Mittwoch, 29. Juni 2022

Die 2. dumme Frage: Was, wenn RB weiterzieht?

Was passiert hier, wenn in Österreich merkt, dass ein Sieg in der Champions League in Deutschland unrealistisch ist und man deswegen in die nächstgrößere Liga investiert? Was, wenn man sich dort einen neuen Verein aufkauft und man in Leipzig dann nur noch für London ausbildet? Darauf sage ich dann kurz: Na und?

Also lasst uns erstmal durchrechnen, wie wahrscheinlich es ist, dass RB sich Brentford unter den Nagel reißt und umbenennt.  Ich nehme den Verein, weil es von den Londonern gerade der am wenigsten erfolgreich ist... und damit vielleicht noch bezahlbar.

Da hat man aber schon das erste Problem: Egal, wo man in England hinzieht, man hat massive Konkurrenz von legendären Vereinen. Und seid mal ganz ehrlich: Ihr wusstet doch nicht mal, dass Brentford im Westen von London liegt. Aber dass 6 Vereine (Arsenal, Chelsea, Crystal Palace, Tottenham Hotspurs, West Ham United und ein Aufsteiger) aus dieser einen Stadt in der Premiere League spielen, ist nichts Ungewöhnliches. Und 4 von diesen 7 Vereinen landen in der Top 7.

RB hat ja auch in Leipzig sein neues Lager aufgeschlagen, weil die Traditionsvereine, wie soll man es sonst ausdrücken, hier so einzigartig verkackt haben und dass hier deswegen alles kulturelles Brachland war. Also der "direkteste Konkurrent" ist ja Dynamo Dresden, die zwischen der 2. und 3. Liga pendeln. Im Norden hatte man die Hertha, das sind aber auch schon 188 Kilometer. Im Süden kommt Nürnberg in 300 Kilometern... im Westen Thüringen, also nichts als Wälder. Und in der eigenen Stadt spielte niemand in der 3. Liga... das war die Konkurrenz, mit der man um den Markt kämpfte. Deswegen ist RB hier. Die haben sich diese Karte angesehen, das WM taugliche Stadion gesehen und gesagt: Genau dort müssen wir hin. Soweit ich weiß, gibt es etwas vergleichbares einfach nicht.

Aber dazu kommt, dass die Premiere League auch richtig teuer ist. Also Newcastle United als chaotisch geführter Klub kostete 360 Millionen Euro. Also nur für den Einstieg. Natürlich wird in England dank der großartigen Vermarktung auch mehr Geld umgesetzt, aber das bringt dir halt nur was, wenn du da mitspielen willst... Wenn du wirklich nach oben willst, wird das richtig teuer, weil man halt mit den Superreichen konkurriert.

Stellen wir mal eine einfache Frage: Wie viel Geld hat RB Leipzig auf dem Transfermarkt ausgegeben, und wie viel Arsenal London? Transfermarkt.de aufgemacht, Einnahmen und den Taschenrechner rausgeholt.
RB Leipzig Transferumsätze All Time
: -217 Million
Arsenal London Transferumsätze seit 2010/11
: -649 Millionen

RB hätte also, um halbwegs konkurrenzfähig zu sein, 3 Mal so viel Geld ausgeben müssen. Und das, ohne die deutlich höheren Gehälter mit einzuberechnen. Dabei kommt der eigentliche Trigger noch: Arsenal London ist mit diesen Investitionen in den letzten 5 Jahren aus den Champions League Rängen gefallen. Wenn man dahin will, muss man deutlich mehr Geld ausgeben.

Das Problem an einem Investment in England ist halt: Man kämpft dann mit Manchester City, Liverpool, Chelsea London, Manchester United, Tottenham Hotspurs, Arsenal, und demnächst Newcastle United um 4 Startplätze in der Champions League. Da könnte es fast schon einfacher sein, sich über die Europa League für diesen Wettbewerb zu qualifizieren. Ernsthaft, als Trainer sollte man darüber nachdenken, ob man diese Möglichkeit nicht in Betracht zieht...

Während es in Deutschland für RB möglich war, sich mit überschaubaren Investitionen einen Stammplatz in der Champions League zu sichern, wäre dies in England praktisch unmöglich. Schon deswegen wird RB nicht in dieser Liga investieren.

Aber Spanien? Schon eher. Aber die haben halt 3 von 4 Champions League Plätzen fest an Real, Barca und Atletico vergeben. Dazu ist die Infrastruktur vor Ort einfach schlechter. Klar, man könnte sich in Valencia einkaufen, aber man würde damit auch ihr niemals fertig werdendes Stadion bekommen.
In Frankreich ist der Spitzensteuersatz so absurd hoch, dass es richtig teuer ist, sich ein entsprechendes Team aufzubauen. Und die Liga ist, genauso wie Italien, nicht wirklich besser.


Aber gut, tun wir mal kurz so, als würde RB wirklich was Unvernünftiges machen und in England investieren. Und Leipzig wäre auf einmal nur noch ein Zahnrad im RB Ausbildungssystem. Sagte ich schon: Na und?
Also als Erstes muss man nochmal festhalten, aus welchem finsteren Mittelalter man hier kam, als RB investiert hat. Zwischen Lok und Chemie herrschte Krieg. Wann auch immer der Leipziger Fußball in die überregionalen Nachrichten auftauchte, ging es darum, dass die eine Fangruppe die andere angegriffen hat. Oder dass die Spieler von Roter Stern in Brandis angegriffen wurden. Wenn RB jetzt sagt: Wir unterhalten hier nur eine Zwischenstation, die auf Champions League Niveau Spieler weiterbildet, ist das immer noch unfassbarer Luxus und richtig guter Fußball, den man hier zu sehen kriegt.

Lasst uns das mal an einem Verein festmachen, dem ja genau das passiert ist: RB Salzburg. Dort konnte man in den letzten Jahren Aaronson, Karim Adeyemi, Patson Daka, Dominik Szaboszlai, Erlin Haaland, Amadou Haidara, Naby Keita, Dayot Upamecano, Kevin Kampl, Sadio Mané und Martin Hinteregger sehen. Und haufenweise weitere Talente, die für 15 Millionen weiterverkauft wurden. Aber ganz viele fantastische Fußballer und eben Martin Hinteregger, die man im eigenen Stadion jedes 2. Wochenende kicken sah. Ohne RB und deren "Wir bilden aus und weiter" Konzept wäre nur Hinteregger gekommen... 

In Leipzig würde genau dasselbe passieren: Es würden dann haufenweise fantastische Fußballer in diesem Trikot auflaufen und dann nach 3 Jahren weiterziehen... nur halt nicht mehr zu Chelsea London, sondern zu RB London...

Genaugenommen... würde sich gar nichts ändern, da RB ja jetzt schon ein Weiterbildungsverein, der für die ganz Großen ausbildet, ist. Und Borussia Dortmund beweist ja, wie gut es einem damit gehen kann. So unwahrscheinlich das ist: Wenn RB woanders investiert, bleibt hier alles, wie es ist.

Nebenbei bezweifle ich echt, dass RB jemals in dem Konzert der finanziell ganz Großen mitspielen wird und will. Meiner persönlichen Meinung nach ist es wahrscheinlicher, dass sie auf einen hohen Wiedererkennungswert des Fußballs als Marke setzen und diesen nutzen, um ihre Dosen an den Mann zu bringen. Dafür muss man dann regelmäßig unter die Top 8 der europäischen Fußballwelt, aber nicht direkt auf dem Niveau der ganz bekloppten investieren. Und die Kluft zwischen diesen Superreichen und sich selbst wird man eher durch Kompetenz und ein komplexes internationales Ausbildungssystem schließen wollen, als durch wahnsinnige Ablösen und Gehältern. Denn die machen am Ende auch "nur" 6,3 Milliarden Umsatz, müssen sich aber mit Saudi-Arabien und Katar messen, wenn sie da hinwollen.

