Dienstag, 31. August 2021

Quo vadis, Bundesliga? Es ändert sich halt nichts.

 Die Bayern haben es schon wieder getan. Einen dieser "Die Bayern kaufen die Bundesliga kaputt" Transfers. Sie holen sich dann doch Marcel Sabitzer, um den Kader in der Breite zu stärken. Auch wenn sie damit die eigentlichen "Probleme" nicht lösen. Es sei denn sie setzen Sabitzer auf die 10 und Thomas Müller auf die Bank... aber als ob.

Also gehen wir das mal kurz durch: Joshua Kimmich und Leon Goretzka sind definitiv besser als Sabitzer. Wenn der Österreicher wirklich glaubt, dass er die beiden verdrängt, dann ist er sehr überzeugt von sich selbst. Aber wahrscheinlicher ist, das Sabitzer gerade in den entscheidenden Spielen nur zum Einsatz kommt, wenn diese beiden verletzt oder gesperrt sind.

Und ich sage seit Jahren, dass die Bayern solche Transfers vermeiden sollten und stattdessen diese Spieler selber ausbilden sollte. Oder sie im Ausland finden muss. Und wenn sie schon selber nicht in der Lage sind, Spieler auf exakt diesem "Macht in der Champions League hoffentlich den Unterschied aus" Niveau auszubilden (und der letzte war David Alaba... das ist verdammt lang her), dann müssen sie wenigstens auf einem Niveau ausbilden, welches anderen Bundesligisten hilft.

Stattdessen... holen sich die Bayern Mickael Cuisance in der Hoffnung, dass er diese Rolle ausfüllen kann, die jetzt Sabitzer ausfüllen muss, scheitern daran dieses Talent weiterzubilden und schicken ihn dann zu Olympique Marseille

Und ja, im Wesentlichen ist der Sabitzer Transfer das Eingeständnis, dass der Trainergott Hansi Flick daran gescheitert ist Marc Roca, Corentin Tolisso oder Cuisance wirklich weiterzubringen. Wenn ihm das bei einem dieser (auch wenn Tolisso schon 27 ist, aber er war halt auch viel verletzt) Talenten geglückt wäre, könnte man sich diese 15 Millionen sparen und müsste die Konkurrenz nicht unnötig schwächen.

Vor allem ist die Ausbildungsbilanz der Bayern immer noch wirklich grausam. Die ziehen nach wie vor nur Talente aus der Liga heraus. Also gehen wir das mal durch: Joshua Zirkzee spielt dieses Jahr in Anderlecht. Lars Lukas Mai in Bremen, also in Liga 2. Wie auch Fiete Arp. Alexander Nübel, den man unbedingt aus Schalke holen musste, damit die absteigen, spielt in Monaco. Renato Sanchez wurde Meister mit Lille. Bleiben Mats Hummels, den man zu Dortmund gehen ließ, weil man beide  als ungefährlich eingestuft hat... und Adrian Fein, der sich dieses Jahr endlich in der Bundesliga präsentieren darf. Aber wahrscheinlich hat Hasan Salihamidžić einfach nicht mitbekommen, dass Fürth aufgestiegen ist und sie damit im weitesten Sinne einen Konkurrenten stärken.

Und... das war's schon. Das waren alle Spieler, die die Bayern "in den Bundesligapool" hineingespült haben, während sie Sabitzer, Upamecano, Kimmich, Nübel, Cuisance und Arp rausgezogen haben. 

Ich habe ja auch überhaupt kein Problem mit dem Dayot Upamecano Transfer. Die Bayern müssen den Abgang von Alaba und Jerome Boateng (wo geht der eigentlich hin? Weiß da jemand was?) ersetzen muss. Upamecano ist als Stammspieler und Fixpunkt für den nächsten Angrif auf die Champions League Krone eingeplant. Da muss man auch keine Rücksicht nehmen.

Aber all die Transfers drum herum... sind halt wirklich furchtbar für die Liga und damit auch praktisch für die Bayern. Denn die brauchen ja eine starke Konkurrenz, die sie fördert. (Fun Fact: Meine Autokorrektur ist überzeugt davon, dass "fruchtbar" wahrscheinlicher ist...)

Machen wir einfach mal den ganz dummen Vergleich mit einem Verein, der ja denselben Anspruch nur in schlecht hat: Real Madrid hat allein diese Saison Sergio Reguilon, Oscar Rodriguez, Alberto Soro, Dani Gomez, Jorge de Frutos, Miguel Baeza und Takefusa Kubo an spanische Erstligisten verkauft oder verliehen. Das sind 7 Spieler. Da brauchen die Bayern 10 Jahre für. Mindestens.

Nun kann ich natürlich nicht einschätzen, wie viele dieser Spieler wirklich "gut" sind und Leistungsträger werden. Aber 6 Spieler in einem Jahr ausbilden, ist eine überragende Bilanz. Aber für Real Madrid ist das gar nichts Ungewöhnliches, die verleihen jedes Jahr mehrere Talente in die eigene Liga. 

Und natürlich kann man sich die Frage stellen, ob dieses klassische englische "Wir horten haufenweise Talente und verleihen sie durch ganz Europa" Konzept wirklich an sich fragwürdig. Aber das alleine macht Real ja gar nicht. Denn von den aufgezählten Talenten spielten nur Soro und Kuma nicht schon in der U18 für Real. 

Baeza wechselt nebenbei offiziell von Real Madrid B zu Celta Vigo. Der zählt quasi noch nicht mal in die offensichtliche Bilanz. Überlegt euch mal, wer das letzte Talent war, welches von Bayern II direkt in die Bundesliga wechseln konnte... Woo-yeong Jeong? Weil der ein 1 1/2 Jahre bei den Bayern verbracht hat? Angelo Stiller könnte da echt der erste wirklich Hoffnungsträger seit Jahren werden. Der war anscheinend clever genug mit 20 Jahren zu einem Verein zu wechseln, der die Aus- und Weiterbildung von jungen Spielern ernst nimmt. Und der stand bisher immer in der Startelf. Guckt mal, es geht doch. Aber da muss halt noch viel mehr passieren.

Ich frage mich ja, warum immer noch so viele junge Talente zu den Bayern wechseln, auch wenn die offensichtliche Bilanz nahe liegt, dass dies eine richtig dumme Entscheidung ist. Dass es wesentlich sinnvoller ist (siehe Gnabry und Sané) erst mit 24 Jahren diesen Schritt zu machen und sich vorher woanders ausbilden zu lassen.

Aber es sieht halt nach wie vor so aus, als wären die Bayern trotz Reform ihrer Jugendarbeit nicht in der Lage auf einem angemessenen Niveau auszubilden. Und wenn sie es doch machen, schicken sie die Talente lieber ins Ausland, anstatt das Risiko einzugehen, dass vielleicht mal eines von denen ein Tor gegen sie erzielt. Das ist ein sehr ungesundes Verhältnis zum Rest der Liga...

Montag, 30. August 2021

Worst of des "Hier könnte ihre Überschrift stehen" Wochenendes

Niklas Stark: Dennoch hatten wir 2 Champions League Ligisten in den ersten 2 Spielen... aber wenigstens beißen sie sich selber richtig in den Arsch und suchen nicht nach Ausreden.

Marco Reus: Wird Reus zum Thomas Müller der Dortmunder? Also zum "Wenn es gut läuft, geht er voran, wenn nicht, taucht er ab" Spieler? Also in den letzten 2 Spieltagen hat Akanji die Führungsarbeit nach dem Spiel übernommen... und auf dem Platz sind Bellingham, Reyna und Haaland vorneweg marschiert... das einzige, was man von Reus in der Zusammenfassung sieht, ist ja, wie er nach dem 2:2 frustriert die Arme hebt...

VfL Wolfsburg und RB Leipzig: Die können ja beide richtig geilen Fußball spielen... wenn sie denn wollen. Aber zum El Plastico scheinen sie sich entschieden haben: Wenn dieses Spitzenspiel niemanden interessiert, spielen wir halt relativ grausamen Fußball... und nächste Woche, wenn wir wieder Gästefans demütigen können, geben wir wieder Gas. Und ja, dieses Spitzenspiel zweier Champions League Anwärter wollten nur 12.058 Zuschauer im Stadion sehen. Dummer Weise kriege ich nicht raus, wie viele ins Stadion gedurft hätten, aber ausverkauft war anscheinend nicht. Also weder laut Kicker.de noch laut Spox Ticker...
Oh und das Wolfsburg und Bayer Leverkusen, die bei der großen Trainerrotation nach neuen Namen gesucht haben, aber Ende am besten starten, ist schon faszinierend. Vielleicht ist es gar nicht sooo sinnvoll immer dieselben Trainer zu recyclen...

Steffen Baumgart: Man könnte so viele Gründe finden, um den Mann zu loben... Also dass er Anthony Modeste wieder motiviert hat, dürfte eine der großartigsten Trainerleistungen der Neuzeit sein. Modeste war doch seit Jahren im "Gehalt einsacken und möglichst wenig machen" Modus. Aber wie immer suchen wir hier das Absurde: Wie der trotz seines Emotional schwierigen Verhältnisses zum VAR sagt "Da gibt es ne klare Regel."
Oh und nur, damit ihr es hier als erstes gehört habt: Baumgart wird irgendwann der Marco Rose Nachfolger in Dortmund. Das passt einfach zu gut.

Konstatantinos Mavropanos: Apropos VAR und Handspiel: Der Zusatz von Baumgart "Solange dass dann immer so entschieden wird".... hielt natürlich nicht lange. Denn bei einer vergleichbaren Szene zum zurückgenommenen Kölner Treffer wurde bei Mavropanos nicht eingegriffen. Dabei sollte die Handspielregel im Angriffsfall doch eindeutig sein. War es doch eigentlich auch, da nur ein Doppelpass gespielt worden ist, hätte das Tor nicht zählen drüfen... glaube ich zumindest. Oh, warte, weil die Regel eindeutig war "sind wir einen Schritt zu weit gegangen"... Zitat Sepp Blatter. Damit muss man dann auch erwähnen, dass das Kölner Tor korrekt gewesen wäre und Baumgart Anrecht auf einen "Gebt dem Schiedsrichter mal nen Regelupdate, anscheinend hat er das verpasst" Rant zugestanden hätte... da Baumgarts Rants immer extrem cool sind, ist das ein echter Verlust... Jetzt ärgert es mich plötzlich doch, dass die Kölner sich für ihre couragierte Leistung am Ende belohnt haben, weil wir deswegen um einen Baumgart-Rant betrogen worden sind....

Wo wir schon beim wöchentlichen VAR-Abriss sind: Wenn selbst Markus Weinzierl als Trainer des Gegners sagt "Den kann man geben, vielleicht muss man ihn sogar geben..." Dann muss die Frage schon erlaubt sein, warum der VAR nicht eingreift. Denn wenn selbst der gegnerische Trainer, der immer und ausschließlich durch die eigene Vereinsbrille guckt, einen Fehler erkennt, dann muss es die klarste Fehlentscheidung der Saison gewesen sein...

Und als Bawful Bonus Stat: Für Bayer Leverkusen ist das Handspiel in der Entstehung wieder strafbar...

Iago und Florian Niederlechner: Ich wollte mal erwähnen, dass Augsburg bisher 2 Eigentore und ein eigenes Tor erzielt hat. Welches auch mit einem Sternchen versehen werden muss, denn im Wesentlichen haben Hradecky und Bakker dieses Tor für die Fuggerstädter erzielt... Natürlich waren beide Eigentore wunderschön, aber es ist kein gutes Zeichen, wenn deine Angreifer so frustriert sind, dass sie den Ball halt im Zweifelsfall einfach ins eigene Tor schießen, damit man "mal wieder ein Erfolgserlebnis" hat...

Und täglich grüßt das CTE: Heute über Arminia Bielefelds Twitter: "Schöne Nachrichten: Ortega hat eine Gehirnerschütterung und trotzdem weitergespielt"... das sind keine schönen, sondern ganz schlechte Nachrichten... Ernsthaft, dass dieses Jahr schon mindestens 2 Spieler mit Kopfverletzungen weitergespielt haben, ist ein eindeutiges Zeichen, dass wir neutrale Ärzte brauchen, die die Spieler auf Gehirnerschütterungen testen und dann eine Auswechslung (die von mir aus auch nicht gegen das Kontingent zählt) anordnen. Aber Ortega wird auch nächste Woche wieder spielen, obwohl er erst Mal 14 Tage Ruhe verschrieben bekommen sollte... Weil wir Kopfverletzungen mittlerweile ernst nehmen.

Donnerstag, 26. August 2021

Eine individuelle Saisonvorschau: Thomas Müller

 Wer hätte das gedacht? Aber ja, Thomas Müller entscheidet im Zusammenspiel mit Julian Nagelsmann, wer Meister wird. Er kann ganz alleine das Meisterschaftsrennen spannend machen, wenn er sich quer stellt.

Denn hier muss man, was niemanden überraschen wird, nochmal darauf hinweisen, dass Thomas Müller ein großes Problem hat: Er ist gegen durchschnittliche Gegner (und Borussia Dortmund, die vor ihm in Ehrfurcht erstarren) Weltklasse. Aber gegen überragende Gegner eher Durchschnitt. Also mit viel gutem Willen Durchschnitt.

Praktisch kann man an dem 1:1 gegen Borussia Mönchengladbach gut ablesen, was er gegen Gegner, die sich wirklich wehren, leisten kann. Denn da war er doch wieder unsichtbar. 

Wie auch in beinah jedem relevanten Champions League Spiel seit 2016. Also außer dem 8:2 gegen Barcelona natürlich. Also nur um das mal festzuhalten: Selbst der Kicker, der ja Müller sonst immer sehr wohlgesonnen ist und noch nie auf die Idee kam, dass der vielleicht die die Lösung aller Probleme sein könnte, hat ihm trotz eigenem Tor gegen Paris St.Germain nur eine 3 gegeben. Im Rückspiel, als es um alles ging, war er wieder nur Mitläufer. Wie immer halt.

Also nur um das mal zu verdeutlichen sind hier Müllers Champions League Einsätze mit selbst erzielten Toren seit 2016 aufgelistet. Ich weiß, klingt spezifisch, aber aus irgendwelchen Gründen setzt Fussballdaten.de bei 2016 einen Cut, den habe ich mir nicht ausgesucht. Aber euch wird auffallen, dass Müller seit 2016 im Viertelfinale... 2 Tore gegen ein völlig überfordertes Barca und eines gegen Paris erzielt hat. Das war's. Dazu kommt noch ein Tor im Achtelfinale gegen Arsenal London. Ich würde hier jetzt schreiben, dass Arsenal halt seit Jahren nicht mehr zur europäischen Elite gehört, aber 2 meiner Stammleser sind Arsenal Fans und ich habe nicht sooo viele Stammleser, dass ich mir das leisten kann... von daher ist das Tor gegen Arsenal eine überragende Leistung. Wenn Müller damals nicht getroffen hätte, wäre Arsenal zum Titel durchmarschiert... Ja, die hätten das Spiel noch gedreht, wenn Müller nicht das 5:1 erzielt hätte.

Und nur um mal zu erwähnen, dass diese Champion Leauge Spiele keine Ausnahme sind: Thomas Müller hat 9 Anläufe gebraucht, um ein mal gegen RB Leipzig zu treffen. Nun muss man an der Stelle zugeben, dass seine 3 Scorerpunkte aus der letzten Saison tatsächlich beeindruckend wirken. Aber er hat diese Tore auch dringend gebraucht damit überhaupt etwas auf der Habenseite steht.

Und wo ich schon dabei bin: Selbst gegen die in Ehrfurcht erstarrenden Dortmunder hat er zuletzt 2017/18 getroffen. Bei einem 6:0. Nur um das mal zu relativieren: In den letzten 3 Jahren haben die Bayern 19 Tore erzielt. Was nur mal dieses "In Ehrfurcht erstarren" verdeutlichen soll. Für die Dortmunder wäre es schon ein Fortschritt, wenn sie weniger als 6 Tore in einer Saison gegen die Bayern kassieren... Müller war an 3 dieser 19 Tore beteiligt. Aber im Supercup und im DFB Achtelfinale ist auf ihn verlass, da trifft er auch gegen Dortmund konstant.

Die Bayern haben seit Jahren das Problem, dass Müller in der richtig heißen Phase nur ein Mitläufer ist. Und sie haben ja letztes Jahr festgestellt, dass niemand so richtig zufrieden ist, wenn man "schon" im Viertelfinale der Champions League ausscheidet. Das ist aber in einem normalen, nicht durch Corona-Unterbrechungen geprägtem, Jahr der erwartbare Saisonverlauf. Das ist auch die realistische Prognose für diese Saison, auch wenn das keiner hören will.

Für die Bundesliga ist das in erster Instanz natürlich völlig egal. Denn selbst wenn Müller gegen Gladbach und RB Leipzig insgesamt nur einen Scorerpunkt sammeln wird, so kommt er gegen den überforderten Rest der Liga doch wieder auf 30 Torbeteiligungen. Das würde mich zumindest nicht überraschen. Und dann werden alle wieder darauf verweisen, wie gut der Müller ist, weil er gegen Augsburg und Mainz 6 Vorlagen gesammelt hat. Das hätte sonst ja keiner gekonnt.

Wo ich schon dabei bin: Ich gehe auch davon aus, dass Müller gegen Nordmazedonien 3 Tore erzielt und dann von allen zum Heiland auserkoren wird. Nur um dann im WM Viertelfinale wieder komplett unterzutauchen.

Da sind wir auch bei einem richtig wichtigen Einschub: Ich finde es erbärmlich, dass all die "Fans", die Toni Kroos als "Querpasstoni" verhöhnen und froh darüber sind, dass der Alte Sack endlich aufhörte, den Müller weiterhin hofieren. Obwohl Müllers letztes wirklich gutes Länderspiel nach wie vor aus dem Jahr 2014 stammt. Das wird von allen immer noch komplett ignoriert. 

Wenn ich die "alten Säcke", die seit Jahren keine Leistungen im Nationalteam bringen, aussortieren will, dann muss ich an der Stelle auch die Eier in der Hose haben und Müllers Rücktritt einfordern. Aber das lag ja nur daran, dass er zwischenzeitlich nicht eingeladen worden ist und deswegen nicht eingespielt war. Also die schlechten Leistungen 2016 und 2018 lagen nur daran, dass er 2020 aussortiert worden ist...

Aber zurück zu den Bayern. Die haben ein Problem: Die müssen den nächsten Angriff auf den Champions League Titel praktisch ohne Müller planen. Also zumindest ohne Müller als Stammkraft. Als Ergänzungsspieler, der seine Erfahrungen von der Bank aus an die nächste Generation weitergibt, könnte Müller durchaus helfen. Aber das ist eine Rolle, die er noch nie angenommen hat. Denn schon Carlo Ancelotti wollte ihn ja auf die Bank setzen und hat danach dann zeitnah die Kabine verloren.

Und hier ist das Problem: Ich halte Nagelsmann für intelligent und ehrgeizig genug, dass er erkennt, dass er Jamal Musiala als Herzstück der nächsten Offensive aufbauen muss. Umgeben von Serge Gnabry und (für die Bayern hoffentlich) Leroy Sané. Und weil Robert Lewandowski auch schon 33 Jahre alt ist, hat er auch nicht allzu viel Zeit... Im Idealfall macht Lewy das noch 3 Jahre auf höchstem Niveau mit. Das ist wirklich der Idealfall, denn das bittere Geheimnis von Cirstiano Ronaldo und Lionel Messi, die ja angeblich so wunderbar altern, ist halt, dass auch sie im Viertelfinale an ihre Grenzen stoßen. Klar, bei Messi ist das nicht mehr so relevant, weil er jetzt in Paris mit durch geschleppt werden kann. Aber er ist halt auch nicht mehr der Spieler, der auf diesem Niveau vorne wegmarschiert.

Zu erwarten, dass Lewandowski das mit 36 noch kann, ist auch extrem naiv. Dadurch hat Nagelsmann auch nicht mehr die Zeit um zu sagen: Na gut, dieses Jahr sichere ich erstmal die Meisterschaft und gucke mir Müller nochmal in der K.O. Phase an. Aber spätestens 2022 plane ich dann mit Musiala als Stammspieler. 

Sachlich gesehen ist es das vernünftigste Musiala mehr und mehr von Müllers Spielzeit zuzuweisen. Denn Meister wird man auch mit dem 18-jährigen Talent in wichtigerer Rolle. Aber Champions League Sieger wird man nur, wenn Musiala, Gnabry und Sané wichtige Schritte nach vorne machen. Diese Schritte können sie nur machen, wenn man ihnen wichtigere Rollen zuteilt. 

Dies bedeutet aber auch, dass Müllers eine kleinere Rolle akzeptieren muss. Wenn er dies tut, werden die Bayern auch in den nächsten 10 Jahren durchgehend Meister. Wenn er für Unruhe in der Kabine sorgt, hat die Konkurrenz eine Chance.

Mittwoch, 25. August 2021

Eine Individuelle Saisonvorschau: Erling Haaland

Schnell noch abarbeiten, bevor die Nebenwirkungen der 2. Impfung einsetzen...

Und ja: Sensation: Erling Haaland wird am Ende darüber entscheiden, wie spannend die Saison wird. Und wie weit Borussia Dortmund am Ende in allen Wettbewerben kommt. Aber nicht aus dem Grund, an den ihr jetzt als Erstes denkt.

Denn ob Haaland 20 oder 35 Tore erzielt, ist relativ egal. Wenn es für Dortmund läuft, läuft es auch bei ihm. Und ob er dann doppelt oder dreifach trifft, ist fast egal. Und das faszinierende ist: Wenn er trifft, trifft er meistens doppelt. Also letzte Saison stand er bei 10 Doppel- und einem Vierfachpack. Verglichen mit 3 Spielen mit einem Treffer. Und ja, ich weiß, ich wollte aufhören Kicker.de zu verlinken und mich auf deren Noten zu beziehen, aber sie sind die einzige, die das anbieten, deswegen mach ich das jetzt mit nem Disclaimer, dass gerade die Bewertungen mit Vorsicht zu genießen sind. Trotzdem: Haaland Statistik ist extrem interessant.

Also klar, die 13 Spiele, in denen er einen Treffer erzielte, sehen brillant aus. Das ist ein absoluter Weltklassespieler. Ganz bestimmt.

Aber die 14 Spiele, in denen er selber nicht trifft... sind überraschend finster. Da kommt er alleine 6 Mal auf die Note 5,0. Das sind doch eher Lukas Podolski in einem Halbfinale Statistiken, als wirkliche Weltklasse. Lasst uns mal fix nachrechnen: In den 14 Spielen kommt er auf einen Notenschnitt von 3,9. Das reicht gerade so fürs Abitur, damit kann man aber ausschließlich NC freie Fächer studieren... Dazu kommt er demonstrativ auf 6 (seiner insgesamt 8) Torvorlagen. Und 2 verschossene Elfmeter. Lustigerweise hat er gegen Union Berlin eine Torvorlage zugeschrieben bekommen, weil er einen Elfmeter verschossen hat und Marco Reus dann im Gestocher danach den Treffer erzielte.... Wenn Haaland noch mehr Elfmeter verschossen hätte, hätte er auch mehr Assists...

Aber wenn Haaland selber nicht trifft, ist er eine riesige Last, die von den Dortmundern mit durch geschleppt werden muss. Die Statistiken sprechen da eine eindeutige Sprache. Und das muss sich halt dringend ändern. Haaland muss auch dann ins Spiel kommen, wenn er selber nicht zum Abschluss kommt. Das ist DAS elementare Problem der Dortmunder.

Und der Auftakt war ja echt vielversprechend. Also 3 Vorlagen in einem Spiel gab es von ihm vorher noch nie. Dass er da nebenbei noch 2 Mal getroffen hat, kann man fast vernachlässigen. Er hatte Dortmund schon auf die Siegerstraße gebracht, bevor er selber ein Tor erzielte. Genau das brauchen die Dortmunder. Aber das Spiel gegen den SC Freiburg war halt doch ein bitterer Rückfall in die letzte Saison. Da war mal wieder komplett nichts von ihm zu sehen und sein Gegenspieler Nico Schlotterbeck durfte sich dafür feiern lassen, dass er Haaland aus dem Spiel genommen hat. Also er als Spieler des Tages und in die Elf des Spieltages nominiert. Obwohl wir wissen, dass es gar keine so große Leistung ist, Haaland aus dem Spiel zu nehmen, dass passiert 6 Mal pro Saison.

Wenn Dortmund wirklich Meister werden, oder wenigstens das Rennen spannend gestalten, will, dann muss Haaland Wege finden das Spiel positiv zu beeinflussen, wenn es bei ihm persönlich nicht läuft. Der offensichtlichste Weg dahin ist es, andere Spieler in Abschlusssituationen zu bringen, wenn man selber nicht in diese kommt. Das kann man an Torvorlagen immer gut festhalten.

Sprich: Wenn Haaland auf 15 Vorlagen kommt, wird Dortmund mindestens Vizemeister. Wenn nicht, wird das RB Leipzig.

Montag, 23. August 2021

Worst of des "Hat die neue Saison schon begonnen, oder ist das noch die alte?" Wochenendes

 Also wenn keine Fans im Stadion wären, könnte man fast meinen, es hat sich nicht s geändert... gut, außer dass Werder und Schalke mittlerweile in Liga 2 verkacken. Aber sonst.

Es hat ganze 2 Spieltage gedauert, bis wir das erste Mal übers Handspiel diskutieren. Immerhin bei einem unwichtigen Elfmeter zum 4:0, aber lange hat es trotzdem nicht gedauert. Es ist nebenbei totaler Blödsinn, die Absicht in den Vordergrund zu stellen. Denn erstens kann dann kein Schalker mehr ein Handspiel begehen, denn das, was die auf dem Fußballfeld anbieten, hat irgendwas mit "Absicht" zu tun. Sonst wäre es ja Wettbewerbsverzerrung.
Aber ganz ehrlich, wie soll ein Schiedsrichter denn entscheiden, ob ein Spieler absichtlich oder leichtsinnig die Körperfläche vergrößert hat? Der kann ja nicht in die übermäßig Kopfball geschädigten Gehirne der Spieler gucken. (Btw: bereits am 2. Spieltag hieß es auch, dass Kopfverletzungen immer noch in vielen Fällen nicht ernst genommen werden. Man konnte dieses "Viele" sogar beziffern, weil nur einer der beiden ausgewechselt wurde, der andere weiter gespielt hat...)

Vor allem ist es auch ein absoluter Paradigmenwechsel. Also bei allen anderen Entscheidungen ist für die Frage "Foul oder nicht" egal, ob das nun gewollt, oder ein Unfall, war. Wenn ich im Strafraum zur Grätsche ansetze, um den Ball zu klären, dabei aber auf eine Finte des Angreifers reinfalle und das Bein treffe, dann gibt es Elfmeter... es sei denn ich bin Matts Hummels, dann feiern mich alle für die Weltklasse Grätsche. Zumindest alle Deutschen.

Aber ob es jetzt meine Absicht war die Beine des Gegners zu zerfetzen... spielt doch nur beim Strafmaß eine Rolle, nicht bei der Frage, ob es Freistoß geben soll. So sollte es halt auch beim Handspiel gehandhabt werden. Also wenn ich in Luiz Suarez im WM-Halbfinale Manier den Ball von der Linie kratze, gibt es wegen der Absicht Rot. Sonst gibt es nur Foul.

Und ja, die Frage, ob das jetzt Absicht war und wie man das entscheiden kann, wird uns das ganze Jahr begleiten.

Ansonsten haben die Dortmunder auch nur 2 Spieltage gebraucht, um sich in den "Das kann nicht sein" Modus zu spielen. Und völlig unmotiviert Punkte bei klar unterlegenen Gegnern liegenzulassen. Mittlerweile ist es Manuel Akanjis Aufgabe so etwas anzuprangern. Das nennt man dann "Führungsspieler"... Akanji gehört dann jetzt dazu. Und die Dortmunder haben uns zumindest einen Spieltag lang glauben lassen, dass es dieses Jahr anders laufen wird.

Dazu kommt halt auch noch diese chronische Schockstarre gegen die Bayern, bei der sie sogar Thomas Müller immer wieder gut aussehen lassen, obwohl der sonst gegen Champions League Anwärter eher wenig zeigt. Das konnte man am Dienstag beim Super Cup mal wieder bestaunen. Dortmund ist echt die einzige Spitzenmannschaft der Welt, gegen die Müller immer noch konstant gute Leistungen bringt. Aber ja, die werden das Titelrennen bestimmt spannend halten...

Dazu spielt Hertha immer noch wie die Hertha... und Fürth feiert weiterhin Heimspiele, als hätten wir das Jahr 2013. Nur um mal nachzuweisen, dass sich auch langfristig so gar nichts ändert. Aber warum sollte man auch was verändern, wenn man doch so erfolgreich ist...

Bo Svensson, Zitat der Woche. Der so als erste Analyse nach der 0:2 Niederlage gegen Bochum: "Die Gegentore, die wir bekommen, waren schon entscheidend." Das haben Gegentore so an sich.

Donnerstag, 19. August 2021

Eine individuelle Saisonvorschau: Florian Wirtz und Moussa Diaby

 Ja, ich weiß, ich breche die Regeln, die ich selber aufgestellt habe... Aber wen interessiert's. Und bei Bayer Leverkusen sind es halt 2 Spieler, die über den Saisonverlauf entscheiden werden.  

Bei Florian Wirtz ist die Lage einfach. Der Junge ist schon so lange dabei, dass schon mal vergessen kann, dass er erst 18 Jahre alt ist. Und Wirtz Einfluss auf das Spiel der Werkself lässt sich ja praktisch ablesen: Nach der Hinrunde lag man auf Kurs Champions League. In der Rückrunde wurde man souverän Tabellenzwöflter... Was halt auch daran lag, dass Wirtz mehr oder weniger auf Tauchstation ging. 2 Tore und eine Vorlage fügte er seinen Siegtreffer gegen Dortmund (und den 8 Scorerpunkten der Hinrunde) noch hinzu.

Das soll keineswegs ein Vorwurf an Wirtz sein. Junge Spieler erleben halt Leistungsdellen. Das ist völlig normal. Aber damit man zurück in die Champions League kommen kann, muss Wirtz halt den nächsten Entwicklungsschritt in Richtung Konstanz gehen.

Wirtz wird ja gerne mit dem anderen Übertalent, welches Leverkusen als Sprungbrett genutzt hat, verglichen: Kai Havertz. Und ja, an die Wettbewerbs-übergreifend 25+X Scorerpunkte, die Havertz in den letzten 2 Jahren sammelte, muss Wirtz halt auch herankommen, wenn er sich auf der ganz großen Bühne präsentieren will. Vereinfacht gesagt: Entscheidend wird sein, ob Wirtz wirklich der nächste Havertz wird... oder doch nur der nächste Julian Brandt. Was auch kein Vorwurf an Brandt sein soll, der ist ja auch gut. Und nebenbei auch erst 25 Jahre, da könnte also noch ein Entwicklungsschritt kommen.  Bei dem, was ich von Wirtz bisher gesehen habe, halt ich Brandt's Entwicklungstempo für das Worst-Case-Szenario. Aber Leverkusen braucht halt mehr.


