Donnerstag, 28. Mai 2020

Das war sie also

Die größte internationale Werbeveranstaltung für die Bundesliga seit dem Champions League Finale 2013.
Die ganze Welt schaute auf das leere Stadion in Dortmund... und das Spiel war dann... faszinierend nüchtern.
Also es zeigte mit aller Deutlichkeit das Grundproblem der Dortmunder: Gegen den Rest sieht das überzeugend aus, aber bei den Bayern stößt man an seine Grenzen.

Und das war kein Einzelfall. Es war eher ein Fortschritt, weil man halt gegen Bayern in ordentlicher Form nur 0:1 verloren hat. Vor allem stieß man halt kollektiv an seine Grenzen. Von Roman Bürki im Tor bis Erlin Haaland in der Spitze. Die in den Vorwochen so überragenden Raphael Guerreiro, Thorgan Hazard und Julian Brandt belegten eindrucksvoll, warum sie (noch) nur bei der Borussia spielen. Und am Ende war Lucien Favre so verzweifelt, dass er Mario Götze brachte... was wie alles, was versucht wurde, wenig brachte.

In der Endabrechnung steht das Handspiel von Jerome Boateng als einziger wirklicher Schockmoment. Also das war der einzige Moment, bei dem ich dachte: Hier könnte jetzt ein Tor fallen.
Wirklich faszinierend war für mich ja die Reaktion der Bayern auf Guerreiros Torschuss in der 75. Minute. Bis dahin spielte sich die 2. Halbzeit im Wesentlichen in der Hälfte des Rekordmeisters ab. Und gerade um die 70. Minute herum wurde tatsächlich so was wie Druck aufgebaut. Aber sobald Dortmund dann auch nur ein Mal ziemlich ungefährlich aufs Tor schoss... zogen die Bayern kurz an, und verlegte das Geschehen in den letzten 10 Minuten einfach mal 10-15 Meter weiter weg vom eigenen Tor. Und plötzlich kam man selber zur Chance zum 0:2.
Da kann man sich noch so sehr einreden, dass die Gelbe Wand gefehlt hat. Dass die Fans die Dortmunder schon noch zu einer beeindruckenden Schlussoffensive angetrieben hätten.. so humorlos und sachlich, wie die Bayern das runter gespielt haben, bin ich nicht so überzeugt davon, dass bei dieser Schlussoffensive mehr passiert wäre.

Was einem natürlich zum eigentlichen Problem führt: Ist man damit jetzt zufrieden oder nicht? Denn wir kommen halt wie immer einfach an die natürlichen Grenzen eines von Favre trainierten Teams: Man ist gut genug, um sich für die Champions League zu qualifizieren (und dort sogar im Viertelfinale dabei zu sein), aber halt keine echte Bedrohung für den Rekordmeister und die Titelanwärter. Man spielt halt genau genommen nicht um Titel, sondern nur mit...
Aber das macht die Lage halt so verdammt schwierig. Denn man jammert halt immer noch auf Hohem Niveau, wenn man über Favre jammert. Man wird halt auch keinen Trainer finden, der definitiv besser ist. Dazu würden 16 andere Bundesligisten ihren Ehrenpräsidenten verkaufen um auf dieses Niveau zu kommen. Trotzdem bleibt irgendwie das Gefühl, dass man aus all den Hochbegabten mehr rausholen könnte...

Nebenbei wird einem halt auch irgendwie bewusst, dass Dortmund still und heimlich ein Torwart-Problem hat. Und das geben sie unbewusst ja auch zu. Also die Dortmunder behaupten ja schon länger, dass sie 2 gleichwertige Torhüter in ihren Reihen haben. Diese Saison hat "Ersatzmann Marwin Hitz" sogar den deutlich besseren Notenschnitt.
Genau genommen bedeutet das halt auch nur: Man hat 2 ordentliche Torhüter, aber keinen überragenden. Und damit muss man sich arrangieren.
Also nehmen wir mal das Unfaire Beispiel des direkten Konkurrenten aus München: Die werden nie behaupten, dass ihr Ersatzmann ja quasi genau so gut wie Manuel Neuer sein könnte. Sie haben halt auch einen der Besten weltweit... Aber überlegt mal selber kurz: Wenn sich Dortmund im Sommer Sven Ulreich holen würde... wäre der dann die Nummer eins in Dortmund? Auf jeden Fall würde es in den entscheidenden Momenten keinen Unterschied machen, ob Bürki oder Ulreich im Tor steht. Und das ist ein schlechtes Zeichen.

Genau genommen ist es vollkommen albern 2 gleichwertige Torhüter im Kader zu haben. Du willst ja eine Nummer 1 haben, die den Unterschied ausmachen kann... und das können in der Bundesliga weniger Torhüter, als man denkt. Und dann will man eine Notfallversicherung für eventuelle Verletzungen (oder ein zu entwickelndes Talent) in der Hinterhand haben... Auch wenn einem bewusst ist, dass diese Absicherung nur für die niedere Konkurrenz ausreichen wird.
Das Problem für die Dortmunder: Es gibt genau genommen höchstens 3 Torhüter in der Bundesliga, die wirklich einen Unterschied machen: Neuer, Sommer und Gulacsi. Und so einen Torhüter zu finden ist verdammt schwer. Lustiger Weise sind Bayern, Gladbach und Leipzig auch die Vereine, die nicht behaupten, dass sie wirklich gleichwertigen Ersatz auf der Bank haben... Gerade in Leipzig haben sie ja betont, dass sie Yvon Mvogo immer mal wieder gebracht haben, weil er dringend Spielpraxis braucht... nicht weil er genau so gut ist, wie ihre Nummer 1.

Praktisch steht man bei der Torhüterfrage vor denselben Problem wie beim Trainer: Gibt man sich mit dem Status Quo zufrieden? Oder geht man ins Risiko und sagt sich: 4. werden wir auch mit anderem Personal, aber mit dem ist vielleicht auch mehr drin?

Vor wir schon beim "Reicht uns das?" sind: warum stellen wir uns die Frage nicht auch bei den Schiedsrichtern?  Die Dienstags-Sportschau begann ja mit Dortmund - Bayern und darauf folgte Werder Bremen - Borussia Mönchengladbach. Und bei beiden frage man sich mal wieder: Warum kriegen wir das einfach nicht hin?
Wobei man hier auch direkt mal Manuel Gräfe und Tobias Stieler aus der Schusslinie nehmen muss. Also sowohl Boatengs Handelfmeter, als auch das Foul von Christoph Kramer an Davy Klaassen kann man in Originalgeschwindigkeit verpassen. Aber genau an der Stelle muss doch der "Kölner Keller" eingreifen und den Schiedsrichter auf den vorhandenen Kontakt hinweisen... Oder darauf, dass Boateng deutlich den Arm ausfährt, was halt entweder grob fahrlässig war... oder aber bewusst passierte.
Aber anscheinend sahen die Videoassistenten in diesen Momenten nichts relevantes. Und das ist halt keine VAR-Frage... das ist eine Frage von Kompetenz. Unsere Schiedsrichter sind halt bei weitem nicht mehr so gut, wie sie mal waren. Vor allem in der Breite. Sobald dieses Problem gelöst worden ist, wird sich das Problem Videobeweis auch lösen...

Der ganz normaler Freiburger Wahnsinn: Die Freiburger haben ein Problem: Wenn sie gut spielen und die klar bessere Mannschaft sind, verlieren sie gegen Werder Bremen... wenn sie an die Wand gespielt werden, wie gegen Frankfurt und Leipzig, holen sie ein Unentschieden... vielleicht sollten sie mal versuchen den Gegner auf Augenhöhe zu begegnen, dann könnte es auch einen Sieg geben. Normal ist es jedenfalls nicht, dass die jeweils deutlich bessere Mannschaft 3 Spiele in Folge nicht gewinnt... Aber gut, für die Bundesliga reicht's auch so...

Die neue, große Heimschwäche: wo wir schon dabei sind: Für die Bundesliga reicht's; In Covid-19-Zeiten gibt es plötzlich... im Schnitt 2 Heimsiege pro Spieltag. Nicht mal, beim Re-Start gewann nur Dortmund im eigenen Stadion. Wenn man dann auf 12 Auswärtssiege an 3 Spieltagen kommt... Als erste Erkenntnis scheinen Geisterspiele in fremden Arenen einfacher zu sein... Oder es wird halt deutlich, dass es vielen Bundesligisten einfach an Qualität fehlt um ohne seine Fans im Rücken sein eigenes Spiel durchzudrücken. Gerade wenn man bedenkt, wie viel besser sich Leverkusen, Gladbach und Wolfsburg in der Fremde präsentierten...
Man könnte quasi behaupten: Die eine Mannschaft, die zu Hause genau so schlecht ist, wie auswärts... ist Schalke 04... die dürften auch gerade diejenigen sein, die sich heimlich über die Geisterspiele am meisten freuen, so bleibt ihnen der Spießrutenlauf nach enttäuschenden Vorstellungen erspart...

Samstag, 23. Mai 2020

Das Kohfeldt Paradoxon

Bevor das Tagesgeschehen diese Geschichte überholt... schreibt man lieber etwas, am Samstag.

Meinem derzeitigen Lieblingstrainer Florian Kohfeldt ist etwas unfassbares gelungen: Er hat anscheinend den Rückhalt der Medien verloren. Und wie hat er das geschafft? Nun ja, er hat offenbar das, was der Kicker über ihn geschrieben hat und was seine Vorgesetzten bei Werder Bremen ihm die ganze Zeit über gesagt haben, tatsächlich geglaubt... und jetzt im Wesentlichen eins zu eins zurück gegeben.
Wobei er ja genau genommen wenig neues sagt. Also dass er seinen Stuhl räumen würde, wenn Werder jemand besseres findet, fiel, glaube ich, vor Monaten schon. Dass er sich immer noch für den Besten Trainer für Werder hält, ist weder größenwahnsinnig noch "tollkühn"... es ist praktisch der einzige Weg, wie er als Bundesligatrainer seine Arbeit machen kann. Also wenn er selber diesen Glauben an seine Arbeit und damit auch an sich nicht mehr vermitteln kann, dann wird seine Mannschaft ihm auf keinen Fall folgen.

