Dienstag, 31. Dezember 2019

Meine persönliche Albumcharts 2019

Traditionen müssen gepflegt werden. Und warum die wichtigen "Worst of" oder Vorschaus Traditionen nicht gepflegt werden? Nun ja, die machen Aufwand...

Aber ja, da ich kein Spotify nutze und lieber Alben als einzelne Songs höre, gönne ich mir ein Mal im Jahr einen Review Post aufs vergangene Jahr. Wir sind bei Episode 4.

Kurz zu den Regeln: Es ist wichtiger, dass mir das Album 2019 über den Weg gelaufen ist, als das es dieses Jahr wirklich veröffentlicht wurde. Was zum Beispiel praktisch für das Seeed Album ist. Ich gehe davon aus, dass das Ding gut ist, aber ich kam noch nicht dazu, es zu hören, weil immer gerade ein anderes relevantes Album auftauchte, welches verarbeitet werden musste. Und ich wollte es halt auch nicht nur ein Mal anhören und dann irgendwo in der Mediathek verschwinden lassen.

Die Deadline ist praktisch der 12.12. Warum? Nun ja, am 13. kam das neue Atmosphere Album raus. Und ich habe noch keine Ahnung, ob das gut oder schlecht ist. Das kann man bei Atmosphere Alben traditionell nicht in 3 Wochen feststellen. Gleiches gilt nebenbei auch für Sarah Leschs Da Draussen, welches ich zu Weihnachten bekam und noch zu selten gehört habe, um es einzuschätzen. Alle drei sind Early Bird Kandidaten für 2020... Um die nächste Ausgabe schonmal zu teasern...

Dass ich nebenbei eine Top 20 auffüllen könnte, wenn ich Nuras "Habibi", Gato Pretos "Tempo" und Jungle by Night einbauen würde, beweist mir nur, dass es dieses Jahr unfassbar viel gute Musik gab...

Aber fangen wir ganz praktisch mit dem weirden shit an:

Platz 17: Janis Görlich: Bummelzug Explosion und Bummelzug Exedition: Wer hätte gedacht, dass es so was gibt? Also so was ist ein ironisches Jazz Konzept Album, verteilt auf 2 LPs und limitiert auf 300 Stück. Und weil ich all die Dota Vinyls schon besessen habe, fing ich mit Teil 2 an. Was für einen Sammler wie mich natürlich tödlich ist. Schließlich steht auf der "In die Ferne" LP der Satz "Ein Leben ohne das erste Bummelzug-Abenteuer ist möglich, aber sinnlos"... kann ich so bestätigen.
Jedenfalls wird auf den Alben auf sehr ironische Art die Geschichte von "Lawrance of Arabia" nacherzählt. Im ersten Teil werden die Charaktere eingeführt, im 2. dann das Drama aufgeführt. Und ja, gute Jazzmusiker können so was.
Oh und hier habt ihr die Chance, auf ein Video mit unter 1000 Aufrufen zu stoßen... In die Ferne.

Platz 16: Chef'Special - Amigo: Mein erster Eindruck von dieser Band, als ich die auf dem Reeperbahnfestival sah, war: Das ist ja wie Mono und Nikitamann nur ohne Mono... also für Arme. Dann stellte ich fest: Diese Band ist gerade Live auch definitiv für die Beine... Und der ursprüngliche Vergleich zählt irgendwie immer noch, bedeutet aber auch nur: Wer Mono und Nikitamann Live feiert, wird auch bei dieser Band seinen Spaß haben. Und sobald "Try Again" durch meine Playliste läuft, versetzt mich das Stück sofort zurück in die Nachmittagssession im Molotow, als ich in 3 1/2 Stunden 7 unterschiedliche, mir völlig unbekannte Livebands sehen durfte. Ohne große Umbaupausen, weil auf der einen Bühne drinnen umgebaut wurde, auf der anderen draußen gespielt. Chef`Special war die Band, die aus diesem Chaos am meisten herausstach, deswegen stehen sie jetzt hier und Rondé nicht... Aber was gibt es schöneres als Musik, die ein instant Flashback Trigger ist?

Platz 15: Platz The Lioness - Greater Vision: Es gibt ja 2 einfache Grundregeln für mich auf Konzerten: Vorbands sind nett, aber unwichtig. Und wenn es nicht auf Vinyl gepresst worden ist, kaufe ich es nicht. Wenn jetzt eine amerikanische Rapperin, die mit meiner absoluten Lieblingsband auf Tour ist, beide Regeln bricht, muss sie ordentlich Eindruck gemacht haben. Das ist ihr auf jeden Fall gelungen. Auch wenn sie sich noch nicht mal den Titel "Beste Vorband des Jahres" einstreichen durfte, aber alles zu seiner Zeit.
Must Listen "Chosen Ones"

Platz 14: Moritz Krämer - Ich hab einen Vertrag unterschrieben: Kommen wir zum absurdesten Konzeptalbum des Jahres. Also das Album beginnt buchstäblich damit, dass Moritz Krämer einen Vertrag unterschreibt und welche Folgen das für ihn hat. Und schon beim 2. Song gibt er dann zu, dass es die ganzen Lieder nur gibt, "weil es im Vertrag seht" und er die nur fertig macht "um raus zu sein". Und auf dem dritten Lied geht es dann schon darum, dass man nur noch 8 Songs überstehen muss, bis der Spaß dann endlich vorbei ist. Genau mein Humor. "Eine Ballade muss drauf sein"... Natürlich, wie auf jedem Album...

Platz 13: Tequila and the Sunrise Gang - Of Pals and Hearts: Es gibt ja wenig, was mir so viel Spaß macht, als Konzertempfehlungen von Freunden zu folgen, dort dann eine Band zu sehen, die mir vorher überhaupt nichts gesagt hat und danach dann die Vinyl am Merchandise Stand zu kaufen und signieren zu lassen um dieses Gefühl von diesem Abend jedes Mal wieder auszupacken. Dieses Jahr hieß die Band Tequila and the Sunrise Gang und damit war mein "Ein Ska-Album im Jahr muss halt sein" Brauch frühzeitig abgearbeitet.
Must Listen: Keep me arrested.

Platz 12: Epic Beard Men - This was supposed to be fun: Was soll ich sagen noch sagen außer: ich mag die beiden. Erzähle ich euch also meine Lieblings-Epic-Beard-Men Geschichte: Das erste Mal habe ich die beiden etwa 2011 gesehen. So etwa in dem Dreh. Und ich wusste von Sage Francis, dass er haufenweise Mixtapes und Nebenprojekte neben all den offiziellen Alben, die ich schon kannte, am Laufen hatte. Deswegen ging ich irgendwie davon aus, dass die "Vorband" er selber unter einem anderen Namen ist. Genau so wie Sage Francis sah der man ja auch aus. Und zuzutrauen wäre es ihn. Erst als die beiden gemeinsam auf der Bühne standen, war ich überzeugt davon, dass das wirklich 2 unterschiedliche Rapper sind, die sich aber sehr gut ergänzen. Und dies jetzt auch offiziell machen. Epic Beard Men....
Dieses Jahr kamen sie dann mit gemeinsamen Album Nummer 2. And it was definetly fun.

Platz 11: Madison McFerrin - You + Q, Finding Foundation (The Remixes): Und ja, das sind technisch gesehen 2 EPs, aus denen ich ein Album mache... Aber kommen wir zur nächsten Entdeckung des Reeperbahn Festivals: Als ich Madison McFerrin im Imperial Theater in Hamburg sah, war ich sofort verliebt. Was, wenn man über 40 Konzerte in 4 Tagen sieht, gar nicht so einfach ist. Aber zum einen ist es für mich einfach nur faszinierend, wenn Menschen nur mit einem Looper und ihrer Stimme für den Moment Songs erstellen. Eigentlich brauche ich gar nicht mehr... Aber dazu kam, dass sie einfach unfassbar sympathisch wirkte, wenn sie unter anderem von ihrem absoluten Karrieretiefpunkt erzählte. Und es dann schaffte aus diesem Moment "Try" zu machen.
Wenn ihr eine Chance habt, die Frau Live zu sehen, nutzt sie!
Platz 10: Curse - Die Farbe von Wasser: Eigentlich hatte ich mit Curse abgeschlossen, nachdem der eigentlich mit Rap abgeschlossen hatte und "Achtung Achtung" gemacht hat. Klar, Curse Alben waren immer irgendwie Klassiker. Aber sie sind auch alle irgendwie schlecht gealtert. Aber dann bin ich doch wieder auf das Konzert gegangen und mir viel auf: Curse ist einfach mal ein überragender Rapper. Allein schon, wie er es am Ende schafft, die "Wir versinken im Immer Mehr" Metapher in Zeiten von Seenotrettungen rüberzubringen ohne peinlich zu wirken, ist ganz großes Kino.

Platz 9: Juju - Bling Bling: Da haben die beiden dieses Jahr geklärt, wer die bessere Hälfte von SXTN war. Überraschender Weise ist es die überragende Rapperin und nicht die durchschnittliche Sängerin. Und ja, Juju ist meine letzte Hoffnung, dass die Kids, die jetzt mit dem, was man so Mainstream Rap nennt, auch mal was ordentliches zu hören bekommen. Und dass den jungen Mädchen auch mal ein ordentliches und selbstbewusstes Frauenbild vermittelt wird. Juju schafft beides spielend. Was halt der offensichtliche Unterschied zur eigentlichen Rapgöttin ist:

Platz 8: Fiva - Nina: Was soll ich sagen, ich bin seit 18 Jahren Fiva Groupie. Wie schlimm ist es? Nun ja, ich besitze die allererste Fiva Maxi auf Vinyl. Die, die vor dem Debüt-Album rausgekommen ist. Fiva ist auch die Frau, die mich durch die dunklen Jahre nach der Jahrtausendwende gebracht hat.Und auch ich bin Abends ungern nüchtern.  Ein neues Fiva Album ist also ein Must Have. Und auch nach 20 Jahren ist die einfach nur verdammt gut. Aber sie gibt sich halt inhaltlich zu viel Mühe, um jemals den Großen Durchbruch zu erleben...

Platz 7: Celeste - Lately EP, Compilation 1:1: Ja, schon wieder 2 EPs. Diesmal ist sogar teilweise dasselbe drauf, aber Details. Celeste habe ich das erste Mal als Vorband von der wunderbaren Janelle Monae gesehen. Mein Bruder und ich wurden beim Blödsinn Quatschen ohne jegliche Vorwarnung von dieser Wahnsinnsstimme überrannt. Und fragen uns, wie aus dieser schüchternen, unscheinbaren Dame da vorne solche Töne herauskommen können.
Als sie dann einige Monate später im NJoy Bus auf dem Reeperbahnfestival ihre 10 Minuten hatte, wusste ich schon, dass es gleich all den Passanten, die eigentlich nur zu den Bazzookas wollten, genau so ergehen würde. Und selbst unter den schlechtesten Voraussetzungen hat ihre Stimme bei Strange immer noch ein unfassbare Präsenz.

Platz 6: Brother Ali - Secret & Escapes: Der meiner bescheidenen Meinung nach beste Rapper der Welt kehrt zurück in die Garage und Back to the Basics: 4 Track Recorder, vorgefertigte Beats und nichts als rohe Raps. Raus kommt ein überraschend rundes Ding. Aber für eine höhere Einstufung ist es dann doch irgendwie zu roh. Da ist es das direkte Gegenteil zu:

Platz 5: Solange - When I get Home: Ganz ehrlich, beim ersten Hören dachte ich: Jetzt übertreibt sie es endgültig. Das sind mir zu viele Skizzen, zu wenige wirklich fertige Songs. Und auf dem Gesamten Album gibt es keinen einzelnen klassischen Chorus. Das ganze ist mir zu komplex. Selbst nach dem ich die Dame in der Elbphilharmonie live sehen durfte (und zu der Hälfte gehörte, die es großartig fand), dachte ich "A Seat at a Table" ist besser. Das ist es auch immer noch, nur habe ich mittlerweile erkannt, dass auch ein Album, was nicht ganz so gut ist, wie der vorherige Klassiker, immer noch ein verdammt gutes Album sein kann. Und beim 20. durch hören viel mir dann auf, wie viel auf diesem Album eigentlich passiert. Es ist auf jeden Fall ein Werk, welches man mehrmals auf sich wirken lassen sollte.
Oh und auf die Frage, ob es zu diesem Album eine visuelle Umsetzung geben würde, gab es ein "Ihr wisst schon, wie mein Nachname lautet, oder? Natürlich gibt es die." Damit haben wir das Thema "Musikalische Kunstfilme" für dieses Jahr auch abgearbeitet...

Platz 4: Roger & Stixkay - Flensburg 37: Beim erste Mal "Alles oder Nichts" musste ich mir definitiv eine Träne verdrücken. Der Song alleine hätte dafür gesorgt, dass dieses Album hier auftaucht. Instant Classic. Aber Roger ist halt weit mehr als ein One Hit Wunder, sondern einer der Besten MCs aller Zeiten. Und so liefert er auch noch "Jesus" und "Wenn ich es tue" als überragende Songs... und haufenweise anderen Shit, für den andere Rapper ihre Frauen verkaufen würden... oh warte, die Metapher funktioniert nur in Szenen, in denen Frauen auch geachtet werden... ihr wisst aber bestimmt trotzdem, was ich meine...