Montag, 27. Juni 2022

Lasst mal die dümmsten Argumente gegen Red Bull auseinander nehmen. Teil 1:

 Und damit will ich mich gar nicht beschweren, dass gegen Red Bull argumentiert wird. Das kann ich sehr gut nachvollziehen. Problematisch ist es halt, wenn die Argumente so dumm sind, dass sie einfach nur meine Intelligenz beleidigen. Aber irgendwie werden mir diese Argumente auch immer wieder von an sich intelligenten Menschen in persönlichen Gesprächen entgegengebracht. 

Aber zunächst mal müssen wir über die Auswärtsfans reden. Denn das war ja das größte Thema des letzten Saisonfinales. Und gerade den Vergleich mit Eintracht Frankfurt hat man halt krass verloren. Aber da sah ja selbst Barcelona bei einem Heimspiel bescheiden aus. Mit allerhöchstem Respekt sage ich an der Stelle: Das, was die da abgerissen haben, war auch einfach nicht normal.

Frankfurt hat halt auch jahrelange gewachsene Strukturen, die es in Leipzig noch nicht geben kann. Aber, und auch das muss zwingend bedacht werden, diese Strukturen waren am Entstehen, wurden aber von den Traditions-Fans systematisch bekämpft. Anders kann man das nicht ausdrücken. Und ja, ich habe mich letztens nochmal mit jemanden unterhalten, der beim Auswärtsspiel in Dortmund dabei war. Also dem Auswärtsspiel, wo mit Mülltonnen beworfen wurde. Wo 11 Fans ins Krankenhaus geschickt wurden. Wo weder auf Frauen noch Kinder Rücksicht genommen wurde.

Dabei muss man eines immer bedenken: Der gemeine RB Fan ist genau davor damals geflohen. Der wurde durch die Gewaltexzesse in die Arme des Dosenvereins getrieben, weil sie einfach nur friedlich und in entspannter Stimmung Fußball gucken wollten... während das eigentliche "Lokalderby" bis heute gerne mal kurz vor dem Abbruch steht. Dann kommst du tatsächlich in der Bundesliga an. Du denkst dir: Der ganze Scheiß mit den schlimmen Anfeindungen, den wir seit der Regionalliga erfahren haben (und ja, ich kenne Leute, die schon in der Regionalliga im Block standen... mehrere), liegt jetzt hinter uns, denn die anderen sind ja auch Fans von Kommanditgesellschaften auf Aktien... und dann wirst du so begrüßt. Dann musst du bei Auswärtsfahrten damit rechnen, dass du oder deine Angehörigen im Krankenhaus landen. Und Dortmund war ja nur die Spitze des Eisbergs, man wurde überall zumindest angepöbelt.

Das Ergebnis? Im Jahr darauf fuhren schon deutlich weniger Fans mit nach Dortmund. Im 3. Jahr blieb dann auch mein Kumpel zu Hause. Die alteingesessenen Wertehüter haben halt ein Klima erschaffen, dem die RB Fans einfach nur fernbleiben. Und dann werfen sie jetzt den Fans vor, dass sie nicht zu Auswärtsfahrten fahren, obwohl einzig und allein sie Schuld daran sind, dass dies nicht passiert.

Und um das nochmal ganz deutlich festzuhalten: Ich habe kein Problem mit kreativen und lauten Protest gegen RB. Wenn der Fanblock auf St. Pauli geschlossen "Wir wollen keine Bullenschweine" skandiert, um die Absoluten Beginner zu feiern. Gerne. Von mir aus könnt ihr auch aggressive Plakate hochhalten, solange die nicht rassistisch, sexistisch oder homophob sind. Aber an der Stelle, wo ihr Menschen körperlich angreift, nur weil die ein Trikot tragen, dass euch nicht gefällt, habt ihr verloren. Dafür gibt es keine Rechtfertigung, sondern nur Verachtung.

Ich empfehle nebenbei an genau der Stelle diese alte Dokumentation von Y-Kollektiv aus den Anfangstagen, als RB Fans noch gereist sind. Da muss der Schalke-Fan am Ende zugeben, dass der Sport durch ganz andere Dinge wie "nicht-lineare Zweitverwertungsrechte Internet an der Bundesliga" kaputt gemacht wird... und nicht durch ein paar friedliche Hanseln, die zu Auswärtsfahrten ihrer aus Traditionssicht sicherlich fragwürdigen Mannschaft fahren wollen. Da kämpft ihr an der vollkommen falschen Front.

Und dass es haufenweise RB Fans gibt, die aber einfach nicht zu Auswärtsfahrten reisen, ist halt auch eine wichtige Präambel für Frage 1: 

Was, wenn Red Bull morgen den Stecker zieht?

Wie geht es dann weiter? Dadurch, dass das alles doch nicht organisch gewachsen ist, kann der eine Geldgeber morgen halt auch alles dichtmachen... So wie das in Krefeld oder bei Türkgücü München passiert ist. Die Antwort darauf ist zweiteilig.

Erstens: Das wird nicht passieren. Denn RB ist ja in Leipzig ein absolutes Erfolgsmodell. Die werden nächstes Jahr einen Zuschauerschnitt nördlich von 40.000 haben. Also das sind Zahlen, die sie schon vor der Pandemie erreicht haben. Die Tendenz dürfte eher steigend sein. Sie werden sich in 8 von 10 Jahren für die Gruppenphase der Champions League qualifizieren. Und in 5 von 10 Jahren fürs Achtelfinale. Das Projekt wird also einerseits vor Ort sehr gut angenommen und ist andererseits sehr erfolgreich. Das bedeutet auch nur: Red Bull hat alles erreicht, wovon sie geträumt haben. Da gibt es einfach kein realistisches Szenario, warum sie den Stecker ziehen könnten.

Aber zweitens: Selbst wenn... Also gehen wir mal davon aus, dass der Wirkstoff zur Droge erklärt wird, Mateschitz wegen Geldwäsche zu 20 Jahren Haft verurteilt wird und sich die Marke davon wirklich nicht erholt und alles eingestellt wird... was würde dann in Leipzig passieren?

Nun ja... innerhalb von 2 Wochen würde halt Porsche auf dem Trikot stehen. Und die Werbebanden würden an andere mit Leipzig verbundenen Firmen übernommen werden. Die Messe pumpt dann bestimmt was rein. DHL auch. Und klar, es würde nicht weiter steil bergauf gehen. Und ein modernisiertes, großes Stadion hat man ja auch. Man müsste durchaus auch einige Starspieler verpflichten und könnte nicht mehr beliebig Talente verpflichten. Man würde vielleicht sogar mal in den Abstiegskampf rutschen. Aber verglichen mit allem, was der gemeine Leipziger Fußballfan vorher so erlebt hat, ist das immer noch gehobenes Niveau.
Es ist ja nicht so, dass im Stadion nur die eine Marke zu sehen ist, weil hier sonst niemand Interesse daran hat, sich zu präsentieren... sondern weil die eine Marke sehr genau darauf achtet, dass die anderen Partner nicht allzu präsent zu sehen sind. Aber Porsche und die Fenger Gruppe investieren ja jetzt schon, so weit man sie lässt. 

