Donnerstag, 31. Dezember 2020

Ole Gunnar Solskjaer spricht eine unangenehme Wahrheit aus

Was natürlich sofort auf Kicker.de möglichst weit unten vergraben werden muss. Denn das jemand darüber nachdenkt, dass es einerseits gerade richtig bescheiden läuft und das andererseits absehbar war... Dann doch lieber das Chaos in Stuttgart auf die Titelseite.

Dabei ist der Satz von Solskjaer eigentlich unfassbar wichtig: Eine Pause ist halt unmöglich, weil der Rahmenterminkalender es nicht zulässt. Weder in England, noch in Deutschland. Und das war halt auch abzusehen.

Denn dem Fußball fällt halt jetzt seine unfassbare Gier auf die Füße. Der Fakt, dass man unbedingt alles durchdrücken und möglichst wenige Einbußen hinnehmen wollte. Also nur um das nochmal festzuhalten: Der FC Bayern hat wegen dieser uns alle beeinflussenden Pandemie auf 2 Heimspiele verzichtet: Das Viertel- und Halbfinale in der Champions League. An sonsten wurden alle Ansetzungen durchgezogen. Selbst die Klub-WM steht noch auf dem Plan, obwohl die echt niemand braucht. Da werden die Bayern wieder mit ihrem ersten Anzug hinfahren, weil... ist ja wichtig.

Jeder, der den "Es wird eine 2. Welle geben" Wissenschaftlern zugehört hat und sich den Rahmenterminkalender angeguckt hat, musste zu einem Schluss kommen: Das kann so nicht gut gehen. Man muss sich als Fußballgemeinschaft Raum für mögliche Absagen und Spielverlegungen lassen. Schließlich ist, was dem einen oder anderen Vereinstrainer nicht so ganz bewusst ist, eine Verlegung des Saisonendes dank der Europameisterschaft keine Lösung. Und wie immer gilt: Wer selbst Gierig ohne Ende ist, kann nicht verlangen, dass die anderen (also die Nationalmannschaften) zurückstecken. Ok, er kann das schon verlangen, aber es wird ihm niemand zu hören.

Es hätte so eine einfache Lösung gegeben, auf die man sich hätte einigen können: Man verhandelt mit den Fernsehstationen, ob man einmalig die Europäischen Wettbewerbe ohne Gruppenphase abhalten kann. Und fragt die, wie viel das kosten würde. Immer mit dem Verweis darauf, dass sie dann wahrscheinlicher ein geregeltes Achtel- und Viertelfinale zeigen können. Dann hätte man noch über ein einmaliges Streichen der nationalen Pokalwettbewerbe nachdenken können und fertig wäre der entschlackte Spielplan.

Was nebenbei, wenige wird es überraschen, hier bereits im Oktober vorgeschlagen wurde.

Und wenn man jetzt schon beim Viertelfinale angekommen wäre, könnte man auf ein Mal die vernünftige Entscheidung treffen: Fußballspiele im Januar absagen, die Vereine nicht reisen lassen und all die gerade eintreffenden Covid Fälle mal zur Ruhe kommen lassen. Um dann Anfang oder Mitte Februar wieder einzusteigen. Dann hätte man immer noch ein Hammer Programm, aber es gäbe zumindest die Hoffnung, dass man nur mit 5.000 und nicht mit 25.000 Neuinfektionen pro Tag umgehen muss. Also pro Land.

Aber die Uefa fuhr halt genau so auf Sicht, wie die Regierungen. Und hofften einfach darauf, dass das schon gut gehen wird. Sie beweisen wieder mal, das "Verantwortungsvolle Handeln" und "Die Gesundheit der Spieler" nicht zu ihren Prioritäten gehören. Sondern das Drucken von Geld.

Was nebenbei genau so faszinierend ist: Alle tun jetzt so, als wäre das ein Problem der Engländer... Denn die haben ja die mutierte Virusversion... die es angeblich schon im November in Deutschland gab...

Und nur die Engländer hatten über Weihnachten mit Spielabsagen zu kämpfen. Das könnte auch daran liegen, dass man keine Spiele absagen kann, wenn keine angesetzt sind, aber Details. Vor allem ignoriert man dabei, dass es vielleicht sinnvoller gewesen wäre das Wolfsburg Spiel abzusagen, weil 5 Akteure in Quarantäne mussten... Oder das Würzburg demonstrativ einen Torhüter eingewechselt hat, weil alle anderen Optionen nicht zur Verfügung standen. Also auch die DFL ist im "Absagen sind keine Option" Modus. Und das sogar in Ansetzungen, für die man relativ leicht Ersatztermine finden könnte, weil keiner der Beteiligten International spielt. 

Hier eine faszinierende Variante den Unterschied zwischen Berichtserstattung über Deutschland und England zu verdeutlichen: Es ist überhaupt kein Problem rauszukriegen, wie viele Covid-19 Fälle es im Dezember in der Premiere League gab: 45. Klingt nach viel. Aber wenn ich vergleichbare Zahlen für die Bundesliga abrufen will... muss ich mich selber durch eine Bilderserie klicken und mitzählen. Dazu muss man irgendwie auch bedenken, dass die letzte veröffentlichte Testserie vor Weihnachten rein kam. 

Wären die Zahlen so hoch, wie in der Premiere League? Wahrscheinlich nicht. Aber die Drohung Spielabsagen oder zumindest weiter drastische Wettbewerbsverzerrung, wie man sie in Würzburg erlebt hat, stehen weiterhin im Raum. Und es gibt praktisch keinerlei Spielraum um auf diese Drohung zu reagieren.

Da hätte uns echt mal jemand vor warnen können... Also außer die Wissenschaftler, auf die anscheinend niemand hört.

Mittwoch, 30. Dezember 2020

Passives Abseits: Albumcharts 2020

Let's have some fun, shall we? Traditionen müssen halt gepflegt werden. Und weil man ja nicht nur auf den ganzen negativen Scheiß zurück blicken will... hier die Liste meiner neuen Lieblingsalben, über die ich in den letzten 12 Monaten und paar Wochen gestolpert bin...
Apropos: Noch ein wichtiger Hinweis an alle, die in den nächsten Tagen darüber nachdenken ein "2020 war so Scheiße, aber ist ja zum Glück vorbei... 2021 kann nur besser werden" posten wollen: Scrollt mal ein Jahr in eurer persönlichen Timeline zurück und überlegt, wie viele in eurem Umfeld genau das Ende des letzten Jahres gesagt haben... anscheinend dachte sich 2020 da: Challenge accepted. Lasst uns 2021 also nicht unnötig provozieren.

Platz 24: Chef'Special - Unfold: Ist das Album besser als Amigo, welches es auf Platz 16 des Vorjahres schaffte? Wahrscheinlich nicht, es fehlt aber dieses Live-Flashback Feeling. So bleibt dann Kaleidoscope als bestes Feel Good Stück übrig.

Platz 23: Joy Denalane - Let yourself be loved: Irgendwie ist es unfair. Also spätestens als ich die Frau letztes Jahr mit ihrem Ehemann live sehen durfte, stellt sich die Frage nach der besten Deutschen Gesangsstimme für mich nicht mehr: Joy ist einfach überragend. Aber trotzdem sind die Alben am Ende "nur" nett. Jetzt liefert sie ein super solides Soul Album ab. Mit den ganz großen Produzenten und amerikanischen Feature Gästen. Und da ist auch viel gutes dabei. Aber am Ende fehlen die herausragenden Stücke... Das geht aber nicht nur diesem Album so, sondern auch:

Platz 22: Murs and Slug - Felt 4 You: Als ich Atmosphere von der letzten Liste gestrichen habe, dachte ich nicht, dass Slug in den nächsten 12 Monaten 3 Alben raushaut. Also für nen bisschen Kontext: Murs und Slug sind dicke Freunde, die sich in unregelmäßigen Abständen treffen und Alben "for the fun of it" machen. Das war, weil Slug ja immer so ein emotionaler, komplexer Lyriker war, früher durchaus wichtig. Mittlerweile haut er aber auch mit Atmosphere regelmäßig wesentlich entspanntere Dinger raus. Und macht allgemein den Eindruck, dass er hauptsächlich noch rappt, weil er immer noch Bock auf Rap hat. Was halt den Felt Projekten diesen Sonderstatus, den vor allem die ersten beiden Teile hatten, nimmt. Dafür gibt sich Slug beim Rappen mittlerweile wieder richtig Mühe, was er zwischenzeitlich auch vernachlässigt hat... Und Murs is better then your favorite Rapper. Always has been. Aber am Ende ist er trotzdem nicht mein Lieblingsrapper...

Platz 21: Die Sterne - Die Sterne: Eine Band, die so alt ist, dass sie die Hamburger Schule gegründet haben. Also zumindest Frank Spilker der als einziges Gründungsmitglied noch übrig ist. Wer also Bock auf Indie und extrem gute deutsche Texte hat, sollte sich dieses Album auf jeden Fall gönnen. Und sich daran erinnern, dass wir in den besten Demokratien leben... Nebenbei muss ich an der Stelle erwähnen, dass Die Sterne die letzte Band war, die ich vor dem ersten Lockdown gesehen habe. Quasi am Abend, bevor alles vorbei war. Und ja, das war extrem unvernünftig, aber es war halt auch bis heute das letzte Konzert, welches ohne Abstandsregeln und ähnlichem kam. Ich vermisse solche Veranstaltungen dermaßen...

Platz 20: Tina Dico - Fastland: Denn Live-Konzerte sind, mehr noch als Songs, Something you can keep. Und ja, dieser Song ist an sich nichts überragendes... wenn man ihn aber mitten in einer Pandemie während des jährlichen Reeperbahn-Festivals plötzlich live hört, trifft er einen ganz anders. Und von all den Skandinavischen Liedermachern, die dieses Jahr auf diesem Festival auftreten konnten, (weil halt alles, was gerade so ging, nur ne Nummer kleiner ging,) war sie die herausragendste. 

Platz 19: Juse Ju - Millenium: Genau genommen hat sich Juse Ju ja bisher nur als "Feature Gast" oder "Crewmitglied" hervorgetan. Also klar, in Kombination mit Edgar Wasser oder Fatoni... Oder anders ausgedrückt: Nur Nazis haben Vorurteile! Aber dann kam dieses Album und vor allem "Model in Tokio"... Und dann fällt einem auf, dass der neue Juse Ju Scheiß auch ohne Fatoni funktioniert.

Platz 18: Reinhard Mey - Das Haus an der Ampel: Die Art und Weise, wie Reinhard Mey mit Sprache umgeht, ist einfach einzigartig. Die Liebe zum Detail in den Bildern ist der absolute Wahnsinn. Und natürlich kommt hier wie immer der Disclaimer, dass er sich nicht mehr auf dem Niveau des an sich gar nicht mehr Jungen Reinhard Meys aus den 80ern messen lassen kann. Aber das kann halt auch sonst niemand. Dazu kommt halt der Fakt, dass ich den Titelsong direkt nach der Veröffentlichung nachspielen durfte... Manchmal sind es halt die kleine, emotionalen Momente, die einen die Musik lieben lassen.

Platz 17: Klan - Sommerseite/Winterseite: Klan klingen nen bisschen wie Clueso, nur ohne die hardcore nerd Vergangenheit, die Cluesos Frühwerk so sympathisch macht. Was auch nur bedeutet: Im Gegensatz zu Clueso müssen sie sich nicht mit dem herausragenden "Gute Musik" Album vergleichen lassen. Deswegen dürfen die seichte Popmusik in deutscher Sprache machen, ohne dass es dafür Vorwürfe von mir gibt.

Platz 16: Samy Deluxe - Hochkultur: Samy ist und bleibt DER BESTE RAPPER im Land. Also technisch gesehen kommt da keiner ran. Vor 20 Jahren hätte das auch gereicht, um garantiert DAS ALBUM DES JAHRES abzuliefern. Mittlerweile hat man sich halt irgendwie dran gewöhnt, dass Samy auf einem Niveau rappt, an das keiner ran kommt. Aber, und das muss dringend festgehalten werden: Auf diesem Album sagt er auch einige richtig sinnvolle Sachen. So redet mann nicht über Mama sei da mal als explizites Beispiel erwähnt.

Platz 15: Sa-Roc - The Sharecropper's Daughter: Wo wir schon dabei sind die richtig guten Rapper abzuarbeiten: Sa-Roc. Nur weil es mich nicht mehr so begeistert, wie vor 20 Jahren, bedeutet dies ja nicht, dass ich nicht immer noch gerne guten Rap höre. Und "Forever" ist einer dieser "Deswegen liebe ich Indie-Rap" Songs.

