Montag, 23. März 2020

Ein Salary Cap wäre echt das dümmste Ergebnis

Also es wird ja gerne als "Problemlösung" für die immer weiter einschreitende Chancenungleichheit in der Liga angebracht. Und jetzt denkt auch ein Martin Kind als erster Verantwortlicher laut über so eine Idee nach. Also als Ergebnis der Corona Krise brauchen wir jetzt anscheinend so was. Lasst uns mal durchgehen, warum das eine richtig dumme Idee ist.

Als erste gilt hier: Ein Salary Cap funktioniert, wenn überhaupt, nur in einer geschlossenen Liga, in der alle annähernd gleiche wirtschaftliche Voraussetzungen haben. Und die möglichst ohne Abstieg funktioniert. Legen wir mal als praktisches Beispiel den Salary Cap bei einem durchschnittlichen, seriös wirtschaftenden Bundesligisten, der hin und wieder international spielt, fest. Nehmen wir Borussia Mönchengladbach, um die indirekt genau dafür zu loben.
Dann stellen wir als nächstes fest, dass es keine offiziellen Angaben dazu gibt, wie viel Gehalt die Gladbacher ihren Profis so auszahlen. Aber das ist ja egal, wir nehmen einfach den Wert X.

Denn fest steht: Die Mannschaften, die regelmäßig an der Champions League teilnehmen, also Bayern, Dortmund und praktisch Leipzig, müssten ihre Gehaltskosten drastisch reduzieren um diesen Wert X zu erreichen. Obwohl sie eigentlich, auf Grund der schönen Champions League Millionen, einen wesentlich größeren Ertrag erwirtschaften und damit auch ausgeben könnten.

Und dann gibt es die SC Freiburgs der Liga, die einfach nur mit der Schulter zucken und bei denen sich nicht ändert, weil sie Wert X eh nie erreichen.
Spannend wird es aber, wenn dann für die Zweite Liga ein Wert Y festgelegt wird, der sich an Heidenheim orientiert. Also einem durchschnittlichen Zweitligsten. Dann steigt Gladbach, weil ein Jahr lang wirklich alles Scheiße läuft, er halbe Kader verletzt ausfällt und man keine Spieler nach verpflichten kann, weil Wert X erreicht wurde, ab und muss sein Gehaltsbudget, obwohl man in der Lage wäre zumindest für ein Jahr wesentlich mehr zu zahlen, auf Y reduzieren. Da fragt man sich, ob man die Spielerverträge überhaupt so strukturieren kann, dass das überhaupt umsetzbar ist. Und wie groß wird der wirtschaftliche Schaden, wenn Gladbach zwangsweise Spieler verkaufen muss um unter den Salary Cap zu kommen... Ihr könnt euch vorstellen, wie extrem die Transferablösen fallen werden, wenn Gladbach zwangsweise Spieler abgeben muss um Wert Y zu erreichen. Der extrem unglückliche Abstieg trifft den Verein doch schon hart genug.

Die nächste Stufe der Absurdität ist ja, dass der Salary Cap dann auch international gelten müsste. Und hier eskaliert das Problem dann noch mal extrem. Denn ein Verein der Premiere League dürfte dann genau so viel ausgeben, wie ein Team aus Bulgarien. Und während das in Bulgarien keine Sau interessieren dürfte, würde die Premiere League komplett zusammenbrechen.

Nun kann man natürlich sagen: Wir brauchen eine flexiblen Salary Cap, der auf jede Liga und jede Situation einzeln eingeht. Dazu sage ich nur: Den haben wir schon, das nennt sich "Financial Fair Play" und "Lizensierungsverfahren".  Beide Institutionen legen ja im Endeffekt fest, dass man nicht mehr Geld ausgeben darf, als man realistisch einnehmen kann. Und mehr braucht man als Salary Cap gar nicht.


Lasst uns aber mal zu den Hauptargument, warum ein Salary Cap eine richtige dumme Idee ist, kommen. Also selbst in einer Geschlossenen Gesellschaft. Denn im Wesentlichen ist es eine unglaubliche Preisbremse. Eine Preisbremse für die Athleten. Also denjenigen, auf dessen Knien, Rücken und Gehirnen die Milliarden verdient werden.
Und klar, für uns Normalsterbliche mag es unvorstellbar sein, dass es sich für Juventus Turin lohnt 100 Millionen Ablöse und ein Jahresgehalt von 31 Millionen in eine 32 jährigen Cristiano Ronaldo zu stecken. Aber der Mann macht alleine selbst für einen Weltverein wie Juve so viel Umsatz, dass es sich lohnt dieses Geld auszugeben. Warum also, abgesehen von irrationalem Neid, sollte ein Ronaldo dieses Geld nicht verdienen, wenn er den Betrag und mehr für seinen Verein einspielt? Weil wir irgendwo eine Willkürliche Grenze festgelegt haben, die das verhindert?
In der NBA gibt es ja so einen Salary Cap. Und das Ergebnis ist: Die wirklich überragenden Spieler verdienen wesentlich weniger Geld als sie eigentlich auf einem freien Markt wert sind... während schlechte Manager überdurchschnittlichen Spielern unfassbar viel Geld hinterher werfen, weil sie halt schlechte Manager sind. Aber hier sind halt die schlechten Manager das Problem und ein Salary Cap nur bedingt eine Lösung.

Ich finde es ja an der Stelle faszinierend, dass Martin Kind von einem "Durchlauferhitzer", der die Vereine praktisch sind, spricht. Das stimmt natürlich. Von dem unfassbaren Geld, welches im Fußball umgesetzt wird, endet relativ wenig auf den Konten der Vereine. Aber ist das was wirklich schlechtes, solange das Geld bei den paar elitären Experten landet, die letztendlich dafür sorgen, dass die Stadien voll sind? Und das sind im Wesentlichen halt die Spieler.
Was mich zu der spontanen Idee bringt: Ein Salary Cap ja, aber für Beraterbudgets. Und wenn ein Berater mehr als 5.000 Euro pro Transfer haben will, muss er das mit seinem Klienten, dem Spieler, klären. Dass die Berater am Ende gefühlt am meisten verdienen, obwohl sie am wenigsten machen, ist ein riesiges Problem. Aber dieses Problem löst man nicht durch einen Salary Cap, sondern über klare Regeln und Lizenzen für Berater.

