Dass man sich im Jahr 2019 mit so einem Scheiß überhaupt befassen muss.
Und um das gleich zu klären: Die Situation in Dortmund ist anders und das aus zweierlei Gründen: Erstens sind Patrick Owomoyela und Norbert Dickel keine Führungspersönlichkeit im Verein. Einen Verein zu bestrafen, weil irgendwo tief im Apparat ein Rassist sitzt, ist absurd. Einen Verein zu bestrafen, weil deren Chef ein Rassist ist, ist etwas anderes.
Ich finde es auch faszinierend, wie jetzt alle die Aussagen relativieren wollen. Die waren "unglücklich und unbedacht"... Tönnies hat beim Tag des Handwerkes vor 1600 Leuten eine Rede gehalten. Wer mir jetzt erzählen will, dass er sich da spontan ein paar lockere Sprüche ausgedacht hat. Also er wird ja vorher gewusst haben, dass er eine Rede über den Klimawandel halten will und das seine Lösung "Mehr Kraftwerke in Afrika" lautet...
Das nächste Problem ist ja, dass Tönnies nicht ausgepfiffen worden ist, sondern Applaus bekommen hat. Und wenn der Mann nicht ganz ignorant ist, wusste er das auch. Er wusste, dass die Aussage provoziert, aber wohlwollend aufgenommen ist.
Kommen wir zum nächsten faszinierenden Ereignis: Tönnies Entschuldigung. Die ist nämlich praktisch keine. Was eine wunderbare Konstante ist.
Ich musste da sofort an die NFL denken, die ja als recht brutale Sportart auch ein Problem mit.. nun ja... gewalttätigen Spielern hat. Und die völlig zusammenhanglos auch regelmäßig Probleme mit Häuslicher Gewalt... Und die Spieler, die bei Gewaltakten gegen Frauen erwischt werden... reagieren genau so wie Tönnies.
Heißt: Sie entschuldigen sich bei ihrem Verein. Bei den Fans. Bei allen. Nur halt nicht bei den Opfern, warum sollten sie auch. So hinterlässt man dann den Eindruck, dass es einem Leid tut, dass man dem Verein geschadet hat und nicht das man richtig Scheiße gebaut hat. Zwar hat Tönnies den Anstand auf seine ursprüngliche Aussage einzugehen und sich damit für die Verunglimpfung der Bevölkerung eines gesamten Kontinentes bei diesem zu entschuldigen. Irgendwie macht sich aber das Gefühl breit, dass er dies nur macht, um Schaden von sich abzuwenden, nicht weil es ihm wirklich Leid tut...
Dass nebenbei raus kommt, dass Tönnies passionierter Großwildjäger ist... macht ihn nur noch unsympathischer, rundet das Bild aber ab.
Kommen wir aber zur entscheidenden neuen Frage (denn all das konntet ihr ja auch woanders lesen): Was machen die DFL und der DFB, wenn Tönnies heute nicht zurücktritt oder seines Amtes enthoben wird. Nur um meine Prognose abzugeben: Er wird sein Amt einige Monate ruhen lassen und danach haben wir dann vergessen, dass der Mann einen gesamten Kontinent beleidigt hat. Dann wird es leisen Protest aus den Fankurven geben und das war's dann. Was aber genau genommen nicht genug ist, wenn man Anti-Diskriminierung-Kampagnen fahren will.
Um das mal kurz mit ein paar anderen Beispielen zu unterfüttern: Die Los Angeles Clippers hatten jahrelang ein rassistisches Arschloch als Besitzer. Das war unter der Hand auch bekannt und wurde auch eine ganze Weile ignoriert. Unter anderem von den Spielern, die dann alle überrascht taten, aber Details. Dann gelangten aber eindeutig rassistische, aber privat getätigte Aussagen an die Öffentlichkeit und die NBA zwang Donald Sterling dazu, seine Franchise zu verkaufen, weil sie sich eindeutig auf die "Solches Gedankengut wollen wir nicht in unseren Führungsetagen sitzen haben" Seite gestellt haben.
Und das zweite Beispiel ist ein wenig kleiner, weil es nur um 30 Millionen geht, dafür aber aktueller: Auch im Esports gab es jetzt den Vorfall, dass einer der Investoren den anderen rassistisch beleidigt hat und diese Nachrichten dann an die Öffentlichkeit kamen. Und Riot zwang dann als Betreiber der Liga das Unternehmen Echo Fox dazu, entweder den Investor rauszuschmeißen oder den Platz in der Liga zu verkaufen,. Letzteres ist dann auch passiert.
Natürlich ist so was in privat geführten Ligen einfacher. Und ein Verkauf von Vereinen ist in Deutschland ja 50+1 sei Dank gar nicht möglich. Aber trotzdem sollten auch DFL und DFB die ganz klare Position vertreten, dass Tönnies als Aufsichtsratsvorsitzender eines Bundesligisten nicht mehr tragbar ist.
Nur um das mal kurz zu vergleichen: Wenn der Schalker Fanblock bei jeder Ballberührung eines afrikanischen Gegenspielers deutlich hörbare Affenlaute von sich geben würde, dürfte es eine ordentliche Geldstrafe von der DFL geben. Wenn diese Affenlaute jetzt von einem Vorstandsmitglied und in einer geplanten Rede kommen, soll dann nichts passieren?
Um mal zu verdeutlichen, dass eine Geldstrafe eigentlich alternativlos ist. Persönlich würde ich ja sogar noch weiter gehen: Wenn die Schalker wirklich versuchen das unter den Teppich zu kehren, würde ich ihnen mit Punktabzug drohen. So zeigt man Rassisten effektiv die Rote Karte...
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen