Samstag, 27. Mai 2023

Kann ein Saisonfinale gleichzeitig das Beste und das Schlechteste aller Zeiten sein?

 Ja... anscheinend. Denn machen wir uns nichts vor: Emotional und spannend war es auf jeden Fall. Lange haben wir nicht mehr so gezittert. Auf der Ebene ist es auf Augenhöhe mit der 4 Minuten Meisterschaft der Schalker. Aber boah, war das genau genommen schlecht. 

Denn halten wir fest: Die Dortmunder haben die Meisterschaft verloren, weil sie es nicht geschafft haben, ihr Heimspiel im ausverkauftem und euphorisiertem Stadion zu gewinnen... gegen eine Mannschaft, die ihre letzten 4 Spiele 13 Gegentore kassiert hat. Die ihren Ersatztorwart aufstellen musste, weil die Nummer 1 Robin Zentner nicht rechtzeitig fit geworden ist.
Ich frage mich ja, ob die Bayern jetzt ihre Meisterprämie, getarnt als Ablöse für Dammen, an die Mainzer überweisen...

Die Mainzer hatten ihre Saison eigentlich mit dem Sieg gegen die Bayern beendet. Danach haben sie kein Bein mehr auf die Erde bekommen. Schalke 04 hat denen 3 Tore eingeschenkt, aber Dortmund bekommt das nicht auf die Reihe.

Aber es ist ja nicht mal so, dass die Bayern wie gewohnt ihr Spiel souverän gewonnen haben. Die verursachten stattdessen den 10. Elfmeter in dieser Saison und schenkten sich so den Ausgleich ein. Sie brauchten einen Geniestreich von Jamaal Musiala, der ja genau genommen seit Wochen kein Bein mehr auf die Erde bekommen hat, um sich den Titel zu sichern. Es war Musialas erstes Tor seit dem 22. Spieltag... oder dem 26. Februar.

Aber auch das ist ja nicht mal die letzte Pointe. Denn während Thomas Müller, der anscheinend kein Sky auf seinem Handy hat, den Kicker-Ticker verfolgte, kam da direkt in den Abpfiff die Nachricht, dass Oliver Kahn und Hasan Salihamidžić entlassen werden, rein. What the absolute fuck? Wie kann so was bei einem Weltverein wie Bayern München passieren? Also unabhängig von der Frage, ob das angemessen ist, die können wir im Sommer ausdiskutieren... Wie kann man der Mannschaft bei der Meisterfeier mit so einer Nachricht konfrontieren? Nur um mal festzuhalten, dass Kahn nicht unbedingt das Problem ist. Das ist nicht nur auf dem Platz die schlechteste Bayern-Mannschaft der letzten 20 Jahre. Oder wie es in der Sportschau Zusammenfassung so schön hieß: Diese Saison kostete dem Torwarttrainer, dem Cheftrainer, dem Sportdirektor und dem CEO den Job... aber Meister wurde man trotzdem.

Aber auch der restliche Spieltag... war genaugenommen absurd schlecht. Fangen wir mal mit dem Offensichtlichen an: Niclas Füllkrug und Christopher Nkunku sichern sich die Torjägerkanone. Ist natürlich auch fair, dass die geteilt wird, schließlich haben die zusammen auch ungefähr halb so viele Tore erzielt, wie ein Robert Lewandowski. 16 Tore reichten für diesen Titel. So wenige, wie noch nie zuvor. Hätte man der ikonischen Trophäe das nicht ersparen und stattdessen niemanden ehren können?

Aber auch das reicht nicht. Denn Union Berlin spielt nächstes Jahr in der Alten Försterei in der Champions League. Stellt euch schon mal auf ein absolutes Gurkenfinale gegen Real Madrid ein. Denn Real ist auch nur Union für Reiche. Oder aber auf 5 Niederlagen für eine hoffnungslos überforderte Mannschaft. Nicht, dass der SC Freiburg ein besseres Bild in diesem Wettbewerb abgegeben hätte, aber es ist einfach nur bezeichnend, dass diese beiden Mannschaften am Ende ihr Fernduell um die Königsklasse austragen durften. Und das sage ich bei allem Respekt für die Arbeit, die dort verrichtet wurde: Das geht nur, weil woanders krass versagt worden ist. Entweder in dieser Saison, oder über Jahre hinweg. Aber immerhin gibt es doch einen Big City Club...

Einer dieser "Versager" ist halt Bayer Leverkusen. Die haben sich halt ebenfalls "souverän" fürs europäische Geschäft qualifiziert... mit 5 sieglosen Bundesligaspielen infolge. 7 Pflichtspiele ohne Sieg, wenn man die Halbfinale gegen Rom noch mitzählt. Aber wenn RB Leipzig Pokalsieger wird, spielen die wieder in der Europa League. Weil einfach alle anderen noch dümmer sind. Und es sein da einfach mal demonstrativ die 2 vollkommen unnötigen Platzverweise für Hincapie und Adli erwähnt, um zu verdeutlichen, wie wenig Bock Leverkusen auf eine Europacup-Qualifikation hatte...

Dass sie trotzdem nach Europa müssen, lieg am VfL Wolfsburg, die ihr Heimspiel gegen bereits abgestiegene Herthaner verloren haben. Mein Highlight des Kicker-Tickers war, dass da zwischenzeitliche "Keine Angabe" als Torschütze zum Ausgleich stand. Die mussten selber erstmal ein Bild von Ibrahim Maza finden, weil sie nicht annähernd darauf vorbereitet waren, dass der 17-Jährige trifft. Das wäre unter normalen Umständen eine lustige Anekdote, aber so passt es einfach in diese Mona Lisa eines furchtbaren Saisonfinales.

Weil ein Unentschieden aber gereicht hätte, kassierte man noch ein weiteres unnötiges 1:2. Und damit spielt die Eintracht ebenfalls europäisch, obwohl sie sich schon von ihrem Trainer getrennt haben.

Aber auch das ist noch nicht mal das Ende, denn es gab ja auch noch einen völlig absurden Abstiegskampf... in dem sich am Ende die schlechteste Mannschaft souverän mit einer 0:2 Niederlage gerettet hat. Und ja, sonst habe ich ja den höchsten Respekt vor der Arbeit der Augsburger. Ich hatte die als "gerettet" verbucht, als sie nach dem Sieg am 23. Spieltag 8 Punkte Vorsprung auf die Abstiegsränge hatten. Aber danach holten sie aus 11 Spielen einen Sieg (genauso viele, wie Werder Bremen... nur so nebenbei.) Und während der letzten 2 Spieltage zeigten sie wirklich keinerlei Widerstand. Weder gegen Dortmund, noch gegen Borussia Mönchengladbach haben die irgendwas auf die Reihe bekommen. Ich weiß nicht, was da schlimmer ist: Gegen Dortmund zu verlieren, die die Tabellenführung übernehmen, oder gegen Gladbach, für die es um nichts mehr geht.
Wir müssen mal ganz sachlich gesehen festhalten, dass Stand Mai 2023 Bochum, Stuttgart und Schalke stärker sind, als diese Augsburger.

Um das nochmal zu verdeutlichen: Emotional war das der absolute Wahnsinn. Man hatte in den letzten Sekunden richtiges Herzklopfen. Und ich will mir gar nicht vorstellen, was die treuen Fans der entsprechenden Mannschaften durchmachen mussten. Aber wenn euch irgendjemand erzählt, dass dies das "beste Saisonfinale" gewesen wäre, könntet ihr auch darauf hinweisen, dass es rein sportlich gesehen eine absolute Grütze war, die da angeboten worden ist. Und dass dies ein richtig schlechtes Zeichen für die Bundesliga ist.

Mittwoch, 24. Mai 2023

Ok, gehen wir mal ins Detail

 Weil wirklich alle diesen Fakt ignorieren. Also alle beinhaltet sogar Alfie von HITC Seven, der es sonst so oft schafft auf die vergessenen Details hinzuweisen. Gehen wir mal alle Pausen durch, die Joshua Kimmich seit dem 17.05.2020 wirklich hatte. Also dem Tag des Restarts. Wir zählen mal, wie oft er seit dem einen gesamten Monat lang kein einziges Pflichtspiel absolviert hat. Und dann vergleichen wir das mit dem Kimmich in diesem Sommer. Da es keine ordentlichen Statistikseiten gibt, wird das nebenbei anstrengender als erwartet. Die Bundesligasaison endete damals am 27.06., was logischerweise ungewöhnlich spät war. 

Für Kimmich und Co. war dies aber nicht das Saisonende. Am 4.7. stand noch das Pokalfinale an, welches sicherstellte, dass er auch im Monat Juli spielen durfte. Und da dies ja mitten in der Pandemie war, muss man von "dürfen" reden. Aber wir reden hier auch von 11 Spielen in 48 Tagen, weil es unterwegs auch noch ein DFB-Pokal Halbfinale gab.

Dann kam der August mit 4 Champions League Spielen, weil ja Wettbewerbe einfach Absagen keine Option war. Und weil man auch unbedingt das Rückspiel gegen Chelsea austragen musste, obwohl man das Hinspiel in London mit 3:0 gewonnen hat. Fun Fact: Die Qualifikation für die Champions League 2021/22 hatte da schon begonnen... Also nur um zu verdeutlichen, wie eng der Rahmenterminplan im Allgemeinen war.

Aber diese Saison war dann ja endlich vorbei, Zeit für einen verdienten Urlaub, der nach dem 23.08.2020 beginnen konnte. Am 18.09. stand dann der Bundesligaauftakt an. Kimmich war da in der Hinrunde nebenbei verletzt, aber das ist erstens definitiv kein Urlaub und zweitens spielte er trotzdem im November und Dezember. Nur halt nicht so häufig. Oh und der europäische Supercup wurde am 24.09. ausgetragen. Da steckt das Wort "Super" drin, die müssen also superwichtig sein. Fun Fact: Das Wort "Superesse" aus dem Lateinischen bedeutet überflüssig. Als letzte überwichtige Bonusspiele sollen hier auch noch die Einsätze bei der Klub-WM erwähnt werden. Also nur um zu verdeutlichen, dass wirklich niemand auf irgendwelche Ansetzungen verzichten wollte. Die haben den Spielplan de facto nicht verlängert, aber sie haben den eben noch enger gemacht, weil die Bundesligaspiele um diesen Katar Trip geplant werden müssen.

Aber damit müssen wir uns bis Mai 2021 keinerlei Gedanken machen, weil da halt einfach Bundesliga war. Im Juni stand dann die Europameisterschaft in... nun ja.. Europa an. Weil es ja in einer Pandemie nichts Sinnvolleres gibt, als alle Menschen über den ganzen Kontinent zu verteilen. Natürlich hat sich Deutschland bei dieser EM nicht unbedingt geschickt angestellt, 4 Spiele im Juni waren es aber trotzdem. Aber für diejenigen, die mitzählen: Wir sind jetzt bei 13 Monaten Dauerbelastung. Das dürfte aber noch relativ normal sein.