Ein weiteres Problem mit dem Salary Cap ist halt, dass man sich als Fußballer dann irgendwann mit einer unangenehmen Frage beschäftigen muss. Einer Frage, die sich einfach nicht stellen sollte: Was ist mir wichtiger? Geld oder Titel? Denn wenn ich als Fußballer darauf aus bin für meine Familie zu sorgen und angemessen bezahlt zu werden, schieße ich meinem Verein damit ins Bein.
An der Stelle sei mal das kleine, fiese Geheimnis der einzigen Salary Cap Dynastie aus der NFL offenbart: Giselle Bundchen ist reicher als ihr Mann. Deswegen konnte Tom Brady es sich leisten jahrelang weit unter Marktwert zu spielen. Und während die anderen Teams in sich zusammen fielen, sobald der Quaterback seinen großen Vertrag unterschrieben hat, spielten die New England Patriots jedes Jahr um die Meisterschaft mit.
Die logische Lektion für jeden Quaterback: Wenn ich regelmäßig um Titel kämpfen will, dann muss ich auf Geld verzichten. Wenn ich annähernd das verdiene, was ich wert bin, wird mein sportlicher Erfolg darunter leiden.
Nebenbei gibt es unfassbar viele Geschichten aus der NFL von an sich guten Mannschaften, die auseinander gerissen werden mussten, weil die Franchise einfach nicht alle Beteiligten angemessen bezahlen konnten. Und meistens beginnt das mit der Vertragsverlängerung des Quaterbacks. Gerade in einer richtig gefährlichen Liga wie der NFL gilt doch: Ein Salary Cap, der verhindert, dass du all eine Spieler angemessen bezahlen kannst, ist etwas asoziales.

Zurück zum sportlichen Erfolg: Der ist halt ein nicht zu unterschätzender Antrieb für Spitzensportler. Also die Spieler gehen nicht hauptsächlich wegen des Geldes zu den Bayern. Klar, die können auch gut bezahlen, aber ein Robert Lewandowski hätte in Dortmund bestimmt ähnlich gut verdient. Aber er hat ja nicht mal mit denen verhandelt, weil er unbedingt die Chance auf einen Champions League Titel realisieren wollte. Und genau deswegen hat er ja zwischenzeitlich auch über einen weiteren Wechsel nachgedacht, als ihm auffiel, dass das bei Bayern eher nichts wird.
In Zeiten eines Salary Caps wechselt ein Lewandowski immer noch dann nach München und nimmt dafür noch Gehaltseinbußen in Kauf. Oder er muss sich später vorwerfen lassen, dass er nicht das maximale an Erfolg aus seiner Karriere geholt hat.
Bei Lewandowski, der schon 2 Mal Meister war, mag das noch gehen, aber manch anderer wird dann als "ewig unvollendeter" in die Geschichtsbücher eingehen. Also quasi als Marco Reus... Dann heißt es hinterher: Was hätte der alles aus seiner Karriere machen können? Worauf der Spieler dann antwortet: Weniger Geld halt, denn die guten Vereine hatten keinen Platz unterm Salary Cap für mich...
Und bei den Bayern zu spielen wird in Zeiten eines Salary Caps dann nur noch wichtiger... weil andere Einnahmequellen dann noch viel relevanter werden. Private Ausrüster und Werbeverträge halt, da hilft dann die weltweite Reichweite der Bayern extrem weiter. Das Gehalt, auf welches ich von den Bayern verzichte, kriege ich also dann an anderer Stelle wieder.

Als nächstes großes Problem zerstört ein Salary Cap Identifikationsfiguren. Klingt zu hoch gegriffen? Aber denkt das mal durch: Wenn ich jetzt nur Betrag X, der viel zu niedrig ist, zur Verfügung habe, wie baue ich dann mein Team zusammen? Bleiben wir mal bei den Bayern der letzten Jahre: Können sich die eine Verlängerung mit Arjen Robben und Franck Ribery nach der Verpflichtung von Kingsley Coman und Serge Gnabry überhaupt noch leisten? Also in der Saison 2018/19?
Für die Identifikation mit den Fans sind diese Spieler verdammt wichtig. Für die Hierarchie in der Kabine irgendwie auch. Aber wenn man nur noch Betrag X zur Verfügung hat, kann man denen dann nur noch Angebote machen, die als Beleidigung aufgefasst werden müssen. Und auf ein Mal beendet nicht nur Franck Ribery seine Karriere irgendwo in Florenz. Haufenweise alternde Stars werden zu irgendwelchen relativ reichen, mit entsprechenden Platz unter dem Salary Cap gesegneten Vereinen abgeschoben um dort ihre Frührente einzustreichen.
Und klar, so was passiert, gerade bei den Bayern, eh schon zu häufig. Aber brauchen wir wirklich ein System, dass dies aktiv fördert und die Vereine praktisch dazu zwingt diese Spieler ziehen zu lassen?

Nebenbei nur, damit die Vereine auf irgendwelchen Konten in der Schweiz ihr Geld horten. Und abgesehen von Rücklagen für Coronakrisen, die in 60 Jahren Bundesliga einmalig ist, brauchen die ja keine 100 Millionen auf dem Konto.

Und klar, die Corona-Absagen verdeutlichen uns auf was für wackligen Füßen der Fußball anscheinend steht. Das ist auch ein strukturelles Problem. Genau das sieht man ja anscheinend gerade an Werder Bremen, die uns ja allen einreden wollen, dass sie nur deswegen gerade den Anschluss verlieren, weil sie als einzige seriös wirtschaften.
Wenn man als einer der wenigen Vereine Rücklagen für solch extreme Krisen wie jetzt gerade bildet, hat man den Rest der Zeit einen eindeutigen Wettbewerbsnachteil. Das dürfte in der 3. Liga, wo wirklich alles auf Kante genäht werden muss, noch viel gravierender sein als in der Bundesliga. Das sind strukturelle Probleme, für die man kreative Lösungsansätze braucht.
Aber zu sagen "Hey, wir bezahlen unsere Spieler einfach nicht mehr anständig und beschneiden deren Gehälter extrem." kann nicht die Antwort sein.

