Montag, 24. Juni 2019

Weitere Absurditäten der Frauen-Weltmeisterschaft

Und ja, ich habe Thailand - Chile gesehen. Unter anderem weil ich die Vorstellung, dass ich der einzige Mensch in dem Land bin, der diesen Stream guckt, lustig fand. Aber vor allem, weil im Parallel-Spiel relativ schnell klar war, wie es ausgeht...
Interessant war das vor allem, weil dieses Spiel de facto durch einen an die Latte geschossenen Elfmeter in der 86. entschieden worden ist. Also zumindest der Ausgang der Gruppenphase, denn wenn Lara den ins Tor schießt, steht Chile im Achtelfinale...
Das Absurde daran ist ja... dass der Elfmeter nicht wiederholt worden ist, lag im wesentlichen an der mangelnden Dynamik der Torhüterin... denn sonst hätte sie die Linie garantiert wie alle um 5 CM verlassen und dadurch eine Regelwidrigkeit begangen, die der VAR überprüft hätte...

Klingt übertrieben, ist aber bei Frankreich - Nigeria genau so geschehen. Und das liegt an einem riesigen Problem, der vor allem eine extreme Respektlosigkeit gegenüber dem Frauenfußball ist: Die spielen nach den neuen Regeln der Fifa. Als erste. Quasi als Experimentierfeld für uns Männer. Auch wenn da vielleicht raus kommt, dass die konkrete Regelauslegung vielleicht einfach ignoriert werden sollte.
Gerade der "für uns Männer" Teil muss da explizit erwähnt werden, denn die U21 EM, die zeitgleich stattfindet, wird noch nach den alten Regeln gespielt. Denn es man kann es jungen Millionären, für die es um die Qualifikation für Olympia geht, nicht zumuten, dass sie sich innerhalb weniger Wochen auf neue Regelauslegungen einstellen... Das wäre ja eine absolute Zumutung.

Bei den Frauen dagegen... spielen einige Torhüterinnen jetzt ihr absolutes Karrierehighlight, stehen im Elfmeterschießen, haben eine ganze Nation, die auf sie schaut... ok, zumindest theoretisch... und müssen jahrelang an trainierte Verhaltensmuster plötzlich abstellen, sonst fliegen sie mit Gelb-Rot vom Platz.
Und es reichen halt echt 5 CM, damit der VAR eingreift. Was völlig absurd ist... und garantiert nach dem 5. Spieltag der Bundesligasaison wieder abgeschafft wird, weil die Regelumsetzer erkannt haben, dass das ziemlich dämlich ist da so penibel zu sein.
Deswegen, Captian Obvious incoming, werden die Regeländerungen ja meistens (der 4. Wechsel in der Verlängerung war eine Ausnahme, der wurde mitten im laufenden DFB Pokal eingeführt) im Sommer durchgesetzt: Danach haben dann alle Beteiligten ein 3/4 Jahr Zeit sich darauf einzustellen, bevor dann die wirklich relevanten Ansetzungen kommen. Außer halt bei den Frauen, da drückt man die Änderungen vor nicht nur dem Jahreshighlight, sondern dem Highlight des 4 Jahres Zyklus durch.

Nebenbei ist auch der VAR bei den Frauen praktisch nur für die WM eingeführt worden... und es dauerte natürlich keine 5 Tage, bevor sich über den deutschen Videoassistenten aufgeregt worden ist. Die eigentliche Frage ist doch, warum nach dem Desaster, die die Einführung des VARs in Deutschland war, unsere Schiedsrichter für so was überhaupt genommen werden. Ich würde um die einen großen Bogen machen. So wie Felix Brych das angeblich um seinen Persönlichen VAR Felix Zwayer seit der WM in Russland macht. Aber hey, bei der Frauen WM kann man den Zwayer ja mal ein wenig üben lassen...
Das Ergebnis der Geschichte ist dann... das Kamerun beinah in einen Streik gegangen wären, weil sie einfach nicht verstanden haben, warum das Schiedsrichtergespann ständig gegen sie entscheidet... und jeder VAR-Eingriff zu ihrem ungunsten ausgeht.

Völlig absurd ist dagegen dann die Debatte um die nicht mehr ganz so neue Abseitsregelung von unseren Kommentatoren. Was mich zunächst mal zu der Frage bringt: Ist es eigentlich ein Fortschritt der Emanzipation, dass sich diesen Sommer niemand darüber aufregt, dass die Neumann Fußballspiele kommentiert? Oder ist es ein verdammt schlechtes Zeichen, dass dies diesen Sommer einfach niemand mitbekommt?

Jedenfalls wird ja mittlerweile die Szene laufen gelassen und die Fahne im Nachhinein gehoben. Dies passiert auch bei den extrem offensichtlichen Abseitsstellungen und deswegen wird natürlich gefragt, ob es sinnvoll ist die Damen erst noch all die Meter im Vollsprint laufen zu lassen.
Und dann kam die 64. Minute und Debinha wird steil geschickt, flankt in die Mitte zum 1:1 von Thaisa... und die Fahne geht hoch. Zum Glück nicht gleich, denn dann wäre das Tor nicht gefallen. Denn dieses Tor wurde dann vom VAR tatsächlich bestätigt. Diese eine Szene im Achtelfinale rechtfertigt all die vorher laufen gelassenen Abseitsszenen. Denn in Sachen Abseits gibt es nur 2 Varianten: 1.) Man wendet dort den VAR nicht an und entscheidet gleich. Denn sobald die Fahne hochgeht, wird darauf ja reagiert und der Angriff abgebrochen. Dies ist so absurd, dass ich mich frage, warum die Fifa sich nicht für genau diese Variante entschieden hat, denn es würde zu massiven Ungerechtigkeiten im Fußball führen... und das ist doch deren Motto.
2.) Man lässt die Szenen weiter laufen, hebt die Fahne nach dem Abschluss, sorgt so für definitive Gerechtigkeit, weil es keine Abseitstore mehr geben wird (oder keine Großchancen, die wegen angeblichen Abseits zurück gepfiffen werden) und lebt mit den paar extra Metern. Gerechtigkeit gibt es halt nicht um sonst.
Sich aber als Kommentator über die sinnvolle Anwendung aufzuregen, weil man es nicht schafft bis zum nächsten knappen Abseits und der daraus resultierenden Fehlentscheidung zu sehen...