Fun Fact: Da Deutschland sich ja so frühzeitig aus dem Turnier verabschiedete, spielten sie im Juli tatsächlich nicht. Aber die Saison endete am 29.06.21 für Kimmich, es fehlen ihm also tatsächlich nur 2 Tage...

Die neue Bundesligasaison begann am 13.08.21 und endete am 17.12.22. Auch wenn sie für Kimmich sich mit Corona krankschreiben ließ, und deswegen den Dezember verpasste. Hey, vielleicht war seine Haltung zur Impfung doch etwas Gutes. Und wenn sein Verlauf mild war, war das sogar Urlaub. Ein klassischer Hartz 4 Urlaub auf Balkonien, aber immerhin.

Die Bundesliga ging bis in den Mai. Im Juni 2022 stand dann die Nations League auf dem Plan. Das waren wieder 4 Spiele und der Urlaub konnte erst nach dem 14.06.22 begonnen werden.

Die nächste Saison starte am 30.7.2022 mit dem Supercup, nur um sicherzustellen, dass die Bayern auch in diesem Monat ein Pflichtspiel haben. Aber man feierte den quasi freien Juli mit einem Roadtrip nach Amerika, weil man ja sonst nichts zu tun hat. Danach war dann Bundesliga bis November und bis 1. Dezember die WM im Qatar und ab Januar wieder Bundesliga. Damit sind wir im "Jetzt" angekommen und stellen fest, dass lediglich der Juli 2021 wirklich frei war. Und das auch nur unfreiwillig, weil man ja eigentlich weiterkommen wollte. Und ja, mit erfolgreichen Turnieren wäre das alles noch viel schlimmer geworden, man sollte sich bei Löw und Flick bedanken.

Um das ganze mal zusammenzurechnen: Kimmich und die deutschen Nationalspieler hatten im Sommer 2020 26 Tage "Sommerpause". Im Sommer 2021 nach der EM waren es 45 Tage. Zwischen Nations League 2022 und Supercup lagen 46 Tage. Und dann gab es im Winter 50 Tage, was tatsächlich die längste Pause war, die man ihnen gegönnt hat. Dazu muss man ja bedenken, dass man schon eine Saisonvorbereitung braucht. Also so 3 bis 4 Wochen sollte man da schon einplanen. Letzten Sommer war der Trainingsauftakt offiziell am 8. Juli. Damit werden aus den 44 Tagen plötzlich 24. Da soll eine Cathy Hummels nochmal behaupten, Fußballer sein einfach nur "faul".

Und um das nochmal zusammenzufassen: Wir reden von 163 Pflichtspielen in 36 Monaten. In dieser Zeit gab es lediglich einen einzigen Monat, den Juli 2021, in dem Bayerns Nationalspieler kein einziges Pflichtspiel absolviert haben. Und das unfreiwillig, weil quasi alle Bayern Profis bei der EM früh gescheitert sind. Normalerweise hat man als Profi den Juli alle 2 Jahre, also wenn halt keine WM oder EM ansteht, komplett frei. Eine derartige Dauerbelastung hat noch nie ein deutscher Profi durchgemacht. Und für die Bayern ist es halt noch eine Nummer schlimmer, als für Dortmund, weil die a) mehr Nationalspieler haben, b) in der Champions League weiter kommen und c) in den europäischen Supercup und die Klub-WM auf dem Plan hatten.

Kimmich hat ja nebenbei dank Verletzungspausen und verkackter Turniere nicht mal das Maximum herausgeholt. Kingsley Coman kommt auf 177 Spiele. Robert Lewandowksi kommt auf 172, auch wenn die letzten davon für Barca waren. Thomas Müller ist bei 173.

Also vergleichen wir das einfach mal mit Mats Hummels als Führungsspieler der Dortmunder. Der kam eingangs auch auf 11 Einsätze nach dem Restart. Im Dortmunder Trikot kommt er auf 128 Pflichtspiele. Aber es kommen halt nur 4 Spiele für Deutschland dazu. Jude Bellingham hat noch 9 Spiele für Birmingham City absolviert und kommt dann auf 144 Spiele für Dortmund und England. Da überrascht es auf ein mal nicht mehr, dass die Dortmunder so viel frischer wirken. Und dabei habe ich Bellingham gesehen, wie Bellingham letzten Sommer auf den Rasen gekotzt hat, der hat also weniger gespielt, war im Sommer trotzdem komplett durch.

 Jetzt rechnen wir kurz für diesen Sommer durch, wie die Pause aussieht. Die Bayern Saison endet ja am Samstag, dem 27. Mai. Ganz praktisch gesehen steht für Kimmich dann bis zum 11.08.2023 kein Pflichtspiel im Kalender stehen. Das sind 76 Tage.
Falls Kimmich nicht frühzeitig von der Nationalmannschaft abreist, was sachlich gesehen einfach dumm wäre, kürzen sie den Urlaub, die Zeit zwischen den Spielen auf 52 Tage. Das ist dann nicht mehr viel mehr, als nach der WM, aber mehr als in den letzten Sommerpausen. Meine persönliche Erwartung ist ja, dass Kimmich nach dem Ukraine Spiel in den Urlaub fliegt.

Dafür wird Kimmich keine verkackte WM verdauen muss, die ihn in ein Loch ziehen könnte. Der wird zum ersten Mal seit 3 Jahren wirklich abschalten können. Und dann werden wir im Herbst sehen können, wie dringend er so eine Pause brauchte.

Montag, 22. Mai 2023

Worst of des "Das ist schon ein wenig respektlos" Wochenendes

 Aber gut, was erwarte ich eigentlich.

Zunächst aber das wirklich wichtige. Denn das Tor der Bochumer in der 94. Minute hat einfach mal wieder bewiesen, dass der Abstiegskampf emotional um einiges heftiger trifft, als der Meisterschaftskampf. Also auch für den neutralen Beobachter. Das war schon krass.

Und Schalke sind ja allgemein auf einem Weg zur Last Minute Rettung. Gegen Mainz und Werder trafen sie jeweils in der Nachspielzeit, gegen Frankfurt in der 85. Minute. Dazu kommt ein weiterer Treffer zum Ausgleich gegen Werder. Das sind 6 Punkte, die in den letzten 10 Minuten eingetütet wurden. Mein Geld würde ich ja darauf verwetten, dass Schalke in der 85. Minute der Relegation 2 Tore braucht, um den HSV in der 2. Liga zu lassen und diese 2 Treffer dann auch eiskalt erzielt. Und wenn man bedenkt, dass Bülter, Terodde und Jens in den letzten 2 Wochen recht überflüssige 5. Verwarnungen eingesammelt haben, scheint das auch ihr Plan zu sein.

Werder Bremen sichert sich derweil den Klassenerhalt ganz souverän... mit einem Sieg aus den letzten 10 Spielen. Niklas Füllkrug wird ganz souverän mit 16 Toren Torschützenkönig... oder mit 5 Treffern in der Rückrunde. So viele hätten Erling Haaland oder Robert Lewandowski in einer Woche erzielt. Dessen große Party ist also auch vorbei. Anders ausgedrückt: Werder meldet sich schonmal voreilig für den Abstiegskampf der nächsten Saison an. An deren Stelle würde ich echt jetzt gucken, wie viel Geld man für Füllkrug bekommt und dann einen neuen Stürmer holen, denn nächstes Jahr wird der zumindest in Bremen nicht so viele Tore erzielen.

Nebenbei, um mal auf das Ansetzungsproblem zurückzukommen, ist Bayer Leverkusen am Freitagabend am VfL Wolfsburg vorbeigezogen, obwohl sie doch erst Donnerstagabend in der Europa League gespielt haben... Oder Rom dabei zugeguckt haben, wie die auf dem Rasen lagen. Das zeigt einem dann plötzlich, wie eng es im Rennen um den letzten Europacup Platz zugeht. Zum Glück hat Frankfurt sich selber 2 Tore eingeschenkt, sonst wäre es ein richtiges Herzschlagfinale...

Aber das eigentliche ist und bleibt halt der Meisterschaftskampf. Und damit der große Abgesang auf diese Bayern Mannschaft. Ganz ehrlich: Dass Kicker.de sich so krass die Sicherungen rausknallen würde, dass ich die Bayern verteidigen muss, habe ich nicht kommen sehen. Aber hier sind wir plötzlich.

Zunächst mal sollte Frank Linksch schonmal direkt für die Einleitugn seines Kommentares entlassen werden. Also ausschließlich für die "der Samstagabend für den FC Bayern apokalyptische Ausmaße" Aussage. Das schreibt der direkt, nachdem die Hertha in der 94. Minute den Abstieg besiegelt hat. Dort wissen sie noch nicht mal, ob sie nächstes Jahr überhaupt eine Lizenz bekommen. Da sehen die Bayern Probleme doch eher nach "Apokalypse wann anders" aus.
Nebenbei fehlt bei diesem Rundumschlag gegen die aktuelle Generation ein Name: Thomas Müller. Denn Schuld sind natürlich nur die anderen.

Um mal ganz kurz den wirklich apokalyptischen Horizont aufzumachen: Chelsea darf nächstes Jahr wahrscheinlich gar nicht international spielen. Liverpool muss wohl in die Europa League, was vielleicht noch viel schlimmer ist. Juventus droht irgendwie immer noch eine epische Strafe wegen Bilanzfälschung. Barca stand mittlerweile kurz vor der Pleite. Oliver Kahn hat die Bayern dagegen als CEO an sich souverän durch die Corona-Krise geführt... und da soll der jetzt entlassen werden, weil die ein Mal in 100 Jahren keinen einzigen Titel holen?

Nur um das mal ganz sachlich aufzubrechen: Es könnten jetzt genau 2 Dinge passieren: 1.) Die Bayern müssen ihren Briefkopf zum ersten Mal seit 2012 ihren Briefkopf nicht ändern. 2.) Sie landen nächste Saison in Lostopf 2 und haben deswegen eine etwas schwerere Gruppe in der Champions League... oder sie spielen mal wieder gegen Barca, denn die landen ja in Lostopf 1. 

Um die Leistungen der Bayern mal mit etwas Perspektive einzuordnen: Wenn wir mal ganz kurz davon ausgehen, dass sie ihr letztes Spiel gewinnen, was ja laut Lietsch egal ist, weil selbst ein erduselter Titel diese Saison nicht retten würde, hätten sie in der ach so katastrophalen Rückrunde 35 Punkte geholt. Das wäre 1 Punkt weniger, als in der Hinrunde, in der die Welt noch in Ordnung und die Bayern ein Kandidat für den Champions League Titel war.

Apropos Champions League: Da sind sie wieder ins Viertelfinale eingezogen, sie gehören also ganz offiziell zu den 8 besten Mannschaften in Europa. Sie flogen gegen ein Manchester City raus, das derzeit einfach alles an die Wand spielt. Dafür kam mit Inter Mailand eine Mannschaft ins Finale, die man selber 2-mal souverän geschlagen hat. Mit deren Losglück hätte man ganz sachlich selber ins Finale kommen können.