Platz 14: Sketches on Duality - Spectrum: Stellt euch vor, ihr stolpert an einem Donnerstag Abend (oder war es Mittwoch? Details) ziemlich erschöpft und nach 8 Live-Bands in den "Where the Beatles played first" Laden und seht da dann um kurz vor 12 diese obskure Band, die perfekt Jazz mit Rap verbindet... und denkt dann: Genau so muss das laufen! Und ja, Sketches on Duality ist eine der zahllosen Reeperbahn-Festival Entdeckungen. Das Album ist deswegen hervorragend, weil Jahson The Scientist als Rapper so gut ist, dass die Musiker sich nicht seinetwegen zurückhalten müssen...
Oh und dann noch ne kurze Story Time: Mein Bruder und ich haben uns monatelang davor gedrückt, das Album als MP3 zu kaufen... Aber als die dann doch ein limitiertes Vinyl-Release bekannt gaben, bestellte mein Bruder gleich 2, ohne mich überhaupt zu fragen, ob ich auch eine brauche. Das beschreibt unser Verhältnis zur Musik ganz treffend.

Platz 13: Blond - Martini Sprite: Ich mag solche Alben einfach. Also Songs, bei denen man zunächst denkt: Ist ja lustig... und dann bei genaueren Hinhören feststellt, dass es um richtig ernsten Scheiß geht. Also nehmen wir mal "Sie" als Beispiel, welches mit einem euphorischen "Mein Herz macht Boom Boom" anfängt, dann aber ganz schnell in die Angst von Frauen nachts alleine heim zugehen abdriftet. Das hätte ich denen so nicht zugetraut.
Das ganze kommt dann mit einem klaren feministischen Anstrich. Dafür, dass sie oft so ernste Themen ansprechen, machen die viel zu viel Spaß...

Platz 12: Dota - Kaléko: Was, jetzt schon? Ist doch noch viel zu früh für ein Dota Album auf dieser Liste? Ok, dies hier ist "nur" ein "Nebenprojekt", in dem Gedichttexte von Mascha Kaléko vertont werden. All das auf dem musikalischen Niveau, an das man sich mittlerweile auch irgendwie gewöhnt hat. Und mit einigen überraschenden Gastauftritten. Also dass sie Hannes Wader für dieses Projekt aus dem Ruhestand geholt hat, sagt schon einiges aus. Und seit dem das Album im Umlauf ist, versuche ich den Begriff "kognakfroh" wiederzubeleben. Mit eher mäßigen Erfolg, aber gewöhnt euch schon mal dran...

Platz 11: Falk - Ist das glutenfrei? Dieses Album hat 2 große Probleme: Zum einen kannte der Konzertjunkie 80% der Lieder schon vorher von den Konzerten. Zum anderen hat sich das zynische Arschloch gegen den Melancholiker durchgesetzt. Beides sind absolute Luxusprobleme. "Im Biomarkt" ist seit 2017 halt nicht schlechter geworden. Wer also Bock auf zynische Geschichten hat, ist hier genau richtig...

Platz 10: Chloe, Halle - Ungodly Hour: Mittlerweile ohne X in der Mitte. Trotzdem ein regelmäßiger Gast in dieser Liste. The Ungodly Hour ist dann die Antwort auf die Frage: Was werden die wohl machen, wenn sie endlich trinken dürfen... Die Antwort: Fluchen und Fremdgehen. Also geflucht wird relativ wenig, übers Betrügen geht es überraschend häufig. Und faszinierender Weise aus allen möglichen Perspektiven. Also "Busy Boy" kommt mit folgender Zeile:

"You sendin' me too many pictures of your... (Oh)
Baby, are you drunk?
Or did you mean to send it to another girl? (Another girl)
And by the way
I think I just stumbled on your girlfriend's page (Oh, no)
Congratulations
She sayin' that the baby comin' any day"

"Wonder what she thinks of me" fängt dagegen mit

"I wonder what she thinks of me when you're coming home
I know that she smells my perfume under your cologne"

an... Aber mach mir keine Vorwürfe, ich bin schließlich nicht die Erste, mit der du deine Frau betrügst... An der Stelle bleibt zu erwähnen, dass die beiden praktisch alles selber schreiben und produzieren. Vielleicht sind sie doch nicht so gut erzogen, wie wir alle vor 2 Jahren dachten... Anyhow, ich warte weiterhin auf den ganz großen Durchbruch, der eigentlich bei jedem Grammy oder VMA Auftritt angekündigt wird...

Platz 9: Kinderzimmer Production - Todesverachtung to go: Oh yeah! Ganz ehrlich: Mit einem Kinderzimmer Productions Comeback habe ich nicht mehr gerechnet... Und das dieses Album dann so sehr nach dieser einzigartigen Band klingt... "Ja, liebe Nachbarn, da verdiene ich Geld mit!" "Lass die Putzfrau entschieden ob das Kunst ist oder weg kann." Und klar, auch nach 20 Jahren weiß niemand, ob Textor unfassbar tiefgründig oder unglaublich flach ist. Aber genau das macht den Reiz aus. Und es gibt keine andere Band, die so klingt...

Platz 8: Alicia Keys - Alicia: Dieses Album könnte langfristig noch deutlich nach oben schießen, denn das Ticket zur Live Show, datiert mit Juni 2020, liegt immer noch auf meinem Schreibtisch. Und Songs wie "Underdog", "Perfect way to die" und "Good Job" durch entsprechende Gänsehautauftritte mehrere Kategorien nach oben zu rutschen. Da sie mit dem "Here" Album nie auf Tour gegangen ist, gibt es da einiges, was unbedingt mal gespielt werden sollte. 

Platz 6+7: Atmosphere - Whenever / The Day Before Helloween: Habe ich schon erwähnt, dass mein absoluter Lieblingsrapper Slug dieses "Jahr" 3 Alben veröffentlicht hat? Scrollt hoch... Ja, habe ich, Habe ich auch schon darauf hingewiesen, dass ich aus diesen Alben nicht wirklich schlau werde? Also eigentlich kam Whenever schon nen knappes Jahr zu früh. Ich war noch nicht annähernd fertig mit dem "La Vida Loca" Album. Dann war ich mir nicht ganz sicher, ob dies nicht eines dieser "Übergangsprojekte" ist. Also Atmosphere hatten jahrelang die Angewohnheit die Zeit zwischen den alle 3 Jahre erscheinenden Alben mit "Sad Clown Bad Dub" EPs oder Gratisdownloads" zu überbrücken. Diese Projekte funktionierten auch immer als "Wegweiser" zum nächsten richtigen Album. Und häufig wurden dort einfachere Geschichten verpackt. "Postal Lady" klingt genau so. Was für sich genommen gar nicht weiter schlimm ist, aber irgendwie doch Teil des Problems. Denn während man beim Durchhören der "richtigen Releases" immer genau wusste, in welcher künstlerischen Phase man sich gerade befindet, könnte dieser Song auf 4 Zwischenprojekte passen. Oder nen Murs Part vertragen, was es zu Dirty Girl Part 2 werden lassen würde.
Auf der anderen Seite wurde halt auch in der Präsentation viel zu viel Aufwand betrieben, um es als Nebenprojekt zu kategorisieren. Also wir reden von hochwertigen Videos für "Bde Maka Ska" und "Lovely" Lovely kommt sogar mit nem richtigen Ant Auftritt, das hätte es früher nie gegeben. Also ist Whenever am Ende einfach das erste Atmosphere Album, dem dieser richtige Übertrack fehlt.
Und weil das dann nicht reicht, gibt es "The Day Before Helloween". Mit von Jason Goldwatch produzierten 40 Minuten Video... Welches aber mit einer dringenden Warnung kommt: Ihr solltet euch vorher "The Wall" von Pink Floyd angucken... und wenn euch das nicht verstört, könnt ihr euch auch an diesem Projekt ausprobieren. Ihr seid gewarnt. Vor allem hat mir das gucken des Filmes auch beim 3. Versuch nicht wirklich beim verstehen des Albums geholfen... Aber auch The Day Before Helloween ist definitiv zu komplex um als "Haben wir so nebenbei gemacht" durch zugehen. Vor allem klingt es gerade im Vergleich zu Whenever wieder komplett eigen. Also wenn man zufällig in der Playlist auf einen Song dieses Albums stolpert, wird man sofort wissen, wo man gerade ist. Und so was mag ich halt immer sehr. 

Platz 5: 100 Kiloherz - StadtLandFlucht: Heute in der beliebten Serie: Warum habe ich die alten Feine Sahne Fischfilet Sachen eigentlich nie so wirklich gefeiert? Also ja, 100 Kiloherz klingen wie Feine Sahne in ihren Anfangsjahren. Die Bläser können ungefähr 2 Variationen einer Melodie spielen, die ständig wieder verwendet wird. Das Album ist definitiv eher Punk als Abwechslungsreich. Dafür kommt es mit verdammt viel Energie und es hat hat mit "An Ampeln" auch einen dieser Überhits des Jahres. Also wie in dem Text immer nur wenige kleine Worte ausgetauscht werden, sich trotzdem alles ändert, ist einfach nur großartig.

Platz 4: Theodor Shitstorm - Sie werden dich lieben: Heute in der beliebten Serie: Wie konnte ich das so lange verpassen? Also das Album ist von 2018. Und spätestens 2019 sagte mein Vater mir, dass ich das unbedingt mal hören muss. Ich kam aber erst Anfang 2020 dazu. Jetzt könnte ich einfach auf das nächste Album warten, welches für 2021 angekündigt wurde... aber dafür ist das Album zu gut. "Depression" ist eine perfekte musikalische Umsetzung dieses so ernsten Themas. Nur echt mit Ohrwurm-Chorus... "Mama, schick mir die Platten von Reinhard Mey" ist wunderbar melancholisch. 

Platz 3: Die Ärzte - Hell: Womit ich definitiv nicht mehr gerechnet habe... ist ein relevantes Ärzte Album. Dabei habe ich Farin Urlaub immer für einen überragenden Lyriker gehalten. Man könnte allein über die Zeile "Ich hab dir nie gesagt, dass du mir fehlst" Doktorarbeiten schreiben... Aber das war halt "13" und das ist verdammt lange her. Und auch wenn es danach noch das ebenfalls überragende "Geräusch" gab, waren "Jazz ist anders" und "Auch" zwar nett... sind aber irgendwie an mir vorbei gegangen. Und selbst Auch ist halt schon 8 Jahre alt. Das letzte Mal lief mir Bela B über den Weg, als er seinen Heimatroman vorstellte... Es wirkte einfach so, als wären die fertig. Aber dann traten sie auf ein Mal in den Tagesthemen auf. Und stellten die eigentlich essenzielle Frage, "was Beyoncé morgen trägt"... ich meine natürlich "WARUM SPRICHT NIEMAND ÜBER GITARRISTEN?" Und ich frage mich, ob es wirklich so schlimm ist, dass ich ein gesamtes Album wegen einer Queen B Referenz feiere. Ok, ganz so schlimm ist es auch nicht, es gibt ja auch noch "Woodburger". Auch wenn ich da immer denken muss, dass ein gewisser Götz Widmann das Thema schon mal besser abgehandelt hat. Und ganz ehrlich: Ein Bier wollt ich schon immer sein... Kurz gesagt: Es sind sehr viele sehr schöne Ärzte Songs auf dem Album. Und wie immer dieser eine verwirrende Rod Song...

Platz 2: Sarah Lesch - Der Einsamkeit zum Trotze: Ich bin ja seit Corona Freund völlig absurder Verschwörungstheorien. Also ich entwickele sie selber. Einfach "Bill Gates will uns verchippen" nachzuplappern ist viel zu langweilig. Dann fällt einem plötzlich auf, dass Sarah Lesch mein Leipzig im ersten Lockdown mit pinken "Der Einsamkeit zum Trotze" Plakaten zugepflastert hat... Und rechtzeitig zum Weihnachtsfest gab es dann wieder einen Lockdown, was schenkt man sich da am besten? Da stellt sich schon die Frage: Kann es sein, dass sie dieses Virus erschaffen hat um ihre neue Platte zu promoten? Und es dann zu Weihnachten in einer neuen Welle zu verkaufen?
Ich sag das mal so: Der Titeltrack trifft einen live ganz anders, wenn man ihn nur während Pandemie gerechten Konzerten sehen darf, bei denen man Mindestabstand zum Nebenmann halten muss... "Wir schaffen das nur Gemeinsam, der Einsamkeit zum Trotze!"
Dazu kommt noch absurdes Storytelling mit dem Rosa Elefanten. Das definitiv beste Lied, welches sie je ausgeschwiegen hat. Beute in Bauch ist ein zumindest seltsames Liebeslied. Und alles in allem pflegt die Frau genau den detailverliebten Umgang mit Sprache, den ich bei Reinhard Mey immer so geliebt habe.

