Dienstag, 21. Juli 2020

Quo vadis, Bundesliga 2020: Borussia Mönchengladbach

Ups... ich hab nen Benioff und Weiss gebaut... I kind of forgot about Borussia Mönchengladbach.

Aber dann lächelt Max Eberl mich von kicker.de an... und ich so: Verdammt, das könnte der wichtigste Mann der Bundesliga sein. Und bevor ich das lesen konnte, wurde es auch schon wieder runter genommen... Interessant.

Aber ja, die Lösung für Borussia Mönchengladbach ist einfach: Sie müssen Max Eberl halten. Und dafür sollten sie vielleicht mal einen Titel holen. Also praktisch den DFB Pokal oder die Europa League, denn das ist das realistische Ziel. Dafür müsste man natürlich an der Champions League scheitern, aber das kriegen die schon hin...

Denn Max Eberl ist gerade der beste Manager der Bundesliga. Auch wenn Hasan Salihamidžić gerade von allen über den grünen Klee gelobt wird, weil er ein überragendes Talent gefunden hat. Ein Hasan hat aber auch ganz andere Voraussetzungen. Wenn man die Eberl geben würde...

Mir ist dabei gerade etwas aufgefallen: Der Manager (oder wie auch immer man den Posten jetzt bezeichnet) ist die wichtigste Position in einem Verein. Das fängt offensichtlich bei den Bayern an, die halt über 30 Jahre lang von Uli Hoeneß geprägt wurden. Trainer, Spieler, Präsidenten und Platzwärte kamen und gingen. Man hätte sogar Lothar Matthäus zum Greenkeeper machen können und wäre trotzdem weiterhin Meister geworden. Aber ein Hoeneß Abgang in den 90ern und alles hätte zusammenbrechen können. Zum Glück fing der mit dem Steuerhinterziehen erst später an...

Aber auch wenn man sich die Konkurrenten anguckt. Also mit der Ausnahme von Borussia Dortmunds Meisterschaften in den 90ern, für die Michael Meier verantwortlich war... und das ist langfristig ein legendär schlechter Manager... Und klar, der konnte kurzfristige Erfolge einfahren, aber langfristig führte er dich in Richtung Konkurs.

Aber alle anderen "langjährigen Herausforderer" der Bayern wurden immer durch herausragende Manager geprägt. Werder Bremen hatte mit Willi Lemke und Klaus Allofs 2 davon und war dementsprechend 2 Mal Bayern-Jäger Nummer 1. Am Ende ist gar nicht Florian Kohfeldt das Problem in der Hansestadt, sondern Frank Baumann, der halt Stand Jetzt nicht in der Lage ist, Klaus Allofs zu ersetzen.
Und natürlich wurde Allofs am Ende auch alt und verpasste die neusten Entwicklungen. Aber solange der richtig gut war, spielte Werder konstant international.

Bayer Leverkusen hatte jahrzehntelang einen Rainer Callmund. Natürlich eine streitbare Persönlichkeit. Aber Bayer war vor und nach seiner Ära nie annähernd so erfolgreich, wie unter ihm. Und die Ära geht vom DFB Pokal Gewinn 1988 bis zum Vize-Kusen Jahr 2002. Callmund war dabei an 2 Stellen Visionär:
1. Dem Abwerben von Spielern aus der noch existierenden DDR. Wenn sie ihn gelassen hätten, hätte er neben Ulf Kirsten und Andreas Thom auch noch Matthias Sammer geholt... und Spoiler: Dann wäre er auch Meistermanager...
2. Dem scouten und integrieren von Brasilianischen Stars und Talenten. Das mag heute total normal wirken. Aber in den  90ern, wo man eh nur 3 Ausländische Spieler auf dem Platz haben durfte... und wo das Reisen zu Scouting noch nicht mit Google Earth und Youtube zu erledigen war. Das Paradebeispiel wie viel besser als der Rest Bayer beim Integrieren von Südamerikanern war, sie mal Zé Roberto genannt. Der war bei Real Madrid schon gescheitert und wurde dann in Leverkusen zu dem Musterprofi, der später bis Mitte 40 spielen konnte und wollte.

