Dienstag, 2. Januar 2018

Meine persönlichen Albumcharts des Jahres 2017

Traditionen soll man pflegen. Und so viel besser als 2016 war 2017 ja auch nicht...
Und auch wenn 2017 nicht ganz so beschissen war wie 2016... War es abgesehen von der Musik immer noch nicht gut genug um einen eigenen Jahresrückblick verdient zu haben...
Außerdem tut es einem manchmal ganz gut, einfach so drauf loszuschreiben und zu gucken, was bei rauskommt... (auch wenn es natürlich absurd ist von "Einfach drauf loszuschreiben" zu sprechen... schließlich habe ich technisch gesehen das ganze Jahr für diesen Beitrag recherchiert...) betrachtet dies hier also als meine persönliche Musiktherapie... Ihr müsst da jetzt durch.
Oh als Randnotiz: Einzelne Alben können aus dem Jahr 2016 stammen, sind mir aber erst 2017 aufgefallen... so was passiert... gerade zum Jahresende... Eminems neues Album ist ein früher Kandidat für dieses Phänomen in 2018...

Platz 11:
5 Sterne Deluxe - Flash: Eigentlich gibt es nur einen Grund, warum dieses Album auf dieser Liste erscheint: Ich will nicht das Risiko eingehen, dass mich in 5-7 Jahren die Erkenntnis trifft, dass dieses Album doch genial ist... Da packe ich es lieber an den Anfang der Liste... Mit dem Vorgängeralbum Neo.Now ist mir genau das passiert: Ich dachte erst Mal ein paar Jahre lang so "Häh?", bis mir dann irgendwann auffiel, wie genial dieses Album ist...
5 Sterne Deluxe sind dabei (in der neuen Besetzung mit Sänger für den Chorus) die Deutsche Antwort auf Dr.Dre, Snoop Dog und Nate Dogg... Also Tobi ist einfach mal ein absurd guter, chronisch unterschätzter Produzent mit einer geilen Stimme zum Rappen. Einfach schon, weil man bis heute "dein Herz schlägt schneller" im Querbeet Klub spielen kann... Das Bo ist der beste schlechte Rapper des Landes. Sachlich betrachtet ist wenig von dem, was er je gemacht hat, wirklich gut... aber irgendwie funktioniert es trotzdem... Und jetzt haben sie noch ne random Gesangsstimme fürs Chorus-Feature...
Schlüsseltrack: Moin Bum Chack

Platz 10:
Jakob Heymann - Emilia: Ok, ich will ganz ehrlich sein... Dieses Album ist anstrengend. Aber Live ist der Typ übelst genial. Und Lied 5 ist einfach nur... unbeschreiblich...

Platz 9:
Reinhard Mey - Mr.Lee: Ach Reinhard, was soll ich mit dir nur machen? Auf Songs wie Lucky Laschinski und Dr.Brand erinnert er mich gelegentlich daran, warum ich ihn gerne als einen der besten deutschen Lyriker aller Zeiten bezeichne... und ja, ich habe Goethe gelesen... Aber selbst auf diesen Songs erreicht er für mich persönlich nicht mehr das Niveau des jungen Meys... andererseits ist er der einzige Künstler in meiner Playlist, der sich überhaupt mit dem jungen Mey vergleichen muss... So fühlt es sich einerseits falsch an, dieses Album nicht auf die Liste zu packen... es fühlt sich aber genau so falsch an, es so weit unten zu platzieren... Aber weiter nach oben kann es irgendwie auch nicht rutschen...
Ich bezeichne Reinhard Mey nebenbei gerne als meine musikalische Urkatastrophe: Er war der erste, den ich jemals bewusst gehört habe. Und wenn ich mich mit anderen Hip Hoppern (gibt es den Begriff noch? Also Leuten wie den Beginnern...) vergleiche, fällt mir immer auf, dass die alle auf Udo Lindenberg schwören, während ich dann immer da sitze und mir denke: Der Mey ist doch in jeder Hinsicht so viel besser...