Platz 3: Max Herre - Athen: Irgendwie habe ich mich mit diesem Album eingangs unfassbar schwer getan. Also wegen eigentlich sinnlosen Details. Mich gefragt, ob es nicht besser wäre, wenn die erste Single nicht Athen, sondern "5 Km/h auf dem Seitenstreifen" heißen würde und dann in diesem Tempo zum Album führt. Aber wenn du dir schon solche Gedanken machst, fällt dir auf, wie hoch deine Ansprüche an einen Max Herre sind... du solltest dich einfach daran erfreuen, dass der ein Rapalbum gemacht hat und relativ wenig singt. Dazu noch ein Album mit einem sehr hohen Anspruch, sowohl musikalisch, als auch textlich.
Oh und als "Bonus Feature" durfte ich "Das Wenigste" im Sommer live auf einer Parkbühne sehen... Was will man eigentlich mehr von einem Album?

Platz 2: Dendemann - Da nich für! Na gut, dann eben nicht. Hat ja auch lange genug auf sich warten lassen. Aber am Ende ist dieses Album der Beweis, dass die "Böhmermann-Parts" nicht annähernd auf dem eigentlichen "Dende-Niveau" sind und genau deswegen nicht als Album zählen. Denn wenn Dende sich dann wirlklich mal im Studio einsperrt, 2 Jahre lang brütet und hinterher abliefert, kommt Rap auf einem ganz anderen Niveau raus. Was nicht bedeuten soll, dass die Böhmermann-Parts schlecht sind... sie sind es nur, wenn man sie mit nem Dende Album vergleicht. "Müde und in schlechter Verfassung wie Artikel 3" dürfte direkt mal die beste Rapzeile des Jahres sein. Oder ist sie doch nur eine von vielen überragenden Zeilen? Und dieses Album ist halt voll von Zeilen, die ausschließlich Dende bringen kann.
Und das Dendemann im Hohen Alter noch zu einem politischen Rapper werden würde... liegt dann wohl doch wieder am der Arbeit mit Jan, da ging das schließlich los. Jetzt ist halt irgendwie davon auszugehen, dass der Mann 5 Jahre in der Versenkung verschwindet, aber wenigstens hat er vorher mal wieder nen Klassiker abgeliefert...
Andererseits... bin ich vielleicht auch nur nen Groupie und für Dende gelten andere Regeln. Ich sag das mal so: Der ist definitiv der einizge, der die Zeile "Sie sagt Beyoncé ist genau so, denn da warter Sean der Carter" bringen darf... was mich direkt zu

Platz 1: Beyoncé - Lion King: The Gift: Die allgemeine Reaktion auf die Neuverfilmung vom "König der Löwen" war ja: Brauchen wir das wirklich? Natürlich, schließlich gibt es ein vom Film inspiriertes Konzeptalbum von Beyoncé!!! Auf dem sie musikalisch nach Afrika zurückkehrt. (Ok, die echten Experten wissen, dass sie das doch schon mit "Run this World" und "Grown Women" gemacht hat...)
Aber was soll ich sagen, die Vocals von und "Spirit" und "Bigger" treffen mich halt härter als alles andere, was dieses Jahr rausgekommen ist. Und die Rhytmen der Uptempo Dance Nummern belegen halt mal wieder, wie egal der Frau mittlerweile der Mainstream ist, denn in den Diskotheken des Landes wird weiterhin "Single Ladies" gespielt werden... obwohl das Ding verdammt alt ist und sie wesentlich interessantere Dinge macht... Aber die Frau interessiert sich halt nicht mehr dafür, was wird davon halten... die macht einfach nur die Musik, auf die sie gerade Bock hat. Und das macht sie unfassbar gut.

Montag, 23. Dezember 2019

Warum diese Herbstmeister Statistik irrelevant ist

Oder warum RB Leipzig trotz der Herbstmeisterschaft eher nicht Meister wird.

Denn in Leipzig wird ja gerade eine angeblich relevante Zahl in den Raum geworfen: 67% aller Herbstmeister holten am Ende auch den Titel. 2/3 der Miete ist also eingefahren. Das sieht doch richtig gut aus.

Nun ja, man muss diese Statistik halt auch richtig interpretieren. Und dafür etwas genauer hingucken. Denn genau genommen gibt es in Deutschland halt die eine Mannschaft, die eh immer Meister wird... unabhängig davon, ob sie Herbstmeister wurden, oder nicht. Aber gerade wenn sie Herbstmeister wurden, konnte man die Saison praktisch abharken.

Das letzte Mal, dass die Bayern eine Herbstmeisterschaft verspielten, war 2011. Davor passierte es ihnen 1992/93. Anders ausgedrückt: Seit der Einführung der 3 Punkte Regelung verspielten die Bayern eine einzige Herbstmeisterschaft.

Nehmen wir mal genau die 3 Punkte Regelung als Rahmen. Auch wenn das relativ willkürlich ist, aber mein Blog, meine Regeln. Seit dem lagen die Bayern 14 mal nach dem Ende der Hinrunde vorne und wurden dann auch 13 Mal Meister. Das ist eine Quote von 92%. Das ist schon ziemlich überzeugend.

Jetzt kommt aber der unangenehme Teil: die 10 anderen Jahre sieht die Quote nicht annähernd so gut aus. 4 Mannschaften holten dann auch den Titel: Dortmund 96, Kaiserslautern 98, Bremen 2004 und nochmal Dortmund 2011.
Auf der anderen halt nicht so Habenseite verspielten Schalke 2001, Bayer Leverkusen 2002, Werder 2007, Hoffenheim 2009, wieder Leverkusen 2010 und zu guter Letzt Dortmund 2019 die quasi sichere Meisterschaft.

Anders ausgedrückt: In den Jahren, in denen nicht Bayern Herbstmeister wurde, holte dieser nur in 40% der Fälle auch die Schale...

Was lernen wir daraus? Die Dominanz der Bayern ist absurd hoch. Es ist unfassbar wie groß der Vorsprung zwischen denen und dem Rest ist. Das fällt einem halt auf, wenn die auf doppelt so viele Meisterschaften kommen, wie der Rest zusammen. Also seit der Einführung steht es Bayern 16, der Rest der Liga 8.

Zum anderen muss man halt auch die Dominanz der einen Mannschaft berücksichtigen, die Statistiken extrem verfälscht. Zumindest wenn man verlässliche und vernünftige Aussagen anhand der Statistik

Freitag, 20. Dezember 2019

Warum wollen uns alle einreden, dass Floran Kohfeldt ein guter Trainer sein muss?

Und wer überzeugt da eigentlich wen?

Dass Werder Bremen dass selber macht, kann ich ja noch nachvollziehen. Es ist halt deren Vereins-DNA alle paar Jahre einen Trainer zu finden, der dann jahrelang überragende Arbeit abliefert. Anderseits ist Florian Kohfeldt auch erst der 3. Trainer nach der Ära Thomas Schaaf... und bei Otto Rehagel hat es damals 4 "Fehlversuche" gebraucht, bis man den richtigen gesucht hat. Nach der Logik sollte man schnell von Kohfeldt weiterziehen und sich für die Rückrunde einen Interimstrainer suchen, damit es danach dann endlich wieder aufwärts gehen kann...

Aber wie gesagt: Dass Werder seinen Trainer stützt, halte ich ja für völlig normal. Dass aber der Kicker praktisch ein Loblied nach dem nächsten anstimmt und alles im Zweifelsfall für Kohfeldt auslegt...

Fangen wir mal mit den historischen Leistungen von Kohfeldt an. Die ja angeblich so herausragend sein sollen. Klar, als er die Mannschaft im Herbst 2017 zum frühzeitigen Klassenerhalt... mit einer überragenden Serie von 5 Spielen ohne Sieg. Nur um sich dann doch mit einem Dreier in die Sommerpause zu verabschieden. Man könnte auch sagen: Sobald der Klassenerhalt mit 10 Punkten Vorsprung gesichert war, war auch sofort die Luft raus und von Werder kam nichts mehr.

Und klar, er war besser als Alexander Nouri. Aber würde irgendjemand behaupten, dass man ein überragendes Trainertalent sein muss um dies zu schaffen?

Letzte Saison sollte es dann den großen spielerischen Fortschritt geben. Und genau genommen gab es die auch. Nach einer starken Hinrunde mit 31 Punkten lag man sogar auf Europacup Kurs. Aber wie auch im Vorjahr schaffte Kohfeldt es nicht, die Saison vernünftig Zuende zu bringen. Auch wenn es dieses Mal eher Februar war, in dem man kaum was gewinnen konnte.

Und ob es den großen spielerischen Fortschritt wirklich gab... oder Max Kruse einfach nur auffiel, dass er eine richtig starke Saison abliefern muss, wenn er ablösefrei zu einem Champions League Kandidaten wechseln will... im Englischen nennt man das "Contract Year Phenomenon". Am Ende kam er auf 22 Scorerpunkte und war bester Torschütze und bester Vorlagengeber. Wie viel Einfluss Kohfeldt wirklich auf die Motivation hatte... vielleicht lag es daran, dass er seinen Ausnahmespieler zum Kapitän gemacht hat und ihm, was echt auch keine Kunst ist, alle Freiheiten gab, die er so braucht. Oder aber Kruse beschloss selber, dass er diese Saison mal richtig Dampf macht, damit er hinterher die Millionen absahnen kann. Faszinierender Weise ist er jetzt bei einem Tor in der türkischen Liga...
Und dieses Jahr stellt Werder fest, dass sie ohne ihren Fixpunkt nichts auf die Reihe bekommen. Sind wir uns sicher, dass Werder ohne Kruse letzte Saison nicht auch auf Platz 16 gelandet wäre?
Vor allem tun jetzt alle so, als wäre es eine überragende Trainerleistung gewesen mit diesem Verein im gesicherten Mittelfeld zu landen. So als würden wir von Düsseldorf oder Paderborn reden. Im Wesentlichen hat er eine ordentliche Saison abgeliefert, nicht mehr und nicht weniger.

Aber die Freisprüche für Kohfeldt gehen ja noch weiter. Im heutigen Kicker wird echt die Frage gestellt, ob es dem Trainer "anzulasten" ist, dass sich die Talente "zuletzt eher zurück entwickelten"... ähm... Wem soll man das sonst anlasten? Dem Platzwart?

Und es ist ja nicht so, dass ein einzelnes Talent nicht den erhofften oder erwarteten nächsten Schritt in der Karriere gemacht hat. So was kann halt passieren. Aber weder Johannes, noch Maximilian Eggestein oder Marco Friedl oder Sargent Joshua oder Milos Veljkovic haben sich entwickelt. Und genau genommen ist das, und nicht die Verletztenmisere, das eigentliche Problem. Denn wenn ich darauf hoffen muss, dass mein 34 jähriger Kapitän die Saison verletzungsfrei übersteht, weil keiner der nachkommenden Verteidiger einen relevanten Entwicklungsschritt, der kommen musste, gemacht hat... dann kriege ich halt ein Problem.
Die einzige Ausnahme ist an der Stelle Milot Rashica. Aber wenn man sich die anderen so anguckt, kann man sich schon fragen, ob der sich wirklich wegen Kohfeldt entwickelt hat.
Nur so als Vergleich: Nur weil Heiko Herrlich in Leverkusen die Entwicklung des überragenden Talentes Kai Havertz nicht verhindern konnte, macht ihn das nicht zu einem überragenden Trainer... Vielleicht ist es bei Kohfeldt ähnlich und er trägt die Verantwortung dafür, dass 4 von 5 Talente nicht vom Fleck kommen.

Und die Mannschaft sowohl als Gruppe, als auch individuell weiterzuentwickeln ist doch die Aufgabe des Trainers.

Dazu kommt natürlich noch die hypothetische Frage ob es sich hier wirklich nur um Verletzungspech handelt... oder doch auch um ein strukturelles Fitnessproblem. Das ist halt die Frage nach dem Huhn und dem Ei. Und selbst Leute mit einer medizinischen Fachausbildung dürfte da zu keiner eindeutigen Antwort kommen.

Im Wesentlichen macht Kohfeldt echt immer noch dasselbe wie im letzten Jahr. Er hat es immer noch nicht geschafft einen Sargent so viel besser zu machen, dass der an einem Ü40er Angreifer vorbeizieht. Er hatte auch letztes Jahr einige heftige Pleiten im Angebot.  Nur hat er dieses Mal keinen überragenden Offensivakteur, der seine Probleme überdeckt.

Aber Kohfeldt hat es halt irgendwie geschafft vom DFB als "Trainer des Jahres 2018" ausgezeichnet zu werden. Und wer wenn nicht der DFB hat Ahnung von überragenden Trainern, die beschäftigen seit Jahren Jogi Löw... Also vertrauen alle auf deren Expertise und legen sich fest, dass Kohfeldt nicht der Schuldige ist...

Samstag, 14. Dezember 2019

Hat sich schon jemand bei Basaksehir bedankt?

Das wäre mal fällig.

Und ja, ich wollte das eigentlich schon gestern machen. Aber besser spät, als nie. Also hier ist es:

Danke, du komischer Türkischer Verein mit den unausschreiblichen Namen. Danke, dass ihr Borussia Mönchengladbach aus der EuroLeague geschmissen habt.

Warum?

Nun ja, erst Mal zu dem offensichtlichen: Ihr erspart der DFL ein absurdes Terminproblem: Wenn Gladbach die Vorrunde der Europa League überstanden hätte, gäbe es auf ein Mal 4 Teilnehmer an der K.O. Phase. Was auch nur bedeutet: Wir müssten unsere 4 am Donnerstag aktiven Mannschaften auf 3 Spiele am Sonntag oder Montag verteilen.
An der Stelle sollte man auch noch mal Barcelona lobend erwähnen, die, obwohl es für sie um nichts mehr ging, dafür gesorgt haben, dass Dortmund ins Achtelfinale der Champions League einzieht. Und ja, es gab diese Woche ein Szenario, dass zu 5 Euro League Teilnehmern geführt hätte. Was ein absolutes Terminchaos ausgelöst hat.