Nebenbei finde ich es total faszinierend, wie sich die Reaktionen der Spieler jetzt ändert. Also vorher gab es ja auf jede gehobene Fahne eine entsprechende "Auf keinen Fall war ich im Abseits" Geste der Akteure. Jetzt wird der Abschluss doch eher halbherzig gesucht, wenn die Person vorher im Abseits stand... Weil man als Profi natürlich doch relativ genau weiß, ob das jetzt Abseits war oder nicht... Aber zugeben, dass der Assistent Recht hat, war halt nie eine Option.

Und dann gibt es noch die allerletzte Perle. Denn während der WM fiel der Satz: "Es ist ja keine Selbstverständlichkeit, dass sie hier jetzt spielt, schließlich hat sie in der Heimat gegen Rassismus protestiert und das kann einem schon mal die Karriere kosten." Jetzt werdet ihr bestimmt denken: Naja, ist halt ne WM, da nimmt ja auch der eine oder andere Staat teil, der es mit den Menschenrechten nicht so genau nimmt... aber die "Sie" in dem Satz war Megan Rapinoe, die aus Protest (und aus Solidarität mit einem gewissen Colin Kaepernick, dem genau dieser Protest die Karriere kostete) die Nationalhymne der Amerikaner nicht mehr mitsingt.
Ich fand es schockierend, wie selbstverständlich die Information verbreitet worden ist, dass so etwas in einem freien Land eine Karriere beenden kann. Wenn sich die Chinesen so was trauen würden, wäre der Aufschrei groß, aber bei den Amis nehmen wir es Schulter zuckend zur Kenntnis...

Donnerstag, 20. Juni 2019

Warum spielt ausgerechnet Dieter Hecking sich jetzt als Moralapostel auf

und wechselt dann direkt zum Hamburger SV. Also ernsthaft, kann man so was nicht verbieten?

Also hier mal kurz die beiden Probleme mit Hecking und seiner neuen großen Liebe:
1.) Hecking ist als Trainer selber kein unbeschriebenes Blatt. Er ist jemand, der sich selber Ausstiegsklauseln in den Vertrag schreiben lässt und der mitten in der Saison von einem Verein zum nächsten wechselt. Und gerade wenn man sich den Wechsel von Alemannia Aachen zu Hannover 96 nach dem 3. Spieltag der Saison mal genau anguckt... Also Hecking schlägt Peter Neururer, sorgt dafür, dass dieser bereits nach 3 Spielen entlassen wird, was nach Heckings eigener Wertevorstellung viel zu früh ist, und belohnt dann den Verein, der diesen Schritt gegangen ist, mit seiner eigenen Expertise... während er in Aachen einen Scherbenhaufen hinterließ, von dem der Verein sich bis heute nicht erholt hat. Hecking ist halt auch nachgewiesener Weise ein Guter Trainer, der hätte die 4 Punkte, die zum Klassenerhalt fehlten, vielleicht noch geholt. Und ein weiteres Jahr Bundesliga hätte dem Verein bestimmt nicht geschadet. Und Heckings Ruf auch nicht. Aber er musste gleich zu seiner persönlichen Herzensangelegenheit, auch wenn die ihre Trainer damals eher mäßig behandelt haben.

Nur um mal ein Gegenbeispiel zu nennen: ein Ralf Hasenhüttl hätte direkt nach dem Aufstieg auf Ingolstadt scheißen und zu RB Leipzig wechseln können. Er hat sich der Aufgabe Bundesliga mit geringen Mitteln gestellt und sie erfolgreich bewältigt. Er hat seinem Verein den angemessenen Respekt entgegengebracht, er darf diesen jetzt auch einfordern.

Und es ist ja Hecking nicht nur ein Mal passiert. 2011/12 verließ er mitten in der Saison den 1.FC Nürnberg, weil die Perspektive Wolfsburg zu verlockend war. Wieder stieg er aus einem laufenden Vertrag aus, weil er für sich persönlich bessere Chancen bei einem anderen Verein sah. Auch wenn Nürnberg immerhin auch ohne ihn die Klasse hielt... Zum bis heute letzten Mal, aber das ist dann nicht unbedingt Heckings Schuld.

Dass aber jemand, der sich selber nicht so sehr dafür interessiert, wie lange sein Vertrag eigentlich noch läuft, sich jetzt darüber aufregt, dass seine Vorgesetzten dies auch nicht machen... Er selber nutzt seine Gelegenheiten um sich persönlich zu verbessern, warum soll ein Max Eberl nicht die Möglichkeiten nutzen die Trainerposition in seinem Verein zu verbessern?

Und dann wechselt der auch noch zum Hamburger SV. Es gibt wohl kaum einen Verein, der konstant respektloser mit ihren Trainern umgeht. Nur um das mal festzuhalten: die haben Christian Titz entlassen, als sie klar auf Kurs aufstieg lagen... und sich dabei dermaßen verzockt, dass der fest eingeplante Aufstieg verspielt worden ist.