Nur um an der Stelle nochmal meine persönliche Position zu Kohfeldt zu verdeutlichen: Ich halte den Mann offensichtlich für überschätzt. Das bedeutet aber nicht, dass ich ihn für einen schlechten Trainer halte. Es ist halt verdammt leicht überschätzt zu werden, wenn alle so tun, als wäre man der nächste Jürgen Klopp oder, weil es halt logisch ist, der nächste Thomas Schaaf. Dabei ist er realistisch eher der nächste Bruno Labbadia.
Und ja, ich musste meine Position zu Labbadia neulich auch revidieren. Also Hertha BSC Berlin den als neuen Trainer vorgestellt hat, dachte ich "Unnötig, denn die Klasse halten sie auch so... aber an sich ein guter Move von Hertha"... Aber Labbadia dürfte die Rückschläge in Form von Entlassungen halt auch gebraucht haben. Und jetzt ist er mindestens ein sehr solider Bundesligatrainer.

Kohfeldt ist halt ein interessantes Trainertalent. Er bringt hervorragende Anlagen mit. Und er hat den Anspruch selbst unter schwierigen Umständen wirklichen Fußball spielen zu lassen. Aber er hat diese Saison halt auch richtig in den Sand gesetzt. Wenn man es nicht schafft seine Talente weiter zu entwickeln und bei Standards immer dieselben Fehler macht, muss man das genau so nennen. Und mir kann keiner erzählen, dass Werder wirklich den 2. schlechtesten Kader der Liga hat. Auch mit den Verletzungssorgen gibt es andere, die schwächer besetzt sind. Aber Kohfeldt hat es nie geschafft das vorhandene Potenzial auf den Rasen zu bringen.

Werder Bremen selber hat ja in den letzten Tagen den Christian Streich Vergleich ins Spiel gebracht. Ok, lasst uns das mal machen: Also Streich hat unter schwierigsten Voraussetzungen nach einer Hinrunde mit 13 Punkten den direkten Klassenerhalt gefeiert. Ohne jegliche Relegation, weil der SC Freiburg so was halt nicht braucht. In der Rückrundentabelle war er auf Platz 7. Im Jahr darauf hat er Freiburg in die Europa League geführt. Zum 2. Mal in der Vereinsgeschichte. Nur ein Mal stand man in der Bundesligaabschluss-Tabelle besser da... da dies vor der Einführung der 3 Punkte pro Sieg Regel war, kann Streich behaupten: Nie holte ein Freiburger Trainer in einer Saison mehr Punkte. Wobei auch festzuhalten bleibt: An die 27 Punkte seiner ersten Halbserie kam er dabei gar nicht ran... Nach 1 1/2 historisch spielte Freiburg eine ganz normale Saison, was für einen Verein wie dem SC Freiburg halt Platz 14 bedeutete. Aber dieser "Rückfall aufs Normale Niveau". Erst nach 1 1/2 historisch guten Jahren und einer normalsterblichen Saion stieg der SC Freiburg dann ab.
Hierbei muss man aber auch mal dringend erwähnen, dass ein Abstieg mit dem SC Freiburg etwas ganz anderes ist als ein Abstieg mit Werder Bremen.

Und das wird einem halt beim Vergleich deutlich. Denn Kohfeldt startete genau so beeindruckend wie Streich mit 29 Punkten in 17 Spielen. Seine erste Mission als Retter erledigte er mit Bravour. Dass kann ein Bruno Labbadia allerdings auch von sich behaupten. Oder, oder, oder. Es gibt genügend "Dead Coach Bounces."
Das Jahr darauf führte er Werder dann ins Mittelmaß. Das ist ordentlich. Aber halt auch nicht mehr. Vor allem wenn man bedenkt, dass er den "Klassenerhalt" mit einer Serie von 5 Spielen ohne Sieg endgültig sicherte.
Und letztes Jahr hätte er seine Mannschaft, auf dem Rücken eines überragenden Individualisten im "Contract Year Modus" fast nach Europa geführt. Es war am Ende echt knapp. So, wie Werder sich derzeit präsentiert, sollten sie echt froh sein, dass sie nicht nebenbei noch über die europäischen Dörfer tingeln müssen...

Und hier ist das entscheidende Problem im Streich-Vergleich: Mit Werder die Europa League zu erreichen ist keine überragende Leistung. Also historisch betrachtet. Eigentlich sollte es für einen jahrelangen Werder Trainer der Mindestanspruch sein, Werder ein Mal alle 4 Jahre nach Europa zu führen.

Nehmen wir da mal zur Verdeutlichung seinen Emotionalen Vorgänger Thomas Schaaf als Vergleich: Der führte Werder bereits im ersten vollen Jahr fast nach Europa. Und dann 2 Mal in Folge auf Platz 6, was ein Mal zur Teilnahme an der Europa League reichte. Werder hatte damals Probleme mit der Balance zwischen Offensive und Defensive... und brach in der Rückrunde immer ein. Aber trotzdem war jede der ersten 3 Jahre in der Abschlusstabelle erfolgreicher als alles, was Kohfeldt jemals abgeliefert hat. Und danach wurde Werder dann Doublesieger. Und Thomas Schaaf wurde zum Heiligen. Danach durfte er sich dann praktisch einen auf Jahre angelegten schleichenden Niedergang leisten, ohne dass irgendjemanden auffiel, dass der moderne Fußball irgendwie an Schaaf vorbei gezogen ist... Nen bischen, als spontaner Vergleich, wie bei Arsene Wenger und Arsenal London...

Kohfeldt darf dagegen ohne historische Vorleistungen eine der schlechtesten Werder-Saisons aller Zeiten spielen lassen, ohne dass er irgendwie in Frage gestellt wird. Und bis Mitte Mai wurde er ja nicht mal von den Medien oder den Alteingesessenen in Frage gestellt.
Aber mal als spekulative Frage: Glaubt irgendjemand, Thomas Schaaf hätte Werder anstatt zur Meisterschaft auf Platz 17 führen dürfen ohne entlassen zu werden?

An der Stelle fällt mir dann auf: Kohfeldt ist gar nicht das Problem, er ist das Symptom. Die Personalie, an der halt allen deutlich wird, dass bei Werder eigentlich fundamental etwas falsch läuft. Dass die eigene Genügsamkeit und die mangelnden Ansprüche zu einer kaum noch aufzuhaltenden Negativspirale, die über kurz oder lang in Liga 2 enden wird, geführt hat.

Denn hier kommt mal das kurze Realitäts-Update: Eigentlich sollte sich Bremen mit Borussia Mönchengladbach vergleichen. Mindestens. Denn eigentlich hat man dank der doch überraschend zahlreichen Abstiege der Gladbacher einen extremen Vorsprung. Den man auf beeindruckende Art und Weise verspielt hat.
Und ja, auch Gladbach steht für ruhiges, kontinuierliches Arbeiten und seriöses Wirtschaften in einem familiären Umfeld. Nur wird in Gladbach ein Dieter Hecking für Arbeit, die sich im normalen Rahmen des erwartbaren Erfolges bewegt, nicht zum Heiligen verklärt... sondern am Ende einfach ersetzt um neue Impulse zu setzen.

Die bittere Realität lautet: Man kann sich noch nicht mal mit dem FC Augsburg messen. Also zumindest was die Europa League Teilnahmen der letzten 10 Jahre betrifft.
Eigentlich sollte es Bremens Anspruch sein, dass man zumindest selber diese eine Mannschaft ist, die in die Internationalen Plätze rein rutscht, wenn die wirtschaftlich stärkeren Teams dies verkacken. Stattdessen haben Augsburg, Mainz, Freiburg und Hannover diese Rolle übernommen. Genau genommen auch Eintracht Frankfurt, die jetzt versuchen sich auf dem Erfolg der letzten Jahre eine konstante Basis für eine bessere Zukunft zu erarbeiten. Also genau das, was Werder in den letzten 20 Jahren verkackt hat...

Bremen sollte eigentlich über diesen Mannschaften stehen. Stattdessen vergleicht man sich mit dem SC Freiburg, deren Anspruch es ist zu den 25 besten Mannschaften in Deutschland zu gehören. Wo eine schlechte Saison eigentlich erst beginnt, wenn man nicht zur Spitzengruppe der 2. Liga gehört, wo aber ein Abstieg halt auch mal passieren kann. Werder sollte aber den Anspruch haben zu den 10 besten Mannschaften in Deutschland zu gehören. Die Voraussetzungen dafür sollten immer noch gegeben sein. Zumindest wenn man den Abstieg noch vermeidet. Aber stattdessen gibt man sich mit wesentlich weniger zufrieden.
Und so erhöht man dann auch einen Trainer, der ganz normale Ergebnisse erzielt, zur Legende... und wundert sich, dass die Leistungen nicht besser werden, wenn man die Ansprüche runter schraubt.

Das ist halt Schade, weil Werder eigentlich echt der einer der sympathischen Bundesligisten ist. Eigentlich stehen wir alle auf offensiv ausgerichteten Fußball und seriös geführte Vereine. Selbst ich, der ja eigentlich vom Zynismus lebt und gar nichts zu schreiben hätte, wenn alle Vereine wie Werder geführt werden würden.
Aber, als interessante These, wahrscheinlich wurde Kohfeldt deswegen so viel verziehen, anstatt diese Saison als das zu beschreiben, was sie eigentlich ist: Eine extrem schlechte Trainerleistung. Deswegen will auch keiner glauben, dass Kohfeldt irgendwie Schuld an der mangelnden Fitness hat. Irgendwie wissen wir alle, dass es für die Liga im Allgemeinen das beste wäre, wenn Werders Weg zum Erfolg führt. Denn wenn man gute Trainer in einem ruhigen Umfeld ihre Arbeit machen lässt, muss dies zwangsweise zu einem besseren Produkt auf dem Rasen führen.

