Mittwoch, 28. Juni 2023

Wie kaputt der DFB eigentlich ist

 Sieht man ja an den Aussagen von Rudi Völler. Und damit auch an der gesamten Personalie "Rudi Völler". Der ist halt so was von eine Fehlbesetzung, wenn man eine Aufbruchsstimmung erzeugen will.

Also einer der sinnvollsten Sätze zur Nationalmannschaft kam ja von Didi Hamann, der gerne einen Carlo Ancelotti oder einen Zinedine Zidane als neuen Nationaltrainer. Auch wenn ich mir Zidane in der Rolle gar nicht vorstellen kann und man, so dumm das klingt, als Nationaltrainer vielleicht die Sprache sprechen sollte, die die alle verstehen... obwohl, das hat Jogi Löw ja auch nicht aufgehalten.

Aber die Logik, dass mal jemand von außen auf den DFB gucken sollte, ist mehr als nachvollziehbar. Das ist halt so was von dringend nötig. Aber die gesamten Strukturen sind halt so kaputt, dass dieser "jemand" nicht unbedingt auf der Trainerbank sitzen sollte.

Man müsste mal dringend auf der Position des Managers jemand externes einstellen, der wirklich kritisch auf all die Grundlagen guckt. Der ganz sachlich fragt, was "wir" früher anders gemacht haben und was "die anderen" jetzt besser machen. Es würde sogar helfen, wenn dieser jemand gar keine Fußballvergangenheit hat, sondern als reiner Logiker, Wissenschaftler oder Wirtschaftler da rangeht. Solange es nicht Friedrich Merz ist, der behaupten wird, dass der grüne Rasen Schuld ist, kann das nicht schaden.

Nebenbei haben selbst die Frauen gerade "nur" 2:1 gegen Vietnam gewonnen. Also ich persönlich hoffe ja darauf, dass sie die Kohlen aus dem Feuer holen und mit der Regenbogenbinde ein erfolgreiches Turnier spielen, damit allen auffällt, dass es gar nicht an der Binde lag... Aber das erste Testspiel reiht sich eher in die Leistungen der A- und U21-Nationalelf ein.

Und man muss auch an der Stelle festhalten, dass auch die Damen ihre absolut überragende Rolle im europäischen Fußball bereits eingebüßt haben. Die anderen Nationen haben da auf- und überholt. Sowohl auf Vereins, als auch auf Verbandsebene. Wenn jemand den Laden richtig aufräumt, könnte er da auch gleich mit kehren.

Und Rudi Völler ist, zur allgemeinen Überraschung von niemanden, nicht diese Person. Also er war am Ende nicht mehr die Person, die Bayer Leverkusen voranbringt, sondern wurde dort hauptsächlich in der Rolle des verwirrten, alten Onkels, der gelegentlich laut flucht, gebraucht. Oh und wo wir schon dabei sind: Der hat als Trainer, Sportdirektor, Teamchef, Geschäftsführer Sport und Klubrepräsentant 0 Titel geholt. Nicht eine einzige Trophäe durfte er sich in den Schrank stellen, seitdem er die Fußballschuhe an den Nagel gehängt hat. Das war vor 27 Jahren...

Und natürlich holt Bayer Leverkusen nicht unbedingt viele Titel. Also nicht im Fußball, bei Olympia sieht das anders aus. Trotzdem hatte man ja immer auch gutes Geld zur Verfügung. Und man wurde ja oft genug Zweiter, um den Titel "Vize-Kusen" zu patentieren. Gerade 2002 war es ja extrem bitter und knapp. Andererseits... war Völler da mit der Nationalmannschaft unterwegs, um auch dort "nur Zweiter" zu werden. 

Aber um das mal eiskalt zu sagen: Vor Völler wurde man 1988 Uefa-Cup Sieger und 1993 den DFB-Pokal. Und dann kam Völler erst als Spieler und dann als Verantwortlicher. Aber obwohl er nur das "Hallenmasters" mit dem Verein gewinnen konnte, galt er irgendwie als Legende, die man ins Management einbinden muss. Nur um dann mit seinem Verein das Scheitern im Titelrennen zu perfektionieren. Und dann ließ er als Nächstes die Konkurrenz an sich vorbeiziehen.

Denn Frankfurt, Wolfsburg, Leipzig, Borussia Dortmund, Schalke und Co. haben ja alle im DFB-Pokal bewiesen, dass man trotz der erdrückenden Dominanz der Bayern in der Liga den einen oder anderen Titel in 25 Jahren holen kann. Und abgesehen von Dortmund waren all diese Vereine in einer schlechteren Position als Bayer Leverkusen, als Rudi Völler ins Management wechselte. Verdammt viele dieser Vereine haben Leverkusen überholt. Und nur so für die Vollständigkeit: der 1. FC Nürnberg hat in den letzten 25 Jahren mehr Titel geholt, als Rudi Völler.

Es gibt also ganz sachlich gesehen keinerlei Hinweise darauf, dass Völler in leitender Position dir irgendwie dabei hilft, irgendwelche Titel zu gewinnen. Er kann nachweislich gut Brasilianer scouten lassen und schafft denen ein Umfeld, in dem sie funktionieren, selbst wenn sie vorher bei Real Madrid gescheitert sind... aber wie hilft einem das bei dem Ziel Europameister zu werden?

Völler hat halt einfach einen legendären Ruf, weil er 1990 Weltmeister wurde. "Beide ham wir unsern Rudi, wir haben ihren nie bespuckt." Das ist aber auch alles. Oh und er hat die erste Ausgabe der Champions League gewonnen, Ehre, wem Ehre gebührt. Aber man muss am Ende auch festhalten, dass "nur 3 Titel" in seiner Vita stehen. Die holt ein İlkay Gündoğan in einer Saison... (Auch wenn es mehr Titel sind, als Harry Kane geholt hat...) Er war sicherlich ein guter Spieler, aber war er wirklich so überragend, dass man den auch mit Mitte 60 noch vergöttern muss? Anscheinend.

Aber da sind wir ja wieder bei dem ewigen Grundproblem: Unser Faszination mit schlechten Trainern. Oder der Frage, ob gute Trainer einfach nicht zur Nationalmannschaft wollen. Wobei man festhalten muss, dass ein Ralf Rangnick, der für die Position des aufräumenden Sportdirektors perfekt gewesen wäre, nach Österreich zu deren Verband gegangen ist. Den hätte man haben können. Garantiert. 