Das sind ja auch keine Ausnahmen. Also der HSV hat in diesem Jahrzehnt 2 Mal nicht den Trainer während einer Saison gewechselt. Dafür haben sie 2 Saison mit 4 unterschiedlichen Cheftrainern... Auch wenn da natürlich der eine oder andere Interims-Trainer dabei ist: Das sind einfach viel zu viele. Und das spricht dafür, dass man beim HSV gerne den Trainer als Sündenbock nutzt, also alles andere als respektvoll mit ihnen umgeht.

Und als Belohnung bekommen sie dafür die nachgewiesene Expertise von Dieter Hecking. Weil er sich, kurz nach seiner Brandrede beim Abschied auf Mönchengladbach. Wenn Hecking wirklich einen anderen Umgang mit den Trainer will, hätte er dem HSV mit der Begründung "Mit Vereinen, die derart respektlos mit ihren Trainer umgehen und sie immer wieder als einzigen Schuldigen opfern, will ich nicht zusammenarbeiten. Und ich rate es allen anderen Trainern, dies auch nicht zu tun. Denn nur wenn solche Vereine feststellen, dass sie ihre Trainer nicht beliebig austauschen können, wird sich etwas ändern."
Aber dazu fehlten ihm dann doch die Eier. Oder das Gehalt beim HSV war zu verlockend. Oder er hat in den paar Wochen schon wieder vergessen, dass er eigentlich ein Problem mit dem Umgang der Vereine mit ihm und seinen Kollegen hat.

Eines steht fest: Wenn Hecking sich demnächst darüber beschwert, wie in Hamburg mit ihm umgegangen wird (und so viel ist sicher: Es geht eher um das "wann" als ums "ob"), dann werde ich kein Mitleid mit ihm haben. Denn er hat es ja so gewollt.

Dienstag, 18. Juni 2019

Was die Frauen-WM uns nebenbei noch beweist,

ist ganz sachlich betrachtet... dass dieses System mit den besten Gruppen-Dritten im Achtelfinale einfach Scheiße ist. Und das ist die diplomatische Formulierung.

Eine Gruppenphase nimmt normalerweise ab dem 2. Spieltag fahrt auf, weil immer mindestens eine Mannschaft gewinnen muss und entsprechend das Spiel angeht. Und am 3. Spieltag gibt es dann regelmäßig alles oder nichts Spiele, in dem im Idealfall beide Mannschaften gewinnen wollen.

Also um ein Paradebeispiel zu nennen (und nicht nur um in Wunden zu pieksen, aber auch): Wenn ihr euch das Südkorea - Deutschland Spiel vom letzten Jahr anguckt... Wo es den Koreanern den Deutschen eben nicht gereicht hat das 0:0 zu verteidigen, sondern wo sie vollen Risiko gehen mussten und die Koreaner dann tatsächlich ein glückliches Tor erzielen. Und wie sich die Koreaner dann nach dem Abpfiff kurz freuen, weil sie denken, sie hätten das Achtelfinale erreicht, nur um kurze Zeit später auch zusammenzubrechen, weil es eben nicht gereicht hat. Genau das macht eine Weltmeisterschaft aus. Und auch eine EM... aber da haben wir es ja abgeschafft.

Jetzt, bei der Frauen-WM erkämpft sich China ein 0:0 mit 1 eigenen Torschüssen. Und kommt damit so gut wie sicher ins Viertelfinale. Also wird nach dem Spiel ausgiebig gefeiert.
Auch wenn der Kommentator das natürlich nicht durchrechnen kann. Da herrscht halt wirklich Gleichberechtigung, wir schicken auch zur Frauen-WM Kommentatoren, die sich nicht so wirklich mit Fußball beschäftigen.

Aber die Konstrukte, wie man mit 4 Punkten nicht in die K.O. Phase kommt, wenn nur die 2 schlechtesten Gruppendritten ausscheiden, sind eher theoretischer noch nicht mal theoretischer Natur. Denn es gibt bereits 2 Gruppen, in denen der Gruppendritte nur noch auf 3 Punkte kommen kann. Damit erreicht China mit einem erzielten Tor garantiert das Achtelfinale... Das kann doch nicht der Plan sein.

Noch absurder wurde es im Abendspiel. Also nicht nur, weil ein Elfmeter wiederholt werden musste, weil sich die Torhüterin 5 cm von der Linie entfernt hat. Die hat dafür Gelb gesehen... wenn diese Regel konsequent angewendet wird, endet demnächst jedes Elfmeterschießen in einem Spielabbruch. Gute Idee.
Aber 10 Nigerianerinnen hatten dann die schwierige Entscheidung zu treffen: Gehen wir aufs Unentschieden, oder verteidigen wir das 0:1? Und wenn man sich anguckt, wie langsam die bei Auswechslungen vom Platz gekrochen sind (hier hast du meine Kapitäninenbinde die ist wichtig), haben sie sich fürs Verteidigen des knappen Rückstandes entschieden. Und das ist ja auch vernünftig so. Denn solange Chile nicht 3:0 UND Kamerun gegen Neuseeland unentschieden spielen, reicht ihnen die knappe Niederlage um weiterzukommen. Bei einem 0:2 oder 0:3 wären diese Varianten praktisch unmöglich, so hat man zumindest eine Chance.