Nur wird halt allen langsam deutlich, dass die Arbeit von Kohfeldt unangemessen wenig Früchte trägt.
Das wirkliche Problem für Werder lautet aber: Wenn man jetzt Kohfeldt einfach entlässt, aber an sonsten genau so Selbstzufrieden weiter macht, wird das genau so wenig helfen, wie ein Wiederaufstieg mit Kohfeldt, für den man sich dann auf die Schulter klopft. Nur wenn man selber sein Weltbild wieder richtig ausrichtet, wird es in Bremen wirklich vorwärts gehen.

Freitag, 22. Mai 2020

Das Borussia Dortmund Paradoxon

Nur um das nochmal fix festzuhalten. Und ja, es ist schon ein wenig absurd. Oder es sagt Leuten, die wesentlich mehr von Fußball, Trainingsdosierung und Medizin haben wirklich etwas. Für den Laien mit Master in Ferndiagnostik ist es jedenfalls einfach nur... interessant.

Also: Borussia Dortmund hatte ja genau genommen vor dem Derby gegen Schalke extreme Probleme mit der Muskulatur. Emre Can, Alex Witsel und Nico Schulz fielen frühzeitig mit größeren oder kleineren Wehwehchen aus. Frühzeitig heißt hier: Es stand bereits im Donnerstags-Kicker.
Dazu kamen dann "spontan" Jadon Sancho, den man als Vorsichtsmaßnahme zunächst mal auf der Bank ließ und Giovanni Reyna, dessen Startelf-Debüt, auf das sich gerade die Amerikaner besonders gefreut haben, spontan abgesagt werden musste. Also bei Reyna sind beim Aufwärmen "Probleme aufgetreten."

Nach einer "normalen Vorbereitung" sollten an der Stelle alle Alarmglocken schrillen. Wenn da zu dem "Jetzt sollten alle fit sein" Moment 5 Leute mit Muskelproblemen ausfallen, hat man in der Trainingsdosierung wohl etwas falsch gemacht... Werder Bremen würde an der Stelle irgendwann den Athletik-Coach austauschen, weil der ja allein dafür verantwortlich ist, in welchem körperlichen Zustand die Mannschaft ist... Auch wenn das Problem mit neuen Athletik-Coach noch nicht wirklich besser geworden ist. Aber was Werder dieses Jahr vor hat, wird eines der größten Rätsel der Fußballgeschichte bleiben...

Zurück zu Dortmund: Für den weiteren Saisonverlauf sollten diese Muskelverletzungen durch aus einen Anlass zur Sorge geben. Also wenn die bereits vor dem ersten Spieltag auftreten, wie soll das dann erst in den anstehenden englischen Wochen werden?

Auf der anderen Seite der Medaille lieferte Dortmund allerdings ein Feuerwerk, welches selbst Euphoriker Lucien Favre ein "War ganz okay" entlockte. Ernsthaft, Favres Reaktion nach dem Derby war so großartig, das kann man gar nicht genug erwähnen. Der würde wahrscheinlich vor Beyoncé Knowles Konzerten stehen und sagen "War ganz Ok." Die Pyramiden und die Große Mauer würde er wohl als "nett und interessant" beschreiben. Genug Füller.

Hier ist eine der spannenden philosophischen Fragen, die ebenfalls über den Re-Start schweben: War Dortmund trotz, oder wegen der Muskelverletzungen so gut? Das "Trotz" wäre die symapthischere Antwort. Denn an sonsten ist der logische Schluss folgende: Um in dieser Saison noch was zu reißen, muss man sich Muskeln reißen. Also mehr als sonst. Man musste sich in der Vorbereitung so sehr quälen, dass einige Spieler gesundheitliche Schäden von sich trugen. Und die Leistung, die man dafür anbieten konnte, geben der "Folter" sogar recht.

Nun ist das nur bedingt eine Neuigkeit. Dass Profisport an sich wirklich ungesund ist, kann einem jeder Toni Schumacher und Stefan Kießling bestätigen. Überraschend viele Fußballer sind hinterher froh, wenn sie nach der Karriere wenigstens noch Golf spielen können. Andere brauchen mit Ende 30 eine neue Hüfte... Oder tragen ewig die Narben der Karriere auf den Gelenken. Die derzeitige Situation in Dortmund könnte aber darauf hinweisen, dass dieser an sich normale Zustand jetzt noch extremer als gewöhnlich ist.

Oder aber Dortmund ist nur einfach wesentlich besser als Schalke... und in Zeiten ohne Fans könnte so was vielleicht noch relevanter sein als sonst...
Ernsthaft, dass der Kicker diese Woche tatsächlich eine "ob das Spielstärkeren Mannschaften mehr helfen könnte" Debatte lostreten will.
Natürlich profitieren fähige Mannschaften von den derzeitigen Umständen am meisten. Sie würden dies auch tun, wenn nach der Pause Fans ins Stadion dürften. Denn die Bayern sind halt in der Lage ein Bundesligaspiel zu gewinnen, in dem sie 9 Kilometer laufen. Weil sie als einer der wenigen Mannschaften der Bundesliga in der Lage sind den Gegner laufen zu lassen... ohne sich selber groß anzustrengen.
Die tapfer mit viel Aufwand dagegen haltenden Normalsterblichen Bundesligisten werden durch die Unterbrechung, die mangelnde Fitness und die für sie ungewohnten englischen Wochen noch schneller Müde als sonst. Und als gratis Bonbon für die an Theaterpublikum gewöhnten Bayern fehlt der emotionale Push der Fans, die den Außenseiter in den Schlussphasen über seine Grenzen hinausgehen lässt...
Natürlich werden die Bayern am aller meisten von den Geisterspielen und der Corona-Pause profitieren. Gefolgt von Dortmund. Deswegen werden die Bayern auch mit ziemlicher Sicherheit Meister. Die spannende Frage ist: Welcher der Konkurrenten um die Champions League Plätze präsentiert sich dahinter am Spiel stärksten? Und hat die nötige Reife in der Spielanlage. Wo sich RB Leipzig, Borussia Mönchengladbach und Bayer Leverkusen ja auch durchaus ordentlich präsentieren. Wer von denen kann seine Qualität am konstantesten auf den Platz bringen? Und wer von den 3en muss in die Europa League?

Und die andere spannende Geschichte wird sein: Welcher der Abstiegskandidaten versetzt sich auch ohne Publikum in dieses absurde Delirium, in dem man dann doch die nötigen zusätzlichen Meter geht um die nötigen Punkte irgendwie zu erreichen? Oder wer hat dann doch die nötige Fußballerische Qualität um sich durchzusetzen?
Diese beiden Punkte könnten den Abstiegskampf noch ein Mal ordentlich durch wirbeln. Wenn man halt zum Beispiel die vorherige negative Tendenz der Frankfurter mit der bekannten Diskrepanz zwischen Heim- und Auswärtsspielen kombiniert... ähm... ich sag das mal so: Da sollten die Frankfurter hoffen, dass sich Rune Bratseths Meinung doch nicht durchsetzt.

Donnerstag, 21. Mai 2020

Es ist wieder so weit

Wir haben den Zeitpunkt des Jahres erreicht, in dem hier die Abschaffung der Relegation gefordert wird. War ja auch aller höchste Zeit.

Wobei es dieses Mal, ich bin ja kompromissbereit, nur um ein einmaliges Aussetzen der Relegation gehen würde. Also ernsthaft, dass der  Scheißt jetzt trotz Corona unbedingt durchgezogen werden muss, ist mal wieder absoluter Wahnsinn. Vor allem wenn man bedenkt, dass die erst jetzt geklärt haben, wer das jetzt übertragen soll...

Der Grund, warum es absoluter Wahnsinn ist Dynamo Dresden und deren Zwangsquarantäne. Denn langsam wird ja deutlich, wie die Auswirkungen dieser Pause und der daraus folgenden Spielabsagen sind. Das Ergebnis: 9 Spiele in 29 Tagen. Mit effektiv 7 Tagen Vorbereitung. Das ist ein völlig absurder Plan.

Lustige Nebennotiz: Die DFL hat ja den Vereinen den guten Tipp gegeben, ihre Kader möglichst breit aufzustellen, damit sie auf solche Sondersituationen angemessen reagieren können... ähm... denen ist bewusst, dass es für eine Profimannschaft praktisch unmöglich ist sich während der Saison in der Breite zu verstärken? Die einzige Möglichkeit lautet: Seinen Kader mit Jungprofis, die überfordert sein werden, aufzufüllen. Guter Tipp.

Jedenfalls gibt es praktisch nur einen einzigen Grund, warum Dynamo unbedingt auf diese 9 Spiele kommen muss: Es gibt praktisch keine Möglichkeit die Saison noch um eine Woche nach hinten zu verlegen, weil in dieser Woche ja bereits die Relegation ausgetragen werden muss.

Nun werden einige darauf hinweisen, dass die Verträge ja am 30.6. auslaufen und die Saison deswegen an genau dem Wochenende beendet werden muss. Das würde natürlich stimmen. Aber dass die Relegationsteilnehmer dann nur mit ihrer halben Mannschaft auflaufen können, ist ja auch egal.
Anders ausgedrückt: Man hätte praktisch eine Lösung dafür gefunden die Zweitliga Saison um eine Woche zu verlängern. Und für die auslaufenden Verträge hätte man eine angemessene Lösung gefunden, mit der alle Einverstandgen gewesen wären.
Also praktisch sollte ein Spieler mit auslaufenden Vertrag für die Idee, dass er eine Woche Extraschichten schiebt, dafür aber sein Verletzungsrisiko sinkt, begeistern lassen.