Donnerstag, 19. März 2020

Passives Abseits vs Tradition, Teil 6: Warum wird der eine verehrt und der andere zum Feindbild?

Was mich an Traditionsvereinen am meisten irritiert, und damit auch zu dieser Serie inspiriert, ist ja die Willkür. Man erklärt den einen Verein zur Tradition, den anderen zur Retorte. Und den einem Mann hinter dem Verein zum Heiligen, den anderen zum Judas. Aufgefallen ist mir das vor einigen Monaten als...

Die SG Wattenscheid 09 Insolvenz anmelden und den Spielbetrieb einstellen musste. Allgemeiner Tenor: Wieder stirbt ein Traditionsverein. Das ist so traurig. Und ein Ergebnis der Kommerzialisierung! Wie furchtbar.
Um hier einen kurzen Disclaimer einzuschieben: Dies geht nicht gegen die treuen Fans, die teilweise seit 40 Jahren ins Stadion gegangen sind. Jedenfalls nicht vordergründig. Man sucht sich den Verein, an den man sein Herz verliert, halt nicht aus.
Aber hier ist das absurde: All die Leute, die jetzt diesen treuen Fans ihr Beileid aussprechen, hätten nie von diesem Verein gehört, wenn es Klaus Steilmann nicht gegeben hätte. Es hätte auch kein Sportschau Spezial gegeben. Denn es war ein Mäzen, der den Verein auf die Landkarte brachte.

Steilmann entschied irgendwann aus einer Laune heraus, dass es in einem Stadtteil von Bochum auf ein Mal Bundesligafußball geben soll. Also hat er, weil sein Textilunternehmen damals noch hervorragend lief, das Geld in die Hand genommen, die Spieler in seiner Firma angestellt, bevor es reine Profibedingungen gab, und der Verein wurde in die Bundesliga getrieben.
Nur um das mal zu verdeutlichen: Man verpflichtete als Zweitligist Carlos Babington, einen argentinischen Nationalspieler.

Wenn euch das alles bekannt vorkommt, liegt das daran, dass es eine moderne Version dieses Anti-Märchen gibt: Die TSG Hoffenheim und Dietmar Hopp. Die haben, als Hopp sich 1999 in den Kopf setze Bundesligafußball auch in der Region zu sehen, ebenfalls viel Geld in die Hand genommen um eigentlich überqualifizierte Spieler zu holen. Und man war dabei um einiges erfolgreicher als das heimliche Vorbild.

Nur wurde man dadurch auch sofort zum Feindbild der Fans. Gerade für die Anhänger der Traditionsvereine.
Natürlich kann man an der Stelle behaupten: Hopp hat ja 350 Millionen in den Verein gesteckt! Das ist ja viel mehr Geld als Wattenscheid damals brauchte! Naja... man muss schon die absurde Hyperinflation des Fußballs im Blick haben. Also zu Zeiten, wo einzelne Fußballer über 100 Millionen wert sind, ist das gar nicht mehr so viel Geld. Wenn Hopp sich schon 1990 in den Kopf gesetzt hätte in die Bundesliga aufzusteigen, hätte er auch nur 30 Millionen in die Hand nehmen müssen. Nur hat das halt damals keiner absehen können, deswegen haben die Großinvestoren darauf verzichtet...

Im wesentlichen haben Steilmann und Hopp exakt dasselbe getan. Nur hat der eine dabei ein Traditionsverein, der andere ein Feindbild erschaffen. Logisch nachvollziehbar ist das nicht.

Vor allem, wenn man bedenkt, dass der Rhein-Neckar-Kreis einer der wirtschaftlich stärksten Regionen in Deutschland ist... und im Profifußball vor der TSG chronisch unterrepräsentiert war. Anders ausgedrückt: Wie immer hat erst die Inkompetenz der Traditionsvereine, in diesem Fall Waldhof Mannheim, die Tür für die Retortenvereine geöffnet. Wenn die nicht zur Jahrtausendwende in der 5. Liga rumgegurkt wären (und Hopps Hilfe dankend abgelehnt hätten), würden die heute, dank der Unterstützung von Hopp und mit SAP auf der Brust, Bundesliga spielen...

Und wir würden uns alle darüber freuen, dass dieser Traditionsverein dank der tollen Unterstützung dieses Gutmenschen wieder zurück ist. Es gibt ja genügend Geschichten, in denen ein potenter Geldgeber einen alten Verein vor der Pleite rettet und wieder nach oben bringen will. Gut, die wenigsten dieser Geschichten, siehe Wattenscheid, enden gut, aber es gibt sie zu Hauf.

Genau so wie es überraschend viele "Wurden von einem Mäzen hochgezogen, der hat die Motivation verloren, danach stürzte man wieder ab" Traditionsvereine gibt. Anscheinend ist es für die Fans kein Problem, wenn der Mäzen den Verein Anfang der 90er hochgepumpt hat.

Also die letzte "abgestürzte Traditionsverein" Serie aus dem Kicker ging ausschließlich um genau solche Vereine. Eigentlich muss man es Hopp hoch anrechnen, dass er es als Einziger geschafft hat, diese Idee wirklich durchzuziehen und dabei einen erfolgreichen und seriös wirtschaftenden Verein aufzubauen.

Das ist nebenbei der gravierende Unterschied zwischen Hoffenheim und Wattenscheid: Der Retortenklub von den beiden kann sich selber tragen. Man ist mittlerweile vom Mäzen unabhängig. Man konnte diesen, wie die Footballleaks belegen, sogar mit dem einen oder anderen Transfer etwas zurück geben. Der Verein steht mittlerweile auf einem stabilen Fundament. Was natürlich auch daran liegt, dass man eben in einer wirtschaftlich starken Region liegt und man ein relatives Loch auf der Landkarte füllt. Ok, das Loch ist nicht so groß, wie in Leipzig... aber gerade verglichen mit dem Ruhrgebiet, wo halt Wattenscheid um Aufmerksamkeit kämpfen musste, ist es immer noch gigantisch.

