Dienstag, 30. April 2019

Die andere total bekloppte Regel

Und dasselbe Problem. Wobei, wartet mal, ein viel schlimmeres Problem.

Also ja, es regen sich derzeit alle über die Handspiel-Regel auf... Inklusive der Schiedsrichter, was ja Felix Zwayer ziemlich direkt ausdrückt.
Oh und natürlich zeigt diese ganze Debatte auch auf, dass die Saison eigentlich vorbei ist. Denn die "sportliche" Schlagzeile des Tages lautet "Robben und Ribery droht ein Abschied auf der Bank." Weil der Meisterschaftskampf eigentlich, aber doch noch nicht so richtig, vorbei ist. Genau so wie der Kampf um den Relegationsplatz, der dem VfB Stuttgart quasi nicht mehr zu nehmen ist... und sonst bleibt die letzte spannende Frage ob Eintracht Frankfurt noch Platz 4 verspielt, der Rest der Liga kann machen, was er will... Da hat man auf ein Mal erstaunlich viel Zeit sich mit "echten Problemen" zu beschäftigen.
Ok, viel zu spät, weil die Handregel und ihre Auslegung ja im Sommer wieder geändert wird, so das man dann aus anderen Gründen nicht mehr durch sieht... Diesen Diskurs hätte man eigentlich vor der Winterpause führen müssen, aber da dachten wird noch, die Meisterschaft wird spannend... Hier soll es jedoch um ein Problem gehen, das nicht groß und breit ausdiskutiert wird: Das Passive Abseits. Schockierend, ich weiß...

Und ja, mittlerweile haben wir da Fortschritte gemacht. Aber es gibt immer noch Details. Zum Beispiel beim 1:0 der Leipziger gegen Freiburg. Guckt euch das Ding noch mal an. Und dann wartet auf die Erklärung des Kommentators, dass Mike Frantz den Ball "mit Absicht spielt" und dadurch eine "neue Spielsituation" erschafft, was das Abseits von Vorlagengeber Yussuf Poulsen aufhebt.

Warte was?

Mir fällt eine derartige Situation nebenbei das Zweite Mal in dieser Saison auf, dieses Mal habe ich aber die Bilder und die explizite Erklärung direkt am Start, also noch mal: Warte was?

Also ernsthaft: Eine ungelenke Abwehraktion eines Verteidigers erschafft eine neue Spielsituation und löst das Abseits auf? Wer hat sich das denn ausgedacht?
Lasst uns diese Auslegung mal auf ein Extrembeispiel anwenden: Der Torwart lenkt den Ball mit den Fingerspitzen an den Pfosten, von dort fällt er dem im Abseits stehenden Stürmer vor die Füße, welcher den Ball nur noch einschieben muss. Die logische Konsequenz? Nach der Erklärung von eben: Tor, weil ja die bewusste Abwehraktion des Spielers eine neue Spielsituation herstellt. Und ja, der Torwart gilt in Sachen Abseits als ganz normaler Feldspieler, da gibt es keinerlei "Aber der eine setzt das alles aus" Regel...

Das würde natürlich kein Schiedsrichter machen. Die logische Regelauslegung ist "Abseits". Aber warum kommen wir nicht zu demselben logischen Schluss, wenn ein Abwehrspieler den Ball bei einer bewussten Abwehraktion weiter stolpert?

Und hier wird einem das eigentliche große Problem deutlich: Die Leute, die die Deutungshoheit über den Fußball haben, haben ihn selber nie gespielt. Oder viel zu selten, weil sie ja immer wenn die anderen gekickt haben, pfeifen mussten... oder am Spielfeldrand stehen und drüber reden mussten.

Denn das Problem sind nicht nur die Schiedsrichter und Regelhüter, auch wenn deren Einfluss größer ist. Das Problem sind genau so die professionellen Experten, die ein Spiel schön beschreiben und taktisch auflösen können, aber anscheinend selber nie gegen den Ball getreten haben. Denn das ist für mich die einzige Erklärung, wie man zu dem Schluss kommen kann, dass Mike Frantz in der Situation das Abseits auflöst.
Auch hierfür sein nochmal auf den Umgang der professionellen Experten mit der Handspielregel verwiesen: Keiner von denen kommt auf die Idee das eigentliche "Ein Elfmeter ist eine viel zu harte Strafe, aber irgendwie sanktionieren muss man das, findet man da eine Lösung" Problem anzusprechen. Obwohl das doch so dermaßen offensichtlich ist, dass ein Elfmeter einfach nur eine zu brutale Strafe ist. Aber sich mit solchen Details zu beschäftigen, wenn man dafür bezahlt wird...

Und hey, vielleicht ist die Regelauslegung wirklich so und die Erklärung "richtig". Dann sind wir aber schon wieder (wie beim Handspiel) an dem Punkt, dass die Regelhüter halt keine Ahnung vom Fußball haben und deswegen Auslegungen festlegen, die pragmatisch betrachtet einfach nur unbrauchbar sind. Nur dass bei diesem Abseitsfall, weil er nur 2 Mal in der Saison auftaucht, keiner darüber redet...

Montag, 29. April 2019

Worst of des "War was?" Wochenendes

Also ernsthaft, ist irgendwas ungewöhnliches passiert? Oder ist es nicht nur ungewöhnlich, dass alles, was sonst völlig normal ist, an einem Wochenende passiert...

Versachlichen wir mal das Wochenende. Dann fällt uns als erste auf, dass Bayer Leverkusen und Peter Bosz das perfekte Paar sind: Wenn es funktioniert, sieht es genial aus, wenn nicht, eher grausam. Und welche Version man bekommt, wird per Münzwurf entschieden. Genau so agiert Leverkusen seit Jahren. Und jetzt haben sie einen Plan, der diese Tendenzen auch noch forciert. Oder wie Kevin Volland es ausdrückte: "Wenn wir uns über 90 Minuten an den Plan halten, gewinnen wir." Nur ist dies anscheinend verdammt schwer. (Es ist nebenbei auch eine Aussage, die sich auf jede Bundesligamannschaft anwenden lässt... Die wenigsten Trainer haben einen "Wir verlieren heute mal" Plan... aber Details...)

Fortuna Düsseldorf konterte eine Mannschaft, die in ihrem Stadion Fußball spielen wollte, eiskalt und humorlos aus. Zählt selber mal nach, wie oft ihr das diese Saison schon gesehen habt.

Der VfB Stuttgart erlebt seinen nächsten Dead Coach Bounce. Wenn die Stuttgarter einfach alle 5 Spieltage ihren Trainer wechseln würden, könnten sie um die Meisterschaft mitspielen, aber so tauschen sie lieber im Sommer die Mannschaft auf in der Hoffnung, dass dieses traditionelle Stuttgart-Problem so gelöst wird...

Der SC Freiburg erspielt sich mal wieder so viele Chancen wie der Gegner und verliert trotzdem. Laut Kicker ist das Chancenverhältnis der Freiburger in den letzten 4 Spielen bei 22:24 fast ausgeglichen, das Torverhältnis steht dagegen bei 2:13... Muss man eigentlich dazu erwähnen, dass Freiburg all diese 4 Spiele verloren hat?