Fun Fact: Die 11 Freunde haben in einem Kommentar geschrieben, dass "ein Bes­serer war zum dama­ligen Zeit­punkt auch nicht auf dem Markt" gewesen sein soll... während Thomas Tuchel arbeitslos war. Ich wiederhole mich da gerne: Dass der DFB es anscheinend nicht mal versucht hat, Tuchel von der einzigartigen Chance "seine Nationalmannschaft" bei einem Turnier "im eigenen Land" zu betreuen, beweist nur, wie dumm die Verantwortlichen da sind. Und dass dann ein Fachmagazin den Namen Tuchel komplett ausblendet, wenn es um den Posten des Nationaltrainers geht, und so einen Scheiß schreibt, ist bezeichnend für den Zustand des Fachjournalismus in diesem Land.

Jedenfalls, und auch das ist hier keine Neuigkeit, ist es für den DFB wichtiger Welt- oder Europameister geworden zu sein. Eine erfolgreiche Vergangenheit, egal in welcher Funktion, ist wichtiger, als eine tatsächliche Qualifikation als Trainer oder Manager. Die einzigen Ausnahmen sind Sepp Herberger und Erich Ribbeck. Ribbeck wurde aber sicherheitshalber mit Uli Stielike ein Europameister zur Seite gestellt. Denn ohne diese Turniererfahrung kann man ja kein erfolgreicher Nationaltrainer sein.

Und jetzt fällt es einem halt endgültig auf die Füße, dass man sich einfach weigert, ordentliche und kompetente Menschen einzustellen. Unabhängig von ihrer Verbindung zum Verband. Einfach nur, weil die nachgewiesen gute Arbeit geleistet haben. Und das halt auch auf der Manager-Ebene.

Deswegen wird der Nachfolger von Hansi Flick halt auch Stefan Kuntz werden, auch wenn der in der Türkei gerade böse verkackt. Aber der wurde halt 1996 Europameister... und hat die U21 erfolgreich betreut. Was will man mehr? Denkt an mich, wenn diese Entscheidung nach der EM getroffen wird...

Um nochmal deutlich zu machen, wie verwirrt Rudi Völler mittlerweile ist: Bei seinem Amtsantritt war er noch sehr optimistisch, dass man um den EM Titel mitspielen kann. Nach dem Kolumbien Spiel spricht er der Mannschaft dann die nötige Qualität ab. Jetzt ist "Das Material" doch gut genug, um "im September die Kurve zu kriegen." Was denn nun?

Völler dreht sich da komplett im Kreis... und den einzigen, den er von der Kritik ausnimmt, ist halt der Trainer, obwohl das doch genau die Personalie ist, die er am ehesten unter die Lupe nehmen sollte. Also zumindest, wenn er seinen Job ordentlich macht.

Als Nächstes fällt mir auf, dass die nächsten Testspielgegner Japan und die USA sind. Die USA haben sogar ein Heimspiel. Da frage ich mich doch auch wieder, wer diese Pläne macht. Vielleicht hat man ja irgendwelche Verpflichtungen... aber ist es wirklich notwendig, ein Jahr vor einem Turnier in der Heimat Werbung für den Sport auf einem anderen Kontinent zu machen? Es wird vor allem dann lustig, wenn auch das Team USA hauptsächlich aus Europa-Legionären besteht. Die können dann im selben Flugzeug um die Welt fliegen. Das wird schön. Und nebenbei wird so viel geflogen, dass man nur ein Testspiel absolvieren kann. Hey, immerhin kann man sich damit auch nur ein Mal blamieren, dass wäre doch ein Fortschritt.

Aber ganz ehrlich: Wäre es nicht sinnvoller, vor der EM... radikale Idee... gegen Gegner zu spielen, auf die man auch beim Turnier treffen könnte? Oder die einen ähnlichen Stil und auf einem ähnlichen Niveau spielen, wie die Konkurrenz im Turnier? Also, damit man sich auf genau dieses Turnier vorbereitet.
Und klar, das ist etwas schwieriger, wenn man als einziger keine Qualifikation spielen muss.

Aber gut, wenn man gegen die europäische Konkurrenz keine Chance mehr hat, muss man sich halt das Selbstvertrauen gegen andere Gegner holen... Aber auch diese Ansetzungen sollte man mal kritisch hinterfragen. Aber dafür ist Völler halt definitiv der falsche Mann.

Donnerstag, 22. Juni 2023

Läuft wie ein Länderspiel

 Oder: Anscheinend kann man als Bundestrainer einfach nicht entlassen werden. Und zurücktreten ist für Hansi Flick auch keine Option, obwohl bei seiner "Vorleistung" selbst CSU-Abgeordnete über einen Rücktritt nachdenken würden.

Um das mal ganz deutlich zu sagen: Irgendjemand muss nach diesem Lehrgang entlassen werden. Und wenn es nur irgendeine Dam ist, die man als Bäuerinopferin raushauen kann. Also einfach nur, weil dieser Lehrgang, wie Niclas Füllkrug es deutlich ausgesprochen hat, vollkommen sinnlos war. Eine reine Zeitverschwendung. Alles, was wir jetzt wissen, ist ja, dass es so nicht weitergehen kann.. Und wer das vorher noch nicht wusste, sollte beim DFB keinerlei Entscheidungsgewalt haben.

Wobei man da nochmal festhalten muss: Dass Füllkrug relativ wenig gespielt hat, ist wahrscheinlich die richtigste Entscheidung, denn es geht ja immernoch darum, dass Havertz, Gündogan, Kimmich und Musiala sich endlich einspielen können.

Da war die Aufstellung gegen Kolumbien schonmal grundlegend interessant. Also die Frage, ob Gündogan als Halbstürmer hinter Havertz funktionieren kann, muss dringend mal geklärt werden. Es wäre natürlich hilreich gewesen, wenn er dann auch einen Kimmich hinter sich gehabt hätte.

Man muss ja auch mal festhalten, dass Gündogan bei Man City genau diese Rolle durchaus gespielt hat. Also wenn die Automatismen stimmen, wäre das durchaus eine vorstellbare Aufstellung. Vielleicht mit Musiala rechts neben Gündogan, vielleicht mit Musiala neben Kimmich. Oder man stellt fest, dass man doch einen noch richtigen Stürmer braucht und zieht Havertz zurück neben Gündogan und bringt doch Füllkrug. Aber das hätte man alles genau jetzt ausprobieren müssen. Also 3 Spiele lang und nicht nur 60 Minuten.

Stattdessen hat Hansi Flick dem Präsidenten Neubauer versichert, "dass wir im September eine Mannschaft sehen werden, die anders auftritt als zuletzt." Dabei muss man festhalten, dass "anders" nicht dringend "besser" bedeutet. Noch hat man nur gefühlt alle Möglichkeiten, sich in Testspielen zu blamieren, durchgespielt. Da geht bestimmt noch was.

