Montag, 23. März 2020

Ein Salary Cap wäre echt das dümmste Ergebnis

Also es wird ja gerne als "Problemlösung" für die immer weiter einschreitende Chancenungleichheit in der Liga angebracht. Und jetzt denkt auch ein Martin Kind als erster Verantwortlicher laut über so eine Idee nach. Also als Ergebnis der Corona Krise brauchen wir jetzt anscheinend so was. Lasst uns mal durchgehen, warum das eine richtig dumme Idee ist.

Als erste gilt hier: Ein Salary Cap funktioniert, wenn überhaupt, nur in einer geschlossenen Liga, in der alle annähernd gleiche wirtschaftliche Voraussetzungen haben. Und die möglichst ohne Abstieg funktioniert. Legen wir mal als praktisches Beispiel den Salary Cap bei einem durchschnittlichen, seriös wirtschaftenden Bundesligisten, der hin und wieder international spielt, fest. Nehmen wir Borussia Mönchengladbach, um die indirekt genau dafür zu loben.
Dann stellen wir als nächstes fest, dass es keine offiziellen Angaben dazu gibt, wie viel Gehalt die Gladbacher ihren Profis so auszahlen. Aber das ist ja egal, wir nehmen einfach den Wert X.

Denn fest steht: Die Mannschaften, die regelmäßig an der Champions League teilnehmen, also Bayern, Dortmund und praktisch Leipzig, müssten ihre Gehaltskosten drastisch reduzieren um diesen Wert X zu erreichen. Obwohl sie eigentlich, auf Grund der schönen Champions League Millionen, einen wesentlich größeren Ertrag erwirtschaften und damit auch ausgeben könnten.

Und dann gibt es die SC Freiburgs der Liga, die einfach nur mit der Schulter zucken und bei denen sich nicht ändert, weil sie Wert X eh nie erreichen.
Spannend wird es aber, wenn dann für die Zweite Liga ein Wert Y festgelegt wird, der sich an Heidenheim orientiert. Also einem durchschnittlichen Zweitligsten. Dann steigt Gladbach, weil ein Jahr lang wirklich alles Scheiße läuft, er halbe Kader verletzt ausfällt und man keine Spieler nach verpflichten kann, weil Wert X erreicht wurde, ab und muss sein Gehaltsbudget, obwohl man in der Lage wäre zumindest für ein Jahr wesentlich mehr zu zahlen, auf Y reduzieren. Da fragt man sich, ob man die Spielerverträge überhaupt so strukturieren kann, dass das überhaupt umsetzbar ist. Und wie groß wird der wirtschaftliche Schaden, wenn Gladbach zwangsweise Spieler verkaufen muss um unter den Salary Cap zu kommen... Ihr könnt euch vorstellen, wie extrem die Transferablösen fallen werden, wenn Gladbach zwangsweise Spieler abgeben muss um Wert Y zu erreichen. Der extrem unglückliche Abstieg trifft den Verein doch schon hart genug.

Die nächste Stufe der Absurdität ist ja, dass der Salary Cap dann auch international gelten müsste. Und hier eskaliert das Problem dann noch mal extrem. Denn ein Verein der Premiere League dürfte dann genau so viel ausgeben, wie ein Team aus Bulgarien. Und während das in Bulgarien keine Sau interessieren dürfte, würde die Premiere League komplett zusammenbrechen.

Nun kann man natürlich sagen: Wir brauchen eine flexiblen Salary Cap, der auf jede Liga und jede Situation einzeln eingeht. Dazu sage ich nur: Den haben wir schon, das nennt sich "Financial Fair Play" und "Lizensierungsverfahren".  Beide Institutionen legen ja im Endeffekt fest, dass man nicht mehr Geld ausgeben darf, als man realistisch einnehmen kann. Und mehr braucht man als Salary Cap gar nicht.