Nebenbei hatten wir ja gerade genau dieses "Was, wenn der Hauptsponsor aussteigt, dann geht der Verein doch pleite" Szenario... weil ja Schalke all die Kriegsverbrechen der Russen so lange ignoriert hat, weil sie vom Gas abhängig waren. Und alle dachten: Wenn Gazprom aussteigt, haben wir keine Ahnung, wie es weitergehen soll. Es wurde dann aber innerhalb von 2 Wochen ein neuer Trikotsponsor gefunden. In Leipzig würde genau dasselbe passieren. Und klar, es würde bei einem Ausstieg finanzielle Einbußen geben, aber keinen kompletten Kollaps.

So, und die 2. Frage dürfte noch etwas weiter ausarten, deswegen mache ich das morgen...

Montag, 20. Juni 2022

Die wichtigsten Personalien dieses Sommer für die Bundesliga

 Sind nicht Sadio Mané und Sebastien Haller. Obwohl es schon cool wäre, wenn beide in die Bundesliga wechseln.

Gerade das, was Hasan Salihamidžić nach der monatelangen Kritik bisher in dieser Transferperiode leistet, ist schon beeindruckend. Und ich gebe auch ehrlich zu: Als der Zyniker in mir gelesen hat, dass der selber nach Liverpool reist, um vor Ort zu verhandeln, dachte ich nur: Ok, das war's dann mit dem Transfer... aber er hat es hinbekommen. Und ganz ehrlich: Bei Ryan Gravenbach und Noussair Mazraoui dachte ich mir: Hoffentlich gehen die woanders hin...

Ich würde sogar so weit gehen, dass der Mané Transfer auf die Champions League Saison 2023 Einfluss nehmen könnte. Also wenn der Thomas Müller auf die Bank verdrängen würde... lustigerweise wird direkt eher über Gnabry und Sané spekuliert, weil Müller, trotz relativ grausamer Rückrunde und dem Fakt, dass der viel zu oft komplett abgetaucht ist, immer noch unantastbar ist.

Aber für die Meisterschaft sollte es unabhängig von der Person Mané oder Lewandowski reichen. Und klar, sobald der Pole endgültig weg ist, braucht man weiterhin einen Mittelstürmer, dieses Problem dürfte Mané nicht lösen. Aber man wird dann jemanden finden, der zumindest gut genug ist, um in der Liga die nötigen 20 Tore zu erzielen.

Die aktuellen Entwicklungen in Dortmund sind wirklich interessant... andererseits hat Nico Schlotterbeck gerade im Nationalmannschaftstrikot nachgewiesen, dass ihm für das höchste Niveau noch ein bisschen was fehlt. Was kein Problem ist, der ist ja noch jung. Wenn man die Innenverteidigung Schlotterbeck und Süle wirklich über Jahre halten kann, kann das eine wirklich gutes Fundament werden. Aber die anderen Grundprobleme werden bleiben. Also erstens wird man keinen adäquaten Ersatz für Erling Haaland finden. Also einfach, weil es praktisch unmöglich ist so einen Spieler zu verpflichten. Und anderseits bleibt das Grundproblem, dass die ewig dableibenden Führungsspieler eigentlich nicht gut genug für die Ansprüche des BvBs sind. Das wird in der Summe reichen, um souverän unter den Top 4 zu landen... aber es wird ihnen nicht gelingen, die Bayern nächstes Jahr anzugreifen und den Meisterschaftskampf wirklich spannend zu gestalten. Vielleicht 2024.

Die Frage, ob die Meisterschaft 2023 spannend wird, entscheiden 2 andere Spieler. Der erste ist offensichtlich Christopher Nkunku. RB hat ja tatsächlich seit Jahren das Problem, dass Spieler, sobald sie dieses Niveau erreichen, auf dem Nkunku angekommen ist, weggehen. Das war bei Timo Werner so. Oder auch bei Naiby Keita und Dayot Upamecano. Wenn man es jetzt wirklich schaffen würde, den besten Spieler für ein weiteres Jahr zu halten... Dann hat man halt endlich mal einen Stürmer, der 30 Tore erzielen könnte. Der eine wirkliche Attraktion für die Bundesliga ist. Und der eher noch besser werden dürfte. Hoffentlich sagt der sich: Ich bin jetzt im Kader der Franzosen angekommen und mache vor der WM im Winter nichts Riskantes, was mir diesen Status wieder wegnehmen könnte.

Der andere ist ebenfalls ein ehemaliger Jungprofi von Paris St. Germain: Moussa Diaby würde bei Bayer Leverkusen ebenfalls eine essenzielle Rolle übernehmen. Ich habe ja bereits vor 3 Monaten die pessimistische Prognose in den Raum geworfen, dass die Florian Wirtz Verletzung den gesamten Kern ruinieren könnte. Aber wenn Wirtz wirklich im Oktober zurückkommt und Diaby dann noch da ist. Und Diaby seine Rückrundenform noch weiter steigert? 

Nebenbei will ich an der Stelle nochmal festhalten, dass ich keinen Meistertitel für Bayer oder RB prognostiziere, sondern nur, dass die Bayern wirklich gefordert werden und nicht schon im März nen Harken hinter dem Ligatitel machen können. Was ja ein wirklich faszinierender Fortschritt wäre. Denn das eigentliche Problem der Bundesliga sind gar nicht so sehr die 10 Titel in Folge... sondern der Fakt, dass nur ein Mal in den 10 Jahren ein bis zum Ende spannendes Meisterschaftsfinale gab: 2018/19 trennten Dortmund und die Bayern am Ende echt nur 2 Punkte. Gut, die gingen dann in Minute 4 in Führung und konterten den überraschenden Ausgleich innerhalb von 3 Minuten... aber theoretisch hätte Dortmund die abfangen können.

Nur um mal festzuhalten, wie absurd langweilig die Bundesliga geworden ist: Dieses Jahr waren es "nur" 8 Punkte Vorsprung. Das bedeutet: Dieses Jahr war das 2. Spannendste Saisonfinale der letzten 10 Jahre... obwohl niemand jemals wirklich das Gefühl hatte, dass da irgendwas anbrennen könnte. 

Wenn Nkunku und Diaby gehalten werden, könnte sich das tatsächlich mal ändern. Und allein das wäre schon ein extremer Fortschritt. Abgesehen von der Metaebene, dass dann auch endlich mal andere Bundesligisten ihre Leistungsträger halten können und die Liga dadurch allgemein attraktiver wird.

Aber ganz ehrlich: Dass die beiden wirklich bleiben, glaube ich erst 2 Tage nachdem das Transferfenster geschlossen ist. Gerade zum Ende werden einige der neureichen Vereine nochmal richtig Panik schieben, wenn sie bis dahin leer ausgegangen sind. Und dann werden sie alles, was sie bieten können, auf diese beiden Spieler richten... hoffentlich vergeblich.

Denn das Worst-Case-Szenario ist halt, dass der eine nach Newcastle und der andere zu West Ham geht... Und dann können wir am 1.9. einen Harken hinter diese Bundesligasaison machen...

Dienstag, 14. Juni 2022

Auch bei Sport1 beschäftigt man sich nicht wirklich mit Fußball

 Welch Überraschung. Sonst fällt mir so was immer nur beim Kicker auf. Aber die Kollegen können das auch. Aber das kann man ja auch nicht erwarten.

