Freitag, 2. August 2019

Die pessimistische Saisonvorschau: Was wenn der Trainer doch der Gute war?

Es ist ja schon faszinierend, wie viele Vereine in dieser Sommerpause ihre Trainer gewechselt haben. RB Leipzig, Borussia Mönchengladbach, der VfL Wolfsburg (also fast die Hälfte der Europapokal-Teilnehmer), Hoffenheim (wenn auch als einzige nicht freiwillig), Hertha BSC Berlin, Schalke 04 und sogar die Kölner als Aufsteiger.

Wenn man dann noch bedenkt, dass Bayer Leverkusen und der FC Augsburg in ihre erste volle Saisonvorbereitung mit ihren Trainern gehen. Kommt man auf die Halbe Liga, die auf neue Ideen auf der Trainerbank setzt.

Und gerade das selbst das Erreichen der Saisonziele einem keine Garantie auf eine Weiterbeschäftigung gibt, ist eine neue Entwicklung, die aber nicht zwingend schlecht sein muss. Also man kann das praktisch am Unterschied zwischen Schalke und Mönchengladbach erklären: Als Schalke in einer unfassbar grottigen Bundesligasaison mit eigentlich viel zu wenigen Punkten Zweiter wurde, hat dass allen die Sinne vernebelt. Man hat halt nur die Tabelle und nicht das, was auf dem Platz passierte, bewertet und Domenico Tedesco deswegen zum Genie erklärt... und ging davon aus, dass das so weiter gehen wird. Ging es aber nicht, was aber abzusehen war.

Wenn Max Eberl unter Dieter Hecking eine Stagnation in der Entwicklung der Mannschaft wahr nimmt und sich denkt "Diese schwimmende Stürmer Idee kommt an ihre Grenzen, wir brauchen mal was neues", entlässt er den Trainer, obwohl sich die Mannschaft am Ende tabellarisch verbessert hat.

Um an der Stelle mal das offensichtliche Auszudrücken: Tedesco hätte als Vizemeister natürlich nicht entlassen werden sollen, aber Schalke hätte halt trotzdem mit der Saison kritischer umgehen müssen und im Sommer an mehr Stellschrauben drehen... Aber ein gut geführter Verein guckt halt auf mehr als auf die Tabelle, wenn er seine Saison bewertet. Schalke ist dies überraschende Weise nicht...

Dass die Manager nicht mehr nur auf die Tabelle gucken, sondern auch auf die Entwicklung ihrer Mannschaft, führte halt zu überraschend vielen Wechseln. Und weil man wirklich neue Impulse setzen wollte, rotierte man nicht einfach die verbrauchten Trainer untereinander (dafür ist der Hamburger SV zuständig... Nummer 3), sondern setzte auf neue und frische Gesichter aus dem Ausland. Wir sind damit wieder an dem Punkt angekommen, wo erfolgreiche Trainer aus Österreich oder der Schweiz der neuste Geheimtipp sind... Also so neu und so geheim, dass sich da jeder bedient. Nachdem man vorher zielsicher zu den Jugendtrainern gegriffen hat, weil das woanders funktioniert hat, sind jetzt wieder die Alpenländer dran. Faszinierend, wie sich alles im Kreis bewegt.

Denn das ist jetzt die entscheidende Frage für die neue Bundesliga Saison: Wird, bleiben wir in Gladbach, Marco Rose der nächste Peter Stöger? Oder doch nur der nächste Hans Peter Latour? Wird Oliver Glasner der nächste Lucien Favre? Oder doch nur der nächste Stale Solbakken? Wird Peter Bosz der nächste Adi Hütter? Oder doch nur, nun ja, der nächste Peter Bosz?

Es gibt halt genügend Beispiele an neuen Trainern, die auf dem niedrigeren Niveau in Österreich oder der 2. Liga wunderbar funktioniert haben, dann aber in der Bundesliga scheiterten.

Nun, um den Bogen zur Überschrift zu schlagen, können sich verdammt viele Manager nicht darauf raus reden, dass sie die Trainer ja wechseln mussten, weil die Ziele in Gefahr waren... Man entschied sich im Sommer bewusst und gezielt für einen Neuanfang... Was ihnen auf die Füße fallen wird, wenn sich hinterher raus stellt, dass der Trainer gar nicht das Problem war. Also das dürfte sogar fast noch gehen, dann stagniert man ja wenigstens und das in den meisten Fällen auf ordentlichem Niveau.
Aber was passiert, wenn die ganzen Bundesligisten jetzt feststellen, dass der Trainer mit seiner Arbeit verdammt viele Schwächen im Kader überdeckt hat und der Hauptgrund für eine erfolgreiche Saison war? Klar, das klingt absurd, vor allem, wenn einem bewusst wird, dass wir unter anderem von Bruno Labbadia reden. Aber die Möglichkeit existiert.
Und es können statistisch gesehen nicht alle Bundesligisten zum richtigen Trainer gegriffen haben? Was passiert also, wenn die Hertha in den Abstiegskampf rein rutscht, den man unter Pal Dardai immer so erfolgreich vermieden hat... Wenn man plötzlich hinter Union steht? Gut, die haben es einfach, die können dann einfach Dardai zurück holen.
Aber was machen Wolfsburg und Gladbach, wenn sie plötzlich auf Platz 12 und 13 liegen? Wie schnell wird da dann die Stimmung kippen, wenn sich die Fans und der Vorstand daran erinnern, dass das mit einem ordentlichen Trainer so viel besser aussah?

Dazu kommt, dass halt auch erstaunlich viele Trainer mit einer guten Vita auf dem Markt sind. Selbst Bruno Labbadia ist halt gerade nicht der Gescheiterte Geschasste, sondern der Held von Wolfsburg. Peter Stögers Arbeit in Köln kann doch noch nicht vollkommen in Vergessenheit geraten sein. Domenico Tedesco ist immer noch ein faszinierendes Trainertalent, welches weitere Chancen bekommen wird. Ein Dardai dürfte, sobald er wirklich die Hertha los lässt, für viele Bundesligisten interessant werden. Markus Weinzierl ist als Feuerwehrmann in Stuttgart gescheitert, aber seine jahrelange Arbeit in Augsburg ist bis heute die Grundlage für den letztens erwähnten absurden Erfolg der Fuggerstädter.

Das ist halt, wenn man dann im November einen neuen leitenden Angestellten sucht, eine erstaunlich komfortable Situation, die halt auch durch die großen Bewegungen in diesem Sommer ermöglicht worden sind: Man hat wesentlich bessere Optionen als den bereits 5 mal entlassenen, eigentlich nur als Feuerwehrmann zu gebrauchenden und danach verbrannte Erde produzierenden Bruno Labbadia. Was dem Trainermarkt auch während der Saison eine spannende Dynamik geben könnte.

Ernsthaft, ich muss mich als nächstes etwas detailierter mit Labbadia auseinander setzen. Auch wenn das dann nur bedingt mit der Saisonvorschau zu tun hat...

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