Eintracht Frankfurt wirkt von der Doppelbelastung ein wenig überfordert. Dieser "Effekt" setzt später ein als erwartet, aber dass er einsetzen würde ist nur bedingt überraschend.

Mainz verliert beim Tabellenletzten. Zum dritten Mal in dieser Saison. Nur weil es diesen Mal Hannover war und das Tor eine absolute Gurke, ist das Ergebnis nicht so überraschend wie alle tun...

Die Schalker erzielen schon wieder 4 Tore in Dortmund. Zum 2. Mal in Folge, da könnte man das nächste mal echt drauf wetten... Und klar, es wirkt völlig absurd dass diese total unfähige Schalker Mannschaft ständig 4 Tore beim großen Erzrivalen erzielt... trotzdem ist es anscheinend gar nicht so ungewöhnlich. Und dass Dortmund derzeit nicht in der Lage ist 4 oder mehr Tore zu erzielen, war auch abzusehen...

Die Nürnberger verschießen halt ihren 3 von 4 Elfmetern. Alles wie immer bei denen.

Zu guter Letzt: Die Bayern machen unter Niko Kovac halt nicht mehr, als sie unbedingt müssen. Sie haben nur souveräne Siege eingesammelt, als es ihnen ums Torverhältnis ging. Seit dem verwalten sie "souverän" ihren Vorsprung.

Und damit sind die großen Überraschungen des Spieltages mehr in den Details zu finden: Kingsley Coman lässt das erwartbare 2:1 liegen.
Kenan Karaman liefert ein perfektes Lionel Messi Imitations-Solo ab.
Marco Reus sieht Rot.

Mehr war gar nicht erwähnenswert. Außer vielleicht noch die Selbstwahrnehmung von Valentino Lazaro, der 4 Chancen und 0 Tore als "geilen Fußball", den man gespielt haben will, einschätzt... Ja... ähm... bestimmt.

Montag, 22. April 2019

Worst of des "Ich weiß nicht so richtig, was ich mit dem Punkt anfangen soll" Wochenendes

Oder wie Pal Dardai das so schön ausdrückte: "Man hat gesehen, dass die Fünf-Niederlagen-Mannschaft gegen die Acht-Niederlagen-Mannschaft gespielt hat." Das Ergebnis ist wenig überraschend ein 0:0 im Spitzenspiel... Und beide Mannschaften gehen irgendwie mit einem "Wenn wir selbst gegen die nicht gewinnen" Gefühl aus dem Spiel.

Dabei hat die versammelte Konkurrenz ja komplett für Hannover gespielt. Allen voran der VfB Stuttgart, der mal wieder nach einem Augsburg Spiel den Trainer entließ... wie immer wenn Markus Weinzierl in diesem Spiel an der Seitenlinie steht. Gerade wenn man sich dessen Bilanz nach seiner Augsburg-Zeit und die direkten Auswirkungen des Wechsels von Manuel Baum auf Martin Schmidt mal anguckt, fragt man sich schon was in Augsburg alles möglich gewesen wäre, wenn die mal auf einen guten Trainer gesetzt hätten... Aber gut, wo will Augsburg einen guten Trainer finden.
Dazu muss dieses 6:0 natürlich auch mit Vorsicht genossen werden. Schließlich war es das ultimative "Dead Coach Bounce" vs "Dieser Effekt ist vorbei und wir bräuchten schon wieder nen neuen Trainer" Duell. Dass Martin Schmidt da doppelt so brillant aussieht wie sonst, ist erschreckend logisch.
Bei den derzeitigen Entwicklungen auf der Trainerbank warte ich ja eigentlich nur darauf, dass die Trainer buchstäblich durchrotiert werden... also dass Domenico Tedesco in Stuttgart, Dieter Hecking auf Schalke, Bruno Labbadia bei der Hertha und Pal Dardai in Wolfsburg übernimmt. Dann könnte man auch wirklich mal die Trainerarbeit direkt miteinander vergleichen. Just do it!

Auf Schalke gab es im Gegensatz zu den Stuttgartern nebenbei wesentliche Fortschritte: Dieses Wochenende haben sie immerhin gegen einen guten Gegner verloren. Und die wirklich gute Nachricht: Man hat 6 Punkte Vorsprung bei 4 noch ausstehenden Spielen. Bedeutet auch: Wenn Stuttgart kein Spiel mehr gewinnt, können sie die Schalker nicht mehr überholen. Und gerade sieht es doch stark danach aus, als würden die Stuttgarter darauf hoffen mit Unentschieden auf die nötigen Punkte zu kommen. Irgendwie sehe ich es ja kommen, dass Stuttgart am Letzten Spieltag auf Schalke mit dem 10 sieglosen Spiel in Serie in die Relegation kommt, während Schalke mit dem 8. sieglosen Spiel in Serie den direkten Klassenerhalt feiert. In einem trost- und torlosen Unentschieden. Und dann stellt Stuttgart fest: Oh fuck, in der Relegation treffen wir auf den Hamburger SV...

Und ja, auch wenn das nichts mit der Bundesliga zu tun hat, aber auch der HSV ist wieder in seinem bekannten "Schneckenrennen" Modus Operandi angekommen. Seit dem überzeugenden Derby-Sieg haben die keinen 3er in der Liga mehr eingesammelt, aber irgendwie sind die anderen noch unfähiger, weshalb man immer noch auf Platz 2 steht. Mein Traumszenario ist ja, dass sie zwischen der Relegation ins Pokalfinale kommen und dann eine Bluescreen im Rahmenterminkalender produzieren. Let's do it.

Nebenbei finde ich es faszinierend, dass immer noch so getan wird, als könne der SC Freiburg absteigen... Dafür müsste der VfB Stuttgart jedes Spiel und Schalke 2 ihrer nächsten 3 Spiele gewinnen, weil sich ja am letzten Spieltag nicht beide gegenseitig schlagen können. Und ja, das sage ich jetzt so deutlich, obwohl ich mir dann vorwerfen lassen muss, dass ich den Vorführeffekt provoziert habe und damit Schuld daran bin, wenn der SC absteigt: Das wird nicht passieren. Selbst wenn Freiburg alle noch anstehenden Spiele verliert, halten sie die Klasse.

Oh und eine wichtige Sache gibt es noch: Sportschau - Vollidioten der Woche. Oder: Für wie dumm halten die mich eigentlich? Ok, für extrem, schließlich wollen die mir jedes Jahr einreden, wie hochklassig und spannend diese Gurkenliga doch ist. Aber dieses Wochenende begaben sie sich auf ein neues absurdes Niveau, als sie den Torschützen des Monats Serge Gnabry live im Studio interviewten... umrahmt von der Zusammenfassung des Bayern Spiels... Und dann waren sie noch ganz begeistert, dass Gnabry nicht des Ausgang des Spiels gespoilert hat...
Ähm... also... das habt ihr Vollidioten gemacht, in dem ihr ihn zum Interview eingeladen habt! Glaubt irgendjemand ernsthaft, dass Serge Gnabry darüber scherzt, wie viele Tore des Monats ihn noch fehlen um Lukas Podolskis Rekord (den einzigen und praktisch völlig irrelevanten, den dieser besitzt, aber Details) zu brechen, wenn er und seine Bayern gerade die Meisterschaft verspielt haben könnten? Ich stelle mir gerade vor, wie dieses Interview von den Bayern-Bossen aufgenommen worden wäre, wenn das Spiel gegen Werder Unentschieden ausgegangen wäre...
Was halt doppelt absurd war, weil die Bayern Werder eben nicht mit 5 Treffern und dem nächsten potenziellen Tor des Monats aus dem Stadion geschossen haben, sondern bis zur 75. Minute zittern mussten... Aber die Sportschau hat vorher dafür gesorgt, dass jegliche Spannung aus der Zusammenfassung genommen worden ist... Und die glauben, dass wir zu dumm sind um das zu bemerken. Genau der Teil macht mich ja eigentlich wütend... Spoilert von mir aus das Ergebnis, aber beleidigt nicht meine Intelligenz. Dafür werdet ihr von mir nicht bezahlt...

Donnerstag, 18. April 2019

Best of des "Wenn Ajax gut ist" Champions League Rückspiels

Wenn Ajax gut ist... also so richtig gut und nicht nur im Nationalen Vergleich... dann ist die Fußball-Welt ein besserer Ort.

Ajax ist der wohl faszinierendste Fußballverein der Welt. Gerade weil ihnen das ja alles nicht zum ersten Mal passiert. Das letzte Mal... war Edwin van der Saar noch ein junger Hüpfer... heute ist er der Sportdirektor und es läuft wieder.

Um da mal direkt in den Geschichtsbüchern zu kramen: Meine erste Ajax Erinnerung kommt vom 19.04.1995... Damals gab es Fußball noch im FreeTV, allerdings mit mehr Werbeunterbrechungen als Halbzeitanalysen... Die Jüngeren kennen das von den Qualifikationsspielen der Nationalmannschaft... Was dazu führte, dass Sat1 noch nicht wieder auf Sendung war, als Ajax das 4:1 erzielte. (Und wenn ihr euch immer noch fragt, warum ich diesen Blog betreibe: Ich habe mir viel zu viel sinnlosen Scheiß gemerkt, der irgendwo hin muss).

Die aktuelle Ajax-Generation ist noch absurder als ihre Vorgänger aus den 90ern oder 70ern, denn eigentlich sollte es unmöglich sein mit einer gefühlten A-Jugend derart erfolgreich zu sein. Vor allem, weil die Spieler eigentlich jetzt schon im Ausland sein sollten. Früher war es halt ganz normal mit Anfang 20 noch in der Heimat zu spielen, weil ja die Spitzenmannschaften, für die Ajax ausbildet, auch nur begrenzte Möglichkeiten hatten Ausländer in ihrem Kader einzubauen. Heute ist es eigentlich ein Wunder, dass die Kinder noch bei Ajax bleiben und nicht schon in der C-Jugend zu Chelsea London wechseln... also wie das halt gefühlt all den belgischen Talenten passiert, die dann mit 20 schon für Millionenbeträge innerhalb der Premiere League verliehen werden.

Und selbst wenn dann mal ein Talent in der ersten Mannschaft auftaucht... wird es mittlerweile halt mit 18 und nicht mehr mit 22 Jahren verpflichtet, weil man halt nicht mehr eine Mannschaft aufbauen, sondern sich Wertanlagen sichern will. Das lohnt sich sogar dann finanziell, wenn die Wertanlage insgesamt 3 Spiele für dich macht und dich hinterher regelmäßig abschießt...


Trotzdem hat Ajax es geschafft eine überragende Mannschaft aufzubauen. Und zwar nicht nur für eine Saison, genau genommen ist das jetzt nur der Höhepunkt eine Entwicklung, die, man mag es kaum glauben, unter Peter Bosz anfing. Der führte Ajax ziemlich überraschend ins Europa League Finale... und mit Onana, Veltman, de Light, Schöne und de Jong sind erstaunlich viele (für Ajax Verhältnisse) Spieler von "damals" heute noch dabei. Es ist keine Sensation mehr, dass diese Mannschaft jetzt so gut ist, es ist nur eine Sensation, dass sie so lange zusammen geblieben ist. Und genau diesen Fakt sollte man jetzt genießen. Denn diese Mannschaft wird nach der Saison auseinander brechen, was völlig normal ist. Das ist in den 70ern und in den 90ern auch passiert. Danach muss Ajax dann neu aufbauen und das sie wieder eine derart gute Generation zusammenbekommen dürfte danach dann wider 30 Jahre dauern...

Was die Ajax-Generationen so besonders macht, ist ja der Fakt, dass ihnen alles egal ist. Also zurück zu dem Beispiel aus dem Jahr 1995: Damals führte man mit 3:1 in einem Champions League Halbfinale. Eigentlich musste man nur noch verhindern, dass man 2 Tore in 45 Minuten kassiert... und was macht man? Man greift vom Anpfiff an weiter konsequent an, womit zumindest bei Sat1 und bei den Bayern anscheinend niemand gerechnet hat, und erzielt direkt das 4:1... ein völlig unnötiges Tor, aber das ist den Erben von Johann Cruyff doch egal.

Und genau so agiert diese Generation: Da spielt man gegen Cristiano Ronaldo und die ganze Welt geht davon aus, dass einer der schon noch das Tor (oder die Tore) macht, die seine Mannschaft braucht... Und Ajax sagt sich: Ist uns egal, wir spielen einfach aufs 3:1... Und das Achtelfinale gegen Real Madrid sah ja genau so aus. Man spielt bei den renommiertesten Vereinen in Europa... man hat das Hinspiel verloren oder liegt im Rückspiel plötzlich hinten und ist nach allen Regeln der Vernunft so gut wie ausgeschieden... Man bekommt in deren Festungen trotzdem irgendwie die Chance weiter zu kommen... und dann erstarrt man nicht vor Ehrfurcht, sondern spielt einfach munter weiter auf das gegnerische Tor...

Was mich ja am meisten fasziniert: Wie egal das unseren Leitmedien ist. Also das ehemalige Fachmagazin gönnt dem (gut, ebenfalls historischen, aber aus den falschen Gründen) Zweitligagipfel wesentlich mehr Aufmerksamkeit als eine Mannschaft zu feiern, auf deren Reinkarnation man 24 Jahre lang gewartet hat. Dass da gerade etwas wirklich besonderes passiert, erfährt der gemeine Kicker-Leser nicht.
Und das, obwohl der Kicker die Zeit dafür hatte, auf Ole Gunnar Solskjaers größten Moment hinzuweisen. Was ein guter Ansatz ist. Derartige Videos kann man eigentlich nicht oft genug einbauen... Aber sowohl die Entwicklung bei Ajax, als auch die von Tottenham hätten mehr Aufmerksamkeit verdient.

Denn kommen wir direkt mal zum nächsten Klassiker: Manchester City - Tottenham wird eines dieser Spiele sein, an das sich der gemeine Fußballfan ewig erinnert. Eines dieser Holy Shit Ergebnisse. Wie das Etihad Stadium eskaliert ist, als Raheem Sterling den scheinbar entscheidenden Treffer erzielte... Wie es zitterte, als der Videobeweis angezeigt worden ist... und dann die Stille danach... Ein eh schon unbeschreibliches Spiel bekam nochmal eine absurde Krönung.

Und auch was Tottenham abliefert, ist völlig absurd. Also die haben ja im Sommer gegen jede Logik keinen Cent ausgegeben. Und sie sind die Premiere League Mannschaft, die jegliches "Die haben halt mehr Geld als wir" auf den Kopf stellt... Und natürlich geben auch die Geld aus. Aber halt pro Saison nur 10 Millionen mehr als die Bayern... Da fällt einem das Jammern schon schwerer... Und da könnte man auch mal feststellen, dass der Unterschied zwischen Premier League und Bundesliga nicht nur in den Investoren und den TV Milliarden aus Asien liegt.
Und auch wenn ich die anwesenden Arsenal Fans jetzt vergraule: Die Entwicklung von Tottenham auf dem Platz hätte man in einer der beiden letzten Ausgaben auch mal angemessen würdigen können. Aber vielleicht kommt das ja jetzt, wo die im Halbfinale aufeinander treffen.

Stellt euch einfach mal vor, eine Deutsche Mannschaft wäre an einem dieser beiden Spiele beteiligt gewesen. Der Kicker hätte einen Weg gefunden das Ereignis auf die nächsten 3 Titelseiten zu strecken. Sind die Ereignisse jetzt weniger historisch, weil keine Deutschen beteiligt sind? Ist es nur deswegen wirklich relevanter, dass die Trainerstühle in der Bundesliga diesen Sommer ein Mal im Kreis gedreht werden, sich sonst aber nichts ändert? Und ja, wenn sich die Kicker Analyse zu den Trainerwechseln durchliest, ändert sich in der Bundesliga gerade weniger als ich vermutet hätte... trotzdem wird dieser Stagnation mehr Aufmerksamkeit geschenkt als den wirklichen Entwicklungen... Das ist irgendwie Schade.

Dienstag, 16. April 2019

Das Dardai Dilemma

Oder: Wie man's macht, macht man's verkehrt.

Pal Dardai ist ja gerade in seiner 5. Saison bei der Hertha. Und seit Dardai den Titel "Interimstrainer" losgeworden ist, hat die Hertha nichts mehr mit dem Abstiegskampf zu tun. Was für einen Verein, der alleine in diesem Jahrzehnt 2 Mal abgestiegen ist, keine Selbstverständlichkeit ist. Dardais Bilanz sieht mit Platz 7, 6 und 10 mehr als ordentlich aus. So einen guten Trainer muss du erst Mal finden...

Und ja, es ist durchaus möglich, dass Dardai vor 2022 wieder Cheftrainer in Berlin wird, weil er die Hertha wieder vor dem Abstieg retten muss... oder dass er nach Stuttgart geht, weil die von einer derartigen Bilanz träumen.

Aber Dardais Bilanz kommt mit einem entscheidenden Markel: Platz 16, Platz 16, Platz 13, Platz 11 und Stand jetzt Platz 13. Oder 17, 18, 19 und 19. Das sind die Anzahl der Punkte, die Hertha unter Dardai in der Rückrunde holte. Das ist jeweils schlechter als in der Hinrunde. Im Best Case Szenario holt Dardai in der Rückrunde 5 Punkte weniger, im Worst Case 14...

Und wir reden halt von Berlin, einer Stadt mit erstaunlichen Möglichkeiten. Klar, Berlin ist unter Dardai zur Grauen Maus geworden... und das ist nice... Aber auf Dauer kann das nicht das Ziel sein. Dardai allerdings nachgewiesen hat, dass er seine Mannschaft im Saisonverlauf nicht besser machen kann, was aber für die Hertha zwingend erforderlich ist, wenn sie den nächsten Schritt in ihrer Entwicklung machen will. Er kann wunderbar dafür sorgen, dass sein Team eine außerordentliche Frühform an den Tag legt und sich dadurch ein Polster aufbaut, welches ihr den Klassenerhalt sichert. Deswegen wird, obwohl meine ursprüngliche 10 absurde Thesen Theorie, dass Dardai keine komplette Saison konstant trainieren kann, doch noch wahr geworden, auch wenn Dardai nie in den Abstiegskampf abgerutscht ist. Also kein I Told you so... aber fast...

Dieses Phänomen lässt sich am besten an Ondreij Duda festmachen: Der begann im Sommer überragend mit 6 Toren in 8 Spielen... Hat aber seine Form nicht annähernd halten können. Und da ist er ja keine Ausnahme.

Oder überlegt einfach mal wie viele relativ große Talente die Hertha im Sommer hatte... da wird seit Jahren so getan, als hätten die herausragende Jahrgänge in der Pipeline... wo alle dachten, dass sie in dieser Saison den nächsten Schritt machen. Nehmen wir (auch wenn der schon seit Jahren da ist) Marvin Plattenhardt, der ja nicht erst seit gestern deutscher Nationalspieler ist... Hätte Dardai den nicht mittlerweile auf ein Niveau bringen müssen, wo er für Mannschaften, die konstant international spielen, interessant wird... Aber der stagniert halt auf dem allgemeinen Hertha Niveau... genau so wie Arne Meier... oder, oder, oder... Ich sag das mal so: Wenn ich einen Trainer suche, der meine durchaus vorhandenen Talente nicht weiter entwickelt, dann nehme ich doch Heiko Herrlich.

Lasst uns das mal mit 2 Gegenbeispielen vergleichen, die derzeit beweisen, dass sie eine Mannschaft über den Verlauf der Saison hinweg und ohne große Impulse von außen weiterentwickeln können: Ralf Rangnick und Julian Nagelsmann.

RB Leipzig dürfte derzeit die 2. Beste Mannschaft in Deutschland sein. Mindestens. In der Konferenz bei Sky fiel der wunderbare Satz: Wenn die nicht so oft verloren hätten, könnten die um die Meisterschaft mitspielen... was auch auf Hannover 96 zutrifft, aber es geht ja ums Prinzip:
Wenn Leipzig schon zu Saisonbeginn so gut gewesen wäre, wie sie es jetzt sind. Aber dies bedeutet auch: Man sieht in der Mannschaft eine klare Entwicklung. Sowohl individuell als auch taktisch.

Und in Hoffenheim kann man dies am besten an der individuellen Entwicklung von Ishak Belfodil festmachen. Der gibt quasi gerade den Anti-Duda: In der Winterpause wollte er persönlich eigentlich schon wieder weg, aber jetzt merkt man die Arbeit von Nagelsmann und er steht bei 9 Rückrundentoren. Und nur um zu beweisen, dass das keine Ausnahme ist: Andrej Kramaric trifft unter Nagelsmann das dritte ja in Folge in der Rückrunde wesentlich besser als in der Hinrunde...
Nebenbei reden wir von genau dem Belfodil, den Übertrainer Florian Kohfeldt nicht zum funktionieren gebracht hat und bei dem sich im Sommer alle gefragt haben: Was will ein Champions League Teilnehmer denn mit dem? Aber Nagelsmann braucht halt ein halbes Jahr um diese Frage zu beantworten.