Platz 1: Götz Widmann - Tohuwabohu: Das Album muss einfach großartig sein, es hat meinen alten Plattenspieler zerstört. Oder es ist so furchtbar, dass mein treuer Freund an genau der Stelle sagte: Jetzt reicht's. den Scheiß mach ich nicht mehr mit. Ich tendiere zu ersterem. Was auch nur bedeutet, dass das erste Album des Jahres auch das Beste war...
Und natürlich ist Götz sprachlich wesentlich brachialer als Sarah oder Reinhard. Das bedeutet aber nicht, dass er nicht auch perfekt den Nerv treffen kann. Und "Europa" macht genau das. Die letzte Strophe sollte man allen vorspielen, die sich nicht mehr an die Geschichten ihrer (Ur-)Großeltern erinnern können. Die Frage, warum es keinen Europafeiertag gibt, an dem wir uns alle mal gemeinsam besaufen, ist mehr als berechtigt. Auch wenn es irgendwie nach einer Forderung von der Partei DIE PARTEI klingt.
"Maria" ist einfach nur schön. Dass sich dann noch jemand die Mühe gemacht hat Originalaufnahmen aus der beschriebenen Bar zusammenzuschneiden... Und wer solche kleinen Kaschemmen nicht kennt, hat halt nicht gelebt.
Als jemand, der eine Bierleitung in seinem "Wohnzimmer" liegen hat, kann ich euch bestätigen, dass "Fließendes Bier" eine absolut geniale Idee ist. Und "Babydinosaurier" beweist, dass es den absolut albernen Götz immer noch gibt. Wenn das einzige "Problem" auf dem Album der Fakt ist, dass "Klimakatastrophe" als Gedicht ohne Musik live wesentlich besser war, hat man ein verdammt gutes Album.

Dienstag, 22. Dezember 2020

Während Corona geht so was ja gar nicht!

Also noch mehr als sonst nicht. Das ist ja viel viel schlimmer. Deswegen muss man den... wer war es noch gleich... nicht der, der andere... Marcus Thuram jetzt doppelt so hart bestrafen...

Ähm... Nein.

Also nur um das mal kurz festzuhalten: Thuram hat ungefähr 70 Corona-Tests hinter sich, damit er auf dem Platz stehen darf. Mindestens. Das ganze Konstrukt "Hygienekonzept" funktioniert nur, weil wir davon ausgehen, dass die Spieler das Virus nicht haben. Und die Fälle in Wolfsburg oder Würzburg zeigen ja, wie drastisch durchgegriffen wird, sobald der leiseste Zweifel an dieser Grundlage besteht.

Man wird ja sicherheitshalber vom Spielberichtsbogen genommen, wenn man nur Kontakt mit jemanden hatte, der sich mit Covid-19 angesteckt hat. Und das ist auch vollkommen vernünftig so.

Das bedeutet aber auch: Die Pandemie sollte keinerlei Einfluss auf das Strafmaß haben.

Dann kommen aber alle mit "Aber die Vorbildfunktion!!!!1ELF!! Gerade in diesen Zeiten muss man doch!"
Ja... also könnte man. Aber warum berufen wir uns auf die Vorbildfunktion, wenn die Aktion extrem eklig war, und sonst ist es uns egal? Also wenn wir wollen, dass unsere Helden als Vorbilder für Hygienemaßnahmen herhalten, dann lasst uns das so machen... aber in aller Konsequenz.

Also mir fiel dies das erste Mal so richtig extrem auf, als José Mourinho spontan durch die Sportschau lief... und Jürgen Klopp kurz vorm Anpfiff mal so richtig knuddeln wollte. Natürlich ohne Maske. Ich dachte mir so: Kaum gibt es eine minimale Chance, dass Mourinho Klopp mit einem tödlichen Virus anstecken könnte, schon verliert der sonst doch eher distanzierte Trainer jegliche Hemmungen.

Und dass ist jetzt das Extrembeispiel. Aber das Trainer und Spieler sich nach den Spiel noch mal dringend in den Armen liegen müssen, ist ein regelmäßig auftauchendes Bild. Und das wird dann immer unkommentiert hingenommen. Und im Fernsehen gezeigt, weil die Emotionen ja so wichtig sind.

Genau genommen ist das aber mindestens so gefährlich wie Thurams Spuck-Aktion. Und sendet die vollkommen falsche Botschaft in unsere Wohnzimmer. Wenn man jetzt also will, dass Sportler sich wie Vorbilder verhalten, dann muss man das auch konsequent verlangen und nicht nur, wenn es einem gerade ins Narrativ passt, während man es sonst komplett ignoriert.

Es hätte dafür auch eine einfache Lösung gegeben: Man legt schon im Sommer fest, dass jegliche Verstöße gegen die AHA-Regeln vor und nach dem Spiel mit einer Verwarnungen geahndet werden. Also auch nachträglich. Und ja, praktisch kann ein Schiedsrichter auch nach dem Abpfiff Spieler verwarnen.

Und diese Verwarnungen werden statistisch wie reguläre Gelbe Karten gezählt. Sprich: Wer das zum 5. Mal macht (oder in Kombination mit Taktischen Fouls auf die 5. Gelbe Karte kommt), setzt ein Spiel aus. Dann hätte man auch eine Verhandlungsgrundlage gehabt um Thurams Sperre zu erhöhen, weil es ein krasser Verstoß gegen AHA war. Man hat aber beschlossen, dass man derartiges nicht sanktionieren will. Das muss man dann auch durchziehen. 

Das andere Problem ist, dass wir Fußball-Idioten wohl als einzige auf der Welt mit einheitlichen Regeln spielen müssen. Also wenn die DFL das für sich als Teil des Hygienekonzepts beschlossen hätte, Verstöße gegen AHA mit Verwarnungen zu ahnden, wäre das transparent und nachvollziehbar gewesen... Aber der erste Spieler, der deswegen gesperrt worden wäre, hätte sich dagegen trotzdem bei der Fifa beschweren können. Weil die Fifa Regeln ungefähr so Pandemie-gerecht sind, wie unser Grundgesetz. 

Ich werde nie verstehen, warum die Fifa solche Details nicht den einzelnen Verbänden überlässt. Also hat natürlich wenig mit Covid zu tun, aber warum müssen wir Deutschen uns Regeln beim Jubeln von anderen Kulturkreisen vorschreiben lassen? Und das ist ja der Grund, warum es fürs "Trikot Ausziehen" (ein vergehen, welches wesentlich harmloser ist als in Pandemiezeiten unmotiviert Menschen aus anderen Haushalten zu umarmen) Gelbe Karten gibt. Anstatt den Kulturkreisen, die damit ein Problem haben, einfach zu sagen: Wenn ihr damit ein Problem habt, dann zeigt das Spiel mit 10 Sekunden Verzögerung und lasst die Regie was anderes einblenden, wenn da etwas passiert, was ihr nicht sehen wollt... Dann können die nackten Bierbäuche aus den Fanblocks einblenden, anstatt die durch trainierten Oberkörper der Athleten zu zeigen... Wenn es Kulturkreise gibt, in denen die Männer anfangen zu weinen, wenn sie fittere Menschen als sich selbst nackt sehen, muss man darauf halt Rücksicht nehmen... also als TV Station aus dem entsprechenden Kulturkreis...

Dadurch ist das Regelwerk aber halt auch so träge, dass man es nicht auf Sondersituationen, wie sie derzeit existieren (also... hoffen wir mal, dass es eine Sondersituation bleibt und wir uns nicht an Pandemien gewöhnen müssen...), anpassen kann. Und das liegt halt auch stark daran, dass die Fifa, die es ja sonst mir Regeln und Gesetzen nicht ganz so genau nimmt, genau festlegen will, was auf dem Platz erlaubt ist und was nicht...

Montag, 21. Dezember 2020

Worst of des "Die gingen ja ganz schön auf dem Zahnfleisch" Wochenendes

Also nicht nur die Bayern, bei denen man es ja fast noch verstehen konnte. Oder die Gladbacher, die mit einer neuen Belastungssituation klarkommen müssen. Aber selbst die Mannschaften, die eine relativ normale Saison spielen... Die vorher so begeisternden Stuttgarter bewerben sich auf ein Mal für den Titel "Gomez der Woche"... Wolfsburg gewinnt dieses Spiel, durch das angeblich 3. direkte Freistoßtor, was aber schon eine sehr optimistische Beschreibung ist, wenn der Ball 2 Mal abgefälscht wird. (Ernsthaft, dass Schalkes Gegentor gegen Augsburg als Eigentor gewertet wurde, der Wolfsburger Treffer aber als "direkter Freistoß...)

Also wenn man sich mal vor Augen führt, wie grausam die Bundesliga wird, wenn Mainz oder Bremen mal ne Woche lang nicht trainieren können. Hat Mainz eigentlich in dieser Woche ein Mal aufs Tor geschossen? Also so richtig ernsthaft und nicht als getarnten Rückpass, den der Torwart einfach aufnimmt?

Der Kicker verwendet die Begriffe "verstörend" und "am Rande der Regresspflicht" um die 3 Halbzeiten der Hertha zusammenzufassen. Und Schalke gegen Bielefeld... nun gut, sein wir ehrlich, das Spiel sah halt aus wie "Letzter gegen Vorletzter", unabhängig von der englischen Woche vorher. Die gefährlichste Schalker Angriffsaktion der Woche kam von Cedric Brunner, einem Bielefelder Verteidiger.

An der Stelle muss direkt darauf hingewiesen werden, dass der einzige Sieg der Bielefelder auf Schalke offiziell gekauft war. Also nicht vom BND, sondern damals als Teil des Bundesliga-Skandals... Mittlerweile schafft selbst Bielefeld das, ohne auf illegale Absprachen zurückzugreifen...

Bayer Leverkusen: Man kann es sich so einfach machen und auf die kleinen Dinge "stolz" sein. Also zum Beispiel an dem Fakt, dass man "So nah an den Bayern" wie "schon lange nicht mehr" war. Nun überrascht es mich nicht, das Rudi Völler sich nicht wirklich mit Fußball beschäftigt. Sonst wäre ihm aufgefallen, dass selbst Bremen und Union Berlin sehr "dicht" an diesen Über-Bayern war. Denn die sind halt gerade im eigentlich von Real Madrid patentierten "Wir machen nicht mehr als nötig und wurschteln uns gerade so durch" Modus... Also als gewagte These: Selbst Schalke... ok, auf Augenhöhe wären die natürlich nicht, aber selbst Schalke würde gerade nur 4:0 gegen Bayern verlieren. Und könnte hinterher behaupten: So nah waren wir den Bayern lange nicht mehr...

Wenn sich in der Bundesliga irgendwas was ändern soll, müssen die Herausforderer in den wenigen Schwächephasen viel gieriger sein. Denn die Bayern sind ja gerade verwundbar. Da darf es kein "ein klasse halbe Stunde von uns" und kein "Wir standen gegen einen starken Gegner vor einem gerechten Unentschieden" geben. Stattdessen hätte es lauten müssen: Gegen diese Bayern wäre ein Unentschieden unser Mindestanspruch gewesen und jetzt sind wir richtig enttäuscht, dass es nicht mal dazu gereicht hat.

Also nicht in Angesicht der überragenden Gesamtjahresleistung, sondern in dem kürzeren Zeitfenster der letzten 7 Spiele, in denen die Bayern jeweils in Rückstand gerieten... Aber die Bundesligisten denken sich ja "Scheiße, ne Führung gegen die Bayern, was machen wir jetzt?"...

Heiko Herrlich und Iago... und natürlich der VAR. Und der Kicker. Also zum einen ist es faszinierend, dass der Kicker einerseits schreibt, dass es eine Ermessensentscheidung war keinen Elfmeter in der 73. Minute zu geben, weshalb der VAR nicht eingreifen konnte. Andererseits spricht er von klaren Fehlentscheidung... also vielleicht spreche ich eine andere Sprache, aber wenn es eine klare Fehlentscheidung war, ist es eben nicht mehr im Ermessensbereich.
Also es gibt ja gefühlt jedes Wochenende diese Elfmetersituationen, bei denen man durch die Vereinsbrille sagt "Klarer Elfmeter"... oder "Auf keinen Fall", je nachdem in welchem Strafraum man sich befindet. Und das sind dann die Elfmeter, bei denen man vom "Ermessensspielraum" redet. Bei den Augsburgern lag der Fall so, dass selbst Adi Hütter hinterher zugab, dass man verdammt viel Glück gehabt hat. Und wenn der gegnerische Trainer, der ja immer nur durch die ungefilterte Vereinsbrille guckt, weil sein Job davon abhängt, zugibt, dass es hätte Elfmeter geben müssen...

Das eigentlich spannende ist aber, dass Heiko Herrlich hinterher die Chance verpasst das eigentliche Problem dieser Entscheidung anzusprechen: Wenn Iago sich fallen lässt, greift der VAR ein und es gibt Elfmeter. Oder der Schiedsrichter gibt ihn gleich. 

Nun hätte Herrlich seinen "Rant" sogar geschickt verpacken können: Wir wollen doch alle, dass die Spieler in solchen Situationen stehen bleiben und versuchen das Tor zu erzielen, anstatt auf den Elfmeter zu gehen. Das werden wir aber nur schaffen, wenn der VAR auch in solchen Momenten eingreift und sagt "Hey, Schiri, guckt dir das nochmal an, das reicht für nen Elfer"... 

Aber (und das passiert nicht zum ersten Mal in dieser Saison): Der faire und vorbildliche Spieler ist am Ende wieder der Dumme, der bestraft wird. Und jetzt kann sich keiner mehr beschweren, wenn die Augsburger sich demnächst wieder theatralisch im Strafraum fallen lassen, denn anscheinend wirkt nur das auf die Schiedsrichter.