Und das ist ja genaugenommen der Status Quo, den ich seit Jahren predige: Mit viel Losglück können die Bayern richtig weit kommen, aber sobald sie auf die absolute Elite treffen, wird die Luft verdammt dünn. Sprich: Es läuft fast alles wie immer.

Nebenbei muss man auch mal die 71 Punkte, von denen ich halt ausgehe, in Relationen setzen: Das ist immernoch mehr, als die Konkurrenz in 8 der letzten 10 Jahre geholt hat. Sprich: Wenn sich die anderen normaldumm anstellen würden, wäre Bayern doch wieder Meister. Sie haben halt nur die Messlatte so hoch gelegt, dass eine Meisterschaft mit nur 71 Punkten schon eine Endtäuschung wäre...

Aber Dortmund spielt halt eine richtig starke Rückrunde. Die sind auf Kurs 42 Punkte und über 50 Tore. Dazu kamen die 2 Siege zum Hinrundenende. Die sind in diesem Jahr einfach auch richtig gut. Wenn man das aufs Jahr hochrechnet, werden sie mit 84 Punkten und 100 Toren Meister. Wenn Sebastien Haller schon in der Hinrunde gesund ist, wäre das Thema schon lange durch. Wenn die wirklich Meister werden, werden sie das hauptsächlich, weil sie selber eine richtig gute Rückrunde spielen.

Und natürlich waren die Punktverluste gegen Stuttgart, Bochum und Schalke unnötig. Auch im direkten Duell gegen die Bayern haben sie ihre Grenzen aufgezeigt bekommen. Und ja, Kicker.de hat mittlerweile auch einen Kommentar nachgeschoben, wie großartig die Geschichte wäre. Dennoch liegt der Fokus der Berichtserstattung eher auf dem angeblichen Versagen der Bayern...

Man muss auch mal hervorheben, dass Edin Terzic einen großartigen Job macht. Er hat:
- Julian Brandt vom ewigen Talent zum Spielmacher vorangebracht.
- Matts Hummels seine alte Stabilität zurückgegeben. Es sieht von Woche zu Woche dämlicher aus, dass Hansi Flick auf den verzichtet hat.
- Marco Reus (und auch zum Auftakt der Rückrunde Hummels) von einer Rolle als Ergänzungsspieler überzeugt.
- Die talentierten, aber jungen Edeljoker wie Gio Reyna, Jamie Bynoe-Gittens oder Youssufa Moukoko bei Laune gehalten.
- Selbst ein alter Hase wie Emre Can hat unter ihm nochmal einen deutlichen Entwicklungsschritt als Persönlichkeit genommen.
Das muss man auch einfach mal so festhalten. Und all das hat wenig mit der Schwäche der Bayern zu tun.

Und ja, ich habe ebenfalls auf die unnötigen Punktverluste viel zu heftig reagiert, anstatt zu realisieren, dass die im Großen und Ganzen richtig stark spielen. Diese Dauerkritik hat halt auch auf mich Einfluss.

Zurück zu den Bayern: Diese Generation ist nicht "am Ende". Die müssen halt nur ein Mal tief Luft holen und brauchen einen neuen Mittelstürmer. Und wenn das nur der Füllkrug wird, so werden sie selbst mit dem als Stoßstürmer nächstes Jahr wieder souverän Meister. Und man muss auch mal festhalten, dass dieses "tief Luft holen" auch einfach mal überfällig ist.

Bei Kicker rätseln sie ja auch gerade, wie es sein kann, dass die Bayern schon 9 Elfmeter verursacht haben. 6 davon im Jahr 2023. Dabei ist die Antwort ganz einfach: Die sind einfach 3 Jahre ausgebrannt. Also man muss auch einfach mal festhalten, wie hoch die Dauerbelastung der Bayern seit dem einzigen Sportlockdown war. Ein Joshua Kimmich hat seit dieser einzigen langfristigen Pause formell gesehen 3 Turniere gespielt: Das "Final Four" in der Champions Leauge, eine Europameister- und eine Weltmeisterschaft. Klar, die Turniere im Nationalmannschaftstrikot waren nicht besonders erfolgreich, aber die emotionale und körperliche Belastung war halt trotzdem da. Aber dafür hat er als Bonusbelastung auch noch eine Klub-WM gespielt und gewonnen. Und den europäischen und den deutschen Supercup.

In der Summe kommen wir auf 125 Startelfeinsätze... ohne die Supercups. Nur für die Bayern. Dazu kommen dann nochmal 8 Spiele Nations League, 3 Spiele bei der WM, 8 Spiele in der Quali. Also weitere 19 Pflichtspiele für die Nationalmannschaft. Damit sind wir bei 145 Einsätze in 37 Monaten, weil er ja nächstes Wochenende wieder in der Startelf stehen muss. Das sind im Schnitt 4 Spiele im Monat.
Die eine Saison endete am 14.06. gegen Italien, die nächste begann offizielle am 30.07. Man muss sich mal wirklich mit der Frage beschäftigen, ob es seit dem Corona Lockdown im Mai 2020 jemals einen Monat gab, in dem Kimmich kein einziges Pflichtspiel im Kalender stehen hatte. Das macht einem einfach mürbe.

Das sind 2 1/2 Jahre ohne eine wirkliche Pause. Selbst die 50 Tage nach dem WM aus, werden ihm da nicht wirklich geholfen haben. Und da bricht man halt irgendwann einfach ein. Es ist eher eine Überraschung, dass dies erst jetzt passiert ist und nicht schon im letzten Sommer.

Wenn man sich das vor Augen führt, dann ist es plötzlich kein Wunder mehr, dass diese Mannschaft nach Rückschlägen nicht mehr aufstehen kann. Dass die sowohl gegen Mainz, als auch gegen Leipzig nach dem Ausgleich auseinanderbrachen. Der Tank ist halt einfach leer. Und dann kommt man halt diese halbe Sekunde zu spät und verursacht den Elfmeter, anstatt den Konter einzuleiten.

Am deutlichsten ist das ja bei Jamal Musiala zu sehen. So ein brillantes Talent, aber dem fehlt seit Monaten einfach diese Leichtigkeit. Deswegen wartet er seit 11 Spielen auf ein Tor. Und er kommt auch nur auf 5 Vorlagen. Vor der WM war er bei 19 Scorerpunkten, aber der braucht einfach mal dringend eine richtige Pause. Deswegen führt er dann vor dem 1:1 einen Zweikampf mit Coman, anstatt sicherzustellen, dass Konrad Laimer nicht an den Ball kommt... Hey, der spielt erst ab nächster Saison bei dir! Upsi.

Und so kann man die gesamte Bayern-Mannschaft durchgehen. Also zumindest die Spieler, die die gesamte Pandemie durchgemacht haben. Auch Müller spielt eine grausame Saison mit für ihn peinlichen 8 Toren. Die hat er früher alleine gegen den HSV erzielt. Selbst als er seine persönliche, von allen ignorierte, Schaffenskrise nach dem Weltmeistertitel hatte, kam er immer mindestens auf 9 Tore und 13 Torvorlagen. So schlecht wie jetzt, war der einfach noch nie. Also nach den Wettbewerbsübergeifenden Fussballdaten.de.
Leon Goretzka lässt seit Monaten jeglichen Esprit vermissen. Kingsley Coman verrbeitet verbreiten viel zu wenig Torgefahr. Leroy Sané fehlt die Präzision und Konsequenz im Abschluss. Serge Gnabry ist mit 14 Toren der beste Torschütze und spielt als einziger eine halbwegs normale Saison. Dem sollte man vielleicht viel mehr Beachtung schenken. Eric-Maxim Coupo Moting viel in der entscheidenden Saisonphase verletzt aus.

Aber abgesehen von den alten Müller und Coupo Moting ist es all diesen Spieler zuzutrauen, dass sie nächstes Jahr wieder stärker zurück kommen. Denn die können jetzt alle mal kollektiv für einen Monat die Beine hochlegen. Und solange Hasan Salihamidciz, oder wer auch immer den Posten übernimmt, diesen Monat nutzt, um einen Stürmer zu verpflichten, wird das nächste Saison wieder dominanter laufen. Da gibt es echt keinen Anlass für einen Abgesang oder Panik.

Nur um das nochmal zu verdeutlichen: Der FC Liverpool ist nach einer ähnlich krassen, noch brutaleren Belastung dieses Jahr auch eingebrochen. Und das wesentlich krasser, als die Bayern. Und klar, beide werden in diesem Sommer an ihrem Kader rumschrauben. Aber das ist ja sowieso normal. Und beide werden nächste Saison wieder um alle nationalen Titel mitspielen.

Freitag, 19. Mai 2023

Wo ich mich letztens üebr die Unfähigkeit der DFL aufgeregt habe,

 Legen die direkt nach. Die scheinen sich echt keinerlei Gedanken zu machen, ob die Ansetzungen so Sinn ergeben. Ist ja auch nicht so, dass das am 33. Spieltag wichtig wäre.

Früher wurden nebenbei alle Spiele an diesem Spieltag um 15:30 angepfiffen, um mögliche Wettbewerbsverzerrungen zu verhindern. Dieses "früher" war nebenbei "vor Corona"... Das ist nicht zwingend notwendig, aber ein paar Gedanken könnte man sich schon machen. Also auch um den ganzen Spaß richtig zu vermarkten.

Denn sein wir ehrlich: Wenn man das vernünftig machen würde, hätte man eines der größten Sportevents des Jahres. Die ganzen Bezahlsender könnten in aller Ruhe ihre Abos verkaufen und die Sportkneipen würden die zweitbesten Umsätze des Jahres feiern... gefolgt von dem 34. Spieltag nächste Woche.

Also nur mal so theoretisch: Was würdet ihr alles absagen, um am Samstag um 15:30 eine Abstiegskonferenz mit Schalke, Stuttgart, Bochum, Hertha und Hoffenheim zu sehen? Also die Fünf Mannschaften, die so richtig in der Scheiße stecken und unbedingt punkten müssen. Alles in einer großen Abstiegskonferenz auf Premiere... Und dann legt man am Sonntag um 15:30 mit einer Konferenz um die Meisterschaft mit Dortmund und Bayern nach. Oder man legt die Konferenz direkt auf 18:30 und setzt da 2 Spiele gleichzeitig an, auch wenn (oder gerade weil) die Sportschau Quote darunter leiden würde. Man könnte den Bezahlsendern in der nächsten Verhandlungsrunde verkaufen, dass man sich wirklich Gedanken macht, wie man die meisten Umsätze aus dem Produkt ziehen kann.

Und klar, man muss den Kompromiss eingehen, dass Augsburg als theoretisch noch am Abstiegskampf beteiligte Mannschaft nicht in den 15:30 Slot legt, was nebenbei für eine Doppelansetzung um 18:30 spricht. Hier noch zwingend erwähnen muss, dass Augsburg den Klassenerhalt theoretisch schon vor dem Anpfiff auf der Couch sichern kann.