Aber alleine kann er halt Leverkusen auch nicht retten. Was er wirklich brauchen könnte, wäre ein überragender Außenspieler. Also ganz praktisch setzt man in Leverkusen immer noch auf Karim Bellarabi, obwohl einen eigentlich bewusst sein sollte, dass es bei dem nicht für die ganz großen Aufgaben reicht. Genauso wenig, wie bei Nadiem Amiri. Das sind halt alles Spieler aus der "Patrick Herrmann" Kategorie. Paulinho braucht nach seinem Kreuzbandriss noch mindestens ein halbes Jahr um wirklich wieder in Schwung zu kommen. Mehr zu erwarten wäre übertrieben. Leon Bailey galt jahrelang als das große Versprechen auf gehobene internationale Klasse, aber er konnte diesen Weg zumindest in Leverkusen nicht gehen. Am Ende mussten sich beide voneinander trennen, damit es vorangehen kann. 

Bleibt also Moussa Diaby als einziger wirklicher Hoffnungsträger. Also derjenige, bei dem ich am ehesten darauf setzen würde, dass dieser Entwicklungsschritt kommt. Und ja, eine Bayer Offensive mit Diaby, Wirtz, Patrick Schick (falls der seine EM-Form hält), Lucas Alario als Topjoker und einem weiteren Rollenspieler (ob das jetzt Demirbay zentral ist, oder Amiri auf den Außen, ist fast egal), klingt schon bedrohlich. Also, wenn Diaby und Wirtz diesen entscheidenden Schritt vorwärtsmachen. Wenn nicht, landet man am Ende auf Platz 6.

Mittwoch, 18. August 2021

Eine individuelle Saisonvorschau: Patrick Herrmann

 Nebenbei habe ich echt nicht durchgeplant, wie viele Spieler auf diese "Die dürften die Saison prägen" Liste kommen. Ich weiß nur, wo ich am Ende aufhören werde... und das wird dann auch niemanden überraschen.

Kommen wir aber... nun ja... zum ersten Negativbeispiel.

Und da muss eines vorweggesagt werden: Patrick Herrmann ist ein wunderbarer Fußballer. Bei 2/3 aller Bundesligisten wäre er unumstrittener Stammspieler. Und auch charakterlich muss er ein einwandfreier Bursche sein, schließlich hat er jahrelang die Rolle als Ergänzungsspieler angenommen, anstatt sich einem anderen Verein anzuschließen, bei dem er Stammspieler sein kann. Er hat verstanden, dass er in dieser Rolle auch mal Champions League spielen kann und darf und gleichzeitig Borussia Mönchengladbach helfen kann.

Aber genau da beginnt halt auch das Problem: In diese Champions League will Gladbach wieder einziehen. Oder es sollte zumindest ihr Anspruch sein. Schalke hat sich verabschiedet, damit sind Leverkusen, Wolfsburg und Gladbach die 3 realistischen Kandidaten auf Platz 4. Und ich bezweifle, dass dies mit Herrmann als Stammspieler auch erreichbar ist.

Herrmann hat nebenbei in seinen 378 Bundesligaspielen nur 54 mal durchgespielt. Er wurde für mich überraschender Weise noch öfters aus- als eingewechselt. 

Nur um das mal zu verdeutlichen: Das letzte Mal war Herrmann 2013/14 unumstrittener Startelfspieler. Damals wurde Gladbach Sechster.

Aber nach allem, was man so hört, ist er DER Gewinner der Gladbacher Vorbereitung und soll in genau dieser Rolle in die Saison gehen. 

Und Herrmann ist halt auch schon 30. Also wenn ausgerechnet er derjenige ist, der in diesem Sommer einen entscheidenden Entwicklungsschritt vorwärtsgemacht hat, ist auch das ein schlechtes Zeichen für die Fohlen. Denn es bedeutet auch nur, dass Embolo, Plea und Hofmann diesen Schritt doch verpasst haben. Und das Hannes Wolf nicht die erhoffte Verstärkung ist.

Natürlich kann es sein, dass Herrmann eine der wenigen Ausnahmen ist und mit 30 nochmal einen entscheidenden Schritt nach vorne macht. Wahrscheinlicher ist aber irgendwie, dass Gladbach einfach in diesem Sommer schwächer geworden ist und deswegen auf Herrmann setzen muss. Zumindest derzeit, man hat ja genügend Optionen, die noch ins Laufen kommen können, sodass Herrmann wieder seine an sich beste Rolle übernehmen kann: Die des Edeljokers, der reinkommt und für Bewegung sorgt.

Montag, 16. August 2021

Worst of des "Hat ja lange gedauert" Wochenendes

 Also ganze 81 Minuten. Nach 81 Minuten kapitulierten die Kommentatoren bei Sat1 das erste Mal vor dem Video Assistent Referee. Weil niemand nachvollziehen konnte, warum Marco Fritz sich die Szene nicht selber anguckt. Dabei funktioniert der VAR doch sehr konstant... im Zweifelsfall für die Bayern.

Nebenbei... ist dieses Spiel doch das Paradebeispiel dafür, dass wir gar keinen Keller in Köln brauchen, sondern ein Challenge System. Dann hätte Gladbach Fritz dazu zwingen können, sich die Szenen nochmal selber anzugucken. Und es sind dann halt doch recht wenige Szenen, bei denen man unbedingt eine Überprüfung haben will. Gebt den Schiedsrichtern die Autorität auf dem Platz zurück und den Trainern die Gelegenheit eine Challenge auszulösen, wenn sie es für angemessen halten... wie in allen anderen Sportarten auch. Und ich garantiere euch: 90 % der VAR Probleme lösen sich mit diesem System auf. Denn meistens wird ja genau diese "Warum guckt sich der Schiedsrichter das nicht mal an?" Frage gestellt.

Und an der Stelle muss man auch zugeben: Wenn Marcus Thuram in der 77. Minute nicht über die eigenen Füße stolpert und einen auf "Gomez der Woche" macht, dann brauchen die auch den Elfmeter nicht. Aber, dass Schiedsrichter heftiger kritisiert werden, obwohl sie tatsächlich weniger Fehler begehen als die Spieler, ist ja auch eine schöne Tradition.

Ansonsten wollte ich mal erwähnen, dass es mittlerweile zumindest teilweise die ordentlichen und ausführlichen Zusammenfassungen der Sportschau und vom Sportstudion auf Youtube gibt. Auch, wenn die Teilweise noch seltsam umstrukturiert werden... aber die sind bestimmt noch in der Findungsphase.

Kommen wir zum eigentlichen: Mainz 05.

Natürlich klingt das erstmal super, dass diese Mentalitätsmonster trotz der widrigen Bedingungen eine großartige Leistung abgeliefert haben. Aber, dass die sich dann über Wettbewerbsverzerrung aufregen... wo es doch ausschließlich ihre eigene Schuld ist...

Also nennt mich jetzt nen Schlafschaaf, welches treudoof die Regierungsaussagen wiederkäut, aber... also... 8 namentlich nicht genannte Mainzer mussten in Quarantäne, weil sie noch nicht geimpft sind, obwohl sie doch sicherlich ein Impfangebot bekommen haben. Also der Mainzer Mannschaftsarzt wird doch diese Möglichkeiten gehabt haben. Und selbst, wenn nicht, gibt es mittlerweile genügend freie Termine.

Die einzige Entschuldigung, die ich durchgehen lassen würde, ist: "Die 8 Spieler haben nach der Aufhebung der Priorisierung so schnell wie möglich ihre Impfung bekommen, warten aber noch auf die 2. Dosis/ die 14 Tage nach der 2. Dosis und sind deswegen noch nicht immunisiert." Und ja, bei einigen der 8 ist anscheinend genau das der Fall. Aber es gibt halt im Mainzer Kader auch Spieler, die als "gar nicht geimpfte Kontaktpersonen in die Isolation" mussten.

Da muss ich auch mal sagen: Wer sich noch nicht mal die erste Dosis geholt hat, ist selber Schuld. Und so wie es aussieht, ist ein Drittel des Kaders noch nicht geimpft. Wenn man dem ZDF Glauben schenken will, gibt es unter den Fußballprofis vergleichsweise viele Impfverweigerer, Impfskeptiker und Impftrödler. Und jetzt regt sich Christian Heidel darüber auf, dass die DFL für diese Idioten keine Spielverlegungen eingeplant hat? Wirklich? Eigentlich sollte Heidel den Arsch in der Hose haben und zugeben: Wir als Verein haben es nicht geschafft große Teile unseres Kaders davon zu überzeugen, dass eine Impfung notwendig, sicher und hilfreich ist. Dafür müssen wir jetzt die Konsequenzen tragen. Stattdessen versuchen sie sich in die Opferrolle zu retten.

Ernsthaft, die DFL sollte ein Statement veröffentlichen, dass Covid-Ausbrüche bei Ungeimpften kein Grund für eine Spielabsage sind. Und wer deswegen keine Mannschaft auf den Platz stellen kann, der muss halt damit leben, dass das Spiel mit 0:3 verloren wird. Ende der Ansage. Kümmert euch um eine Impfung. Gerade, wo ihr doch im letzten Jahr die Privilegiertesten waren.

Nebenbei ist es bereits der dritte Covid-Ausbruch in den ersten 3 Ligen. Also Duisburg und Darmstadt hatten auch schon ihre Probleme. Wirklich absurd wird es dann, wenn nur noch Geimpfte ins Stadion dürfen, da dann aber Ungeimpfte auf dem Rasen stehen. DAS ist doch genau die Vorbildfunktion, die der Fußball übernehmen will... und sein Beitrag zur Versöhnung der Gesellschaft. 

Aber, anstatt dass man die amtlich abschießt und auf Platz 18 verbannt... zeigt sich Nordi Mukiele solidarisch und legt den Mainzern das 1:0 direkt auf... als erste Gegentorvorlage der Saison.