Lasst uns aber mal zu den Hauptargument, warum ein Salary Cap eine richtige dumme Idee ist, kommen. Also selbst in einer Geschlossenen Gesellschaft. Denn im Wesentlichen ist es eine unglaubliche Preisbremse. Eine Preisbremse für die Athleten. Also denjenigen, auf dessen Knien, Rücken und Gehirnen die Milliarden verdient werden.
Und klar, für uns Normalsterbliche mag es unvorstellbar sein, dass es sich für Juventus Turin lohnt 100 Millionen Ablöse und ein Jahresgehalt von 31 Millionen in eine 32 jährigen Cristiano Ronaldo zu stecken. Aber der Mann macht alleine selbst für einen Weltverein wie Juve so viel Umsatz, dass es sich lohnt dieses Geld auszugeben. Warum also, abgesehen von irrationalem Neid, sollte ein Ronaldo dieses Geld nicht verdienen, wenn er den Betrag und mehr für seinen Verein einspielt? Weil wir irgendwo eine Willkürliche Grenze festgelegt haben, die das verhindert?
In der NBA gibt es ja so einen Salary Cap. Und das Ergebnis ist: Die wirklich überragenden Spieler verdienen wesentlich weniger Geld als sie eigentlich auf einem freien Markt wert sind... während schlechte Manager überdurchschnittlichen Spielern unfassbar viel Geld hinterher werfen, weil sie halt schlechte Manager sind. Aber hier sind halt die schlechten Manager das Problem und ein Salary Cap nur bedingt eine Lösung.

Ich finde es ja an der Stelle faszinierend, dass Martin Kind von einem "Durchlauferhitzer", der die Vereine praktisch sind, spricht. Das stimmt natürlich. Von dem unfassbaren Geld, welches im Fußball umgesetzt wird, endet relativ wenig auf den Konten der Vereine. Aber ist das was wirklich schlechtes, solange das Geld bei den paar elitären Experten landet, die letztendlich dafür sorgen, dass die Stadien voll sind? Und das sind im Wesentlichen halt die Spieler.
Was mich zu der spontanen Idee bringt: Ein Salary Cap ja, aber für Beraterbudgets. Und wenn ein Berater mehr als 5.000 Euro pro Transfer haben will, muss er das mit seinem Klienten, dem Spieler, klären. Dass die Berater am Ende gefühlt am meisten verdienen, obwohl sie am wenigsten machen, ist ein riesiges Problem. Aber dieses Problem löst man nicht durch einen Salary Cap, sondern über klare Regeln und Lizenzen für Berater.

Ein weiteres Problem mit dem Salary Cap ist halt, dass man sich als Fußballer dann irgendwann mit einer unangenehmen Frage beschäftigen muss. Einer Frage, die sich einfach nicht stellen sollte: Was ist mir wichtiger? Geld oder Titel? Denn wenn ich als Fußballer darauf aus bin für meine Familie zu sorgen und angemessen bezahlt zu werden, schieße ich meinem Verein damit ins Bein.
An der Stelle sei mal das kleine, fiese Geheimnis der einzigen Salary Cap Dynastie aus der NFL offenbart: Giselle Bundchen ist reicher als ihr Mann. Deswegen konnte Tom Brady es sich leisten jahrelang weit unter Marktwert zu spielen. Und während die anderen Teams in sich zusammen fielen, sobald der Quaterback seinen großen Vertrag unterschrieben hat, spielten die New England Patriots jedes Jahr um die Meisterschaft mit.
Die logische Lektion für jeden Quaterback: Wenn ich regelmäßig um Titel kämpfen will, dann muss ich auf Geld verzichten. Wenn ich annähernd das verdiene, was ich wert bin, wird mein sportlicher Erfolg darunter leiden.
Nebenbei gibt es unfassbar viele Geschichten aus der NFL von an sich guten Mannschaften, die auseinander gerissen werden mussten, weil die Franchise einfach nicht alle Beteiligten angemessen bezahlen konnten. Und meistens beginnt das mit der Vertragsverlängerung des Quaterbacks. Gerade in einer richtig gefährlichen Liga wie der NFL gilt doch: Ein Salary Cap, der verhindert, dass du all eine Spieler angemessen bezahlen kannst, ist etwas asoziales.

