Montag, 29. Januar 2024

Worst of des "Die wirklich wichtige Frage" Wochenendes

 "Wie viele Biere haben sie getrunken?" "Nur eins!" "Ok, dann übernehmen sie mal die Rolle des Schiedsrichters!" Die Bundesliga ist damit endgültig auf Kreisklasse-Niveau angekommen.

Natürlich ist das hauptsächlich eine lustige Anekdote, dass Tobias Krull jetzt Teil Bundesliga-Geschichte ist. Die wird auch immer wieder ausgepackt, wenn Wolfsburg gegen Köln im Spielplan steht. Bis Krull irgendwann genervt seine Nummer wechselt und ihn niemand mehr erreicht. Was für mich das faszinierendste ist: Niemand hat ihn gefragt, ob er VfL Fan ist... und damit für die Rolle des Schiedsrichters ungeeignet.

So ist das halt in Wolfsburg... da gehen Leute hin, gucken Fußball und trinken Bier, weil es nüchtern nicht zu ertragen ist... aber Fans? Wir sind hier nicht bei RB... ähm ich meine bei der Borussia. Tippfehler.

Aber natürlich ist das auch egal, denn er musste ja nicht "unparteiisch" sein, sondern einfach nur die Trainer betreuen. Denn hier wurde wieder deutlich, wie albern der 4. Schiedsrichter ist und wie erbärmlich es genau genommen ist, dass wir den brauchen. Denn der wurde ja nur eingeführt, weil 50-jährige weiße Männer sich nicht benehmen können. Und weil die bei jeder Kleinigkeit reagieren, wie Kinder in der Trotzphase. Deswegen hat man das ja auch zwischenzeitlich eine Frau machen lassen, wann immer die Zeit hatte.

Wenn sich Trainer wie vernunftbegabte Menschen aufführen würden, könnte sich man sich die 1400 Euro sparen... oder an wohltätige Zwecke spenden. Und das sind 12.600 Euro die Woche. Bei 34 Spieltagen macht das 428.000 Euro, die einfach nur ausgegeben werden, weil Trainer keinerlei Selbstbeherrschung haben.

Und der Fall Nenad Bjelica zeigt ja auch nur, wie gut das funktioniert. Und wenn wir nicht Bjelica nehmen, dann nenne wir halt die wöchentlichen emptionalem Eskapaden von Christian Streich. Großartiger Mensch, genialer Trainer... außer er steht an der Seitenlinie, dann setzt bei ihm alles aus. Es ist ja nur bedingt so, dass die Trainer sich jetzt an der Seitenlinie benehmen. Aber es reden sich alle ein, dass es nur noch viel schlimmer und theatralischer wäre, wenn es den 4. Offiziellen nicht geben würde. Warum wird nicht viel häufiger darüber geredet, wie erbärmlich das ist? Warum wird das Schauspiel an der Seitenlinie nicht viel häufiger kritisiert? Wir haben uns so daran gewöhnt, dass es dazu gehört, dass es niemand mehr hinterfragt, ob das nötig ist... und inwieweit das einer Vorbildfunktion entspricht.

Dass Bjelica jetzt zum Beispiel "nur" 3 Spiele Sperre bekommt, ist ein großartiges Urteil für alle Kreisligatrainer...

Anyhow, zum sportlichen... Bayer Leverkusen geht da Glück aus. Wobei auch hier gilt: Können ist die Wiederholung von Glück. Und am Ende hatte Bayer eher Pech, dass Nathan Tella seine Großchance nicht genutzt hat.

Aber ganz ehrlich: Bayer hat nachgewiesen, dass es wenig mit "Glück" zu tun hat, wenn eine Spitzenmannschaft spät trifft... sondern verdammt viel mit der eigenen Überzeugung. Wie zielgerichtet die bis in die Nachspielzeit auf das 1:0 gespielt haben, anstatt sich ausnahmsweise mit einem Unentschieden zufrieden zugeben, war schon beeindruckend. Und sie machten das die dritte Woche infolge. Und nicht nur zu Hause gegen einen Abstiegskandidaten, sondern auch in Leipzig beim Spitzenspiel.
Der lustigste Moment in diesem Spiel kam ja in der 82. Minute, als Borussia Mönchengladbach einen Freistoß zugesprochen bekam. In diesem Moment hatte man 2 Optionen: Das Spiel schnell machen und hoffen, dass man mit einem Konter vors gegnerische Tor kommt um vielleicht mit einem "Lucky Punch" zu treffen... oder die Chance zum Durchatmen zu nutzen und eine Gelbe Karte fürs Zeitspiel zu kassieren. Wenn schon das Tempo rausnehmen, dann richtig. Julian Weigl entschied sich für die 2. Option. In einem Derby. Als eine Mannschaft, die theoretisch auch die Ansprüche hat, unter die Top 6 zu kommen. Falls ihr euch fragt, wie weit weg der Rest der Liga von Bayer und den Bayern wirklich ist.

Gladbach hatte keinen Plan und keinerlei Interesse daran, vor das gegnerische Tor zu kommen. Und anscheinend wusste Xabo Alonso das, schließlich stellte er demonstrativ seinen 2. Torhüter auf. Wenn schon Gladbach bei Bayer so auftritt, dann wissen die, worauf sie sich den Rest der Rückrunde einstellen können. Da werden beinah alle Mannschaften den Bus vor dem eigenen Tor parken und hoffen, dass es irgendwie gut geht.

Und dann werden wir rausfinden, ob Bayer wirklich schon auf Bayern Niveau angekommen sind. Denn von denen wissen wir, dass sie regelmäßig Lösungen für dieses Problem finden.