Noch viel fahrlässiger ist es ja, dass Stuttgart sich 22 Stunden lang auf sein mögliches Szenario einstellen kann: Muss man unbedingt gewinnen, weil Schalke und Bochum auch gewonnen haben? Oder reicht einem ein Unentschieden, um zumindest auf den Relegationsrang vorzurücken? Das ist ein massiver Unterschied und wird beeinflussen, wie man in der Schlussphase agiert.

Selbiges gilt halt auch für Borussia Dortmund, die sich auch eine Nacht lang mit dem möglichen Punktverlust der Bayern gegen RB Leipzig auseinandersetzen müssen. Oder halt den Gegner befreit mit 4:0 abschießen kann. Ein Ausrutscher der Bayern würde die Dortmunder in eine ganz andere Drucksituation bringen. Es wird massive Auswirkungen haben, ob Dortmund die Tabellenführung übernehmen kann und ob Augsburg schon gerettet ist. 

Und vor allem muss man hier nochmal eines erwähnen: Die Leute, die den Spielplan machen, wissen seit Monaten, dass es lediglich einen einzigen Fixpunkt gibt: Bayer Leverkusen gegen Borussia Mönchengladbach muss am Sonntagabend stattfinden. Und es ist seit Wochen absehbar, welche Mannschaften im Abstiegskampf stecken werden. Nur dass Dortmund noch im Meisterschaftskampf steckt, ist eine Überraschung... Damit konnte niemand wirklich rechnen.

Ich finde es absolut faszinierend, dass die DFL über externe Investoren nachdenkt, während sie nicht mal so einfache Sachen selber regeln können, um die Umsätze zu steigern. Und ich wage sogar zu behaupten, dass kaum ein Traditionsfan ein großes Problem mit einer exklusiven Abstiegskonferenz am Samstagnachmittag hätte... gefolgt von der möglichen Entscheidung im Meisterschaftsrennen. Die würden alle vor den Geräten hängen.

Ich frage mich halt echt, wie viel Geld DAZN auf den Tisch gelegt hätte, um am Sonntag dieses Meisterschaftsfinale zu zeigen. Und Sky würde dafür ja mit der hochemotionalen Abstiegskonferenz entlohnt werden. Und das sind ja auch Dinge, die man weitestgehend sicher planen kann. Also dass man den Tabellenersten und Zweigen am 33. Spieltag am Sonntag spielen lässt, kann man de facto im Juni ankündigen. Und dass die letzten 5 Mannschaften, so weit es möglich ist, dafür am Samstag um 15:30 anstoßen lässt, kann man ebenfalls frühzeitig bekannt geben. Die Woche vor dem 34. Spieltag sollte traditionell "frei" sein, man muss da also wenig Rücksicht auf die Europacup-Teilnehmer nehmen. Einzig und allein falls 2 Mannschaften in die "kleinen Europacup Halbfinale" einziehen, bekommt man Probleme, aber das ist halt zuletzt in den Siebzigern passiert.

Dann verhandelt man mit Sky und DAZN und fragt sie, wie viel sie für dieses Spektakel zahlen würden. Und DAZN muss ausrechnen, wie wahrscheinlich es ist, dass der Meister schon lange fest steht, aber das ist dann halt deren Risiko. Am letzten Spieltag bietet man beiden Anbietern an, dass sie jeweils eine Sonderkonferenz aufmachen dürfen: Eine, in der es nur um den Abstieg geht, die andere für die Meisterschaft. Dann muss ich als neutraler Fan entscheiden, welche Entscheidung mich mehr interessiert und schalte dann beim entsprechenden Anbieter ein.

Wenn man bedenkt, wie viel Geld die damals für die Relegation draufgelegt haben, dürfte da doch einiges an Geld zusammenkommen. Aber anscheinend macht sich niemand diese Gedanken.

Dienstag, 16. Mai 2023

Was sich die Trainer dringend wieder abgewöhnen müssen

 Ist ja dieses Jammern über klare Fehlentscheidungen, die deutlich vor dem erzielten Tor getroffen wurden. Das ist einfach albern. Und das nimmt auch seine eigenen Verteidiger aus der Verantwortung, die sie eigentlich tragen sollten.

Also es gab ja in den letzten Wochen 3 konkrete Beispiele dafür. Über Edin Terzić's "12 Sekunden vorher" habe ich mich schon ausführlich aufgeregt. Dann sah Carlo Ancelotti eine Verwarnung, weil der Ball vor dem 1:1 im Champions League Halbfinale angeblich im Aus war. Rekordverdächtige 22 Sekunden, bevor der Ball im Netz einschlägt. Real Madrid ist zwischen der "Fehlentscheidung" und dem Treffer selber 2 Mal am Ball, verliert ihn aber sofort wieder. Und dann wurde den Leipzigern dieses Wochenende ein Tor aberkannt, weil der VAR tief in der eigenen Hälfte ein Foulspiel gesehen hat. 

Das ist alles in allem einfach albern. Also gerade Ancelotti sollte sich viel mehr darauf fokussieren, warum seine Mannschaft sich in den entscheidenden Zweikämpfen nicht konsequent durchsetzt. Dann hat man das Problem nicht. 

Dadurch, dass man als Trainer über einen einfachen und an sich bedeutungslosen Einwurf so aufregt, nimmt man vielleicht auch seinen Spielern den letzten Fokus. Weil auch die sich mit der Frage "War der Ball aus?" beschäftigen.
So was fällt mir auch gelegentlich auf (auch wenn ich jetzt kein konkretes Beispiel habe), wenn es einen unberechtigten Eckball gibt, der zu einem Tor führt. Also es schieben dann alle die Schuld zum Schiedsrichtergespann, anstatt sich zu fragen, ob man die Situation besser verteidigt hätte, wenn man direkt in den "Wir verteidigen dann halt die Ecke" Modus geschaltet hätte, anstatt sich über den Schiedsrichter aufzuregen. Das ist alles verschwendete Energie. Gerade wenn man bedenkt, wie selten Eckbälle zu Toren führen... Alfie von HITC Seven hat das gerade mal ausgerechnet. Wenn man als Abwehr wirklich konzentriert zu Werke geht, ist eine Ecke schon fast eine ideale Konter-Gelegenheit.

Und nur um das mal zu verdeutlichen: Wenn es ein Challenge System geben würde, hätte Ancelotti seine "Rote Flagge" nie wegen dieses Einwurfes geworfen. Aber trotzdem regt er sich über diese Kleinigkeit dermaßen auf. Genau das macht den Job der Schiedsrichter ja so unmöglich: Es wird sich über jede Kleinigkeit aufgeregt, als wenn es die wichtigste Entscheidung der Welt wäre.

Eigentlich zeigen diese Situationen ja auch nur das Grundproblem des VARs: Wir haben auch nach all diesen Jahren noch keinen wirklichen Plan und keine klaren Richtlinien, wann dieser eingreifen soll. Das führt halt auch dazu, dass der Kölner Keller manchmal übermotiviert eingreift und nach intensiver Detektivarbeit eine Fehlentscheidung findet... und nächste Woche lassen sie dann Fehlentscheidungen im Mittelfeld durchgehen, weil es halt kein so relevanter Zweikampf war.

Da müsste man einfach mal Klarheiten schaffen. Der krasseste Schritt wäre ja, den VAR nur bei Elfmetern und Abseitssituationen zu nutzen. Also die wirklich relevanten Szenen, die auch direkt zu einem Torerfolg führen. Dann wüssten alle schon mal grundlegend, wann ein Eingriff kommen kann und wann nicht. Der andere, etwas entspanntere Schritt, wäre den VAR nur in der Hälfte der verteidigenden Mannschaft zu nutzen. Mit der einfachen Begründung, dass die verteidigende Mannschaft zwischen der Entscheidung des Schiedsrichters und dem Erzielen des Tores selber noch genügend Fehler begehen muss, damit das Tor fallen kann. Variante 3 wäre halt ein Zeitlimit von 10 Sekunden, was im Fußball halt eine Ewigkeit ist.

Das klingt im ersten Moment vielleicht unnötig kompliziert und deswegen wäre "Nur Elfmeter oder Abseits" die beste Entscheidung. Aber es würde doch für Klarheit und einer größeren Nachvollziehbarkeit führen. Und es würde halt die Verantwortung wieder auf die Spieler schieben, die halt auch nach einer fragwürdigen Entscheidung weiter verteidigen müssen.

Ansonsten würde ich es mir ja wünschen, dass die Journalisten auch einfach mehr Kontra geben. Also wenn ein Terzić unbedingt meint, etwas von 12 Sekunden zu schwadronieren, kann man ja auch mal nach harken und fragen, wie viele Gelegenheiten Dortmund hatte, das Tor in diesen 12 Sekunden zu verhindern. Mal darauf hinweisen, dass Dortmund selber noch einige eigene Fehler begeht, damit dieses Tor erzielt werden kann. 

Auch einen Ancelotti könnte man damit konfrontieren, dass seine Mannschaft nach der potenziellen Fehlentscheidung genügend Möglichkeiten hatte, um einzugreifen, dies aber einfach nicht geschafft hat. Aber man lässt die Trainer ununterbrochen auf die Schiedsrichter fluchen, anstatt den Fokus auf die Fehler ihrer Mannschaft zu legen.

Montag, 15. Mai 2023

Worst of des "Ist irgendwas passiert?" Wochenendes

 Nicht wirklich. Am Ende war das ein Wochenende des Stillstandes.

Ganz vorne sind Bayern und Dortmund mit souveränen Heimsiegen im Gleichschritt marschiert. Ob Dortmund Meister werden kann, entscheidet sich praktisch am nächsten Wochenende, wenn RB Leipzig in der Allianz-Arena zu Gast ist. Und die Dortmunder dachten, es wäre moralisch schwierig, auf einen Schalker Sieg zu hoffen.

Dann hat der SC Freiburg sich ganz souverän mit einer Niederlage das Ticket für die Europa League gesichert. Und Union Berlin ist einen entscheidenden Schritt Richtung Champions League gegangen. Aber jetzt mal ganz ehrlich: Ist es wirklich relevant, wer von den beiden am Ende Vierter wird und nächstes Jahr in der Königsklasse verprügelt wird? Beide spielen doch jetzt schon die beste Saison der Vereinsgeschichte. Also selbst als Freiburg damals Dritter wurde, holten sie nur 46 Punkte. Auch wenn das fairerweise noch vor der Einführung der 3 Punkte für einen Sieg war. Aber es ist zumindest die beste Saison dieses Jahrtausends.

Egal, wie das am Ende ausgeht: Beide werden von einer großartigen Saison reden. Und auch wenn es RB wird: Am Ende ist es auch gut für den deutschen Fußball, dass nur einer der beiden in die Königsklasse einzieht. Allein schon, weil beide in Lostopf 4 landen könnten und damit vor einer richtig schweren Gruppe stehen.