Zurück zum sportlichen Erfolg: Der ist halt ein nicht zu unterschätzender Antrieb für Spitzensportler. Also die Spieler gehen nicht hauptsächlich wegen des Geldes zu den Bayern. Klar, die können auch gut bezahlen, aber ein Robert Lewandowski hätte in Dortmund bestimmt ähnlich gut verdient. Aber er hat ja nicht mal mit denen verhandelt, weil er unbedingt die Chance auf einen Champions League Titel realisieren wollte. Und genau deswegen hat er ja zwischenzeitlich auch über einen weiteren Wechsel nachgedacht, als ihm auffiel, dass das bei Bayern eher nichts wird.
In Zeiten eines Salary Caps wechselt ein Lewandowski immer noch dann nach München und nimmt dafür noch Gehaltseinbußen in Kauf. Oder er muss sich später vorwerfen lassen, dass er nicht das maximale an Erfolg aus seiner Karriere geholt hat.
Bei Lewandowski, der schon 2 Mal Meister war, mag das noch gehen, aber manch anderer wird dann als "ewig unvollendeter" in die Geschichtsbücher eingehen. Also quasi als Marco Reus... Dann heißt es hinterher: Was hätte der alles aus seiner Karriere machen können? Worauf der Spieler dann antwortet: Weniger Geld halt, denn die guten Vereine hatten keinen Platz unterm Salary Cap für mich...
Und bei den Bayern zu spielen wird in Zeiten eines Salary Caps dann nur noch wichtiger... weil andere Einnahmequellen dann noch viel relevanter werden. Private Ausrüster und Werbeverträge halt, da hilft dann die weltweite Reichweite der Bayern extrem weiter. Das Gehalt, auf welches ich von den Bayern verzichte, kriege ich also dann an anderer Stelle wieder.

Als nächstes großes Problem zerstört ein Salary Cap Identifikationsfiguren. Klingt zu hoch gegriffen? Aber denkt das mal durch: Wenn ich jetzt nur Betrag X, der viel zu niedrig ist, zur Verfügung habe, wie baue ich dann mein Team zusammen? Bleiben wir mal bei den Bayern der letzten Jahre: Können sich die eine Verlängerung mit Arjen Robben und Franck Ribery nach der Verpflichtung von Kingsley Coman und Serge Gnabry überhaupt noch leisten? Also in der Saison 2018/19?
Für die Identifikation mit den Fans sind diese Spieler verdammt wichtig. Für die Hierarchie in der Kabine irgendwie auch. Aber wenn man nur noch Betrag X zur Verfügung hat, kann man denen dann nur noch Angebote machen, die als Beleidigung aufgefasst werden müssen. Und auf ein Mal beendet nicht nur Franck Ribery seine Karriere irgendwo in Florenz. Haufenweise alternde Stars werden zu irgendwelchen relativ reichen, mit entsprechenden Platz unter dem Salary Cap gesegneten Vereinen abgeschoben um dort ihre Frührente einzustreichen.
Und klar, so was passiert, gerade bei den Bayern, eh schon zu häufig. Aber brauchen wir wirklich ein System, dass dies aktiv fördert und die Vereine praktisch dazu zwingt diese Spieler ziehen zu lassen?

Nebenbei nur, damit die Vereine auf irgendwelchen Konten in der Schweiz ihr Geld horten. Und abgesehen von Rücklagen für Coronakrisen, die in 60 Jahren Bundesliga einmalig ist, brauchen die ja keine 100 Millionen auf dem Konto.

Und klar, die Corona-Absagen verdeutlichen uns auf was für wackligen Füßen der Fußball anscheinend steht. Das ist auch ein strukturelles Problem. Genau das sieht man ja anscheinend gerade an Werder Bremen, die uns ja allen einreden wollen, dass sie nur deswegen gerade den Anschluss verlieren, weil sie als einzige seriös wirtschaften.
Wenn man als einer der wenigen Vereine Rücklagen für solch extreme Krisen wie jetzt gerade bildet, hat man den Rest der Zeit einen eindeutigen Wettbewerbsnachteil. Das dürfte in der 3. Liga, wo wirklich alles auf Kante genäht werden muss, noch viel gravierender sein als in der Bundesliga. Das sind strukturelle Probleme, für die man kreative Lösungsansätze braucht.
Aber zu sagen "Hey, wir bezahlen unsere Spieler einfach nicht mehr anständig und beschneiden deren Gehälter extrem." kann nicht die Antwort sein.

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