Der Hauptgrund, warum man Flick entlassen sollte, steckt für mich nebenbei in einer beinah nebensächlichen Aussage: "Ich werde kompromisslos meinen Weg gehen." Wenn Flick das, was er gerade anbietet, als kompromisslos bezeichnet, dann ist der Mann einfach zu dumm um diesen Posten zu übernehmen. Denn anscheinend fehlen ihm dann grundlegende Deutschkenntnisse.

Kompromisslos wäre es gewesen, einen Gündogan hin und wieder aufzustellen und nicht 4 Länderspiele am Stück pausieren zu lassen. Also ohne, dass der jemals offiziell verletzt war. An der Stelle muss halt noch ein kleiner Disclaimer rein, weil wir nicht genau wissen, wie die "familiären Probleme" die Gündogan hatte, ausgesehen haben. Aber wenn es was wirklich ernstes gewesen wäre, hätte man das ja durchaus kommunizieren können. Für mich klingt das halt nach "Oh, die Jugendweihe meines 3. Cousins ist so wichtig, dass ich da mal die Beine hochlegen muss."

Und es gibt halt keinerlei Entschuldigungen dafür, dass Gündogan gegen Polen nicht im Einsatz war. Oder dass Kimmich und Gündagon insgesamt 0 Sekunden lang gemeinsam auf dem Platz standen. Das sind alles Kompromisse, die Flick eingegangen ist. Damit ist seine Aussage widerlegt. 

Was die deutsche Nationalmannschaft halt eigentlich bräuchte, ist eine einfache Zusage: Wer zum Turnier will, muss vorher bei allen Testspielen anwesend sein. Selbst wenn du irgendwelche Verletzungen hast, kommst du zum Lehrgang. Und wenn du einsatzfähig bist, dann spielst du. Wenn du darauf keinen Bock hast, dann sage das gleich, dann planen wir mit anderen. Natürlich hätte das dazu geführt, dass Gündogan zurücktritt und Thomas Müller bleibt, aber immerhin wüsste man dann, wer wirklich Bock hat.

Und dieses ewige Rumgeeiere mit den Testspielen in "Die werden so nie wieder gemeinsam auflaufen" Formationen wäre endlich vorbei. Denn der eigentliche Schluss ist doch, dass man sich das nicht mehr leisten kann. Früher ging das, jetzt braucht man die Testspiele, um sich einzuspielen.

Noch viel dringender als Hansi Flick müsste nebenbei Rudi Völler entlassen werden. Denn der beweist gerade, dass er nur einen Gehaltsscheck einsteckt, ohne irgendetwas zu machen oder zu bewirken. Er labert halt am Ende nur Scheiße... was niemanden überraschen sollte. Eigentlich sollte er doch diesen Sauhaufen auf Vordermann bringen. Und vor allem sollte er derjenige sein, der jetzt die konsequente Entscheidung trifft und Flick rauswirft. Stattdessen verteidigt er Flick und schiebt den Spielern die Schuld zu. Also er spricht ihnen die grundlegend notwendige Qualität ab.

Schlüsselzitat: "Hansi Flick ist wirklich die ärmste Sau, weil er diese Spieler zur Verfügung hat." Das ist wahrscheinlich das dümmste, was Rudi je gesagt hat... und der gilt in diesem Blog als Hall of Shamer. Wir müssen nochmal festhalten, dass Rüdiger, Havertz, Gündogan, Goosens und all die Bayern-Stars in den letzten 4 Jahren in einem Finale der Champions League standen. Der Kader ist immernoch verdammt gut besetzt.
Vor allem ist es aber einzig Flicks Schuld, dass Kimmich und Gündogan nie gemeinsam auf dem Platz standen. Und natürlich klinge ich dabei wie eine kaputte Schallplatte, aber das ist halt die entscheidende Personalie im Zentralen Mittelfeld. 

Oder anders ausgedrückt: Er hätte bessere Spieler zur Verfügung gehabt, er hat sich nur geweigert, diese gemeinsam aufzustellen. Damit ist auch Völlers Aussage widerlegt. Damit ist auch der nutzlos und gehört entlassen.

Samstag, 17. Juni 2023

Wegen großer Nachfrage verlängert:

 Bescheidene Leistungen und beschissene Ergebnisse der DFB-Elf. Wobei die Nachfrage ja nicht mal vorhanden ist, schließlich haben seit 2020 (oder dem bedeutungslosen Testspiel nach einer heftigen 0:6 Pleite gegen Spanien) so wenige Menschen ein Länderspiel gesehen. Aber was soll ich sagen: Mich hat's gefreut. Das einzige, was die Situation noch besser machen könnte, sind Gerüchte über eine Rückkehr von Thomas Müller... Oh, warte, diese Gerüchte gibt es auch schon. Nice.

Lasst mich das mal so sagen: Falls Rudi Völler seinen Job wirklich ernst nimmt, entlässt er Hansi Flick postwendend, wenn der wirklich den Müller zurückholt. Er veröffentlicht dann folgendes Statement:

Müller war für Deutschland:
- Der schlechteste Offensivspieler bei der EM in Frankreich.
- Der schlechteste Offensivspieler bei der WM in Russland.
- Der schlechteste Offensivspieler bei der EM in Europa.
- Der schlechteste Offensivspieler bei der WM in Katar.
Es könnte ein Zusammenhang zwischen den immer dürftiger werdenden Ergebnissen und Müllers Leistungen bestehen. Deswegen muss man einfach mal was Neues ausprobieren. Vor allem, weil wir genügend junge und talentierte Optionen haben. Wenn der Trainer das nicht sieht, ist er einfach der falsche Mann auf dieser Position und wir müssen uns neu umgucken, auch wenn das drastisch wirkt.

Wobei... eigentlich sollte man Flick aufgrund seiner Experimente direkt entlassen. Also lasst uns mal eines festhalten: Der Mann hat gerade genaugenommen eine einzige Aufgabe: Ein System finden, in dem Gündoğan, Musiala, Havertz und Kimmich gemeinsam existieren können. Diese 4 sind die mit Abstand besten "Offensivspieler", die diese Mannschaft zu Verfügung stehen. 

Das ist halt auch problematisch, weil alle 4 am liebsten Zentral spielen. Und weil Kimmich und Gündoğan als Doppelsechs vielleicht zu offensiv denken. Also muss man sich mit der Frage beschäftigen, wen von denen man auf die Außen zieht. Genauso wichtig ist die Frage, ob Havertz als alleiniger Mittelstürmer funktioniert, oder ob man für den einen Partner braucht. Das bekommt man aber alles nur raus, wenn die 4 auch mal gemeinsam spielen. Die müssen dringend eine Synergie entwickeln. Denn anscheinend ist es keine Selbstverständlichkeit, dass diese guten Fußball sich auch gut ergänzen.

Tom Bartels hat ja richtig erkannt, dass das deutsche Offensivspiel im Wesentlichen aus "Wir geben Musiala den Ball und hoffen, dass dem was einfällt" bestand. Dieses Problem wird man aber nicht beheben, in dem man einen anderen Schlüsselspieler auf die Bank setzt. Aber dieses Problem zu beheben ist wesentlich wichtiger, als die Frage, ob man mit Dreier oder mit Viererkette spielt, weil für diese 4 eine eingespielte und stabile Formation finden, ja auch das "Die Gegner laufen ständig in Überzahl auf unsere Verteidiger zu" Problem lösen würde.

Es ist ja auch darauf hingewiesen worden, dass die Teamkollegen von Gündoğan schon wieder im Einsatz waren, während der sich noch die Eier kraulen durfte. Irgendwann muss man auch mal anfangen, auf die EM hinzuarbeiten und aufhören, Rücksicht auf die Vereine zu nehmen.

So wie Flick sich bisher präsentiert hat, wird er jetzt ja als nächstes Kimmich und Musiala eine Pause gönnen, auch wenn er sich das eigentlich nicht mehr leisten kann. Dann werden die 3 Schlüsselspieler im Zentralen Mittelfeld vielleicht mal eine Halbzeit gemeinsam auf dem Platz gestanden haben. Was auch nur bedeutet: Diese Testphase wurde komplett verschwendet.

Da muss die Frage, inwieweit man sich das noch leisten kann, erlaubt sein. Also Deutschland hat bei den letzten 3 Turnieren kein einziges K.O. Spiel gewonnen. Sie standen selbst bei der EM, wo die besten Gruppendritten weiterkamen, kurz vor dem Ausscheiden. Diese Blamage wurde nur durch einen Goretzka-Treffer in der 84. Minute verhindert.

Eine der wenigen Punkte, bei denen ich Jogi Löw gelobt habe, war ja seine Belastungssteuerung in den Testspielen. Damals haben aber die Leistungen bei den Turnieren gestimmt, deswegen konnte man sich das erlauben. Vor allem konnte man damals halt auch auf Boateng, Hummels, Lahm, Schweinsteiger, Kroos, Müller und Klose setzen. Dazu brachte man einen Götze von der Bank. Man hatte einen stabilen Kern aus Bayern-Profis, die sich im Verein einspielen konnte. Der einzige "Fremdkörper" im Offensivspiel war Mesut Özil. Da hatte man halt eine ganz andere Basis.

Jetzt spielen 2 der Schlüssel halt bei Man City und Chelsea. Man trifft sich wirklich nur zu den Lehrgängen... oder noch nicht mal dort. Wir schießen uns halt selber konsequent in den Fuß, weil wir unsere genialen Füße nicht gemeinsam aufstellen. Es ist schon faszinierend, wie konsequent sich der Flick weigert, einfach mal seine 4 besten Spieler aufzustellen. So in 2 aufeinanderfolgenden Spielen. 

Was ich mich an der Stelle auch frage: Hören die Fans der anderen Nationen auch ständig den "Eine Mannschaft, die so noch nie zusammengespielt hat und wohl auch nie wieder zusammen spielen wird" Satz hören? Das fällt ganz selbstverständlich in jedem Freundschaftsspiel mit deutscher Beteiligung und wird immer als Ausrede genommen, wenn nicht alles funktioniert und die Automatismen fehlen. Und wenn dann genau diese Automatismen auch bei dem Turnier fehlen, gucken alle geschockt. 3 Turniere in Folge.

Ganz ehrlich: Man hätte nach einem der letzten 3 enttäuschenden Ergebnisse einfach mal aufhören müssen, auf die Vereine Rücksicht zu nehmen. Einfach mal jede Gelegenheit nutzen, um die besten Spieler aufzustellen, damit man dadurch dann endlich mal die grundlegenden Probleme abstellen kann. Und wer dann darauf keinen Bock hat, wie Toni Kroos, der muss halt zurücktreten.

An der Stelle muss man nochmal erwähnen, dass ein Luka Modrić trotz seines hohen Alters und der anstrengenden letzten Jahre 119. Minuten gegen die Niederlande auf dem Platz stand. Der Mann gönnt sich mit 37 Jahren weniger Pausen, als Gündoğan mit 32. Und Modrić ist ja nicht der einzige "alte Sack" in der Mannschaft. Man muss auch einfach mal festhalten, dass die Motivation der Kroaten, sich für die Nationalmannschaft den Arsch aufzureißen, einfach eine andere ist. Wenig überraschend haben die auch wesentlich mehr Erfolge vorzuweisen, als die Deutschen, obwohl sie definitiv in der Breite den schlechteren Kader haben. 

Mittlerweile sollte halt jeder erkannt haben, dass "wir" nicht mehr den Vorsprung haben, um Zeit in sinnlosen Experimenten zu verschwenden. "Früher" ging das, aber die Zeit ist einfach vorbei.

Donnerstag, 15. Juni 2023

Und jetzt etwas komplett anderes

 Wobei man bei den derzeitigen Leistungen ja doch hinterfragen muss, ob die Energie Cottbus schlagen würden... Aber ja, heute kümmern wir uns um die Aufstiegsregelung der Regionalligen und kommen dabei auf das eigentliche Problem.

Claus Dieter Wollitz flucht ja schon vorher auf den DFB, weil die Aufstiegsregelung für alle halt brutal ist. Man muss an der Stelle auch fairerweise einschieben, dass er nach dem Scheitern nur die eigenen Fehler durchgeht, was ein vernünftiger Ansatz ist. Aber es ist schon lustig, dass das inhaltlich sinnvolle Interview in einer bescheidenen Audioqualität kommt.

Aber Wollitz schlägt damit in dieselbe Kerbe, in die ja alle immer wieder schlagen: Der Meister der Regionalligen muss aufsteigen. Alles andere ist unfair. Das muss sich doch was tun.

Und dann wird allen aber bewusst, dass man dafür die Ligen auf 4 herunter kürzen müsste. Denn 4 Absteiger aus einer 20er-Liga scheint vernünftig, aber ein Viertel der gesamten Liga herunterzuschicken ist halt keine Option. Allein deswegen wird der 5. Absteiger niemals kommen. Die Drittligisten werden das verhindern. Also müsste man die Regionalligen neu aufteilen.

Der nächste auf den ersten Blick logische Schritt ist es ja, dann die Regionalliga Bayern abzuschaffen. Also das war auch immer mein erster Impuls: Warum gönnen die sich eine eigene Regionalliga, wenn das alles nur unnötig kompliziert macht. Das ist doch total unfair.