Ich hab also letztens mal auf die Sport1 Seite geklickt und da diesen schönen Kommentar von Pit Gottschalk zu Robert Lewandowski gefunden. Ist schon nen paar Tage her, ich war halt beschäftigt...
Dort wird dann die These in den Raum geworfen, dass Lewandowski "das Erbe von Gerd Müller" nicht verdient hat, weil er jetzt die beleidigte Leberwurst gibt und weg will. 

Also klar, sportlich hat er es eigentlich erreicht. Wenn er noch 2 Jahre bliebe, würde er auch den letzten Müller-Rekord brechen, aber er will halt nicht. Er ist halt zu enttäuscht von den Bayern-Bossen und schaltet deswegen in den Trotzmodus. Ranadliert wie so ein Kleinkind, nur um den Verein zu verlassen... das würde Gerd Müller natürlich nie...

Oh, warte... kurz Wikipedia aufgeschlagen, was für einen professionellen Sportjournalisten natürlich eine Demütigung ist... so was macht man halt einfach nicht. Und klar, als Quelle für einen Vortrag stimmt das auch, aber als grundlegende Orientierung ist die Seite schon nicht verkehrt. Und die Geschichte wird ja auch von anderen Quellen belegt.

Wie lautet die Geschichte? Nun ja: Pál Csernai wechselte das kleine dicke Müllerchen in der 82. Minute aus sportlichen Gründen aus... am 3. Februar 1979. Das passierte ihm zum ersten Mal in seiner Karriere. Müller drohte direkt mit dem Karriereende, bestand auf eine Vertragsauflösung und wechselte 25. Februar in die USA. Er war halt menschlich vom Verein und Trainer so enttäuscht, dass er auf keinen Fall mehr für seine Bayern spielen wollte... Die Auswechslung war dabei nur der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat, denn „all die anderen Dinge wiegen viel schwerer – und alles zusammen war einfach zuviel für mich“. 

Ich frage mich nebenbei gerade selber, ob diese "Das Fass zum Überlaufen" Metapher korrekt ist, wenn der Mensch dann in Amerika mit heftigen Alkoholproblemen zu kämpfen hatte... Oder ob sie nicht genau deswegen noch treffender ist, denn es sind sich abgesehen von den Steuerfahndern alle einig, dass er das besser gelassen hätte... oder zumindest direkt nach dem Karriereende nach Deutschland zurückgekehrt wäre.

Jedenfalls wäre, wenn es damals schon Twitter, Facebook und 24-stündige Berichtserstattung gegeben hätte, genau so abgelaufen, wie Lewandoskis Abgang jetzt. Müller hätte genau so alle Möglichkeiten ausgenutzt, um seiner Unmut Luft zu verschaffen und hat de facto den Bayern genau so gedroht, dass sie ihn auf keinen Fall halten wollen. Lewandowski ist damit also der ultimative Bayern-Nachfolger.

Aber das kann man ja so nicht schreiben. Dann müsste man ja dieses Fass aufmachen, welches nicht angezapft werden darf: Dass die Bayern-Legenden alle irgendwo in der Provinz ihre Karriere beenden mussten. Von Müller über Beckenbauer (der tatsächlich auch mit dem HSV Meister wurde), zu Hoeneß und Schweinsteiger. Oder Robben und Ribery... Die Liste ist echt lang. Loyalität ist im Fußball häufig eine Einbahnstraße... sie wird von den Spielern verlangt, aber Vereine dürfen verdiente Spieler selbstverständlich abschieben. Und ja, am Ende hat Philipp Lahm sich das nur erspart und ist in einem relativ jungen Alter in den Ruhestand gegangen, bevor die Bayern wirklich darüber nachdenken konnten, ob sie den nicht durch jemand jüngeres ersetzen... So wie er es mit Bixente Lizarazu gemacht hat. 

Natürlich haben die Bayern unter Hoeneß die Legenden nach dem Karriereende immer und gerne wieder aufgenommen. Aber auf dem Fußballfeld wird man in diesem Verein nicht alt. 

Wenn man sich die derzeitige Entwicklung um die Personalie Lewandowski anguckt, ist sie eigentlich völlig normal. Lewi hat dieselben Probleme wie der Müller vor 40 Jahren. Er zeigt exakt dieselbe Reaktion, auch wenn die völlig übertrieben dargestellt wird. Und der einzige Unterschied ist ja, dass der Stürmer schon ein Jahr bevor die Bayern ihn eigentlich loswerden wollen, gehen will. Vielleicht auch 2. Und damit wird er endgültig zum perfekten Erbe der Vereinslegende.

Montag, 13. Juni 2022

Da stellen wir dann entsetzt fest:

Es reicht noch nicht mal für die Ungarn. Wobei, das sollte einem noch nicht mal wirklich überraschen, schließlich sah das Spiel ungefähr genau so aus, wie das letzte Aufeinandertreffen der beiden während der EM... Was aber zu einer viel schockierenden Erkenntnis führt: Die Mannschaft hat sich unter Hansi Flick gar nicht verbessert, sie sind jetzt an demselben Leistungspunkt wie vor einem Jahr. 

Ganz ehrlich, dieser Nations League Spieltag ist so ziemlich das Worst-Case-Szenario. Das fängt schon damit an, dass jetzt alle behaupten können, dass es ohne Thomas Müller ja gar nicht besser läuft. Wir brauchen den, die anderen sind ohne ihn völlig überfordert! Auf die Idee, dass das vielleicht anders aussehen könnte, wenn Kai Havertz mal 3 oder 4 Spiele am Stück in der Rolle machen darf, kommt keiner... obwohl das genau jetzt die Gelegenheit dafür gewesen wäre...

Aber das eigentlich Schlimmste: Jonas Hofmann hat sich gerade als einziger Leistungsträger im Offensivspiel etabliert... wenn Hansi Flick diese Spiele nicht komplett unter den Tisch fallen lassen will, muss er plötzlich einen Platz für den in seinem System finden... oder er tappt direkt in die Jogi Löw Falle, dass allen bewusst ist, dass diese "Testphasen" am Ende egal sind, was wiederum das Niveau dieser Testspiele beeinflusst. Da haben dann doch alle spontan Wehwehchen und müssen absagen...

Aber mit Hofmann in der Stammformation wird man halt nicht Weltmeister. Ok, vielleicht als Rechtsverteidiger, aber selbst das könnte eng werden... denn wenn man auf der Position des Außenverteidigers eine praktikable Lösung sucht, sollte die ja hauptsächlich durch stabile Defensivarbeit auffallen... siehe Benedikt Höwedes oder Joan Capdevilla, die beide als solide Rollenspieler Weltmeister wurden. Aber Hofmann ist halt eigentlich eher Offensivspieler.

Dazu kommt dieser winzige Nebenfakt, dass er im Verein eine enttäuschende Rückrunde gespielt hat. 5 Tore und 5 Vorlagen sind für einen Nationalspieler nicht wirklich viel. Die Gladbacher Saison verlief im Allgemeinen sooo gut, dass man sich einvernehmlich vom Trainer trennte. Und die sollen jetzt den Hoffnungsträger stellen? Hoffnungsträger kann man gar nicht sein.

Und das ist jetzt keine Kritik an Jonas Hofmann. Der ist ein sehr solider Bundesligaspieler, der auch mit Ende 20 noch deutlich wahrnehmbare Entwicklungsschritte macht. Der sich vom "Patrick Herrmann" Spieler (Memo an mich selbst: Positionsbeschreibung anlegen) Einwechselspieler zum Stammspieler gemausert hat. Aber das sind doch nicht die Ansprüche an einen Stammspieler und Leistungsträger in der deutschen Nationalmannschaft... So schlimm kann die Lage doch gar nicht sein...