Freitag, 26. Januar 2024

Lasst uns mal ein paar Fragen zum Afrika Cup beantworten

 Und auch sonst mit so nen paar Klischees aufzuräumen. Also wo morgen die K.O. Phase anfängt, aber gefühlt nur über dieses Turnier geflucht wird, weil die ganzen Stars abgestellt werden müssen. Fangen wir mit dem offensichtlichsten an:

Muss das wirklich im Januar und Februar sein?

Es gibt wirklich Europäer, die ernsthaft fragen, ob man dieses Turnier nicht einfach in die Sommerpause legen kann. Und diese Europäer lachen dann immer über die Amerikaner, wenn die keine Ahnung von Geografie haben. Während sie froh sind, dass sie niemand fragt, wo die Elfenbeinküste eigentlich liegt. Oder, als fortgeschrittenen Kurs, wie das Klima dort ist.

Obwohl das ja sogar noch offensichtlich ist, da die haben Wort "Küste" im Kolonialnamen haben.  Die müssen also irgendwo am Rand liegen. Und an diesem Rand wird das Klima vom Ozean geprägt, sind dort relativ konstante 25 bis 35 Grad. Das ist also einer dieser wenigen Orte, an denen man auch im Juli spielen könnte und es keinen großen Unterschied macht.

Aber allgemein gibt es in diesem riesigen Kontinent relativ wenige Orte, in denen an im Sommer Fußball spielen sollte. Im Wesentlichen sagen wir Europäern an der Stelle: "Tragt euren Afrika-Cup doch in Südafrika oder an der Westküste aus. Der Rest des Kontinents darf halt kein Gastgeber sein. Ich sehe das Problem nicht. Hauptsache, wir Europäer werden nicht beeinflusst."

Nebenbei wird das alles nur noch schlimmer werden, weil uns ja auch da der Klimawandel treffen wird. Also als kurzer "Passives Abseits Leser wissen es früher" Spoiler: Die Debatte, ob die Weltmeisterschaft 2030 nicht vielleicht auch in den Winter gelegt werden sollte, wird kommen... Denn es werden jetzt schon 45 Grad in Spanien aufgerufen. Die sind mittlerweile bei 39 Grad im April... Und das wird ja nicht besser werden, wenn die AfD an die Macht kommt und die Klimaschutzziele revidiert.

Afrika wird der Klimawandel um einiges härter treffen, als uns Europäer. Und das ist an der Stelle ein Luxusproblem, aber dies bedeutet auch: Es wird dort immer weniger Orte geben, wo man im Sommer überhaupt ein Fußballturnier austragen könnte.

Also hat sich der Afrika-Cup, nach einigen Verschiebungen und Experiment, auf Mitte Januar bis Mitte Februar eingependelt. Also genau in dem Zeitfenster, in dem der europäische Fußball seine Pause macht. Nicht mehr in den Ligen, aber in der Champions League

Da dieser Wettbewerb formell gesehen am 11.7.2023  beginnt und am 1.6.2024 endet, ist das gar nicht so einfach. Die Gruppenphase endete am Pioniergeburtstag... ACAB. Ich meine 13.12. Die K.O. Phase beginnt, weil sie ja auch wieder auf 4 Termine gestreckt wird, am 13.2.. Das ist der Dienstag nach dem Finale. Der Januar ist jetzt schon, also vor der weiteren Aufblähung des Wettbewerbes auf 8 Gruppenspiele, der einzige Monat im Jahr, in dem keine Champions League gespielt wird. Oder anders ausgedrückt: Es ist das einzige Zeitfenster, in dem der Afrika-Cup ausgetragen werden kann. Man sollte also nicht jammern, wenn genau dieses Zeitfenster genutzt wird.

Und man muss hier auch nochmal in aller Konsequenz festhalten, dass aufgrund der aufgeblähten europäischen Wettbewerbe dieses Zeitfenster immer kleiner wurde. Früher gab der Rahmenterminkalender zumindest in Deutschland mal eine Winterpause her. Aber die Zeiten sind halt lange vorbei.

Frage 2: Ja, aber muss das alle 2 Jahre sein?

Die habe ich mir selber gerade gestellt. Und dann mit 2 einfachen Aufgaben geantwortet: 1. Nennt mir 3 amtierende nationale Meister in Afrika. 2. Nennt mir 3 der letzten 5 Sieger der CAF Champions League. Einer von denen hat erst vor ein paar Wochen in Saudi Arabien an der Klub-WM teilgenommen. Trotzdem wird sich niemand daran erinnern, wer das war. Wer erinnert sich da noch an den Sieger von 2020 oder 21... obwohl das jeweils dieselbe Mannschaft war.

Der Afrika-Cup ist realistisch gesehen das einzige, was die CAF zu bieten hat. Es ist die deren große Chashcow... also die einzige Möglichkeit wirklich Geld für die ganzen nationalen Verbände zu generieren. Und es ist auch die einzige Möglichkeit, den Fußball dieses Kontinents einem größeren Publikum zu präsentieren.  

Dieses Publikum besteht nebenbei auch gerne aus europäischen Scouts. Wenn man seine Spione losschicken kann, um den nächsten Mo Salah zu finden, hat man kein Problem mit diesem Turnier. Wenn Mo Salah dann aber auch dahin will, ist es plötzlich ein beschissener Termin. Das ist wieder ein deutliches Beispiel dafür, dass wir Europäer gerne nehmen, aber nichts zurückgeben wollen.