Aber dann wurde mir halt auch bewusst, dass die Bayern den mitgliederstärksten Landesverband beim DFB stellen. Die haben 1,6 Millionen Mitglieder. Und klar, andere Bundesländer haben ihre Verbände in kleinere Zellen unterteilt... Also in Nordrhein-Westfalen spielen in der Summe mehr Spieler. Dafür, dass die ihre Macht lieber aufteilen, können aber die Bayern nichts.

Nordrhein-Westfalen bringt uns zu einem anderen Problem. Denn in diesem Bundesland leben mehr Menschen, als in all den eigentlich gar nicht mehr so neuen Bundesländern und Berlin zusammen. Trotzdem hat die ehemalige DDR ihre eigene Regionalliga, das ehemalige Braunkohlegebiet aber nicht...

Und hier kommt jetzt der ganz harte Cut: Die Aufteilung der Regionalligen ist eines dieser "Wir haben halt die Wiedervereinigung verkackt" Symptome. Dass 30 Jahre später die aus der DDR hervorgegangenen Verbände auf ihre eigene Liga bestehen, kann halt einfach nicht funktionieren, wenn die Infrastruktur und die Bevölkerungszahlen diese Liga einfach nicht hergeben.

Also all die Leute, die für eine 4-gleisige Regionalliga sind, denken wahrscheinlich, dass man die Linien irgendwo in der Mitte ansetzen würde und dann geografisch faire Grenzen zieht. Auf der DFB Karte scheint das ja auch einfach machbar. Dann bleibt der Nord/Osten so, wie er ist. Bayern, Baden-Württemberg und Hessen machen den Süden, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und das eine Fußballfeld, welches wir das Saarland nennen, machen den Westen und der Norden besteht aus Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Hamburg und Bremen. Klingt doch direkt fair.

Bis einem bewusst wird, dass im NOFV 13 Millionen Menschen leben, und in Bayern und Baden-Württemberg 23 Millionen. Sprich: Eine faire Aufteilung ist so nicht möglich.

Diese "Faire Aufteilung" würde halt sachlich gesehen eher so aussehen: Sachsen und Thüringen gehen zu den Bayern und bilden mit denen eine Regionalliga. Sachsen-Anhalt, Brandenburg, Berlin und Mecklenburg-Vorpommern wechseln in den Norden. Der Südwesten besteht aus Baden-Württemberg und Hessen. Der Rest nennt sich Regionalliga West. Dann würde jede Regionalliga ungefähr 1/4 der deutschen Bevölkerung repräsentieren.

Dass diese Aufteilung so niemals kommen wird, liegt aber nur bedingt an den Bayern, sondern auch ganz klar am NOFV. Denn die Vereine dort wollen nicht, dass ihnen die ganzen lukrativen Ostdebys genommen werden. Aber sprecht mal auf einem DFB Bundestag an, dass der NOFV gesprengt und anders aufgeteilt werden müsste. Oder dass sie zumindest ihre eigene Regionalliga aufgeben und sich da aufteilen müssten. Die Vereine und Vertreter würden auf die Barrikaden gehen.

Vor allem geht es ja auch viel zu vielen Vereinen im NOFV mit dieser Regelung viel zu gut. Also als de facto Leipziger kann ich euch sagen, dass sowohl Chemie als auch Lok extrem froh darüber sind, dass sie mittlerweile 2 bis 3 Mal im Jahr auf halbwegs ordentlichem sportlichen Niveau und weitestgehend friedlich ihre Derbys vor 5.000 Fans austragen können. Die wollen gar nicht aufsteigen, die wollen nur ganz entspannt in der Regionalliga spielen. Und ja, die würden natürlich in dieselbe Regionalliga eingeteilt werden, aber ob beide das Niveau haben, um dort dann auch die Klasse zu halten, ist fraglich. Mich würde es schon überraschen, wenn sich mehr als 6 der derzeitigen Teilnehmer der Regionalliga Nord/Ost in der Neuaufteilung langfristig etablieren würden.

Man muss sich dann auf ein Mal mit Vereinen messen, die ganz andere wirtschaftliche Voraussetzungen haben. Da würden verdammt viele dieser NOFV Vereine in der Oberliga verschwinden. Wollitz sagt da, bevor er zu seinem DFB Rant ausholt, eine ganz bittere Wahrheit: Energie Cottbus ist halt der einzige Verein, der sich vorher den Aufstieg als Ziel "auf die Fahnen geschrieben" hat. Alle anderen würden einen Aufstieg vielleicht mitnehmen, aber sie arbeiten gar nicht gezielt darauf hin.

Was auch vernünftig ist, gerade in Leipzig hat dieses Verlangen unbedingt aufsteigen zu wollen zu verdammt vielen Pleiten und Konkursverfahren geführt. Es tut halt allen Beteiligten in der Stadt gut, dass RB Leipzig den "Hier muss doch eigentlich was mit Profifußball gehen" Druck vom Kessel genommen hat. So können Lok und Chemie einfach und wirtschaftlich gesund in der Regionalliga existieren.

Natürlich würde man, siehe BFC Dynamo letztes Jahr, trotzdem über die Aufstiegsspiele flucht, wenn man sie denn bestreiten darf. Auf die Idee, dass man in einer fair aufgeteilten Regionalliga nie Meister geworden wäre, kommt halt auch niemand.

Wenn jetzt der DFB die eine Lösung gefunden hat, von der 17 der 18 NOFV Mitglieder in der Regionalliga profitieren, dann sind das keine Arschlöcher, sondern dann machen die ihren verdammten Job. Und zwar an der Stelle sogar mal richtig und vernünftig.

Aber für Wollitz und Christian Beck ist es halt einfacher, das leichte Feindbild "DFB" anzugreifen, als praktisch alle Vereine in seiner Liga ans Bein zu kacken. Es ist halt auch leichte, das ganze emotional rauszukotzen, anstatt eine wirkliche Debatte über die eigentlichen Probleme zu reden. Vor allem, wenn alle dieses grundlegende Problem lieber ignorieren.

Und ja, dass die schwachsinnige Aufstiegsregelung existiert, liegt halt auch ganz klar an der Regionalliga Nord/Ost. Das traut sich halt nur keiner zu sagen.

Dienstag, 13. Juni 2023

So schlecht können die doch gar nicht sein.

 Also ehrlich.

Und dabei geht es nicht mal um das einzelne Spiel. Ein 3:3 am Ende einer langen Saison... Shit Happens. Aber grundlegend... Ganz ehrlich.

Das letzte überzeugende Ergebnis der Deutschen war ein 5:2 gegen Italien. Das ist ziemlich genau ein Jahr her. Wobei überzeugend hier auf eine Frage der Perspektive ist: Die einen behaupten, dass man gegen den amtierenden Europameister 5 Tore erzielt hat, die anderen, dass man gegen eine Mannschaft, die die WM verpasst hat, 2 Tore kassiert hat. Beide Aussagen sind zutreffend.