Im Tabellenkeller steht stattdessen... der FC Augsburg. Die haben sich nämlich si richtig auf die Rückkehr der Fans gefreut. 9.124 durften miterleben, wie ihre Mannschaft die einzige Heimniederlage des Auftaktspieltags erreichte. Und gleichzeitig bekam ihre Mannschaft auch noch die deutlichste Packung. An diesem Wochenende konnte man auch mal wirklich sehen, wie sich die Fans auf so einen Spieltag auswirken können. Was richtig schön ist. Oder eine gnadenlose Überreaktion. 

Und als kleiner Blick über den Tellerrand: Hansa Rostock agiert auf Augenhöhe mit Schalke, Hamburg und Werder Bremen! Das erste Mal seit 1998... Verdammt lang her. Die größte Überraschung ist es ja, dass Frank Baumann, der die ganze Scheiße in Bremen zu verantworten hat, jetzt nicht derjenige ist, der alles wieder gerade biegt. Wer hätte das gedacht? 

Ansonsten wär es wirklich schön mal eine Sensation im Hamburger Stadtderby zu sehen... aber wie immer gewinnt der FC St.Pauli das souverän. Also nur um mal festzuhalten, wie absurd die Blockade der Hamburger ist: In diesem Jahrtausend haben sie 3 von 11 Derbys gewonnen. Wenn man dann noch bedenkt, dass es mit 2 Siegen losging... In derselben Zeit hat St.Pauli:
- Den letzten Bundesligasieg ihrer Vereinsgeschichte in Hamburg geholt.
- 3 Mal unentschieden gespielt.
- Logischerweise 5 Siege errungen.

Wie kann man sich in seiner eigenen Stadt so den Schneid abkaufen lassen?

Freitag, 13. August 2021

Eine Individuelle Saisonvorschau: Mark Uth

 Genau genommen gibt es in Köln genau 3 Pläne für die neue Saison:

1.: Hoffen, dass Fürth, Bochum und Bielefeld sich dieses Jahr noch dümmer anstellen als Werder und Schalke im letzten Jahr. Das ist, dank der eingeschränkte Möglichkeiten durchaus im Rahmen des Vorstellbaren. 

2.: Dass Steffen Baumgart wirklich ein Trainergenie ist und in Paderborn nur an den begrenzten Mitteln gescheitert ist. Auch dies ist durchaus möglich. Andererseits gibt es genügend Trainer von Kaspar Hjumland bis Stale Solbakken, deren Spielideen nur in schwächeren Ligen funktionierten und die in der Bundesliga an ihre Grenzen kamen. Ein ausführlicheres Beispiel für dieses Phänomen ist die Karriere von Jos Luhukay. Und wenn die Kölner ganz großes Pech haben, stellen sie fest, dass sie auch Florian Kohfeldt hätten verpflichten können.

Baumgart ist ja selber so ehrlich, dass er 3 Mannschaften hinter sich lassen muss, um seinen Platz zu behalten. 

3.: Dass Mark Uth in seine Heimat seine alte Form wieder findet. Wobei dieses "Alte Form" auch relativ ist. Uth hat eine richtig gute Saison unter Julian Nagelsmann gespielt. Und Nagelsmann hat schon ganz andere Stürmer gut aussehen lassen. Danach beging er den sichersten Karriere-Seppuku und wechselte nach Schalke. Damit reihte er sich in die Liste legendärer Schalke-Angreifer ein. Am Ende erzielte er in 48 Spielen in Gelsenkirchen 5 Tore. Und muss sich langsam mit der Frage beschäftigen, ob er nicht doch in die Liste der Marius Ebbers Angreifer gehört... Was, Ehre wem Ehre gebührt, mein Stammleser seit der ersten Stunde Phil gleich gesagt hat. Bisher konnten die 5 Tore im letzten Halbjahr auf Köln diese Kategorisierung verhindern.

Da Köln sich von Horst Heldt getrennt hat und keinen wirklichen Experten auf der Managerposition hat, wird es schwierig weitere externe Verstärkungen zu finden. Abgesehen davon hat Köln auch einfach nicht das Geld, um solche Spieler mal eben zu verpflichten. Und ja, auch wenn sich Heldts Bilanz nicht immer absolut brillant aussieht, so ging es doch bei jedem Verein nach seinem Abgang deutlich weiter bergab. Jetzt hat er, ohne große Möglichkeiten zu haben, einen Kader zusammengestellt, der sich zumindest in die Relegation retten konnte... Das einzige, was man ihm wirklich vorwerfen konnte, ist ja das Festhalten an Markus Gisdol, der vielleicht ein guter Verwalter, aber kein guter Bundesliga-Trainer ist. Diesen Fehler hat Heldt aber korrigiert und das faszinierende Talent Baumgart für den Verein begeistern können. Und genau dieser Baumgart ist jetzt auch richtig begeistert, dass Heldt schon wieder weg ist

Realistisch gesehen muss Baumgart jetzt 20 Scorerpunkte aus Mark Uth herauskitzeln, wenn er auch 2023 noch Trainer bei diesem Verein sein möchte. 

Und auch die eingangs erwähnte Konkurrenz wird gespannt auf Uth gucken. Wenn der weiterhin als technisch netter Spieler, dem es aber leider an jeglichem Durchsetzungsvermögen fehlt, auftritt, wird das ihren Weg zum Klassenerhalt wesentlich erleichtern. Damit könnte Uth den gesamten Abstiegskampf mitprägen.

Wobei das natürlich auch keine Neuigkeit ist. Also jeder der offensichtlichen Abstiegskandidaten muss seinen einen Angreifer finden, der ihnen 10 Tore verspricht. Der Unterschied zu den Bochumern, Bielefeldern und Fürther ist allerdings, dass dieser Stürmer vorher benannt werden kann... während die anderen... öhm... auf Havard Nielsen, Simon Zoller und Florian Krüger hoffen müssen. Wovon Krüger immerhin behaupten kann, dass er U21 Nationalspieler ist... Uff... Vielleicht reichen doch 5 Uth Tore zum Klassenerhalt... Auf einmal sieht Plan 1 doch verdammt gut aus...

Donnerstag, 12. August 2021

Eine Individuelle Saisonvorschau: Kevin-Prince Boateng

 Kommen wir zum krassen Gegenteil von Andrej Kramaric. Einen Spieler, der selbst Max Kruse wie eine treue Seele aussehen lässt. Aber jetzt kehrt er ja nach 13 Zwischenstationen endlich Heim. Zumindest zwischenzeitlich, sein wir ehrlich: Auch wenn er schon 34 ist, würde es niemanden wirklich überraschen, wenn er nochmal eine neue Herausforderung sucht. So agiert Kevin-Prince Boateng nun mal.

Jetzt soll ausgerechnet er, der bisher bei jedem Anzeichen von Widerstand einfach gegangen ist, die Hertha stabilisieren. Einen Verein, der gerade eindrucksvoll Nachweis, dass es einem nicht unbedingt besser gehen muss, nur weil man plötzlich Millionen eines Investors in die Mannschaft pumpen kann. Also wenn man Michael Preetz dieses Geld ausgeben lässt, kommt da halt erstaunlich wenig bei rum.

Wer hätte das gedacht? Nach 2 Abstiegen, die Preetz mitzuverantworten hat, und jahrelangem Stillstand war er doch nicht der Manager, dem nur das Geld gefehlt hat, um den Verein entscheidend nach vorne zu bringen. Aber jetzt muss sich Fredi Bobic mit dem Kader rumschlagen. 

Dass Bobic das Projekt Frankfurt für die Hauptstadt aufgibt, ist schon... faszinierend. Aber warum Frankfurt niemanden halten kann, obwohl man in den letzten Jahren konstant international spielte, muss woanders ausgewertet werden. Und es ist ja nicht so, dass Frankfurt ein kleiner Markt wäre oder keine Tradition hat...

Jetzt ist Bobic Königstransfer der ablösefreie Boateng. Der soll quasi endlich das liefern, das Sami Khedira nicht liefern konnte: Stabilität und Charakter. Beides hat er im Repertoire. Wie Bobic aus der gemeinsamen Zeit in Frankfurt, wo man Pokalsieger wurde, bestätigen kann. 

Andererseits ist Boateng auch der ultimative Münzwurf. Und das praktisch in jeder Saison. Also das sieht man ja wunderbar an seiner Zeit auf Schalke: In der ersten Saison lieferte er 10 Scorerpunkte in wettbewerbsübergreifend 35 Spielen. Schalke wurde Dritter und lag voll im Soll. Die darauffolgende Saison spielte Boateng schon nicht mehr zu Ende, sondern wurde im Mai suspendiert, weil er in der Mannschaft weitgehend isoliert war. Also das Vertrauensverhältnis muss so ruiniert gewesen sein, dass Marco Höger gleich mit suspendiert wurde, nur weil er zu Boateng stand. Nebenbei war das die "gute, alte Zeit", als das Verpassen der Champions League als große Enttäuschung wargenommen wurde.

Zuletzt verpasste er in einer durchaus hochkarätig besetzten Mannschaft mit AC Monza den direkten Aufstieg in die Serie A. Man scheiterte in den Aufstiegsspielen an AS Citadella. Das sind direkt 2 Vereine, von denen ich nicht gedacht hätte, dass ich die je erwähne... 

Und die Jahre davor... also klar, er hat sich mit seinen Leistungen in Frankfurt und Sassasuolo für eine Leihe bei Barcelona beworben. Was die sich allerdings dabei gedacht haben, einen Boateng als Ergänzungsspieler zu verpflichten... 

Lustigerweise beendete Boateng nur die 2017/18 und die Saison 2020/21 für den Verein, bei den er sie auch begonnen hatte. Bei Sassasoulo und Florenz war er schon nach einem halben Jahr wieder weg.

Nun geht also Hertha dieses offensichtliche Risiko ein. Obwohl man mittlerweile an dem Punkt ist, dass es eher unwahrscheinlich ist, dass es funktioniert. Das Problem ist aber: Für die Hertha muss es funktionieren. Denn allzu viele Optionen haben die nicht mehr. Es muss langsam mal zumindest Anzeichen von Fortschritten geben, damit der Investor nicht die Geduld verliert. Und bereits letztes Jahr war man viel zu dicht an einem Abstiegsplatz und kann sich praktisch bei Schalke und Bremen bedanken, dass die noch inkompetenter waren als man selbst. Wenn beide ihre eigentlich erwartbare Leistung abrufen, landet die Hertha auf dem Relegationsrang.  

Jetzt hat Boateng also mal wieder die Aufgabe einer bunt zusammengewürfelten und nur bedingt zusammenpassenden Mannschaft Stabilität zu geben. Und auf und neben den Platz die Richtung vorzugeben. Denn dass er plötzlich ein Rollenspieler wird, kann man sich ja nur schwer vorstellen.