Nebenbei basiert die ganze Debatte, wie eigentlich immer, um die Gier der europäischen Klubs nach dem Bosman-Urteil. Also zunächst wurde als Nebeneffekt ja "nur" die Ausländerbeschränkung für EU-Profis aufgehoben, weil sich das mit dem europäischen Recht beißt. Dann wurde extrem viel Schabernack mit Großeltern und einer 2. Staatsbürgerschaft betrieben... und irgendwann praktisch alle Beschränkungen aufgehoben

Die logische Konsequenz: 1994 wurden Jay Jay Okocha und Charles Akonnor abgestellt. Dass man Spieler zu diesem Wettbewerb abstellen musste, war eine Ausnahme. Oh und damals verpasste Okocha "nur" das Hallenmasters. 

Mittlerweile gibt es aber 26 Kandidaten, die an diesem Turnier teilnehmen wollen. Ganz so schlimm ist es nicht geworden, weil Eric Maxim Coupo-Moting nicht nominiert wurde. Und Victor Boniface verletzt ausfällt, was nur noch schlimmer ist. Und das ist nur die Bundesliga...

Im Wesentlichen jammern all die Trainer und Fans darüber, dass sie nur in 23 von 24 Monaten von ihren zahllosen afrikanischen Profis profitieren können... Ohne jemals was an den Kontinent zurückzugeben. Das ist und bleibt post-koloniale Kackscheiße.

3. Keine Frage, aber ein Stereotyp: Das sind doch alles korrupte Verbände! 

Das Geld fließt doch nur in die Taschen einiger weniger. Und diese korrupten Typen unterstützen wir dann, in dem wir unsere Stars dahin schicken! 

Ähm... ja. Bestimmt sind auch die afrikanischen Funktionäre korrupt. Aber wenn ich die schlimmsten Typen im Weltfußball aufzähle, lande ich bei Gianni Infantino, Sepp Blatter, Michel Platini und Aleksander Čeferin. Alles alte, weiße Männer. Und alles Europäer. 

Und wenn man dann als nächstes behauptet, dass die Verbände ja auch so furchtbar chaotisch sind und dass die den Fußball vor Ort gar nicht ordentlich führen können... ähm... Wie viele DFB-Präsidenten mussten in den letzten 20 Jahren zurücktreten? Rainer Koch führte sich doch wie das Stereotyp eines afrikanischen Funktionärs auf... nur, dass der halt aus Bayern kommt. Es gibt bestimmt auch Bilder von ihm in klassischen Trachten. 

Afrikanische Verbände sind nicht besser oder schlechter als europäische. Der Weltfußball ist komplett kaputt, da gibt es auch keine "Entwicklungsländer", in denen die Welt noch in Ordnung ist. Wer Profifußball guckt, muss sich damit arrangieren. Die Chancen, dass das nochmal "gut" wird, sind vernichtend gering. 

Man kann aber schlecht für die Gier der europäischen Vereine und Verbände sein, dann aber über die anderen Verbände fluchen, wenn die auch ihren Teil vom Kuchen abhaben will... Außer man ist Borussia Dortmund Ultra, dann gehört das zur DNA.

Freitag, 19. Januar 2024

Die seltsamste Karriere des Mario Götzes

Aus irgendwelchen Gründen kann ich gerade nicht auf Kommentare unter meinen eigenen Beiträgen antworten... ist nen Softwarefehler. Aber im Hinterkopf hatte ich diesen Beitrag eh schon angefangen, auch wenn er eigentlich noch ein halbes Jahr Zeit hat.

Mario Götzes Karriere bleibt eines der größten Rätsel der Gegenwart. Und deswegen muss man sich auch mal im Detail damit beschäftigen.

Denn dieser Mann hat jetzt schon eine Karriere hingelegt, für die 95 % aller deutschen Fußballer ihre Seele verkaufen würden. Also alle, die nicht Toni Kroos heißen. Und das ist nur ein wenig übertrieben. 5 Meisterschaften und 4 Pokalsiege sind einfach eine Ansage, wenn man bedenkt, dass er 4 dieser Titel eben nicht mit den Bayern geholt hat. Das ist eine Bilanz, mit der sich sonst noch ganz wenige andere Dortmunder vorweisen können. Und außerhalb von Dortmund kann das niemand vorweisen. Und klar, für einen Bayern-Profi sind 9 Titel "wenig". Das beweist aber auch nur, wie absurd eintönig die Bundesliga geworden ist. Für jemanden, der "nur" 3 Jahre bei den Bayern war, sind 9 Titel wiederum verdammt viel.

Dazu kommt, als Bonusfeature, das entscheidende Tor in einem WM-Finale. Und das war ja kein Stolpertor. Oder ein Torwartpatzer a la Petr Kouba, dem ein gewisser Oliver Bierhoff seinen Legenden-Status zu verdanken hat. Mittlerweile würden viele deutsche Fans auf diesen EM Titel verzichten, wenn es auch bedeutet, dass Bierhoff nie zum Markenmanager der MNSCHFT wird...

Aber Götze nimmt eine hohe Flanke mit der Brust an und schießt in aus spitzen Winkel mit seinem offiziell schwachen Fuß in die lange Ecke. Es gibt auf dem Platz 2 Spieler, die dieses Tor so erzielen könnten. Da fragt man sich schon, warum Götze nicht gerade zu Fifa's Best gewählt worden ist.

Dieses Tor alleine hebt ihn auf eine Stufe mit Andreas Brehme, Gerd Müller und Helmut Rahn. Den anderen Siegtorschützen bei den anderen Weltmeistertiteln. Alle 3 sind Gründungsmitglieder der Hall of Fame. Götze wird am Ende auch diesen Status erhalten.