Ich warte echt auf den ersten Moment, wo der Videoassistent einen berechtigten Elfmeter für einen weiter spielenden Angreifer gibt. Das wäre echt so ein bahnbrechendes Signal. Der erste Schritt, damit diese ewige Umfallen im Strafraum endlich zumindest eingedämmt wird. Aber bei jeder Gelegenheit, die der VAR dazu bisher hatte, sagte er: "Werft euch doch lieber hin, das ist einfacher und besser..." Schade. 

An sonsten wollte ich als eventuell letztes Update zur Augsburger Spielweise mal erwähnen, dass selbst Bielefeld auf Schalke 54% Ballbesitz hatte... während Augsburg in ihrem leichtesten Heimspiel der Saison nur auf 41% kamen... der arme Ball, der damals ständig von den Schalkern getreten werden musste, ist mittlerweile in psychologischer Betreuung...

Marcus Thuram, Vollidiot der Woche. Nur der Vollständigkeit halber. Also weil ich mich ja gefragt habe, wie ein "Unsportlichkeit" auf dem Rasen von Vollprofis aussehen könnte, habe ich jetzt eine beeindruckende Antwort bekommen.
Aber danach ist dazu doch schon mehr als genug gesagt worden. Bleibt nur noch ein "Den Spieler dafür lebenslang sperren zu wollen" ist einfach nur bullshit. Manchmal fragt man sich echt, warum wir ständig alte Männer vor die Kameras zerren, damit die sich zum Thema Fußball äußern können...

Also der Marcel Reif hat je die Deutsche Staatsbürgerschaft abgelegt... vielleicht hat er es deswegen verpasst, dass selbst dem Attentäter von Halle nie eine Lebenslange Haftstrafe drohte, sondern das härteste Strafmaß "mit anschließender Sicherheitsverwahrung" kommt. Also nur um zu verdeutlichen, dass lebenslange Strafen nicht mit unseren Wertesystem vereinbar sind...

Freitag, 18. Dezember 2020

Wenn man kurz darüber nachdenkt

 Ob man nicht vielleicht doch Mitleid mit Schalke haben könnte... holen die Huub Stevens zurück. Das ist das Level an Verzweiflung, welches man in Gelsenkirchen erreicht hat.

Nur um das mal zu verdeutlichen: Stevens ist der Jahrhunderttrainer auf Schalke... aus dem letzten Jahrtausend. Als der noch ein richtig guter Trainer war, stand noch eine 19 vorne bei der Jahreszahl...

Aber weil Stevens ja offensichtlich zu alt für den Scheiß ist... denkt man über Friedhelm Funkel nach... Der ist offiziell im Ruhestand und hatte seine größten Erfolge... in den 80ern. Ok, als Spieler, aber Details... Er ist immerhin jünger als Stevens... ganze 11 Tage...

Dass Schalke sich mittlerweile so weit zurück entwickelt hat, dass man auf DEN noch lebenden Feuerwehrmann schlecht hin zurück greifen muss... Aber hey, wenn das auch nicht klappt, geht Peter Neururer bestimmt ans Telefon... 

Nebenbei hat man als chronisch klammer Club dann 3 Trainer für die erste Mannschaft unter Vertrag... alles Geld, welches man in Daniel Caliguiri hätte stecken können. 

Es ist halt völlig absurd, wie unfähig Schalke sich derzeit präsentiert. Also wir hatten ja schon den geplanten Abstieg von Hannover 96, aber Hannover war halt nie annähernd so groß und bedeutend wie Schalke 04. Also auch Martin Kind brauchte 3 Jahre bis er seine "Vision Abstieg" vollendete, aber er kam wenigstens "nur" aus der Europa League... Schalke war vor 3 Jahren Vize-Meister und spielte relativ regelmäßig in der Champions League... Die Fallhöhe ist halt eine ganz andere...

Und auch der Vergleich mit dem Hamburger SV ist mehr als unangebracht... denn einerseits hat man sich dort wenigstens gegen den Abstieg gewehrt, auch wenn man sich dabei so ungeschickt angestellt hat wie möglich. Andererseits brauchte man 8 Jahre um den Weg vom Halbfinale der Europaleague zum Zweitligsten zu vollenden. Verglichen mit dem, was gerade auf Schalke passiert, war das ein geradezu schleichender Niedergang...

Das einzige Problem der Schalker: Am Ende wird ihr genialer Absturz-Plan an der mangelnden Kooperation von Bielefeld und Mainz scheitern. Bielefeld kann, wie gestern schon erwähnt, wenig dafür, dass sie so schlecht sind, aber auch die Mainzer arbeiten dieses Jahr intensiv an einem Abstieg. Also so intensiv und konkret, dass ein Mateta-Transfer im Winter mich nicht überraschen würde... Gut für die Mainzer, dass die Schalker kein Geld haben, sonst könnten sie der Verlockung erliegen ihn nach Gelsenkirchen zu schicken... zuzutrauen wäre es den Mainzern gerade.

Dazu kommt als weiteres Problem, dass die wirtschaftliche Lage auf Schalke ja so katastrophal zu sein scheint, dass bei einem Abstieg die Existenz des gesamten Vereins auf dem Spiel steht. Also klar, der HSV hat auch Miswirtschaft betrieben und sich an den Tropf eines Investors gehangen. Aber anscheinend konnte man trotz Corona 2 Zweitligajahre in Folge stemmen. Auf Schalke hat man anscheinend noch keinen blassen Schimmer, wie das funktionieren soll.

Es ist einfach unfassbar, wie ein derart großer Verein sich so schnell so weit runter wirtschaften konnte.Vor allem wenn man bedenkt, dass sie für Manuel Neuer, Julian Draxler, Leroy Sané und Tilo Kehrer zusammen 162 Millionen Euro Ablöse für selbst ausgebildete Talente bezahlt bekommen hat. Aber das dadurch verdiente Geld hat man anscheinend praktisch verbrannt...

Was auch nur bedeutet: Selbst wenn die Unfähigkeit der Mainzer und die Relegation die Schalker am Ende irgendwie rettet, ist noch lange keine Besserung in Sicht... Die einzige wirkliche Hoffnung, die man derzeit noch hat, ist... dass die Knappenschmiede schnell einige vielversprechende Talente ausspuckt. Und dass man bis dahin fähigere Leute in den entscheidenden Positionen hat, damit diese Talente nicht wieder verschwendet werden.

Donnerstag, 17. Dezember 2020

Worst of der "manches änder sich nie" englischen Woche

 Fangen wir mal direkt mit den Augsburgern an, die meine Ausführungen vom Dienstag anscheinend unbedingt belegen wollten... und gegen Bielefeld ein ähnlich grausam geführtes Spiel wie am Sonntag halt eiskalt mit 1:0 in der Schlussphase gewannen. Das Spiel war zwar nicht das schlechteste der Woche, aber das lag nur daran, dass Bielefeld sich wenigstens bemüht hat... Die sind halt nur auch zu schlecht. Das ist auch kein Vorwurf, die können ja nichts dafür, dass der Hamburger SV den Aufstieg schon wieder verkackt hat und deswegen dieser eigentliche Zweitligist in der Bundesliga mitwurschteln muss. Aber sie kommen halt doch deutlich an ihre Grenzen. Und Augsburg hat sich offensichtlich endgültig dagegen entschieden selber am Spiel teilzunehmen.

Hätte ich nebenbei gleich auf den Spielplan geguckt, wäre mir dieses Spiel schon vorher als passendes Argument für die Belanglosigkeit der Augsburger UND ihres Gegners genannt. Denn wenn ihr auf einer Blinden Deutschlandkarte beide Orte einzeichnen sollt, seid ihr bestimmt auch überfordert... Also klar, Augsburg liegt irgendwo in Bayern, aber das ist ein verdammt großes Bundesland. Und Bielefeld liegt neben Paderborn, was einem auch nicht weiter hilft. Und das, obwohl beide Städte gerade einen Bundesligisten stellen.

Es stand quasi vorher schon fest, dass das Spiel extrem grausam werden würde, weshalb die Sportschau es mit einem "bleiben sie dran, danach kommt Liverpool - Tottenham" ankündigte. 

Und ja, bei all den Verbesserungen in der Bundesliga bleibt festzuhalten: Es gibt sie noch, diese komplett grausamen Begegnungen. Der eigentliche "Höhepunkt" war Herha BSC Berlin - Mainz 05. Ein Spiel, welches bei kritischer Betrachtung ohne einen Torschuss auskam. Also ja, Barreiro lenkte einen Ball an die Latte, aber dieser "Versuch" ging bei kritischer Betrachtung nicht aufs Tor, sondern ans Gehäuse. 

An der Stelle sei mal wieder die großartige Online Datenbank von Kicker.de "gelobt", bei der man sich natürlich nicht anzeigen lassen kann, wie viele Bälle wirklich aufs Tor kamen... Und weil die alles, was grob Richtung Tor fliegt, als Torschuss zählen, kommen die auf 16... Bestes Fachmagazin der Welt...

Wahrscheinlich haben sie auf Kicker.de sogar den kläglichen Versuch der Bielefelder, der nicht aufs Tor sondern ins Seitenaus ging, als "Torschuss" gewertet...

Man sollte nebenbei erwähnen, dass Hertha a) ein Heimspiel hatte und b) für ihre Offensivspieler Matheus Cunha und Krzysztof Piatek 42 Millionen Euro Ablöse ausgegeben hat und c) gegen einen der offensichtliche Abstiegskandidaten spielte... mit so einem Potenzial so wenig abzuliefern... schaffen sonst nur von Jogi Löw betreute Mannschaften. Beeindruckende Leistung von Bruno Labbadia

An sonsten merkte man Mark Uth noch deutlich die folgen seiner Gehirnerschütterung an. Schließlich hat er sich öffentlich darauf gefreut, dass Schalke Spiel live zu sehen. Das kann man nur, wenn man aus einem 12-monatigen Koma erwacht ist... 

Die beste Nachricht aus Schalker Sicht: Man hat Armine Harit jetzt schon begnadigt und stellt ihn wieder auf. Was auch nur bedeutet, dass man ihn nochmal suspendieren kann, bevor er dann in der Relegation zum Retter wird... Und jetzt gibt es als absolutes Überhighlight der Saison: Schalke - Bielfeld.  

Wo wir schon bei "guten Nachrichten für die Schalker" sind: Die letzte Mannschaft, die mit 4 Punkte aus 12 spielen und ohne Sieg in die Saison gestartet ist, war der HSV in der Saison 2016/17. Das war damals, zu den glorreichen Zeiten, als der HSV noch gerade so die Klasse gehalten hat. Ob man diesem Ideal allerdings wirklich nacheifern muss...

Apropos Gehirnerschütterungen und "manches ändert sich nie": Einerseits gibt es da jetzt Fortschritte, weil bei Kopfverletzungen eine zusätzliche Auswechslung erlaubt sein soll. Ein guter Ansatz. Aber den entscheidenden Punkt verpasst man halt: Neutrale Ärzte stellen, die überprüfen ob ein Spieler eine Gehirnerschütterung hat oder nicht... und ob er überhaupt schon wieder Einsatzfähig ist. Denn Nasssim Boujellab  „ hat bis 7 Uhr morgens nicht schlafen können vor Kopfschmerzen“, spielte gestern aber trotzdem. Das sind jetzt in der Ferndiagnose ebenfalls eindeutige Anzeichen für eine Gehirnerschütterung und dann ist es Wahnsinn 3 Tage danach schon wieder zu spielen. Absoluter Wahnsinn. Aber es wird uns als aufopferungsvolle Heldengeschichte verkauft. Weil wir uns halt mit diesem unangenehmen Thema einfach nicht beschäftigen wollen...

Wenn man wirklich etwas gegen Kopfverletzungen unternehmen und Spieler schützen will, stellt man als DFL zu jedem Spiel einen neutralen Arzt, der feststellt, ob der Spieler wahrscheinlich eine ernste Kopfverletzung hat... und den danach dann auch entsprechend krank schreibt... Wie die NFL das macht. Das ist die einzige Lösung, die wirklich funktioniert. Alles andere ist offensichtlich nicht zielführend.

An sonsten versucht Bayer Leverkusen jetzt öffentlich "Druck" auf die Bayern auszuüben, denn man kommt ja als Tabellenführer... Die Bayern werden sich jetzt bestimmt auch ganz intensiv mit der wichtigsten Frage beschäftigen: Holen wir Bayer jetzt schon ein? Oder warten wir noch, es ist schließlich Bayer, die können wir auch noch am 34. Spieltag von der Spitze stoßen...

Die Bayern werden sich gestern gedacht haben: Wie niedlich, die verschießen all ihr Pulver gegen Köln, anstatt das Spiel humorlos und Kraft sparend zu gewinnen...

Kommen wir zur wichtigsten Frage des Wochenende: Warum wurde bei Oliver Baumann ein Ermittlungsverfahren eingeleitet, bei Christoph Krämer aber nicht? Die Antwort ist banal, aber schlüssig: Bei Baumann's Vergehen durfte man auf den VAR zurückgreifen, bei Krämers aber nicht... warum?