Im Wesentlichen gibt es nur 2 Richtungen, in die es gehen kann: Hertha landet mit einem starken Boateng auf Platz 7. bis 9., oder er ist im Winter wieder weg. Ich wüsste aber echt nicht, auf welches der beiden Ergebnisse ich mein Geld setzen würde.

Mittwoch, 11. August 2021

Eine Individuelle Saisonvorschau: Andrej Kramaric

 Gibt es einen Fußballprofi, dessen Karriere weniger Sinn ergibt als die von Andrej Kramaric? Also das ging schon damit los, dass er überhaupt nach Deutschland gewechselt ist.

Also normalerweise geht man ja mittlerweile (Talente ausgenommen) den anderen Weg: von der Bundesliga in die Premiere League. Und wenn man dort erstmal angekommen ist und vom ganz großen Fleischtopf genascht hat, geht man auch nicht zurück aufs Festland. Aber Kramaric tat genau das... Und verließ Leicster City mitten in ihrer Meistersaison um... aufs Dorf zu ziehen? Aber anstatt in den englischen Abstiegskampf zu ziehen, rettete er die Hoffenheimer, die sich zum Zeitpunkt seiner Leihe auf dem letzten Tabellenplatz standen...

Und völlig absurderweise wurde er dort dann... heimisch. Anders kann man das ja kaum bezeichnen. Denn selbst nach dem perfekten Zeitpunkt um doch zurück nach England (oder allgemein zu einem besseren Verein) war 2018. Denn die Saison beendete er als frisch gebackener Vizeweltmeister.

Zwar war er kein unumstrittener Stammspieler, aber er kam beim Überraschungscoup der Kroaten bei jedem Spiel zum Einsatz. Dazu hat er sich den Platz in der Nationalmannschaft ja auch wirklich verdient. Denn seitdem er in Hoffenheim ist, trifft er quasi in jedem 2. Spiel. Und trotzdem ist er 3 Jahre später immer noch in der Bundesliga.

Mittlerweile ist er auch schon 30. Heißt: Die Chance auf einem Wechsel zu einem wirklich großen Verein dürfte vorbeigezogen sein. Und das, obwohl er konstant 2-stellig trifft. Und sogar 2 Mal mehr als 20 Tore erzielte. Kramaric fällt aber auch genau in eine seltsame Schnittstelle: Zu schlecht um bei den Titelkandidaten als Stammspieler aufzulaufen. Aber zu teuer, als dass ihn die 2. Garde verpflichten könnte. Vor allem, wo Schalke und Hamburg ja in den letzten Jahren an den Hoffenheimern vorbeigezogen sind und mittlerweile in der 2. Liga spielte. Aber ja, wenn er 2014 in einem WM-Finale gespielt hätte, wäre er zu einem dieser beiden Vereine gewechselt. Das er sich dies ersparen konnte, nennt man denn die Gnade der späten Geburt.

Dazu hat Kramaric anscheinend keinen Bock darauf, den "Sebastien Haller Pfad" einzuschlagen... also nach einigen guten Jahren in der Bundesliga doch im Abstiegskampf der Premiere League richtig Kohle zu verdienen.

Für Hoffenheim sind das richtig gute Nachrichten. Denn seit Kramaric da ist, qualifiziert man sich in 3 von 5 Jahren für das internationale Geschäft. Die sind also praktisch gesehen wieder dran und sollten mindestens 7. werden... Was ja Erfahrungsgemäß reicht... Was halt vor allen Dingen deswegen beeindruckend ist, weil Hoffenheim sich vorher nie für den Europacup qualifizieren konnte.

Und das liegt halt nicht nur an Julian Nagelsmann... Selbst unter einen Alfred Schreuder führte Kramaric seine Mannschaft in die Europa League.

Wenn Hoffenheim und der Kroate allerdings doch noch schwach werden und der Angreifer kurz vor Wechselfrist doch noch die "Stadt" verlässt... dann könnte es auch richtig bergab gehen. Denn einen auch nur halbwegs gleichwertigen Ersatz werden sie nie verpflichten können.

Als neutraler Fußballfan sollte man sich, solange es geht, daran erfreuen, dass ein richtig guter Angreifer einem relativ kleinen Verein die Treue gehalten hat und in der Bundesliga zu sehen ist.

Dienstag, 10. August 2021

Eine Individuelle Saisonvorschau 2021/22: Max Kruse

 Versuchen wir mal was Neues. Anstatt sich auf die Teams zu stürzen und sich zu fragen, wie die gemeinsam abschneiden, konzentrieren wir uns lieber auf einzelne Spieler, die die Saison prägen und im Positiven oder Negativen entscheiden werden. Ob ich da wirklich für jeden einen finde, werden wir sehen. 

Und natürlich ist es an sich albern. Also bei 11 "Stammspielern" ein Individuum herauszusuchen, das derart heraussticht, ist eigentlich arrogant. Vor allem bei 34 Spieltagen (plus internationalem Wettbewerb), die praktisch dazu führen, dass man 20 Spieler braucht. Trotzdem könnte schon bei Union Berlin deutlich werden, dass man am Ende doch an dem einen Star hängt.

Natürlich hat Berlin seinen Kader weitestgehend zusammengehalten und sogar verstärkt. Man ist halt kein normaler Aufsteiger, der reihenweise Leistungsträger nach einem oder 2 starken Jahren abgeben muss, sondern ein durch einen Investor gestärkter Verein. Verratet das nur nicht deren Fans. Dass Union in der Krise im Wochenrhythmus neue Transferrekorde brach, liegt ausschließlich an der serösen Arbeit, die in dem Verein gemacht wurde.

Trotzdem bleibt der entscheidende Spieler Max Kruse

Also Max Kruse dürfte der am meisten unterschätze deutsche Spieler seit Stefan Beinlich sein. Das liegt einerseits an Kruse selbst. Also 8 Vereine in 13 Jahren sind schon verdammt viel. Da bleibt man bei keinem Verein als Legende in Erinnerung. Es war halt schon so, dass ein junger Kruse immer auf das nächstbeste Pferd springen wollte, anstatt seine Karriere in Ruhe aufzubauen. Allein schon, dass er den SC Freiburg nach einem Jahr wieder verlassen hat...

Dürfte vor allem sein eigentliches Problem ausgelöst haben: Dass Jogi Löw ihn nie wirklich Beachtung schenkte. Wie kann man denn so doof sein und Freiburg verlassen, bevor man Nationalspieler wird? Wie kurzsichtig kann man agieren. Aber gerade, wenn man bedenkt, dass es Deutschland unter Löw in den letzten Jahren chronisch an Mittelstürmern und Charakteren, die vorneweg marschieren, fehlte... ist es schon dreist auf einen Spieler wie Kruse zu verzichten, weil der zu gerne Pokern geht. Aber der Erfolg gibt Löw ja recht... oh warte...

Und eines bleibt festzuhalten: Kruse hat bisher, wenn er Bock hatte, jede Mannschaft, für die er gespielt hat, deutlich besser gemacht. Und abgesehen von Wolfsburg hatte er immer Bock. Sein persönliches Meisterwerk war es ja, dass er Florian Kohfeldt wie einen brillanten Offensivtrainer aussehen ließ. Einfach nur, weil er sich für einen Verein, der in der Champions League spielt, bewerben wollte. Frank Baumann glaubt bis heute, dass das am Trainer und nicht am Spieler lag...

Jetzt hat Kruse auch bei Union auf beeindruckende Weise nachgewiesen, dass er einer der besten deutschen Offensivspieler ist. Dass er auch Unions Spiel auf die nächste Ebene heben kann. Nur dürften damit auch die Ansprüche gestiegen sein... 

Genau da könnten auch die Probleme auftauchen. Denn ein nie 100 prozentig austrainierte Max Kruse ist mittlerweile 33. Was passiert also in Berlin, wenn Kruse keine 11 Tore in 22 Spielen mehr erzielt, sondern nur noch 5? 3 davon nach Elfmetern? Wenn er nicht mehr die Unioner mitzieht, sondern die ihn durchschleppen müssen? Was wie immer niemanden sofort auffallen wird. 

Wenn Union dann auf ein Mal nur noch auf Platz 11-14 steht? Wenn man zumindest halbwegs droht unten reinzurutschen? 

Solange Kruse dir seine 15+x Scorerpunkte garantiert, ist es quasi ausgeschlossen, dass Union wirklich unten reinrutscht. Aber wenn Kruse einbricht, was passiert dann bei diesem Verein, für den es seit was... 15 Jahren konstant nur bergauf geht? 

Hier ist eine völlig absurde Statistik: Seit der Saison 2005/06 (der einzigen Oberligasaison seit dem Ende der DDR...) gab es ganze 2 Jahre, in denen Union schlechter abschloss, als in der Vorsaison: 2013/14 wurde man "nur" 9., nachdem man vorher 2 Mal 7. wurde. Und 2017/18 fiel man vom 4. auf den 8. Platz zurück...

Und nur um mal zu verdeutlichen, wie Union bisher reagiert hat, wenn es nicht mehr schnell genug vorwärtsging: Jens Keller wurde in der 2017/18er Saison entlassen, als er 3 Punkte hinter dem Relegationsrang lag... 

Was wird also in Berlin passieren, wenn man nach 29. Spieltagen nur 2 Punkte vor dem Relegationsrang liegt? Was bei einem alternden Kruse und der Zusatzbelastung Europacup nicht auszuschließen ist. 

Wird Urs Fischer dann genügend Kredit besitzen, damit er in Ruhe weiterarbeiten kann? Wird er die Autorität haben um einen nachlassenden Kruse auf die Bank zu setzen? Wie würde ein Kruse auf eine derartige Degradierung reagieren? 

Solange Kruse liefert, können sich die Union Fans entspannt zurücklehnen und sagen: Damit beschäftigen wir uns nächstes Jahr.

Montag, 9. August 2021

Eine kleine Ode an die Öffentlich Rechtlichen

 Und damit auch an die GEZ Gebühren. Und ja, ich verspreche, es wird trotzdem hauptsächlich um Fußball gehen.