Wenn er dort einzieht, dann nur wegen dieses einen Treffers an diesem einen Tag. Denn sonst ist seine Nationalmannschaftskarriere eher eine Enttäuschung. Der Fakt, dass er während des Turniers seinen Stammplatz an Lukas Podolski verloren hatte, ist da bezeichnend. Auch wenn das natürlich einer der verzweifelten Versuche von Jogi Löw war, den 4. Titel zu verhindern. Aber daran wird sich in den Geschichtsbüchern niemand erinnern. Die werden alle nur wahrnehmen, dass Götze im Finale "nur" von der Bank kam. Und dass er beim legendären 7:1 außen vor war.

Noch viel wichtiger: Es war ganz sachlich gesehen das letzte richtige Highlight seiner Karriere. Nicht nur seiner Nationalmannschaftskarriere, was aufgrund der beschissen verlaufenden letzten Turnieren ja allen Beteiligten so geht. Auch in den Vereinstrikots hat er wenig gerissen. Also gemessen an seinen Ansprüchen und Möglichkeiten.

13 Scorerpunkte im Bundesliga-Jahr nach der WM sehen nicht schlecht aus. Bis einem bewusst wird, dass Leroy Sané bisher in jeder seiner Bayern-Saisons mindestens 14 gesammelt hat... und der wurde häufig als Mitläufer kritisiert und schafft erst jetzt den endgültigen Durchbruch. Ein Thomas Müller hat gefühlt alleine in den Spielen gegen den Hamburger SV 13 Scorerpunkte gesammelt. Und wir reden hier von jemanden, der die Lionel Messi Rolle unter Guardiolas Bayern übernehmen sollte. Ich war nicht mal sauer auf Götze, als er diese Chance ergriffen hat. Dass dies nicht geklappt hat, ist bestimmt nicht nur seine Schuld. Dennoch muss man einfach festhalten, dass er die Erwartungen nicht erfüllt hat.

Götzes Bilanz bis auf das durch eine Verletzung ruinierte letzte Jahr war "ordentlich, aber nicht überragend". Und so kann man genaugenommen seine gesamte Karriere nach der Weltmeisterschaft 2014 zusammenfassen. Und klar: 80 % aller Deutschen Fußballer wären stolz darauf, eine ordentliche Bundesligakarriere hinzulegen...

Aber gerade die ersten Jahre haben so viel mehr angekündigt. Was der junge Götze in seinen ersten Dortmunder Jahren, die dann ja auch in 2 Meisterschaften mündeten, war so unfassbar gut. Wenn der Mann im Champions League Finale gegen die Bayern fit gewesen wäre... 

Am besten fasst das ja seine persönliche Kicker-Rangliste zusammen: Von Winter 2010/11 bis Sommer 2013 war er, wenn er denn fit war, immer mindestens "internationale Klasse" und unter den besten Dreien. Im Sommer vor dem Wechsel nach München war er definitiv "Weltklasse". Diese Konstanz mit Anfang 20 zu präsentieren...
Ich bekomme ja immer übelste Götze Flashbacks, wenn ich jetzt einen jungen Florian Wirtz sehe. Die Ranglisten-Einordnung sieht auf jeden Fall sehr ähnlich aus. Dennoch wird es hoffentlich in 10 Jahren Blasphemie sein, wenn man Wirtz einen FußballGÖTZEn nennt.

Es folgten noch 2 Halbjahre in der internationalen Klasse... und dann ganz lange nichts mehr. Der Siegtorschütze und damit angehende Hall of Famer verließ die Bundesliga mit Mitte 20 ablösefrei in Richtung Holland. Das sollte der Karriereweg eines "Marius Ebbers Angreifers" sein.

Natürlich wird da die nicht korrekt diagnostizierte Stoffwechselerkrankung seinen Teil beigetragen haben. Und die verdammt hohen Erwartungen an ihnen als Heiland bei seinem Jugendverein und als angehender Hall of Famer. Es gibt schon Gründe, warum Götze am Ende aus Deutschland beinahe geflohen ist. Ein Stück kann ja gleichzeitig tragisch und seltsam sein. 

Dann kam aber das retardierende Moment in dieser Karriere: Nach seiner Rückkehr in die Bundesliga zu Eintracht Frankfurt deutete er plötzlich wieder an, was alles in ihm stecken könnte. Der Kicker bescheinigte ihn "Internationale Klasse"... auch wenn seine Rolle auf dem Platz eine andere war, als wir es aus den jüngeren Jahren kannte. Er war mehr der Einfädler, als der Vollender.
Wobei ich an der Stelle auch mal einschieben muss: Er hat den "Beyoncé-Bump" eindrucksvoll ausgenutzt. Ja, natürlich kommt diese Geschichte auch mit Beyoncé Referenz. Aber er war halt ein Teil der Frankfurter Mannschaft, die sich überraschend gut durch die Champions League kämpfte. Die sich gegen die absolute Elite durchsetzte und ins Achtelfinale einzog. Gut, diese Elite bestand im Wesentlichen aus Tottenham Hotspurs, Olympique Marseille und Sporting Lissabon. Man ließ also nicht die gehobene internationale Klasse hinter sich, um das Achtelfinale zu erreichen, sondern hatte verdammt viel Losglück und den Vorteil, im Topf 1 zu landen. Aber das sind ja Details. Da diese Mannschaft aber überraschend erfolgreich war, wurden ihre Spieler auch entsprechend hoch eingestuft. In der Euphorie wurde Götze vielleicht ein wenig zu gut eingeordnet.
Ganz sachlich frage ich mich, wie ein offensiver Mittelfeldspieler, der wettbewerbsübergreifend auf 7 Scorerpunkte kam, "Internationale Klasse" sein soll. Ich dachte ja, dafür müsste man im nationalen Wettbewerb ein Unterschiedspieler sein. 