Nun ja... diese Woche hat mal wieder eindrucksvoll nachgewiesen, warum der VAR nicht funktioniert: Weil die Stellen, an denen er eingreifen darf, vollkommen willkürlich sind. Nehmen wir mal die 2 Beispiele:

1.) Wenn Manuel Gräfe Florian Niederlechner für seinen "Schlag ins Gesicht" direkt Rot gibt, darf er das hinterher nochmal überprüfen und feststellen "Oh, das habe ich ja völlig falsch eingeschätzt..." Da er ihn aber "nur" mit Gelb-Rot vom Platz stellt, hat er diese Möglichkeit einfach nicht... Der Einfluss auf den weiteren Spielverlauf ist aber jeweils derselbe: Augsburg muss zu 10. weiter spielen, was in den meisten Fällen eine entscheidende Schwächung ist. Warum man nicht allgemein sagt "Bei Platzverweisen kann der VAR zur Hilfe genommen werden", ist einfach unverständlich.
Natürlich kommen dann die ganz tollen Experten und heulen "Was, wenn die erste Verwarnung unberechtigt war?" Na dann ist man als Profi immer noch der Dumme, wenn man danach so hinlangt, dass man eine weitere Verwarnung bekommt. Die Gelbe Karte ist ja als Hinweis gedacht, dass man sich ein wenig zurückhalten sollte.

Dasselbe bei Beispiel 2.) Wenn jetzt einem Frankfurter Spieler tief in der eigenen Hälfte der Ball an die Hand gesprungen wäre und daraus dann die Spieleröffnung zum 2:1 entstanden wäre, hätte der VAR das Tor zurück genommen. Wenn es aber nur durch einen nicht regelkonform ausgeführten Freistoß entsteht, kann man da halt nichts machen.

Und natürlich muss sich Gladbach eigentlich den Vorwurf gefallen lassen, dass sie trotz des falsch ausgeführten Freistoßes noch genügend Raum und Zeit hatten um den Gegentreffer zu verhindern. Aber das wäre bei einem Handspiel tief in der eigenen Hälfte genau dasselbe. Und da hat der VAR teilweise schon eingegriffen.

Die Fifa hat das so fest gelegt, weil sie nicht will, dass wir in endlosen VAR Unterbrechungen ertrinken. Das ist auch vernünftig. Aber könnte man dann nicht einheitliche, konstant anwendbare Regeln finden, die dies verhindern? Einfachstes Beispiel: Der VAR kommt bei Toren nur in der Hälfte der Verteidigenden Mannschaft zum Einsatz. Mit der einfachen Begründung: Wenn der Schiedsrichter eine Kleinigkeit in der anderen Hälfte übersieht, sind die Fehler der verteidigenden Mannschaft immer noch größer und relevanter als der des Schiedsrichters.
Natürlich kommen dann die ganz tollen Experten und heulen "Was, wenn ein Ball in die Tiefe aus des Gegners Hälfte zum Gegentor führt"... da sage ich dann nur: Wenn du gegen schnellere Stürmer taktisches Harakiri begehst, machst du das auf eigene Verantwortung. Es zwingt dich ja niemand dazu eine Abseitsfalle auf Höhe der Mittellinie aufzustellen...

Das wäre auch nicht perfekt, aber jeder Spieler könnte vorher darüber informiert werden und es wäre nachvollziehbar, wann man auf den VAR hoffen darf und wann man sich an die eigene Nase fassen muss.

Nebenbei ist auch Kramers „Dann gab es eine Situation, die in meiner Karriere schon zwei Millionen Mal abgepfiffen wurde" Aussage lustig. Also was Kramer bei seiner Übertreibung verschweigt: Er hat es halt auch schon 3 Millionen Mal versucht... Er erinnert sich aber nur an die Fälle, in denen er zurück gepfiffen wurde, nicht an die, wo er den Angriff eröffnen konnte...

Mittwoch, 16. Dezember 2020

Schade, dass diese Stuttgarter nicht zusammen bleiben werden.

 Das ist so ein Gedanke, der mir gerade jedes Mal in den Sinn schießt, wenn ich die aktuelle Generation der "Jungen Wilden" im Dress des VfB Stuttgarts sehe: Schade, dass die ihre Karrierehöhepunkte am Ende grob verteilt innerhalb Europas und nicht zusammen bei einem Verein, mit dem sie gemeinsam wachsen, erleben werden. Das wäre mal eine richtig coole Geschichte. Und es wäre spannend zu sehen, was denn deren gemeinsames Limit ist. Aber solche Geschichten gibt es im Fußball einfach nicht.

Mir fiel dann spontan der Vergleich zur NBA ein, wo es halt Mannschaften wie die Golden State Warriors, San Antonio Spurs und Oklahoma Thunder gab, die sich jeweils einen Kern drafteten und daraus dann einen Titelkonkurrenten bauten. Und selbst wenn die Thunder am Ende komplett auseinander brachen, so spielte der Kern um Kevin Durant, Russel Westbrook doch 8 Jahre zusammen.

Die Warriors waren dann doch gewillt ihren Kern aufzubrechen um eben jenen Durant zu holen. Aber Stephen Curry, Klay Tompson, Draymond Green und Harrison Barnes galten als das perfekte Beispiel, wie man sich durch die Draft einen Titelkonkurrenten aufbaut und diesen dann über Jahre wachsen lässt.

Dann fiel mir aber auf: Die NBA hat den Vorteil, dass ihr gesamter Kader ungefähr die Größe einer Startelf im Fußball hat. Dementsprechend reichen halt 2-3 Gesichter für den festen Kern einer Mannschaft. Historisches Beispiel: Die Michael Jordan Bulls waren genau genommen die Jordan-Pippen-Bulls. Sie holten 6 Titel in 8 Jahren. Aber lediglich 2 Spieler waren bei allen 6 Titeln dabei. So kann man das "Wir bauen Teams über Jahre auf" Image wesentlich leichter aufrecht erhalten, weil man genau genommen nur 2-3 Spieler halten muss um eine Ära zu prägen. 

Dazu kommt, dass dies in der modernen NBA auch immer seltener wird, weil Stars entweder kurzfristige Verträge unterschreiben oder einen Wechsel trotz laufenden Vertrag erzwingen. 

Aber dann kam mir der nächste Gedanke: Passiert so was im Fußball denn wirklich nicht? Und dann wurde mir bewusst: Doch, es passiert ständig. Nur halt 2 Ebenen höher als beim VfB Stuttgart.

Also ein paar halbwegs aktuelle Beispiele: Das Messi-Xavi-Iniesta-Busquet-Puyol Barcelona dominierte den Europäischen Fußball über Jahre. Das Problem daran ist halt, dass die schon vor Messi unter Ronaldinho und Samuel Eto´o verdammt gut waren, deswegen fällt das nicht so auf. Aber jetzt kann man den Überresten dieser Generation beim Zusammenbrechen zugucken, weil Barca halt den Umbruch verpasst hat.

Real Madrids Lauf mit Cristiano Ronaldo, Sergio Ramos, Toni Kroos, Marcelo und Luka Modric war ebenfalls legendär. Und er ist noch nicht zwingend beendet, nur weil Ronaldo weg ist... auch wenn es gerade wieder stark danach aussieht. Aber wenn man ehrlich ist, sah Real im Herbst noch nie wie ein Titelkandidt aus...

Jürgen Klopps Liverpool um Mo Salah, Roberto Friminio, Sadio Mané, Jordan Henderson und Alex Oxlade-Chamberlain könnten in diese Lücke stoßen... oder halt die aktuellen Bayern.

Deren Champions League Titel aus dem Jahr 2013 kam im 11. Profijahr von Bastian Schweinsteiger... Und wurde von der Generation Eigengewächsen Philipp Lahm, Thomas Müller und David Alaba geholt.

Es hat beinah jeder Champions League Sieger diese "Da wächst eine Mannschaft über Jahre zusammen und dann holen sie den Titel" Geschichte. Oder sie kommen nicht ganz an den Pott ran. Denn das eigentlich interessanteste aktuelle Beispiel ist Diego Simeones Atletico Madrid. Dort wurde der Schritt vom "Spielt um den Europa League Titel mit" zu "Ist ein ernsthafter Kandidat für den Henkelpott" in den letzten 10 Jahren gegangen. Und auch wenn die Fluktuation, da es halt noch bessere Adressen gab, höher war als bei Real oder Barca, so gab es mit Diego Godin, Juanfran, Koke und Jan Oblak trotzdem verdammt viele Spieler, die große Teile der Dekade geprägt haben... nur steht halt keiner von denen für berauschenden Angriffsfußball, deswegen kehrt man sie gerne unter den Teppich.

Das "Problem" besteht also nicht darin, dass es diese "Über Jahre gewachsenen Mannschaften" nicht gibt. Das Problem ist eher, dass es nur 8-10 Mannschaften gibt, die diesen Status haben, dass sie sich entweder in einer "Wir könnten jetzt alles Gewinnen" Situation befinden... oder zwischen "Wir zögern den Neuaufbau noch hinaus" und "Wir sind gerade im Umbruch, in 3 Jahren geht es dann wieder um die Titel" Fenstern hin und her pendeln, wie Barca das halt gerade macht.

Und ja, ein Champions League Titel für Barca in den nächsten 3 Jahren (gerade wenn Messi wirklich wechselt, aber selbst mit wird es eng) erscheint unrealistisch. Da muss halt jetzt ein systematischer Neuaufbau her, damit man irgendwann wieder so weit ist. Was aber nicht bedeutet, dass Ansu Fati dann mit 25 als Anführer der nächsten Generation nicht doch wieder um die Titel mitspielt.

Aber, um den Bogen zum VfB zu schlagen: Im Ligaalltag passiert so was halt nie. 

Obwohl sich mir auch da die Frage stellt: Wirklich nicht? Also Borussia Mönchengladbach zeigt da doch gerade sehr interessante Entwicklungen. Und Spieler wie Lars Stindl, Yann Sommer, Christoph Kramer, Patrick Hermes und Oscar Wendt spielen seit mindestens 5 Jahren im Verein und haben jetzt gemeinsam das Traumlos Manchester City im Achtelfinale gezogen. Und seit dem dieser Wettbewerb so heißt, war Gladbach noch nie so gut.

Natürlich hat man diese Mannschaft immer wieder geschickt verstärkt und sogar den Trainer ausgetauscht... aber trotzdem kann man dort die Entwicklung eines festen Kerns wunderbar nachvollziehen. 

Die eigentliche Aussage der Überschrift sollte also lauten: Schade, dass sich der VfB durch Dekaden der selbst verschuldeten Inkompetenz in die Situation manövriert hat, dass man keine realistische Chance hat diese Generation, nennen wir sie Sven Mislintat I, zusammen zuhalten.

Was mich im Gedankenfluss zu den Punkt bringt: Wie ist der Mann eigentlich in Stuttgart gelandet? Also dass er einer der genialsten Talentscouts der Welt ist, war doch jedem bewusst. Warum musste der zu einem Zweitligisten wechseln um Sportdirektor zu werden? Vor allem wenn man bedenkt, dass er vorher bei Arsenal London war... ist sonst niemand auf die Idee gekommen den mal einen besseren Posten anzubieten als "Handlanger"? War der bei Arsenal nicht mehr als ein Handlanger? Warum geht der Mann zu einem abgestürzten Traditionsverein? Das sind doch genau die Leute, die sich normaler Weise RB Leipzig sichert...

Und wo wir schon bei Mislintat sind: Macht der alleine den VfB Stuttgart zu einem der spannendsten Projekte in der Bundesliga? Denn der wird ja nicht aufhören Rohdiamanten für den Verein zu finden und zu rekrutieren. Aber in 4 Jahren könnte er dies aus der Position "Gestandener Bundesligist" machen... Da könnte er sich dann in einem anderen Regal bedienen. Einen langen Exkurs über die prägende Rolle von Managern findet ihr hier. Dort wird dann die Frage gestellt, warum wir die Ären (Äras? Was ist die Mehrzahl von Ära? Confused...) von Mannschaften nicht viel stärker nach den Managern sortieren, obwohl das oftmals die wirklich entscheidenden Köpfe sind. Und der VfB hat ja am eigenen Leib mitbekommen, was passiert, wenn man einen mindestens semi-kompetenten Fredi Bobic vom Hof jagt und ihn durch Robin Dutt ersetzt... Wenn jetzt Mislintat zu seinem eigenen Max Eberl aufbaut... Das ist zumindest der optimistische Verlauf. Aber es ist der VfB, der wird das irgendwie verkacken und Mislintat vom Hof jagen, weil er im Jahr 2023 die Europa League verpasst und danach dann wieder absteigen...


Wo ich schon im Flow bin: Wer wirklich kleinere Teams bei einer organischen "Was wäre, wenn die zusammen bleiben" Geschichte verfolgen will, der muss halt bei den Nationalmannschaftsturnieren hingucken. Also genauer hingucken und nicht abschalten, wenn nicht Deutschland, oder die anderen Titelkandidaten laufen. Da gibt es dann so viele Generationen, bei denen der Höhepunkt "Turnierteilnahme" oder "Erreichen der K.O. Runde" im Lebenslauf steht. Bosnien Herzegowina unter Salihovic und Ibisevic. Kroatien machte es 2 Mal (Suker und Modric) überaus erfolgreich. Die Elfenbeinküste um  Didier Drogba und Co. Uruguay um Diego Forlan. Die Liste könnte endlos fortgesetzt werden, bis man irgendwann bei Slowenien und Litauen landet...