Die vernünftige Lösung wäre also gewesen... Den Re-Start und das Ende der Zweitligasaison um 1 Woche nach hinten zu verschieben. Dadurch bei Dynamo den Druck vom Kessel zu nehmen, da sie dann ein Spiel weniger nachholen müssen. Und wenn es hinterher keine Interaktion zwischen 1. und 2. Liga gibt, ist es ja auch kein Problem, wenn die asynchron enden.

Und hey. wahrscheinlich hätten es sogar die TV-Anbieter verstanden, wenn dieses eine Mal auf Grund der höheren Umstände auf die Relegation verzichtet wird. Aber wie immer wurde darüber nicht mal nachgedacht.

Völlig absurder Weise wären Dynamos Chancen auf den Klassenerhalt wahrscheinlich sogar gestiegen, wenn es 3 direkte Absteiger geben würde. Obwohl dieser Vorschlag erst Mal dazu führt, dass sie einen weiteren Platz gut machen müssen. Da bringt einem direkt zum nächsten Detail:

WARTE WAS? Die wollen auch die Relegation zwischen Zweiter und Dritter Liga durchziehen? Was konsumieren die eigentlich? Also nur um den Idioten mal beim Zählen zu helfen: Es stehen noch 11 Spieltage in der Dritten Liga aus. Es gibt noch keinen Plan, wie der Re-Start der Dritten Liga aussieht. Aber vor Juni dürfte das nichts werden. Dann haben wir 30 Tage um 11 Spieltage durchzuziehen, damit man rechtzeitig zur angedachten Relegation fertig wird. Dafür müsste man alle 2,7 Tage spielen. Erscheint das irgendwie sinnvoll?

Das ist wieder einer dieser "Warum hat das niemand angesprochen?" Details. Warum gab es nicht mal den "Lasst uns mal über Auf- und Abstieg ohne Relegation für dieses Jahr reden" Vorschlag? Können wir mal mit den TV Stationen (oder mit unseren Rechtsanwälten) reden, wie viel uns das wirklich kosten würde?

Aber hey, man muss halt alle Hebel in Bewegung setzen, damit Werder Bremen trotz Florian Kohfeld die Klasse halten kann... Und buchstäblich alle möglichen Konflikte wurden einfach ignoriert oder bei Seite geschoben...

Montag, 18. Mai 2020

Worst of des "Zurück zur Normalität" Wochenendes

Ernsthaft, einigen Mannschaften hat man die 2 monatige Pause kaum angemerkt. Ok, hauptsächlich den Mannschaften, die wie Schalke und Frankfurt vorher schon eher "grausamen Fußball" angeboten haben.
Ich freue mich jetzt schon auf den Moment, in dem die Frankfurter Corona und die Geisterspiele als Grund für einen Absturz angeben und dabei ignorieren, dass man in den Wochen vorher gegen Borussia Dortmund, Union Berlin und Bayer Leverkusen mit insgesamt 1:10 Toren verloren hat. Unterbrochen von einem Sieg gegen Werder Bremen, was nur verdeutlichen sollte, wie gut Bremen vor der Krise war.
Und auch Schalke war schon vor der Zwangspause auf dem besten Weg ihre gute Hinrunde komplett zu verspielen. Man kam auch vor Corona nur auf eher erbärmliche 4 Tore in 8 Spielen.
Anders ausgedrückt: Der im Winter abgegebene vorzeige "Schalke-Angreifer" Mark Uth hat, seit dem er dieses für Offensivspieler anscheinend verfluchte Trikot ausgetauscht hat, alleine Tore erzielt UND mehr Vorlagen gesammelt als die gesamte Schalker Offensive. Jeweils 5.

Aber der erst Blitzeindruck des Re-Starts lautet: Es hat sich wenig geändert. So sind Fortuna Düsseldorf und der SC Paderborn weiterhin nur bedingt in der Lage ein wirkliches Bundesligaspiel auf den Rasen zu zaubern. Freiburg verteidigt weiterhin taktisch geschickt, ist nach Standards gefährlich... und erzielt in bester Bundesligamanier das 0:1 ohne jemals aufs Tor zu schießen. Die Bayern spielen souverän und humorlos ihren Stiefel herunter. Dortmund spielt sich in einen gelegentlichen Rausch, den Lucien Favre als "ganz okay" beschreibt, und verschwendet all ihr Pulver an einem Wochenende. Und Hoffenheim... der geilste Satz des Wochenendes fiel in der Sportschau Zusammenfassung zum Hoffenheimspiel: "Hoffenheim kassiert das 34. Gegentor vor eigenem Publikum." Die gute Nachricht für die Hoffenheimer: Diese Kategorie wird bis zum Saisonende nicht mehr erweitert werden... Gegentore in heimischen Stadion dagegen... vielleicht sollten die Hoffenheimer sich wirklich für neutrale Spielorte auf dem Dorf einsetzen... oh warte, das könnte bedeuten, dass alle Spiele bei ihnen ausgetragen werden...

Die Änderungen fanden sich eher im Detail. So wurde die Werbung praktisch an die Krisenzeiten angepasst. Vorbildlich. Die Offensive von RB Leipzig stellten eine größere Bedrohung für die Kameraleute hinter dem Tor als für den SC Freiburg da... und die Sportschau kürte spontan "Das Tor des Jahrzehnts"... Wenig überraschend gewann Mario Götze... was traurig ist. Es war die letzte Gelegenheit für Lukas Podolski zu stimmen. Aber dass die Sportschau so clever auf den Fakt, dass es 8 Wochen einfach keine Tore gab, reagierte... Das ist genau die Flexibilität, die wir in der Krise brauchen.

Nebenbei ist mir an diesem Samstag etwas anderes völlig absurdes aufgefallen. Denn in Sachsen sind ja die ersten Lockerungen in Kraft. Was wiederum bedeutet, dass man auf die ersten kleineren Konzerte gehen konnte. Und dass direkt ums Stadion der Trödelmarkt "Kleinmesse" wieder einen Trödelmarkt eröffnet hat. Wo die Leute dann laut Kicker Reporter Oliver Hartmann ohne Masken einkaufen konnten. Oh und die Kneipen und Cafes waren den ganzen Tag über voll besetzt. Die Menschen haben halt 2 Monate darauf gewartet wieder irgendwo hingehen zu dürfen...
Anders ausgedrückt: Nachdem wir wochenlang darüber diskutiert haben, ob der Fußball einen Sonderstatus genießt, waren die Vorsichtsmaßnahmen im Stadion auf ein Mal wesentlich härter als vor den Stadien. Da fällt einem all das Jammern schon wesentlich schwerer.

Nebenbei entschied der gemeine Konsument mit Rekordquoten für Sky dieses Projekt flächendeckend zu unterstützen. Da können sich die Ultras noch so sehr darüber aufregen, dass das System "krank" sein soll... Solange sie das auf dem Sofa während der Sky-Übertragung machen, interessiert das keinen...

Dennoch...
Vedad Ibisevic, Vollidiot der Woche: Stellt euch vor, ihr seid der Co-Star in einem so genannten Skandalvideo, welches ganz alleine jegliche Bemühungen der DFL untergräbt... und welches ganz alleine für einen Stimmungsumschwung in der Bevölkerung sorgt. Und welches das Bild des abgehobenen und realitätsfernen Fußballers befeuert.
Ihr habt aber das unfassbare Glück, dass sich die ganze Wut und alle Sanktionen auf den Typen mit der Kamera fokussiert und nicht auf dich, der ihm die Brofist reicht. Ihr dürft also am Wochenende spielen. Ihr führt eure Mannschaft als Kapitän aufs Feld Und ihr macht das sogar gut. Wie nutzt ihr diesen Umstand jetzt?
Ein vernünftiger Mensch würde die Gelegenheit nutzen um eine symbolische "ich habe verstanden" Nachricht an die Welt zu schicken. Ganz einfach und pragmatisch, in dem man sich an die "Jubelvorschriften" hält. Ibisevic... hat sich vorher informiert, rausgefunden, dass das Tor nicht annulliert wird und fleißig alle umarmt.
Und so ist es schon wieder die Hertha, die sich als einzige in der Samstag-Abend-Sportschau nicht an die Cornona-Maßnahmen hält... Und weil wir von der Herha im Jahr 2020 reden, werden sie dabei natürlich auch von ihrem Trainer unterstützt. Und garantiert auch von Jens Lehmann.
Nun gehöre ich natürlich auch zur "Falcao-Fraktion", die die Jubelvorschriften für absolut albern hält. Aber ganz ehrlich: Wenn ich Teil des Salomon Kalou Videos bin, dann halte ich mich doch wenigstens für eine Woche an solche Ansagen... Alle anderen haben es ja auch hinbekommen...

Und wo wir schon dabei sind:
Rouwen Hennings, Honorable Mentions. Es ist ja vorher viel darüber diskutiert worden, ob die Fußballwelt nach der Krise eine andere sein wird. Diese Hoffnung wurde bei mir in der 88. Minute von Düsseldorf - Paderborn begraben. Und das hatte nur bedingt was damit zu tun, dass ich dieses Spiel live gesehen habe... Was war passiert? Nun ja, wie fast im gesamten Spiel praktisch nichts. Also es gab einen heftigeren Zweikampf 35 Meter vor dem Tor der Paderborner, welcher nicht als Foulspiel geahndet worden ist. Das brachte Rouwen Hennings dazu sich vor Schiedsrichter Frank Willenborg aufzubauen und  diesem seine Unzufriedenheit aus 10 cm Entfernung deutlich zu artikulieren. Anders ausgedrückt: Das sind genau die Szenen, in denen sich Covid-19 am wohlsten fühlt: Wenn wir uns gegenseitig aus nächster Nähe anschreien. Der Kicker verharmlost das als "aufrichtige Empörung." Ich frage mich ja, warum der Schiedsrichter ihn dafür nicht sofort verwarnt hat. Das wäre allein schon zum Schutz seiner eigenen Gesundheit die richtige Maßnahme gewesen.
Wenn es sich hierbei im einen möglichen Elfmeter gehandelt hätte. Aber wir reden echt von einem völlig belanglosen Foulspiel, welches zu einem Freistoß in bescheidenster Position geführt hätte. Lustiger Weise bekamen die Düsseldorfer kurz darauf einen Freistoß in besserer Position, weil man den Ball zumindest vom Flügel gezielt in den Strafraum schlagen konnte. Der Ball wurde zielsicher zum ersten Verteidiger gespielt. So zielsicher, dass nur Hünemeiers Gelbe Karte und nicht der Freistoß danach im Kicker Ticker auftaucht... Wenn Hennings seinen Freistoß, den er so aufrichtig empört gefordert hat, bekommen hätte... hätte einer der Düsseldorfer Standardspezialisten all seinen Mut zusammengenommen, den Ball mit voller Wucht grob Richtung Tor geschlagen und die Balljungen hätten den hinterher auf der Tribüne gefunden und desinfiziert...