Im Keller geht für die Hertha langsam das Licht aus. Aber da könnte ja eh so richtig das Licht ausgehen. Aber ja, die hätten gegen Köln punkten müssen, haben sich aber lieber von ihrem ehemaligen Stürmer Davie Selke abschießen lassen.
Ansonsten hat nur Bochum sein 6-Punkte-Spiel gegen Augsburg gewonnen. Für den Rest gab es relativen Stillstand, wie sich das ja eigentlich gehört. Damit hat sich die Ausgangslage für Stuttgart, Schalke und Hoffenheim nicht wesentlich verändert: Ein Sieg aus den letzten 2 Spielen könnte reichen, aber man braucht eher 4 Punkte, um auf der sicheren Seite zu stehen.

Nur so als Gegenbeispiel: In der 2. Liga haben Bielefeld, Nürnberg, Braunschweig, Rostock und Fürth gepunktet. Also alle Mannschaften, die theoretisch noch im Abstiegskampf stecken. Damit wird es für Regensburg und Sandhausen richtig finster und sie haben nur noch theoretische Chancen auf den Klassenerhalt über die Relegation. Gleichzeitig teilten sich St. Pauli und Düsseldorf die Punkte und sicherten damit dem HSV faktisch zumindest die Teilnahme an der Relegation. Und Paderborn machte in Heidenheim das Rennen um die direkten Aufstiegsplätze wieder spannend. So sieht ein 32. Spieltag, an dem auch wirklich was passiert ist, aus.

Im Wesentlichen hat dieser Spieltag also, abgesehen für Bochum, nur 90 Minuten von der Uhr genommen. Alle Mannschaften haben jetzt etwas weniger Zeit, um ihre Ziele vielleicht noch zu erreichen. Oder sie haben die Zeit bis zum Saisonende ohne größere Verletzungen rumgebracht.

Als dritte Option hat Borussia Mönchengladbach sich souverän in eine Trainerdiskussion gespielt, weil sie in der ersten Halbzeit halt nur physisch anwesend waren. Ich finde es ja immer lustig, wenn Spieler hinterher im Interview behaupten, dass der Trainer die Mannschaft noch erreicht, obwohl sie das auf dem Platz nicht wirklich angedeutet haben...

Schön war es trotzdem, um das nochmal kurz festzuhalten. Wir hatten 2 Panenka-Elfmeter, ein Marco van Basten Gedächtnistor und ein Tor mit der Hacke. Insgesamt sind in 5 Spielen mindestens 5 Tore gefallen. Und als Bawful Bonus Feature qualifizierte sich Joshua Vagnoman für den Titel "Gomez der Woche." Wenn Stuttgart am Ende 2 Punkte zum Klassenerhalt fehlen, könnte das sogar der "Gomez des Jahres" werden, aber zum Glück haben Fußballfans ein extrem beschissenes Gedächtnis.

Also ehrlich: Wenn er am 34. Spieltag diese Großchance auslässt, würde der Fehlschuss in einem Atemzug mit Frank Baumann 1999 genannt werden. Da es aber "nur" der 32. Spieltag ist, wird er noch nicht mal in der Saisonzusammenfassung auftauchten.

Donnerstag, 11. Mai 2023

Abstiegskampf ist so absurd - Eine Fallstudie

 Was einem besonders auffällt, wenn man wirklich hinguckt.

Und an der Stelle fällt mir halt auch wieder auf: Ich gucke relativ wenig Fußball live. Vor allem verfolge ich selten einen einzelnen Verein über mehrere Spiele am Stück. So fallen mir halt nur die mega offensichtlichen Dinge wie Paris St. Germains planloses Pressing auf, wenn ich direkt danach Arsenal London gegen Manchester City gucke. Also wie krass das Problem ist, fällt mir nur deswegen auf.

Aber der eine Verein, den ich in der Rückrunde wirklich verfolgt habe, ist halt Hansa Rostock. Einfach nur, weil ich gebürtiger Rostocker bin und weiß, was der Verein für die Region bedeutet. Und Hansas Saison könnte, egal wie sie ausgeht, halt ein Lehrbuchbeispiel für einen "ganz normalen Abstiegskampf sein".

Zunächst mal sah alles gut aus, bis man die Trainerlegende Jens Härtel entlassen hat. Und ja, den als Legende zu bezeichnen, ist keine Übertreibung, schließlich war er der erste Trainer seit Frank Pagelsdorf, der eine Vertragsverlängerung angeboten bekommen hat. Das war 2008. 

Rostock ist halt ein chronischer Schleudersitz, mit der einzigen Konstante: Uwe Ehlers als Interimscoach. Und gerade, wenn man bedenkt, dass man Steffen Baumgart als Co-Trainer hatte, sich aber für Ehlers als Interimscoach entschied...

Man hat in den Jahren halt auch alles ausprobiert: Vereinslegenden wie Juri Schlünz befördern. Drittligaveteranen wie Pavel Dotchev oder Peter Vollmann verpflichten. Den Jahrgangsbesten Karsten Baumann holen. Einen Christian Brand, der ein überzeugendes Spiel gegen die Bayern gemacht hat, installieren. Unbeschriebene Blätter von Reservemannschaften der Bundesliga wie Dirk Lottner eine Chance zu geben. Und natürlich entschied man sich immer genau für die Variante, die nicht funktionierte... bis man einfach mal einen Aufstiegscoach von einem anderen ehemaligen DDR-Oberliga-Verein holte.

Dann entließ man Härtel aber in einer relativ luxuriösen Position. Also klar, es war ein deutlicher Abwärtstrend zu sehen, der in einer Heimniederlage beim Tabellenletzten Sandhausen mündete, aber im Großen und Ganzen war man mit 17 Punkten aus 15 Spielen und Tabellenplatz 12 voll im Soll.

Trotzdem dachte ich mir: Vielleicht hat sich Härtel einfach abgenutzt und wahrscheinlich ist "Tabellenkeller in der 2. Liga" auch sein realistisches Limit. Und vor allem setzte man mit Patrick Glöckner auf eine kreative Lösung, anstatt einfach nur einen Retter zu holen und im nächsten Herbst nach dem nächsten Retter zu suchen. In einem stabileren Umfeld wird der diese Mannschaft schon entwickeln können... Copium nennt man das auf Neudeutsch.

Denn Glöckner führte diese Mannschaft souverän in den Abstiegskampf. Also sie nahmen den dann schon wörtlich. Also ja, es gab einen kurzen Dead Coach Bounce, aber es gab auch nur einen Sieg nach 8 Rückrundenspielen. Und vor allem dachte ich mir beim Zugucken immer wieder: So schlecht waren die doch vorher nicht.

Also doch einen Retter verpflichten: Alois Schwartz kommt praktisch vom direkten Konkurrenten aus Sandhausen. Es ist seine 5. Zweitligastation. Sein einziger Erfolg war das Erreichen der Relegation gegen den Hamburger SV. Aber gerade verglichen ist es halt eher eine uninspirierte und kurzfristige Lösung: Hauptsache Klasse halten.

Aber auch unter Schwartz änderte sich praktisch nichts, er setzte die Niederlagenserie konsequent fort. Plötzlich stand man auf einem direkten Abstiegsplatz. Und vor allem war man in der Offensive viel zu schlecht. In 7 von 11 Rückrundenspielen blieb man ohne eigenen Treffer. Im Februar erzielte man ein einziges Tor. Am berechnendsten für mich ja das 1:1 gegen Hannover. Also Hansa hatte in dem Moment 1 Tor in 6 Spielen erzielt, aber "dank Dressels Traumtor", welches auch direkt zum Tor des Monats nominiert wurde. Aber diese Szene fasst halt die Offensivbemühungen der Mannschaft perfekt zusammen: Der Gegner muss sich halt richtig dumm anstellen und dann muss auch noch alles passen, damit man mal ein Tor erzielt.

Wenn man das mit einer Verteidigung kombiniert, die nur ein einziges Mal zu 0 spielt, kommt halt Platz 17 raus. Und da man die Karte "Trainerwechsel" schon 2 Mal gezogen hat, sah es auch nicht so aus, als würde irgendjemand diese Mannschaft retten können...

Außer Kai Pröger. Also als Hansa in der Hinrunde noch vernünftig gespielt hat, war Pröger der beste Mann. Jetzt ist er es wieder. Wenn Pröger als Individualist nicht die Kurve bekommt, steht man mittlerweile auf Platz 18. Stattdessen sammelt er plötzlich 4 Scorerpunkte in 3 Spielen.
Also um das nochmal zu verdeutlichen: Wir reden immer noch von der Mannschaft, die vorher 8 Spiele gebraucht hat, um 4 Tore zu erzielen. Und Pröger stand dabei die ganze Zeit in der ersten Elf.

Und hier ist das wirklich faszinierende: Es ist nicht so, dass Hansa jetzt deutlich besser spielt, also vorher. Sie haben halt im Wesentlichen gegen Mannschaften, die nicht wirklich gefährlich angreifen, weitgehend souverän verteidigt. Und nach vorne ist es genau genommen immer noch grausam, was sie anbieten. Aber die Stimmung im Stadion war schon geil.

Also sie haben halt gegen Fürth mit einem Distanzschuss Marke "Tor des Monats" in Führung gegangen. Das dürfte da sogar der erste Torschuss von ihnen gewesen sein. Das 2:0 war dann der erste Abschluss im Strafraum. Gegen Kaiserslautern schießt man 2 Mal aus der 2. Reihe, macht aber faktisch auch das 1:0, als man das erste Mal in der gegnerischen Hälfte auftaucht. Und die Vorlage geht an Luthe, dem gegnerischen Torwart, der den ersten Fernschuss auf Pröger prallen lässt. Gegen Regensburg hätte Hinterseer den Abschluss suchen können, geht aber lieber auf den Elfmeter. Pröger macht das besser und netzt mit dem ersten Schuss aufs Tor direkt ein.

Hansa wirkt weiterhin hilflos, wenn sie selber Lösungen suchen müssen... aber wenn ihnen der Ball irgendwie vor die Füße fällt, machen sie den halt rein. Nur gegen Regensburg ging man nicht mit der ersten Chance auch direkt in Führung. Auf die Effizienz, die Hansa gerade an den Tag legt, wäre selbst Union Berlin neidisch...

Und auf ein Mal steht man 4 Punkte vor dem Relegationsrang und hat den Klassenerhalt selber in der Hand. Man ist auf keinen Fall schon durch, aber man hat sich innerhalb von 3 Wochen eine richtig gute Grundlage geschaffen. Ich ging ja vor 3 Wochen davon aus, dass man gegen Sandhausen unbedingt gewinnen MUSS, um überhaupt noch eine Chance zu haben. Jetzt trifft man an diesem Wochenende auf die und kann selbst bei einer Niederlage nicht auf den Relegationsrang abrutschen. Und das war wirklich nicht absehbar.