Dort findet man immer wieder Mannschaften, die halt über Jahrzehnte zusammen bleiben müssen und dann irgendwann einen für die Nation historischen Höhepunkt gemeinsam erreichen. Bevor auch dort der Umbruch verpasst wird und der Einbruch kommt. Aber da findet man bei jedem Turnier garantiert mindestens einen Kandidaten. Und selbst die Titelkandidaten wachsen immer über mehrere erst mal enttäuschende Turniere zusammen, bis sie sich irgendwann den Titel holen. Xavi holte bei seinem 4. Turnier seinen ersten Titel mit Spanien. Lahm brauchte 6 Anläufe... Auch da kann man Mannschaften wunderbar wachsen sehen.

Je mehr ich also darüber nachdenke. um so mehr komme ich zu dem Schluss: Das passiert am Ende auch beim Fußball ständig. Man muss nur etwas genauer hingucken. Was eine schöne Erkenntnis ist, die einfach mal ausgesprochen werden musste.

Dienstag, 15. Dezember 2020

Augsburgs brachialer Realismus hat etwas faszinierendes

Normaler Weise suchen Fußballvereine ja immer nach ihrer "Nische". Ihrem mehr oder weniger einzigartigen Platz in der Bundesliga

Da gibt es ganz unten die "Fahrstuhlmannschaften", die sich durch meistens wenige Jahre in der Liga und viel Abstiegs- beziehungsweise Aufstiegskampf definieren. Dann gibt es die Divenhaften Traditionsvereine wie Hertha BSC Berlin und Eintracht Frankfurt, die mehr oder weniger offensichtlich nach Höherem streben und vom internationalen Geschäft träumen. Karnevalsvereine aus Mainz und Köln, die sich sogar dann ein besonderes Trikot gönnen, wenn die Karnevalssaison wegen Corona abgesagt wird... Wo wir schon bei alternativen Konzepten sind: Union Berlin verkauft uns erfolgreich die Idee des Kiezklubs. Es gibt die Chaosvereine wie Schalke 04 und den HSV... Mannschaften wie der SC Freiburg präsentieren sich als hervorragender Aus- und Weiterbildungsverein.

Und natürlich die Mannschaften, die wirklich und konstant ums Internationale Geschäft spielen. Und die Bayern die entscheiden wer die Titel holt. So kultiviert  halt jeder sein Image. Und alle wollen nur eines: Keine Graue Maus sein.

Das ist ja nebenbei genau das Problem, welches die Hertha gerade hat: Denen reicht es nicht einfach nur ein solider Bundesligist sein, sie wollen unbedingt zum Big City Club werden... auch wenn sie dafür ihre Seele verkaufen müssen. Who gives a Shit?

Und dann... gibt es die eine Graue Maus. Den einen Verein, der mittlerweile in seiner 10. Bundesligasaison angekommen ist. Und der die meiste Zeit (einige Ausrutscher, die sogar nach Europa geführt haben) einfach nur im relativ gesicherten Mittelfeld landen. 5 Jahre in Folge landete man zwischen Platz 5 und 12. Und selbst wenn man die letzten beiden Jahre "nur" 15 wurde, hatte man am Ende 4 und 5 Punkte Vorsprung auf den Relegationsrang... den Klassenerhalt also vor dem letzten Spieltag in der Tasche.

Hier ist eine faszinierende Statistik: Das letzte Mal, dass es für den FC Augsburg am letzten Spieltag um mehr ging als um die Fernsehgelder, war 2016/17. Dazu kommt noch die Eroberung von Platz 5 am Letzten Spieltag 2014/15... Und das war es schon mit großer Aufregung zum Saisonende... viel Grauer geht es halt gar nicht...

Und das zeigt sich ja auch auf dem Transfermarkt und im Spielerkader des FCs. Der Beste Spieler der Augsburger Geschichte ist und bleibt Helmut Haller... dazu hatten sie offiziell mit Ulrich Bersinger einen der Helden von Bern in ihren Reihen... also einen der unbekannten Helden.

In der aktuellen Generation ist der Beste Spieler, den Augsburg hatte... ähm... Philipp Max? Aber jetzt gebt ehrlich zu: Wer von euch hat es auch nicht mitbekommen, dass der im Sommer zu PSV Eindhoven gewechselt ist?

Während andere Mannschaften ständig junge und talentierte Spieler ausbilden um auf dem Transfermarkt gewinne zu erzielen... erzielte Augsburg ein einziges Mal mehr als 10 Millionen Ablöse. Für Abdul Rahman Baba... Weil der irgendwie den Chelsea Scouts aufgefallen ist und die weigern sich halt weniger als 20 Millionen für einen Spieler zu bezahlen, egal wie unnötig das erscheint. So profitierte Augsburg von der einen guten Saison, die Baba jemals gespielt hat.

Und selbst wenn man dann mit Alfred Finnbogasson einen EM-Star in seinen Reihen hat, ist der so oft verletzt, dass man ihn nicht für gigantische Ablösesummen verkaufen kann.

Das ist aber halt auch alles mehr oder weniger geplant. Denn wenn mit Daniel Baier eine Vereinsikone abgegeben wird, holt man nicht irgendwelche jungen Perspektivspieler, sondern Daniel Caligiuri und Tobias Stobl. 2 Spieler, die von den Mannschaften mit angeblich höheren Ansprüchen nicht mehr gebraucht werden, die aber immer noch gut genug sind um solide Bundesligakost anzubieten. Eiskalte und rein rationale Entscheidungen, die das überleben im Hier und Jetzt sichern. Die aber niemanden vom Hocker reißen.

Der einzige Hingucker, den Augsburg sich gegönnt hat, war Felix Udoukhai. Aber der war, wenn man ehrlich ist, auch eher ein gescheitertes Talent. Jetzt könnte er der erste Deutsche Nationalspieler im Augsburgdress seit Jahrzehnten werden... was aber auch eher verdeutlicht, wie dringend man dort Boateng und Hummels braucht.

Denn auch bei Udoukai ist die realistische Perspektive: Der wird ein solider Bundesligaverteidiger. Nicht mehr und nicht weniger. Was gut für Augsburg ist, denn der kann das jetzt 10 Jahre lang bei den Fuggerstädtern machen.

Genau das reicht denen aber anscheinend auch. Sie sind der einzige Verein, der damit zufrieden ist, wenn er einfach nur in der Bundesliga mitspielen darf und dabei niemanden stört.

Auch die emotionalen Entscheidungen werden mit demselben Kalkül getroffen. Also ich habe ja bestimmt 2 Jahre darauf gewartet, dass Augsburg den Umbruch verpasst und mit ihrer "Vereinslegende Daniel Baier" absteigt. Sobald der aber wirklich Alterserscheinungen andeutete, hat man ihn freundlich aber bestimmt Richtung Karriereende verabschiedet. 

Selbst der Trainerposten wurde ja dementsprechend vergeben. Also Heiko Herrlich wurde ja in Leverkusen entlassen, weil Rudi Völler die spielerische Entwicklung nicht gepasst hat. Dabei hat er sogar seine letzten beiden Spiele als Bayer Coach gewonnen... aber halt nicht den "offensiven, temporeichen und begeisternden Fußball“ spielen lassen, von dem Völler unter Peter Bosz geträumt hat.

In Augsburg sind begriffe wie "Spielphilosophie" genau genommen egal. Es geht am Ende nur darum, dass es am Ende um nichts mehr geht. Erreicht wird das meistens über pragmatischen "Umschaltfußball"... Fußballfeste können woanders gefeiert werden. 

Das hat man nebenbei auch am Wochenende deutlich gesehen: Also man spielte gegen eine historisch schlechte Schalker Mannschaft. Dort ging man mit einer Standartsituation, die als Eigentor für die Schalker gewertet werden musste, weil Daniel Caligiuri als letzter Augsburger am Ball war. Und allein weil Schalke den ablösefrei ziehen ließ, muss man das als klassisches Eigentor werten...

Aber was machte Augsburg gegen den bisher hoffnungslos überforderten und abgeschlagenen Tabellenletzten? Man gab ihnen den Ball und sagte "macht mal!"... zeigt mal, was ihr könnt... In einem Heimspiel... Deswegen hatte Schalke dann plötzlich 59% Ballbesitz... und als selbst dass nicht half, legte Carlos Gruezo den Schalkern selbst den Ausgleich auf...

Erst als man dann plötzlich hinten lagen, fingen sie an selber Verantwortung fürs Spiel zu übernehmen... und das in Unterzahl. Wenn man vorher mehr Interesse an eigenem Ballbesitz und Spielgestaltung gezeigt hätte, hätte man sich den Ausgleich und den Platzverweis vielleicht ersparen können. Wenn man es kritisch betrachtet, war es grob fahrlässig eine Mannschaft in einer derart schlechten Verfassung das Spielfeld einfach zu überlassen. Andererseits... wenn sie den Schalkern nicht den Ausgleich auflegen, können sie hinterher halt behaupten, dass sie das Ding souverän nach Hause geschaukelt haben... denn vorher sah es nicht so aus, als würde Schalke von sich aus und ohne Absteiststellungen das Tor in Gefahr bringen...

Aber praktisch heißt das: Augsburg würde selbst Tasmania Berlin den Ball geben und sagen "Zeigt mal, was ihr könnt..." Fällt euch sonst irgendein Bundesligist ein, der mit einer solchen taktischen Einstellung in ein Heimspiel gegen den Tabellenletzten geht?   

Und wenn ihr jetzt denkt: "Oh, aber nach den Uth-Schok kann man es doch verstehen, dass die Augsburger etwas gehemmt agieren"... dann sei folgendes Bedacht: Da sich die Augsburger weigerten das Spiel selber zu gestalten, mussten dies die unfähigen Schalker tun. Was nur dazu führte, dass die in ihrer Verzweiflung noch mehr hohe Bälle in Richtung Udoukhai geschlagen haben. Um die Nerven dieses Jungen zu beruhigen, hätte man selber den Ball halten müssen.

Heraus kommt ein Verein, über den der gemeine Fußballfan halt auch einfach nicht nachdenkt. Den man 2 Mal im Jahr als Gegner trifft und sich dann wundert, dass die ja immer noch da sind. Dann guckt man kurz auf die Tabelle und stellt fest, dass die auch nächstes Jahr noch da sein werden. Aber hey, tut ja keinem weh... also außer dem HSV...

Die spannende Fragen lauten: Kommt vielleicht doch mal der richtige Ausreißer nach unten? Also was passiert, wenn man wirklich mal absteigt? Ist der FC Augsburg dann schon stark genug für den direkten Wiederaufstieg? Das sollten sie eigentlich sein. Diesen Verein wird die Bundesliga so schnell nicht wieder los.

Und viel wichtiger: Wie lange reicht denen das "Wir spielen einfach so mit!"? Ab wann schreit das Umfeld dann doch unvernünftiger Weise nach dem nächsten Entwicklungsschritt? Ab wann kommt Unruhe auf, wenn man nur eine Sorgenfreie Saison anbietet? Wie geht man dann mit dieser Unruhe um? Lässt man sich dann wirklich auf unvernünftige Ideen ein? Oder bleibt man auch dann einfach nur zufrieden mit dem Status als "Graue Maus"?

Montag, 14. Dezember 2020

Und jährlich grüßt die Gehirnerschütterung

Und man fragt sich: Ist das jetzt der Zeit für schlechten Humor? Oder doch eher für emotionale "Werde schnell wieder gesund" Tweets?

Dass erste Mal schmunzeln musste ich ja, als Erik Meijer in der Halbzeitanalyse sagte "Ich kann mich nicht daran erinnern, jemals bewusstlos zu Boden gegangen sein"... das geht es ihm wie Mark Uth, erinnern kann der sich garantiert auch nicht... Dann dachte ich "Jetzt ist der Uth wieder bei Bewusstsein... Dass heißt, er muss das Elend sehen.."

Sind solche Gedanken nur erlaubt, weil Uth doch wieder zu Bewusstsein gekommen ist? Oder sind sie trotzdem unangebracht, weil die Langzeitfolgen und -gefahren unabhängig vom kurzzeitigen Bewusstsein passieren... aber sie werden halt nur kurzzeitig im Bewusstsein bleiben...

Hier ist das faszinierende: Dass sich das damals noch geplante Worst Of um Wirkungstreffer im Kopfbereich drehen würde, stand schon am Sonntag morgen fest. Mit Florian Kohfeldt als "Vollidiot der Woche"... denn der konnte zwar die Regel, die zum Elfmeter gegen ihn führte, anerkennen... aber verstehen wollte er sie nicht uns laberte etwas von "Aus fußballerischer Sicht würde ich ihn nicht geben"... Dabei galt Kohfeldt doch immer als einer der Intelligenten... Da müsste er doch wissen, wie wichtig so ein Gehirn ist... und wie gefährlich Kopfverletzungen sein können... Also zumindest ist es einer der Menschen, denen ich zutrauen würde, dass er sich da mal belesen hat.