Aber fast noch viel wichtiger: Basaksehir hat die Bundesliga richtig spannend gemacht. Denn auf ein Mal ist "Gladbach zieht das durch" ein überraschend realistisches Szenario. Also zumindest realistischer als vorher.

Also um kurz 2 Quervergleiche zu ziehen: Eintracht Frankfurt hätte ja letzte Saison am Ende fast eine brutale Zeche für ihren überragenden Einsatz auf internationalen Paket bezahlt. Denn am Ende landete man mit 7 sieglosen Spielen in Folge gerade so auf Platz 7. Was wieder alles über das allgemeine Niveau der Bundesliga aussagt: Der letzte Europacup Teilnehmer ist einfach derjenige, der es nicht verhindern kann auf Platz 7 zu landen. Aber Meister wird man so nicht. Nicht mal in der Bundesliga.

Aber wie wird man denn Meister, wenn man nicht Bayern heißt? Nun ja, gucken wir uns doch mal das Letzte Beispiel an: So unvorstellbar das für die Liverpool Fans sein mag (Jürgen Klopp hat die bisher jedes Jahr in ein internationales Finale geführt...), aber Dortmunds internationale Erfolge waren in Klopps Anfangszeit überschaubar. Selbst in der ersten Meistersaison scheiterte man an Paris und Sevilla in der Gruppenphase.Das Endergebnis sollte allen bekannt sein: Dortmund konnte seinen riesigen Vorsprung verteidigen und den großen Einbruch verhindern.

Und wo wir schon dabei sind: Auch der VfL Wolfsburg verabschiedete sich 2009, wenn auch erst nach der Vorrunde, vor dem Frühjahr aus dem internationalen Geschäft. Nur um danach dann eine epische Rückrunde mit 14 Siegen auszupacken und Überraschungsmeister zu werden.

Die Wahrscheinlichkeit, dass Gladbach Meister wird, ist jetzt also drastisch gestiegen. Und selbst wenn sie es nicht werden, sollten sie zumindest so lange oben mitmischen, dass das Saisonfinale dieses Jahr spannend werden dürfte. Und all das wegen einer verkackten Nacht im Dezember...

Mittwoch, 4. Dezember 2019

Was mich an der aktuellen "Poliziekosten" Diskussion ja am meisten irritiert

Und Vorsicht, jetzt wird es politisch. Also so richtig politisch.

Also laut Montags-Kicker weist Roger Lewentz auf der Innenministerkonferenz darauf hin, dass sich die DFL "mit Blick auf die steigenden Milliardenumsätze" an den Polizeikosten beteiligen könnte. "Eine bundeseinheitliche Gebührenordnung ist vorstellbar." Was nicht alle so sehen, andere wollen das Polizei-Monopol beim Staat lassen.

Und gestern streiten sich dann Karlheinz Rummenigge und Marco Bode über ihr Solidaritätsverständnis. Jeder aus seiner egoistischen Sichtweise. So, dass er weniger bezahlen muss.

Wisst ihr, was das faszinierende daran ist: Es gibt in diesem Land bereits eine bundeseinheitliche Gebührenordnung, die zumindest grob auf Solidaritätsbasis funktioniert. Also so, dass die die mehr haben zumindest theoretisch mehr bezahlen, als die, die nichts haben. Und durch diesen Beitrag wird dann der Staatsapparat finanziert. Also die Millionengehälter für Uschis Berater, ohne die hier alles zusammenbrechen würde. Diese Gebührenordnung nennt man ganz praktisch "Steuern".

Hier wurde ja schon mal grob vorgerechnet, dass ein Verein wie Werder Bremen verdammt viele Steuern für die Stadt Bremen generiert. Dass das von Werder Seite noch niemand erwähnt hat, ist schon irgendwie komisch.

Dass jetzt selbst die Innenministerkonferenz, auch wenn sie indirekt praktisch von einer Steuer sprechen, den Begriff an sich meiden. Weil der Ruf dieser Zwangsabgaben halt verdammt schlecht ist. Wir glauben halt, dass mehr Steuern Arbeitsplätze vernichtet... oder so.

Praktisch gesehen wäre es kein Problem Veranstaltungen mit einem garantiert erhöhtem Polizeiaufkommen (also Bundesligaspiele, Oktoberfeste und Nazi-Festivals) mit einer entsprechenden Steuer zu belegen, durch die die Polizeieinsätze finanziert werden. Die kann so hoch angesetzt werden, dass sie der DFL mit ihrem Milliardenumsätzen nicht mal schadet und trotzdem alle kosten deckt. Die Regierung kann das morgen beschließen, wenn sie das wollen.

Oder man macht es wie die Franzosen und hebt den Spitzensteuersatz an. Alle Bundesligaprofis zahlen den... Da kommt auch einiges an Kohle zusammen.

Oder sie rechnen durch, dass die Polizeikosten bereits durch all die Steuern, die solche Veranstaltungen generieren, bezahlt werden. Wenn man zu diesem Schluss kommt, kann man die Debatte dann auch beenden. Und jedes Mal, wenn ein "Zivilist" mit dem "Warum verschwenden wir dafür Steuergelder" Argument kommt, kann man dann mit dem "Wir haben das durch gerechnet, die zahlen mehr Steuern als du" kontern.

So oder so wäre es ein sachliches und definitives Ende dieser an sich sinnlosen Debatte.
Aber es ist echt faszinierend, wie viel Angst man in diesem Land vor Steuern hat. Wie dieser Begriff von allen Beteiligten krampfhaft vermieden wird. Und dadurch kann man die eigentlich nötige Debatte nicht führen: Zahlt die Bundesliga genug Steuern auf alles, was die so machen, oder nicht?

Montag, 2. Dezember 2019

Worst of des "Der Dead Coach Bounce kommt an seine Grenzen" Wochenendes

Man konnte ja an diesem Wochenende wunderbar feststellen, wie lange so ein "Dead Coach Bounce" anhält und wann der Effekt verpufft. Am deutlichsten und schnellsten ging das bei Jürgen Klinsmann. Der hauchte den Dortmundern echt 20 Minuten lang neues Leben ein, bevor sie dann doch wieder in den Lucien Favre Lethargie Modus schalteten.
Es ist natürlich ein bisschen blöd für die Hertha, die ja eigentlich darauf gesetzt haben, dass ihre Mannschaft einen Motivationsschub bekommen würde. Aber praktisch spielten die dieselbe "Bemüht, aber glücklos" Grütze wie vorher unter Ante Covic. Und wo der kurzfristige Effekt ausgeblieben ist, muss Klinsi jetzt durch vernünftige und sachliche Arbeit Veränderungen herbei führen... aber dafür hat er ja einen Performance Manager eingestellt...

Auch Hansi Flicks "Ich habe noch nie ein Profispiel als Cheftrainer verloren" Serie ging in dem Moment zu Ende, wo er erstmals auf einen Gegner traf, der sich wehrte. Und das trotz Überzahl in der Schlussphase. Noch wird natürlich das "Flick wird unterschätzt, der ist viel besser, als wir alle denken" Narrativ bedient. Aber wenn das so weiter geht, muss er sich am nächsten Wochenende fragen lassen, wie er eigentlich Robert Lewandowski kaputt gemacht hat. Der Pole ist schließlich seit desaströsen 194 Minuten ohne Treffer in der Bundesliga. Wird man die Nachspielzeit mit eingerechnet, sind es sogar 200 Minuten. Offensichtlich hat der Pole keinen Bock auf Hansi Flick... oder ist in einer fundamentalen Krise...

Die eigentlich spannende Frage: Wurden bei den 1356 Minuten, die Thomas Müller auf ein Bundesligator gewartet hat, nur mit 90 Minuten pro Partie gerechnet? Oder mit den 94, die realistischer sein dürften? Wie hat es ein Müller eigentlich geschafft, als Bayern-Angreifer so lange ohne Treffer zu bleiben? Ich meine, dieses Wochenende hat doch nachgewiesen, dass er nur grob Richtung Tor schießen muss, damit so ein Ball mal reinfällt... hat er das wirklich 1356 Minuten lang nicht versucht? Kann es am Ende sein, dass Thomas Müller einfach nachgelassen hat und gar nicht mehr so gut ist? Warum hat uns das keiner gesagt?
Oh und nur so nebenbei: Dass war das 88. Bundesligaspiel, in dem Müller getroffen hat... Und es war das erste Mal, dass er nach einem Treffer als Verlierer vom Platz ging. Das ist eine ziemlich absurde Statistik, die man einfach mal teilen muss...

Bleibt noch die absurde Geschichte, dass es im Jahr 2019 trotz Videobeweis noch Schiedsrichter gibt, die auf eine Schwalbe reinfallen. Das sind so Dinge, die einfach nicht mehr passieren sollten. Die völlig inakzeptabel sind. Aber die vor allem eines beweisen: Das Problem ist nicht der VAR, das Problem ist die Qualität der deutschen Schiedsrichter. Warum hat uns das keiner gesagt?

Und zu schlechter Letzt müssen wir über einen neuen Trend in der Bundesliga reden: Die neue Angewohnheit der Spieler bereits vor der Pause vom Platz zu fliegen. Ernsthaft, diese Bewegung kommt aus dem nichts, wird aber schlagartig zum neuen Trend, Angefangen hat damit Jerome Boateng am 10. Spieltag in Frankfurt. Da konnte man das noch als Teil der Demontage von Niko Kovac betrachten. Letzte Woche erwischte es dann Marcel Tisserand, Rune Jarstein, Ridle Baku. Faszinierender Weise gewannen Wolfsburg und Mainz trotz langer Unterzahl... Vielleicht gab es deswegen diese Woche mit Mats Hummels, Andre Hahn und Rafael Czichos 3 weitere Nachahmer. Deren Mannschaften verloren nebenbei allesamt auch nicht. Und gerade Andre Hahns Platzverweise hatte etwas von "Ihr kriegt hier keinen Vorteil, weil ihr in Unterzahl spielt, das kann ich verhindern!"
Ernsthaft, wie oft ist es in der Bundesligageschichte vorgekommen, dass an 2 aufeinander folgenden Spieltagen jeweils 3 Spieler vor der Pause vom Platz gestellt worden sind? Und dass dann nur eine der 6 Mannschaften ihr Spiel zu Zehnt verloren hat? Manchmal ist die Bundesliga wirklich nur absurd...

Donnerstag, 28. November 2019

Hall of Shame / Positionsbeschreibung: Schalke 04 Angreifer

Wisst ihr, was ich viel zu lange nicht gemacht habe und was dringend mal wieder dran ist? Unmotiviert auf Schalke 04 rumhacken.
Unmotiviert stimmt natürlich gar nicht, die Motivation kommt von meinem Stammleser der ersten Stunde Phil, der Mark Uth unter der Kategorie "Marius Ebbers Angreifer" einsortieren wollte. Was fachlich falsch ist, der ist ein:

SCHALKE 04 ANGREIFER!!!!

Ok, hier eine kurze Definition dieses Spielertyp: Wir reden von einem Stürmer, der seine Bundesligatauglichkeit bereits nachgewiesen hat. Idealer Weise, in dem er 10 Tore geschossen hat. An Toren kann man so was ja bei Stürmern relativ gut messen. Dann wechselt dieser Spieler mit einem gewissen Hype zu Schalke 04, erreicht dort aber nie wieder dieses Niveau. Es gibt in diesem Jahrtausend überraschend viele Spieler, auf die dies zutrifft und man muss die Regeln erstaunlich selten brechen.

Mark Uth: Das erste, was mir auffällt, ist ja: Mark Uths Fussballdaten.de Profil ist kaputt. Sein Wechsel nach Schalke hat hat ihn derart ruiniert, dass er seit 2016 keine Bundesligaspiele mehr absolviert haben soll... und dass er als Schalke II Spieler geführt wird. Ich hoffe mal, dass dies kein generelles Problem ist, denn Fussballdaten.de ist meine Primärquelle...
Auf Transfermarkt.de bekommt man dann raus, dass Uth 14 Tore in seiner letzten Saison für Hoffenheim erzielt hat. Wikipedia teilt uns dann mit, dass es seit dem 2 Tore von ihm im Schalker Trikot gab. Ein beeindruckender Leistungsabfall, den man als Ausnahme abheften könnte, wenn es davon nicht so viele geben würde.

Apropos Ausnahmen. Der nächste ist eine:
Breel Embolo: Alle waren sich ziemlich sicher, dass Breel Embolo eines dieser "Die können nicht scheitern" Talente ist. Einer dieser Spieler, die selbst Heiko Herrlich nicht versauen kann. Dann ging er nach Schalke. Und zugegebener Weise wurde ihm das Bein gebrochen. Auf ziemlich brutale Weise in seiner Debütsaison. Dass Embolo aber selbst 2 Jahre danach noch nicht wieder auf die (hust, hust) Beine kam, könnte dann auch an Schalke liegen. Und natürlich ist diese Nominierung auch mit der Hoffnung verbunden, dass Embolo dieses oder nächstes Jahr für Gladbach die 10 Tore Marke knackt, denn technisch gesehen kann ich ihn erst danach auf diese Liste packen.