Das ist ja immer eines der Grundprobleme, die ich mit lamentierenden Profis habe: Ich kann es nachvollziehen, wenn Michael Ballack den Schiedsrichter bedroht, weil er in der Schlussphase eines Champions League Halbfinales eigentlich einen Elfmeterpfiff erwartet hat. An der Stelle sogar erwarten muss. Aber wie oft echauffieren sich Fußballer wegen an sich bedeutungslosen Fehlentscheidungen, die in so einem Spiel halt zu Hauf vorkommen.
Angeblich soll es dieses Wochenende ja besser gewesen sein als sonst. Hennings Ausbruch belegt aber, dass sich diese Unsitte auch durch Corona nicht ausgerottet worden ist.

Freitag, 15. Mai 2020

Bundesliga-Re-Start: The gift that keeps on giving.

Ernsthaft... Es kommt gerade so viel zusammen, ich hatte noch nicht mal die Gelegenheit mich über Jens Lehmann lustig zu machen. Aber ja, die Hertha ersetzt anscheinend den einen durchgeknallten Visionär durch den Nächsten... Nur dass dieser Nächste sich irgendwie ständig zu Corona äußert...

Nur um das mal festzuhalten: Lehmann war derjenige, der glaubte, man könnte ja Social Distancing in vollen Stadien betreiben. Man verkauft einfach entsprechend weniger Tickets und dann hält sich natürlich jeder an die 2 Meter Abstand. Und genau der Typ sitzt jetzt im Hertha-Aufsichtsrat. Da muss man sich schon fragen: Hatten Atti Hildmann und Xavier Naidoo keine Zeit?
Oh und Lehmanns Vorqualifikation für diesen Job ist... ähm... Er hat bei RTL freundlich lächelnd den gesponserten Kaffee getrunken? Er wurde von Arsene Wenger trainiert? Also damals schon, als das noch ein Qualitätsmerkmal war...

Obwohl... Lehmann war immer der natürlich Gegenspieler zu Oliver Kahn. Sowohl im Tor, als auch im Fernsehen. Und jetzt halt als Funktionär. Der einfachste Weg für die Hertha zu den Bayern aufzuschließen, ist doch sich deren persönlichen Antagonisten zu holen. Damit geht es nächstes Jahr garantiert in die Champions League... Das hat damals mit Dieter Hoeneß doch auch funktioniert...

Aber in der Liga werden jetzt natürlich die wichtigen Fragen gestellt. So in etwa: Was machen wir eigentlich, falls wir doch abbrechen müssen? Können wir das Heimrecht kurzfristig aussetzen? Welche Regeländerungen sind vielleicht nötig um auf die neue Situation zu reagieren? Gut, dass man das kurz vor der Aufnahme des Spielbetriebes klärt...

Gerade das Ding mit dem "Heimrecht" hätte ich ja angesprochen, bevor wir über eine Wiederaufnahme abstimmen... Als wichtiges Sicherheitsnetz, falls in einzelnen Spielorten nicht angepfiffen werden kann.

Dann entscheidet sich Thüringen dafür, die Dritte Liga auszusetzen. Falls ihr euch fragt, wo Thüringen liegt... Das ist eines dieser Bundesländer, die am Besten zum Durchfahren geeignet sind. Dauert so etwa 2 Stunden. Aber angeblich ist der eine oder andere Prominente da schon mal drüber geflogen...
Oh und es wurde rekordverdächtige 48 Stunden von einem gewissen Kemmerich regiert. Da schrieben sich die "Das Comeback des Endes der Weimarer Republik" Witze von alleine.

Jedenfalls sagt Thüringen jetzt im Wesentlichen, dass die Dritte Liga woanders spielen sollte, wenn sie wirklich vor 5. Juni wieder beginnen will.
Allgemein zeigt sich in der Dritten Liga, wie unterhaltsam das alles werden kann, wenn man nicht geschlossen an einem Strang in eine Richtung zieht. Denn das ist ja das eine, worauf man sich bei der Bundesliga verlassen kann: Alle sind sich einig, dass es irgendwie weiter gehen muss. Koste es, was es wolle. Selbst Werder Bremen, die von einem Abbruch am ehesten profitieren, wollen doch sportlich die Klasse halten. Und auch wenn sie am lautesten Kritik äußern, stellen sie nicht grundlegendes in Frage.

Das nächste "Highlight" sind ja die zahlreichen Muskelverletzungen. Claudio Pizarros Karriereende könnte tatsächlich bei einem 35 Minütigen Trainingsspiel stattgefunden haben. Dortmund muss wegen Faserrissen auf ihr Herzstück Emre Can und Alex Witsel verzichten. Und all das schon vor der ersten richtigen Härteprobe. Man darf gespannt sein, wie viele Profis sich nach dem Wochenende mit "Muskelproblemen" abmelden.
Und da kann ja auch niemand was dafür. Das sind halt offensichtliche Symptome für eine improvisierte Saisonvorbereitung mitten im Mai. Solche Ausfälle werden den Ausgang der Meisterschaft am Ende genau so beeinflussen, wie potenzielle Corona-Krankschreibungen.

Aber dann... kam ja noch die aller größte Perle. Heiko Herrlichs persönliches Bewerbungsschreiben als Hertha-Trainer. Während ein Oliver Fink mit der Geburt seiner Tochter gute Gründe angab... und sich auch offiziell abmeldte... vermisste Herrlich Handcreme und Zahnpasta. Und ging deswegen wohl ohne Mundschutz einkaufen.

Das ist in so fern praktisch, als dass die DFL jetzt klären kann, wie sie reagiert, wenn jemand gegen die Quarantäne verstößt... was hier auch schon frühzeitig angesprochen worden ist, worüber aber keiner redet. Anscheinend wird man dann für das anstehende Bundesligawochenende gesperrt.
Ist doch schön, dass Heiko Herrlich das für uns geklärt hat. Irgendwie ging ich davon aus, dass es eher einen undisziplinierten Youngstar treffen würde, als einen doch schon recht gestandenen Trainer aus der Risikogruppe... aber anscheinend lernt man die aus.

Aber ja: Dies ist der erste Bundesligaspieltag, an dem schon die "Vorschau" wie ein "Worst of" aussieht. Da kann man sich doch richtig auf all die Fehlleistungen am Wochenende freuen... Das wird definitiv episch.

Oh und 2 Worte zum "Aussetzen des Abstieges": Auf den ersten Blick wäre das die vernünftigste Variante. Gerade wo Dynamo Dresden doch diesen extremen Wettbewerbsnachteil hat. Aber hier ist das Problem (welches auch die Premiere League schon sehr direkt angesprochen hat): Wenn es keine Absteiger gibt, wird die Liga sehr schnell sehr belanglos. In der Bundesliga würde dies dazu führen, dass im Endeffekt 9 Vereine nur noch aus Spaß an der Freude an diesem Wettbewerb teilnehmen. Von der Europa League sind sie realistisch gesehen zu weit weg, aber der Klassenerhalt ist noch nicht endgültig gesichert. Oder man ist halt noch nicht sicher abgestiegen. Diese Mannschaften müssten sich dann bei unsicherer Gesamtlage und Geisterspielen irgendwie selbst motivieren...
In der Zweiten Liga würde die Zahl dieser Mannschaften auf 14 ansteigen. Oder zumindest 12, wenn man Greuther Fürth und Darmstadt noch Chancen auf einen Aufstieg gibt. Das dürfte zahlreiche interessante Spiele geben...

Montag, 11. Mai 2020

Leipzig raus aus Sachsen!

Warte, kommt mir das nicht irgendwie bekannt vor? Oh, natürlich... Es ist die Grundforderung Der Partei Die Partei in Leipzig... Wer hätte gedacht, dass ausgerechnet der Fußball ihnen jetzt eventuell hilft...

Verwirrt? Gut. Dann geht es auch wie mir bei den aktuellen Entwicklungen in Sachen Neustart. Denn die belegen nur, wie wenig Gedanken sich die DFL wirklich gemacht hat.

Also das Gesundheitsamt in Dresden hat dann die hier gestellte "Wie viele Corona Fälle darf eine Mannschaft haben, bevor..." Frage mit 2 beantwortet. Nun bin ich mir an der Stelle nicht ganz sicher, ob die nur für Dresden, oder für ganz Sachsen entscheiden. Wenn letzteres der Fall ist, wäre es echt sinnvoller, wenn RB Leipzig bis zum Saisonende nach Köln umzieht. Da scheint man mit Corona Fällen bei Fußballmannschaften entspannter umzugehen...

Mich fasziniert es ja, dass die DFL anscheinend nie mit den Gesundheitsämtern gesprochen hat. Man hätte sich da zumindest mal eine grobe Orientierung einholen können, wie deren Reaktionen auf positive Befunde aussehen. Und nur um das noch mal zu verdeutlichen: Wenn die wirklich geglaubt haben, dass sie ohne einen einzigen positiven Corona Befund durch die Saison kommen... dann sollten die geschlossen wegen Inkompetenz zurücktreten.