Die GEZ Gebühren sind ja gerade dann doch erhöht worden. Und jetzt alle so "Ach, nein! Wirklich! Oh!" Und ich weiß nicht, wie es bei euch aussieht, aber in meinem Umfeld... jammern da überraschend viele. Verständlich, es ist ja eine Zwangsabgabe und damit genau genommen verboten. Und ja, man kann darüber reden, dass man die GEZ Gebühren auf eine Steuer umlagert, damit jeder entsprechend seines Einkommens einzahlt. Aber damit Steuern entsprechend dem Einkommen berechnet werden... dafür müsste man ja die Linke wählen. Das kann ja auch nicht gewollt sein.

Anyhow: Ich höre ja hauptsächlich 2 Grundausrichtungen. Die einen sagen, sie wollen das Programm halt krass beschneiden. Also nicht ganz auf "Nur Nachrichten zeigen..." Denn das ist ja die AfD Linie, und auf der will man nicht liegen. Vor allem wird einem dann bewusst, dass die kritischsten Sendungen wie die Anstalt oder die Heute Show abgeschafft werden. Der Linke Kulturelle Ablasshandel. 

Dazu kommen verschiedenste investigative Formate wie Monitor. Dass die AfD all das abschaffen will, erscheint erstaunlich logisch, aber der Rest des Landes sollte nicht darauf verzichten...

Es ist nebenbei eine Meisterleistung, auf die selbst Joseph Goebbels stolz wäre, dass unsere durchgehend konservativ geleiteten Medien genau so viel alternatives Programm zeigen, dass sie als Links-Grün-Versifft gelten, obwohl sie eigentlich 80 % der Zeit sehr konservative Standpunkte vertreten. Also gerade im ZDF sitzen ganz offensichtlich zu viele alte weiße Männer. Also das Bundesverfassungsgericht hat darüber genau so geurteilt

Und dann habe ich ja noch das andere Totschlag Argument gegen einen reinen Nachrichtensender: Arte und 3Sat. Also klassische Kultursender, die ebenfalls über die GEZ finanziert werden. Und darauf will natürlich keiner verzichten. Kultur ist ja was ganz Tolles, auch wenn es sich nicht selber finanziert. Das wollen wir natürlich auch erhalten.

Ich halte, so gerne ich Arte gucke, dass ja für arrogant. Also wenn man Kultursendungen fördern will, muss man gegen Tier-Dokus protestieren. Denn Kultur heißt ja nicht mehr als "Vom Menschen gemacht"... Und auch wenn ich dafür überhaupt nichts übrig habe, so sind Tatort und der Musikantenstadl (und ja, die verlinke ich nicht) eben auch ein deutsches Kulturgut. Eines, welches wesentlich mehr GEZ zahlende Menschen interessiert, als mir lieb ist. Aber lass die doch machen. Deutschlands Rhythmusgefühl reicht halt nur zum Mitklatschen im Musikantenstadl, da kann man dann nicht erwarten, dass die ARD gute Musiksendungen fördert.

 

Kommen wir aber zum ganz großen neuen Feindbild: dem Fußball. Dass die öffentlich rechtlichen Sender Geld in diese korrupten Verbände steckt, nur um dieses durch kommerzialisierte Scheiße zu fördern. DAS muss doch abgeschafft werden. Sowohl bei den Nationalmannschaften, als auch bei der Bundesliga. Das muss doch nicht vom Steuerzahler finanziert werden.

Aber auch hier gilt: Fußball ist Kulturgut. Und dieses Gut muss halt auch für diejenigen, die sich kein Pay-TV leisten können oder wollen, geschützt werden. Also man kann ja an der Champions League gut nachvollziehen, was passieren würde, wenn der Fußball aus dem öffentlich rechtlichen verschwinden würde. Dann kann ich mir angucken, wie Mario Basler mit seinen Freunden beim Weißbier darüber redet, was gerade auf dem Spielfeld, welches sie nicht zeigen dürfen, passiert. Da habe ich doch richtig Bock drauf.

Wenn es dann überhaupt noch Zusammenfassungen gibt, werden die im Wesentlichen aus Werbeblöcken bestehen. Oder es gibt dann nur noch die 2 Minuten Zusammenfassung auf Youtube. Und versteht mich nicht falsch: Dass es die mittlerweile gibt, ist ein wirklicher Fortschritt. Aber das sollte halt nicht alles sein, womit man die jungen Menschen zu diesem Sport bringt.

Praktisch würde eine Abschaffung der Bundesliga-Sportschau dazu führen, dass sich die Jugend der Internetkriminalität hingeben und nach illegalen Streams suchen muss, wenn sie mit dem Fußball in Kontakt kommen wollen. Oder sie müssen darauf hoffen, dass ihre Eltern reich genug für ein Sky Abo sind und dieses als wichtig erachten. Und ein DAZN Abo...

Noch viel schlimmer sähe es bei den großen Turnieren im Sommer aus. Denn das sind buchstäblich die am meisten gesehenen Sendungen im Fernsehjahr... selbst, wenn Jogi Löw sich alle Mühe gibt, um diese Quoten zu drücken.

Vor allem haben wir ja spätestens seit 2006 eine wirkliche und auch schöne Public Viewing Kultur entwickelt. Man guckt die Spiele nicht alleine, sondern auf Fanmeilen oder in Klubs und Kneipen. Denn selbst die kleinen und gemütlichen Kneipen zeigen ja die Europameisterschaft. Selbst die Eisdiele am Bakenberg stellt einen Fernseher auf und Bier in den Kühlschrank. Was mich nebenbei direkt zu der Frage bringt, warum diese Eisdiele nicht in Mines Eiscreme erwähnt wird. SKANDAL!

Und wisst ihr, woran das liegt? Also dass die Europameisterschaft überall gezeigt wird, nicht Mine's Faupax... An den GEZ Gebühren. Also als jemand, der in seiner Freizeit einen Klub betreibt, kann ich euch sagen: Die Übertragungsrechte (solange man das Wort Fifa oder Uefa beid der Werbung nicht erwähnt und keinen Eintritt nimmt), gibt es für nen Appel und nen Ei. Man bezahlt da auch pauschal pro Raum, den man hat. Die meisten haben einen. Das Geld hat man nach dem ersten Deutschland Spiel wieder drin, denn dann ist es das erste Mal "richtig voll". Danach fängt man an Gewinne zu machen. Und die ersten 3 Spiele konnte ja nicht mal Jogi Löw verhindern.

Noch besser hat das nebenbei der ORF geregelt. Also der österreichische Rundfunk. Da muss man erst eine Gebühr abgeben, wenn man mehr als 2.000 Leute als Gäste erwartet, sonst gibt es die Übertragung für lau. Woher ich das weiß? Nun ja, wir wollten auch die Spiele zeigen, die es nur bei Magenta gab, auch wenn das komplette Gurkenspiele waren. Wenn man "Alle Spiele, alle Tore" bewerben will, muss man auch alles zeigen. Aber die Preise, die Magenta für die Übertragungsrechte verlangt haben, wirkten halt sehr abschreckend. Am Ende haben wir darauf verzichtet.

Was auch nur bedeutet: Wenn die ARD und das ZDF aus den Turnierübertragungen aussteigen, bedeutet dies das Ende der Kneipenabende mit Fußballübertragung. Und die Fanmeilen werden Eintritt verlangen müssen. Das kann man aus egoistischen Motiven so wollen, weil einen selber Fußball so gar nicht interessiert. Man sollte aber auch mal anerkennen, dass es verdammt viele Menschen gibt, die sich genau dafür interessieren. Und das ist halt auch eine Kultur, die durch die GEZ Gebühren gefördert wird.

Donnerstag, 5. August 2021

Challenges im Fußball oder Wir weigern uns von den anderen zu lernen

 Wo wir schon bei mangelnder Flexibilität der Regelhüter sind. Auch beim VAR zeigte sich diese wieder deutlich.

Zunächst mal brauchte der größte Einzelsportverband mit den größten Zuschauerzahlen natürlich am längsten, um den einzuführen. Nur weil es um größere Beträge geht, muss der Sport ja nicht zwingend gerechter werden. Also um das mal zu verdeutlichen: In der NFL gibt es den bereits seit 1999. Beim Basketball wurden die ersten Szenen bereits 2006 überprüft. Beim Volleyball seit 2013. 

Aber vor allem stand ja eines von vorneherein nicht zur Debatte: Ein Challenge System. Obwohl dies bei fast allen anderen Sportarten so gehandhabt wird, dass Spieler oder Trainer, die mit einer Entscheidung unzufrieden sind, die Überprüfung auslösen. Auch wenn das in der NFL mittlerweile leider bis zur Absurdität aufgeweicht wurde, weil praktisch alles Relevante (Turnovers und Punkte) automatisch überprüft wird. 

Gerade beim Beachvolleyball zeigen sich aber die extremen Vorteile des Challenge Systems. Denn dort wird nicht mehr Gift und Geifer Richtung Schiedsrichter*innen gespuckt, wenn man mit einer Entscheidung nicht übereinstimmt. Sondern man macht das "C" mit der Hand und erklärt dem Schiedsrichter ganz ruhig und sachlich, was man überprüft haben will. Und wenn man Recht behält, darf man weiterhin das "C" formen. Wenn man 2 Mal daneben lag, verliert man diese Option für den Rest des Satzes. Genau so funktioniert jedes gute VAR System.

Vor allem hat es halt den Vorteil, dass man wesentlich respektvoller mit den Schiedsrichtern umgeht. Denn man überlegt sich natürlich schon genau, ob man dieses wertvolle Werkzeug jetzt einsetzt oder nicht. Auch wenn es natürlich dazu führt, dass man am Ende gerne auch mal "challenged", weil man die Option noch übrig hat.

Wenn wir im Fußball endlich 2 Challenges pro Team (und eine dritte, wenn man 2 Mal richtig lag) einführt, würde sich der Umgang mit den Schiedsrichtern drastisch ändern. Also natürlich nicht sofort. Denn die ersten 2 Monate würden die Spieler weiterhin bei jeder gefühlten Ungerechtigkeit zum Schiedsrichter rennen und die Challenge auslösen.

So sind Fußballer nun mal: Sie haben keinerlei Unrechtsverständnis. Zumindest ist das die einzige Erklärung, warum man sich sogar über klare Verwarnungen und Foulspiele beschwert.
Aber nach 6 Wochen würde es dann zum ersten Mal passieren, dass eine Mannschaft, die seine Challenges leichtfertig verschwendet hat, diese Option bei einer Fehlentscheidung nicht mehr zur Verfügung hat. Und dann fangen sie doch irgendwann an zu reflektieren, ob das jetzt wirklich eine schreiende Ungerechtigkeit ist, wegen der man schreiend zum Schiedsrichter rennen muss. Und wenn man nur noch zum Schiedsrichter rennt, wenn wirklich eine Fehlentscheidung getroffen wurde, wäre das Spiel so viel angenehmer.