Und so schleppte sich Wattenscheid von Investor zu Investor. Einer seriöser als der andere. Nur das dieser Investoren halt darauf hofften, dass man den Verein "zu alter Größe" führen könnte, in dem man Peter Neururer verpflichtet, anstatt ihn einfach nur zu stabilisieren. Zumindest dürfte das bei Oğuzhan Can das Problem gewesen sein. Man hat es aber nie geschafft seine gesunde Nische hinter den ganz großen Vereinen zu finden. Also quasi wie Union Berlin in der Hauptstadt.

Im wesentlichen waren schon die Bundesligajahre ein reines Kunstprojekt, welches seit dem permanent künstlich am Leben gehalten worden ist... Und am Ende hat man sich so sehr an diese Kunst gewöhnt, dass man das Label "Tradition" drauf geklatscht hat.

Was ja zu der spannenden Frage führt: Ab wann werden wir uns so sehr an Hoffenheim gewöhnt haben, dass auch die ein Traditionsverein sind. Wird Hopp das noch selber erleben? Muss er dafür 100 Jahre werden? Oder müssen sie erst absteigen und in der 3. Liga um die Existenz kämpfen, bevor sie dieses "Gütesiegel" bekommen?

Freitag, 13. März 2020

Jetzt haben wir den Salat

UPDATE: Jetzt wissen es auch die Kicker.de Leser... also abgesehen von der fehlenden Selbstreflektion/ Journalistenschelte liest man jetzt bei Karlheinz  Wild quasi dasselbe wie hier in den letzten 2 Tagen...

Natürlich. Was hätte auch sonst passieren sollen. Es war ja nicht abzusehen. Aber spätestens jetzt wird deutlich, wie abgefuckt es ist, dass die Europapokal-Wettbewerbe durchgezogen worden sind.
Nicht wegen der beschissenen Stimmung in den Stadion... Das sind halt so Probleme, die die Rudi Völlers der Welt haben. Oder weil es auch eine gewisse Form der Wettbewerbsverzerrung ist, wenn Eintracht Frankfurt auf seine beeindruckende Stimmungskulisse verzichten muss. Aber ja, es ist schon ziemlich absurd, dass die 2 Tore, die Wolfsburg vor leeren Rängen kassiert hat, jetzt im Zweifelsfall "doppelt" gegen sie zählen. Und dass sie dann im Mai im Rückspiel vor einem feindlich gesinnten Publikum mit einem 1:0 ausscheiden würden. Aber who fucking cares.

Mikael Arteta wurde positiv auf Corona getestet. Also als erster, der wirklich an der internationalen Maschinerie beteiligt ist. Und jetzt... boah.

Das Worst Case Szenario ist ja, dass Arteta den Virus schon seit 2 Wochen mit sich rumschleppt. Das bedeutet praktisch... Alle Gegner von Arsenal der letzten 14 Tage sollten mal über einen Corona Test nachdenken. Also sich fragen, wo man in der Wirtschaftsmacht Europa so ein Ding herbekommt.

Und hier ist die extreme Katastrophe, für die die Uefa mitverantwortlich ist: Zu diesen Gegnern gehört Olympiakos Piräus. Eine Mannschaft, die gestern in Wolverhampton gespielt hat. Hey, die Uefa hat relatives Losglück, immerhin liegt das auch in England.

Also praktisch gesehen ist genau das der Grund, warum die NBA ihre Saison unterbrochen hat: Es hatten so viele Leute Kontakt mit Rudy Gobert, dass 4 Mannschaften nach einer Diagnose unter Quarantäne gestellt werden sollten. Aber hier wird immer noch darüber diskutiert, ob man vielleicht eine Absage in Erwähnung ziehen sollte. Go fuck yourself.

In Amerika, dem Land des Turbokapitalismus, wurden mittlerweile alle Sportveranstaltungen abgesagt. Teilweise ersatzlos. Um das mal festzuhalten: Die NCAA bezieht 75% ihrer Einnahmen aus der jetzt eigentlich anstehenden "March Madness". Die haben die Veranstaltung trotzdem abgesagt. Nicht, dass ich da Mitleid habe, das sind asoziale Arschlöcher, die 900 Millionen Dollar auf den Rücken von Amateuren machen, die sofort gesperrt werden, sobald sie 10.000 Dollar mit ihrem eigenen Gesicht verdienen. Was gerade zu einem Grundsatzurteil in California geführt hat. Es geht nur darum zu verdeutlichen, dass selbst die gierigsten und asozialsten Verbände mittlerweile ihre Eierlegende Wollmilchsau abgesagt haben. Und das ohne einen Infizierten in ihren Reihen. Einfach nur weil das Risiko zu groß ist, falls jemand positiv getestet wird...

Also alle außer die Uefa. Und die DFL.

Nur um noch mal auf die Panik Bremse zu treten: Es ist nicht davon auszugehen, dass Gobert, Donovan Mitchell oder Orteta an Corona sterben werden. Oder dass man als halbwegs gesund lebender Zivilist daran stirbt. Das Problem ist aber, dass der Virus extrem ansteckend ist. Und was sollte man machen, um eine Ausbreitung zu verhindern?

Nun ja... wie wäre es mit: Körperliche Auseinandersetzungen mit anderen Menschen vermeiden. Was ist ein Fußballspiel? Verdammt viel Körperkontakt zwischen 22 Menschen. Mindestens. Eher mehr. Und es ist mit Reisen verbunden. Verdammt vielen, internationalen Reisen. Auch das gehört zu den Dingen, die man eindämmen sollte.