Aber genau so funktioniert der Abstiegskampf am Ende: Man braucht halt einen guten Lauf, in dem man sich eine ordentliche Grundlage verschafft. Und dann muss man hoffen, dass man drumherum im Eichhörnchen-Prinzip genügend Pünktchen sammelt, damit es reicht.

Also Stuttgart, Bochum, Schalke und Hoffenheim präsentierten sich zwischenzeitlich wie sichere Absteiger. Aber Bochum war zwischenzeitlich 5 Heimspiele infolge unbesiegt... und gewann 4 davon. Schalke hat gerade 3 von 4 Spielen gewonnen. Hoffenheim hat nur eines ihrer letzten 7 Spiele verloren. Stuttgart hat im April nur ein Ligaspiel verloren. Ich hab das ja schon am Montag ausgeführt.

Wenn man mal genau hinsieht, war Hansa nur in 2 Phasen der Saison wirklich zweitligatauglich: Vom 1. bis zum 5. Spieltag, als man Hamburg. St. Pauli und Bielefeld schlagen konnte und nur gegen die Aufstiegskandidaten aus Darmstadt und Heidenheim verlor. Und jetzt an den letzten 3 Spieltagen. Ansonsten blieb man nur am 9. und 10. Spieltag 2 Spiele in Folge ohne Niederlage. Man sammelte aber in den 8 Spielen 18 Punkte. In den restlichen 23 Spielen holte man dagegen nur 16 Punkte.

Das ist auch etwas, was man bei der Analyse der eigenen Situation bedenken sollte, wenn man sich auf eine Saison im Abstiegskampf "einstellt": Am Ende steigt man nicht an den 3 letzten Spieltagen ab, sondern weil man in den Wochen, in denen man wirklich mithalten konnte, zu wenige Punkte geholt hat. 

Nehmen wir da mal die Hertha, die ja die Mannschaft mit der schlechtesten Ausgangslage ist: Die hatten zwischenzeitlich auch eine Phase, in der sie zumindest in den Heimspielen richtig gut aussahen. Also für eine Mannschaft, die ums Überleben kämpft, sahen sie gut aus. In dieser Phase vom 20. bis zum 24. Spieltag holten sie aber trotzdem "nur" 7 Punkte, weil man gegen Mainz eine Führung herschenkte. Und so hat man, statt eine ordentliche Heimserie auszubauen, 8 Spiele in Folge nicht gewonnen und steht deswegen ganz unten. 

Aber wenn die Hertha Fans am Ende ihren Abstieg analysieren, wird niemand mit dem "Hätten wir das Momentum in dem Spiel gegen Mainz weiter ausgebaut" anfangen, obwohl das am Ende der entscheidende Moment gewesen sein könnte.

Mittwoch, 10. Mai 2023

Die Diva vom Main ist zurück!!!

 Es fällt nur keinem auf, weil der FC Hollywood alles überstrahlt. Die 90er sind echt zurück!

Es ist schon faszinierend, wie wenig souverän die alle auftreten. Also Oliver Glasner hat vor nicht mal einem Jahr den größten Erfolg dieses Jahrtausends eingefahren und trotzdem muss man sich jetzt fragen, warum der nicht längst entlassen ist. 

Wobei man sich eher fragen muss, wie dieser Trainer überhaupt diesen Titel holen konnte. Und nur um mal zu beweisen, dass das keine ganz neue Entwicklung ist: Eigentlich hätte man Glasner nach seinem "Ich weiß nicht, wie man Qualität trainieren kann." Statement entlassen können, welches er im März gegen Union Berlin rausgehauen hat. Denn genaugenommen beginnt die Frankfurter Krise genau da. Man lag, auch wenn die Ansprüche im Winter etwas nach oben geschoben wurden, noch im Soll. Seitdem hat man aber komplett den Anschluss verloren. Und wahrscheinlich hat Glasner mit seiner Aussage auch einfach die Kabine verloren.

Denn man muss auch mal feststellen: Die Abwehr, die Glasner als hoffnungslosen Fall dargestellt hat, war zu diesem Zeitpunkt die 7. Beste der Liga. Die hatten 2 Gegentore mehr als Freiburg kassiert. Das sind keineswegs katastrophale Werte.

Vor allem muss man mal eines festhalten: Qualität zu trainieren, ist die entscheidende Aufgabe eines Trainers. Und als kurzes Auffrischungsseminar für den Glasner: Da gibt es 2 grundlegende Möglichkeiten. Mann kann entweder die individuellen Techniken des einzelnen verbessern oder durch gruppentaktische Maßnahmen für eine höhere Stabilität sorgen. Also sich entweder darum kümmern, dass die Spieler im 1 gegen 1 besser werden, oder dafür sorgen, dass sie diese 1 gegen 1 Situationen vermeiden.

Wenn man es mal ganz genau nimmt, hätte man Glasner direkt nach dieser Aussage entlassen müssen, denn er gibt ja öffentlich zu, dass er keine Ahnung hat, wie er seinen Job erledigen soll. Und natürlich ist es während der Saison schwieriger an den Stellschrauben zu drehen, aber trotzdem bekommen es andere Trainer immer wieder hin. Also es ist ja nichts Ungewöhnliches, dass ein Spieler während der Saison vor unseren Augen entscheidende Entwicklungsschritte nimmt. Ich nenne mal Julian Brandt und Nico Schlotterbeck als demonstrative Beispiele, bei denen man das in jüngster Zeit sehen konnte.

Und Dortmund hat ja nicht so viel weniger Spiele absolviert, als die Frankfurter.

Das ist nebenbei das nächste große Problem: Die 43 Pflichtspiele, die Glasner ja anspricht, sollten halt an sich nichts Außergewöhnliches sein. Also ein Überwintern im europäischen Geschäft und zumindest das Erreichen des Viertelfinales sind halt die Ansprüche, die man in Frankfurt mittlerweile hat. Und dann kommt man halt auf 8 Europacup- und 4 bis 6 DFB Pokalspiele. Zusätzlich zur Bundesliga. Das ist etwas, womit man als Frankfurt rechnen muss.

Nebenbei hatte man ja eine episch lange Winterpause. Also zumindest Makoto Hasebe konnte lange genug die Füße hochlegen... und alle WM Teilnehmer außer Kolo Muani und Kristjan Jakicb sind frühzeitig ausgeschieden. Anders ausgedrückt: Wenn Hasebe wirklich Blut im Urin hat, dann ist er halt zu alt für den Scheiß, den Frankfurt vorhat.

Aber es ist ja nicht nur Hasebe, auch bei Kolo Muani, Daichi Kamada und Mario Götze ist ein deutlicher Formverfall sichtbar. Also zumindest in der Liga, im Pokal-Halbfinale reißen sie sich dann ja wieder zusammen. Und ja, da war Kamada zum ersten Mal in dieser Rückrunde offiziell (also laut Kicker Benotung) "gut". Er hat in 3 Pokalspielen im Jahr 2023 häufiger getroffen, als in 13 benoteten Bundesligaspielen...
Da müsste sich auch ein Glasner selber hinterfragen, warum einige seiner Spieler diese Leistungen nur in K.O. Spielen bringen...

Wobei man an der Stelle fairerweise einschieben muss, dass mit Tuta, Smolic und Jakic viele Defensivspieler ausfallen. Wobei man sich da auch im Kreis dreht, denn ein guter Trainer hätte halt die Flexibilität auf eine Viererkette umzustellen, wenn ihm die Innenverteidiger ausgehen. Aber wenn man nicht weiß, wie man Qualität trainiert... Und Glasner hat halt, laut Transfermarkt.de, seit dem 7. Spieltag einmal das System gewechselt. Eine gewisse Anpassungsfähigkeit gehört halt zum Traineralltag dazu.

Es ist halt echt faszinierend, weil Frankfurt und Glasner vor 6 Monaten noch wie ein Traumpaar aussahen. Seit dem knirscht es aber nur noch, weil Glasner Verstärkungen gefordert hat, die Markus Krösche nicht bezahlen konnte oder wollte. Worauf hin dann (nur um mal festzuhalten, wie lang das schon brodelt) Glasner mit seiner Ausstiegsklausel drohte.  Gleichzeitig wollte Krösche, dass Platz 4 verteidigt wird, was halt schon eine extrem hohe Erwartungshaltung ist. Wenn man die Lage aufmerksam verfolgt hat, ist es gar keine so große Überraschung, dass die Frankfurter einbrechen. Vor allem, weil sie in der Liga ja traditionell einbrechen. Aber dass sie eine Rückrunde spielen, die auf Augenhöhe mit ihrer eigenen Hall of Shame Edition ist, ist schon bemerkenswert.

Aber wenn man es mal sachlich betrachtet, liegt das halt hauptsächlich an der mangelnden Zusammenarbeit von Glasner und Krösche. Also mich erinnert das alles ein wenig an Mirko Slomka und Jörg Schmadtke, die eigentlich grundlegend erfolgreich gearbeitet haben, aber einfach nicht miteinander auskamen, weshalb am Ende alles zugrunde ging.

Vielleicht sollte einem das nicht wirklich überraschen, schließlich war schon Glasners Abgang in Wolfsburg alles andere als geräuschlos. Da hat es nur keiner mitbekommen, weil es halt Wolfsburg war und sich niemand für diesen Verein interessiert.

Das wirklich Überraschende ist ja eher, dass Glasner jetzt noch bis zum Sommer weiterwursteln darf, obwohl sich alle einig sind, dass es so nicht weitergehen kann. Und klar, für die Liga ist das egal, weil es da praktisch um nichts mehr geht, außer um die Fernsehgelder. Also selbst bei 3 Siegen in Folge wird man Leverkusen nicht mehr einholen. Aber dennoch dürfte es spannend werden, wie diese Mannschaft am Samstag gegen Mainz reagiert: Wollen die noch einen versöhnlichen Abschluss MIT Glasner? Oder wollen die, dass jemand anderes mit ihnen diesen Titel einfährt? 

Im Großen und Ganzen würde ich mir trotzdem wenig Sorgen um die Eintracht machen. Ja, das wahrscheinlichste Szenario ist, dass man das Pokalfinale gegen halt mittlerweile richtig gute Leverkusener verliert. 

Ich hab da gerade mal einen Gehirnfurz produziert... Upsi. Das Pokalfinale wird natürlich gegen RB Leipzig ausgetragen, was einem die Teilnahem am Europacup eher sichern dürfte, dass Leipzig ja Champion League spielen dürfte. Manchmal... Vor allem, wo ich doch noch letzte Woche darauf hingewiesen habe, dass Bayer in der ersten Runde ausgeschieden ist.

Wenn man die europäischen Wettbewerbe verpasst, ist auch Kolo Muani weg. Dazu wird mit Dino Topmöller ein vollkommen unbekannter Trainer ohne vorzeigbare Erfahrung in der ersten Reihe als Topkandidat gehandelt.