Stattdessen wird dieser Impuls, sich beim Schiedsrichter zu beschweren, jetzt noch verstärkt. Denn auch wenn es praktisch verboten ist und mit Gelb bestraft werden sollte, versucht man jetzt ja doch bei jeder Gelegenheit den Schiedsrichter doch dazu zu bringen, sich die Szene nochmal anzugucken. Vielleicht schafft man es ja so Zweifel beim Schiedsrichter zu säen... und wenn nicht, hat man ja auch nichts verloren.

Aber anstatt sich zu fragen, wie andere Sportarten das lösen und welche Auswirkungen diese Lösungen auf das Spiel haben könnte, sagen sich die alten, weißen Männer: Das wollen wir auf keinen Fall. 

Und natürlich wird ein Challenge System die Diskussionen mit den Schiedsrichtern nicht gänzlich verstummen lassen. Das passiert in den anderen Sportarten ja auch nicht. Aber es ist schon faszinierend, wie viel ruhiger und respektvoller man da miteinander umgeht.

Dienstag, 3. August 2021

Hat es sich der Fußball zu bequem gemacht?

 Oder ist er einfach nur zu bürokratisch? Weil jede Regeländerung "von ganz oben", also von greisen, weißen Männern beschlossen werden und immer für alle gelten muss?

Also als jemand, der auch gerne mal über den Tellerrand guckt, ist die Olympiade ja ein wirkliches Fest. Da kann ich zu einer beliebigen Tageszeit den Rechner anschalten und im Stream interessante Sportarten auf höchstem Niveau sehen. Und dabei fällt einem eines auf: In anderen Sportarten werden Regeln einfach geändert, um die Sportart attraktiver zu machen.

Ein praktisches Beispiel: Beim Triathlon haben die nach 900 von 1500 Meter Schwimmen eine kurze Anlegestelle eingebaut, an der die Athleten ganz kurz aus dem Wasser steigen und wieder reinspringen. Die selbstverständliche Erklärung: Das wurde für die Fernsehstationen (also für die Zuschauer) eingeführt, damit man auf 2/3 der Schwimmstrecke sehen kann, wer wo liegt. Das ist nämlich echt schwer auszumachen, wenn man nur die Badekappen sieht. Obwohl allen bewusst ist, dass es relativ egal ist, wo genau man nach 900 Meter schwimmen liegt, wird einem das als Service geliefert.

Solche "Das wurde für die Zuschauer eingeführt" Regeländerungen kriegt man bei Olympia ständig präsentiert. Ist ja auch logisch, man kämpft ja buchstäblich um deren Aufmerksamkeit. Genau das hat aber der Fußball einfach nicht nötig. Deswegen glauben alle, dass das Regelwerk perfekt ist, auch wenn das offensichtlich nicht stimmt.

Denkt mal kurz drüber nach: Die letzte wirklich relevante Regeländerung war... Die Rückpassregel. Die soll sogar den einen oder anderen Torhüter seinen Job gekostet haben, weil sie halt nach 30 Jahren komplett ihr Spiel umstellen mussten. Das war 1992. Das ist fast 20 Jahre her.

Danach... wurden so offensichtliche Regeln eingeführt, dass man für Grätschen von hinten Rot sehen sollte... Dass Passive Abseits überarbeitet. Viel über die Handspielregel diskutiert. Und die vollkommen sinnlose Doppelbestrafung "Elfmeter und Platzverweis für den Torhüter" abgeschafft. Die Regelhüter brauchten halt Jahrzehnte um zu der Erkenntnis zu gelangen, dass ein Elfmeter eine "klare Torchance" ist. Mehr muss man doch eigentlich gar nicht wissen.

Oh und es wurde natürlich die Regel eingeführt, dass Torhüter den Ball nur 6 Sekunden lang in der Hand haben darf. Das wäre eine richtig gute, richtig schöne Regel um Zeitspiel einzudämmen, aber sie wird halt nicht angewendet.

Nehmen wir mal als Gegenbeispiel Volleyball: Dort wurde seit 1992:
- Die Zählweise komplett umgestellt, sodass es bei jedem Ballwechsel Punkte zu verteilen gibt. Vorher konnte man nur bei eigenem Aufschlag punkten, was das Spiel auch unfassbar zäh machen konnte.
- Mit dem Libero/ der Libera eine komplett neue Position erschaffen, die auch Menschen unter 1,80 m eine professionelle Karriere ermöglicht.
- Netzberührung als Fehler abgeschafft und wieder eingeführt.
- Der Freiraum hinter dem Feld wird von 8 auf 6,50m gekürzt.

Oh.... und Beachvolleyball eingeführt, professionalisiert und olympisch gemacht. Man entwickelte sich von einer Rand- zu einer Trendsportart. Anders ausgedrückt: Es hat sich richtig viel getan. Also verglichen mit dem Fußball.

In den amerikanischen Sportligen treffen die sich ein Mal im Jahr und diskutieren über Regeländerungen. Die meisten dieser Vorschläge sollen das Angriffsspiel stärken und den Sport attraktiver machen. Da passiert es aber auch mal, dass Regeländerungen eingeführt und wieder abgeschafft werden. Also als praktisches Beispiel: Die haben in der NBA mal die 3 Punkte Linie an das internationale Regelbuch angepasst und gemerkt, dass ihnen das nicht gefällt. 

Man hat da dann auch eine ganz andere Kultur. Also die Frage, ob man einen 4-Punkte-Wurf einführen kann, wird da einfach mal gestellt. Wann wurden das letzte Mal wirkliche Regeländerungen und Optimierungen im Fußball diskutiert?

Also Louis van Gaal hat das mal gemacht. Vorgeschlagen, dass man den Einwurf abschaffen und durch einen Freistoß ersetzen sollte, damit Teams den Ball nicht mehr sorglos ins Aus schlagen können. Der wurde damals dafür ausgelacht. Weil er sich Gedanken gemacht hat, wie man den Fußball attraktiver machen kann. 

Ganz praktisch kann man das ja an der Torlinientechnologie festmachen. Also dass man so was braucht, wissen wir seit dem WM-Finale... 1966. Im Cricket wurde das Hawk Eye 2001 in Testspiele eingeführt. Im Tennis wird es seit 2006 genutzt. Aber der größte und reichste Verband, bei dem ein einzelnes Tor auch noch den größten Einfluss hat, ließ sich bis 2012 Zeit um diese Idee auch umzusetzen. 

Die mangelnde Flexibilität des Regelwerks wurde mir in einem Gespräch mit einem Schiedsrichter bewusst. Dem habe ich mein "Gebt für Handspiele indirekte Freistöße" Idee konfrontiert. Und er kam mit einem Totschlagargument: Das geht nicht, weil es für Foulspiele direkte Freistöße geben muss und indirekte Freistöße nur für Sachen wie gefährliches Spiel geben kann..." oder halt für einen Rückpass, der in die Hand genommen wird, aber Details.

Technisch gesehen hat er aber recht: Ein Handspiel eines Feldspielers ist ein Foul und für Foulspiele gibt es direkte Freistöße. Der direkte Freistoß im Strafraum ist halt ein Elfmeter. Deswegen kann es nur Elfmeter geben.

Warum man dieses Grundkonzept allerdings nicht auflockern kann und andere Strafen einführen darf, erschließt sich mir nicht. Oder man führt mit der Idee der Strafecke, die man beim Hockey klaut, einfach mal eine neue Standardsituation ein. Man kann das ja mal in einer Saison ohne Turnier im Sommer ausprobieren und hinterher wieder abschaffen, wenn es wirklich nicht funktioniert.

Vor allem, weil es ja früher auch ging. Also Dinge wie "Einwechselspieler" oder "Verwarnungen". Also um das mal zu verdeutlichen: 3 Wechsel sind erst seit 1994 erlaubt... Hoffentlich fällt niemanden auf, dass ich das oben nicht als Regeländerung erwähnt habe. 

Nun mag die Einführung einer Strafecke wirklich extrem sein. Aber selbst kleinere und vernünftigere Anpassungen können ja einfach nicht diskutiert werden. Also als praktisches Beispiel: Mein Vorschlag Wechsel nur bis zur 80. Minute zu erlauben, um das unerträgliche Zeitspiel einzudämmen, wird nie ernsthaft diskutiert werden. Genauso wenig wie die Idee einen neutralen Arzt zu stellen und Mindestzeiten für Behandlungspausen einzuführen. Obwohl uns allen klar ist, dass das Zeitspiel ein wirklich unangenehmes Niveau erreicht hat und dringend eingedämmt werden müsste.

Da aber selbst solche kleinen, progressiven Regeländerungen nicht möglich sind, können wir uns gar nicht vorstellen, wie große Regeländerungen funktionieren sollen. Als größeres praktisches Beispiel: Die haben jetzt herausbekommen, dass häufige Kopfbälle die wahrscheinlicher zu Demenz führt. Die kriegen alles raus. Und als Ergebnis... will man zumindest die Kinder später damit anfangen lassen. Also im FDP Stil als "freiwillige Erklärung"... 

Aber wir können uns eine Welt, in der jeder Kopfball zu einem indirekten Freistoß führt, auch einfach nicht vorstellen. Oder wenigstens einen Fußball, in dem man wie im Rugby Helme tragen muss, um die Folgen einzudämmen. 

Aus irgendwelchen Gründen glauben wir, dass Fußball halt seit 100 Jahren so gespielt wird und dass das Regelwerk perfekt ist, weil es halt schon immer so war. Oh und dass ALLE nach einem einheitlichen Regelwerk spielen müssen, was auch komplett albern ist. 

Aber ich sag das mal so: Nur weil Gerd Müller an Demenz leidet, muss Thomas Müller dies nicht auch passieren. Vor allem wo Thomas doch praktisch eh ein ganz anderes Spiel spielt, weil sich in Sachen Taktik und Athletik ja viel getan hat. Nur im Regelwerk bewegt sich halt nichts. Wobei man doch genau dieses auf die neuen Taktiken anpassen müsste...

Ich würde mir da weniger Denkverbote und ein progressiveres Vorgehen wünschen. Aber anderseits scheine ich da auch eine Minderheit zu sein, der Rest regt sich halt nur dann über Zeitspiel auf, wenn der Gegner es macht...