Aber die DFL so: Ach, dieses Wochenende geht das noch. Wir machen erst ab Dienstag Pause. Warum? Damit wir, falls einer Positiv getestet wird, mehr davon haben? Bringt es wirklich irgendwas, diesen einen Spieltag noch zu absolvieren? Und dann reden die von der "Gesundheit der gesamten Bevölkerung"...
Oh und wo wir schon dabei sind: Der Kicker wirft Fans und Spieler "Verantwortungslosigkeit" vor. Sach mal geht's noch?
Also warum sollten die Fans vernünftiger sein als die Journalisten? Die haben das ganze "Wir ziehen das irgendwie durch" Narrativ mitgetragen, anstatt darauf verweisend, dass gerade internationale Fußballspiele für alle Beteiligten ein unnötiges und relativ hohes Risiko sind. Auf den Absage Zug sind die erst relativ spät aufgesprungen. Die ersten Meldungen dazu kamen von den Managern der Vereine, nicht von den Aufklärern hinter den Mikrofonen.
Wenn man über Verantwortungslosigkeit redet, muss man bei den Uefa Offiziellen anfangen. Die drücken sich ja vor einer Entscheidung, die längst hätte fallen müssen.

Nebenbei sind die Bilder vor dem Gladbacher Stadion nicht gefährlicher als die Bilder aus den Kölner Kneipen. Aber nur mit einem von beidem hat der Kicker ein Problem. Und ganz ehrlich: Die Fans, die sich Reihe an Reihe vor den Bus stellen und dann friedlich in eine Kneipe gehen, sind das geringste Problem. Ob man sich dabei oberkörperfrei zeigen muss, ist natürlich eine andere Frage. Aber dass auch ein paar Idioten zu Fußballspielen gehen, ist keine neue Erkenntnis, damit hätte man also rechnen müssen. Das ist nen bisschen wie... nen G7 Gipfel nach Hamburg zu verlegen anstatt in die Provinz und dann überrascht tun, wenn St.Pauli brennt...
An der Stelle muss man nicht die Leute zur Verantwortung ziehen, die sich mit der außerordentlichen Situation arrangiert haben und dann dumme Entscheidungen treffen, sondern diejenigen, die mit ihren Entscheidungen für diese Situation gesorgt haben.

Donnerstag, 12. März 2020

Zeit für Vernunft (Passives Abseits Leser wissen es früher Teil... wer zählt da noch mit?)

Ernsthaft.

Wie sich die Uefa und Fifa gerade anstellen, ist unfassbar. Also nur mal zum Vergleich: In der NBA gab es gestern den ersten bestätigten Corona Fall mit Rudy Gobert. Und die haben die Liga noch am selben Abend unterbrochen. Auf unbestimmte Zeit. Selbst ein Saisonabbruch ist nicht auszuschließen.

Ein Schritt, den andere schon vollzogen haben. Andere Sportarten haben eingesehen, dass die "wirtschaftliche Katastrophe" vorzeitiges Saisonende die einzige Option ist. Ist natürlich beschissen, aber ist halt so. Alle anderen Wettbewerbe werden gefühlt ausgesetzt. Nur die ganz großen Fabriken müssen unbedingt weiter produzieren, koste es, was es wolle.
Dass es eigentlich sinnvoller wäre, die kleinen Wettbewerbe stattfinden zu lassen... Details.


Die Nachrichten, dass die ersten Fußballer infiziert sind, erreichten uns gestern. Und gerade der Fall Daniele Rugani zeigt ja, wie beschissen die Situation ist. Denn Inter Mailand hat darauf hin beschlossen, sich aus allen Wettbewerben zurückzuziehen. So, wie ich unsere alten Herren in den hohen Gremien einschätze, kriegen die dafür eine saftige Strafe aufgebrummt.

Und ihr so: Moment mal, Rugani spielt doch für Juventus. Beziehungsweise der sitzt doch bei Juventus auf der Bank. Aber er hatte halt Kontakt zu fast allen Inter Spielern. Was auch nur bedeutet: Die müssen jetzt 2 Wochen lang in Quarantäne.

Und die Reaktion von Fifa und Uefa? Wir fliegen weiter munter Menschen in Scharen durch ganz Europa. In Liverpool mit Fans. Während um uns herum eine Pandemie ausbricht. Ich sehe nicht, wie das schief gehen könnte.
Weil es so lustig ist, machen wir das in 11 Tagen dann auch noch weltweit. Das wir bestimmt großartig.

Währenddessen gibt es überall Geisterspiele. Auch wenn das praktisch nicht die Lösung sein kann. Also die Menschen von den Stadien in die Kneipen zu verschieben, damit sich der Scheiß dort verbreitet, kann nicht die Lösung sein. Und hey, die Fans treffen sich danach vor dem Stadion und singen so laut, dass man es deutlich im Stadion hört.
Für die Romantiker ein wunderschönes Bild. Aber Seuchenexperten kriegen da das Kotzen.

Aber selbst wenn, wie in Paris, wirklich keiner kommt... dann sind da immer noch 2 große Kolonnen quer durch Europa unterwegs. Und das sind ja Kolonnen, die regelmäßig um die Welt reisen. Oder zumindest durch Europa. Das ist eine ganz andere Lage, als wenn man 8 Stunden am Tag mit denselben Leuten im selben Büro sitzt.

Also ja, es gibt wenig Gründe für uns Normalsterbliche Panik zu schieben. Es gilt da immer noch das Prinzip: Es ist in Deutschland wahrscheinlicher, dass man an Rechtsextremen Terror stirbt, als an Corona. Aber Profisportler haben da halt ein ganz anderes Arbeitsumfeld. Und sie ziehen nebenbei Hunderttausend Fans in ihrem Schlepptau mit.

Also das Spiel Basel gegen Frankfurt ist ja vor allem deswegen abgesagt worden, weil die Stadt Basel davon ausgeht, dass die Frankfurt Fans auch dann kommen, wenn sie nicht ins Stadion dürfen... Und das kann sich die Stadt Basel derzeit einfach nicht leisten.

Die erste elementar wichtige Entscheidung ist jetzt: Die Länderspiele absagen.  Das hätte eigentlich gestern passieren müssen. Spätestens. Jetzt ein Mal alles global durchzurotieren, damit wirklich jeder was abkriegen könnte, sobald es eine Diagnose gibt, ist echt das Dümmste, was man machen kann.

