 5 Jahren, gehören sie nicht zu den Titelkandidaten. 

Aber zurück zur Gruppenphase: Dadurch, dass 4 Gruppendritte weiter kommen, ist halt endgültig jegliche Spannung raus. Selbst wenn man als Titelfavorit seinen Auftakt verkackt... und danach dann im 2. Spiel auch nicht wirklich in die Gänge kommt... kommen sie am Ende doch noch mit ziemlicher Sicherheit weiter. Weil jede Gruppe ein Ungarn, Nordmazedonien, Finnland, Tschechien oder die Slowakei hat. Um mal direkt 5 Mannschaften zu nennen, die ausscheiden werden. Dazu kommt Schottland und die Ukraine.

Bleibt also... die Gruppe A mit Italien, der Schweiz, der Türkei und Wales. Das ist tatsächlich die einzige Gruppe, bei der ich mich nicht vorher festlegen würde, wer weiter kommt. Also klar, Italien sollte Platz 1 sicher haben. Aber die anderen 3 Mannschaften könnten so dicht beieinander liegen, dass ich mich vorher nicht festlegen will, wer von denen 4. wird. Es gibt sogar ein Szenario, in dem Italien alles gewinnt und der Rest gegeneinander Unentschieden spielt... was dazu führt, dass jemand mit 2 Punkten ins Achtelfinale einzieht (was aber nichts mit dem Modus zu tun hat)... und dann den Schotten oder der Ukraine das Tor zum Achtelfinale geöffnet wird.

Und so richtig kann man ja nicht mal vernünftige Erkenntnisse für den weiteren Turnierverlauf erkennen. Denn oftmals steigern sich die Titelträger ja im Verlauf des Turniers. Und die Spannung ist halt komplett raus.

Nur um mal zu verdeutlichen, wie absurd dieser "Beste Gruppen Dritter" Scheiß ist: Albanien musste beim letzten Turnier 3 Tage auf die Ergebnisse der anderen Gruppen warten, bevor endgültig feststand, dass sie mit 3 Punkten, einem Tor und einem Torverhältnis von -2 tatsächlich ausgeschieden sind...

Gucken werde ich es wahrscheinlich trotzdem. Aber mehr, weil es ein guter Anlass ist um Freunde zu sehen, die ich seit November nicht mehr getroffen habe... Rein fußballerisch bleibt zu hoffen, dass der eine oder andere Titelfavorit die ersten 2 Spiele so verkackt, dass am letzten Spieltag wirkliche Spannung entsteht. Man muss also darauf hoffen, dass das Turnier Scheiße läuft...

Montag, 7. Juni 2021

Ist die UEFA in ihr Glück gestolpert?

 Ist eine europaweite EM plötzlich das sinnvollste? Die einzige Möglichkeit das halbwegs ordentlich durchzuziehen?

Eine Europaweite EM könnte plötzlich die einzige Variante sein, wie man allen (oder zumindest möglichst vielen) die Gelegenheit gibt zu partyzipieren. Und was wir alle gerade am dringendsten brauchen, ist eine ordentliche Party.

Und machen wir uns nichts vor: Die EM in der Pandemie ist ein Risiko. Also wenn Jogi Löw nicht schon wieder verkackt und die Deutsche Mannschaft das Halbfinale erreicht, werden die Bars und Kneipen voll sein. Und dann wird niemand die Abstandsregeln durchsetzen können, wenn ein Tor fällt. Aber dieses Risiko ist unabhängig vom Veranstaltungsort der EM.

Wenn man sich jetzt allerdings doch pandemiebedingt für einen Austragungsort entschieden hätte, wäre dies dann das Land, in das alle Fußballfans für 4 Wochen pilgern wollen. Und dabei halt immer auf andere Fangruppen aus anderen Ländern treffen.

Das hat ja damals die WM 2006 so faszinierend gemacht: Da waren dann die Niederländer noch und die Spanier schon da und beide haben auf den Straßen gefeiert. Was aber gerade halt ein absolutes Horrorszenario für die Drostens und Lauterbachs ist. Denn auch wenn es in einem kleineren Rahmen als gewöhnlich stattfinden würde, wäre es immer noch verdammt gefährlich.

Auf der anderen Seite haben wir aber herausgefunden, dass die Mannschaften reisen zu lassen kein Pandemietreiber ist. Also ja, der R-Wert unter Fußballern war verdammt hoch. Und es gibt auch jetzt schon den ersten Corona-Fall der EM mit Sergio Busquet. Aber die ständigen Kontrollen haben halt auch immer dafür gesorgt, dass die Fußballer eben nicht für exponentielles Wachstum gesorgt haben, 

Und dann ist es auf ein Mal sinnvoller die Fußballer reisen zu lassen, als die Fans. Einige wenige Fans ins Stadion zu lassen, aber halt dafür zu sorgen, dass die sich nur am Flughafen mit anderen treffen. Wenn überhaupt, man wird das ja eher über Tagesreisen organisieren.