Da landen wir wie das hier ein Mal jährlich der Fall ist, bei CTE. Also es ist echt irgendwie zynisch, dass der letzte Passives Abseits Beitrag zum Thema Gehirnerschütterungen um einen Werder Profi ging... also spätestens da hätte sich Kohfeldt als leitender Angestellter mit den Gefahren für Kevin Vogt beschäftigen müssen, interessierte sich aber nur dafür, dass er den Mann möglichst schnell wieder einsetzen kann, weil es ja um den Klassenerhalt geht... und dafür stirbt man doch gerne an potenziellen Langzeitfolgen einer Gehirnerschütterung. Als Leihspieler, der im Sommer dann doch zu seinem angestammten Verein zurück kehrt... lohnt sich das doch richtig.

Um den jährlichen Medizinkurz zu wiederholen: Chronisch-traumatische Enzephalopathie ist der Fachbegriff für Langzeitschäden im Gehirn, welche meistens durch Gehirnerschütterungen ausgelöst werden. Und Sportler gelten als allgemein stark gefährdet, wenn es um "Spontanes, tödliches Zusammenbrechen" als Spätfolge geht.

Nun kennt man das Problem hauptsächlich aus der NFL, weil das halt, im Gegensatz zum Fußball, keine Vollkontakt- sondern ein Kollisionssport ist. Und wenn man sich die Einzelfälle, die an den Spätfolgen leiden, so anguckt, sind das oft richtig hässliche und richtig entsetzliche Dramen.

Aber anscheinend warten wir im Fußball darauf, dass ein ehemaliger Profi richtig durchdreht und seine Frau und Kinder erschießt, bevor wir uns darüber Gedanken machen, ob man da nicht was gegen unternehmen könnte. Einfache Altersdemenz und Alkoholprobleme nach der Karriere wie bei Gerd Müller reicht da nicht aus. Und es wird auch niemand Müllers Gehirn untersuchen, um herauszukriegen, ober es vielleicht schon Ende der 70er CTE Fälle im Fußball gab... Und da sind wir dann auf ein Mal auf einer Linie mit Horst Seehofer: Bevor wir bei Studien unangenehme Erkenntnisse gewinnen können, geben wir diese Studien lieber nicht in Auftrag.

Das eigentlich Schockierende an der Situation am Sonntag war ja: Felix Uduokhai hat nichts falsch gemacht... und trotzdem 2 Gegenspieler am Kopf verletzt... Denn auch Nassim Boujellab hatte seinen Turban dank eines spontanen Rendezvous mit Uduokhai. Und als Sahne auf der Kirsche bekam Florian Niederlechner als Überreaktion von Dr. Manuel Gräfe einen Platzverweis, weil er Salif Sané mit der Hand unglücklich im Gesicht trifft...

Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen: Der ungefährlichste Vorfall war der einzige, der zu einem Freistoß und einer persönlichen Strafe führte... Und die war dann auch noch plötzlich übertrieben.

Was kein Vorwurd an Gräfe sein soll, bei dem Spielverlauf da so zu reagieren ist mehr als nachvollziehbar. Dass man so was dann nicht mit dem VAR überprüfen kann ist albern. Aber so ist der VAR halt. Und das ist ja auch nebensächlich.

Wir stehen zum 2. Mal in diesem Jahr vor der Frage: Wann wollen wir eine seriöse Debatte über Gehirnerschütterungen und Kopfschutz mal in Angriff nehmen? Wollen wir wirklich darauf warten, dass ein Spieler wie Uth nach einem ganz normalen Zweikampf zum Pflegefall wird? Oder bis ein ehemaliger Profi mit Mitte 40 spontan umkippt und dann alle hinter entsetzt feststellen: "Das lag an all den Gehirnerschütterungen, die er sich in den Jahren auf dem Platz eingefangen hat"...

Oder man nutzt diesen Schockmoment um einen Diskussion über Helme loszutreten. Aber dann fällt mir auf, dass wir in einer Welt leben, wo viel zu viele Menschen gegen das Tragen von Stofffetzen im Gesicht sind, auch wenn das offensichtlich sinnvoll wäre.

Und wahrscheinlich ist die Starfriseur-Lobby da auch einfach zu mächtig. Denn die wären natürlich ihr wichtigstes Klientel los, wenn sie nur noch Kurzhaarfrisuren desingen könnten. Und die werden dann auch noch in den entscheidenden Momenten von Helmen verdeckt. Und alles, was etwas aufwendiger wäre, würde ja durch das Tragen des Helmes während des Spiels ruiniert werden. Also doch lieber Hirntote... Da kann man halt nichts machen, da muss man die Prioritäten richtig legen.

Montag, 7. Dezember 2020

Worst of des "Passives Abseits wissen es früher" Wochenendes

 Also ja, wenn ich vorher ankündige, dass Thomas Müller gegen extrem müde und überspielte Leipziger treffen wird, dann macht der das auch. Sogar doppelt. Und das passt mir sehr gut, denn das wird die "Müller muss zurück in die Nationalmannschaft" Geschichte nur noch weiter verstärken. Und bisher kann ich ja behaupten, dass meine Prognosen im Wesentlichen immer gestimmt haben...

Was den Bayern eigentlich zu denken geben sollte. RB war auch ohne Dani Olmo, Poulsen, Orban und Kampl in der Startformation auf Augenhöhe... Der Eindruck, dass der Abstand der Bayern ohne Joshua Kimmich zum Rest gar nicht so groß ist, verfestigt sich. Andererseits... ist man ja trotzdem Tabellenführer vor Bayer Leverkusen und Kimmich kommt wieder zurück, bevor es richtig spannend wird.

Die einzige Variante diese Saison wirklich spannend zu gestalten... wäre wohl eine Kimmich Verletzung im April und Mai gewesen. Aber hey, so wird wenigstens der Eindruck erweckt, dass die Meisterschaft nicht schon entschieden ist...

Nebenbei war das Spiel ja richtig gut. Also besser als ich erwartet hätte. Was aber auch nur daran lag, dass die Bayern schlechter waren, als ich erwartet habe. Also ja, ich ging davon aus, dass ausgeruhte Bayern das souverän mit 3:0 runter spielen. Aber vielleicht ist RB auch einfach weiter, als ich gedacht habe...

Kommen wir zum Unterhaltsamen Teil: Schalke 04. Ich muss ja zugeben... ich hätte sogar Mitleid, wenn es nicht Schalke wäre. Dass man Malick Thiaw immer wieder in Situationen bringt, in denen er gnadenlos überfordert ist... Immerhin schaffte man es dieses Mal ihm nicht bei Standartsituationen gegen den besten und wuchtigsten Angreifer des Gegners zu stellen, wie gegen Wolfsburg. Es gibt also doch Fortschritte in Gelsenkirchen.

Es ist natürlich ein wenig schade, dass ihre "Der hat in 14 Jahren noch nie ein Gegentor bekommen" Geheimwaffe Langer nicht funktioniert hat... aber immerhin haben sie alles versucht...

Dass Steven Skrzybski dann noch einen Elfmeter verschießt... Nicht, dass das beim Stand von 0:2 wirklich relevant war.

Es ist halt immer wieder faszinierend, wie systematisch sich Schalke in diese Situation manövriert hat. Also dass man im Sommer seinen Führungsspieler und Fixpunkt Daniel Caligiuri ablösefrei zu einem direkten Konkurrenten ziehen ließ... und sich dann die Dienste von Vedad Ibisevic sicherte, der schon wieder weg ist. Wenn man dann noch kurz durchrechnet, wie viel ein potenzieller Abstieg kosten dürfte... denkt man sich: Gut, dass sie bei Caligiuri gespart haben...

Man muss an der Stelle auch noch mal explizit erwähnen, dass Schalke praktisch pleite ist und auf jede Million achten muss, obwohl sie im letzten Jahrzehnt regelmäßig im internationalen Geschäft gespielt haben. Einen Verein so zu Grunde zu wirtschaften ist eine großartige Leistung...

Und die wirklich schlechte Nachricht für die Schalker lautet ja: In Köln werden auf dem Platz Fortschritte gemeldet. Die haben 2 Spiele in Folge nicht verloren... Jetzt müssen die ganzen Kölner überlegen, ob sie aus ihren Fanklubs austreten, weil das ja nicht mehr "Ihr EffCeh" sein kann.

Oh und Jan Thielmann war, als Wohlfühlgeschichte für die Kölner, bei seinem ersten Bundesligatreffer auf den Tag genau so alt wie Lukas Podolski. Das sind gute Nachrichten für Jogi Löw, der ihm jetzt einen Freifahrtschein für die nächsten 15 Jahre in der Nationalmannschaft ausstellen kann... aber es sind genau genommen schlechte Nachrichten für die Kölner, denn wenn die Parallelität der beiden Karrieren anhalten, erzielt Thielmann nächstes Jahr 5 Mal das Tor des Monats... als Zweitligaprofi... 

Davie Selke, Vollidiot der Woche: Vielleicht bin ich ja ein überaus selbstkritischer Mensch... aber wenn ich in der Kreisklasse ein Tor kassiert habe, bei dem der gegnerische Angreifer in Ruhe Abstoppen und sich nen Tee kochen kann, dann fragte ich mich "Wie konnten wir uns beim Verteidigen so DUMM anstellen?" 

Selke hat aber anscheinend "Die Erziehung gegnerischer Jungstars" in seiner Arbeitsbeschreibung und stürmte auf Silas Wamangituka zu. Damit dieser auch ganz bestimmt seine wohl berechtigte Gelbe Karte ab. Dass dies auch eine Verwarnung für ihn persönlich nach sich zog... Und das "Zeitspiel", worum es ja angeblich eigentlich ging, nur noch effizienter gestaltet wurde, weil Selke dieses riesige Theater aufzog... Wenn er statt noch mehr Zeit zu verschwenden gleich mit seiner "Jetzt erst recht!" Mentalität in den gegnerischen Strafraum gezogen wäre, hätte es vielleicht noch zum 2:1 gereicht.

Ich kann es ja nachvollziehen, wenn Profis auf ihre Gegner los stürmen, wenn die ihre Kollegen treten und potenziell verletzen. Aber sich wegen einer derartigen Kleinigkeit derart zu echauffieren. 

Nebenbei finde ich die Bezeichnung "Unsportliches Verhalten" als ehemaliger Kreisklasse Profi immer faszinierend. Da sitzen wir also mit unserem Bier und unserer Chipstüte vorm Bildschirm, sind so träge, dass wir kaum noch die Fernbedienung erreichen und regen uns darüber auf, dass ein austrainierter Vollprofi in grob fahrlässiger Gelassenheit ein Tor erzielt... Wie UNSPORTLICH ist der denn!!!

Oh und wo ich schon dabei bin: Wenn die Torhüter für jedes "Ich warte, bis der Stürmer kurz vor mir ist und nehme den Ball dann in die Hand" eine Verwarnung bekommen würden, kämen verdammt viele Ersatztorhüter ihre Einsatzgelegenheiten bekommen. Und auch das ist vollkommen unnötig, in gewisser Weise eine Demütigung des Gegners und reines Zeitspiel. Jetzt ist tatsächlich mal ein Torwart das Opfer seiner eigenen Handlungsweise geworden und alle so "DAS GEHT GAR NICHT!!!"

Nebenbei wollte ich auch noch mal erwähnen, dass jeder Bremer da auf dem Platz ein Multimillionär sein dürfte. Sich über derartige Kleinigkeiten so stark aufzuregen, während man mehr als anständig fürs Kicken bezahlt wird, ist doch ein wenig albern...

Andererseits... rege ich mich jetzt seit 6 Absätzen darüber auf, dass Selke sich aufgeregt hat. Reicht dann auch einfach.

Cem Özemir und die beliebte Serie: "Warum dürfen sich Menschen, die sich nicht oder kaum mit Fußball beschäftigen, im Kicker äußern?" Also zunächst mal ist es ja angenehm, dass ein Karl-Heinz Rummenigge mittlerweile tatsächlich so etwas wie Gegenwind bekommt. Dass er sich nicht mehr unwidersprochen als Moralapostel aufführen darf. Aber Rummenigge hat "das Interesse an einer attraktiven Bundesliga verloren"? Wirklich? Wann hat er das denn jemals gehabt?

Rummenigge war immer ein extrem egoistischer Lobbyist. Für den FC Bayern. Ausschließlich für den FC Bayern. Der hat nie im Interesse der Liga gehandelt, sondern immer nur darauf geachtet, dass die Bayern international nicht den Anschluss verlieren. Und dafür macht er echt alles. 

Das ist auch an sich kein Problem. Es ist ja sogar seine Aufgabe und die erfüllt er gut. Dass dies aber niemanden aufgefallen ist und sich Rummenigge deswegen als Sprecher für die Liga aufführen durfte...

Und wo wir schon bei Rummenigge sind: Der erzielte mal mit einer viel schlimmeren Aktion als der von Wamangituka das Tor des Monats. So als ultimativer Beweis, dass man so was auch entspannt und mit Humor nehmen kann...

Freitag, 4. Dezember 2020

Der ungleichste Bundesliga-Gipfel

 Also nicht nur, weil es wieder heißt: Rekordmeister gegen Dosenklub.