Und klar, am Ende ist es einfach nur eine Motivationsfrage. Also Hofmann hat halt richtig Bock, er musste aber auch nicht international spielen... Das ist auch einfach was anderes, wenn man nur 28 Spiele in den Beinen hat, und nicht auf 45 Einsätze kommt. Er hat also schon einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil und den hat er bisher auch genutzt. 

Am Ende sind wir da auch wieder bei dem eigentlichen Grundproblem: Alle jammern über den zu vollen Terminkalender... aber mit den Einschränkungen müssen am Ende die Nationalmannschaften leben, weil man sich da die Meter als Erstes spart. Was ja auch nachvollziehbar ist. Also Gareth Bale hat ja gerade darauf hingewiesen, wie wahnsinnig der anstehende Spielplan für seinen Kollegen Kevin de Bruyne ist, weil er 79 Spiele für ihn prognostiziert. Klar, für die deutschen Nationalspieler werden ein paar Spiele weniger anstehen, weil man ja frühzeitig ausscheiden wird weil es ja nur einen Pokalwettbewerb gibt... Aber hier ist halt das Problem: Die Trainer (wie Jürgen Klopp) jammern regelmäßig darüber, aber sie schicken trotzdem ihre A-Elf zur Klub-WM, obwohl sie es da einfach mal in der Hand gehabt hätten. Und dann erwarten sie, dass die Stars bei der Nationalmannschaft geschont werden.

Und natürlich wird in den englischen Pokalwettbewerben viel geschont. Auch unumstrittene Stammspieler bei Manchester City kommen in der Premiere League "nur" auf 30 von 38 Einsätzen. Aber am Ende ist es schon problematisch, dass man mit dieser "Wir müssen weniger spielen" nur bei den Länderspielpausen um die Ecke kommt. Dieses Problem besteht aber hauptsächlich, weil die Vereine auch während der Pandemie auf möglichst wenig verzichten wollten. Man kann aber einfach nicht erwarten, dass nur die anderen verzichten und dann davon ausgehen, dass sich Dinge ändern werden.

Mittwoch, 8. Juni 2022

Warum läuft Thomas Müllers Nationalmannschaftskarriere so bescheiden?

Scheiße sagt man ja nicht... zumindest nicht in der Überschrift.

Aber vorher noch ein paar Gedanken zum Deutschland - England Spiel: ich fand es faszinierend, wie zufrieden alle mit einem Unentschieden in München war. In einem Heimspiel. Sowohl Hansi Flick, als auch Christoph Kramer, der explizit den tollen Spielaufbau anpries... weil der englische Torhüter den Ball nur lang nach vorne gedroschen hat. Und dann noch dieses toll heraus gespielte Tor.

Eine toll heraus gespielte Chance war es. Aber halten wir mal eines ganz kurz fest: Manuel Neuer hält diesen Ball, Jordan Pickford halt nicht. Und Neuer ist auch der Hauptverantwortliche für den Spielaufbau. Er erinnerte uns mal kurz daran, dass er halt mit einer gewissen Selbstverständlichkeit unhaltbare Bälle abwehrt. Das war früher die Norm, ist aber in den letzten 2 Jahren ein wenig in Vergessenheit geraten.

Und ich will hier auch nicht von einem Torwartfehler sprechen. Aber auch während der WM wird man auf den einen oder anderen Torhüter treffen, der solche Bälle halt hält. Thibaut Courtois zum Beispiel, wie man gerade im Champions League Finale gesehen hat.

Halten wir mal ganz sachlich fest: Wenn wir die Torhüter austauschen, gewinnt England das Spiel mit 2:0. Neuer hält dann den Hofmann Schuss, Pickford vereitelt die Kane Großchance nicht... Aber wir strahlen gerade wieder diese arrogante Selbstgefälligkeit aus, die die letzten 3 Löw-Turniere geprägt haben. Und wie die ausgehen, werden wir uns gleich nochmal anschauen. Fakt ist halt auch, dass der immer noch ungeschlagene Flick keines seiner Spiele gegen die "Großen" gewonnen hat. "Groß" heißt hier auch die Niederlande und Italien, die 2022 nicht wirklich um den Titel mitspielen werden. Und wenn es nicht wieder so läuft, wie 2002, wird man derartige Mannschaften schlagen müssen, wenn man ins Halbfinale einziehen will. Aber hey, Thomas Müller wird dann schon in Form sein und uns den Arsch retten...

Das bringt uns dann... zu der Frage, warum der seit 2014 so Scheiße spielt. Denn dass der im Bayern-Dress immer noch wichtig ist, stelle ich ja gar nicht infrage. Aber auf der anderen Seite stehen halt diese 13 Turnierspiele mit einem Scorerpunkt...

Das ist halt ganz sachlich eine Bilanz, mit der jeder andere Offensivspieler wie die arme Sau durchs Dorf getrieben wird... glaubt ihr nicht? Dann fragt euch mal, wer seit 2014 bei Welt- und Europameisterschaften mehr Scorerpunkte gesammelt hat: Mesut Özil oder Müller? Einer der beiden hat mal ein Führungstor in einem Halbfinale gegen Italien erzielt, der andere ist Thomas Müller.

Aber einer der beiden hatte halt die Chance, seine Bilanz mit tollen Spielen in der EM-Qualifikation gegen Schottland aufzuwerten... deswegen sieht die Gesamtbilanz immer noch toll aus.

Nebenbei können wir mal an einem ganz sachlichen Diskurs festmachen, dass Müller einfach nicht mehr auf dem Niveau von 2014 ist. Ich hab mal gegenüber einem Bayern- und Deutschland-Fan vorgeschlagen, dass man Müller ja von mir aus auf die weniger wichtige Position Rechtsaußen stellen kann und dann (im aktuellen Fall) Jonas Hofmann oder Serge Gnabry auf die Bank setzt. Solange man Platz für İlkay Gündoğan oder Kai Havertz schafft, ist das immer noch besser. Dann sagt mir dieser Mensch dann: "Das ist ja nicht seine Rolle, das kann nicht funktionieren"... und dann erwähne ich sofort: Der ist als Rechtsaußen Weltmeister und Torschützenkönig geworden. Wenn er diese Rolle nicht mehr ausfüllen kann, dann ist er einfach nicht mehr so gut, wie er damals war. Dann sieht man es hinter den Augen rattern, weil er ja weiß, dass ich sachlich gesehen recht habe, aber das kann halt nicht als die Wahrheit akzeptiert werden, weil Müller halt immer noch Weltklasse sein muss... wenn er das wirklich noch wäre, könnte er problemlos nach rechts ausweichen und damit viele Probleme lösen.

Das führt halt zum ersten Punkt: Müller ist gar nicht schlechter, er spielt halt nur gegen schlechte Gegner extrem gut... und davon gibt es in der Bundesliga extrem viele. Wenn die Konkurrenz dann aber seriös wird, ist Müller nur ein viel erzählender Mitläufer. Also selbst beim Champions League Triumph waren die Schlüsselspieler halt Neuer, Alaba, Kimmich, Gnabry, und Lewandowski. Müller spielte nur gegen ein völlig überfordertes Barcelona überragend... In einem Spiel, in dem selbst Coutinho 2 Treffer erzielte... aber niemand wäre auf die Idee gekommen, die Bewertung des Brasilianers grundlegend zu überdenken, weil er da auch mal effektiv war. Dass es quasi das einzige wirklich gute Spiel auf diesem Niveau von Müller war, ist dagegen egal.