Nebenbei: Wenn der Frauenfußball wirklich so viel fairer und umgänglicher ist, wie alle immer gerne behaupten, hätte Wendie Renard nach dem ersten verschossenen Elfmeter mit Absicht daneben geschossen, weil es eigentlich albern war, dass sie nach ihrem Pfostenschuss wegen 5 Zentimeter nochmal antreten durfte. Aber sie bewies, wie auch die Norwegerinnern (Moneyquote aus dem Kicker-Ticker: "Schön ist es nicht, was Norwegen hier zeigt. Nach einem Eckstoß bleiben zwei Spielerinnen mit dem Ball an der Eckfahne stehen, nur um den nächsten Freistoß rauszuholen."), dass der Mythos vom schöneren und faireren Spiel nicht mehr ist als ein Mythos. Wenn es am Ende um die Wurst geht, werden die Frauen genau so Zeit schinden wie ihre männlichen Gegenparts. Und wenn man dann nicht mehr den längst möglichen Weg zur Auswechslung nehmen kann, dann muss man halt noch dringend seine Kapitänsbinde bei der Torhüterin abgeben. Den wird schon was einfallen. Denn taktisch haben die Frauen echt viel aufgeholt. 

Aber natürlich kann man 10 ausgepumpten Nigerianerinnen schlecht einen Vorwurf machen, dass sie gegen einen der Turnierfavoriten nach einem Platzverweis nicht in der Lage ist, den Gegner unter Druck zu setzen. Aber das man es noch nicht mal versuchen musste, liegt halt am System.

Und das ist ja nur die letzte Fortsetzung dieses Systems. Das Problem beginnt ja eigentlich viel früher. Das "Wir verteidigen nur und spielen rein destruktiv" wird schon an den ersten Spieltagen noch weiter gefördert. Denn ein 0:1 gegen einen "Großen" ist fast so viel Wert, wie ein Unentschieden. Solange man nicht hoch abgeschossen wird, liegt man voll im Soll. Die Argentinierinnen setzten das ja gerade (wie halt auch die Chinesinnen) in Perfektion um: Ein unansehnliches Unentschieden gegen Japan, eine knappe Niederlage gegen England... jetzt braucht man nur noch einen Sieg gegen den Turnierneuling aus Schottland mit einem Tor und ist garantiert im Achtelfinale. Hurra! Genau das brauchen wir doch.

Und das sind ja alles keine Neuigkeiten. Oder Erkenntnisse, die man beim Frauenfußball "gewinnt". Bereits bei der letzten EM hatten wir eine Portugiesische Mannschaft, die ohne einen einzigen Sieg die Vorrunde überstanden hat und hinterher Europameister wurde. Warum auch nicht. Eigentlich sollte es unmöglich sein ohne Sieg die Vorrunde zu überstehen. Natürlich geht es theoretisch, aber eben auch nur theoretisch. Die einzige Mannschaft, die es bei einer WM geschafft hat mit 3 Unentschieden weiterzukommen war 1998 Chile. Da muss schon alles andere perfekt laufen, damit das funktionieren kann. 2010 ist Neuseeland als einzige Mannschaft bei der WM ungeschlagen geblieben und trotzdem nach der Vorrunde ausgeschieden. Was einfach eine lustige Geschichte ist.
Im System mit 24 Mannschaften ist man da so gut wie sicher weiter. Was halt auch dazu führen wird, dass Mannschaften im 3. Gruppenspiel lieber weiter das Unentschieden verteidigen als auf Angriff zu gehen, wozu man früher im Endeffekt immer gezwungen war

Die Gruppenphasen so eines Turniers sind ja eh schon eine eher zähe Sache. Qualitativ Hochwertigen Fußball bekommt man da eher selten zu sehen. Und das "die Kleinen" erst Mal mauern und auf das Beste hoffen, kann ihnen ja keiner vorwerfen. Aber normalerweise kommt so eine Gruppenphase in Gang, wenn am 2. Spieltag die "Wir müssen gewinnen oder werden sehr wahrscheinlich Heim fahren" Dynamik einsetzt. Man siehe auch hier Toni Kroos Knaller aus der 95. Minute.

Die einzige Chance, was dagegen zu tun, ist ja... die Gruppenphase kollektiv mit Nicht-Beachtung abstrafen. So sehr, dass die Werbeanbieter merken, dass niemand ihre Anzeigen sieht und es die Refinanzierungsangebote erst ab dem Achtelfinale gibt. Vielleicht mache ich das ja nächstes Jahr zur EM... Mal schauen.

Wenn euch jedenfalls nächstes Jahr auffällt, dass die Gruppenphase bei der EM absolut grausam ist, dann erinnert euch daran, dass euch das hier bereits ein Jahr im voraus erzählt worden ist. Denn das Problem sind nicht die 22 Geschöpfe auf dem Platz, sondern das System dahinter, welches eine destruktive Spielweise fördert.

Mittwoch, 12. Juni 2019

Das war schon beeindruckend

Vielleicht sogar das beeindruckendste, was ich auf dem Fußball-Feld seit langem gesehen habe.
Also nicht die EM Qualifikation der Deutschen, ich habe das andere Spiel gesehen. Das Relevante...

Aber der Reihe nach. Ich habe vor einigen Tagen gemerkt, dass mir sowohl die Nations League als auch die EM Quali vollkommen egal geworden ist. Vor allem die Quali. Ich wollte quasi gerade dazu ausholen, dass Jogi Löw ja gerade in der Quali nur auf dem 2. Platz liegt, wie kann es sein, dass der noch nicht entlassen worden ist... bis mir bewusst wurde: Ein 2. Platz reicht vollkommen für die direkte Qualifikation... Die dritten kommen in die Play Offs... wir können uns also auf ein "Armenien - Kasachstan" Duell um den letzten Platz einstellen... und darauf habe ich keinen Bock.