Aber hey, wenn das nur der Auftakt war, bekommen wir wenigstens halbwegs den Spieler, der uns vor 10 Jahren versprochen wurde. Und damit wären doch alle glücklich. Nur hielt er dieses Niveau nicht. Nach einem starken Auftakt ist er am Ende wieder "nur" ein Mitläufer. Im letzten Halbjahr war es ganz sachlich gesehen egal, ob Götze auf dem Platz stand oder nicht. Ein Unterschied wäre dem neutralen Beobachter nicht aufgefallen.

Und so ist Götze schon wieder in derselben Position wie im Frühjahr 2020... Nur, dass ihm das jetzt bei einem etwas weniger ambitionierten Bundesligisten passiert. Der Kicker führt ihn nicht mehr in der Rangliste, sondern in der "Diese Spieler müssen jetzt liefern, um nicht als Fehleinkauf abgestempelt zu werden" Liste. Er hat jetzt die Chance zu scheinen, weil die Konkurrenten zum Afrika Cup gereist sind. Dass ein Spieler mit Götzes Potenzial überhaupt auf solche Momente warten muss, ist auch schon wieder enttäuschend. Die traurige Wahrheit ist auch: Bisher konnte sich Götze in genau diesen Momenten nie durchbeißen.

Am Ende, und das steht jetzt ja schon fest, wird Götze als unvollendetes Talent in die Geschichte eingehen. Aber gleichzeitig war sein "Jugendwerk" so überragend, dass er als einer der wichtigeren Spieler in die Hall of Fame aufgenommen werden wird. Alleine schon, weil da aus Prinzip jeder Torschütze eines WM-Finales auftauchen muss... und das auch völlig zu Recht.

Auf der anderen Ebene würde Götze immer noch als guter Bundesligaspieler in die Geschichte eingehen, wenn man die ersten 5 Jahre streichen und durch normale Jahre ersetzen würde. Und für diesen Spieler wäre es viel leichter gewesen, Akzeptanz und Anerkennung zu finden, wenn er sich nicht ständig mit den ersten 5 Jahren messen lassen müsste. Eine Messlatte, die so verdammt hoch ist, dass nur eine Handvoll deutscher Spieler die nicht reißen würden.

In der logischen Konsequenz kann es keine faire und sachliche Beurteilung des Spielers Mario Götze geben, denn beide Ansätze werden der Person nicht gerecht.

Mittwoch, 17. Januar 2024

Die Jadon Sancho Rückkehr ist eine schlechte Sache.

 Egal, wie sie ausgeht. Egal, wie man es betrachtet. Diese Rückholaktionen der Borussia sind "doomed to fail."

Sie sind ja bisher fast immer gescheitert, weil sie eine Sache eint: Die Spieler kehren nicht nach Dortmund zurück, weil sie wollen, sondern weil sie müssen.

Die einzige Ausnahme ist da logischerweise auch der einzige geglückte Versuch: Mats Hummels war bei den Bayern 3 Jahre lang weitestgehend Stammspieler. Nicht ganz unumstritten, aber er kam immer auf mindestens 21 Bundesligaeinsätze. Vielleicht kam er eine Degradierung zuvor, aber im Wesentlichen langweilte er sich beim Rekord- und Serienmeister und wollte zurück nach Dortmund. 

Wenn ein häufig kritisierter und für alle Probleme ein Gesicht bietender Mats Hummels aber schon das Vorzeigebeispiel ist, weiß man schon grob, wie die Rückkehr von Mario Götze oder Nuri Şahin verliefen. Beide kamen zurück, weil sie für Bayern München, Real Madrid und den FC Liverpool nicht gut genug waren. Beide bleiben als Enttäuschung in Erinnerung, obwohl sie Teil der legendären Meistermannschaft waren. Selbiges gilt praktisch auch für Shinji Kagawa, auch wenn der 2015 eine ordentliche Bundesligasaison ablieferte. Das war aber, gemessen an den Erwartungen aus den Meisterjahren, für die alle 3 stehen, viel zu wenig.

All diese Spieler, wie jetzt auch Jadon Sancho kehrten nicht nach Dortmund zurück, weil der Verein den entscheidenden Schritt nach vorne gemacht hat und man dort jetzt um internationale Titel (oder wenigstens um die Meisterschaft) ernsthaft mitspielen konnten. Sie kehrten nach Dortmund zurück, weil es für diese Vereine nicht gereicht hat. Weil sie ihre Karriere nach der Leistungsdelle wieder in Schwung bringen müssen. Das ist schon mal grundlegend eine schlechte Ausgangslage.

Und bei Sancho ist das ja sogar offiziell verbrieft: Wenn der einschlägt, "wird es schwer, es zu realisieren." "Es" ist hierbei ein langfristiger Verbleib. Dortmunds Fans müssen jetzt also hoffen, dass er gut genug ist, um zu bleiben, aber nicht zu gut, denn sonst ist er sofort wieder weg. Und sie müssen darauf hoffen, dass dieses "gut genug" entweder in der Champions League realisiert wird, oder gerade so für Platz 4 reicht. Was aber auch nur bedeutet: Im Best Case Szenario wird Jadon Sancho zum nächsten Julian Brandt: An guten Tagen ein begeisternder Fußballer, der aber zu häufig abtaucht und deswegen in Dortmund bleiben muss.

Dass diese Rückkehr auf Leihbasis überhaupt nötig ist, zeigt ein anderes Problem: Die aktuelle Generation an eingekauften Talenten entwickelt sich nicht entsprechend. Ich weigere mich ja, die als "eigene Talente" zu bezeichnen, wenn es sich fast ausschließlich gekaufte Rohdiamanten handelt.