Auf der anderen Seite stehen dann aber doch gute Leistungen gegen Dortmund und Leipzig. Und die 10 Meisterschaften, bei denen er ja schon irgendwie eine Schlüsselrolle gespielt hat.

Also um das nochmal festzuhalten: Ich zweifle wirklich nicht daran, dass Müller den Bayern hilft. Dass der bei denen durchaus eine wichtige Rolle einnimmt, auch wenn er am Ende an seiner Grenzen stößt. Der hat schon einen Bärenanteil an dieser unfassbaren Serie. Einerseits natürlich, weil er dieses "Mia san Mia" und diese Gier nach dem nächsten Titel wie kein Zweiter lebt. Aber sollte sich genau diese Gier nicht auch bei den Nationalmannschaftsturnieren bemerkbar machen.

Vor allem aber auch, weil er seine Mitspieler wirklich besser macht. Vor allem einen: Robert Lewandowksi. Halten wir mal eines fest: Ohne Thomas hätte der Pole Gerd's Rekord nie geknackt. 43 direkte Assists für Lewandowski hat der mittlerweile auf dem Konto stehen. Und als der Raumdeuter dann in der Rückrunde den Dienst auf Teilzeit stellt, hatte der Rekordtorjäger auf einmal keine Chance mehr, die 40 Tore Marke wieder zu knacken. Und ja, Müller hat mit 6 Torvorlagen eine für ihn unterirdische Rückrunde gespielt. Auch Lewandowskis Quote fiel deswegen auf "nur 15 Rückrundentore"... Nachdem er im Winter noch auf Kurs lag... Es gibt schon einen direkten Zusammenhang zwischen Müllers Form und Lewandowskis Bilanz.
Nebenbei fand ich es faszinierend, dass selbst der sonst gerade bei seinen Lieblingsnationalspielern so unkritische Kicker in seiner Rangliste den Satz "in einigen Spielen war der Sieger der Winter-Rangliste derartig unsichtbar, dass Julian Nagelsmann eigentlich hätte durchgreifen müssen." schreibt. Das ist ein vernichtendes Urteil... welches natürlich keine Auswirkungen auf seine Rolle in der Nationalmannschaft hat.

Denn Müller ist die perfekte Inkarnation des "Martin Harnik Angreifers". Er ist die perfekte Ergänzung, die um einen klassischen Mittelstürmer herumspielt und auch arbeitet. Der die Räume, die so ein Stürmer kreiert, so eng sie im 16er auch sein mögen, findet und nutzt. Und der auch immer wieder Wege findet, diesen Mittelstürmer in Szene zu setzen. Damit ist er auch immer wieder der Spieler, der die engmaschigen Verteidigungen knackt. Und er ist halt auch der Spieler, der mit seinem Einsatz dafür sorgt, dass der Pole am wenigsten laufen muss... Und pro Spiel ungefähr so oft am Ball ist, wie Teilzeitarbeiter Marcel Sabitzer. Oder seltener als Sven Ulreich... Auch dank der Arbeit von Müller kann Lewandowski sich wirklich voll auf den Abschluss im Strafraum konzentrieren und muss am restlichen Spiel fast nicht teilnehmen.

Aber hier fängt auch das Problem an: Ein Martin Harnik Angreifer bekommt immer dann Probleme, wenn er selber zum sprichwörtlichen Fixpunkt der Offensive aufsteigt. Wenn er nicht um jemand anderes herum spielen kann. Und in der Nationalmannschaft... haben wir diesen Mittelstürmer, um den ein Müller herum agieren kann, einfach nicht mehr.

Wir hatten die früher mit Miroslav Klose und auch Mario Gomez. Allerdings entschied sich Löw dann im EM Halbfinale dafür, Müller ins Zentrum zustellen und Gomez auf die Bank zu setzen... der Mann findet halt immer wieder brillante Lösungen für nicht existierende Probleme... Oh und auch gegen Südkorea saß Gomez trotz Tor gegen die Schweden im Spiel davor anfangs nur auf der Bank... Immerhin neben Müller.

Das Problem in der Gegenwart ist aber: Die "Mittelstürmer" heißen Timo Werner und Kai Havertz. Zumindest, wenn man seine besten Spieler aufstellen würde. Und ja, für "Doppelspitze Havertz - Werner" würde ich meine "Gündoğan muss auf die 10" Haltung überdenken. Das Problem ist halt: Keiner der beiden ist dieser klassische Mittelstürmer, um den ein Müller herum arbeiten kann. Die sind individuell besser als es Klose und Gomez je waren, aber sie spielen halt eine andere Rolle. Und wenn das Spiel nicht um einen festen Mittelstürmer angelegt wird, findet Müller auch die Räume nicht mehr, die dieser Mittelstürmer kreiert. Deswegen sinkt dann auch sein Wert für diese Mannschaft.

Deutschland wird bis zur WM keinen herausragenden Mittelstürmer mehr zeugen. Ok, zeugen vielleicht schon, aber der braucht dann noch nen paar Monate bis zur Geburt. All die Mittelstürmer sind "nett"... Lukas Nmecha ist als offensichtlicher Name gut genug für die Bundesliga, aber halt auch nicht mehr. Der ist aber auch die einzige wirkliche Hoffnung auf jemanden, der vielleicht mal halbwegs gehobenes Niveau repräsentieren könnte. Die Bayern beschäftigen sich ja bewusst nur mit ausländischen Angreifern, wenn es um die Lewandowski Nachfolge geht. (Nebenbei wird es auch spannend, wie es sich auf Müllers Rolle auswirkt, falls Sadio Mané wirklich kommt, der, so weit ich weiß, auch nicht der klassische Mittelstürmer ist...)

Damit ist dann folgender individueller Verlauf für die WM zu erwarten: Müller wird genau so spielen, wie bei der letzten EM: Er wird engagiert auftreten. Hoch motiviert und mit vollem Einsatz das Pressing antreiben. Er wird sogar gegen Costa Rica oder Neuseeland und Japan 3 Tore und 2 Vorlagen sammeln. Dann werden alle die Auferstehung des Nationalhelden feiern und komplett ignorieren, dass er gegen Spanien unsichtbar war... und dann wird man ab dem Viertelfinale nichts mehr von ihm sehen. Das ist die ganz sachliche Analyse anhand der letzten 3 Turniere. Aber das wird uns vorher keiner erklären. Und dann sind alle wieder schockiert, wenn es gegen England nicht zum Sieg reicht... Obwohl man das vorher in nem Testspiel gut beobachten konnte...

Dienstag, 7. Juni 2022

Warum läuft Ilkay Gündogans Nationalmannschafts-Karriere so bescheiden?

 Scheiße sagt man ja nicht. Zumindest nicht in der Überschrift. Und viel wichtiger: Warum analysieren die echten Experten diese Fragen nicht mal in der Tiefe, sondern überlassen das mir?

Lasst uns erstmal eines festhalten: Nach Toni Kroos's Rücktritt ist İlkay Gündoğan der beste verfügbare Deutsche Mittelfeldspieler. Zumindest, wenn man sich die Leistungen im internationalen Vergleich anguckt. Natürlich ist sein Trainer dieses absolute Übergenie, welches es trotzdem immer wieder schafft die K.O. Phase der Champions League zu vercoachen, deswegen bekommt Kroos diese Titel.