Also entschied ich mich dafür, bewusst die Frauen-WM laufen zulassen. Zugegeben hauptsächlich im Hintergrund, während ich andere Dinge machen. Aber gezählt wird offiziell, dass ich die Livestreams gucke. Auch die wunderbar angenehme Halbzeitanalyse gestern. Und mir ist ja vorher erzählt worden, dass die Frauen ja den besseren Fußball zu sehen gibt, weil es weniger Bitchfights auf dem Platz gibt. Da wollte ich mal nach gucken, ob diese Behauptung auch stimmt.

Das erste, was mir da auffiel, war: Es gibt genau genommen keinen wirklich Unterschied zwischen einem Durchschnittlichen Gruppenspiel der Herren und der Damen. Dummer Weise aus den völlig falschen Gründen: 80% der Spiele lassen sich auf ein "Die einen verteidigen verzweifelt irgendwie das Unentschieden, haben aber überhaupt keinen Plan, wie wir selber ein Tor erzielen und hoffen auf den Lucky Punch" gegen "Wir greifen uninspiriert an und hoffen auf eine Standartsituation zum 1:0" herunter brechen. Genau das haben wir doch im letzten Sommer auch so oft gesehen.

Der einzige Grund, warum die Damen ihr Auftaktspiel gewonnen haben und die Herren nicht, ist am Ende der Fakt, dass China die Abwehrpatzer der Deutschen nicht nutzen konnte, Mexiko schon. An sonsten waren sich die Spiele verdammt ähnlich. Was auch verdeutlichen kann, wie absurd das Ausscheiden in der Gruppenphase vor 12 Monaten eigentlich war: Normalerweise holst du als Deutschland selbst dann genügend Punkte, wenn du nicht überzeugst, weil halt irgendein Gewaltschuss rein rutscht. Heute kommt der von eine Gwinn, damals kam er von einem Kroos... Nur hat halt nur einer der Schüsse ein Beben ausgelöst... und das ist dann der einzige Unterschied...

Aber dann... kam aber das 21 Uhr Spiel und ich muss zugeben: Was die Amerikanerinnen gegen Thailand abgeliefert haben, war wirklich krass. Von der ersten Minute an hatte man den Eindruck, dass es hier nur darum gehen kann, wie hoch der Sieg ausfällt. Und dass die Asiatinnen keinen Hauch einer Chance haben. Und dann kam die 2. Halbzeit. Angesehen von einer 20 Minütigen Pause erzielten die Amerikanerin buchstäblich alle 3 Minuten ein Tor. Insgesamt 10 in 45 Minuten plus Nachspielzeit.
Und ja, es gab eine Nachspielzeit. Als der Kommentator irgendwas von "da wird die Schiedsrichterin ja gnädig sein und pünktlich abpfeifen..." dachte ich gleich: Wenn er das macht, werden die Ladys sauer auf sie sein. Und sie belagern, warum es denn keine angemessene Nachspielzeit gab, die hatten doch noch was vor... und natürlich erzielten sie in der 92. Minute noch ein Tor... aus einer Gegenpressing Situation nach einem Abstoß der Thailänderin.
Die waren so giftig und garstig, die sind beim Stand von 12:0 in der Nachspielzeit weiterhin kollektiv ins Pressing gegangen und haben schnell umgeschaltet. Und danach kollektiv genau so gefeiert wie beim 1:0.
Dass das Thailändische Mädchen auf der Tribüne seit der 70. Minute nur noch am Weinen war, war denen doch egal. Mitleid gab es erst nach dem Abpfiff. Und vorher ging es immer nur darum noch ein weiteres Tor zu erzielen.

Normaler Weise sagt eine Mannschaft spätestens nach dem 4:0: Lasst mal langsamer machen. Lasst den Gegner auch mal nen bisschen spielen. Lasst denen mal Luft zum atmen. Und hey, vielleicht dürfen die sogar nen Ehrentreffer erzielen, dann fühlen die sich nicht ganz so schlecht.

Es ist ja auch egal, ob man das Spiel 7:1 oder 13:0 gewinnt.

Und ja, dass Deutschland gestern nur 8:0 und damals nur 7:1 gewonnen hat, lag im wesentlichen daran, dass die Deutsche Mannschaft jeweils gesagt hat: Reicht jetzt auch. Und da haben dann in der 2. Halbzeit jeweils nur noch einzelne Spieler (früher war ein gewisser Lukas Podolski dafür prädestiniert) aus rein egoistischen Gründen (also um das gerade fehlende Selbstvertrauen aufzubauen... oder weil sie als einzige bei dem Schützenfest noch nicht getroffen haben) zielgerichtet aufs gegnerische Tor gespielt. Während sich am anderen Ende des Feldes nur der Torwart aufregt, wenn man das zu 0 nicht hält. Und so macht man es am Ende "gnädig".

Das soll auch alles kein Vorwurf sein. Es ist halt auch der vernünftige Ansatz. Aber gestern war halt mal zu sehen, wie sehr ein Fußballspiel eskalieren kann, wenn die überlegene Mannschaft es nicht "gnädig" gestaltet. Wenn die mit brutaler Konsequenz immer auf das nächste Tor geht. Und wenn diese Gier aufs nächste Tor in der gesamten Mannschaft einfach nicht nachlässt.

Zum Glück gab es das nur im Livestream und nicht im öffentlich-rechtlichen Fernsehen, das hätte bestimmt ein FSK 18 Rating bekommen...