Aber Krösche hat halt auch einen Steffen Baumgart gefunden. Und Frankfurt wird 100 Millionen für Kolo Muani bekommen, die man dann in neue Stürmer investieren kann. Wie ich ja bereits ausgeführt habe, war Frankfurt in den letzten Jahren immer extrem gut darin, die entscheidend wirkenden Trainer und Spieler zu ersetzen.

Andereseits... Schaue ich auf die Überschrift und denke mir: Dass Frankfurt ein schlafender Riese ist, der einfach nur mal wach geküsst werden muss, haben in den 90ern auch alle geglaubt...

Dienstag, 9. Mai 2023

Guckt mal, es geht doch!

 So schwer kann ist es doch gar nicht. Bo Svensson hat sich tatsächlich für seine Reaktionen auf den Elfmeter bei Schiedsrichter Matthias Jöllenbeck entschuldigt und am Ende auch dafür gesorgt, dass diese Entschuldigung "geleakt" wird.

Und klar, für Mainz ist das alles etwas leichter, weil sie nicht mitten in einem Meisterschaftsrennen stecken, sondern sogar dann noch eine erfolgreiche Saison gespielt hätten, wenn sie die restlichen Spiele verlieren. Dennoch ist es schon ein gutes Zeichen, dass Svensson offiziell zugibt, dass er emotional überreagiert hat. Wie Jöllenbeck selber sagt: "Das zeigt Größe und Anstand."

Damit wird aber auch nur deutlicher macht: Bei den Dortmunder Hauptverantwortlichen wird man diese Werte vergeblich suchen. Was aber natürlich auch kein Problem ist, weil ihnen im Nachhinein kaum jemand vorwirft, dass sie mit ihren Aussagen und ihrem Verhalten zur Eskalation beigetragen haben.

Und es traut sich natürlich auch niemand, kritisch nachzufragen und Kehl und Terzic mit den Morddrohungen zu konfrontieren. Denn kritische Fragen zu stellen gehört halt nicht zum allgemeinen Aufgabenfeld der Fussball-Reporter. Zumindest nicht, wenn es um Deutsche Vereine und Verantwortliche geht.

Mehr hab ich jetzt auch gar nicht und eigentlich wollte ich auch nur Svensson loben. Es muss ja nicht jeder Beitrag episch lang werden...

Montag, 8. Mai 2023

Worst of des "Wenn es um nichts geht, sind die auf ein Mal richtig gut!" Wochenendes

 Ok, "um nichts" ist natürlich ein wenig übertrieben. Es ging schließlich zumindest darum, den Anschein eines spannenden Meisterschaftsrennens zu bewahren. Aber es ging eben auch nicht darum, die Tabellenführung zu übernehmen oder zu verteidigen. Und dann spielt sich Dortmund halt auch in einen Rausch.

Nur um das mal festzuhalten: Gegen die 3. beste Defensive der Liga erzielt man 6 Tore, gegen die schlechteste nur ein einziges. Aber gegen diese Schlechteste reiste man halt auch als Tabellenführer an, da kann man nichts machen.

Was ich an der Stelle auch nochmal einschieben muss: Ist den Dortmundern Terzic und Kehl eigentlich bewusst, dass sie mit ihren Aussagen zu den Morddrohungen gegen Sascha Stegemann beigetragen haben? Denn sie haben ja eindeutig die Schuld für die verspielte Tabellenführung beim Schiedsrichter gesucht und nicht bei dem Fakt, dass man sich in der 2. Halbzeit viel zu wenige Chancen erspielt hat.

Ich möchte da mal ganz konkret auf Edin Terzics Analyse zum 1:0 und dem Foulspiel an Emre Can eingehen. Also er sagt am Ende selber "Und daraus entsteht das Tor. 12 Sekunden später." ZWÖLF SEKUNDEN. Das ist im Fußball, wo Angriffe häufig nach 8 Sekunden entweder erfolgreich abgeschlossen oder abgewehrt werden, eine Ewigkeit. Man hätte selber genügend Möglichkeiten gehabt, dieses Tor nach dem Foulspiel zu verhindern, der Zweikampf im Mittelfeld war keinesfalls die letzte Möglichkeit einzugreifen. Anstatt aber selbstkritisch damit umzugehen, dass eine spielerisch beschränkte Mannschaft wie der VfL Bochum so lange den Ball in der Dortmunder Hälfte halten kann.

Also um das mal festzuhalten: Wenn ein Terzic sich hinterher hingestellt hat und deutlich sagt: "Der Elfmeter war eine klare Fehlentscheidung, aber wir müssen hier halt trotz so eines Fehlers des Schiedsrichters gewinnen und dafür müssen wir in der 2. Halbzeit anders auftreten und uns mehr Strafraumszenen erarbeiten.", dann gibt es vielleicht die Morddrohungen nicht. Aber er kippt da als Verantwortlicher fleißig weiter Öl ins Feuer.

Was ich im Eifer des Gefechts am Freitag sogar nachvollziehen kann. Aber gab es danach wenigstens mal so einen "Aha" Moment, in dem man Stegemann vor den eigenen Fans verbal schützt? In dem man sich öffentlich hinstellt und deutlich sagt, dass Morddrohungen gegen irgendwelche Menschen gar nicht geht und dass es nicht sein kann, dass ein Schiedsrichter nach einem Bundesligaspiel Polizeischutz in Anspruch nehmen muss? Natürlich nicht. Es gibt zumindest öffentlich keinerlei Selbstreflexion, dass man zu diesem Problem mit beigetragen hat. Und auch nicht die Erkenntnis, dass seine eigenen Aussagen solche Auswirkungen haben könnten. Das ist halt echt schade.

Hans Joachim Watzke macht zumindest eine halbherzige Ansage an seine eigenen Fans. Mehr kommt da aber auch einfach nicht. Aber wahrscheinlich ist es auch zu viel erwartet, schließlich haben Trainer und Spieler noch nie weiter als die aktuellen 90 Minuten gedacht. Es war ja nicht mal der krasseste nicht gegebene Elfmeter mit Adeyemi's direkter Beteiligung in dieser Saison. Aber das letzte Mal hat diese Fehlentscheidung den Dortmundern 2 Punkte beschafft hat, deswegen blendet man diese Fehlentscheidung einfach aus... Faszinierender Weise war jeweils Sascha Stegemann der Schiedsrichter. Die Dortmunder Fans bedrohen jetzt also genau den Schiedsrichter, dank dessen Fehlentscheidung sie langfristig gerechnet erst zur Tabellenführung kamen...

Am anderen Ende ist es echt faszinierend, wie die Abstiegskandidaten plötzlich punkten. Also Schalke spielt still und heimlich schon die gesamte Rückrunde über eine sehr solide Saison.18 Punkte in 13 Spielen ist eine Bilanz, die mindestens fürs gesicherte Mittelfeld reichen sollte. Der VfL Bochum holte 9 Punkte aus 9 Spielen. Das sollte eigentlich auch reichen, wenn man wie ich davon ausgeht, dass man mit 32 Punkten die Relegation erreichen wird. Und klar, Bochum hat lange nicht mehr gewonnen, aber sie haben halt trotzdem 5 überraschende Bonuspunkte gegen Leipzig, Union Berlin und Dortmund geholt. Nur sind diese "Bonuspunkte" plötzlich ihre einzige Lebensgrundlage. Der VfB Stuttgart war vor der eigentlich unnötigen Niederlage gegen die Hertha 4 Spiele am Stück unbesiegt. Hoffenheim holte zwischenzeitlich 3 Siege in Folge und dann einen Punkt gegen den designierten Meister aus München. In der Summe sind sie bei 13 Punkten aus den letzten 7 Spielen. Und gerade, als es richtig hoffnungslos aussah, holt die Hertha plötzlich einen elementar wichtigen Heimsieg. Das Ergebnis: Selbst Augsburg ist trotz 3 Spielen ohne Niederlage noch nicht wirklich weg.

Normalerweise würde eine dieser Serien reichen, um sich im Abstiegskampf einen ordentlichen Puffer zu erarbeiten. Also ich werde das morgen mal an einem Beispiel aus der 2. Liga verdeutlichen, wie das normalerweise läuft. Da aber alle irgendwie einen (gemessen an den sonstigen Abstiegskandidaten) Lauf haben, bleibt es unten erstaunlich eng.

Um das mal zu verdeutlichen: An den letzten 2 Spieltagen haben die 6 Kellerkinder zusammen 14 Punkte geholt. Die 6 Mannschaften oben kommen im gleichen Zeitraum auf 20 Punkte. Ich hätte da einen größeren Unterschied erwartet... obwohl der Tabellenführer so gut wie nie punktet. Der Tabellenletzte sollte dies aber ebenfalls nicht tun.

Das ist halt super faszinierend, weil alle Mannschaften von Bochum bis Hoffenheim mit einem "Wenn wir so weitermachen, packen wir das... zumindest über die Relegation" Gefühl in die letzten 3 Spieltage gehen könnte. Trotzdem muss es einen von denen noch erwischen. Und selbst die Hertha, die als Nächstes gegen schon gerettete Kölner und dann zu Hause im direkten Abstiegskrimi gegen Bochum antreten müssen, sind noch nicht endgültig weg. Wie lange ist es eigentlich her, dass der Tabellenletzte 3 Spieltage vor Schluss noch realistische Chancen auf den Klassenerhalt hat?

Rechnen wir das mal kurz nach: 3 Punkte Rückstand auf den Relegationsrang hatte der Tabellenletzte zuletzt 2014/15. Das ist verdammt lang her. Und das war damals einer der legendärsten Abstiegskämpfe aller Zeiten, weil Hannover und Stuttgart mit einem starken Finish noch direkt rettete... während die eigentlich schon gesicherte Hertha fast noch unten reingerutscht wäre, weil sie nur noch einen Punkt holte. Und wie spannend das am letzten Spieltag ablief, kann man hier in einem SZ-Ticker nochmal nachlesen. Also nur um zu verdeutlichen, wie viel Feuer in diesem Abstiegskampf stecken könnte.

Donnerstag, 4. Mai 2023

Wie unfähig ist eigentlich die DFL?

 Die hatten eine einzige Aufgabe. Und jetzt flucht der 1. FC Köln auf Bayer Leverkusen und einen Regionalpolitiker, weil die ihren Scheiß nicht auf der Reihe haben. Als könnte Leverkusen was dafür. Und ja, man sollte viel mehr die DFL hinterfragen, als Leverkusen kritisieren. Und als Köln... ich sage mal so: In anderen europäischen Ligen gibt es da mehr Solidarität, wenn es um das Verlegen von Ansetzungen vor wichtigen Europacup Spielen gibt. Für Barca wurde das zum Beispiel regelmäßig gemacht.