Aber Gündogan ist bei einer der besten Mannschaften der Welt einer der wichtigeren Spieler. Also er führt die Mannschaft teilweise als Kapitän aufs Feld. Und jetzt erzielte er die entscheidenden Tore im aktuellen Meisterrennen.

Und natürlich gibt es keine absolute Stammelfe bei Pep Guardiola, deswegen saß er zum Beispiel im Champions League Halbfinale im Hinspiel nur auf der Bank... oder beim Duell gegen den FC Liverpool. Aber Pep... also lasst es mich mal so sagen: Die letzten 4 Premiere-League-Spiele, bei denen Gündoğan "Ohne Einsatz im Kader war", endeten alle unentschieden... sprich: Der Trainer wollte die Saison unbedingt nochmal spannend machen. Ist ihm gelungen, aber er wurde ja trotzdem noch gerade so gerettet.

In der Summe stehen da 28 Einsätze in einem der best besetzen Mittelfeldabteilungen der Welt. Überlegt einfach mal, wie viele aktuelle Nationalspieler auf diese Bilanz kommen würden... Joshua Kimmich. Aber das war's.

Nur mal so zum Vergleich: Das ist genau das Niveau, auf dem Leroy Sané am Ende gescheitert ist. Und jetzt könnt ihr behaupten, dass der ja einen Kreuzbandriss hatte... nun, den hatte Gündoğan auch, er hat sich trotzdem hinterher durchgesetzt... und über einen Wechsel zu den Bayern wurde vorher schon verhandelt. Ich bezweifle, dass die Gündoğan zu den Bayern gehen lassen würden.

Trotzdem wird Sané am Ende den Klub der 100er erreichen und Gündoğan nicht. Denn obwohl er deutlich jünger ist, hat er jetzt schon "nur" 14 Länderspiele Rückstand auf den 31-jährigen. 

Zunächst mal muss man da natürlich auf das immer wiederkehrende Verletzungspech verweisen. Wenn er sich im August 2013 bei einem bedeutungslosen Testspiel gegen Paraguay nicht verletzt hätte, weswegen eine 586-tägige Länderspielpause einlegen musste, wäre er heute Weltmeister. Auch die darauffolgende Europameisterschaft verpasste er verletzungsbedingt. Bleiben also die beiden größten Enttäuschungen der deutschen Turniergeschichte in seinem Lebenslauf... und ein Turnier als Jüngling auf der Ersatzbank. Allein schon deswegen fehlen bei ihm zwangsweise die großen Momente mit dem Adler auf der Brust. 

Aber selbst bei diesen Turnieren... kam er halt nie wirklich an den Platzhirschen vorbei. Also wenn es einen Spieler gab, der darunter litt, dass Jogi Löw einen notwendigen Neuaufbau zunächst verweigerte, dann war es er. So hängt das WM-Turnier 2018 (auch wegen des Erdogan-Fotos vor dem Turnier) in seinen Klamotten, obwohl er nur 59 Minuten spielen durfte... wenn er gleich anstelle von Sebastian Rudy gespielt hätte. Also um das mal festzuhalten: Irgendwie hat es Rudy damals geschafft in der Hierarchie vor dem Deutsch-Türken zu stehen...

Aber da Gündoğan nur bei den "Scheiß-Turnieren" auf dem Platz stand, hat er natürlich auch eine Scheiß-Lobby. Da wird es einfach ignoriert, dass er 4 Premiere League Meisterschaften in der Vita stehen hat. Oder in Deutschland das Double holte, obwohl er nie für die Bayern gespielt hat.

Das "Nie für die Bayern spielen" ist halt auch das nächste Problem. Denn es wird halt immer wieder auf Blockbildung gesetzt, was auch irgendwie vernünftig ist. Aber muss man diese Blockbildung übertreiben? Also ganz praktisch: Der von mir an sich sehr geschätzte Manu Thiele setzt, stand jetzt, in der Innenverteidigung auf das Duo Schlotterbeck und Süle bei der WM. Weil sich die beiden bei Borussia Dortmund einspielen können... Blockbildung ist halt wichtig. Was eigentlich totaler Wahnsinn ist. Denn ich muss meine Einschätzung vom Anfang revidieren (da stand ursprünglich nicht "Mittelfeldspieler"): Gündoğan ist nur der 2. beste verfügbare Deutsche Nationalspieler. Der beste ist Antonio Rüdiger. Seines Zeichens Champions League Sieger 2021. Und designierter Champions League Sieger 2023 oder 24. Um das mal festzuhalten: Rüdiger konnte sich gerade seinen nächsten Arbeitgeber frei aussuchen. Er wechselte vom amtierenden zum aktuellen Champions League Sieger, um dort jetzt mit David Alaba als Bollwerk den nächsten Anlauf auf den nächsten Titel zu nehmen. Und so, wie Real die sammelt, ist es nur die Frage, ob Kroos da noch dabei ist, oder ob das 3 Jahre dauert, bis sie den Henkelpott wieder gewinnen. Aber wenn er, um sich für die WM einzuspielen, nach Dortmund gegangen wäre, würde er dort sofort den Abwehrchef geben und einen der beiden "Neuzugänge" auf die Bank verdrängen. Aber weil die beiden sich ein halbes Jahr lang kennen, soll er jetzt bei der WM auf der Bank sitzen? Und ja, wenn es die Bayern-Innenverteidigung wäre, könnte man sich das vielleicht einreden... aber wir reden von Borussia Dortmund, einer Mannschaft, die mit internationalen Finalen nichts zu tun haben wird. Und auf der anderen Seite von Rüdiger, der noch weitere Champions League Finale erleben wird. Wir sind wahrscheinlich die einzigen, die so dumm sind, da auf die Dortmunder zu setzen... aber wir sind halt auch diejenigen, die nicht einsehen wollen, dass unsere eigene Liga einfach nicht mehr sooo gut ist...

Gündoğan hat praktisch dasselbe Problem: Wenn der vor Jahren zu den Bayern und nicht ins Ausland gewechselt wäre, hätten die den Goretzka nicht (oder nur für die Bank) geholt und er würde jetzt das Herzstück der Nationalmannschaft bilden. Aber er hatte halt höhere Ansprüche an seine Karriere... oder ans Gehalt.

Wir reden uns halt seit Jahren ein, dass es vernünftig ist, auf ein beinah komplettes Bayern-Mittelfeld zu setzen. Goretzka - Kimmich - Gnabry - Müller - Sané ist eine realistische Aufstellung für die WM. Und dann stellen wir vor Ort entsetzt fest, dass dieses Mittelfeld zwar die Bundesliga dominiert, aber abgesehen von dem einen Pandemie-Turnier auf internationalem Paket regelmäßig... nun ja... versagt. Mittlerweile sogar gegen Villarreal. Und in der Nationalmannschaft bei der EM, WM und EM. Trotzdem versuchen wir es in nem halben Jahr wieder... und werden uns dann wieder überrascht umgucken, wenn Müller, nach 3 Toren in der Vorrunde, im Viertelfinale komplett abtaucht, weil es dann halt gegen Frankreich geht.

Aber Gündoğan hat halt keine realistische Chance den Nationalhelden aus der Stammelf zu verdrängen, obwohl es wahrscheinlich das sinnvollste wäre. Denn selbst die Bayern-Fans werden am Ende zugeben, dass Stand Sommer 2022 der Manchester Profi individuell der bessere Fußballer ist. Die reden sich halt nur ein, dass Müller doch so wichtig für das System ist. Auch wenn seine Bilanz in den letzten 3 Turnieren mit 13 Spiele, 0 Tore und eine Vorlage mehr als mager aussieht. 