Beide Vereine sind halt gerade so weit weg voneinander entfernt. Also nicht zwingend auf dem Rasen, sondern im Fokus: Die Bayern sind schon sicher Gruppensieger und nutzen den Rest der Champions League nur noch für die Spielpraxis. Man hat dann den Punkt erreicht, dass Robert Lewandowski nicht mal im Kader steht. Was extrem clever ist. Ich bin ja nach wie vor der Meinung, dass die Bayern Lewandowski ab Montag in den Weihnachtsurlaub schicken sollte... Obwohl, was will der eigentlich in diesem Urlaub machen, wenn die Champions League anscheinend gerade der einzige Anlass ist, zu dem man europaweit reisen darf...

Also ernsthaft: Dürfte Lewandowksi derzeit überhaupt seine Familie und Verwandte in Polen besuchen oder müsste er dafür in Quarantäne? Und Skifahren ist ja auch keine Option... Vielleicht wäre es gar nicht so hilfreich den in den Urlaub zu schicken, denn am Ende sperrt man ihn auch nur zu Hause ein...

RB Leipzig muss dagegen in einer wesentlich komplizierteren Gruppe weiterhin um das Weiterkommen bannen. Und musste sowohl unter der Woche als auch nächsten Dienstag ans Limit gehen um sich ein Überwintern an den richtig fetten Fleischtöpfen zu sichern. Und natürlich erlebte man bei dem eigentlich einfachen Spiel ein aufregendes Wechselbad der Gefühle... und Hochspannung bis weit in die Nachspielzeit.

Da hatte Julian Nagelsmann bereits angekündigt, dass die Champions League höchste Priorität genießt. Und das Bayern Spiel halt so dazwischen geschoben werden muss. Mal schauen, wen man da aufstellen kann und wird.

Und das ist wirklich Schade, denn ein RB in Bestbesetzung könnte die Bayern ohne Joshua Kimmich vor richtige Probleme stellen. Aber es ist halt auch vernünftig, denn die Meisterschaft wird am Wochenende halt noch nicht entschieden. 

Dazu kommt erschwerend, dass RB seine Ziele in der Meisterschaft noch erreichen kann, selbst wenn die Schale schon vergeben ist. In der Champions League heißt es aber: Jetzt gewinnen oder absteigen.

Aber so sind halt die grausamen Realitäten in der gestauchten Covid Saison: Der Rahmenterminplan ist noch enger gestrickt als sonst. Deswegen kann Nagelsmann halt auch nicht sagen: Diese eine Woche mit 3 wichtigen Spielen powern wir jetzt durch, denn danach kommt ja... Eine englische Woche in der Bundesliga... und dann der DFB Pokal. RBs Adventszeit besteht halt aus 7 Spielen in 20 Tagen. Genau so wie die Bayern. Nur können die Bayern sich ihre Auszeiten freier einteilen.

Das ist halt das Problem des extrem späten Saisonstarts. Also wir sind halt erst bei Spieltag 10, obwohl wir eigentlich zu diesem Zeitpunkt bei Spieltag 14 angekommen sein sollten. Und es steht ja auch praktisch keine Winterpause an, in der man sich vernünftig neu aufstellen könnte.

Gleichzeitig sieht man, wie sich gerade bei den Spitzenteams die Verletzungen ansammeln. Es ist halt auch kein Wunder, das Erlin Haaland den Rest des Jahres mit einer Muskelverletzung ausfällt. Genau genommen war es nur eine Frage der Zeit, bis ihm so eine Verletzung bremsen würde. 

Es ist halt einfach nur Schade, dass es das eine Spitzenspiel in der Bundesliga trifft. Also das Spiel könnte derart entwertet werden, dass sogar Thomas Müller trifft. Denn der ist, was selbst der Kicker heute anmerkt, nach 6 Spielen noch ohne Tor. Was niemanden, der diesen Blog verfolgt, überraschen wird.

Mittwoch, 2. Dezember 2020

Unsere Faszination mit schlechten Bundestrainern ist schon... krankhaft, Teil 2

Kommen wir mal zu der wirklich spannenden Frage: Ist der DFB am Ende das Opfer in dieser Beziehung? 

Also klar, das Amt des Bundestrainer gilt als die höchste Ehre, die man als Trainer erreichen kann. Aber die meisten Kandidaten weichen, wenn sie gefragt werden, mit einem "Vielleicht später mal" aus. "Zu diesem Zeitpunkt meiner Karriere ist das noch nicht Teil meiner Lebensplanung"... und die tägliche Arbeit auf dem Platz ist halt um einiges wichtiger als die höchste Würde.

Und so ist der DFB dann auch auf ein Mal abhängig von den wenigen Doofen, die das halt machen wollen. Weshalb man sich hoffnungslos in sie verliebt und sich extrem abhängig von ihnen macht. Und so bauen sie sich dann ein Machtzentrum auf, in dem sie Schalten und Walten können, wie sie wollen.

Dabei fällt einem halt auch auf, dass man einen neuen Nationaltrainer immer zu den ungünstigsten Zeiten sucht. Also genau dann, wenn die begehrten Legenden mit ziemlicher Sicherheit bei einem anderen Verein unter Vertrag stehen. Denn das ist ja auch eines dieser Grundprobleme: Gute Trainer sind selten Arbeitslos. Und wenn sie es sind, übernehmen sie meistens im Sommer irgendwo einen großen Verein. Und wenn dann nach dem Turnier ein neuer Trainer gesucht werden soll, stecken die alle mitten in der Saisonvorbereitung.

Genau das passierte ja "damals", als eine richtige Task Force gegründet werden musste. Was nebenbei buchstäblich das erste Mal überhaupt war, dass der DFB nach externen Kandidaten suchte. Das war im Jahr 2000. Leute wie Weisweiler oder Lattek wurden also anscheinend noch nicht mal gefragt.

Das Problem war halt, dass der auserkorene Kandidat Christoph Daum noch einen gültigen Vertrag bei Bayer Leverkusen hatte.Und alle anderen Alternativen wie Ottmar Hitzfeld auch. Deswegen musste ja Rudi Völler als Interimslösung einspringen. 

Und auch Jürgen Klinsmann war damals halt nicht der Wunschkandidat. Der hat halt beim Beamtenmikado verloren und als einziger gezuckt. Und gerade wie Klinsmann dann mit einem riesigen Katalog an Forderungen und Bedingungen kam... der DFB musste ihm halt praktisch alles erfüllen, weil sie als mächtigster Einzelsportverband der Welt in Sachen Trainern halt doch echt wenig zu melden haben: Sie müssen nehmen, wen sie kriegen können, und demjenigen alles erfüllen.

Das ist nebenbei auch ein strukturelles Problem. Das praktisch sinnvollste für Löw und dem DFB wäre es ja, bereits jetzt zu sagen: Die EM wird unser letztes Hurra. Danach geht es mit einem neuen Trainer weiter. Aber in Deutschland ist es halt unvorstellbar als "Lame Duck" in ein Turnier zu gehen... Deswegen musste Löws Vertrag ja auch vor der WM 2018 um 4 Jahre verlängert werden.

Hier ist halt auch die spannende Frage: Warum eigentlich? Also bei der Nationalmannschaft sollte man ja eh in 2 Jahres Zyklen denken. Und dieser Zyklus wird durch das Turnier abgeschlossen. Danach sollte eh alles zumindest relativ neu gemischt werden. Die alten Leistungsträger treten im Zweifelsfall zurück, die neue Generation an U21 Spielern rückt nach.

Vor allem, weil wir ja von einem Turnier sprechen, in dem es am Ende eh "nur um die Ehre" geht. Und um zukünftige Verträge, weil man als Europameister halt auf allen Ebenen mehr verdient, wenn man solche Beliebtheits-Booster in der Hinterhand hat. Die Motivation bei einem Turnier gut abzuschneiden sollte also vollkommen unabhängig davon funktionieren, ob der Trainer 3 Monate später noch derselbe ist.

Oh und ein Guter Trainer hätte seinen Kader auch als "Lame Duck" im Griff.

Als Trainer, gerade wenn man Löw heißt, nominiert man ja eh die Spieler, zu denen er ein enges Vertrauensverhältnis aufgebaut hat. Glaubt irgendjemand, dass sich etwas an Einstellung und Einfluss verändern würde, wenn vorher bekannt wäre, das Löw hinterher aufhören will oder muss? Oder würde sich nicht eher eine "Jetzt zeigen wir es nochmal allen" Mentalität entwickeln? Versuchen könnte man es mal. Und dann könnte der DFB halt jetzt schon auf die Suche nach einem Nachfolger machen. Dann findet man vielleicht auch die Trainer, die gewillt sind im Sommer ihre Lebensplanung zu ändern. Man könnte beim wichtigsten Posten ein Mal vorausschauend agieren, anstatt wie immer plötzlich von einem schlecht laufenden Turnier überrascht zu werden.

Oder man entscheidet sich einfach mal grundlegend neu und wechselt seine Trainer halt nicht nach den Turnieren, sondern auch mal zwischendurch. Das ist ja auch ein in Deutschland unvorstellbares Konzept. Dabei soll man natürlich nicht auf das einzelne Spiel reagieren, auch wenn es sich um historische Pleiten handelt. Aber wenn die Entwicklung über Jahre konstant negativ war, warum wartet man dann immer wieder das Turnier ab? Also das war schon 62 unter Herberger so. Am Ende stellt man immer wieder nach dem Turnier fest: Wir haben zu lange am Trainer festgehalten.

Nebenbei gibt es gerade noch eine andere Sondersituation. Also mich hat am meisten verwundert, dass in der Tagesschau von mangelnden Alternativen gesprochen wurde. Es gibt halt keinen, der das besser kann.

Wirklich? Also... hat beim DFB mal jemand mit Ralf Rangnick geredet? Der ist doch in genau dem Status seiner Karriere angekommen, dass er sich nicht mehr unbedingt mit der täglichen Arbeit beschäftigen, sondern als Teammanager in größeren Rahmen denken will. Er hat durchaus Interesse an Positionen jenseits der klassischen Trainerarbeit bekundet. Dazu er ist immer noch Visionär genug, dass er beim DFB durchaus etwas bewegen könnte. Und im Gegensatz zu all den anderen Visionären wie Klinsmann hat er mehrmals bewiesen, dass er einer der intelligentesten Köpfe in Fußball-Deutschland ist. Und Interesse hätte er auch...

Den Mann jetzt nicht zu kontaktieren ist genau genommen grob fahrlässig. Oder halt extrem Loyal Löw gegenüber. Wo man halt wieder die Frage stellen muss: Warum eigentlich? Warum macht man sich so extrem abhängig von einem Mann, der historisch gesehen wenig außergewöhnliches erreicht hat? Und ja, an der Stelle muss man nochmal festhalten, dass abgesehen von Erich Ribbeck alle verantwortlichen der Deutschen Nationalmannschaft entweder als Spieler oder als Trainer (oder in beiden Funktionen) einen großen Titel geholt haben. Und nur 3 Trainer (Ribbeck, Völler und Klinsmann) gingen ohne einen Titel.

Mein Best Case Szenario ist ja, dass wir dann nach der EM einen neuen Bundestrainer suchen, Rangnick dann aber schon irgendwo anders als Head of Technical Director angestellt ist und deswegen "gerade nicht zur Verfügung" steht... aber 2023 hätte er dann vielleicht Zeit.

Aber das ist halt das absolut faszinierende am DFB: Die haben eine unfassbar gute Turnierbilanz, obwohl sie nie von wirklich guten Trainern betraut wurden. Also jetzt vergleichbar mit Marcelo Lippi oder Antonio Conte in Italien.

Das war ja, wo ich jetzt schon das internationale Fass aufmache, auch einer der Schlüsselelemente für die spanische Dominanz nach 2008: Da wurde zum ersten mal nicht irgendein abgenutzter spanischer Trainer aus dem Wald geholt, sonder Vincente del Bosque, der vorher schon Champions League Sieger wurde. Und ja, die wurden auch in dem letzten Turnier vor del Bosque unter Luis Aragones Europameister, weil das halt auch eine richtig überragende Generation war. Aber als diese Spieler auch noch von einem nachweislich brauchbaren Manager verwaltet wurden, gewannen sie abgesehen von strategischen Niederlagen beim Confed Cup echt alles.

Wenn man in Deutschland echt mal einen brauchbaren Bundestrainer verpflichten würde, wären ähnliche Erfolge möglich. Aber am Ende wird nach dem Rücktritt von Jogi Löw, der halt irgendwann kommen wird, Stefan Kuntz übernehmen... obwohl der auf Vereinsebene eher negativen Einfluss hatte... aber er ist halt Europameister und irgendwie in die Rolle des U21 Trainers gerutscht, also ist er qualifiziert... 

Aber auch Kuntz wird dann einen Kader verwalten, der gut genug ist um ein WM Halbfinale zu erreichen... selbst wenn die Mannschaft sich selber coachen müsste. Deswegen wird Kuntz dann ohne eigenes Zutun wie ein Fähiger Mann aussehen und Ewigkeiten im Amt bleiben.