Guido Burgstaller: Und all so häh? Der hat doch nur für Schalke in der Bundesliga gespielt? Und das sogar in der ersten Saison ziemlich gut! Stimmt. Es beweist aber nur, wie komplex die Schalke 04 Angreifer DNA ist. Natürlich muss Burgstaller erst Mal nachweisen, dass er kein einfacher Marius Ebbers Angreifer ist. Das wäre ja zu einfach. Also erzielt er direkt 9 Tore in der ersten Halbserie. Und dann 11 in seiner ersten vollen Saison. Damit halt Schalke doch endlich den Stürmer für die nächsten Jahre gefunden! Nun ja... mittlerweile versuchen die irgendwie Platz in ihrem Budget frei zu schaufeln, damit sie im Winter einen neuen Angreifer verpflichten können... weil Burgstaller seit 1 1/2 Jahren... nun ja... wie ein Spieler auftritt, der vor 1 1/2 als Hoffnungsträger für den Schalker Angriff verpflichtet worden ist...

Eric Maxim Chupo-Moting: Erinnert ihr euch noch an den? Also an die Mainzer Version, die, wenn sie fit war, 10 Tore pro Saison erzielte. Also 2 Mal... Als Schalker Fan war man ein Mal dicht dran, aber nach 2 weiteren weitgehend ereignislosen Jahren ging Chupo-Moting ablösefrei nach England. Und heute spielt er, als einer der absurdesten Plottwist, seinen Part in einer der teuersten Offensivreihen aller Zeiten bei Paris St.Germain. Klar, als Ergänzungsspieler, aber wenn jemand einem Schalker Fan gesagt hätte: 2020 spielen Chupo-Moting und Julian Draxler zusammen in Paris. Hätte der gesagt "Auf keinen Fall, der eine ist unsere Zukunft und wird für immer bleiben..."

Chinedu Obasi: Das hätte man kommen sehen können. Schließlich war Obasis eine Gute Saison schon eine Weile her in der 2. Liga. Aber er war Teil dieser absurden Hoffenheimer Himmelstürmer und genoss deswegen einen guten Ruf. Und hey, Schalke kann sogar behaupten, dass er sich auf Schalke verbessert hat. Immerhin traf er in der Rückrunde ein Mal.
Hmm... wer hätte 2009 gedacht, dass Obasi nur ein "Marius Ebbers Angreifer" ist? Da schien so viel mehr möglich... Aber dann kam halt Schalke...

Franco di Santo: Gefühlt finanziert sich Werder Bremen ja dadurch, dass sie Spieler in ihrem System gut aussehen lassen und sie dann nach Schalke verkaufen, ohne das Schalke dadurch besser wird. Nirgends wurde dies so deutlich wie bei di Santo, für den Schalke nach seiner ersten ordentlichen Saison 8,5 Millionen Euro hinblätterte. Nur um als Gegenwert 5 Tore in 3 1/2 Jahren zu bekommen. So sieht ein ganz normaler Schalke-Transfer aus...

Ciprian Marica: Langsam gehen einem echt die dummen Sprüche aus. Vor allem, weil man im wesentlichen immer dasselbe schreibt. Aber das ist ja das faszinierende daran: Marica knackte 2010 die 10 Tore Marke, wechselte ein Jahr später nach Schalke... und war nach 2 Jahren auf Schalke (und 5 Toren) direkt 2 Monate arbeitslos.

Raffael: Dies ist ein doppelt faszinierendes Exemplar. Denn wenn man sich an die Berliner Version erinnert, kommen die Hertha Fans ins Schwärmen. Und in Gladbach ist er seit Jahren Fixpunkt in der Offensive. Auch wenn er inzwischen in ein gewisses Alter gekommen ist, in dem die Lichtblicke rarer werden. Dazwischen gab es 6 Monate im Schalker Trikot, die niemanden in Erinnerung bleiben... Ernsthaft, wenn ich Raffael und Schalke in der Bildersuche eintippe, ist das 3. Bild bereits im Gladbach Trikot. Insgesamt scheint es davon 5 zu geben. Es dürfte mehr Bilder von Raffael in Spielen gegen Schalke geben, als im Schalker Trikot...

Ailton: Eigentlich ist Ailton ja der Überklassiker. Er kam als Torschützenkönig vom Meister. Und er wurde auf Schalke nicht glücklich. Hier ist das faszinierende: In seiner einen Schalker Saison war er eigentlich richtig gut. Überlegt selber mal kurz, wie viele Angreifer in diesem Jahrtausend 14 Tore in einer Saison auf Schalke erzielt haben... Fallen euch mehr als 4 ein? Wird euch dann bewusst, dass einer der 4 Ailton ist? Aber trotzdem war er halt nach einer Saison schon wieder weg, weil ein torgefährlicher Stürmer halt so gar nicht nach Schalke passt... oh und praktisch gesehen halbierte er immer noch seine Torquote, das sollte also trotz der 14 Tore für eine Nominierung reichen. Oh und Ailton war nach seinem Wechsel zu Schalke nie wieder derselbe. Was ehrlicher Weise mehr an ihm gelegen haben dürfte, ich erwähne es trotzdem.

Und als Bawful Bonus Kandidat: Viktor Agali: Ok, Agali hat nur gefühlt in jedem seiner Hansa Jahre 18 Tore erzielt. Praktisch kam er insgesamt auf diese 18 Tore, aber so ist das halt als Fan. Trotzdem hat er mehr Tore für Hansa als für Schalke erzielt... deswegen wird er hier erwähnt. Außerdem habe ich damit meine Standart Hansa Referenz eingebaut...

Damit sind wir auch schon am Ende. Das Ende bedeutet: 9 Stürmer haben ihre Karriere durch einen Wechsel zu Schalke entweder aufs Spiel gesetzt oder ruiniert. Das ist eine beeindruckende Bilanz für einen einzelnen Verein. Da kommen nicht mal die Bayern-Talentverschwender ran (obwohl die eventuell als nächstes dran sind).

Das macht aber vor allem die Leistung von 3 Spielern noch viel herausragender: Ebbe Sand, Kevin Kuranyi und Klaas Jan Huntelaar. Das sind die 3 Angreifer, die nach Schalke gewechselt sind und danach konstant Leistungsträger waren. Die es geschafft haben für diesen Verein, der eigentlich jeglichen Esprit und jegliche Torgefahr aus seinen Angreifern heraus saugt, über 70 Tore zu erzielen. Das ist eine unfassbare sportliche Leistung, die man auch mal angemessen würdigen sollten.
Da fällt mir auf: Ist das jetzt eigentlich noch ne Positionsbeschreibung, oder ein Eintrag in die Hall of Shame? Passen wir die Überschrift an und machen beides draus...

Mittwoch, 27. November 2019

Passives Abseits vs Tradition: Teil 4: Was macht einen Traditionsverein eigentlich aus?

Um nochmal ein theoretisches Schema zu erschaffen, an dem man sich an praktischen Beispielen voran arbeiten kann.

Eigentlich sollte es doch verdammt einfach sein. Aber wenn man die Suche dann bei Google eingibt... findet man nur Fragen und keine Antworten...
Am besten ist der Satz "Ein Traditionsverein ist ein Verein, der auf eine Lange Tradition zurückblicken kann." Wenn man sich bei der grundlegenden Definition schon im Kreis drehen muss, hat man irgendwie ein Problem.

Als erstes landet man natürlich bei:
Ein Traditionsverein muss alt sein!

Da kommt aber auch sofort das erste Gegenbeispiel: Der 3. älteste Bundesligist ist die TSG 1899 Hoffenheim. Also ein Verein über den sich (bevorzugt die Dortmunder) Ultras gerne aufregen, obwohl ihr Verein 10 Jahre jünger ist. Und den sie wohl nie in ihren eigenen Reihen aufnehmen werden.  

Ein weiteres praktisches Beispiel ist Lipsia Eutritzsch 93 e.V..  Von den habt ihr wahrscheinlich noch nie was gehört, aber ich sag das mal so: die fehlende Zahl vor dem 93 ist keine 19... Somit taucht er dann teilweise in den Listen der 5 ältesten Fußballvereinen Deutschlands auf. Diese sind nicht immer ganz eindeutig, weil einige nur reine Fußballvereine zählen, andere auch Fußballabteilungen.
Das wirklich relevante ist: Wenn es um die Leipziger Traditionsvereine geht, nennt man immer erst Mal Lok Leipzig und Chemie. Selbst in der Stadt kommt kaum jemand auf die Idee, Lipsia zu nennen. Und ja, ich habe 8 Jahre Fußball in Leipzig gespielt, herausgefunden, dass dieser Verein so verdammt alt ist, habe ich trotzdem gerade bei der Recherche für diese Serie.

Nebenbei ist keiner der Vereine von der Fussball.de Liste heute wirklich relevant. Am ehesten ist es der Kieler FV, aus dem dann Holstein Kiel hervorgegangen ist. Aber wenn man heute an Holstein Kiel denkt, denkt man doch zuerst an den aufstrebenden Verein aus dem Norden, der plötzlich an die Tür der Bundesliga klopfte und nicht an eine Mannschaft mit ellenlanger Geschichte.

Letztes Beispiel: In der letzten Socrates wurde der 2. Vorstand des ältesten immer noch existierenden Sportverein Deutschlands interviewt. Ihr kommt garantiert nie darauf, wie der heißt. Wobei natürlich auch dieser Verein ein 50 jähriges Loch in seiner Geschichte hat, weil er nach der Wende neu gegründet werden musste...

2. Ein Traditionsverein muss erfolgreich sein!
Natürlich nicht. Die klassische Tradition des FC Bayern Münchens ist überschaubar (also verglichen mit sagen wir 1860 München), aber sie sind halt verdammt erfolgreich und haben deswegen weltweit verdammt viele Fans. Das soll auch kein Vorwurf an die Fans sein, manche wollen halt hauptsächlich guten und erfolgreichen Fußball sehen.
Eigentlich sollte dieser Beitrag natürlich auch heißen: Ein Traditionsverein funktioniert ohne Erfolg. Eher im Gegenteil: Solange einem nie so richtig das Herz gebrochen wurde, ist man kein Traditionsfan.
Traditionsvereine zeichnen sich ja gerade dadurch aus, dass sie unabhängig von von kurzfristigen Erfolgen funktionieren. Am praktischsten lässt sich das gerade am 1.FC Kaiserslautern zu verdeutlichen: Praktisch ist dieser Verein das reinste Chaos. Er stolpert von einer Katastrophe in die Nächste. Und er ist mittlerweile dichter an der 4. als an der 1. Liga. Trotzdem bewegen sich zu jeden Heimspiel 20.000 Menschen ins Stadion... Um derzeit einen Abstiegskandidaten zu sehen.
Selbst wenn der Konkurs nicht mehr aufzuhalten ist und der Verein in der Kreisklasse wieder anfangen muss, wird er immer noch die Leute in der Pfalz bewegen.
Ähnliches ist ja damals bei Lok Leipzig passiert, die buchstäblich von der Kreisklasse bis in die Regionalliga marschiert sind. Die dabei aber auch einen erstaunlichen Rückhalt in der Stadt hatten.

Genau das hat mich ja so an den Aussagen von Dirk Zingler in der Saisonvorschau für Union Berlin so schockiert: Da macht sich ein Präsident sich Sorgen darum, dass sein Verein von der Landkarte verschwindet, wenn man sich nicht für Investoren öffnet. Dabei sollte man doch einer dieser Vereine sein, die, solange man seriös wirtschaftet, auch in der Regionalliga funktionieren können. Also die wahren Union Fans werden dann immer noch ins Stadion gehen und ihren Verein unterstützen. Eine derartige Institution kann gar nicht von der Landkarte verschwinden.

3. Ein Traditionsverein braucht eine eigene Identität. Auch jenseits des Platzes.
Wo wir schon bei Union sind: Der Verein bezieht seine Tradition halt als "Arbeiterverein". Als Gegenpol zu den etablierten Bonzen von BFC Dynamo und Hertha BSC. Diese Position macht den Mythos Union am Ende doch aus.
Das Klischee behaftete Beispiel ist da doch Schalke 04 als der ultimative "Kumpel-Klub". Mittlerweile wird praktisch keine Steinkohle mehr in Deutschland gefördert, aber das Image wird von den Schalkern weiter gepflegt. Was ich auch gar nicht kritisieren will, es fasziniert mich nur. Also das ein Verein, der am russischen Gashahn hängt, die Deutsche Kohleförderung glorifiziert... es führt aber zu:

4. Ein Traditionsverein muss tief in seiner Heimat verwurzelt sein.
Das ist ja etwas, was RB Leipzig auch in 100 Jahren noch nicht erreicht haben wird. Selbst wenn die dann Rekordmeister sein sollten. Dann wird es immer noch heißen: Ist schön, aber die Vereine, die das Stadtbild immer geprägt haben, waren andere. Ihr seid immer noch die Österreicher...