Fürs Klima ist das natürlich eine Katastrophe. Aber wenn man mal darüber nachdenkt, wie viele Flugreisen die Champions League braucht, macht die EM jetzt auch den Braten nicht fett. Auf der anderen Seite würde das eine Gastgeberland 2 Monate nach dem Turnier wieder in einen Lockdown müssen. So müssen wir das entweder alle, oder gar keiner...

Die einzige offene Frage ist ja, warum man die EM nicht an die EU vergeben hat. Wenn man eine europäische Wertegemeinschaft feiern will, wäre es doch geschickt gewesen, genau die Länder zum Gastgeber machen, die diese Werte vertreten...

Donnerstag, 3. Juni 2021

Passives Abseits Hall of Shame: Alluhüte auf!

 Oder ist das gar keine Verschwörungstheorie, weil es am Ende doch zu offensichtlich ist? Weil es einfach keine andere logische Erklärung gibt?

Also es ist ja keine wirkliche Überraschung, dass Schalke 04 sich "mit Wetten auf die Zukunft" ein Millionengrab geschaufelt hat. Das klingt halt wie etwas, dass ein von Clemens Tönnies geführter Verein macht. 

Die wirkliche Überraschung ist doch, dass Christian Heidel für den Höhepunkt dieser Entwicklung verantwortlich ist. Der hat die meisten Verträge, die jetzt problematisch für Schalke sind, abgeschlossen. Der hat den Verein zugrunde gewirtschaftet...

Wie sein Autohaus, welches still und heimlich auch insolvent gegangen ist... hmm...

Aber wenn ihr diesen alten Artikel aus der FAZ lest, in der aufgeführt wird, dass Heidel Excel-Tabellen mit den Gehältern geführt hat und eben nicht nur die Millionenablöse gesehen hat, sondern auch die entstehenden Folgekosten mit eingerechnet hat... dann wundert es einen schon, wie dieser Mann all diese Vorsicht über Bord werfen konnte, als er auf Schalke anheuerte... 

Dass genau dieser Mann völlig absurde Punktprämien vergab, die jetzt auch noch in der 2. Liga gelten. Die gesparte Ablöse komplett einfach in Handgelder steckte... 

Wir reden hier von einem der besten Bundesliga-Manger aller Zeiten. Dem Uli Hoeneß von Mainz 05. Dem Beweis, dass man einen Verein auf einem gesunden Fundament nach oben führen kann, auch wenn es bei diesem "oben" dann in der Bundesliga natürlich seine Grenzen gibt. Wie konnte dieser Mann all das, was ihn ausmacht, so schnell vergessen und verraten?

Es sei denn... nun ja... das war alles sein Masterplan. Kurz bei Schalke ordentlich abkassieren, dann 6 Monate auf Mallorca entspannen und danach einfach die Rückkehr zu seinen Mainzern organisieren... und schon hat er sich eines lästigen Konkurrenten entledigt. Und jetzt kann er dann wieder seriös arbeiten. Gleichzeitig hat er dafür gesorgt, dass das Mindestziel Klassenerhalt in 2021 und 2022 einfacher zu erreichen ist, weil er dafür gesorgt hat, dass Schalke keine bundesligataugliche Mannschaft hat.

Und seine "Zerstörung von Schalke" war im Gegensatz zu den Rezo-Zerstörungen so effektiv, dass es unklar ist, ob sich der Verein davon jemals wieder erholen wird.

Also ich frage mich gerade wirklich, wie viele Dortmund-Fans im Fußball Manager von Fifa, Anstoss oder Sega Schalke ausgewählt haben und mal geguckt haben, ob sie den Verein in Grund und Boden wirtschaften können... und wie lange es dauert, bis sie entlassen werden. Dann spielen sie das Spiel mit anderen Vereinen weiter, nur um zu gucken, wie nachhaltig ihr Werk wirklich war... (Aus eigener Erfahrung als Bayern-Trainer kann ich euch sagen: Wichtig ist, dass man immer 11 Spieler aufstellt, auch wenn man nur 8 Vollpfosten verpflichten konnte, sonst wird man sehr schnell entlassen...)

Heidel hat genau das im echten Leben gemacht. Der hat Jon Bois und Kofis Fumble Dimension ins wirkliche Leben übertragen. Was für ein Teufelskerl.

Wenn es nicht Schalke wäre, könnte es einem fast Leid tun, dass sie den miesen Verschwörungen dieses Scharlatans auf den Leim gegangen sind. Aber es ist halt doch nur Schalke, die kriegen am Ende, was sie verdienen...