Das ist nebenbei so ein allgemeines Problem in der Bewertung "Unserer Stars" im Ausland. Also auch Kai Havertz sollte sich nicht zwingend hinter Müller anstellen müssen, aber weil er seinen Siegtreffer halt für Chelsea erzielt hat, ignorieren wir das einfach. Hey, Leute, der Mann hat mal so nebenbei ein Champions League Finale entschieden. Müller fällt auf diesem Niveau nur noch durch kurze Querpässe auf. Und zu Kroos habe ich ja letzte Woche alles gesagt. Warum schaffen wir es nicht, die Leistungen dieser Spieler angemessen zu würdigen und einzuordnen? Dann könnte man auch mal die entsprechenden Konsequenzen für die Nationalmannschaft ziehen.

Man stelle sich mal vor, man hätte die letzte WM mit Gündoğan in der Müller Rolle gespielt. Also praktisch die zentrale Rolle im 4-2-3-1. Das könnte der. Und eigentlich wäre das auch die Lösung für die WM. Am meisten Sorge würde es mir bereiten, wenn Hansi Flick jetzt sagen würde: Wenn alles nach Plan läuft, übernimmt Ilkay die 10 bei der WM. Wenn er denn fit ist, spielt er auch, denn er spielt diese Rolle häufiger bei Man City. Wir werden die Nations League Spiele nutzen, um genau diese Rolle einzuüben und wenigstens ein paar Automatismen zu entwickeln. Thomas Müller ist hier nur der Herausforderer.

Aber das würde ja für einen riesigen Aufschrei sorgen: Wie kann man nur Müller auf die Bank setzen! Der ist doch sooo gut. Obwohl das ganz realistische Limit einer von Müller im Zentrum lautet: Sobald es gegen die richtig guten Mannschaften geht, scheidet man aus. Die eine Ausnahme müsste eigentlich mit einem Sternchen versehen werden, das machen wir aber nicht, weil es um die Bayern und Müller geht... Und eigentlich müssten wir uns ja auch mal mit den Leistungen von Müller im Nationalmannschaftstrikot angucken und nicht das, was er bei den Bayern macht... hey, das gibt uns einen nahtlosen Übergang zum morgigen Beitrag... geil.

Donnerstag, 2. Juni 2022

Was mich an dem Kroos Interview ja echt stört

 Also gut, ich hab es dann wirklich gemacht. Ich hab mir dieses ominöse Interview wirklich mal angeguckt. Auch wenn ich sonst gar nicht zum Champions League Finale kam. Aber bei dem Shitstorm, den er da ausgelöst hat, muss es ja extrem sein, was er da gemacht. Schließlich springen dem Nils Kaben jetzt alle beiseite. Vom Sportbuzzer bis Sport1.

Lasst uns mal eines kurz klären: Reagiert Toni Kroos dünnhäutig und genervt? Bestimmt. Aber wir reden halt von einem Fußballer, dessen Leistungen in Deutschland nicht annähernd angemessen gewürdigt wird, weil er den Bayern halt den Rücken zugekehrt hat. Das macht man halt nicht. Und dann ist man halt auch der Hauptschuldige, wenn Thomas Müller den Ball am Tor vorbeischießt. 

Nur um das mal festzuhalten: Wir reden hier nicht nur von einem der erfolgreichsten Fußballer der deutschen Geschichte. Wir reden von einem der erfolgreichsten Fußballer aller Zeiten. Kurze Frage: Wie viele Fußballer haben mehr Champions League Titel gewonnen, als Kroos? Die Antwort lautet: Paco Gento. Das war's. Und da hieß das Ding noch "Pokal der Landesmeister"...

Dazu kommt halt dieser ominöse Weltmeistertitel. Wir reden also von einem Spieler, der erfolgreicher ist, als Lionel Messi. Wenn er all diese Erfolge mit den Bayern errungen hätte, würde ihm niemand eine annähernd kritische Frage stellen. Als Beweis bringe ich nochmal den Müller an, den man seit Jahren zumindest im Nationalteam kritisch hinterfragen könnte... Trotzdem reden wir uns ein, dass wir Müller im Winter brauchen, es aber gut ist, dass der "Querpass Toni" endlich weg ist... obwohl Kroos derjenige ist, der im Champions League Finale auf dem Platz stand. Zum 6. Mal in seiner Karriere... 

Aber zum Interview an sich: Als ich die Berichtserstattung über die Berichtserstattung gesehen habe, dachte ich mir: Das muss ja richtig eskaliert sein... Stattdessen hat Kroos schon über eine Minute "geredet", seinen Soll also mehr als erfüllt. Dann hatte er keinen Bock auf kritische Fragen. Das kann man nach einem Triumph durchaus so handhaben. Und anhand der jahrelangen Vorgeschichte kann ich es nachvollziehen. Vor allem ist es auch einfach keine große Nummer.

Da ist absolut nichts passiert, worüber man sich jetzt groß echauffieren muss. Wo man seinem Kollegen beiseite springen und ihn verteidigen muss. Kaben hat, wie alle Journalisten, nach dem Spiel eine dumme Frage gestellt. 90 % dieser Fragen sind dumm. Er hatte das Pech, dass er diese Frage einer Persönlichkeit gestellt hat, die es sich leisten kann, auf die Etiketten zu scheißen. Denn ich bin mir ziemlich sicher, dass sich relativ viele Fußballer dieses "Du hattest 90 Minuten Zeit dir eine gute Frage auszudenken und dann kommst du mit so einem Scheiß" auch gerne mal sagen würden. Sie trauen es sich halt nur nicht. 

Das ist nebenbei keine Kritik an der Arbeit der Journalisten. Sie haben die eigentlich unangenehme Aufgabe aus nach 90 Minuten abgekämpften und emotional aufgeladenen Athleten halbwegs brauchbare Antworten herauszukitzeln... dabei können sie gar nicht so sehr ins Detail gehen, dass es wirklich spannende Interviews geben kann, weil sie auch nur 90 Sekunden Zeit haben. Und in dieser Routine sind dann die Sportler und die Schreiberlinge gefangen. Deswegen hört man immer dieselben Floskeln.

Was mich aber wirklich zu diesem Beitrag bewegt: Warum kriegt Kroos diesen Shitstorm von der Medienseite ab? Warum muss Kroos sich dafür rechtfertigen? Warum wird Kaben von der Bild interviewt? Warum gibt es überhaupt den Versuch einer Versöhnung? Wenn wir doch an ganz anderer Stelle einen viel schlimmeren Vorfall hatten, bei dem alle peinlich berührt weggucken?

Denn eigentlich hätten sich alle so auf den Uli Hoeneß stürzen müssen, als er einem Journalisten mit Hausverbot gedroht hat, weil dieser zu viele kritische Fragen stellt. Aber den FC Bayern zu kritisieren, geht halt nicht, das könnte ja Folgen haben. Da stürzt man sich lieber auf den Spieler, der wahrscheinlich eh nie wieder für eine deutsche Mannschaft spielen wird. Da muss man keine Konsequenzen befürchten.

Und verglichen mit dem Hausverbot, welches dem Bild Reporter angedroht wurde, ist dieses nach 1:30 abgebrochene Interview eine lächerliche Kleinigkeit. Aber mit Kroos kann man's ja machen, der war schon immer eine Projektionsfläche für unangebrachte Kritik.