Vielleicht sollte sich Nagelsmann Dardai als Co-Trainer sichern und ihn die Grundlagen legen lassen, damit seine Mannschaft 2 starke Halbserien spielen können... Denn Rangnick und Nagelsmann kommen natürlich mit dem Problem, dass sie gerade international so richtig verkackt haben und definitiv noch lernen müssen, wie sie ihre Entwicklung der Mannschaft mit der Zusatzbelastung Europapokal in Einklang bringen.

Nur um mal zu erwähnen, dass dieses Dardai Dilemma gar nicht so außergewöhnlich ist, sondern eventuell sogar zum entscheidenden Entwicklungsschritt eines Trainers gehört: Selbst Trainerlegenden wie Thomas Schaaf hatten eingangs in Bremen große Probleme ihre Hinrunden zu bestätigen. Zyniker werden behaupten, dass er das in all den Jahren nur ein Mal geschafft hat, aber die gibt es hier ja zum Glück nicht... Bruno Labbadia hat ja auch deswegen so eine geringe Halbwertszeit. Peter Bosz macht das alles immer im Zeitraffer. Sandro Schwarz hat gerade die 2. Saison in Folge das Problem, dass seine Mannschaft in der Rückrunde nur in Ausnahmefällen bundesliga-tauglich aussieht. Und ja, Schwarz hat gerade extremes Glück, dass der Spielverlauf gegen Freiburg so absurd war, wie er war, das Ergebnis überdeckt vieles, was Mainz zum 2. Mal in Folge im März und April abliefert. Und letztes Jahr um diese Zeit haben wir uns alle gefragt, ob es eigentlich vernünftig ist den Mann nicht zu entlassen.
Selbst ein Dieter Hecking muss sich irgendwie fragen lassen, warum seine Mannschaft in der Rückrunde schon wieder nachlässt. Selbst ihm passiert das seit 2014/15 (der letzten Saison, in der Hecking in der Rückrunde einen Punkt mehr als in der Hinrunde holte) immer wieder...

Nebenbei sind das alles Statistiken, die sich Michael Preetz mal genau angucken sollte. Denn wenn eine sichtbare Weiterentwicklung innerhalb der Saison der Anspruch sein soll, kann man Hecking schlecht als die Traumlösung verkaufen...

Aber das ist ja das nächste Problem des Leistungssports: Wenn (Extrembeispiel) Preetz einen Alexander Zorniger aus dem Exil holt, bei dem man nach einem Halben Jahr genau die Entwicklung zu sehen bekommt, die Hertha dringend braucht um voranzukommen, aber der Weg dahin eher schmerzhaft ist... dann werden alle nach der stabilen "Wir sichern uns erst Mal den Klassenerhalt mit einer starken Hinrunde und gucken dann weiter" schreien und behaupten, dass Dardai zu entlassen unfassbar dumm war.

Nebenbei wollte ich zum Schluss nochmal eines erwähnen: In diesem Ominösen Früher wo alles besser war sind solche Trainer wesentlich schneller (also bereits in ihrer ersten, spätestens in der 2. Rückrunde) vorgeführt, sind dann in den Abstiegskampf gerutscht und wurden wesentlich schneller entlassen. Da es in einer Liga, in der selbst Nürnberg mit einem Sieg aus 24 Partien nicht hoffnungslos abgeschlagen ist, quasi unmöglich ist in den Abstiegskampf zu rutschen, haben diese Trainer ein wesentlich entspannteres Leben... Was aber nicht bedeutet, dass die Liga dadurch besser wird, eher im Gegenteil.

Montag, 15. April 2019

Worst of des "Dann wird's chaotisch" Wochenendes

Warte was? Erst dann? Es gibt also in Thomas Hitzlespergers Kopf ein Szenario, dass noch schlimmer ist als der Auftritt vom Samstag inklusive Spuckattacke? Und angeblicher Selbstzerfleischung nach dem Spiel? Wenn ja, ist es dann nicht eigentlich Hitzlespergers Pflicht uns dieses Schauspiel zu zeigen? Also wenigstens unterhaltsam wäre es...

Und man kann es sich ja auch leisten, schließlich steht man vor 2 Mannschaften, die mit der Saison praktisch schon abgeschlossen haben... die Relegation zu verspielen ist also... warte, was, es sind nur noch 3 Punkte? Und das, obwohl Nürnberg nur eines der letzten 24 Spielen gewonnen hat... Da hat Hitzlesperger natürlich recht... wenn diese Nürnberger die Stuttgarter tatsächlich einholen würden... und so, wie Stuttgart sich derzeit präsentiert, muss Nürnberg dafür nicht mal mehr gewinnen, 4 Unentschieden könnten reichen... DANN wird's wirklich chaotisch.

Dabei... sollte der Auftritt der Nürnberger am Freitag den Stuttgartern eigentlich Mut gemacht haben... schließlich war Schalke so schlecht, dass sie gegen genau diese Nürnberger einen überragenden Torhüter, eine katastrophale Fehlentscheidung und ein Kacktor brauchten um wenigstens einen Punkt zu holen... Anders ausgedrückt: So schlecht hat sich, auch wenn das Ergebnis etwas anderes sagt, nicht mal Hannover präsentiert...

Und trotzdem kann Schalke gefühlt den Klassenerhalt feiern. Denn wie will denn Stuttgart noch auf 6 weitere Punkte holen? Also die 3 Machbaren Gegner haben jeweils Heimrecht... Andererseits... ist es die Bundesliga, da wird der Abstiegskampf gerne mal auf den Kopf gestellt, in dem eine Mannschaft völlig absurder Weise gegen Gladbach oder Wolfsburg gewinnt...