Aber was Heidel in Gelsenkirchen vollbracht hat, sollte als eine der größten Managerleistungen aller Zeiten in die Geschichte eingehen. Und im Gegensatz zum Wirecard Chef muss Heidel danach nicht mal untertauchen, sondern kann lächelnd im Vorstand seines eigentlichen Vereins sitzen. Hoffentlich veröffentlicht Heidel irgendwann seine Memoiren, in denen er uns im Detail erklärt, wie er Schalkes Niedergang am Reißbrett plante...

Dienstag, 1. Juni 2021

Passives Abseits Leser wissen es Exklusiv Saison 2020/21

 Wo ich mich ja schon ausführlich selbst dafür gelobt habe, dass Florian Kohfeldt nicht die Lösung für die Probleme bei Werder Bremen ist und damit nachgewiesen ist, dass es sich lohnt, diesen Blog zu lesen, weil man einige Dinge einfach früher erfährt als bei anderen, können wir jetzt ja zu den kritischeren Themen kommen: Die Thesen, die sich nicht Bewahrheitet haben.

Auf der einen Seite behaupte ich ja immer, das wahre Experten nicht ständig darauf rumreiten müssen, dass sie richtig lagen... andererseits geben diese wahren Experten auch nie offen zu, wenn sie daneben gelegen haben. Nur um doppelt zu beweisen, dass ich mich gar nicht für einen Experten halte.

Jetzt heißt es also wieder: "Passives Abseits Leser wissen es exklusiv."

Das Erste, was mir dabei als Anschluss an den gestrigen Beitrag auffällt, ist: Julian Nagelsmann hat doch nicht den Punkterekord der Leipziger gebrochen, wie hier in einem Nebensatz behauptet wurde. Aber RB holte aus den letzten 3 Spielen nur einen Punkt und verlor das Pokalfinale. Wie bereits gestern erwähnt, sind halt wirklich ALLE Vereine eingebrochen, nachdem festgestanden hatte, dass ihr Trainer im Sommer zur Konkurrenz wechselt. Selbst Nagelsmann, der ja wirklich ein überragender Trainer ist, konnte dies nicht verhindern. Nun können die Hoffenheimer Fans behaupten, dass das ja abzusehen war, weil es ihnen im letzten halben Jahr genau so ging... aber dafür müsste es Hoffenheim Fans geben...

Wo wir schon beim Saisonabschluss von den Leipzigern sind: Deren Niederlage am letzten Spieltag führte eine weitere These sehr schnell ad absurdum: das "Ohne eigenes Zutun." Also ja, man musste am Ende wirklich Punkte sammeln, um seine Saisonziele zu erreichen. Damit hätte ich nicht gerechnet. Total faszinierend war ja, wie in der Sportschau Zusammenfassung die Leistung der Gladbacher gewürdigt wurde, die nicht einfach abschenkten... weil die Zuschauer schon wussten, dass Union Berlin sich in der allerletzten Minute in die Conference League geschossen hat. Ausgerechnet durch Max Kruse, der ja gar keinen Bock auf diesen Wettbewerb hat. Aber anstatt mit einem Unentschieden in diesen Wettbewerb zu stolpern, reichte nicht mal ein Sieg. Woher die Gladbacher wissen sollten, dass Union das Spiel gegen RB noch gewinnt, bleibt mir zumindest ein Rätsel...

Auch Werder Bremen konnte sich nicht ohne eigenen 3er retten. Was vor allem an Friedhelm Funkel lag, unter dem die Kölner 10 Punkte in 6 Spielen holten. Und am Ende selbst einen überzeugenden Sieg in der trotzdem unfairer Relegation geholt haben.

Also klar, ich bin immer noch der Meinung, dass Horst Heldt zu lange an Markus Gisdol festgehalten hat und das Holstein Kiel den Aufstieg einfach verdient hatte. Und das die Relegation abgeschafft gehört. Aber Köln hat sich am Ende wenigstens gewehrt, wovon ich nicht ausgegangen bin.

Ganz groß daneben lag ich auch bei der Einschätzung des FC Augsburgs. Also dass die Heiko Herrlich entlassen würden, bevor sie auf einen Abstiegsplatz abrutschen... hat mich schon überrascht. Dass selbst bei Stefan Reuter auf ein Mal die Entwicklung der Mannschaft und nicht nur das Ergebnis eine Rolle spielt, ist neu: Man wollte am Ende doch besseren Fußball sehen und war nicht mehr nur mit dem Halten der Klasse zufrieden.

Apropos Halten der Klasse: Das Mainz das am Ende so souverän schaffen würde, hätte ich trotz der Verpflichtung von Bo nicht gedacht. Aber der nur so "Türlich, Türlich!" Wenn Christian Heidel jetzt noch bemerkt, dass Eisfeld ablösefrei zu haben ist und er damit die legendärste Hip Hop WG aller Zeiten in die Bundesliga bringen kann... Oh und ja, das Eimbush Bassment schlägt die Blumentopf Großes Kino WG...