Aber Jamie Byone-Gittens, Giovanni Reyna und Youssoufa Moukoko haben in dieser Saison alle nicht den entscheidenden Entwicklungsschritt nach vorne gemacht, den Dortmund dringend benötigt hätte. Paul Brunner und Julien Duranville sind noch nicht eingeschlagen, was bei ihrer Jugend kein Vorwurf sein soll. Wenn sich einer dieser Spieler als Sancho-Nachfolger etabliert (oder Marco Reus tatsächlich in den Vorruhestand geschickt hätte), würde Dortmund auf Platz 3 liegen und Dortmund hätte das Leihgeschäft dankend abgelehnt. 

Nebenbei sollte der Fakt, dass keines dieser Talente einen Schritt nach vorne gemacht hat, Grund genug sein, dass man über eine Entlassung von Edin Terzić nachdenkt. Denn solche Talente weiterzuentwickeln, ist die wichtigste Aufgabe eines Dortmund-Trainers. Die gesamte jüngere Vereinsphilosophie und ihre Erfolge basieren darauf. Wenn Terzić das nicht kann, ist er einfach der falsche Mann.
Und es ist ja nicht so, dass ein Talent nicht vorankommt... sondern eher so, dass 5 stagnieren. Und dass Moukoko gerade auf der Bank versauert, könnte eines der schlimmeren Verbrechen der jüngeren Fußballgeschichte sein... und ja, mir ist bewusst, dass Lionel Messi gerade zu "Fifa's Best" gewählt wurde, aber das finde ich weniger schlimm. Denn darüber lachen wir 4 Tage lang und dann gerät es in Vergessenheit. Also man muss jetzt schon verdammt weit runterscrollen und findet den Beitrag nur noch auf "Kicker-Kids". Aber vorher hat das Ergebnis für reichlich Traffic gesorgt. Besser kann es gar nicht laufen.
Dass Terzić die Weiterentwicklung eines der größten deutschen Talente (und seiner ausländischen Nebenleute) verkacken könnte, dürfte den Fußball auf Jahre prägen.

Und die ersten Anzeichen gibt es schon, schließlich will Claudio Reyna jetzt dringend weg. Sancho wird halt dessen Entwicklung behindern. Und seine Bilanz ist so schon eher dürftig. Wenn Reyna dann in Spanien durchstarten sollte, wird sich ein Terzić fragen müssen, warum das unter ihm nicht ging.

Direkt ausgedrückt: Man hat in Dortmund so viel Angst davor, dass man Platz 4 verpassen könnte, dass man bewusst und aktiv die Entwicklung der vorhandenen Rohdiamanten blockiert und alles auf den kurzfristigen Erfolg setzt. Und wenn die Diamanten dann im Sommer wegwollen, gucken alle verwirrt.

Sowie das gerade läuft, würde ich Moukoko noch nicht mal einen Vorwurf machen, wenn er im Sommer zu dem Schluss kommt, dass er woanders hin muss. Denn anscheinend wird er im eigenen Verein nicht wertgeschätzt.

Montag, 15. Januar 2024

Worst of des Stillstandes

 Das einzige, was wirklich passierte... sind die Niederlagen von Stuttgart und Leipzig. Damit spricht alles für eine Dortmunder Aufholjagd in der Rückrunde. 

Nebenbei zeigte sich gerade am Samstagnachmittag auch einfach mal ein Qualitätsproblem. Denn Frankfurt bewies eindrucksvoll, dass sie nach einer frühen Führung kratzen und beißen können. Beeindruckend. Aber RB bewiese auch, dass sie dieses Jahr nicht in der Lage sind, tief stehende Gegner auseinanderzunehmen. Und der Samstag bewies, dass es verdammt wenige Mannschaften gibt, die spielerische Lösungen finden können.

Selbst bei Bayer Leverkusen zeigte sich der Substanzverlust durch den Afrika-Cup. Aber die beste Nachricht ist da, dass sie trotz der eher dürftigen Leistungen ganz am Ende den Sieg holten... denn wie in der Vorschau erklärt, kann sich Bayer einfach keine Punktverluste gegen Mittelklasseteams leisten. Alles in allem war das aber ganz zähe Kost, die uns die Sportschau andrehen musste.

Daran wird man sich aber auch gewöhnen müssen, weil Bayer ab März viel am Sonntag spielen wird. Damit bekommen wir auch eine selten da gewesene Situation: die Bayern werden in der Regel am Samstag vorlegen, die Werkself muss dann auf das Ergebnis reagieren. Also davon ausgehen, dass sich das ganze nicht schon vor März erledigt hat. Das ist aber schon eine interessante Konstellation.

Im Tabellenkeller passierte aber... nichts. Also wirklich nichts. Es wurden nur 90 Minuten von der Uhr genommen, was gut für alle Mannschaften über dem Strich ist. Und Darmstadt hat sein schwieriges Spiel gegen eine theoretische Spitzenmannschaft hinter sich gebracht, ohne dass die anderen sich absetzen konnten. Aber sein wir auch mal ehrlich: Darmstadt ist nur nicht abgeschlagen Letzter, weil der Rest nichts auf die Reihe bekommen hat. Dass man mit 10 Punkten nicht abgeschlagen zurück liegt, ist auch nicht normal und spricht auch nicht für die Qualität der Liga.
Ansonsten spielten alle Mannschaften von Platz 17 bis 13 Unentschieden. Und Wolfsburg fiel auf Platz 11 zurück, weil sie sich ebenfalls die Punkte teilen mussten. So sieht Stillstand aus. Für den Abstiegskampf hätte man diesen Spieltag auch streichen können und es hätte sich nichts verändert.