Also um das mal kurz aufzuschlüsseln: Die konkrete Anstoßzeit wurden am 23.3.2023 angesetzt. Da wusste man bereits, dass

1. ) Die Woche davor der DFB-Pokal ansteht, aber sowohl die Kölner als auch die Werkself haben sich mit identischen Ergebnissen in der ersten Runde aus diesem Wettbewerb verabschiedet. Sie waren also in der englischen Woche vorher nicht im Einsatz, man konnte die Partie also ganz entspannt überall hinlegen.

2. ) Wussten alle, dass sich die Kölner bereits nach der Gruppenphase aus der Conference League verabschiedet haben. Die haben also wirklich nur noch die Liga und man muss da auf nichts Rücksicht nehmen.

3. ) Es stand die Ansetzung von Leverkusen gegen Union Saint-Gilloise bereits fest. Also es stand auf jeden Fall fest, dass eine deutsche Mannschaft nur noch eine Runde von einem Halbfinale Anfang Mai entfernt waren. Dass es da terminliche Probleme geben wird, hätte man ahnen können.

4. ) Wer ein grundlegendes Verständnis von Geografie und Fußball-Geschichte hat, der weiß, dass Köln gegen Leverkusen ein sogenanntes Derby ist. Ein Spiel, welches man durch Flutlichtatmosphäre weiter aufwerten kann. Und vor allem können die Fans beider Vereine nach dem Feierabend problemlos aus Köln anreisen, was bei einem Spiel wie Werder Bremen gegen Bayern München nicht möglich wäre. 

Sprich: Wenn man seinen Job ordentlich macht, setzt man dieses Spiel direkt am Freitagabend an, dann erspart man sich die ganze Diskussion. Aber das Mindeste, was man hätte machen müssen, ist ja: Dieses Spiel auf den Samstag zu legen. So wie man das bei den Bayern selbstverständlich gemacht hat. Es würde doch niemand auf die Idee kommen, die Bayern vor einem Champions League Spieltag am Sonntag antreten zu lassen... Aber wenn da kein N am Ende ist, macht man das einfach?

Nebenbei könnte man auch mal infrage stellen, ob es vernünftig ist, einen der 3-4 Hauptprotagonisten im Abstiegskampf schon am Freitag antreten zu lassen. Und auch das war ja absehbar. Also, dass Schalke da mitmischen wird. Für die direkte Konkurrenz wird es Auswirkungen haben, wie diese Partie ausgeht. Deswegen wäre es auch fairer, wenn die möglichst am Samstag spielen. Zumindest, wenn das einfach machbar wäre.

Vielleicht übersehe ich da ja irgendwas. Aber falls das so ist (da sind wir wieder bei der Kicker.de Kritik), teilen mir die Medien die Gründe, warum man das Spiel nicht gleich am Freitag ansetzen könnte, nicht mit. Als kritisches Medium sollte man sich viel mehr damit beschäftigen, wie die DFL das so verkacken konnte.

Dienstag, 2. Mai 2023

Passives Abseits Leser wissen es früher: Challenges! Bitte Jetzt!

 Ernsthaft? Hat es eigentlich irgendjemanden überrascht, dass der VfL Bochum gegen Borussia Dortmund gepunktet hat? Selbst dem Kicker ist aufgefallen, dass der Tabellenführer dieses Jahr, um nur etwas zu übertreiben, so gut wie nie gewinnt. Zumindest, wenn es sich nicht um den FC Bayern handelt. Oder Union Berlin. Es ist wieder mal der Nachweis, dass es nur eine Variante gibt, wie der Rekordmeister den Titel nicht schon wieder holt: Wenn sie am 34. Spieltag patzen.

Lustigerweise führt der Kicker auch aus, dass Borussia auch ihre Tabellenführung in der Saison 2019/20 sofort wieder verspielte. Aber selbst die kriegen ja nicht raus, wann Dortmund das letzte Mal eine Tabellenführung verteidigt hat. Wobei das gar nicht sooo schwierig ist, es war am 2. Spieltag der bereits angesprochenen Saison

Das eigentlich Traurige ist ja, dass die Borussen jetzt die Schuld bei dem Schiedsrichter suchen können, weil sie ja 3 Mal krass benachteiligt wurden. Ok, alle sachlichen Kritiker sprechen nur von einem Vorfall, aber wer will schon sachlich auf die Dinge gucken.

Aber das ist der größte Teil des Problems: Dortmund Vorstandsabteilung sehen sich hinterher als großes Opfer, weil sie Fehlentscheidungen sehen, wo gar keine waren. Und dann fragt Sebastian Kehl sich, was hier wohl los wäre, wenn das dem FC Bayern passiert wäre... Worauf der Kommentator eiskalt mit "Vielleicht hätte er ein Tor mehr geschossen." antwortet. Vielleicht? Eher wahrscheinlich.

Denn man muss auch einfach mal festhalten: bei einem Abstiegskandidaten musst du auch trotz einer krassen Fehlentscheidung gegen dich gewinnen, wenn du Meister werden willst. Und das eigentliche Problem war halt, dass von den Dortmundern in Halbzeit 2 viel zu wenig kam. Manuel Riemann musste in Halbzeit 2 halt nur 2 Bälle abwehren. Das ist viel zu wenig. Es ist ja nicht so, dass man an einem herausragenden Torhüter gescheitert ist, sondern man hat es nicht geschafft einen im besten Falle durchschnittlichen Torwart wirklich zu fordern. Man hat sich gegen die schlechteste Abwehr der Liga viel zu wenige Großchancen erspielt. Und das ist das eigentliche Problem. Damit müsste man sich viel mehr beschäftigen.

Aber dass die Dortmunder auf 3 krasse Fehlentscheidungen gesehen haben wollen... macht das Spiel zu einem Lehrbuchbeispiel für die Challenges. Gebt einfach jeder Mannschaft 2 Mal pro Spiel die Gelegenheit, eine Fehlentscheidung zu überprüfen. Wenn sie beide Male recht behalten hat, bekommen sie noch eine dritte Chance. Dafür wird der Kölner Keller abgeschafft, denn der Schiedsrichter geht dann ja eh auf Wunsch in die Review Area. Das würde ALLE VAR Probleme lösen.

Und man könnte anhand des Lehrbuchbeispiels Dortmund auch erklären, wie eklatant es sich auswirken kann, wenn man wegen angeblicher Ungerechtigkeiten seine Challenges wegwirft. Also Dortmund hätte ja anscheinend den Zweikampf vor dem 1:0 zwischen Hofmann und Can überprüfen lassen. Anstatt dies mit 180er-Puls und wahrscheinlich feuchter Aussprache zu machen, könnte Erdin Terzic das dann aber in aller Ruhe vermitteln: Hey, wir haben das so gesehen, gucke dir das mal an. Was alleine schon für einen wesentlich respektvolleren Umgang miteinander führen könnte, eigentlich sogar müsste.

Dann guckt sich Stegemann das Bild nochmal an und wir gehen mal von der Sportschau Analyse "Den muss man nicht pfeifen" aus. Damit zählt das Tor dann trotzdem und Dortmund hat nur noch eine Challenge. Diese verwenden sie dann natürlich für den Elfmeter, der ja auch als krasse Fehlentscheidung eingeschätzt wurde. Also von allen Beteiligten inklusive des Schiedsrichters. Nun verschießt Dortmund diesen Elfmeter aber, um das Gedankenexperiment fortzuführen. Und weil Elfmeter abwehren das einzige ist, was Riemann wirklich beherrscht. Vor allem müssen wir halt mit einem 1:1 in das letzte Handspiel gehen. Da kann der BvB dann keine Challenge mehr fordern, weil sie das ja beim ersten Versuch verspielt haben. Die Dortmunder würden dann lernen, dass man seine Möglichkeiten nicht leichtsinnig wegwerfen sollten und würden das nächste Mal vielleicht sachlicher auf die entsprechenden Szenen gucken.

Wenn man dann noch hinzufügt, dass jedes "Der Spieler rennt mit Schaum vorm Mund zum Schiri" von dem mit einem "Willst du das überprüfen lassen? Bist du sicher? Nein? Gut, dann geht es weiter" deeskaliert werden würde. Das ganze Spiel wäre so viel angenehmer. Ich verweise da gerne auf das olympische Beachvolleyball Turnier, wo es mir extrem aufgefallen ist, dass die Spieler*innen ganz ruhig und sachlich zu den Schiedsrichter*innen gegangen sind und ihnen erklärt haben, was sie überprüft haben wollen. Ganz ohne jegliche Aggressionen oder Beleidigungen... Und die nötige Disziplin im Umgang mit den Schiedsrichtern müssten die Trainer ihren Spielern einprügeln, sobald die ein Mal mit leichtfertigen Forderungen diese Möglichkeit verspielt haben.

Dass man darüber diskutieren sollte, ist jetzt ja selbst dem Kicker aufgefallen. Nach 5 Jahren. Großartig. Das ist ja für mich immer das enttäuschende an unseren angeblichen Fachmagazinen: Die sollten eigentlich die Vorreiter bei solchen Diskussionen sein. Dasselbe betrifft ja auch das Handspiel, wo ich seit Jahren darauf warte, dass mal jemand erwähnt, dass einen Elfmeter dafür zu vergeben einfach hart ist und man eine angemessene Strafe finden muss. Und ja, erst wenn der Schritt angegangen wird, werden wir eine Lösung für die Handspielproblematik finden. Aber das eigentliche Problem wird ja von niemanden benannt, deswegen kann man da auch nicht an Lösungen arbeiten.

Auch bei neuen Ansätzen zum VAR müsste da eigentlich viel früher viel mehr kommen als ein "Die Regelhüter der Fifa wollen das eh nicht, deswegen müssen wir uns keine Gedanken machen." Amerikanische Medien können das nebenbei, auch wenn da nicht immer alles so ernst gemeint ist. Aber demonstrativ diskutiert TheRinger.com hier darüber, ob die NFL ihre Draftregeln ändern sollte. Also nur als aktuelles Beispiel.

Wann hat der Kicker das letzte Mal irgendeine derartige Diskussion losgetreten? Oder federführend geführt? Das muss Jahre her sein. Die verwalten halt auch nur den Status Quo und feiern sich dann ein Mal im Jahr, weil sie das eine Mal beim beinah Konkurs von Borussia Dortmund wirklich investigativen Journalismus betrieben haben. Und das wollen die Besten sein, die wir haben.

Der "So funktionieren Challenges bei anderen Sportarten, das sind die Auswirkungen und so könnte man das im Fußball implementieren" Artikel hätte man vor 3 Jahren schreiben müssen. Und dann verweist man immer wieder darauf, wenn es mal wieder Probleme gibt und erwähnt, dass ein Challenge System diese Situation einwandfrei gelöst hätte. Denn es ist ja seit 3 Jahren offensichtlich, dass das mit dem VAR so nicht funktionieren wird. Stattdessen wartet man darauf, dass so ein VAR-Fehler eventuell die Meisterschaft entscheidet und macht dann wenigstens mal eine Umfrage zu dem Thema. Man rennt halt nur hinterher, anstatt vorzudenken.