Aber seit diesem Spiel... ok, gegen Spanien hat man zumindest ordentlich gespielt. Gegen Costa Rica hat man ja immerhin gewonnen. Aber wirklich gute und überzeugende Ergebnisse... gab es einfach nicht.

Und klar, Hansi Flick begann "seine Amtszeit" mit einem legendären Lauf... weil er halt gegen Liechtenstein, Armenien, Island, Rumänien und Nordmazedonien antreten durfte. Und dann nochmal Liechtenstein. Das war wahrscheinlich das leichteste Auftaktprogramm aller Nationaltrainer. Aber seit dem...

Gab es ein 2:0 gegen Israel, die nur politisch zur UEFA gehören. Und das schon verlinkte 5:2 gegen Italien. Das waren alle Siege, die man gegen UEFA-Mitglieder erringen konnte. Dazu kommen 7 Unentschieden gegen Holland, Italien, England (2-mal), Ungarn, Spanien und jetzt die Ukraine. Und Niederlagen gegen Ungarn und Belgien. 2 Siege, 7 Unentschieden und 2 Niederlagen... das klingt im besten Fall nach Mittelmaß. 

Und auch gegen die restliche Konkurrenz... hat man sich ja nicht mit Ruhm bekleckert. Ein 1:0 gegen den Oman. Die legendäre Niederlage gegen Japan. Ein wackliges 2:4 gegen Costa Rica. Ein 2:0 gegen Peru. Das reicht alles einfach nicht. Das Problem bleibt dabei immer dasselbe: Die Defensive leistet sich zu viele Ausreißer. Einzig gegen Israel, Peru und dem Oman stand hinten die 0. 

Dabei hat die Mannschaft ja immer noch ein unfassbares Potenzial. Kai Havertz, İlkay Gündoğan (2-mal), Robin Gosens (wenn auch nur als Einwechselspieler), Antonia Rüdiger und all die Bayern standen in den letzten Jahren in einem Champions League Finale. Und klar, ich weise an anderer Stelle regelmäßig darauf hin, dass man den Champions League Sieg mit einem Sternchen versehen sollte. Aber als absolute Gurkentruppe holt man diesen Titel halt auch nicht.

Aber wir haben halt einen Trainer, der lieber auf Füllkrug statt auf Havertz setzt. Auch wenn das natürlich emotionale Gründe hat. Oh und der Musiala und Wirtz auf die Bank setzt, weil er unbedingt mit Dreierkette spielen muss. Immerhin musste er die Gündoğan Frage nicht beantworten. Und ja, Stand 2023 sollte man Kimmich auf die Bank setzen und Gündoğan spielen lassen. Aber der hat halt Charakter, der andere nicht...

Und als Einzelfall wäre das alles kein Problem. Das kann mal passieren. Man kann auch mal seine jungen Spieler schonen, weil ja gerade ein Musiala eh zu viel gespielt hat. Wobei das ja auch für Kimmich und Goretzka zutrifft und die waren unverzichtbar. Aber mit der vorherigen Bilanz.

Hansi Flick hat sich halt wirklich in die Situation manövriert, dass diese an sich belanglosen Freundschaftsspiele plötzlich eine reale Bedeutung haben. Denn für eine Aufbruchsstimmung bei der Heim-EM müsste man schon mal so ein paar begeisternde Spiele anbieten. Aber das krasse Gegeneil ist der Fall.

Kurzer Nachtrag: Mir fiel beim über die Ergebnisse schauen gerade auf, dass die echt ein Freundschaftsspiel in den USA angesetzt haben. Ich freue mich jetzt schon darauf, wie all die Vereine dann rumheulen werden, dass man ja nicht solche Trips machen kann, nur um die Reichweite und den Umsatz zu steigern. Also als Nationalmannschaft darf man das nicht, wenn die Bayern das machen, ist das was anderes...

Mittwoch, 7. Juni 2023

Es ist schon faszinierend,

 Wie sehr man sich im Hamburger Umfeld daran gewöhnt hat, dass man die Klasse hält. Also klar, als "Erfolg" wird das noch nicht gefeiert, aber selbst der vorher so vollmundig den Aufstieg versprechende Tim Walter weist hinterher darauf hin, dass der Unterschied zwischen dem HSV und dem VfB Stuttgart halt verdammt groß geworden ist.
Ok, das eigentliche Problem ist eher, dass man Darmstadt und Heidenheim nicht mehr hinter sich lassen konnte.

Nebenbei ist der HSV echt der einzige Verein, der sich, während er an der Relegation teilnimmt, über diese beschwert. Und deren Fans dann so in den Kommentarspalten: "Wir waren ja schon immer dagegen und können gar nichts dafür, dass die DFL das eingeführt hat"... während genau diese DFL gerade daran gescheitert ist, eine 2/3 Mehrheit für einen Investor zu finden. 

Aber vergleicht einfach mal Tim Walters Haltung zur Relegation mit der von Markus Kauczinski. Einem Trainer, der gerade in seiner dritten Relegation war. Zum zweiten Mal als Unterklassiger Verein. Oder anders ausgedrückt: Das ist die arme Sau, die damals um seinen Bundesligaaufstieg betrogen wurde, weil es einen mehr als fragwürdigen Freistoß für den HSV gab. Der sagte vorher trotzdem "Wir haben davon geträumt, solche Spiele zu machen." Das ist die Haltung, mit der man den Gegner mit 4:0 aus dem Stadion schießt.  

Aber Bielefeld ist ja aus einer anderen Sicht interessant. Denn selbst die V-Männer brennen hinterher ihr eigenes Stadion ab... Wobei man das natürlich verstehen muss, denn wahrscheinlich ist dieser Verein ja ein Resozialisierungsprojekt für V-Männer, die zu Dynamo Dresden geschickt worden sind und jetzt wieder irgendwie auf die normale Gesellschaft losgelassen werden sollen. Da parkt man die ein paar Jahre in Bielefeld, damit die wieder klarkommen... und dann gibt die DFL denen so einen Flashback Trigger. Das waren keine Ausschreitungen, das war PTSD!

In Hamburg sind die Fans mittlerweile so weit, dass sie ihrer Mannschaft, die in der Summe mit 1:6 abgeschlachtet wurde, mit Applaus verabschieden. Keine Randale, keine Spielunterbrechung, keine Verletzten. Kein völlig aufgelöster Fabian Klos vor dem Mikrofon. Kein "Das Spiel stand kurz vor dem Abbruch." Das ist nicht mehr meine Relegation.