Platz 8:
Götz Widmann - Sittenstrolch: Wo wir schon bei den alten Männern mit der Gitarre sind, die früher besser waren, sind: Auch Götz Widmann fällt in diese Kategorie. Beim 6. Studio Album fällt einem langsam auf, dass er eigentlich immer dasselbe macht. Und das sich musikalisch gar nicht so viel bei ihm tut. Dennoch ist er immer noch in der Lage extrem solide Liedermacher Alben rauszubringen. Und nebenbei findet man bei ihm immer absolute Perlen wie "Alles zu seiner Zeit"



Platz 7: Materia - Roswell: Ich muss ganz ehrlich sagen: Eigentlich müsste ich Materia viel mehr feiern. Schließlich feier ich sonst auch alles, was aus Rostock kommt... Aber er hat irgendwie ein beschissenes Timing mit seinen Alben. Sprich: Immer, wenn er ein neues rausbringt, muss ich gerade 4 bis 5 andere Alben "verdauen"... Also gefühlt alle Alben, die hinterher auf dieser Liste erscheinen... Plus Joy Denalanes Gleisdreick und von wegen Lisbeth... damit auch sein Eintrag auf dieser Liste zu einem "Honorable Mention" verkommt...
Dabei gibt es sachlich gesehen keinen Grund dafür. Denn das Album ist richtig, richtig gut. Manchmal fehlt es einem einfach an der Zeit um alles so gründlich zu hören, wie man gerne würde... sagt der Mann mit dem sinnlosen Blog...

Platz 6:
Kendrick Lamar - Damn. Es muss ja nicht immer Indie sein... Und es ist faszinierend, dass der Trend, die die Mädels letztes Jahr losgetreten haben, auch im Mainstream Horizont ihrer männlichen Gegenstücke angekommen ist: Rap aus Amerika ist im Jahr 2017 wieder mehr als nur sinnloses Geplapper und Niveauloser Scheiß. Auch wenn es diese Sparte natürlich immer noch gibt. Es tut dir endlich nicht mehr weh, wenn du dir als Künstler Mühe gibst... was eigentlich selbstverständlich sein sollte.

Und hey, ich habe einen Grund Rihanna einzubetten...

Platz 5:
Falk - Skizzen: Ist Falk eigentlich wirklich ein Unikat? Oder einfach nur Götz Widmann 2.0? Ich tendiere zu ersterem, auch wenn man den Einfluss seines Chefs definitiv merkt. Wenn man Falk das erste Mal (damals, als Support von eben Götz) live gesehen hat, dachte man sich wahrscheinlich: Was für ein zynisches Arschloch! Wenn man sich dann genauer mit seinem letzten Album beschäftigt, ist dieser Zynismus nur Fassade. Und darunter versteckt sich ein erstaunlich melancholisches, düsteres Album. Gerade bei Liedern wie Party oder Schulzeit ist diese Melancholie dann nicht mehr zu verstecken. Dummer Weise gibt es die ganzen guten Lider nicht online, sondern nur den Zynismus...

Platz 4:
Jay-Z - 4:44: Sein wir kurz ehrlich: Es gibt so Dinge, mit denen rechnet man nicht mehr. Ein gutes Jay-Z Album gehörte definitiv dazu. Der Mann schien irgendwo zwischen "The Black Album" (ein definitiver Klassiker) und "Magna Carta Holy Grail" sein Mojo verloren zu haben. Was bei den beeindruckenden Leistungen vorher kein Vorwurf sein soll... Aber er klang einfach nur alt... und irgendwie auch unmotivert.
Aber dann... stand erst seine Ehe kurz vorm Scheitern... und seine Frau offenbarte uns das mit einer Offenbarung... (Random Thought... 4:44 dürfte mehr Grammys kriegen als Beyonces Lemonade... Die Welt ist ungerecht... Und selbst Adele hat das gleich erkannt...) 
Und zusätzlich wurde diese Rassist ins Weiße Haus gewählt... Plötzlich... gibt sich Jay-Z wieder richtig Mühe... Und da merkt man plötzlich, was man die letzten Jahre vermisst hat. Anscheinend muss einem aber erst Scheiße passieren, damit man gute Musik machen kann... wenn es einem zu gut geht, kommt einfach wenig...