Dienstag, 11. Juni 2019

Der Absurde Fall Leroy Sané

Oder: Kann man die Kirche einfach mal im Dorf lassen und Spieler angemessen bewerten... und ihnen Zeit zur Entwicklung geben?

Denn im wesentlichen lassen sich alle Debatten über Leroy Sané auf ein "Der hat sich mit 23 noch nicht endgültig bei einer der besten Offensivabteilungen der Welt endgültig durchgesetzt und das ist schlecht" zusammenfassen. Aber ist es das wirklich?

Also zum einen muss man mal festhalten: Die Offensivabteilung von Manchester City ist exzellent besetzt. Klar, laut Transfermarkt.de ist Sane der einzige Linksaußen... Aber im Wesentlichen muss Pep Guardiola aus Spielern wie Kevin de Bruyne, Raheem Sterling, Sergio Agüero, Gabriel Jesus, Riyad Mahrez, David Silva und eben Sané ein Offensivquartett basteln. Vielleicht kann er es sich hin und wieder erlauben 5 von den 7 aufzustellen, aber gegen die gefährlichen Gegner wäre es vielleicht sinnvoller gewesen ein zusätzliche Absicherung einzubauen.

Sané ist jetzt... die Nummer 5 oder 6 in diesem Offensivensemble. Mit 23. Und er hat dieses Jahr zum ersten Mal keinen deutlichen Schritt nach vorne gemacht, sondern leistungstechnisch stagniert. Er hatte letztes Jahr mehr Scorerpunkte als in diesem.

Aber Entwicklungen sind halt nicht immer linear. Und natürlich muss Sané in den nächsten 2 Jahren nachweisen, ob er wirklich gut genug ist um in den besten Offensivreihen der Welt Stammspieler zu werden. Aber das mit 23 noch nicht zu sein, ist halt kein Beinbruch.

Fragt euch einfach mal, wer von den anderen Deutschen Offensivkräften bei ManCity eine ähnliche Rolle spielen könnte: Marco Reus ist dafür zu oft verletzt. Serge Gnabry hat gerade einen gewaltigen Entwicklungsschritt, der nicht unbedingt erwartet worden ist, hinter sich... aber dieser Schritt bringt ihn, wenn überhaupt, nur auf Augenhöhe mit Sané. Timo Werner hat eine beeindruckende Bundesliga-Bilanz, aber bisher auch immer für die (relativ) kleinen gespielt und ist "nur" dort Stammspieler gewesen. Ob er sich jetzt bei den Bayern durchsetzen kann oder nicht, könnte eine spannende Frage werden. Aber bei Man City ist er garantiert nicht auf dem Zettel.
Julian Brandt hat sich gerade für die kleinere Adresse in Dortmund entschieden. Julian Draxler musste in Paris (also bei vergleichbaren Personal) eine neue Position erlernen um zum Zug zu kommen... und ist schon 25. Bleibt also... Kai Havertz, der ein absolutes Ausnahmetalent, welches nicht mal von Heiko Herrlich ruiniert werden konnte, ist. Der könnte als einziger der Nationalen Angriffsabteilung mit 23 weiter sein, als es Leroy Sané schon ist.

Und das sollte man mal in Perspektive setzen. Wir haben die ungute Angewohnheit jedes gute Talent mit den herausragenden Talenten wie Lionel Messi zu vergleichen. Und wer dann mit 23 noch nicht Stammspieler ist, der muss sich Gedanken machen. Und sich fragen, ob er in 2 Jahren nicht als gescheitert gilt... obwohl sein Leistungshöhepunkt erst in 4 kommen dürfte.

Das fällt mir halt nicht nur bei Sané auf. Nehmen wir ein neutraleres Beispiel: Renato Sanchez braucht eine Luftveränderung, weil er mit seinen 21 Jahren wesentlich mehr Matchpraxis braucht als die 24 Pflichtspiele, die er dieses Jahr zugewiesen bekommen hat. Denn mit 21 Jahren nur Azubi bei einem der selbsternannten Titelanwärter auf die Champions League zu sein, geht ja gar nicht.

Dabei könnte Sanchez eine ganz normale Entwicklung nehmen: Nach einem überraschenden Debüt-Turnier hat er den 2. Schritt vor dem 1. gemacht, dafür 1 1/2 Jahre lang gebüßt und jetzt könnte er anfangen sich beim FC Bayern zurechtzufinden. Und wenn er mit 22 dann nicht den nächsten Schritt macht und (Leroy Sané-esque) 30 Pflichtspiele macht... dann muss man darüber nachdenken, ob es für ihm auf diesem Niveau reicht. Oder ob er sich erst Mal in der Europa League einreihen sollte, um dann vielleicht später als gereifter Spieler auf die ganz große Bühne zurückzukehren. Sollte alles kein Problem sein.

Ist es aber, weil wir uns von einigen wenigen wirklichen Ausnahmetalenten, denen schon mit 20 der Durchbruch auf höchstem Niveau gelingt, so sehr blenden lassen, dass wir das von allen erwarten.

Dienstag, 4. Juni 2019

Warum dürfen sich Leute, die sich so wenig mit Fußball beschäftigen

hauptberuflich über Fußball schreiben. Ja, schon wieder. Und ich sollte echt Buch führen, wie oft mir das passiert.

Vor einigen Wochen gab es ja den doch recht spontanen Wechsel von Kerem Demirbay von der TSG 1899 Hoffenheim zu Bayer Leverkusen. Nachdem es die Woche davor im Kicker-Interview noch keinerlei Anzeichen gab, dass da was im Busch ist. Aber darum geht es ja nicht, es ist Demirbays gutes Recht sich heimlich und jenseits der Öffentlichkeit mit einem Wechsel zu beschäftigen... oder innerhalb weniger Tage eine neue Entscheidung zu treffen.