Ich dachte, der einzige Grund, warum wir das machen, ist die Eskalation auf den Rängen. Denn schlechten Fußball kann ich ja das ganze Jahr über in der Bundesliga sehen. Aber die wirklich krassen Ausschreitungen bringt mir nur die Relegation!
Und die HSV-Fans so: Ach, was soll's, dafür gibt es nächstes Jahr ein Derby. Ist schön hier. Und mehr Spiele gewinnen wir in der 2. Liga auch hin und wieder. Das ist doch lustiger, als in der Bundesliga auf Platz 15 rumzugurken...

Das lustigste ist diese Kicker Zusammenfassung mit dem Titel "Auf dem Weg zum Zweitliga-Dino". Auch wenn dieser Beitrag den entscheidenden "Die sind in ihrer Vereinsgeschichte noch nie aufgestiegen" Information fehlt. Mal ganz ernsthaft: Warum ist das keine größere Sache? Warum bin ich der einzige, der darauf hinweist? Was machen die ganzen Meme-Ersteller beruflich? Das ist einerseits faszinierend, andererseits halt extrem lustig. Deswegen verstehe ich nicht, warum das sonst keiner aufgreift.

Aber auch ohne diesen elementar wichtigen Hinweis ist der Beitrag einfach extrem unterhaltsam. Also nur noch Holstein Kiel und der FC St. Pauli haben gerade mehr Zweitligajahre am Stück vorzuweisen. Beiden ist, im Gegensatz zum HSV, zuzutrauen, dass sie die Liga verlassen... es steht nur nicht ganz fest, in welche Richtung. Und dann die absolute Perle. Trommelwirbel Bitte:

"In der kommenden Saison werden sie wahrscheinlich aber klettern."

 Der Kicker traut ihnen tatsächlich zu, in der nächsten Saison 8 Punkte einzufahren und damit auf Platz 60 zu steigen. Aber so ganz festlegen will man sich da noch nicht. 

Also ich als Optimist traue denen ja schon so 50 Punkte zu. Mindestens. Wäre ja auch langweilig, wenn die sich wirklich schon im Februar aus dem Aufstiegsrennen verabschieden. Damit ist die entscheidende Frage nicht, ob sie "klettern", sondern ob sie Eintracht Frankfurt mit ihren 357 Punkten einholen können. Ich hab an der Stelle mal kurz nachgeschlagen, ob, für die Poesie, die Eintracht zeitgleich den HSV in der ewigen Bundesligatabelle überholen können, aber 250 Punkte werden die nicht in einer Saison holen.

Frankfurt einzuholen, ohne aufzusteigen, wäre nebenbei wirklich episch. Also es würde den "Unaufsteigbar" Mythos weiter verstärken. Denn dann hätten beide Verein 6 Jahre in der Zweiten Liga verbracht und ungefähr gleich viele Punkte gesammelt. Nur ist die Eintracht in ihren 6 Zweitligajahren mit im Durchschnitt 59,5 Punkten pro Saison nur ein Mal nicht aufgestiegen: In der Saison 2001/02, die wohl als schlechteste der Vereinsgeschichte in den Annalen steht, wurde man Siebter.

Der HSV holt im Schnitt 58,8 Punkte und hat es trotzdem geschafft, nie aufzusteigen. Das ist eigentlich unmöglich, aber die schaffen das. Die schaffen das mit einer beeindruckenden Konstanz. Und nächstes Jahr spielen Schalke und hoffentlich die Hertha wieder mit um den Aufstieg, es wird also nicht leichter.

Als Letztes wollte ich nochmal erwähnt haben, dass sie zwischen den Rolling Stones und Beyoncé Knowles extra nochmal das Stadion "fußballtauglich" gemacht haben, denn eigentlich hatte die Konzertsaison schon begonnen. Für ein am Ende bedeutungsloses 1:3, welches nur für die Fernsehgelder und die Statistik ausgetragen wurde. Jetzt bleibt die Frage, ob der göttliche Segen der Besten den Verein retten kann.

Freitag, 2. Juni 2023

Um das mal festzuhalten:

 Nur weil der HSV bei mir auf ewig das Recht verspielt hat, sich über die Relegation aufzuregen, bedeutet das nicht, dass der VfB Stuttgart sich diesen Rettungsanker verdient hat. 

Man könnte jetzt ja die Tatsache, dass der HSV gestern krass überfordert und mit einem 3:0 noch gut bedient war, nutzen, um sich einzureden, dass dieser Verein ja gar nichts in der Bundesliga verloren hat... aber sie haben sich halt in dem geschlossenen Wettbewerb "Zweite Liga" dafür qualifiziert. Also sie hätten es getan. 

Nebenbei muss man mal festhalten, dass 66 Punkte letztes Jahr zur "Meisterschale" gereicht hätten. Oder sogar in 3 von 4 Jahren. Und seit 2016, als Eintracht Braunschweig mit derselben Punktzahl in die Relegation musste, immer zu Aufstieg gereicht hätte. Ich kann den Frust der Hamburger schon nachvollziehen, aber sie haben halt in ihren beschissenen Jahren zu krass davon profitiert... und Karma is halt ne Bitch

Trotzdem müssen wir an der Stelle auch mal festhalten, dass der VfB den Abstieg auch einfach verdient hätte. Nicht nur, dass der HSV, auch wenn es mir echt schwerfällt, das zu schreiben, den Aufstieg verdient hätte, der VfB hat auch monatelang darauf hingearbeitet, dass man nächste Saison zweitklassig spielt. Da reißt auch dieses eine gute Spiel nichts raus.

Und gerade beim VfB ist das ja richtig traurig, denn diese Mannschaft hat unter Sebastian Hoeneß ihre eigentliche Identität halbwegs wiederentdeckt: Sie sind eine Mannschaft, die richtig guten Fußball spielen kann, der es aber für höheres an Effektivität und Konstanz mangelt. Deswegen holt man einen überraschenden Punkt gegen Dortmund, aber verliert dann unmotiviert gegen die Hertha. Also vom "Wir fordern einen Champions League Teilnehmer" zu "Wir verlieren beim Tabellenletzten" war da halt alles drin. 

Im Schnitt kam man aber mit Hoeneß, also einem potenziell guten und auf jeden Fall entwicklungsfähigen Trainer, auf 2 Punkte im Schnitt. Wenn man das auf die Saison hochrechnet, spielt man damit um die Champions League mit. Auch wenn Hoeneß diese Konstanz garantiert nicht über die gesamte Saison gehalten hätte. 