Das faszinierendste war ja der "Abstiegsgipfel" zwischen Bochum und Bremen. Also zum einen ist es bedenklich, dass die Highlights der ersten 30 Minuten aus einem Zweikampf mit dem Schiedsrichter bestehen. Gerade wenn man bedenkt, dass beide Teams eben nicht richtig tief in der Scheiße stecken. Das sah eher nach 16. gegen 17. aus...
Aber dann gab es aus dem Nichts 2 Traumtore aus der Distanz. Von Patrick Osterhage und Niklas Stark, also 2 Spielern aus der Defensive, die eigentlich eher dafür sorgen sollten, dass eben keine Tore fallen. Die eher in die "Wenn die auffallen, muss es ein grausames Spiel gewesen sein" Kategorie gehören. Was kein Vorwurf sein soll, solche Spieler sind auch unfassbar wichtig für eine Mannschaft. Sie tauchen nur so gut wie nie in den Highlights auf. Beide bewiesen dem Pöbel, dass aber selbst diese Spieler über herausragende Fähigkeiten verfügen, weil sie eben doch Bundesligaspieler sind. Und da gehört die Schusstechnik, um einen Ball in den Winkel zu zimmern, wie Osterhage das eindrucksvoll bewiesen hat, zur Grundausstattung.

Jetzt wird dieses an sich sehr grausame Spiel 2-mal bei der Wahl zum Tor des Monats auftauchen. Da Starks Schuss von Osterhage abgefälscht war, beweist das auch eher, wie grausam der Monat fußballerisch bisher war.

Freitag, 12. Januar 2024

Die wichtigsten Fragen zur Rückrunde

Der ja erst nächste Woche ist. Ich bin also meiner Zeit noch voraus. Oder wie ich das sonst nenne: Die einzige Rückrunden-Vorschau, die ihr bekommt.#

1. ) Halten Bayer Leverkusen und der VfB Stuttgart das durch?

Fangen wir mit den positiven Überraschungen an. Beide haben bisher eine verdammt gute Saison gespielt, weshalb sie in Regionen unterwegs sind, in denen sie eigentlich nichts verloren haben. Beide müssen dieses Niveau halten, damit die Rückrunde keine komplette Katastrophe wird. Denn sein wir ganz ehrlich: Die wenigsten neutralen Fußballfans interessieren sich für die Frage, wer in die Europa League oder in die Conference League einzieht. Selbst die Fans, die es betrifft, werden sich nicht vor dem 30. Spieltag ernsthaft damit beschäftigen. Außer sie sind Dortmund Fans, die sich dann ernsthaft fragen müssen, ob sie plötzlich doch für die Champions League Reform sind. Was natürlich mein bevorzugter Ausgang ist, weil ich denen dann jahrelang vorwerfen kann, dass sie gar nicht gegen die fortschreitende Kommerzialisierung sind, sondern nur dagegen, dass andere auch was davon haben.

 Bei den Stuttgartern bin ich da schon sehr skeptisch. Aber sie haben halt auch 7 Punkte Vorsprung. Und Dortmund reagiert halt mal wieder mit einer emotionalen Rückholaktion, obwohl das bisher eher selten (also genau genommen nur bei Mats Hummels) funktioniert hat. Andererseits setzen sie auch darauf, dass sie mal wieder eine emotionale Aufholjagd unter Edin Terzić starten werden... schließlich ist dies das einzige, was er wirklich kann.

Bayer Leverkusen ist dagegen richtig gut. Bei Florian Wirtz bekomme ich richtige Mario Götze Vibes. Auch wenn mir gerade auffiel, dass Götze in der Rückrunde 2011 verletzt ausfiel und Dortmund trotzdem Meister wurde. Man hat zwar einerseits verdammt viele junge Spieler, die auch noch die nächste Stufe ziehen können, sondern den einen oder anderen erfahreneren Haudegen, der weiß, wie es ist, eine Meisterschaft zu verspielen. Granit Xhaka zum Beispiel... auch wenn der Arsenals "Weihnachten" ja geschickt umgangen hat. Alejandro Grimaldo wurde bereits 4-mal Meister in Portugal. Exequiel Palacios ist, wenn auch als Ergänzungsspieler, Weltmeister. Man sollte einige Spieler im Kader haben, die den Jungspunden in kritischen Situationen Halt und Orientierung geben können.

Wobei der Kader überraschend dünn sein könnte. Hier ist eine absurde Statistik: 10 Spieler waren bisher in 15 von 16 Spielen im Einsatz. Da konnte jemand wirklich auf eine eingespielte Stammelf setzen. Das wird sich jetzt dank des Afrika-Cups ändern, wir werden also schnell herausfinden, ob man genügend Alternativen auf der Bank hat, um auf drei Hochzeiten zu tanzen.

Ein viel größeres Problem bleibt aber: Die sind nur da oben, weil sie selber richtig gut sind. Das klingt jetzt erstmal nach einem Luxusproblem, aber die Bayern sitzen denen halt direkt im Nacken, obwohl sie noch ungeschlagen sind. Was ja all diese Probleme, die die Bayern angeblich unter Tuchel haben, so absurd macht: Normalerweise wären die mit 3 Punkten Vorsprung Tabellenführer. Das ist nebenbei auch ein gewaltiger Unterschied zur 2011er-Meisterschaft der Borussia: Damals holte der Rekordmeister nur lächerliche 65 Punkte. Weniger holte man in diesem Jahrtausend nur 2 Mal. Das wird eine dieser Jahre, in denen man mehr als 80 Punkte holen muss, um die Bayern vom Thron zu stoßen. Bayer könnte also in dem Dortmunder Dilemma stecken, die mit 78 und 76 Punkten nur Vize-Meister wurden.