Also nur um das mal zu verdeutlichen: Wenn jetzt ein Profi von einem Europa League Teilnehmer mit Corona diagnostiziert wird... dann müssen alle Spieler, die mit diesem Individuum in den letzten 14 Tagen in Kontakt kamen, erst Mal unter Quarantäne gestellt und getestet werden. Das zieht, all den internationalen Terminen, erschreckend schnell erschreckend weite Kreise. Also bei Bayer Leverkusen wären das direkt mal 5 Spiele, die dann betroffen sind.

Aber hier ist wieder das Grundproblem: Absagen ist keine Option. Schließlich beginnt in der nächsten Länderspielpause schon die Qualifikation für die WM in Katar. Der Zeitrahmen ist wie immer extrem eng gesteckt.

Gleichzeitig träumt die UEFA halt auch davon, eine EM im Sommer zu veranstalten. Ein großes Fest für ganz Europa, welches auf dem gesamten Kontinent gefeiert werden soll. Und welches halt auch als Fixpunkt für das Saisonende herhalten muss. Also 14 Tage vor Turnierbeginn müssen alle anderen Wettbewerbe durch sein. Oh und das Teilnehmerfeld muss auch noch finalisiert werden. Weil wir ja dringend raus kriegen müssen, ob sich Mazedonien oder der Kosovo für die EM qualifiziert.

Und ja, ihr habt das hier als erstes gelesen, dass Corona, auf Grund des engen Terminkalenders, zu einem absoluten Chaos führen könnte... Denn selbst einen einzelnen Wetter bedingten Spielausfall kann man kaum noch kompensieren...
Um das mal kurz zu verdeutlichen, weil es ja immer wieder Frankfurt trifft: Wenn man die Saison unbedingt noch durch prügeln will, muss man jetzt eigentlich die Gelegenheit, die die Absage der Partie in Basel eröffnet hat, nutzen und in der Woche das Spiel gegen Werder nachholen. Damit man danach dann vielleicht und auf neutralem Boden das Basel Spiel während der Länderspielpause ansetzen kann. Bleibt zu hoffen, dass keiner der Spieler zu den Pflichtspielen in den Qualifikationen eingeladen wird... Aber nach der Länderspielpause soll es ja direkt mit dem Europa League Viertelfinale weiter gehen, die müssen da schon wissen, wer von den beiden noch dabei ist. Absoluter Wahnsinn.

Damit gibt es eigentlich nur einen logischen Schluss. Einen verantwortungsvollen Schritt: Die EM absagen und auf Sommer 21 verlegen. Also heute bekannt geben, dass die in diesem Sommer nicht gespielt werden wird. Das ist die einzige vernünftige Lösung.
Dann setzt man die Europa Cup Spiele aus und "plant" mit einem Champions League Finale irgendwann im Juli. Oder man muss halt am Ende zugeben, dass es dieses eine Jahr keinen Titel gibt, das würden wir auch überleben.
Aber dadurch gibt man dann auch den nationalen Verbänden den nötigen Spielraum vernünftige Entscheidungen zu treffen: Ist uns das Risiko egal und wir spielen einfach weiter? Sind uns die Fans egal und wir setzen auf Geisterspiele? Oder nutzen wir den entstandenen Freiraum um selber eine Pause einzulegen?

Aber derzeit ist das Prestigeobjekt EM im Sommer wichtiger als die Vernunft. Die Hoffnung, dass sich das schon irgendwie in Luft auflösen wird, dominiert die Entscheidungsfindung. Oder es will halt keiner in unangenehmen Zeiten die Verantwortung übernehmen.

Das Ergebnis: Geisterspiele, die niemand will. Wir müssen den Scheiß halt durchziehen, egal wie bitter es ist. Vorwärts immer, rückwärts nimmer. Die Show muss weiter gehen, auch wenn es unverantwortlich ist.

Dabei will ich gar keine "Wir werden alle sterben" Panik verbreiten. (True Story: Meine Shuffle Playlist begann heute morgen mit "We aint gonna die today"... "Hell aint nothing but a place in Michigan.") Wenn jetzt auf verschiedensten Ebenen entsprechende Entscheidungen getroffen werden, kann man dieses Virus in den Griff kriegen. Also das eigentlich faszinierende für mich persönlich ist ja, wie überfordert unsere zivilisierte Welt mit dieser Krise ist. Und wie absehbar das eigentlich war.
Und ja, ich halte es für möglich, dass wir den Scheiß im Juni überstanden haben. Dass eine EM Austragung dann wieder technisch machbar wäre. Aber diese Lösung ist halt nur in Sicht, wenn alle frei von Egoismus vernünftige Entscheidungen treffen. Was halt zu einem logischen Paradoxon führt: Um die Grundlage dafür zu schaffen im Sommer eine EM auszutragen, muss diese EM jetzt abgesagt werden, damit man seinen Beitrag dazu leistet, die Ausbreitung einzudämmen.

Aber vernünftige Entscheidungen hat es bei der Fifa und Uefa ja seit Jahrzehnten nicht mehr gegeben. Dort geht es praktisch nur darum den eigenen finanziellen Schaden, der durch das Verschieben einer EM garantiert entstehen würde, zu vermeiden... koste es, was es wolle.

Mittwoch, 11. März 2020

Hat die Bundesliga ein Torhüter-Problem?

Also kollektiv?
Und ja, ich habe einfach keinen Bock auf Politik und Viren. Und auf Kohfeldt. Also beschäftigen wir uns mal mit etwas harmlosen und neuem: Der ständig nachlassenden Qualität der Bundesliga. Oh, warte, auch das ist hier ständig ein Thema...

Dass ist natürlich wie alles immer ein schleichender Prozess. Also warum zum Beispiel ein Roman Bürki mit all seinen Unsicherheiten als gehobenes Bundesliganiveau gilt. Und natürlich ist Bürki ein gestandener Bundesligatorwart. Also so jemand, der in der Bundesliga gut mitspielen kann. Aber gerade kommt er halt auch auf einen Notenschnitt von 3,16 und einem überragenden Spiel in der Saison. In dem ist er dann auch direkt ausgewechselt worden. Von einem Spitzentorwart kann man mehr erwarten. Und ganz ehrlich: Für Dortmund würde es keinen Unterschied machen, wenn sie den Rest der Saison auf Marvin Hitz setzen müssten. Das kann man jetzt als Lob für die Breite des Kaders betrachten... aber gerade im Tor willst du ja keine Breite, sondern einen überragenden Kandidaten.