Bei Borussia Dortmund soll die Ära Michael Zorc demnächst zu Ende gehen. Eine Ära mit 3 Meisterschaften, 2 Pokalsiegen und einem Champions League Finale. Und ja, Zorc war nie der lauteste Typ. Den Job des nervigen Außenministers hatte dort immer Joachim Watzke intus. Und viele verbinden den Aufstieg der Borussia mit dem Übertrainer Jürgen Klopp. Aber Zorc hat bei Meier die richtigen Lektionen gelernt, dessen Trümmerhaufen zusammen gekehrt und ein neues Fundament errichtet. Und natürlich hat man sich, wie erst vor kurzem erörtert, in eine Sackgasse manövriert, in der es schwierig wird, weitere Titel zu holen. Aber vielleicht geht Zorc ja auch deswegen in den Ruhestand.
Die eigentlich spannende Frage lautet: Kann Sebastian Kehl die Arbeit seines Mentors fortführen, oder wäre er (wie ein Baumann halt) in der 2. Reihe besser aufgehoben.

Max Eberl, um den Bogen zu schlagen, steht für mich mit all diesen Managern auf einer Stufe. Auch wenn ein Stefan Effenberg, der ihn vor Jahren mal stürzen wollte, nicht glauben wird. Auch wenn seine Erfolge sich noch eher mit Florian Kohfeldt messen, als mit seiner eigentlichen Konkurrenz. Aber zum Glück für die Gladbacher hat der dem Werben der großen Bayern bereits ein Mal widerstanden. Was aber auch alles über die eigentliche Wertschätzung seiner Arbeit sagen sollte: Die Bayern haben den im Visier.

Hoffentlich hat er bis zum Ende der Ära Salihamidžić genügend Titel gesammelt, dass er sagen kann "Ich muss nicht zu den Bayern"... Das ist ja nebenbei das andere faszinierende an Eberl: Der ist "erst" 46 Jahre. Der hat noch 10 gute Jahre vor sich. Mindestens. Also Zorc holte seine erste Meisterschaft in Eigenverantwortung mit 49. Allofs war 2006 48 Jahre alt.
Es wirkt halt schon so, als sei Eberl ein Alter Hase, der seit Ewigkeiten dabei ist. Aber andere werden in dem Alter noch als junges, aufstrebendes Managertalent gehandelt.

Mich bringt das alles aber zu einer anderen Frage: Warum vergibt der Kicker eigentlich keinen Titel "Manager des Jahres", aber den des "Trainer des Jahres"? Als Manager wird man von den 11 Freunden ausgezeichnet... Wenn überhaupt. Dabei wird meistens erst der Manager gefunden und der stellt dann den überragenden Trainer ein... und verpflichtet die Spieler. Trotzdem denken wir bei den Äras (Rehagel, Schaaf, Klopp) immer erst an die Trainer und selten an die Manager. Es sei denn (siehe Callmund und Hoeneß) die Manager holen wirklich mit mehreren unterschiedlichen Trainern ihre Erfolge. Wobei selbst da denkt man bei Vize-Kusen erst an Christoph Daum und Klaus Topmöller...