Das ist natürlich etwas, was sich sehr schwer fassen lässt. Anders ausgedrückt: Gibt es eigentlich irgendwo eine Studie, die einen Zusammenhang zwischen erfolgreichen Traditionsvereinen und den Jugendmannschaften in der Stadt des Traditionsvereines untersucht? Meine persönliche, aber sehr subjektive (und eventuell etwas veraltete) Erfahrung ist ja, dass in Rostock und Umgebung jeder 15-jährige den Traum gehabt hat, dass er beim jährlichen Schützenfest der Hansa Jugend gegen den eigenen Verein von einem Scout entdeckt wird. Was natürlich nie passierte. Wie will man bei einem 0:18 gegen den jüngeren Jahrgang auch glänzen? Aber es führte halt dazu, dass jeder Verein bis zum hintersten Dorf von der D-Jugend hoch eine Jugendmannschaft für jeden Jahrgang gestellt hat.
Als es dann fürs Studium nach Leipzig ging, gab es regelmäßig Mannschaften ohne A-Jugend/U19 Mannschaft. Was suboptimal ist, wenn man in einer 2. Mannschaft spielt, die eigentlich davon lebt, dass jedes Jahr 3-4 Spieler nachrücken.
Und trotz des theoretischen Boom-Faktors Weltmeisterschaft im eigenen Land. Aber das war halt auch zu Hochzeiten des Traditionskrieges, als man als Fan des einen Vereins Angst haben musste, dass man auf seiner Weihnachtsfeier vom anderen Lager überfallen wird. Es fehlte halt dieser Lokale Magnet, zu dem sich jeder Fußballer der Stadt hingezogen fühlte und wegen dem man mit dem Kicken begann.
Um das zu verdeutlichen: Die A-Jugend Kreisklasse in Leipzig besteht nur noch aus 6 Mannschaften, weil eine bereits aufgegeben hat.
Andererseits... gibt es in Rostock anscheinend keine Kreisklasse mehr, sondern nur noch die "OSPA Landesklasse Staffel I"... Ich sag das mal so: Dass jetzt meine beiden Jugendvereine und der Verein meines Großvaters und Vaters in derselben niedrigsten Staffel spielen, obwohl letzterer eigentlich ziemlich weit weg liegt, beunruhigt mich etwas... wo war ich?
Oh ja, wenn ihr euch fragt, warum hier gerade so wenig veröffentlicht wird: Weil ich irgendwie zu viel Zeit mit solchen erst Mal sinnlosen Recherchen verbringe und dann hoffe, dass sie irgendwo reinpassen.

Jedenfalls sollte sich Strahlkraft eines Traditionsvereines auch in der Breite der Gesellschaft auffallen. Einerseits im Breitensport. Andererseits aber halt auch im Stadtbild. Einerseits natürlich durch ein Stadion und ein Vereinsgeländer, welches seit Ewigkeiten da ist, aber halt auch ausschließlich mit diesem Verein in Verbindung gebracht wird. Dazu kommen halt so Kleinigkeiten wie "Graffiti". Ich bin ja Freund von der absurden These, dass man in Rostock 80 Km in jede Richtung fahren kann und wenn es dort irgendwo ein Fußball-Graffiti gibt, ist es in 90% der Fälle eines von Hansa.
Und wenn ein Traditionsmannschaft ein Heimspiel austrägt, prägt es halt auch das ganze Stadtbild. Weil die Fans im gesamten Stadtbild präsent sind, was einem auch irgendwie das Gefühl vermittelt, dass die gesamte Stadt mitfiebert. Das zeigt halt, wie eng die Verbindung zwischen Traditionsverein und Stadt sind.

5. Traditionsvereine dürfen keinen Investor/ Mäzen haben.
Ist natürlich nur ein Scherz. Investoren haben so gar keinen Einfluss auf den Traditionsstatus eines Vereins. Ein 1860 München verliert ihn nicht, weil man am Tropf von Hasan Ismaik hängt.
Aber das wirklich faszinierende ist ja, wie viele abgestürzte Traditionsvereine in der letzten Kicker Serie (die kommt ja mittlerweile gefühlt ein Mal im Jahr) die klassische "Solange der Mäzen Geld hatte, ging es dem Verein gut, seit dem geht es bergab" Geschichte sind. Nehmen wir mal das aktuell dramatischste Beispiel: SG Wattenscheid 09: Klaus Steilmann führte diesen Verein als Quasi Vorbild von Dietmar Hopp in die Bundesliga. Und jetzt gingen dort endgültig die Lichter aus und der Spielbetrieb im Männerbereich wurde eingestellt. Was dann überregionale Wellen geschlagen hat, nachdem man vorher Wattenscheid einfach vergessen hatte. Und diese Wellen waren nicht im "Mäzenklub endgültig pleite gegangen" Duktus... sondern im "Hier stirbt ein Stück Fußballtradition". Und all die Leute, die Hopp kritisieren, haben Wattenscheid dann ihr Beileid ausgesprochen...

Warum? Nun ja, finden wir es gemeinsam im Verlauf der nächsten Ewigkeit raus. In dem wir uns mehrere Beispiele von Traditionsvereinen genauer angucken.

Montag, 25. November 2019

Worst of des ultimativen "Dead Coach Bounce" Wochenendes

Wenn das nicht das perfekte Konzept für eine Comeback ist.

Und klar, Hansi Flicks "Dead Coach Bounce" setzte bereits letzte Woche ein. Aber er dürfte auch am heftigsten ausfallen. Also ernsthaft: Gibt es irgendwelche Anzeichen, dass Hansi Flick ein guter Coach ist?

Mich erinnert das alles an, um ein ganz großes Bild zu erschaffen, den Friedensnobelpreis für Barrack Obama. Der hat den bekommen, weil er... ähm... ja... also... offiziell für seine „außergewöhnlichen Bemühungen, die internationale Diplomatie und die Zusammenarbeit zwischen den Völkern zu stärken“. Praktisch bekam er ihn, weil er auf George W. Bush folgte. Und ohne in der Außenpolitik irgendwas anders zu machen, wirkte er wie ein Held.
(Btw: Ist der Nobelpreis 2025 eigentlich schon für den auf Donald Trump folgenden Präsidenten reserviert?)
Genau so ist es jetzt bei Hansi Flick. Zuletzt war der im Jahr 2005 bei der TSG 1899 Hoffenheim als Cheftrainer angestellt. Das war in der Regionalliga. Danach machte Jogi Löw ihn zum Co-Trainer seiner Nationalmannschaft. Darauf folgten 5 Jahre als Sportdirektor... also Jogis treuer und ergebener Mitarbeiter wurde zu seinem Vorgesetzten. Das hat auch überraschend gut funktioniert. Also mit einer relativ enttäuschenden EM und einer katastrophalen WM. Vielleicht hätte man doch Matthias Sammer mehr Kompetenzen geben sollen.

Jedenfalls wurde Flick dann im Sommer Co-Trainer bei den Bayern. Also quasi das Sicherheitsnetz, falls das mit Niko Kovac nicht gut gehen sollte. Und weil das nicht gut ging, ist er jetzt Cheftrainer.
Nur um das mal festzuhalten. Das einzige Pflichtspiel oberhalb der Regionalliga, in der Hansi Flick jemals als Cheftrainer die Verantwortung trug, war das Viertelfinale bei der EM 2008 gegen Portugal. Aber hey, damit ist er praktisch als Cheftrainer seit 2005 ungeschlagen.
Und der Erfolg gibt ihm ja Recht. Er ist schließlich bei 8:0 Toren und 3 Siegen. Und er hat Thomas Müller reanimiert.
Aber es ist ja nicht so, dass er irgendwelche revolutionären Ansätze hätte. Also wenn er jetzt der erste wäre, der Joshua Kimmich auf die 6 setzt und er dadurch die Lösung für die Defensiven Probleme gefunden hätte. Die Problemlösung lautet eher: Jetzt werfen sich halt alle in die Torschüsse des Gegners. Verteidigen gemeinsam. Und haben dann zusammen mehr Spaß.
Anders ausgedrückt: Das einzig neue, was Hansi Flick gebracht hat, ist der Fakt, dass er nicht Niko Kovac ist. Die Mannschaft hatte mit dem alten Trainer abgeschlossen und brauchte dringend einen neuen Besen. Wer dieser Besen ist, ist fast egal.
Das ist nebenbei kein Vorwurf an die Bayern-Mannschaft. Als Trainer ist es deine Aufgabe, deinen Kader auf Linie zu halten, wenn man daran scheitert, ist das nicht wirklich die Schuld der Mannschaft, sondern deiner eigenen Führung.

Aber das wirklich faszinierende ist ja, dass jetzt alle so tun, als wäre Hansi Flick ein Genie. Als müssten die Bayern ihn jetzt unbedingt einen Vertrag bis 2025 anbieten. Und "Experten" wie Olaf Thon tun so, als würde dies nur nicht passieren, weil der Name "Hansi Flick" zu klein für einen Weltverein, der sich an Pep Guardiola oder Carlo Ancelotti gewöhnt hat. Vor allem wo dieser Trainer mit diesem komischen Namen von diesem irrelevanten Londoner Verein plötzlich verfügbar ist.

Für Hansi Flick ist das wunderbar. Ohne selber wirkliche Kompetenz als Trainer nachzuweisen, ist sein Marktwert auf ein Mal extrem gestiegen. Er kann sich jetzt im Winter aussuchen, ob er zurück ins 2. Glied rutscht, oder ob er diesen gestiegenen Marktwert nutzt um den dann eventuell frei werdenden Trainerposten bei Borussia Dortmund zu übernehmen.

Das wäre nebenbei ein übelster Uli Hoeneß Move. Also von dem Jungen Hoeneß, der als Manager ein verdammtes Genie war: Wir verkaufen unseren inkompetenten Trainer, der nur vom Dead Coach Bounce profitiert, an die direkte Konkurrenz, damit die dann auch rauskriegen, dass der eigentlich gar nicht so gut ist...

Für Flick ist das, wenn er die Hinrunde ungeschlagen zu Ende bringt, die Perfekte Position. Er wird dann auf ein Mal Angebote bekommen, für die ihm eigentlich jegliche Vorqualifikation fehlt, weil er ja mal erfolgreicher Bayern-Trainer war. Oder er bleibt bei seinem sicheren Job in München und wiederholt das ganze Spiel, wenn die Mannschaft den nächsten Trainer ausblendet.

Achim Beierlorzer und der andere effektive "Dead Coach Bounce": Ernsthaft, so wie die Mainzer dieses Wochenende abgingen, bin ich ein wenig überrascht, dass nicht alle anderen Verlierer des Wochenendes auch ihre Trainer entlassen. Gerade wenn man bedenkt, wie die ihren Gegner in Unterzahl auseinander genommen haben. Da ist es plötzlich auch völlig egal, auf welchem Tabellenplatz man selber steht. Auch als Tabellenführer kann man einen derartigen Effekt durchaus gebrauchen. Natürlich sollte der Dead Coach Bounce, wenn man Meister werden will, länger als für ein Spiel anhalten. Aber gerade jetzt sieht es wie eine vernünftige Taktik aus... Also abgesehen von dem einen Gegenbeispiel

Markus Gisdol und der 1.FC Köln: Horst Heldt wird sich genau jetzt ärgern, dass Achim Beierlorzer schon einen neuen Job gefunden hat. Und das auch noch bei einem direkten Konkurrenten. Das könnte sich als schlechtester "Transfer" der Bundesligageschichte herausstellen. Denn im Gegensatz zu den anderen Probanden stellen die Kölner jetzt fest, dass es gar nicht am Trainer lag. Man erlebt quasi einen "Reverse Dead Coach Bounce": Vorher war man mit einem Kandidaten fürs Internationale Geschäft noch auf Augenhöhe und verlor wegen Kleinigkeiten oder dem fehlenden Matchglück. Und weil der VAR natürlich wie immer gegen die Kölner war. Sachlich gesehen war dieses Spiel aber ein Schritt in die richtige Richtung, aber trotzdem wurde der Trainer entlassen.  Trainer wegen dem fehlenden Matchglück zu entlassen, ist halt genau so dumm, wie sie zu behalten, weil man extrem glücklich gewonnen hat, obwohl der Gegner deutlich überlegen war.
Vor allem, wenn man sich anguckt, was für eine Bruchlandung man unter Gisdol hinlegte.