Bei RB Leipzig frage ich mich seit Jahren, ob Peter Gulacsi wirklich mit dem Verein mit gewachsen ist, oder ob die Bundesliga einfach nicht mehr gut genug ist um dessen Schwächen zu offenbaren. Aber hier ist halt auch das Problem: Wenn man nur in 2-3 internationalen Partien wirklich gefordert wird, wird man dazwischen auch nie in Frage gestellt.
Nun muss ich natürlich zugeben, dass das eine reine Gefühlssache bei mir ist. Also ich glaube halt einfach, dass RB nochmal den Stammtorwart tauschen wird, bevor sie zu wirklichen internationalen Erfolgen durchstarten. Andererseits würde ich darauf kein Geld wechseln und es Gulacsi sogar gönnen.
Und er ist einer von den 4 oder 5 Torhütern, bei denen ich mir aktuell die wenigsten Sorgen mache. Also Manuel Neuer steht halt gerade mal wieder über allem. Yann Sommer ist aus irgendwelchen Gründen immer noch in Gladbach. Das wäre einer der ersten Kandidaten, den ich mir als Champions League Titelaspirant angucken würde. Lukas Hradecky hat den Sprung von "Kann in der Bundesliga mitspielen" zu "kann oben mitspielen" geschafft. Aber dahinter wird es halt ganz schnell überraschend finster.

Wenn man dann noch bedenkt, dass nur 2 Torhüter in der Spitzengruppe überhaupt durch deutsche Spieler besetzt werden. Und einer davon war Alexander Nübel. Dessen Kontrahent zunächst in einer 3 Spiele Sperre nicht so überzeugen konnte, dass Schalke in der Rückrunde und trotz des feststehenden Wechsels zunächst wieder auf Nübel setzte... Und dann spielte der so schlecht, dass jetzt doch wieder Markus Schubert im Kasten steht.
Wie oft erlebt man es, dass eine Mannschaft, die mindestens in die Europa League will, so oft den Torwart wechselt. Nebenbei frage ich mich ja, ob Schalke darüber nachgedacht hat, im Winter Ralf Fährmann zurückzuholen... weiter verliehen haben sie ihn jedenfalls. Da fragt man sich schon, wie der das Problem ab Sommer lösen soll...

Dahinter kommen direkt 3 Kandidaten, die wenig dafür können, dass sie dieses Jahr zum nachlassenden Niveau beitragen. Denn Wolfsburg, Hoffenheim und Freiburg mussten verletzungsbedingt auf ihre Nummer 1 verzichten. Was dazu führte, dass ein 34 jähriger Philipp Pentke zu seinem Bundesligadebüt kam... Und besser kann man das nachlassende Niveau nicht beschreiben: Vor 2 Jahren saß der noch in der 2. Liga auf der Bank, jetzt steht er in der ersten im Tor. So was wird dann ja immer als wunderbare Erfolgsgeschichte beschrieben... Weil halt keiner darüber reden will, dass es auch daran liegt, dass das allgemeine Niveau nachlässt.
Aber hier ist das eigentlich faszinierende: Auf dem ersten Blick hat sich keiner der 3 Vereine verschlechtert, weil man auf die Nummer 2 setzen musste. In Wolfsburg kommen beide auf einen Notenschnitt von 3,00, bei den andern beiden Vereinen ist die Nummer 2 laut Kickernotenschnitt jeweils besser.
Was mich ja zu der nächsten Frage bringt: Wie kommt man als Torwart eigentlich auf seine Noten? Also kann es sein, dass einem neuen oder jungen Torhüter einfach mehr verziehen wird und man ihn trotzdem die besseren Noten gibt?

Timo Horn steht vor einem entscheidenden Schritt in seiner Karriere: Wir aus dem wirklich nochmal zumindest eine Nummer 2 im Land? Oder wird er doch nur eine Kölner Legende, steht da 15 Jahre im Tor und wechselt nach dem 3. Abstieg irgendwo anders auf die Bank... also wird er wirklich ein Bundesligatorwart, oder nur der nächste Sven Ulreich?

Union hat den "Vorteil" des Aufsteigers. Anscheinend ist Rafal Gikiewicz nicht die Torwart Version des Marius Ebbers Angreifers. Das ist der allgemeine Vorteil, den die Berliner gegenüber dem SC Paderborn haben. Mich würde es aber auch nicht überraschen, wenn die spätestens 2021 nach einem Upgrade suchen.

Kevin Trapp ist Deutscher Nationaltorhüter... allerdings wurde er auch von den ganz großen Vereinen gewogen und als zu leicht eingestuft. Und klar, als Identifikationsfigur in Frankfurt funktioniert er wunderbar. Das bringt mich aber auch irgendwie zu der Frage: Kann es wichtiger sein, dass dein Torwart eine Identifikationsfigur und ein relativer Fixpunkt ist? Ist es dann am Ende egal, wie gut er wirklich ist?
Nebenbei bedeutet dies auch: Die Nummer 3 in Deutschland ist nicht mehr gut genug für die Champions League. Dazu kommen wir noch, aber das war mal anders... zumindest gefühlt.

Bei Hertha steht plötzlich nach gefühlt 100 Jahren wieder Thomas Kraft im Tor. Obwohl dort quasi alle zu dem "Ist auf der Bank besser aufgehoben" Schluss gekommen sind. Fun Fact: Rune Jarstein ist mit seinen 3,12 trotzdem der Notenbeste Spieler im Kader... Das hat was vom Berliner Abitur, was die da abliefern. Und Kraft wurde halt auch nur auf Grund des vorherrschenden Chaos in die Truppe gespült, nicht weil er zwingend besser ist als Jarstein.