Zurück zum eigentlichen: Dr. Robert Kampka, Vollidiot der Woche: Der Mann ist ja Bundesligaschiedsrichter. Also der hat sich seinen Doktortitel damit finanziert, dass er am Wochenende Fußballspiele gepfiffen hat, was vollkommen in Ordnung ist. Er verdient aber auch jetzt noch richtig viel Kohle mit dem Leiten von Fußballspielen... was auch in Ordnung ist, die haben nen Scheiß-Job der im einen Milliardengeschäft eher zu schlecht als zu gut bezahlt wird... Aber sollte man als Schiedsrichter nicht mal ein Regelwerk in die Hand nehmen und gucken, was da so drin steht?
Also Kampka "soll" (ich sage bewusst soll, weil niemand es genau weiß), ja auf gefährliches Spiel entschieden haben. Was ja auch stimmt, der Klassenerhalt der Stuttgarter wurde durch diese Aktion in Gefahr gebracht... das kann doch aber keine Entscheidungsgrundlage für einen Schiedsrichter sein.
Wobei ich an der Stelle mal darauf hinweisen muss, dass das Regelwerk da extrem beschissen ist... also praktisch gesehen ist der Paragraph (auf Seite 123 des PDFs) völlig unbrauchbar: "Als gefährliches Spiel gilt jede Aktion beim Spielen des Balls, durch die jemand verletzt werden könnte (einschliesslich des Spielers selbst" 
Wir sprechen von Hochleistungssport... das ist per Definition eine Gefahr für den Körper und äußerst ungesund. Und man muss jedes Kopfballduell im Jahr 2019 abpfeifen...
Normaler Weise wird "Gefährliches Spiel" aber nur dann geahndet, wenn jemand mit dem Fuß im Gesicht des Gegners rumfuchtelt. Deswegen wird im Regelwerk ja überraschend spezifisch von "
Ein Fallrückzieher oder Scherenschlag ist erlaubt, sofern nach Ansicht des Schieds richters dadurch kein Gegenspieler gefährdet wird" gesprochen. Mit einem gestreckten Bein zum Ball zu gehen und den vorm Gegner wegzuspitzeln, ohne dass man ihn auch nur berührt, ist praktisch so weit weg vom Gefährlichen Spiel wie die Fifa von Korruption... oder doch eher wie Grindel von Kompetenz? 
Wenn Kampka das wirklich als gefährliches Spiel ansieht, muss er jedes Mal, wenn sich 2 Bundesligaprofis über den Weg laufen, einen indirekten Freistoß geben... Aber gut, das wird er selber mittlerweile einsehen. Was den Fehler noch absurder macht, ist ja, dass er 1 1/2 Jahre nach der Einführung des Videobeweises, die Aktion gleich abpfeift und sie deswegen nicht reparierbar macht. Und dadurch hat er dann die krasseste Fehlentscheidung der Saison produziert. Herzlichen Glückwunsch, dafür gibt es bestimmt am Ende der Saison eine Medaille...

Thomas Müller und die Realitäten. Oder: Ich und mein Elefantengedächtnis. Müller lehnte sich ja dieses Wochenende weit aus seinem "Wir sind als Bayern eh immer so weit vorne, dass ein einzelner Elfmeter nicht wichtig ist" Fenster und behauptete: "Wenn ich den Elfer bekomme, schiebe ich ihn absichtlich daneben." Das wäre nebenbei mal eine wirklich große Geste, mit der irgendjemand mal anfangen könnte. Und mit den die Bayern hätten anfangen können... Also am 19.05.2017, als uns das erste Mal öffentlich vorgeführt worden ist, dass der Videoschiedsrichter keine absurden Handelfmeter abschaffen und im Zweifelsfall für die Bayern entscheiden wird. Aber er überlässt diese ehrenvolle Aufgabe natürlich großzügig Robert Lewandowski, der sich als zu unfähig erweist um den Ball vorbeizuschieben.
Ganz ehrlich, ich mag den Müller ja trotz aller Wiedrigkeiten fast, weil er solche Interviews gibt... aber da zielt er eindeutig übers Ziel hinaus. Auch die Bayern nutzen solche Elfmetergeschenke eiskalt aus, da soll er jetzt nicht behaupten, er hätte höhere moralische Ansprüche. 

Nebenbei war dieser Elfmeter das Lehrbuchbeispiel für meine Ausführungen gestern: Irgendwas muss der Schiedsrichter da pfeifen, da eine Hereingabe mit der Hand geblockt wird... und derzeit kann er halt nur Elfmeter geben, aber dass dies die einzige Option ist, ist das eigentliche Problem. Irgendwann wird jemand cleveres auf die Idee mit den indirekten Freistößen kommen, vergesst dann nicht, wo ihr es zuerst gelesen habt... (oder tut dies, ich werde euch eh darauf hinweisen...)

Der Hamburger SV. Obwohl... genau genommen: Der Kicker als ehemaliges Fachmagazin mit dem Schwerpunkt Fußball-Bundesliga. Ich habe denen es ja bisher durchgehen lassen, dass sie mindestens ein Mal im Monat einen 2 seitigen Artikel über den Hamburger SV im Außenteil gedruckt haben... Von einer derartigen Aufmerksamkeit können alle nicht am Europacup teilnehmenden Bundesligisten nur träumen... aber jetzt geben sie Köln und eben dem HSV auch noch eine Titelseite... als Zweitligisten... Wenn beide wenigstens Teil der angeblich neuen (ich habe die doch schon vor Jahren schon Mal gelesen...) Serie über abgestürzte Traditionsvereine wären... aber nein, der Kicker beschäftigt sich auf 6 1/2 Seiten ausschließlich mit einem einzigen Zweitligaspiel... das erscheint mir gerade auf Grund all der Aufmerksamkeit, die der HSV vorher schon genossen hat, unangemessen...

Dienstag, 9. April 2019

Weil es so ein schönes Lehrbuchbeispiel ist

und weil man sich dann Kunststück von Matheus Cunha angucken kann, wenn man es weiterlaufen lässt: Das Handspiel von Mitchell Weiser war wohl der regeltechnische Aufreger des Wochenendes: Muss man dafür Elfmeter geben?

Kurze Antwort: Natürlich nicht, ein Elfmeter ist viel zu hart. Das ist ja das eigentliche Grundproblem, über das man mal reden müsste.

Aber das alle ausschließlich aus der Sicht des Verteidigers argumentieren, nervt halt schon ein wenig. Denn wenn man das ganze mal aus der Sicht der Angreifenden Mannschaft betrachtet: Marcel Halstenberg will da einen Seitenwechsel der Leipziger wieder scharf machen und denn Ball in den Strafraum auf Ibrahima Konaté legen. Derartige schnelle Seitenwechsel sorgen eigentlich immer für Chaos und sind verdammt schwierig zu verteidigen. Nur deswegen kommt der Ball ja an die Hand des sich in einer Pirouette befindenden Weiser.

Es ist natürlich doppelt hart, weil er den Ball nur streift. Aber ob der Ball ohne die Berührung auch geklärt werden kann, wird niemand mehr nachvollziehen können. Klar, es sieht danach aus, aber wie viel Geschwindigkeit wird durch Weisers Handspiel aus dem Ball genommen?
Ich muss zugeben, dass es im Originalgeschwindigkeit in meinem Kopf deutlicher aussah, aber Details, es geht ja ums Prinzip.

Denn hier beginnt halt das Grundlegende Problem: Wenn ich als Verteidiger mit einem Handspiel durch Vergrößerung meiner Körperfläche den Angriff unterbinde oder beeinflusse, muss irgendwas passieren. Das liegt schon im Namen der Sportart: Fußball. Der einzige, der seine Hände zum Abwehren von Bällen benutzen darf, ist der Torwart.

Dabei ist es auch überhaupt keine Frage, ob etwas Absicht war oder nicht, es geht ausschließlich darum, ob man als Mannschaft einen Vorteil aus dem Handspiel erhält. So, wie das jetzt bei der Angreifenden Mannschaft eindeutig geklärt sein wird.

Nebenbei wird die Frage "Absicht oder nicht" ja auch nur bei Handspielen ins Gespräch gebracht. Bei allen anderen Regelüberschreitungen ist es für den Pfiff völlig egal, ob das gewollt war oder nicht.  Wenn meine auf den Ball gehende Grätsche eine Millisekunde zu spät kommt und ich nur den Fuß treffe, gibt es einen Freistoß. Wenn ich beim Fallrückzieher den Verteidiger, der mit dem Kopf zum Ball geht, im Gesicht treffe, weil ich ihn einfach nicht gesehen habe, gibt es Gelb. Und das, obwohl ich doch nur die Absicht hatte das Tor des Jahres zu erzielen, da kann mir doch keiner einen Vorwurf machen.