Was die ganze Sache noch absurder macht, ist ja der Fakt, dass die DFL in Person von Christian Seifert jetzt kein Problem damit hat, dass die gesamte Dresdener Mannschaft jetzt 2 Wochen in Quarantäne muss...
Berichtigt mich, wenn ich falsch liege, aber Dresden kann jetzt 2 Wochen lang kein Training organisieren. Noch nicht mal in kleinen Gruppen. Und sie haben nicht genügend Fitnessgeräte für angemessenes Heimtraining... Aber die DFL will einfach nur das nächste Spiel gegen Hannover (und eventuell das gegen Fürth) verlegen...

Also alle anderen kriegen 2 Wochen Vorsprung im Mannschaftstraining und Dresden kriegt dafür mehr englische Wochen... also zusätzlich zu dem Rückstand noch weniger Gelegenheiten diese Rückstände aufzuholen... Soll das wirklich der Plan sein? Hat Dresden unter diesen Voraussetzungen überhaupt eine Chance auf den Klassenerhalt?

Die großartigste Perle von Seifert ist ja das "Es gibt sicherlich eine Größe, dann ist es irgendwann nicht mehr machbar." Aber solange es nur Dresden betrifft, die dann deswegen absteigen, ist es ja noch keine relevante Größe.
Also stellt euch einfach mal vor es würde den Hamburger SV betreffen. Die müssten jetzt 2 Wochen kollektiv in Quarantäne und dürften dann hinterher ohne angemessenes Training in den Aufstiegskampf eingreifen. Wie groß wäre der nationale Aufschrei, dass das ja übelste Wettbewerbsverzerrung ist. Aber Dresden ist halt nur einer dieser kleinen Pissvereine. Who cares.

Und ich ging davon aus, dass wir erst nach dem Derby Dortmund - Schalke über einen Abbruch reden müssen, weil die Fans der Gewinnermannschaft spontane Straßenfeste veranstalten... Aber es ging doch noch viel schneller als erwartet.

Und alles, weil man sich anscheinend einfach keinen Plan gemacht hat, was passiert, wenn es doch einen positiven Fall gibt. Aber hey, das wird bestimmt der einzige Fall werden.
Eigentlich hätte die DFL schon vor der Ankündigung des Neustarts mit den örtlichen Gesundheitsämtern klären müssen, was bei einem positiven Befund passieren soll. Jetzt sollte es dringend nachgeholt werden. Einfach nur, damit alle Bescheid wissen und man entsprechend planen kann...
Aber wahrscheinlich wäre das Ergebnis gewesen, dass man das Ganze so halt nicht machen kann. Und das man sich halt doch in den Gemeinden treffen muss, bei denen man nach einem positiven Befund nicht alles auf den Kopf stellen muss. Man hätte also die "Können wir wirklich überall spielen, oder sollten wir den Rahmen klein halten" Debatte, die hier bereits mehrfach angerissen worden ist und die alle anderen führen, einfach mal durchgehen sollen.
Aber wenn man als Leuchtturmprojekt unbedingt als erste Liga wieder spielen will, hat man für solche Diskurse einfach keine Zeit. Da richtet man sein gesamtes Konzept lieber an einem illusorischen Idealfall aus.

Wirklich grotesk wird es dann, wenn die DFL plötzlich Regeln fürs Jubeln aufstellt... Also ein kurzer Ellenbogenkontakt sei dann erlaubt... ähm... WHAT THE FLYING FUCK? Wieso lassen wir Leute Entscheidungen treffen, die anscheinend noch nie ein Bundesligaspiel gesehen haben?

Also für diese Ahnungslosen: Wenn Robert Lewandowski sich in einem Ringkampf gegen Neven Subotic durchsetzt um den hereingeschlagenen Eckball ins Netz zu köpfen... ist es kein Problem, wenn er hinterer Flankengeber Serge Gnabry umarmt. Das Problem ist, dass er sich vorher im körperliche Zweikampf gegen wahrscheinlich mehrere Verteidiger durchsetzen musste. Und Gnabry hatte halt mit all den Subotic im Verlaufe des Spieles ebenfalls seine Berührungspunkte. So läuft das halt in der Bundesliga.
Falls die Führungsriege das wirklich nicht mitbekommen hat: Fußball ist ein Vollkontaktsport. Ein Lewandowski liefert sich quasi ständig Ringkämpfe mit verschiedensten Verteidigern. Außer er spielt gegen Werder "Social Distancing" Bremen... Der Torjubel ist da echt das geringste Problem.

Und ja, die einzige Grundlage, auf der dieser Spaß funktionieren kann, ist die Annahme, dass Leute mit negativen Testergebnissen (also alle, die auf dem Platz stehen) andere nicht anstecken können. Wenn das nicht funktioniert, gibt es eh bald positive Testwellen und einen Abbruch. Aber Umarmungen beim Torjubel werden auf die Ausbreitung keinen relevanten Einfluss haben.

In positiven Befunden... ähm Nachrichten: Anscheinend ist es mittlerweile immerhin bei den Bundesligisten angekommen, dass man seine praktisch ins Risiko gehende Belegschaft mal befragen müsste, ob sie das eigentlich wollen. Und ihnen die Option zu geben im Zweifelsfall zu Hause zu bleiben. Immerhin. Eigentlich hätte man zu erst mit denen klären müssen, ob sie da mitmachen, aber besser spät als nie.

Aber der DFL fällt jetzt schon der Fakt auf die Füße, dass sie verdammt viele kritische Punkte einfach nur bei Seite geschoben haben um unbedingt wieder zu spielen. Am Ende dürfte dabei raus kommen, dass die anderen, die eine gründlichere Vorbereitung durchgezogen und mehr kritische Punkte vorher geklärt haben, die Saison dafür dann auch zu Ende spielen können.
Denn Stand Jetzt steuern wir einem erneuten Abbruch entgegen.

Donnerstag, 7. Mai 2020

Diese Selbstbeweihräucherung

Auch von einem Fredi Bobic, den ich ja sonst schätze... Also dass "wir die ersten, die die Situation unter medizinischen Gesichtspunkten absolut sauber gestalten" sein wollen... Wenn wir genau genommen einfach nur die ersten sein wollen und alles andere ist anscheinend... nun ja... sekundär.

Ich prognostiziere hier mal, dass wir vor Saisonende die Debatte führen werden, ob die Saison nicht doch noch abgebrochen werden muss... Und dass dann keiner einen Plan hat, ab wann man ernsthaft darüber reden muss...

Mir fällt das ja besonders an einer Stelle auf: Den Spielorten. Also andere, die sich nachhaltiger mit einen Neustart beschäftigen, machen sich halt nicht nur über das "ob" und "wie", sondern vor allem auch über das "wo" Gedanken.

Also einige praktische Beispiele: Die NBA denkt gerade darüber nach ihre Saison in Disney World fortzuführen. Oder in Las Vegas. Also wirklich auf kleinstem Raum. Die MLB soll eventuell in Arizona in die neue Saison starten. Auch wenn es da derzeit eher nach einem "Jeder kriegt Heimspiele" Modell hinauslaufen wird, werden solche Modelle zumindest diskutiert.
In Portugal soll, laut Montags-Kicker, ausschließlich in den alten EM Stadien gespielt werden, weil die als einzige groß genug sind um die Hygieneregeln einzuhalten.
Und die Premiere League will sich ebenfalls auf 10 "neutrale Spielorte" einigen. Auch wenn es da bereits schon die Ankündigung einer Klage von Brighton angekündigt worden ist. Spannend ist hier bei: Es geht bei den Stadien nicht um die Größe und Ausstattung, sondern um ihre Lage. Deshalb fehlen Anfield und Wembley, da sie in Wohngebieten liegen und das den Briten zu heiß ist...
Und ja, es gibt überall auch Widerstand gegen diese Pläne... aber so ist das halt, wenn man offen über "Wie kann es weiter gehen" Modelle redet.

In Deutschland gehen wir dagegen davon aus, dass wir 5 Mannschaften aus ganz Deutschland ins Waldstraßenviertel schicken um dort gegen RB Leipzig anzutreten... Was soll schon schief gehen?
Und die Allgemeine Reaktion auf die positiven Test scheint ja auch zu sein "Augen zu und durch."

Immerhin scheint man sich darauf geeinigt zu haben, dass man die DFB Pokalspiele ans Ende der Saison legt, damit die 33 DFL Mannschaften, die damit nichts zu tun haben, möglichst schnell in die Sommerpause können. Aber wie man den 1.FC Saarbrücken als Regionalligisten in diesen Wettbewerb integrieren, wenn noch nicht fest steht, ob die 4. Ligen auch zu Ende gespielt werden... damn. Also ja, das Worst Case Szenario bedeutet, dass Saarbrücken irgendwann im Juni an einem Pokal-Heimspiel ohne Fans und ohne jegliche Spielpraxis seit 7. März teilnehmen darf... und das die Fernsehstationen darauf bestehen, dass dieses Spiel trotzdem ausgetragen wird, weil es für die Millionen im Fernsehvertrag wichtig ist, dass das 0:12 dann übertragen wird...