Gerade Spieler wie Jonas Hector oder Anthony Modeste belegen doch, dass das Problem der Kölner nie der Trainer war. Hector ist ein Deutscher Nationalspieler. Der hat unter der Woche die EM-Qualifikation gesichert. Mit einer starken Leistung gegen Nordirland, wie ich gelesen habe. Als würde irgendjemand diese Quali freiwillig gucken. Und sobald er wieder in seiner Vereinskluft unterwegs ist, geht er beim Untergehen vorne weg.
Auch ein Anthony Modeste hat schon nachgewiesen, dass er einen brauchbaren Bundesligastürmer mimen kann. Nur ist das in dem derzeitigen Kölner Umfeld anscheinend nicht mehr möglich.
Ich fand es sowieso faszinierend, wie die Kölner zu Saisonbeginn ihren Kader klein reden wollten. Wie viele Aufsteiger fallen euch ein, die 2 deutsche WM Teilnehmer in ihren Reihen haben? Dazu noch den einen oder anderen mehr als brauchbaren Bundesligaspieler. Also verglichen mit Düsseldorf, Mainz, Augsburg oder Union hat man mehr als genug Qualität im Kader. Man spielt trotzdem eher auf Augenhöhe mit Paderborn.
Ich bin ja hauptsächlich enttäuscht, dass die Kölner nicht Sandro Schwarz als Problemlösung verpflichtet haben. Zumindest noch nicht, wenn das so weiter geht... dann könnte man endlich mal wirklich nachvollziehen, wie sehr es bei den jeweiligen Vereinen am Trainer liegt. Das wäre doch das ultimative Humanexperiment... und wer wenn nicht die Kölner ist für so was Bescheuertes geeignet?
Am Ende sollten sich alle anderen Trainer bei den Kölnern bedanken, schließlich bewiesen die, dass ein Trainerwechsel nicht alle Probleme löst. Besonders gilt dies natürlich für die als nächstes anstehenden Dead Coach Bounces:

1. Lucien Favre und Borussia Dortmund. Es ist immer gut, wenn man nur nicht entlassen wird, weil das nach einer "Panikreaktion" aussehen würde. Bessere Voraussetzungen zum Weiterarbeiten kann es doch gar nicht geben. Vor allem, wenn als nächstes der FC Barcelona auf dem Spielplan steht. Also das praktische Gegenteil des SC Paderborns.
Und Paderborn hat halt genau genommen auch nur nachgewiesen, dass sie wirklich nicht bundesligatauglich sind. Denn als Bundesligist musst du eine 3:0 Halbzeitführung nach Hause fahren. Gerade wenn sich dein Gegner derart desinteressiert präsentiert, wie Dortmund in Hälfte Eins.
Nebenbei die 2. grausame Hälfte in Folge.
Wenn Dortmund nicht gegen das mit Abstand schwächste Team der Bundesliga gespielt hätte... Nun bekommen die Paderborner (nicht zum ersten Mal) den Beweis, dass sie selbst dann nicht gewinnen können, wenn der Gegner eine Halbzeit lang nicht am Spiel teilnimmt. Was keine guten Voraussetzungen sind um das "Was fehlt, sind mehr Tore als der Gegner" Problem zu lösen.
Und klar kann ich es verstehen, dass sich die Paderborner jetzt selber einreden wollen, dass es auch an ihnen lag, dass die Dortmunder in Halbzeit eins so schwach aussahen. Aber realistisch gesehen wären die chancenlos gewesen, wenn die Dortmunder einen Trainer hätten, der die vorhandenen Probleme im Kader lösen kann.
Nur um das Problem Favre mal an einer praktischen Zahl festzumachen: 3. In einem Heimspiel gegen den Tabellenletzten setzt Lucien Favre auf 3 ausgewiesene Offensivexperten (Sancho, Reus und Paco Alcacer). Da klingt es nicht mal nach einer Überreaktion, wenn ich sage: Als Achim Watzke hätte man den Trainer entlassen müssen, sobald man diese Aufstellung gesehen hat.
Und natürlich hat Favre Guerreiro als Offensivspieler eingesetzt. Wichtig ist hierbei aber, dass es sich nicht um Paolo, den ehemaligen Hamburger, sondern um Raphael, der als Linksverteidiger verpflichtet worden ist, handelt.
Und natürlich absolviert Guerreiro unter Favre relativ viele Spiele in einer offensiven Rolle. Das verdeutlicht doch aber nur das Grundproblem: Er setzt dort prinzipiell lieber auf Spieler, die nach der Sicherheitsvariante riechen, anstatt seine offensiven Talente wirklich von der Leine zu lassen.
Dass man sich dann noch mit 3 echten Offensivspielern auskontern lässt, verdeutlicht nur, wie tief die Dortmunder Probleme eigentlich liegen.

2.) Ante Covic und Hertha BSC Berlin. Kurz Kicker.de öffnen, um sicher zustellen, dass der nicht doch schon entlassen ist. Sieht noch gut aus. Die Hertha stellt jetzt gerade fest, dass Pal Dardai doch ein guter Trainer ist. Also zumindest kein schlechter. Und die Hertha steht genau jetzt vor dem Szenario, welches hier in der pessimistischen Saisonvorschau beschrieben worden ist: Wie reagiert die Hertha, wenn sie plötzlich hinter Union Berlin steht?
Dabei waren die spielerischen Fortschritte, wegen denen man von Pal Dardai weg wollte, ja zumindest in Ansätzen zu sehen. Nur schaffte man dies nur auf Kosten von elementarer Eigenschaften, ohne die die Hertha halt nur bedingt bundesligatauglich ist.
Ich finde es nebenbei niedlich, wie die Hertha-Spieler in Form von Niklas Stark es vermeiden vom "Abstiegskampf" zu reden. Ähm... ihr steht gerade hinter Union, wenn dies passiert,steckt man garantiert im Abstiegskampf. Und ihr habt gegen einen der designierten Abstiegskandidaten gerade mit 4:0 verloren, was ebenfalls kein gutes Zeichen sein kann. Aber hey, redet es such nur ein, das wird bestimmt gut gehen.
Genau so wie bei den Bremern, die ja auch zu viel Qualität für den Abstiegskampf haben.

Dienstag, 5. November 2019

Ihr habt ja bekommen, was ihr gewollt habt.

Überrascht das irgendjemanden?

Also ja, vor dem angeblichen Berliner Derby haben alle dieses Spiel künstlich gepusht. Zum gefühlt wichtigsten Spiel der Berliner Fußballgeschichte... Und die Ultras beider Mannschaften haben sich das natürlich zu Herzen genommen.

Und so redet man jetzt nur noch darüber, wie sehr sich die Fans daneben benommen haben. Dass die Spieler von Union Berlin Angst um ihre eigenen Familien haben mussten. Es wurde quasi ein großer Demonstrationsfilm gedreht, warum Pyrotechnik verboten bleiben sollte. Und ja, wenn man Angst um seine Familie haben muss, ist das der einzig logische Schluss.

Das einzige Bild, dass von diesem "Derby" hängen bleibt, ist wie Rafael Gikiewicz einen Platzsturm verhindert, obwohl ihm seine eigenen Fans an den Hals gehen.

Da frage ich mich schon: Wie viel hatte das "Wir gucken da jetzt alle hin", welches vorher verbreitet worden ist, dazu mit beigetragen. Also Ultras, als Hansa-Fan hat man da einen gewisse geschichtliche Prägung, suchen sich ja bewusst die Momente aus, wo die Aufmerksamkeit am höchsten ist. Da würde niemand auf die Idee kommen, beim Gastspiel bei Bayern II Pyros abzubrennen. Aber im Pokal gegen Berlin brennt der eigene Fanblock. Je größer die Bühne, um so heftiger die Provokation.

Und "wir" haben halt vorher sicher gestellt, dass dies die größtmögliche Bühne sein wird, die Berliner Ultras in den nächsten 10 Jahren kriegen werden. Natürlich nutzen diese Ultras die dann aus.

Mich selber fasziniert ja, wie naiv ich selber war. Also vor der Saison dachte ich mir noch: Das Spiel sollte doch eigentlich so unproblematisch sein, dass man es als DFL als "30 Jahre Wiedervereinigung" auf den Tag der Deutschen Einheit oder den Tag des Mauerfalls hätte legen können. Aber jetzt muss ich zugeben, dass die Polizei beides (also Feiertagsaktionen und Bundesliga-Pseudo-Derby) kaum gleichzeitig in den Griff bekommen hätte. Das ist schließlich die Partybrigade der Bundespolizei...

Mich ärgert das halt, weil es so unnötig ist. Also Provokationen bei Fanlagern mit Jahrelanger Abneigung kann ich ja noch nachvollziehen. Das ist halt der gute alte Party-Patriotismus: Man liebt den eigenen Haufen, weil er der eigene ist, und hasst den anderen Haufen, weil er der andere ist. Aber auch nur, wenn man wirkliche Berührungspunkte mit dem anderen Haufen hatte. Wenn der einem im weitesten Sinne mal was angetan hat. Wenn man jetzt schon eskaliert, weil der andere Haufen relativ dicht am eigenen liegt, einem aber eigentlich nicht betrifft.

Und da muss mir auch niemand mit "Stimmung" und "das gehört dazu" kommen. Vermummt den Platz zu stürmen hat nichts mit "Stimmung" zu tun. Mit Feuerwerkskörpern in Menschenmassen zu schießen auch nicht. Aber hey, ab sofort ist Herha - Union natürlich ein richtiges Derby. Wenn auch aus den Falsche Gründen: Nicht wegen der sportlichen Rivalität als Grundlage, sondern weil es bisher nach jedem Bundesligaspiel der beiden zu Ausschreitungen kam.

Montag, 4. November 2019

Das hat ja länger gedauert, als erwartet.

Also für den Kicker sogar zu lange, in deren Druckausgabe ist Niko Kovac noch Trainer. Immerhin wissen wir jetzt ziemlich genau, wann die ihren Abgabetermin haben... vor halb 10. Aber darum geht es ja gar nicht.

Die Frage ist schon, warum die Bayern so lange gebraucht haben, um mal auf den Spielplan zu sehen. Wahrscheinlich lief die Analyse so ab: Kovac so: "Ich werde das und das ändern, so und so umstellen, Thiago von der 6 nehmen."
Rummenigge so: "Ok, das sieht vernünftig aus, das können wir so versuchen."
Dann hat der Hoeneß hinterher mal mit dem Kalle geredet und wollte wissen, wie der Stand der Dinge ist und ob er mal beim Heynckes anrufen sollte. Und Kalle so: "Na, ich hab mit Kovac geredet, der kriegt das hin."
Und dann der Hoeneß so: "Hast du mal auf den Spielplan geguckt. Weißt du, wer nächste Woche kommt?"
Kalle so: "Ok, ruf mal den Jupp an, ich rede noch mal kurz mit Kovac..."

Ernsthaft, als ich nach dem 1:5 das erste mal gehört habe, dass nächste Woche Borussia Dortmund in München antritt... dachte ich mir: Auf keinen Fall werden die Bayern mit Kovac in dieses Spiel gehen, denn in der derzeitigen Verfassung sind sie dann auf ein Mal der Außenseiter. Wenn überhaupt...

Denn es ist ja auch nicht so, dass dieses Spiel ein Ausrutscher war. Das wirkliche Problem sind Manuel Neuers "Es war kein Wunder, sondern hat sich angebahnt" Aussage. Im derzeitigen Zustand, und die Tendenz unter Kovac ist ja seit Wochen fallend, stehen die Bayern gegen einen mittelmäßigen Zweitligisten am Rande einer Niederlage (wtf, Bochum ist Vorletzter... also nicht mal Mittelmäßig...)...
Und sind gegen halbwegs ambitionierte Bundesligisten chancenlos. Trotz Neuer und Robert Lewandowski, die viele Schwächen durch individuelle Klasse überdecken. Unter diesen Voraussetzungen wäre es schon naiv gewesen in ein Normales Bundesligaduell zu gehen und dann zu hoffen, dass sich das schon wieder einpegelt. Aber gegen den individuell stärksten Konkurrenten? In den Superclassico der Bundesliga? Warum verwenden wir eigentlich nicht einen Deutschen Begriff wie "Gipfeltreffen" sondern kopieren den Begriff aus Spanien? Anderes Thema.

Dass die Bayern-Bosse nicht so blauäugig sind, war eigentlich abzusehen. Warum sie trotzdem bis Sonntag halb 10 gewartet haben... nun gut, die werden halt alt...

Freitag, 1. November 2019

Passives Abseits vs Tradition Teil 3: Die große Vorschau auf das Derby, das keines ist.

Ernsthaft, mich nervt dieses Derby-Narrativ beim Spiel Union - Hertha so dermaßen. Das ist so was von konstruiert.
Und natürlich darf man schon erwähnen, dass es das erste Spiel zweier Berliner Mannschaften in der Bundesliga seit 1977 ist. Und man darf das als Auszeichnung für die Arbeit der Unioner in den letzten Jahren sehen. Und nebenbei auch nicht verheimlichen, dass sich bei der Hertha so viel getan hat, das zumindest Zweitligaduelle derzeit ausgeschlossen sind. Aber deswegen ist es doch kein Derby. Ein Derby macht doch mehr aus als örtliche Nähe.

Und dann kommt noch dieses "Ist Berlin eigentlich groß genug für 2 Bundesligisten?" Was für ein Bullshit. Berlin hat 3,7 Millionen Einwohner. Dortmund und Gelsenkirchen kommen zusammen auf 700.000. Selbst wenn man Essen, Oberhausen und Bochum noch dazurechnet, kommt man nicht auf 3,7 Millionen. Dazu kommt, dass Berlin ja auch ziemlich isoliert ist. Also mitten in Brandenburg liegt. Da kommt halt erst mal ganz lange nichts mehr und dann irgendwann die Ostsee. Dass ein derartig großes Einzugsgebiet bisher nur von einem einzigen Bundesligisten abgedeckt wurde, ist eigentlich absurd. Auch eine dritte Profimannschaft wäre überhaupt kein Problem.
Allein deswegen ist die Konkurrenzsituation, auch rein wirtschaftlich, komplett an den Haaren herbeigezogen. Aber lasst mal so tun, als wäre das relevant.

Aber ein Derby entsteht doch nicht nur durch örtliche Nähe, sondern durch Reibung. Durch regelmäßige Duelle, bei denen es auch wirklich um was geht. Es geht um schmerzhafte Niederlagen und grandiose Triumphe. Also, um es an einem praktischen Beispiel zu erklären, Bayern - Dortmund ist mehr Derby als Bochum - Dortmund. Denn jeder Dortmund Fan denkt sofort an die Schmerzhafte Niederlage in Wembley, die Bayern denken an das 5:2 im DFB Pokal. Als Dortmund Fan denkt man an all die Verräter, die übergelaufen sind. Und wenn Matts Hummels Dortmund zu einem Titel führen sollte, werden die Bayern das plötzlich auch denken.
Das sind Emotionen, die sogar bei neutralen Zuschauern sofort hochkommen, wenn man an dieses Duell denkt. Dagegen dürfte niemand mehr wissen, wie das letzte Duell Bochum - Dortmund ausgegangen ist.