Was mich mehr irritiert hat (und das gleich, aber mir fehlte noch das Gegenbeispiel), war ja die Einschätzung, dass dies jetzt ein Paradigmenwechsel bei Bayer wäre. Denn einerseits bedient man sich nicht mehr nur bei kleineren Vereinen, andererseits ist Demirbay kein Kandidat dafür, auf dem Transfermarkt eine höhere Rendite abzuwerfen.

Denn eigentlich sieht der perfekte Bayer Transfer ja so aus: Man holt sich Julian Brandt für 500.000 und verkauft ihn für das 50zig fache.

Da Demirbay aber schon 25 ist und 32 Millionen gekostet hat, kann man ja nicht erwarten... ok, das 50zig fache ist wirklich nicht zu erwarten.

Wenn man sich aber ein bisschen mit Fußball beschäftigt (was ja anscheinend keine Grundvoraussetzung für einen Job beim Kicker ist, aber Details) fällt einem einiges auf.

1.) Bayer Leverkusen hat exakt denselben Transfer vor einigen Jahren schon mal getätigt. Bei Kevin Volland, der ebenfalls aus Hoffenheim kam. Bei genauerer Betrachtung ist Hoffenheim einfach noch ein wenig kleiner als Leverkusen. Nicht nur von der Stadtgröße. Leverkusen spielt halt gerade in 9 von 10 Jahren international. Das fällt halt nur keinem auf, weil es halt nur dieses Chemielabor und kein Traditionsverein mit großem Anhang ist. Aber was die Konstanz betrifft kommen stehen nur Dortmund und natürlich die Bayern vor der Werkself. Wenn man also in Hoffenheim einkauft, bedient man sich weiterhin bei den kleinen.

2.) Demirbay ist erst 25. Es ist eigentlich unfassbar, dass solche Spieler mittlerweile als "alt" gelten. Also als "zu alt um seinen Marktwert weiter zu steigern".

3.) 32 Millionen sind einfach nicht mehr so viel. Die Transfersummen sind halt weiter munter am eskalieren. Und es gibt ja keine Tendenz, dass dies irgendwie aufhören könnte.
Anders ausgedrückt (und da kommt jetzt das Gegenbeispiel): Eintracht Frankfurt kassiert gerade 60 Millionen Ablöse für Luka Jovic von Real Madrid. Wobei, im Detail... gehen 18 dieser 60 Millionen an Benfica Lissabon. Versetzt euch mal in deren Position, die kriegen 18 Millionen Euro dafür, dass sie mit diesem Spieler nichts anfangen konnten.

Natürlich ist Jovic noch 4 Jahre jünger als Demirbay, da ist es einfacher seinen Marktwert zu steigern. Und Real investiert auch in das Potenzial dieses Spielers, sich weiter zu verbessern. Aber ich sag das mal so: Dass er seinen Wert innerhalb eines Jahres von 5 auf 55 Millionen Euro steigert, ist absurd. Vor allem nach einer guten Europa League Saison. Oder anders ausgedrückt: In der Internationalen Zweitklassigkeit.

Wenn Demirbay einschlägt, 2 gute Jahre in Leverkusen hat und 10+X Scorerpunkte in der Champions League sammelt, wird er im Sommer 2021 erfolgreich weiterverkauft werden. Das sind halt die Realitäten auf dem Transfermarkt der Gegenwart.
Wenn Demirbay einschlägt, wird genau das passieren. Und heimlich wird Leverkusen genau darauf hoffen. Schließlich ist der im Sommer 2021 auch erst 27. Wenn er natürlich wirklich zum nächsten Volland wird (also kein Fehlgriff, gerade National mehr als ordentlich, aber halt auch international nur mit 2 Torvorlagen und einem Tor in 3 Jahren), wird Bayer das auch jenseits der dann nicht kommenden Ablösesumme zu spüren bekommen. Weil die Mannschaft dann International weiterhin nur teilnimmt, aber nicht wirklich mitspielt.

Um mal ein weiteres Beispiel für eskalierende Preise zu nennen: Leroy Sané soll gerade für die Bayern unbezahlbar geworden sein. Das ist ein Spieler, den man vor ein paar Jahren für 30 Millionen hätte verpflichten können, wo man aber zugeben muss, dass man diesen Transfer damals verpasst hat. Jetzt hat der sich natürlich in den Jahren auch verbessert, aber so viel, dass man 3stellige Millionenbeträge für ihn ausgeben muss? Ja, genau so viel. Weil er sich nicht nur verbessert hat, sondern die Preise für solche Spieler halt auch weiter gestiegen sind.

Das ist nebenbei etwas, auf das ein gewisser Johannes Bachmeyer, also jemand, der sich mit Fußball beschäftigt hat, bereits vor Monaten in seiner inzwischen vergessenen Brandrede angesprochen: Dass die Bayern in den letzten Jahren auf dem Transfermarkt eher gespart haben, wird sie jetzt richtig viel Geld kosten. Denn für einen Spieler von der Qualität eines Leroy Sané, der vor 2-3 Jahren noch 30 Millionen gekostet hat, werden mittlerweile 60+X Millionen aufgerufen. Also davon ausgehend, dass Sané mit 20 besser war als Jovic mit 21...
Für einen Verteidiger, der einem weiter helfen soll, zahlt man mittlerweile halt auch keine 20, sondern 80 Millionen. Eine Entwicklung, die niemanden, der sich mit Fußball beschäftigt, überraschen sollte.