Versteht mich dabei nicht falsch: Ich bin vollkommen dafür, dass die Saison zu Ende gespielt wird. Ich freue mich drauf. Nicht wegen den Millionen der Fernsehgelder, sondern wegen uns normalen Menschen.
Geht einfach mal kurz in euch: Wie oft habt ihr in den letzten Wochen abends auf Kicker.de um dann festzustellen, dass da quasi nichts passiert... weil die einzigen neuen Ergebnisse aus Weißrussland kommen? Hey, vielleicht hat der eine oder andere sogar angefangen auf die weißrussische Liga zu wetten, weil es halt sonst nichts gibt...
Es ist auch echt faszinierend, wie all die großen Onlineportale jetzt irgendwie auf ihre Inhalte kommen müssen... und ich selbst habe ja nur deswegen mit dem "Re-Worst Of" angefangen... Auf Kicker.de heißt dasselbe Konzept "Lieblingsspiele"... oder "Heute vor..."
Und es ist ja nicht nur der Sport, der still steht. Sondern auch alle Kultur- und Tanzveranstaltungen. Ich werde ja gerade zum ersten Mal seit meinem 18. Geburtstag 3 Monate am Stück auf keinem Konzert gewesen sein... und das ist die optimistische Zeitlinie, es könnten wesentlich mehr Monate werden... Die aktuellen Hollywood Blockbuster wurden auf unbestimmte Zeit verlegt. Genau so wie verschiedene Fernsehserien, die eigentlich in "Post-Production" sein sollten, aber auch erst Mal nicht fertig gestellt werden können. An der Stelle fällt mir auf, dass das neue Alicia Keys Album eigentlich schon draußen sein sollte...
Und plötzlich ist "Tiger King" das wichtigste Thema, weil es das einzige Thema ist... Nur um mal festzuhalten, was Corona so mit uns anstellt.

Das Herdentier Mensch arbeitet halt nicht unter der Woche, damit er am Wochenende die Beine hochlegen und nichts erleben kann. Zumindest nicht jedes verdammt Wochenende. Aber genau das passiert uns gerade. Und das frustriert halt auch auf Dauer.

Und genau da kommt der Fußball ins Spiel. Denn er hat die größte Reichweite und ist, für uns dann auch relativ risikolos zu konsumieren. Auch wenn das dann nur alleine auf der Couch ist. Man hätte wieder etwas, was sein soziales Leben strukturiert. Neuen Gesprächsthemen im Freundeskreis, auch wenn dieser sich in Discord oder Teamspeak Server verschoben haben sollte.  Deswegen ist es auch unabhängig von den TV Geldern nicht ganz unwichtig, dass es endlich wieder Fußball gibt. Und je näher der Neustart kommt, um so größer wird das Kribbeln werden. Auch wenn doch eigentlich alles Relevante schon entschieden ist...

Mir auch vollkommen egal, wenn sich dafür junge Männer, die so weit weg von der Risikogruppe sind, wie ein Mann eben nur sein kann, deswegen dann mit Corona infizieren. Ich bin da Optimist: Die werden das schon überleben. (Hier wird direkt 3 Mal aufs Holz geklopft, damit sich dieser Satz nicht noch rächt...) Aber sie gehen dieses Risiko auch ein, damit wir zumindest in diesem einen Punkt zu unserem regulären Sozialleben zurückkehren können. Und der Fußball genießt da halt schon einen Sonderstatus, weil er der kleinste gemeinsame Nenner ist. Das Produkt, für das sich die meisten Deutschen interessieren.

Aber genau das macht es halt auch verdammt wichtig, dass der Neustart entsprechend vorbereitet wird. Dass man in den nächsten 2 Wochen klärt, wie das im Detail ablaufen soll. Und bei dieser Diskussion dürfen halt die wichtigen Fragen nicht fehlen: Ist es sinnvoll in allen Stadien zu spielen? Ab wie vielen Corona Fällen in einer Mannschaft wird die Saison doch noch abgebrochen? Wie gehen wir mit Spielern um, die persönlich zu viel Angst haben und lieber nicht spielen würden? Schließlich kann ja auch noch keiner abschätzen, wie schlimm die Langzeitfolgen für einen Sportler sein können...

Da kann ich es schon nachvollziehen, wenn jemand sagt "Ich würde die Saison lieber aussetzen, weil mir meine Gesundheit wichtig ist." Man sollte solche Spieler auch nicht verurteilen, sondern ihre Sorgen ernst nehmen. Am besten in den man auf ein "Wenn ihr auf 80%-90% eures Gehaltes verzichtet, verzichten wir auf euch" einigt. Und wenn sich ein Birger Verstraete dann als einziger für diesen Schritt entscheidet, dreht man ihm bei nächster Gelegenheit da keinen Strick draus... Aber wahrscheinlicher ist es, dass Spieler, die nicht antreten wollen, vertragsbrüchig werden... Und es für die Spieler gar keine Option sein wird, ihre Bedenken zu äußern.

All diese Fragen und Probleme stehen weiterhin im Raum, aber niemand will sie anscheinend ansprechen...

Dienstag, 5. Mai 2020

Kill the messenger

Selbst wenn die Nachricht das eigentlich wichtige ist.

Und ja, natürlich ist es unfassbar dumm, dass Solomon Kalou sein ominöses Video geteilt hat. Ein besonderes Lob geht hier an Jens Clasen, der mit einem "und wir dachten, Grundschüler wären das größte Problem" konterte. Und vom Niveau her hat Clasen da vollkommen recht, solche Bilder hätte man eher an den Schulen als in den Kabinen erwartet...
Wobei hier nochmal auf Rudy Gobert verwiesen werden sollte, um zu verdeutlichen, dass Kalous leichtfertiger Umgang mit Covid-19 kein Einzelfall unter Profis ist.
Aber dass dieses Problem jetzt nur die sofortige Suspendierung Kalous zur Folge hat... hey, vielleicht war das ja genau dessen Plan. Er spielt schließlich sportlich praktisch keine Rolle mehr und war damit durchaus auch unzufrieden. Jetzt kann er, der finanziell ausgesorgt hat, sich die Corona-Phase einfach entspannt von der Couch aus ansehen. Gut, das wäre ein richtig böser Masterplan, ist also eher unwahrscheinlich.

Aber nur um das mal ganz deutlich zu sagen: Das Problem ist nicht, dass Kalou ein Video aus der Hertha Kabine gepostet hat. Das Problem sind eher die Zustände in dieser Kabine... und an denen ist nicht nur Kalou alleine Schuld. Zu einem ordentlichen Handshake gehören immer 2... und Vedad Ibisevic scheint ja keineswegs irritiert zu sein, dass Kalou so auf ihn zukommt. Oder sich dagegen zu wehren. Also wenn gerade jemand auf mich so zukommen würde, gäbe es ein "get the fuck off me!"... Aber wenigstens ein irritierter Blick wäre vielleicht angemessen gewesen.

Und das eigentlich schlimme sind ja die Bilder vom Covid-19 Test... weil halt deutlich wird, dass die mit einfachen Mundschutz und bloßen Handschuhen durchgeführt wird, während wir irgendwie doch davon ausgingen, dass man dafür Schutzanzüge trägt. Ob das sinnvoll ist oder nicht, sei mal dahin gestellt. Aber wir gingen irgendwie davon aus, dass es da extremere Sicherheitsvorkehrungen geben würde.

Stellt euch einfach mal folgende Frage: Wären die "Zustände" in der Berliner Kabine akzeptabel, wenn sie nicht online gepostet worden wären? Wenn die Antwort "ja" lautet, ist eine Suspendierung eine völlig Überreaktion. Wenn nicht, muss halt wesentlich mehr passieren.

Das ist nebenbei eine der Fragen, die beim anvisierten Neustart noch gar nicht angesprochen worden sind: Was macht man, wenn sich Vereine oder Fans nicht an die Hygienemaßnahmen halten? Das sollte vorher eindeutig geklärt werden. Gibt es "nur" eine Geldstrafe, oder doch härtere Maßnahmen wie Sperren oder einen Punktabzug um zu verdeutlichen, wie ernst die Lage ist?

Also nehmen wir mal ein praktikables Szenario: Alle Spieler begeben sich für 6 Wochen in quasi Quarantäne in Hotels, so dass sie jenseits der Spiele wirklich keinerlei physischen Kontakt mit der Außenwelt haben. So dass eine mögliche Covid Pandemie garantiert innerhalb des Profis-Kreises bleibt. Vielleicht ist ja nicht allen ganz bewusst, dass dies wahrscheinlich die einzige Möglichkeit ist die Saison zu Ende zu spielen, denn es wird vor dem Saisonende weitere positive Befunde geben. Und ja, das sind absolut brutale Voraussetzungen für die Spieler. Oder es ist ein Segen für die heimlich gestressten Familienväter.

Die Frage ist jetzt: Wie geht die DFL dann damit um, wenn sich ein Spieler für sagen wir die Geburt eines Sohnes heimlich aus dem Hotel ausbüchst? Oder um mit seinen Freunden in einer Shisha Bar eine zu qualmen. Was wesentlich absurder klingen würde, wenn es nicht praktisch schon passiert wäre...
Und auch wenn rauskommt, dass sich an Hygienemaßnahmen innerhalb der Stadien oder Vereinsgelände nicht gehalten wird, muss die DFL halt eigentlich reagieren. Und sie sollte vorher einen klaren Plan haben, wie sie reagieren.

Wenn man das dann noch mit dem Birger Verstraete Interview vergleicht, in dem ein Spieler quasi genau das macht, was man von Ibisevic hätte erwarten müssen... wenn auch auf dem falschen Weg: Verstraete drückt im Wesentlichen aus, dass er sich bei den Zuständen in Köln gerade sehr unsicher fühlt... Und er erklärt uns auch, warum er so unsicher ist, da seine Freundin zur Risikogruppe gehört. Was ein guter Grund ist. Verstraete ist im Wesentlichen der erste Spieler, der deutlich sagt: Ich würde lieber nicht spielen und die Saison abbrechen. Garniert mit einem "Wenn jeder Spieler anonym entscheiden könnte, bin ich sehr gespannt, wie eine Abstimmung ausgehen würde."


Das Ergebnis: Verstraete wird öffentlich zurück gepfiffen.

Das wäre nebenbei mal eine sehr spannende Idee. Also die Menschen, die tatsächlich ins Risiko gehen müssen, damit wir unseren Aggressionsaufbau dämmenden Spaß haben, mal befragen, wie weit sie dafür gehen würden... Und ihnen verschiedene Optionen von "Wir spielen gar nicht, bis es einen Impfstoff gibt, verzichten aber auch entsprechend auf unser Gehalt" zu "Wir gehen zur Not auch in Quarantäne". Und dann gibt es für jeden "Mein Kopf ist nicht beim Fußball" Verstraete einen "Dann beißen wir in den sauren Apfel" Lukas Hradecky... Wie das Gesamtergebnis aussieht, wäre aber wirklich relevant.