Platz 3:
Dota - Keine Gefahr/Überall Konfetti: Ok, ich konnte mich nicht entscheiden... und beide Alben kommen mit 2016er Datum... Und eines der beiden ist ein Live-Album... Aber Holy Shit, Dota. Was habe ich da eigentlich all die Jahre gemacht? Also im Jahr 2011 kamen das erste Mal Freunde zu mir und meinten "Check mal Dota aus"... das war zu Zeiten von Ohrsteckermädchen... Es hat ja nur 6 weitere Jahre gedauert, bis ich es endlich auf ein Dota Konzert geschafft habe... Und die Frau (und ihre Band) ist verdammt gut. Sowohl sprachlich als auch musikalisch.
Und über allem steht "Grenzen". Der Beste Song des Jahres. Es geht eigentlich ganz harmlos los mit dem standart-linksversifften Staaten und Grenzen sind Kacke... Nur halt in melancholisch... Aber dann endet sie mit "Warum schützt man die Grenzen der Länder so gut und die Grenzen der Menschen so schlecht?" Weil Grenzen eben doch wichtig sind, wir konzentrieren uns nur auf die falschen...
Auf beiden "Alben" ist dieses Ding drauf, deswegen müssen beide auf diese Liste...


Platz 2:
SXTN - Leben am Limit: An now somethin completly different. Und ja, ich bin auch schockiert... Aber was soll ich sagen.... ich habe versucht die zu hassen, bin aber gnadenlos gescheitert...
Und wenn andere sagen "Das ist ja wie K.I.Z. nur in weiblich"... sage ich direkt: Das ist eher wie K.I.Z. mit nem richtig guten Rapper. Und ja, wenn einer von denen auf dem Level von Juju rappen würde, würde ich die genau so hart feiern... Aber es rappt halt niemand auf dem Niveau...
Juju ist eine echte Offenbarung. Also man wird selber als Rapper besser, wenn man ihr einfach nur zuhört... Und als jemand, der sich seit 18 Jahren mit Rap beschäftigt, frage ich mich trotzdem ständig, wie das geht... und wie das so leicht klingen kann. 
Und Nura... sieht daneben nicht ganz schlecht aus... Also ich finde es immer faszinierend, wenn die Leute behaupten, dass Nura technisch gesehen zu ihrer Partnerin abfällt... 95% aller Rapper die je ein deutschsprachiges Album veröffentlicht haben, geht das ähnlich...
Und ja, SXTN ist gelebter Feminismus... nur halt in asozial...

Jujus Part auf "Er will Sex" ist definitiv die beste Deutsche Rapstrophe des Jahres.

Platz 1:
Wie rette ich das jetzt... es muss doch irgendwas geben? Schwein gehabt... es gab da ja noch... Brother Ali - All the Beauty in this Whole Life: Meine Welt ist wieder gerade gerückt. Das war knapp... aber... der Beste Rapper der Welt ist am Ende doch ein (gesetzlich gesehen) blinder, übergewichtiger Albino... You Aint got to Love me...
Und Brother Ali ist völlig absurd. Also allein schon, dass der sich in seinem Fortgeschrittenen Alter noch technisch weiter entwickelt... Dass er dann mit 40 Jahren und 2 Kindern trotzdem auf eine Europa-Tournee geht, nur quasi ganz alleine (ok, mit DJ...) den ganzen Saal zu fesseln... der aber halt nur aus 200 Leuten besteht... Maximal...Und ja, der stellt sich auf die Bühne und erzählt dir, dass die Mutter seines Kindes früher mal vergewaltigt worden ist... und wie man damit umgeht... in Reimform... Der Typ war schon immer absurd gut.
Dass sich dieser Blinde dann auch noch so viel Mühe bei seinen Videos gibt... Ist eigentlich nur nen Bonus Feature... 
Das derzeit aller faszinierendste an dem Album ist ja der große Kontext. Also sein letztes Album kam in der "Jetzt könnte es wirklich mal Fortschritte geben" Obama Ära... und hieß (und klang wie) "Mouring in America, Dreaming in Color"... Jetzt bringt er mit All the Beauty die komplette Gegenbewegung zum derzeitigen Zeitgeist in Amerika... auch wenn beim Beginn der Albumproduktion noch davon ausging, dass es schon werden wird... 
Oh und dann ist da noch "Uncle Usi Taught me"... Ein völlig absurdes, aber audiobiographisches Stück über die Frage, wie Brother Ali zum "FourS" wurde...

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