Auch unter Michael Wimmer als Interimstrainer holte man auf ebenfalls beachtliche 1,7 Punkte im Schnitt. Das ist eine mehr als ordentliche Bilanz, reichte den Verantwortlichen nicht. Man musste unbedingt Bruno Labbadia zurückholen. Eine absolut uninspirierte Entscheidung, die nur dazu geführt hätte, dass man spätestens im Frühjahr 2024 eh wieder auf Trainersuche geht.

Und ganz ehrlich: Labbadia sollte für seine erbrachte Leistung eine Auszeichnung bekommen. Also diesen komischen "Trainer des Jahres" Award, den Florian Kohfeldt in der Vitrine hat. Wie er es geschafft hat, das ja durchaus vorhandene Potenzial dieser Mannschaft komplett zu verstecken. Unter diesem Genie holte man 0,75 Punkte im Schnitt. Man erzielte in den 12 Spielen 11 Tore...  Und das ist eine Mannschaft, die, wenn sie nicht von Bruno trainiert wird, 34 Tore in 22 Spielen erzielt. Diese Mannschaft hat ein unfassbares Potenzial. Gerade in der Offensive. Aber plötzlich spielten die einen absurden Rumpelfußball. Also nicht nur gelegentlich, wie das bei dieser Mannschaft halt vorkommt, sondern auf ein Mal mit genau der Konstanz, die sonst immer fehlte.

Den offensichtlichen Richtungswechsel vom progressiv ausgerichteten Verein mit jungen Trainern, hin zum Dead Coach Bounce Approach, habe ich ja direkt nach der Verpflichtung von Labbadia kritisiert. Das mann dann einen Genki Haraguchi verpflichten wird, habe ich ebenfalls vorhergesagt

Und unter Bruno Labbadia war Haraguchi halt auch Stammspieler, weil sich der Trainer mehr Stabilität versprach. Die erste Amtshandlung von Hoeneß lautete dann, den Japaner als Bankwärmer zu nutzen. Einzig im Pokal und bei der Niederlage gegen die Hertha stand er in der Startelf. Nur 2 Mal wurde er eingewechselt. Stattdessen wurde der 22-jährige Josha Vagnoman als Stammspieler auf der rechten Seite etabliert. Und ja, sein erstes Spiel absolvierte er noch unter Labbadia, aber davor spielte er in 3 Spielen 30 Minuten...

Ganz ehrlich: Wenn ich mich als Verein halt dafür entscheide, mein vorhandenes Potenzial über Monate systematisch zu verstecken, weil ich lieber auf einen alten, etablierten, auf Sicherheit ausgerichteten Trainer hole, als den jungen und an sich erfolgreichen Mann weitermachen zu lassen. Dann habe ich halt auch den Abstieg verdient, auch wenn das für die Liga echt Schade wäre.

Donnerstag, 1. Juni 2023

Wir sind moralisch flexibel.

 Wir wollten ja gar keine Relegation spielen, als wir ein Erstligist waren. Und wir können ja auch gar nichts dafür, dass die DFL das eingeführt hat. 

Das ist so ungefähr die Logik des Hamburger SVs und seiner Fans. Jetzt fällt ihnen auf ein Mal auf, dass die Relegation eine beschissene Idee war. Jetzt positioniert sich Tim Walter offen und fordert eine Abschaffung. Weil es ja unfair ist, dass man nach einer so guten Saison nicht aufsteigt... no Shit Sherlock.

Man sieht daran wieder wunderbar das Grundproblem der Relegation: Solange es mich nicht negativ betrifft, ist mir das egal. Aber wenn ich dann als unterklassiger Verein in diese Spiele muss, dann jammere ich, wie unfair das ist. Gerade als HSV hat man diese Option aber auf Jahrzehnte verspielt.

Um das mal festzuhalten: Die Relegation könnte ganz einfach abgeschafft werden. Es müssten sich nur mal die nicht direkt negativ betroffenen eindeutig dazu positionieren. Die Traditionsfans, die ja auch die Montagsspiele erfolgreich abgeschafft haben. Die Verantwortlichen, die die gerade erfolgreich gegen den Einstieg eines Investors gestimmt haben. Die Trainer, die nicht dran teilnehmen müssen.

Also wenn jetzt ein Frank Schmidt ein "Wir sind so froh, dass wir nicht in die Relegation müssen, denn der Scheiß ist einfach unfair und muss abgeschafft werden", könnte das eine gewisse Wirkung erzielen. Wenn jetzt auch die Fans des VfB Stuttgarts einen Protest gegen diese Spiele starten würden. Wenn die Dortmund Fans, die ja auch gegen das Geld des Investors waren, auch Spruchbänder gegen die Relegation aufhängen würden. Man hat an den Montagsspielen gesehen, wie schnell so was wieder abgeschafft werden kann.

Aber da gilt ja das Grundproblem: Betrifft uns nicht, interessiert uns nicht. Man muss hier zum hundertsten Mal festhalten: Diese Relegation wurde ausschließlich eingeführt, um die Fernsehgelder zu erhöhen. Es ist also genau das, was die Traditionsfans sonst bei jeder Gelegenheit ablehnen. Aber bei der Relegation haben sie einen blinden Punkt: Dass es die auch gibt, ignorieren sie einfach.

Das kann man ja auch an Tim Walter festmachen: Also wenn er Trainer des VfB Stuttgarts wäre, würde er ganz anders über diese Spiele reden. Wenn der HSV, absurdes Szenario, direkt aufgestiegen wäre, hätte er hinterher nicht für die Heidenheimer über die Relegation geklagt. Er macht das nur, weil er betroffen ist.

Dabei ist die Relegation doch wesentlich schlimmer als ein paar Montagsspiele im Jahr. Denn die Montagsspiele haben halt kaum einen Einfluss auf den geschlossenen Wettbewerb. Keine der an den teilnehmenden Mannschaften wird einen extremen Nachteil durch diese Spiele bekommen.

Wenn man sich dagegen den Karlsruher SC anguckt, denen die Teilnahme an der Bundesliga dank einer Fehlentscheidung verwehrt worden ist. Anstatt Abstiegskampf in der Bundesliga hieß es plötzlich Abstiegskampf in der 2. Liga. Und in seiner ersten Drittligasaison scheiterte man wieder an der Relegation an Erzgebirge Aue. Wir sprechen hier bestimmt über 30 Millionen Euro, die die Relegation diesen Verein gekostet hat.

Aber hey, jetzt wo die Montagsspiele abgeschafft und der Einstieg eines Investors verhindert wurde, haben die Fans ja jetzt freie Kapazitäten und brauchen ein neues Feindbild. Vielleicht richten sie den Fokus mal auf das wirklich Schlimme und Relevante. Und vielleicht positioniert sich Walter ja auch gegen die Relegation, wenn er 2025 direkt aufsteigt... mit der Hertha. Denn mit dem HSV wird das ja sowieso nichts werden.