Und es ist ja auch kein Ende abzusehen. Dementsprechend wahrscheinlich ist es, dass Bayer Demirbay irgendwann gewinnbringend verkaufen kann. Damit passt der genau ins Beuteschema der Werkself, das absurde ist halt, dass Bayer für solche Spieler mittlerweile selber richtig tief in die Tasche greifen muss. Aber die Spirale dreht sich halt nicht nur an der Spitze hoch, sondern überall.

Montag, 3. Juni 2019

Was für ein Grottenkick

Klar, nur gemessen an den Ansprüchen... die meisten Bundesligisten wären stolz darauf gewesen so ein Spiel abzuliefern... aber für ein Champions League Finale, war das ein richtiger Grottenkick.

Normaler Weise sollte dieses Spiel das letzte große Highlight sein. Und dafür braucht man halt auch ein Spiel, an das einen bleibenden Eindruck hinterlässt. Dieser Eindruck muss ja noch nicht mal zwingend Positiv sein. Ein "Sergio Ramos im Rambo Modus entscheidet das Champions League Finale, in dem er Mo Salah verletzt und Loris Karius eine Gehirnerschütterung verpasst" Ausgang hat hinterher immer noch genügend Diskussionsgrundlagen um uns über den Sommer zu bringen. Auch wenn es natürlich schöner ist, wenn man da dann das Spiel des Jahres und Fußball in Perfektion gesehen hat.

Dieses mal... war Joel Matip der beste Mann auf dem Platz. Nichts gegen Matip, aber allein schon, dass der ablösefrei nach England gewechselt ist. Der Liga, wo man mit 30 Millionen Ablöse als Schnäppchen gilt. Matip hat sich, seit dem er Schalke verlassen hat, extrem weiter entwickelt. Bis zu dem Punkt, an dem er bei einem Champions League Sieger ein solider Rollenspieler sein kann. Aber wenn er wirklich Spieler des Spieles werden will, müssen einige wesentlich bessere Spieler weit unter ihren Möglichkeiten blieben.

Dass das ganze dann noch mit einem dummen Handelfmeter begonnen hat... wird jedem Fan erst Mal Flashbacks zur eigenen Saison eingebracht haben. Aber halt nicht die angenehmen Flashbacks, sondern mehr so die "Nicht schon wieder und nicht auch noch hier" Flashbacks...

Dann... hat Liverpool mit ihrer vielleicht besten Offensivreihe insgesamt 3 Mal aufs Tor geschossen. Zwangsweise ein Mal in der 2. und ein mal in der 87. Minute... da schlug der Ball jeweils auch ein. Dazwischen brachten sie anscheinend einen einzigen Ball aufs Tor. Und dazu den James Millner Schuss, der knapp am Tor vorbei ging. Das war aber zwischen der 2. und der 80. Minute der einzige Moment, wo ich kurz aufgeschreckt bin... den da hätte echt ein Tor fallen können.

Tottenham auf der anderen Seite... entschied sich dafür das 0:1 mit souveränen, aber total uninspirierten Ballstafetten zu verteidigen. Also gerade das Tottenham bis zur 80. Minute gewartet hat um mal in den dringend benötigten Angriffsmodus zu schalten. Und dann zeigten sie ja auch, dass sie Liverpool durchaus in Bedrängnis bringen könnten. Aber vorher hatten sie so viel Angst vor dem 0:2, dass sie sich nicht trauten anzugreifen, obwohl sie dringend ein Tor brauchten.
Explizit sei hier auf Heung-Min Sons Beurteilung im Kicker verwiesen, den der war der beste Offensivspieler der Londoner, weil er bis zum Ende kämpfte und sich häufig fest rannte. Das reichte um sich von seinen Kollegen positiv abzuheben...

Dass das 0:2 dann noch nicht mal heraus gespielt, sondern einfach nur eine grausam verteidigte Ecke war... macht das Bild dieses Finales einfach mal rund: Selbst Liverpools Tore (und damit die Hälfte ihrer 4 Torchancen) waren nicht das Ergebnis der eigenen Brillanz, sondern der Inkompetenz des Gegners...

Vergleichen wir das einfach mal mit dem DFB Pokal Finale. Also allein schon in der Ballannahme von Kingsley Coman zum entscheidenden 2:0 steckte mehr Esprit als in jeder Aktion des Champions League Finales. Alle Tore waren vom Schützen überragend gemacht. Und obwohl RB Leipzig deutlicher verloren hat, hatte man das Gefühl, dass die sich wenigstens gewehrt haben. Und das es eigentlich Wahnsinn war (oder Manuel Neuer halt), dass die Bayern bis zur 75. Minute kein Gegentor gefangen hatten.

Und so sehr hier sonst immer über das sinkende Niveau der Bundesliga geflucht wird: Dieses Finale war das bessere Spiel. Vielleicht sogar das beste Finalspiel der gesamten Europäischen Saison, aber da muss ich auf das Urteil von Rudi Völler vertrauen, das sollte man mit Vorsicht genießen... Aber das Pokalfinale hatte all das, was ich von einem Champions League Finale erwarte. Was sich irgendwie seltsam anfühlt.
Oder um Jürgen Klopp zu zitieren: "Ich habe schon mehr als ein Finale verloren, und wir hatten dabei besseren Fußball gespielt"... und klar, ich gönne den Klopp das. Ich hoffe aber, dass er daraus jetzt nicht den logischen Schluss zieht, dass er Scheiß-Fußball spielen lassen muss um zu gewinnen. Das ist immer noch José Mourinhos Job...