Wo wir schon bei mangelnder Flexibilität der Regelhüter sind. Auch beim VAR zeigte sich diese wieder deutlich.
Zunächst mal brauchte der größte Einzelsportverband mit den größten Zuschauerzahlen natürlich am längsten, um den einzuführen. Nur weil es um größere Beträge geht, muss der Sport ja nicht zwingend gerechter werden. Also um das mal zu verdeutlichen: In der NFL gibt es den bereits seit 1999. Beim Basketball wurden die ersten Szenen bereits 2006 überprüft. Beim Volleyball seit 2013.
Aber vor allem stand ja eines von vorneherein nicht zur Debatte: Ein Challenge System. Obwohl dies bei fast allen anderen Sportarten so gehandhabt wird, dass Spieler oder Trainer, die mit einer Entscheidung unzufrieden sind, die Überprüfung auslösen. Auch wenn das in der NFL mittlerweile leider bis zur Absurdität aufgeweicht wurde, weil praktisch alles Relevante (Turnovers und Punkte) automatisch überprüft wird.
Gerade beim Beachvolleyball zeigen sich aber die extremen Vorteile des Challenge Systems. Denn dort wird nicht mehr Gift und Geifer Richtung Schiedsrichter*innen gespuckt, wenn man mit einer Entscheidung nicht übereinstimmt. Sondern man macht das "C" mit der Hand und erklärt dem Schiedsrichter ganz ruhig und sachlich, was man überprüft haben will. Und wenn man Recht behält, darf man weiterhin das "C" formen. Wenn man 2 Mal daneben lag, verliert man diese Option für den Rest des Satzes. Genau so funktioniert jedes gute VAR System.
Vor allem hat es halt den Vorteil, dass man wesentlich respektvoller mit den Schiedsrichtern umgeht. Denn man überlegt sich natürlich schon genau, ob man dieses wertvolle Werkzeug jetzt einsetzt oder nicht. Auch wenn es natürlich dazu führt, dass man am Ende gerne auch mal "challenged", weil man die Option noch übrig hat.
Wenn wir im Fußball endlich 2 Challenges pro Team (und eine dritte, wenn man 2 Mal richtig lag) einführt, würde sich der Umgang mit den Schiedsrichtern drastisch ändern. Also natürlich nicht sofort. Denn die ersten 2 Monate würden die Spieler weiterhin bei jeder gefühlten Ungerechtigkeit zum Schiedsrichter rennen und die Challenge auslösen.
So sind Fußballer nun mal: Sie haben keinerlei Unrechtsverständnis. Zumindest ist das die einzige Erklärung, warum man sich sogar über klare Verwarnungen und Foulspiele beschwert.
Aber nach 6 Wochen würde es dann zum ersten Mal passieren, dass eine Mannschaft, die seine Challenges leichtfertig verschwendet hat, diese Option bei einer Fehlentscheidung nicht mehr zur Verfügung hat. Und dann fangen sie doch irgendwann an zu reflektieren, ob das jetzt wirklich eine schreiende Ungerechtigkeit ist, wegen der man schreiend zum Schiedsrichter rennen muss. Und wenn man nur noch zum Schiedsrichter rennt, wenn wirklich eine Fehlentscheidung getroffen wurde, wäre das Spiel so viel angenehmer.
Stattdessen wird dieser Impuls, sich beim Schiedsrichter zu beschweren, jetzt noch verstärkt. Denn auch wenn es praktisch verboten ist und mit Gelb bestraft werden sollte, versucht man jetzt ja doch bei jeder Gelegenheit den Schiedsrichter doch dazu zu bringen, sich die Szene nochmal anzugucken. Vielleicht schafft man es ja so Zweifel beim Schiedsrichter zu säen... und wenn nicht, hat man ja auch nichts verloren.
Aber anstatt sich zu fragen, wie andere Sportarten das lösen und welche Auswirkungen diese Lösungen auf das Spiel haben könnte, sagen sich die alten, weißen Männer: Das wollen wir auf keinen Fall.
Und natürlich wird ein Challenge System die Diskussionen mit den Schiedsrichtern nicht gänzlich verstummen lassen. Das passiert in den anderen Sportarten ja auch nicht. Aber es ist schon faszinierend, wie viel ruhiger und respektvoller man da miteinander umgeht.
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