Aber diese Beispiele haben halt einen minimalen Unterschied: Es gibt eine angemessene Strafe für das Vergehen. Es sei denn, man klärt per Fallrückzieher im eigenen Strafraum und trifft dabei den Gegenspieler im Gesicht, dann sagen aber auch alle nur "Wie dumm war denn der Verteidiger" und es gibt Elfmeter. Und das ist halt der springende (oder eben nicht, denn der liegt ja konstant) Punkt: Wenn wir über Handspiele diskutieren, reden wir immer über "Elfmeter oder nicht?" Die einzige Ausnahme, die mir natürlich einfällt, ist Karlsruhe - Hamburg in der Relegation 2015. An sonsten werden all die Handspiele, wenn sie denn im Mittelkreis oder an der Eckfahne passieren, Schulter zuckend hingenommen: Ich hab den Ball halt mit der Hand gespielt, das ist halt nen Foul, weiter geht's.

Das ganz große Problem ist, dass die Strafe "Elfmeter" für viele Handspiele viel zu drastisch ist. Und dessen sind sich die Schiedsrichter ja bewusst. Und die Kommentatoren auch. Die Frage ist nie "Hat der Verteidiger durch sein Handspiel einen Vorteil gewonnen?" sondern "Reicht das für einen Elfmeter?"

Die Lösung wird den beiden Stammlesern bekannt vorkommen. Und ich habe sie letztens betrunken einem Schiedsrichter vorgeschlagen, der auch nur sagte "Warum ist da noch keiner drauf gekommen?": Gebt doch für die unabsichtlichen Handspiele, für die Szenen, wo die Hand nicht eindeutig zum Ball geht, einen indirekten Freistoß. So wird die angreifende Mannschaft nicht um ihre potenzielle Torchance gebracht, die foulspielende Mannschaft wird aber auch nicht in eine Situation gebracht, die praktisch nicht mehr zu verteidigen ist. Und man kann dann erkennen, welche Trainer ihre Mannschaften auf derartige Situationen gut vorbereitet und sich kreative Lösungen einfallen lässt... und wer den Ball einfach nur blind aufs Tor dreschen lässt, weil ihm so mal eine Meisterschaft entrissen worden ist...

Das wäre eine angemessene, eindeutige und nachvollziehbare Strafe: Sobald die Körperfläche vergrößert wird und der Ball mit der Hand gespielt wird, gibt es einen indirekten Freistoß. Das wird dann auf jedes Handspiel im Strafraum angewendet. Und keiner fragt sich mehr "Ist das jetzt eine zu krasse Strafe?" Oder "War das jetzt ein anderes Handspiel als das vor 3 Wochen, wo es für uns keinen Elfmeter gab?"

Mich stört ja wirklich, dass keiner der bezahlten Experten, sei es bei den Verbänden oder den Fernsehstationen, auf diese Idee kommt. Dass denen anscheinend nicht bewusst ist, dass die Frage "Elfmeter oder nicht?" die entscheidende ist, an der die Emotionen hoch kochen.

Wenn man eine konstruktive Debatte zum Thema Handspiel führen will, sucht man nach Lösungen, die zu nicht so extremen Strafen führen. Die damit aber auch dazu führen, dass wirklich jedes Handspiel gleich bewertet werden kann. Nur, wenn da mal was passiert, wird sich diese Debatte irgendwann mal entspannen.

Aber dafür müsste man sich ja mal mit dem Sport und nicht mit neuen Uhren beschäftigen... Das wird also nicht passieren. So werden wir diesen völlig sinnlosen Diskurs ohne jegliche Fortschritte noch in 20 Jahren führen...

Montag, 8. April 2019

Worst of des "Das war ja kurzzeitig echt spannend" Wochenendes

Also wirklich spannend. Für insgesamt... 1 Minute,

Das eigentliche Highlight des Wochenendes war ja gar nicht das Spitzenspiel. Sondern die 120 Sekunden, die Hannover plötzlich geführt hat... als der Sky-Konferenz-Kommentator zum großen "Die wurden von allen abgeschrieben, selbst von ihrem eigenen Präsidenten, aber jetzt... und wenn dann vielleicht Nürnberg noch gewinnt" Monolog ausholte. Bevor er mit dem Ding fertig war, stand es schon 1:1... Und Hannover wies eindrucksvoll nach, warum sie nächste Saison in der 2. Liga antreten müssen.

Und das, obwohl die Konkurrenz sich auch nicht viel geschickter anstellte. Das Fazit im Kicker zum Stuttgart - Nürnberg Spiel lautet: "Manche Spiele haben keinen Verlierer verdient - dieses hatte keinen Sieger verdient." Da weiß man, was man verpasst hat...

Und trotzdem hat Stuttgart am Ende einen Punkt auf den Direkten Klassenerhaltsplatz gut gemacht... Weil Augsburg sich am Sonntag noch katastrophaler präsentierte, als ihre versammelte Konkurrenz. Und ja, das heißt auch: Noch unsouveräner als Huub Stevens und seine Schalker nach dem Elfmeterpfiff.
Als Laie frage ich mich ja schon, wo eigentlich der Unterschied zwischen Martin Hintereggers Aussagen im Januar und Jeffrey Gouweleeuws "Es sah so aus, dass wir keine gemeinsame Idee haben." liegt.

Aber hey, auch Augsburg kann ja am Ende das Tages ganz entspannt mit den Finger auf den dann doch wieder ehemaligen Tabellenführer zeigen... und behaupten: Wir haben uns gar nicht am heftigsten blamiert...
Es war schon faszinierend, wie man von der 2 Minute (also Mats Hummels ersten von 4 Kopfbällen) an dachte: Hier wird es für Dortmund heute nichts zu holen geben. Am Ende waren die Bayern so überlegen, dass sogar Thomas Müller ein sehr gutes Spiel abgeliefert hat.
Und während sich einige jetzt fragen, warum dieser Müller eigentlich kein Nationalspieler ist, sollte man mal darauf hinweisen, dass es die erste 1 vor dem Komma seit dem 2. Spieltag war... Also ja: Gegen Gegner, die sich gar nicht wehren, ist Thomas Müller richtig gut. Das hat auch niemand in Frage gestellt. Was eher überraschend war: Dass Dortmund in diese "Gegner, die sich gar nicht wehren" Kategorie gehörte...

Es ist an der Stelle auch unnötig über die Aufstellung zu philosophieren. Also ja, da hat Lucien Favre schwer nachvollziehbare Entscheidungen getroffen. Also genau genommen eine mit Mahmoud Dahoud... Aber die eigentliche Frage ist doch: Warum haben die Führungsspieler wie Axel Witsel und Thomas Delaney so komplett versagt? Die hätten in diesem Spiel vorne weg marschieren und somit der Jugend um sich herum Halt und Orientierung geben müssen. Und es ist nicht davon auszugehen, dass ihnen dies besser geglückt wäre, wenn Marco Reus und Mario Götze gespielt hätten.