Beim FC Augsburg fragt man sich irgendwie schon seit Oktober, wie lange man da noch an dem Fehleinkauf zwischen den Pfosten festhalten will. Es war quasi allen bewusst, dass Andre Luthe die bessere Option ist, aber man wollte sich nicht eingestehen, dass man im Sommer daneben gelegen hat. Und Trainer Martin Schmidt wird ausgerechnet nach diesem überfälligen Schritt entlassen... Die Augsburger Torwartsituation ist nebenbei seit dem Wechsel von Marvin Hitz zu Dortmund eher traurig.

In Mainz übernimmt Florian Müller jetzt zum wievielten Mal? Nebenbei hat mich dieses Video zu diesen Beitrag inspiriert. Da heißt es nach der Auswechslung von Robin Zentner mit einem "es scheint, als hat Mainz 2 gleichwertige Torhüter"... nur damit Müller beim 1:1 direkt wieder zumindest unglücklich aussieht.
Und Müller ist halt vor allem der Grundlegende Beweis für das eigentliche Problem: Müller hat als Deutscher U21 Torhüter durch die Verletzung von Rene Adler den Platz zwischen den Pfosten eingenommen. Das war in der Saison 2015/16. Früher war unsere Jugendarbeit im Tor so gut, dass ein U21 Torwart seine Position nie wieder abgeben musste. Ein Rene Adler kannte das ja aus beiden Positionen: Zunächst verdrängt er als aufstrebendes Talent über Nacht Hans Jörg Butt, weil dieser gesperrt fehlte. Butt bekam bei Bayer nie wieder eine Chance. Dann traf es irgendwann Adler selber, der durch einen jüngeren Bernd Leno ersetzt worden ist. Wieder überzeugte das Talent so sehr, dass der verletzte Stammtorhüter nie wieder eine Chance bekam... Und selbst als Nationaltorwart war man vor einer derartigen Degradierung nie sicher.
Müller verliert dagegen seinen Stammplatz nach 3 Spieltagen an Zentner, obwohl Zentner weit weg davon ist, für die Nationalmannschaft berufen zu werden.
Und wie man bei 2 angeblich gleich starken Torhütern auf den Älteren setzen kann, ist ein anderes Rätsel. Oder das Gerede ist halt nicht ernst zu nehmen.

In Düsseldorf startete Zack Steffen stark, ließ aber auch stark nach. Und ist jetzt auch schon eine Weile verletzt. Ersatztorwart Florian Kastenmeier erzielte direkt bei seinem Debüt auch sein erstes Tor und ist damit immer noch statistisch gesehen mit der gefährlichste Angreifer der Rückrunde von... Werder Bremen.

Und dort hat Jiri Pavlenka halt das Pech, dass er einen Vollidioten als Cheftrainer hat, der es einfach nicht schafft eine gewisse Stabilität in die Verteidigung von Standards zu bekommen. Obwohl das eigentlich die einfachste Arbeit sein sollte, schließlich reden wir von "ruhenden Bällen"... wenn man da als Trainer über Monate keine vernünftigen Lösungsansätze hat... Ist vielleicht auch der Torwart das Problem, dem die nötige Präsenz fehlt.
Lustiger Weise las ich irgendwann im Oktober den ersten "Was könnte Kohfeldt jetzt tun" Artikel... und da wurde über einen Torwartwechsel spekuliert, damit er wenigstens ein Zeichen setzen kann. Denn da hatte er immerhin, im Gegensatz zu all den anderen Positionen, eine Alternative. Jetzt muss er auf diese zurück greifen, weil seine Nummer 1 verletzt ist.

Die Personalie Pavlenka zeigt halt auch ein eigentliches Problem: Torhüter sind in den meisten Fällen einfach nur Mitläufer. Wenn es gut läuft, halten die auch mal einen Ball fest. Und wirken überraschend souverän. Wenn der eine wirklich gute Spieler dann in der nächsten Saison weg ist, sieht derselbe Torhüter, der vorher angeblich internationale Klasse hatte, wie ein Depp aus. Genau genommen lassen sich 80% der Bundesligatorhüter auf genau diese Rolle beschränken. Und dann wird dir auf ein Mal bewusst, dass es, bis auf wenige Ausnahmen, komplett egal ist, wer bei dir im Tor steht.

Die spannende Frage ist halt, ob das nicht eigentlich schon immer so war. Also genau genommen ist der Torwart ja die Position, bei der Konstanz am wichtigsten ist. Es bringt dir genau genommen wenig Millionen in einen Torwart zu stecken, der dann ein wenig besser ist als der Vorgänger... dafür dann aber einen Fixpunkt im Team, gerade was Kommunikation betrifft, zu verlieren. Dann ist Vertrautheit auf ein Mal wichtiger als Qualität. Und dann lässt das Niveau vielleicht gar nicht mehr nach, sondern war halt schon immer bescheiden. Ich meine, Oliver "Pannen-Oli" Reck und Tomislav "Wtf was für ein Eigentor" Piplica waren ja auch Jahrelang Stammtorhüter.

Die Fälle Nübel, Schubert und Müller zeigen allerdings: Die Qualität der Ausbildung lässt anscheinend nach. Dass man lieber auf 34 jährige Zweitligatorhüter setzt, statt auf die eigene Jugend, ist ebenfalls kein gutes Zeichen.
Dabei bin ich ja echt nicht der Typ, der die "Wir sind keine Torhüternation mehr, wie konnte das passieren" Panikwelle mit reitet. Eher im Gegenteil: 2 der 3 weltbesten Torhüter sind immer noch Deutsche. (Marc-Andre ter Stegen und Neuer halt). Und als Nummer 3 hatte man früher auch einen Oliver Reck, der weit weg von Weltklasse war. Da ist man mit Bern Leno noch besser aufgestellt.
Aber man muss halt jetzt anhand der doch eher bescheidenen  Leistungsnachweise der nächsten Generation schon fragen, ob die Ausbildung und Förderung der Talent noch up to date ist. Denn wenn man das Ausnahmetalent Neuer und den einen oder anderen passenden Import rausrechnet, ist die Position Torwart in der Bundesliga gerade richtig bescheiden besetzt.