Oh und dann ist da noch der andere Elefant in dem Raum: Also wenn jemand positiv getestet wird, muss er ja für 14 Tage in Quarantäne. Was, bei den garantiert anstehenden englischen Wochen bedeutet, er verpasst 3 bis 4 Spiele. Da kommt dann eine wirklich relevante Frage auf: Wie viele Corona Ausfälle darf es geben, bevor die Saison doch abgebrochen wird? Und muss man diese Frage für die gesamte Liga, oder doch eher für einzelne Vereine klären.

Also nehmen wir mal, weil ja gerade alles gegen sie läuft, Werder Bremen und stellen uns kurz vor, dass Milot Rashica positiv getestet wird. Und, weil wir schon dabei sind, Davy Klaassen. Wenn man es genau nimmt, kann Werder Bremen sich in dem Moment vom Spielbetrieb zurück ziehen, denn ohne diese beiden Spieler haben sie eh praktisch keine Aussichten auf den Klassenerhalt.
Und all die Bremer so "Warum trifft es gerade uns, die sich beim Verteidigen von Standardsituationen doch schon vor Covid-19 ans Social Distancing gehalten haben?"
Und ja, ich habe seit 6 Wochen auf diesem Witz gesessen und echte Befürchtungen gehabt, dass ich ihn nirgendwo anbringen kann, falls die Saison doch abgebrochen wird... Deswegen musste der da jetzt rein...

Jedenfalls ist es für die DFL verdammt wichtig, dass man sich vorher darauf einigt, wie man mit solchen Befunden praktisch umgeht. Wie viele dieser "Krankschreibungen" ein Bundesligist aushalten muss. Damit Werder nicht am Ende einen "Wir sind gar nicht wegen unseres Verteidigungskonzepts, welches auf den Grundlagen von Social Distancing basierte, sondern wegen den Krankschreibungen abgestiegen" Mythos aufbauen kann.

Gleichzeitig sollte man auch ein "Bedeuten die 5 positiven Tests vom Wochenende jetzt, dass wir die Saison doch abbrechen müssen" Debatte vermeiden.
Machen wir mal eine vereinfachte Rechnung mit 40 "Systemrelevanten" Mitarbeitern bei einem Bundesligisten auf. Also Spieler, Trainer, Ärzte und Physiotherapeuten. Dann sind das 720 Menschen, die getestet werden müssen. Wenn es dann "nur" 3 positive Fälle gibt, sind das was... 0,4% aller Tests.
Genau dieses Narrativ will uns die DFL ja gerade verkaufen. Das ist einem aber egal, wenn einem 3 Leistungsträger für 14 Tage fehlen... Und da müsste halt vorher geklärt werden, wie viele Corona Ausfälle (zusätzlich zu den regulären Verletzungen... und die werden bei englischen Wochen ohne wirkliche Saisonvorbereitung eher zu- als abnehmen) ein Bundesligist verkraften muss, bevor wir dieses Humanexperiment doch abbrechen. Also nur, damit das vorher geklärt ist und alle Bescheid wissen.

Aber hey, vielleicht bin ich ja nur viel zu pessimistisch. Vielleicht hat die DFL das ja alles schon intern ausdiskutiert und entsprechende Pläne in der Schublade, die sie auspacken, sobald es grünes Licht von der Politik gibt. Oder vielleicht führen sie diese Debatten auch noch zwischen dem "Go" und dem wirklich Startschuss. Nachdem ich mitbekommen habe, wie sich Uefa und DFL beim Ausbruch der Krise präsentiert haben, gibt es da aber gewisse Zweifel...

Aber hey, wenn wir Salomon Kalou einfach suspendieren, gehen all die Probleme bestimmt auch weg...

Montag, 4. Mai 2020

Mea Culpa: Der "Johannes der Täufer" unter den Torhütern

Ich gebe es zu: Ich habe ihn vergessen und habe gehofft, dass es keiner merkt. Wobei, genau genommen stimmt das gar nicht. Denn ich hatte meine "Und das war das erste Turnier von Edwin van der Sar" Paragraphen zur EM 96 schon geplant... nur um dann rauszufinden, dass van der Sar bereits 1994 in den USA auf der Bank saß. Und genau genommen soll es ja beim "ersten großen Auftritt" auch um die van der Sars gehen: Die Spieler, die ihr erstes Turnier in relativer Bedeutungslos am Ende der Bank erlebten, nur um danach dann zu den großen Koryphäen des Sports zu werden. Um dann bei späteren Turnieren der Serie darauf einzugehen, ob das damals schon absehbar war, wie groß der Spieler werden würde.
Ob das bei van der Sar 94 schon zu erwarten war, kann ich halt nicht beurteilen, aber einer der einflussreichsten Torhüter aller Zeiten war er auf jeden Fall.

Einer der Schlüsselspieler der mittlerweile Vorletzten goldenen Ajax Generation. Oder der immer noch Letzten, weil sie halt wirklich den Champions League Titel gewannen. Und laut Wikipedia den Uefa Cup 1992... Auch wenn er damals noch nicht im Tor stand, zählte van der Sar schon zum Kader. Anders ausgedrückt: Der Mann hätte vor der EM 1996 in Rente gehen können und wäre bereits einer der erfolgreichsten Torhüter aller Zeiten gewesen. Mit 2 internationalen Titeln, 3 Meisterschaften, einem Pokalsieg... oh und dem Europäischen Supercup und den Weltpokal... warum auch nicht.
Van der Sar war damals 26. Und er entschied sich gehen einen Ruhestand... und für Juventus Turin.

Was faszinierend ist. Denn er war so ziemlich der einzige Torwart, der mit Juve nicht Meister wurde. Wir reden von der Mannschaft, die sich mit illegalen Mitteln zum Titel schummelte... und nach dem daraus resultierenden Zwangsabstieg stellten sie fest, dass sie ohne illegale Tricks noch viel erfolgreicher sein können und jetzt stehen sie bei 8 Meisterschaften in Folge.
Anders ausgedrückt: Mit Juve nicht Meister zu werden könnte heimlich die größte sportliche Leistung sein.
Er wurde durch einen gewissen Gigi Buffon ersetzt, der ebenfalls eine Legende ist. Und van der Sar schloss sich einem der ersten Scheichklubs der Premiere League an. Man würde niemals erraten, welcher Verein das war...
Nur um dann mit 36 Jahren seinen Vorruhestand auf der Bank von Manchester United zu erleben... Ich meine natürlich im zarten Alter von 36 Jahren Teil einer neuen Manchester Ära zu werden... 13 Jahre nach seinem ersten Champions League Titel holte er sich zum 2. Mal den wichtigsten Vereinstitel Europas. Und stand im Jahr 2011 mit 40 Jahren und 7 Monaten als ältester Spieler aller Zeiten in einem Champions League Finale. Der einzige Grund, warum er nicht in 3 unterschiedlichen Dekaden den Henkelpott holte, war ein gewisser Lionel Messi. Der war zu dieser Zeit auf einem Level angekommen, an dem van der Sar endgültig nicht mehr folgen konnte...
Aber gerade die späten Jahre waren ein Vorbote für die Karriere von Buffon. Der Nachweis, dass ein Torwart auch mit 40 Jahren noch auf höchstem Niveau halten kann. Nur dass dieses höchste Niveau halt selten gegen einen Messi hilft.

Aber das ist ja der unwesentliche Teil seiner "Johannes der Täufer" Biographie. Für die Atheisten unter uns: Johannes der Täufer war der letzte Prophet vor einem gewissen Jesus Christus. Er war quasi der Vorbote für das Christentum. Und Edwin van der Sar war DER Vorbote des modernen Fußballspiels. Einer der ersten Torhüter, die sich auch als Fußballer definierten. Der in der Spielereröffnung jeden erdenklichen Pass spielen kann, was seinem Team einen extremen Vorteil verschafft.
Oder anders ausgedrückt: Er hat all das, wofür Manuel Neuer so verehrt wird, vorher schon gemacht.
Damals war es genau genommen eine Offenbarung, dass man den Torhüter als elften Feldspieler nutzen kann. Aber hier ist das faszinierende: van der Sar wurde nie zum Welttorhüter gewählt. Für den Rest seiner Karriere kam er an traditionellen Experten wie Oliver Kahn nicht vorbei. Und an Fabien Barthez und Jose Luis Chilavert... vielleicht hätte van der Sar auch darauf bestehen sollen, Freistöße zu schießen... Bei aller Liebe für exzentrische Exoten, dass Chilavert diesen Titel 3 Mal geholt hat, aber van der Sar nie, entwertet den Titel ein wenig...
Und wenn den Leuten "damals" schon bewusst gewesen wäre, wie wichtig es ist, dass dein Torhüter auch mitspielt, wäre vielleicht der eine oder andere Titel doch in seine Richtung gegangen.

Ist das alles wirklich relevant? Bestimmt nicht. Ich denke halt nur in der Retroperspektive gerade relativ viel an van der Sar. Wahrscheinlich weil er einer der ersten internationalen Namen war, bei denen ich quasi die gesamte Karriere verfolgen durfte. Also ich kann mich sowohl an das 5:2 von Ajax gegen die Bayern aus dem Jahr 1995 als seinen erste relevanten Auftritt, als auch an das Champions League Finale von 2011 erinnern. Zum Beispiel daran, dass Ajax damals ein Tor erzielte, bevor Sat1 aus der Werbung zurück war... Das sind so Dinge, die ich nicht mal nachschlagen muss, sondern wo ich den Link für euch hinterher raus suche. Und da diese Karriere halt auch verdammt lang war, lief man sich bis 2010 immer wieder über den Weg. Trotzdem habe ich "das erste Aufeinandertreffen" gerade ausgeblendet... Und das wollte ich hiermit mal fix nachholen...