Peter Bosz: Ich wollte das nur mal erwähnt haben: Der letzte Trainer, der gefühlt von allen Bundesligisten umworben gewesen ist und sich den Arbeitsplatz in der deutschen Eliteliga buchstäblich aussuchen konnte, war Peter Bosz... das sollte man dringend mal bedenken, wenn man über Marco Rose redet. Und bei dem bin ich ja überrascht, dass sein Name noch nicht als neuer DFB-Präsident gefallen ist... einfach, weil sein Name halt überall fällt.
Peter Bosz steht derweil vor denselben Problemen, die er schon in Dortmund nicht bewältigen konnte: Das Verteidigungssystem, dass bei Ajax, also für die holländische Liga ausreichend, funktioniert hat, ist für die Bundesliga, wo Gegner zumindest gelegentlich angreifen, nicht stabil genug. Und so ist man halt auch schon wieder bei 11 Gegentoren in 3 Spielen. Und wenn einem das nicht Angst macht, dann sollte man darüber nachdenken, dass selbst Hannover 96 gegen Bayer 2 Tore erzielte. Was ihnen in der Rückrunde sonst nur noch gegen Nürnberg gelang.

Wahrscheinlich würde selbst Heidenheim... oh warte, selbst Heidenheim hat 2 Tore gegen Leverkusen erzielt und die aus dem Pokal geworfen... Ich finde es halt faszinierend, dass Bosz die Überzeugungsstrategie der Katholischen Kirche anwendet: Das mag alles im Jahr 2019 total unangebracht erscheinen, aber wir müssen da halt nur dran glauben, dann wird das auch funktionieren. Man darf nur nicht an dem Weltbild zweifeln...

Und da muss man auch nicht auf die Handspiele verweisen... aber... nun gut, lasst uns da mal morgen drüber reden... schon wieder...

Donnerstag, 4. April 2019

Worst of des "Gut, dass wir das mal versucht haben..." Viertelfinales

Aber sein wir ganz kurz ehrlich: Dann doch lieber die Bayern.

Denn wenn dieses Pokalviertelfinale eines deutlich gemacht hat, dann das es derzeit nur eine Mannschaft gibt, die 90 Minuten ansehnlichen Fußball bieten konnte. Und die Bayern haben sich ja dieses Mal auch richtig große Mühe gegeben um den Öffentlich Rechtlichen einen Dicken Mittelfinger und dem Rest ein richtig großes Spektakel zu liefern...

Oder anders ausgedrückt: Sie haben den "Wenn ihr das nicht im Fernsehen zeigt, greifen wir auch nicht an" Boykott aus den Liverpool-Heimspiel in einen "Wenn ihr das nicht im Fernsehen zeigt, verteidigen wir halt nicht" Boykott umgekehrt... Was man sich gegen einen Zweitligisten gerade so leisten konnte und wesentlich unterhaltsamer und spannender war. So hatten alle was davon, die sich das Spiel ansehen konnten...

Allein schon, dass die Zusammenfassung 15 Minuten lang ist... Während das Schalke - Bremen Spiel auf nicht mal 2 Minuten kommt... Das eine Spiel war ein großes fest, das andere fand auf Schalke und deswegen auch mit Schalke statt...
Und ja, der Vergleich ist unfair, weil das eine die "Nach dem Spiel" Zusammenfassung ist, dass andere die MoMa Zusammenfassung. Aber ich habe jetzt keinen Bock drauf, den Hamburger SV zu verlinken, dessen Zusammenfassung auch "nur" auf 9 Minuten kommt und wahrscheinlich nur aus Zuschauerzusammenschnitten und Tauben-Highlights besteht... So sieht Deutscher Spitzenfußball ohne die Bayern in Deutschland halt derzeit aus...

Dafür... haben wir jetzt offiziell ein neues Derby: FC Augsburg - RB Leipzig. Was natürlich hauptsächlich daran liegt, dass der FCA der eine Traditionsverein ist, für den sich sonst niemand in Bayern oder sonst wo interessiert. Während andere Vereine ihre Ausbrüche gegen die Retorten in echten Derbys mit wirklichen Emotionen relativieren kann, ist dieses Duell für die Fuggerstädter halt was ganz besonderes. Etwas, das unbedingt erhalten und "gefeiert" werden muss.

Und da sind sie ja auch verdammt gut drin. Also man muss ihnen zugestehen: Sie haben das ultimative Kryptonite für den Leipziger Angriffsfußball gefunden: 254 Minuten hat es gedauert, bis RB endlich ein Tor in dieser Saison gegen diese Truppe erzielen konnte. Und dieses Tor fiel eher aus dem Nichts als aus einer dominanten Druckphase. Wenn einem dies zum dritten Mal in Folge gelingt, braucht man nicht mehr von Glück zu reden, dann sollten die anderen mal den Matchplan von Manuel Baum studieren...

Und sie nerven die Leipziger auch so richtig. Also auf dem "Wir provozieren in der 7. Minute eine Tätlichkeit" Niveau. Wobei ich an der Stelle mal kurz einschieben will, warum es dort keinen Eingriff des Videoschiedsrichters Dingert gegeben haben wird. Die Kommunikation wird so abgelaufen sein:
Dingert: "Hast du den Schlag von Sabitzer gesehen?"
Stieler: "Ja, habe ich."
Und damit war das dann erledigt. Die richtige Frage wäre aber gewesen: Hast du gesehen, dass Sabitzer bewusst nach hinten guckt und gezielt ausschlägt. Denn der Schlag an sich ist nicht die Tätlichkeit, sondern die pure Absicht dahinter. Das gezielte Vorgehen. Und genau das hat Stieler definitiv so nicht wahrgenommen und da hätte er drauf hingewiesen werden müssen.

Aber so was gehört halt auch zu einem Derby dazu. Nur dadurch wird es wirklich auf diese nächste Ebene gehoben: Dass man sich nicht nur dank der eigenen Fehler beschissen fühlt, sonder auf Grund der Fehlentscheidungen richtig beschissen fühlt...
So kommt es dann auch stilecht zur Rudelbildung nach dem Abpfiff. Weil dieses Derby halt auch die Offiziellen elektrisiert. Ok, es elektrisierte hauptsächlich die Vereinsspitze der Augsburger und die Ganze Bewegung geht von dort aus, aber Details. Wenn es jetzt Augsburg-Ultras geben würde, könnte das echt das eine Hochsicherheitsspiel für beide Mannschaften werden...

Mein Persönliches Highlight war ja Stefan Reuters "Er braucht sich bei mir nicht zu entschuldigen. Wenn das immer wieder passiert, kann er sich die schönen Worte sparen. So verhält man sich nicht."
Zunächst mal passiert das ja irgendwie in der Form nur gegen Augsburg. Zum anderen hat Ralf Rangnick sich nicht mal entschuldigt, sondern ist komplett in den Trump Modus gewechselt: Wir waren die Beste und Freundlichste Trainerbank aller Zeiten. Sogar der 4. Offizielle hat uns hinterher voll gelobt, weil wir so gut waren.

Aber hey, was macht man nicht alles um sein eigenes Derby zu bekommen...