Dienstag, 10. März 2015

Wort des Tages: Janckern

Janckern, Verb, beschreibt das sofortige zu-Boden-Gehen eines Fußballprofis, bevorzugt nach dem man selbst vorher robust seinen Körper in den Zweikampf gestellt hat. Benannt nach dem ehemaligen Bayern-Profi und Nationalspieler Carsten Jancker.

Gestern ist mir bewusst geworden, dass ich alt bin... also dass ich Carsten Jancker als Fußball-Profi noch kenne und ich aber nicht davon ausgehen kann, dass alle anderen dies auch tun...

Carsten Jancker war so was wie DAS fußballerische Hassobjekt meiner Jugend. Ein Spieler wie ein Baum. 90 kg Muskeln verteilt auf 1,90 Meter, die einfach nicht zu verteidigen waren. Weil er sich, sobald jemand wirklich versuchte körperlich Widerstand zu leisten, fallen ließ. Wahrscheinlich reagiere ich auf deswegen so extrem auf David Alabas geschundenen Freistoß.

Guckt euch einfach mal folgende Szene in Minute 6:33 aus dem Champions League Finale 1999 an

Spoiler Alert: Es lohnt sich, das Video bis zum Ende zu gucken...

Aber kommen wir zum wesentlichen: Dem Freistoß, den Jancker da, nennen wir es "geschickt", rausholt. Jancker geht in den Zweikampf mit Ronny Johnson, nicht mit dem Ziel an den Ball zu kommen, sondern nur um den Freistoß rauszuholen. Er sucht selber den Kontakt und geht dann sofort zu Boden als wäre er ein 1,60 großer Floh... wobei das eine Beleidigung für La Pulga Lionel Messi wäre, denn der fällt nicht so leicht...

Und ganz ehrlich: Carsten Jancker hat seine gesamte Karriere aus solchen Szenen aufgebaut... und das (mit einem Champion League Titel bei 2 Finalteilnahmen... und ja, Jancker hat mehr Champions League Finale gespielt als Zlatan Ibrahimovic...) äußerst erfolgreich... so lange er bei den Bayern war...

Das wirklich faszinierende: So bald er die Taktik bei einem anderen Verein anwenden wollte... scheiterte er... gnadenlos... und das, obwohl er nach Italien ging... DER Liga der Schwalbenkönige... aber selbt ein Pipo Inzaghi guckt nur peinlich berührt weg, wenn ein 1,90m Schrank beim leichtesten Kontakt umfällt. 2 Tore erzielte er in 2 Jahren bei Uidnese Calcio... immerhin 4 für den 1.FC Kaiserslautern, bevor es nach China und Österreich weiterging... fällt euch sonst irgendein Bayern-Stürmer ein, der nach seinem Wechsel vom Rekordmeister derart einbrach? Selbst ein steinalter Miroslav Klose und ein ständig verletzter Mario Gomez haben eine bessere Bilanz...

Wobei ich Jancker gar keinen Vorwurf machen will... er hat aus seinen begrenzen Möglichkeiten das maximale rausgeholt... und Jancker war vom Talent her kein Spieler, der unbedingt in die Startelf eines Champions League Finales gehört... so was gilt es immer zu respektieren.

Die viel spannendere Frage ist ja: Warum funktionierte seine Taktik so richtig nur bei den Bayern? Was mich zu der wirklich wichtigen Frage bringt: Ist Jancker der statistische Beweis, dass es bei den Schiedsrichtern doch den ominösen Bayern-Bonus gibt? Nur dass der sich nicht unbedingt bei Fehlentscheidungen wie am Wochenende bei Robert Lewandowski zeigt, sondern in 50-50 Entscheidungen wie vor Alabas Freistoß... Denn Jancker ist der Beweis, dass man sich um Szenen wie der von Alaba am Wochenende eine Karriere aufbauen kann... weil die Schiedsrichter es zulassen.

Jancker wird es nach seinem Wechsel ähnlich ergangen sein, wie Luiz Gustavo, der sich auf ein Mal auch fragend um sah, warum er in Wolfsburg ständig vom Platz fliegt, wenn er doch alles genau so macht wie vorher bei den Bayern auch... Nur das Gustavo die fußballerische Klasse hat um sein Spiel umzustellen, während es für Jancker ohne diesen "Bonus" nur noch für die höchstens zweitklassige österreichische Bundesliga gereicht hat...

Auf jeden Fall sollten die Schiedsrichter aufpassen, dass diese Spielart nicht wieder in Mode kommt...

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