Und das Dortmund - Schalke das Überderby im Deutschen Fußball ist, liegt halt nur zum Teil an der räumlichen Nähe. Klar, das spielt mit rein, aber wesentlich relevanter ist doch, dass beide Mannschaften in diesem Jahrtausend bereits eine Meisterschaft in genau diesem Duell effektiv verloren haben. Schalke damals im legendären "Wenn wir in Herne West gewinnen und Meister werden, laufe ich zurück nach Schalke" Spiel. Dortmund letztes Jahr beim heftigen 4:2.
Dieses Duell ist so legendär, weil beide in gewisser Regelmäßigkeit zu den Spitzenmannschaften der Liga gehört und diese Nachbarschaftsduelle auf Augenhöhe die Titelvergabe mitentscheiden. Was den Bochumern vielleicht ein Mal in ihrer Vereinsgeschichte gelungen ist.

Oder das wohl zweitbeste traditionelle Derby: Hamburger SV - Werder Bremen. Die liegen sogar relativ weit auseinander. Also hier ist was faszinierendes: Hannover ist, genau wie Hamburg, 120 Kilometer von Bremen entfernt. Es würde trotzdem niemand von einem wirklichen Derby sprechen. Weil es halt zwischen Hannover und Bremen keine wirkliche Rivalität gibt.
Bremen hat dagegen allein im Jahr 2009 3 Titelchancen für den HSV vereitelt. Wir wissen heute, dass es die letzten Titelchancen waren... Jeder HSV Fans bekommt immer noch Flashbacks, wenn irgendwo eine Papierkugel rumliegt.
Und da beide Mannschaften jahrelang um den Titel "Nummer 2 hinter den Bayern" gekämpft haben, sind Geschichten wie 2009 keine Einzelheit.

Bei Hertha - Union dagegen... joah... also... Ist nett. Wenn jetzt ein Herthaner auf den ersten "Derbysieg" der Unioner angesprochen wird, sagt er (Zitat aus dem Montags-Kicker): "Ich wusste, Hertha wird trotzdem aufsteigen." Also wenn Thorsten Mattuschka mit seinem Freistoßtor den Aufstieg der Hertha verhindert hätte... oder der Aufstieg danach zumindest auf der Kippe gestanden hätte, weil man auf den Relegationsrang zurück fiel. Stattdessen ist die Reaktion auf den ersten Unioner Sieg ein allgemeines Schulterzucken.

Und dass diese Derbys überhaupt stattgefunden haben, war ja kein Ergebnis der guten Arbeit der Unioner, sondern einiger Fehltritte der Herthaner. Das ist ja jetzt zumindest anders. Also ja, ich sehe ein, dass die Union Fans dieses Spiel als das große Symbol für ihre großartige Entwicklung feiern. Aber andererseits haben sie genau dasselbe letzte Woche im Block in München gemacht. Da ist dieses Spiel in Berlin nur bedingt etwas besonderes.

Aber trotzdem tun jetzt alle (und nicht nur die Regionalen Medien, wo ich es vielleicht noch einsehen würde) so, als wäre dies das größte Derby, auf dass wir alle gewartet haben. Mit 6 Seiten Interview, Derby Check, 18:30er Anstoss-Zeit. Das komplette Paket. Obwohl das eigentlich albern ist.

Montag, 28. Oktober 2019

Worst of des "Aus Scheiße Gold machen" Wochenendes

Herzlichen Glückwunsch an Paderborn. Die haben am 10. Spieltag endlich verstanden, worum es in der Bundesliga eigentlich geht. Ordentlich Fußball spielen? Nein. Seine Spielphilosophie durchziehen? Nicht wirklich. Seine Taktik auf den Gegner anpassen? Welche Taktik hat der Gegner denn? Auch nein.
Es geht in der Bundesliga einzig und allein darum "Aus Scheiße Gold zu machen". Oder aus einem eigentlich hoffnungslosen Verzweiflungsschuss ein Tor des Monats. So gewinnt man Bundesligaspiele. Als Paderborn halt auch nur so...

Wo wir schon bei den wirklich wichtigen Zitaten sind: Wie geht es eigentlich der Familie Müller heute? Schließlich hat Thomas für Montag eine "Luftveränderung" angekündigt... Was ja auch nur bedeuten kann: Gestern gab es ordentlich Bohnen zum Abendbrot und heute morgen werden dann auf dem Familienklo... nun ja... Luftveränderungen herbeigeführt. Endlich mal wieder ein richtig beschissener Witz...

Apropos Beschissen: Die Handspiel-Auslegung hat einen neuen Höhepunkt erfahren. Anscheinend hat die Diskussion über den Armeinsatz beim Jubeln während der Länderspielpause für gewisse Verwirrungen bei den Schiedsrichtern gesorgt. Hier ist eine wichtige Information für alle Schiedsrichter: Der Arm muss nicht so deutlich ausgestreckt sein wie bei den bulgarischen Fans um als vergrößerte Körperfläche zu gelten. Ein türkischer Militärgruß reicht da vollkommen aus.
Und nebenbei wollte ich nochmal erwähnt haben: Dass ein Handspiel eines Angreifers (wie bei Joao Victor) anders zu bewerten als das Handspiel eines Verteidigers, ist vollkommen absurd. Gebt einfach auf beide Vergehen indirekte Freistöße und gut ist. Damit könnte sich jeder arrangieren. Also alle außer Schalke Fans, die kriegen dann ständig Flashbacks.

Apropos Schalke: Deren Angreifer werden sich während des Revierderbys auch gedacht haben: Wenn wir Dortmund jetzt so richtig abschießen, entlassen die den Trainer. Und dann haben die wieder einen ordentlichen Übungsleiter, der das maximale aus dieser Mannschaft rausholt. Und dann wird es wesentlich schwieriger diese Mannschaft hinter sich zu lassen. Da ist es wesentlich cleverer strategische Gnade walten zu lassen. Was natürlich praktisch keine Gnade ist, denn es bedeutet ja nur, dass die Fans des Lokalrivalens noch länger von Lucien Favre gefoltert werden.
Andererseits... reden wir von Schalke-Angreifern... die sind doch eigentlich eine eigene Positionsbeschreibung wert, die bestimmt vor 2021 kommen wird. Und auf Schalke denkt garantiert keine strategisch...

Tobias Stieler, Spieler des Spiels: Warum eigentlich nicht. Also... beim hochklassigen Duell VfL Wolfsburg - FC Augsburg wurde ja Felix Udoukhai zum Spieler des Spieles ernannt. Weil er den Ball ein Mal grob Richtung Tor köpfte und sonst kaum Scheiße gebaut hat. Udoukhai bekam dafür die Kicker-Note 3. Wie 4 weitere Spieler. Er war in keiner Weise herausragend. Und kein einziger Spieler zeigt in diesen 90 Minuten gehobenes Bundesliganiveau. Außer eben der Schiedsrichter, der eine 2 bekam. Ich bin ja der Meinung: Wenn der Schiedsrichter der beste Mann auf dem Platz ist und sonst keiner irgendwas vorzeigbares macht, kann man auch einfach mal den Schiedsrichter zum Mann des Tages erklären.

Oh und bevor ich es vergesse: Passives Abseits Leser wissen es früher. Denn ihr habt hier, als der Kicker die Bundesliga buchstäblich noch schön geschrieben hat, bereits gelesen, dass das allgemeine Niveau eher grausam ist. Und dass es nur deswegen so eng an der Spitze zugeht, weil niemand in der Liga wirklich gut ist. Heute könnt ihr exakt denselben Standpunkt im Thema der Woche des Kickers nachlesen. Dass die ihre Meinung so schnell ändern können, macht sie wahrscheinlich zu Experten...

Wo ich schon bei Experten bin: Was mich unnötig aufgeregt hat, waren ja die Kommentare in der Sportschau Zusammenfassung von Bayern München -Union Berlin. Das ging schon mit einem "Darauf haben die Union-Fans seit 1966 gewartet!"
Also erstens waren die Bayern 1966 nur ein ganz normaler Bundesliganeuling. Damals war wirklich noch nicht abzusehen, dass die Bayern heute eine derart überragende Position einnehmen werden. Oder anders ausgedrückt: Kein einziger Verein auf der Welt träumt seit 1966 davon ein Mal gegen die Bayern zu spielen. Oder ein Tor zu erzielen. Diese Träume begannen frühestens Mitte der 70er. Realistisch gesehen sogar erst in den 90ern, denn erst dort begann die richtig dominante Phase der Bayern, die bis heute anhält.

Dann kommt ja noch die Geschichte der Unioner dazu. Also als Ostverein. Die haben halt zunächst mal 30 Jahre lang davon geträumt gegen BFC Dynamo Berlin zu gewinnen, während ihnen die Bayern total egal waren. Und dann hatten sie ganz andere Sorgen.

Dass dann aber noch das "Ein Mal ein Tor gegen die Bayern erzielen" gebracht wurde. Also zum einen gelingt das gegen die Bayern gerade echt jedem. Es ist schwieriger gegen Wolfsburg Tore zu erzielen, als gegen Manuel Neuer. Dann wird halt die ganze Zeit so getan, als wäre Union irgendein Amateurverein, die im Pokal das Große Los gezogen haben und jetzt von einem Treffer gegen den Rekordmeister träumt. Dabei ist Union einfach nur ein professionell geführter Fußballverein, der ständig und stetig am wachsen ist. Das Treffen auf die und der Treffer gegen die Bayern ist halt kein fantastisches, faszinierendes Märchen, sondern das logische Ergebnis seriöser Arbeit.

Dass dann noch der "Lewandowski erzielt einen Treffer nach Doppelpass mit einem Kroos, wie damals in der guten alten Zeit, als die Bayern noch ein Titelfavorit in der Champions League waren." Spruch liegen gelassen wurde. Wofür werden die eigentlich bezahlt?

Internationales Bawful Bonus Feature: Franck Ribery bekam gerade nach dem Schlusspfiff in Italien eine Rote Karte, weil er den Linienrichter anging. Man muss das aber nachvollziehen. Also Ribery hat halt jahrelang Bundesliga gespielt und da wurden bei ihm in solchen Fällen immer beide Augen zu gedrückt. Der hat sich quasi verhalten wie immer und jetzt entsetzt festgestellt, dass dies nicht geht, wenn man keinen Bayern-Bonus bei den Schiedsrichtern hat...

Mittwoch, 23. Oktober 2019

Positionsbeschreibung: Marius Ebbers Angreifer.

Da wird einem plötzlich bewusst, dass man diesen Begriff viel zu oft verwendet. Und dass die eigentlich geplante Serie bis jetzt bei einem Beitrag seit 2017 ist. Und dass damals schon dieser Beitrag angekündigt worden ist. Macht doch Hoffnung für die "Passives Abseits vs Tradition" Serie.

Um euch kurz daran zu erinnern, worum es hier gehen soll: Die klassischen Positionsbeschreibungen sind im Modernen Fußball ja völlig überholt. Viel zu statisch in einem immer komplexer werdenden System. Das Problem an den "neuen" Begriffen wie "abkippender 6er" oder "falsche 9" ist aber, dass sie lediglich die Rolle eines Spielers in einem System beschreibt. Viel spannender und lehrreicher ist es doch, sich die Rollen eines Spielers in verschiedenen Systemen anzugucken und dadurch dann Muster zu erkennen, die einem bei der Einordnung von Spielern weiter hilft.

Und damit machen wir jetzt weiter:

Der Marius Ebbers Angreifer

Marius Ebbers ist jetzt ja doch schon eine Weile im Ruhestand. Aber er hatte zu seiner aktiven Zeit eine gewisse Sonderrolle: Er war als Stürmer gut genug um praktisch jeden Verein in die Bundesliga zu schießen. Dort dann aber zu schlecht, um sich wirklich durchzusetzen und den Klassenerhalt zu sichern. Deswegen stehen bei seinem Erfolgen 3 Aufstiege... und sonst nichts.
Marius Ebbers war aber als Zweitligastürmer so absurd gut, dass er selbst den FC St.Pauli und Alemannia Aachen in die Bundesliga schoss, also 2 Vereine die in dieser Liga praktisch gar nichts verloren haben. Das Problem war aber halt, dass er stets postwendend wieder abstieg.

Und so einen Spieler zu haben, ist einerseits schön, weil man ja aufsteigt, andererseits ein riesiges Problem, weil man diesen Spieler dann irgendwie absägen muss, wenn man auch die Klasse halten will. Das ist für alle Beteiligten eine eher unangenehme Situation. Denn der Spieler ist ja auf Grund seiner Leistungen auf dem Weg zur Legender bei den Fans. Er wird auch innerhalb der Mannschaft eine gewisse Führungsrolle einnehmen. Die Vereinsführung ist ihm auch irgendwie zu Dank verpflichtet. Und der Spieler selber geht natürlich davon aus, dass ihm dieses Mal endlich der Durchbruch gelingt und wird deswegen seinen Platz nicht freiwillig räumen. Solche Spieler auf die Bank zu setzen ist immer ein schwieriges Unterfangen.

Wenn man es allerdings nicht macht, schafft man sich am anderen Ende Probleme. Also man sieht ja gerade an Paderborn, was einem passiert, wenn man darauf hofft, dass die Aufstiegshelden den nächsten Schritt machen... und der dann kollektiv nicht kommt. Nebenbei passiert es Uwe Hünemeier ja bereits zum 2. Mal, dass er überraschend aufsteigt und dann in der Bundesliga überfordert ist. Dies passiert also nicht nur bei Angreifern, sondern technisch gesehen auf allen Positionen.