Nebenbei kann man ja auch an anderen Vereinen oder Situationen erkennen, wie wichtig ein guter Manager ist. Bleiben wir da erst mal in Gladbach: Vor Eberl war das ein Chaosclub, der auf dem Weg zur Fahrstuhlmannschaft war. Die "Sportlichen Leiter" zwischen 2005 und 2008 hießen Christian Hochstätter, Peter Pander und Christian Ziege. Alles Leute, denen heute niemand mehr echte Verantwortung im Profibereich zuschieben würde...
Vorher gab es faszinierender Weise 2 Äras: Helmut Grashoff führte den Verein während der glorreichen 70er, Rolf Rüssmann übernahm danach für immerhin noch ordentliche 80er und 90er Jahre. Unter Rüssmann holte man immerhin noch den DFB Pokal 1995. Oder anders ausgedrückt: Den bis heute letzten Titel der Vereinsgeschichte. Und natürlich ging es auch unter Rüssmann schon bergab, aber richtig finster wurde es halt erst in der experimentellen Phase danach. Und aufwärts ging es erst wieder, als ein fähiger Manager gefunden wurde. Durch Zufall, weil man ja weiterhin auf das "Wir nehmen einfach ehemalige Spieler" Konzept setzte, aber man fand einen.

Hier kommt jetzt etwas schockierendes: Der Name "Grasshoff" taucht im Wikikedia Artikel 1 mal auf, obwohl er von 1966 bis 1991 Manager war: Er kreierte das erste Maskottchen. Das war bestimmt seine einzige relevante Leistung.
Wenn wir an die Ära der 70er Jahre denken, reden wir halt zuerst von Hennes Weisweiler und Günter Netzer. Obwohl Netzer den Verein 73 verließ... Also die 3 Meisterschaften in Folge wurden ohne Netzer geholt... Der Trainer war in der 2. Hälfte des Jahrzehnts Udo Lattek...

Natürlich ist es im Nachhinein schwierig zu beurteilen, wie die Arbeit von Grasshoff im Detail aussah. Aber es ist schon irgendwie auffällig, dass er die einzige Konstante der erfolgreichsten Zeit der Vereinsgeschichte war und dass die Fohlenelf nie wieder auch nur annähernd auf dieses Niveau kam.

Um ein anderes Negativbeispiel zu bringen: Der letzte wirklich gute Spordirektor des Hamburger SVs war... ähm... Günter Netzer? Fest steht: Man hatte seit 1977 18 unterschiedliche Sportvorstände oder Manager. Halt sportliche Hauptverantwortliche. Und zwischenzeitlich war die Position auch offiziell "vakant". Da ist die Frage, warum es mit dem HSV seit den 80er Jahren konstant bergab geht auch leicht beantwortet: Sie haben es nie geschafft einen Manager zu finden, der den Verein und eine Ära prägt. Und beim HSV wird ja auch in schöner Regelmäßigkeit aufgezählt, wie oft dort der Sportdirektor ausgetauscht wird. hsv1887.de hat nach Peter Knäbel einfach aufgehört, weiter mitzuschreiben, weil es eh keinen Sinn mehr macht... Trotzdem kommt kaum jemand auf die Idee, die Äras der einzelnen Vereine an den Managern zu fixieren. Also bis auf ganz wenige Ausnahmen wie Christian Heidel in Mainz.

Nur um mal zu verdeutlichen, wie schlimm es ist: Wenn ich nach "Bundesliga, Manager des Jahres" suche, ist die 2. Antwort eine englischsprachige Auflistung der vom Kicker ausgezeichneten Trainer. Warum ehrt der Kicker nicht auch die Sportdirektoren in einem ähnlichen Stil? Um mal festzuhalten, wer da wirklich die überragende Arbeit abliefert.

Aber ja. Max Eberl könnte das wichtigste Individuum für die Bundesliga sein, wenn es darum geht eine Herausfordernde Liga für den über allem stehenden Rekordmeister zu erschaffen. Und er wird dafür nie die angemessene Anerkennung bekommen, selbst wenn es ihm gelingt...

1 Kommentar:

  1. Bei Allofs sollte man auch nicht verschweigen dass er nach Bremen bei Wolfsburg aller Kritik zum Trotz die Grundlage dafür gelegt hat dass der Verein obwohl man keine 40 Millionen für einen Draxler mehr ausgeben kann weiterhin jedes Jahr zumindest um die Europa League spielt.

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