Bei Angreifern ist es halt nur am auffälligsten, weil die die eindeutigste Statistik haben: Tore. Also ein Marius Ebbers Angreifer erzielt in seiner Karriere mehr Zweitligatore, als er Bundesligaspiele absolviert. Das kann man schön einfach festhalten. Bei Ebbers sind es 102 Zweitligatore und 77 Bundesligaspiele. Anhand dieser Fixpunkte kann man dann schön die aktuellen Stürmer durchgehen:

Simon Terodde ist bei 118 Zweitligatoren und 43 Bundesligaspielen. Mit seinen 31 Jahren wird er diese Kategorie selbst dann nicht mehr verlassen, wenn er jetzt 2 Jahre am Stück unumstrittener Stammspieler ist. Faszinierender Weise wurde bei Terodde, als er im Winter zum hoffnungslos abgeschlagenen 1.FC Köln ging, offiziell davon geredet, dass das ja kein Vorgriff auf die nächste Saison und das Projekt Wiederaufstieg sein soll. Praktisch gesehen war es genau das.

Köln hat zusätzlich noch Dominick Drexler im Kader, der jetzt ja leider verletzt ist, der aber auch mit 29 Jahren nachweisen muss, dass er wirklich noch den Sprung in die Bundesliga schaffen kann. 

Rouwen Hennings ist bei 62 Zweitligatoren und 53 Bundesligaspielen. Der müsste bald mal wieder absteigen, sonst wird das eng und er ein ganz normaler Bundesligastürmer. Wer will denn das bitte schön sein?

Union Berlin hat Sebastian Polter, der die Voraussetzungen stand jetzt gerade nicht erfüllt, aber bei Union nur noch Ergänzungsspieler ist und damit wohl bald wieder in die 2. Liga abgegeben wird. Der kann sich das quasi als Karriereziel setzen...

Als weiteres historisches Beispiel fällt mir Michael Turk mit 81 Bundesligaspielen und 96 Zweitligatoren ein.

Nur um mal zu erwähnen, dass die Liste derartiger Angreifer gar nicht mal so kurz ist. Was mich aber an diesen Spielern am meisten fasziniert: Warum tun sie sich das immer wieder an? Also sind die Aufstiegsjahre so geil, dass sie die Frustration des folgenden Abstieges als Bankdrücker aufwiegen? Warum wechselt man danach dann wieder in die 2. Liga, wenn es doch sinnvolle andere Alternativen gäbe, in denen man diesen Kreislauf durchbrechen kann.

Anders ausgedrückt: Warum wechselt keiner dieser Spieler zu Stade Renne nach Frankreich? Oder zu Heracles Almelo in Holland? Oder nach Österreich oder in die Türkei? Also in einer Liga, deren durchschnittliches Niveau so weit unter der Bundesliga liegen dürfte, dass man dort dann eben bei einem Mittelklasse Team mit gelegentlichen Ambitionen nach Oben mitspielen kann.

Solche Wechsel würden für alle Beteiligten extrem viel Sinn ergeben. Da würden alle von profitieren. Und wenn man nicht unbedingt will, muss man ja nicht mal ins Ausland ziehen. Also als Hennings wäre es kein Problem in Düsseldorf zu wohnen und in Holland zu spielen. Bei Twente Enschede. Ein Emil Bergreen hat genau das gemacht, als seine Karriere in der Bundesliga, auch Verletzungsbedingt, ins Stocken geriet. Dass Deutsche Profis gehen diesen Schritt zum Nachbarn nur sehr selten. Also nicht als Talent und Zwischenschritt in der persönlichen Entwicklung, sondern als Erkenntnis, dass es halt nur für diese Liga reicht. Beim Transfermarkt.de durchklicken fällt mir nur Steffen Schäfer auf, der vom 1.FC Magdeburg zu VVV Venlo gewechselt ist.

Ich frage mich halt auch, ob das an der mangelnden Bereitschaft der Spieler liegt, oder ob die Vereine der Nachbarländer diesen potenziellen Markt für Verstärkungen einfach nicht wahr nehmen... oder ob das Preisgefälle zwischen 2. Liga und Holländischer Liga einfach so gewaltig ist, dass es finanziell nicht machbar ist. Ein cleverer Manager würde den Karriereverlauf der Aufstiegshelden zumindest mal im Blick behalten und versuchen an diese Spieler zu kommen.

Jedenfalls ist es bei den Marius Ebbers Angreifern genau so wie bei den Martin Harnik Angreifern: Man kann dieses Konzept auf jedes Niveau anpassen. Egal in welche Liga man aufsteigt, man muss hinterher kritisch hinterfragen, ob die Spieler, die den Aufstieg gefeiert haben, wirklich auch in der Lage sind auf dem nächsthöheren Niveau mitzuhalten. Und wenn man dann zu dem Schluss kommt, dass es auf dem nächsten Level nicht mehr reicht, muss man seine Herangehensweise anpassen. Oder sich um neue, bessere Besetzungen kümmern.

Und auch als Fan ist es halt wichtig nach einem Aufstieg vernünftige Erwartungen an seine Spieler und den Verein zu stellen. Und gegebenfalls nachzuvollziehen, warum eure Lieblingsikone nur noch Ergänzungsspieler ist und durch diesen komische Lukebakio ersetzt worden ist...

Montag, 21. Oktober 2019

Worst of des "Nur in der Bundesliga" Wochenendes

Ok, gleich vorne weg. Das stimmt so gar nicht. Auch in England könnte der Tabellenführer seinen Platz an der Sonne verteidigen, ohne dass er gewinnt. Das Problem daran ist: Liverpool steht bei 8 Siegen und einem Unentschieden... Wenn eine ähnlich gut Mannschaft in der Bundesliga antreten würde, wäre die Meisterschaft jetzt schon entschieden.

Aber ja, nur in der Bundesliga kann man am 9. Spieltag mit einer Niederlage die Tabellenführung verteidigen. Weil keine der angeblichen "Spitzenteams" gewinnen kann oder will...

Das muss vor allem bedacht werden, wenn Kicker-Redakteur Tino Lieto eine "Oh, wie ist das schön!" Jubelarie verfasst. Ist es nicht toll, dass die Bundesliga so schön spannend ist? Wenn man extrem kurzsichtig, ist es das natürlich. Praktisch gesehen ist diese Liga aber nur spannend, weil die angeblichen Spitzenteams ihren eigenen Ansprüchen extrem hinterher hinken. Und weil das Niveau konstant sinkt. Fangen wir mal beim eigentlichen Ligaprimus an:

Bayern München: Das einzige, was bei Kovac und Salihamidzic "kritischer Analyse" fehlte, war ja der Fakt, dass Bayern gegen Augsburg doch 90 Minuten am Stück ohne Gegentor blieb... und dass das ja normaler Weise für einen Sieg reichen müsste. Stimmt natürlich, aber Fakt ist halt auch, dass man schon wieder 2 Gegentore kassiert hat. Dass man gerade dabei ist, das Ergebnis-Konzept seines größten Konkurrenten aus Dortmund zu imitieren. Und dass das 7:2 gegen Tottenham gefühlt schon Jahre her ist.
Am besten lässt sich die Entwicklung der Bayern an der Thomas Müller Debatte verdeutlichen. Eigentlich sollte die "Muss Müller spielen?" Frage gar nicht mehr gestellt werden, da ja mit Coutinho ein absoluter Experte auf der einzige Position, auf der Müller noch spielen kann, verpflichtet worden ist. Aber irgendwie ist dieser Coutinho halt doch nur ein hochtalentierter Mitläufer... Was Passives Abseits Leser natürlich zuerst wussten. Wenn der Brasilianer so einflussreich wäre, wie er bei seinem Marktwert eigentlich sein sollte, hätten die Bayern 5 Punkte Vorsprung und niemand würde nach Müller schreien. Ist er aber nicht.

Der eigentliche Tabellenführer heißt allerdings offiziell... Borussia Mönchengladbach. Und die werden sich denken: Verdammt, wir haben den Platz an der Sonne auch noch verteidigt, damit gewinnen wir nächste Woche wieder nicht. Denn die Kicker-Datenbank hat eine sehr interessante Information ausgespuckt: Gladbach hat die letzten 7 Spiele als Tabellenführer nicht gewonnen. Um zu verdeutlichen, wie absurd das ist: Der letzte Sieg in dieser Konstellation kommt vom 14.Mai 1977. Die Woche drauf wurde man stilecht Meister, in dem man Unentschieden spielte. Durch ein Eigentor in der 90. Minute. Wahrscheinlich versucht man seit diesem Jahr genau dieses Endergebnis zu reproduzieren. Und hey, sie sind ja gerade auf einem guten Weg, schließlich haben sie ihre Tabellenführung verteidigt.
Ich habe ja in den letzten Tagen oft fest gestellt, wie alt ich doch bin. Jetzt kann ich behaupten: Als Gladbach das letzte Mal eine Tabellenführung verteidigte, war ich noch nicht mal geboren!!!

Geklappt hat das vor allem, weil Schalke 04 das 2. Wochenende in Folge "Nein Danke" sagte. Dabei bekamen sie vom gegnerischen Trainer Alfred Scheuer das höchste Lob: "Schalke war bis jetzt der beste Gegner, gegen den wir gespielt haben." Und das, obwohl die letzte Woche in München antreten durften... Das Problem daran. Nun ja, wenn man es freundlich ausdrückt, ist Schalke der ultimative Malocher-Klub. Dort wird Fußball halt gearbeitet und nicht gezaubert. Direkt ausgedrückt bedeutet das aber nur: Schalke hat sich als Verein darauf spezialisiert, beschissene Spiele zu gewinnen. Und in absurden Jahren Vize-Meister zu werden. Statistisch ausgedrückt ist Schalke halt die einzige Mannschaft der Welt, die mit 63 Punkten Vize-Meister werden kann. 2 Mal. Mit 53 und 56 erzielten Toren. Anders ausgedrückt: Wenn Schalke wirklich der Beste Gegner sein soll, den ein Scheuer in der Bundesliga gesehen hat, dann kann das kein gutes Zeichen für die Bundesliga sein.

Als letztes Indiz für das weiterhin nachlassende Niveau sei als Individuum Rouwen Hennings genannt. Hennings ist eigentlich der ultimative "Marius Ebbers Angreifer": Gut genug um deinen Verein in die Bundesliga zu schießen, aber dort als erste Option zu schlecht. Dachte man zumindest. Also 8 Tore in 45 Bundesligaspielen sprechen da eine deutliche Sprache. Allgemein hat man ja als Bundesligaprofi gewisse Probleme, wenn man mehr Zweitligatore als Bundesligaspiele auf dem Konto hat. Jetzt ist der allerdings (gemeinsam mit Marco Reus) der 2. Beste Deutsche Angreifer. Lasst uns den in die Nationalmannschaft berufen!!! Nach dem Leischtungschprizschip müsste genau das... oh warte, er spielt halt nicht in Freiburg oder Stuttgart. Aber wenn er seine 5 Tore für einen dieser Vereine gemacht hätte, würde jetzt genau das passieren.
Nun gibt es genau 3 Varianten: Hennings hat gerade einen absurden Lauf und steht halt zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Das ist sachlich gesehen die wahrscheinlichste Variante. Ab und zu hat man halt so Phasen, in denen man als Angreifer auch die Eckfahne anvisieren könnte und trotzdem ein Tor erzielt. Oder aber Hennings hat mit seinen 32 Jahren noch mal einen entscheidenden Entwicklungsschritt gemacht und ist deswegen jetzt ein legitimer Angreifer... Auch wenn er dafür eigentlich zu alt ist. Oder halt das Niveau in der Bundesliga ist endgültig so weit gesunken, dass selbst bessere Zweitligaangreifer jetzt in der höchsten Spielklasse glänzen können.

Oh und als Bawful Bonus Stat hat Union Berlin, die allgemein noch ein wenig überfordert wirken, all ihre Siege gegen Mannschaften aus der Spitzengruppe geholt. Weil man halt nicht wirklich gut sein muss um da reinzurutschen...

Der Gemeine Fan wird sich da doch sagen: Kann mir doch egal sein, Hauptsache mein Verein hat möglichst lange theoretische Chancen auf die Meisterschaft! Und solange es ein spannendes Saisonfinish gibt, interessiert mich das sinkende Niveau doch nicht.

Hier ist das Problem daran: Realistisch gesehen gibt es gerade 3 Szenarien: Die Bayern rumpeln weiter vor sich hin, Niko Kovac wird irgendwann entlassen und sein Nachfolger sieht sofort wie ein verdammtes Genie aus. Oder Kovac kriegt selber noch die Kurve und die Bayern starten spätestens im März eine Siegesserie. Oder die Bayern gurken sich durch die gesamte Saison, aber die Konkurrenz ist zu schwach um dies zu nutzen.
In allen Fällen werden die Bayern halt am Ende mehr oder weniger souverän Meister. Würde man die Bayern wirklich herausfordern wollen (und die haben halt ganz sachlich gesehen das größte Potenzial), müsste man sich jetzt in der Schwächephase ein gewisses Polster aufbauen. Damit man dann im direkten Duell nur Unentschieden spielen muss und sich vielleicht noch mal den einen Ausrutscher leisten kann. Denn es ist schon irgendwie davon auszugehen, dass die Bayern sich zusammenreißen werden und mal so ne 7 Spiele Siegesserie starten.

Ich frage mich halt persönlich echt, was daran "Schön" sein soll, dass das Niveau in der Bundesliga Jahr für Jahr nachlässt. Und natürlich ist das keine Neuigkeit, die einzige Mannschaft, die ein internationales Abstürzen der Bundesliga bisher verhindert hat, ist Bayern München (und ja, die eine fantastische Ausnahmesaison der Frankfurter zählt da nicht...). Und auch die lassen ja mehr und mehr nach.