Leverkusen darf sich also nicht mal die kleinste Schwächephase leisten. Dabei muss man auch nochmal festhalten: Ob Bayer Meister wird, oder das Vize-Kusen Meme wiederbelebt, ist dabei relativ egal. Wir haben letzte Saison gesehen, wie wunderbar emotional so ein Meisterschaftsfinale sein kann. Wichtig ist nur, dass sie bis zum 33. Spieltag die Illusion aufrechterhalten, dass sie Meister werden können. Gerade weil sie schon jetzt abliefern müssen, geben sie uns einen Grund jeden Samstag und Sonntag einzuschalten.

Ich bin aber auch da pessimistisch, weil bei ihnen ja jetzt gar nichts mehr schieflaufen darf. Also da Victor Boniface verletzt ausfällt, ist Patrick Schick jetzt kein Joker mehr, sondern die einzige wirkliche Option als Stürmer.
Und gerade der Afrika-Cup könnte zu einer richtigen Hürde werden, schließlich muss Bayer im Worst-Case-Szenario gegen RB, Gladbach und Bayern auf einige Leistungsträger verzichten. Das sind schon die Gegner, gegen die man seine A-Mannschaft aufstellen muss. Ich hoffe wirklich darauf, dass Bayer mich widerlegt, aber gehe davon aus, dass die Meisterschaft Ende März quasi entschieden ist.

2. ) Gönnt Steffen Baumgart sich einen Englisch-Kurs, oder stürzt er sich ins nächste Abenteuer?

Beim Boltzplatz-Beitrag zur Lage der Kölner kam ein wichtiges Detail zum Vorschein: Baumgart spricht ausschließlich Deutsch, was schon in Köln zu Einschränkungen beim Scouting geführt haben soll. Wenn Baumgart wirklich mal höhere Aufgaben in Angriff nehmen will (sprich: Terzić beerben), muss er diese Schwachstelle ausmerzen. Bei einem Klub von internationalem Format muss man da mehr bieten.
Und das könnte halt auch für diesen Abstiegskampf entscheidend sein. Der einfachste Plan ist ja: 2 Mannschaften hinter sich lassen und den HSV in der Relegation schlagen. Wenn dieser HSV dann aber von Baumgart trainiert wird, dürfte das schwierig werden. Denn einen Dead Coach Bounce wird er auf jeden Fall auslösen. 

3. ) Werden Werder Bremen und der VfL Bochum einbrechen?

6 Punkte Vorsprung auf die Abstiegsränge sind schon ein Brett. Wenn sich Union Berlin auf seine eigentlichen Tugenden beruft und damit halbwegs die Kurve bekommt, stehen die letzten 3 in der Tabelle quasi schon fest. Es sei denn Bochum und oder Bremen legen eine dieser "10 Spiele ohne Sieg" Serien hin. Das ist beiden ja durchaus zuzutrauen. Bochum ist einfach nicht wirklich gut besetzt. Und Werder präsentiert sich ja jetzt schon wie eine Mannschaft, die unbedingt in den Abstiegskampf eingreifen will. Und es ist kein Verein, der sich in solchen Phasen durch entschlossenes Handeln und eine starke Führungsetage auszeichnen.
Am Ende rutscht in so einer Saison immer jemand da unten rein, mit dem man nach der Hinrunde nicht rechnet. Aber das ist irgendwie auch die einzige Hoffnung, dass im Abstiegskampf wirklich was passiert, weil Darmstadt, Köln und Mainz sich schon sehr schwach präsentiert haben. Die haben jetzt auch alle keine einfachen Lösungsansätze, damit Dinge plötzlich besser werden. Kölns größte Hoffnung ist ja, dass die von Baumgart verschmähten Regionalligaspieler das Ding jetzt drehen...

Aber das waren schon die wesentlichen Geschichten, die die Rückrunde für uns schmackhaft machen sollen. Dazwischen wird es verdammt viel Fußball geben, der irgendwie absolviert werden muss, damit die Tabelle ausgefüllt wird. Gerade Heidenheim, Wolfsburg, Augsburg und Gladbach müssen eigentlich nur die Spannung hochhalten, während es für sie selber eigentlich um nichts mehr geht. Für 2 dieser Mannschaften ist dies ein riesiger Erfolg. Wenn sie dies schaffen, rutschen sie nicht in den Abstiegskampf. Aber der Abstand nach oben ist schon gewaltig. 

Und wenn Frankfurt, Freiburg und Hoffenheim ehrlich sind, machen sie den Max Kruse und geben zu, dass sie gar nicht so viel Bock auf den 3. europäischen Wettbewerb haben. Einer von den Dreien muss da aber hin.
Wobei ich das mit einem Sternchen versehen sollte: Die Frankfurt Fans werden auch da ihre Partys veranstalten. Aber der neutrale Fußballfan wird deswegen trotzdem nicht zitternd vor dem Fernseher sitzen und sich fragen, wie diese Konferenz jetzt ausgeht...

Samstag, 6. Januar 2024

Der absurdeste Schmetterlingseffekt, der uns den Sport "versaut" hat

Der wurde sogar von HITC Sevens unterschlagen. Obwohl der ein großartiges Video zum "Butterfly Effect" gemacht hat. Auch wenn Alfie ignoriert, dass Robert Lewandowskis erste Saison in Dortmund kein durchschlagender Erfolg war, man also nicht davon ausgehen kann, dass der Blackburn alleine vor dem Abstieg gerettet hätte.

Was er aber vergessen hat... ist dieser Moment hier.

 Der Tag, an dem Jorge Larrionda den modernen Fußball ruinierte. Klingt übertrieben? Nun ja, lasst uns das mal genauer angucken.

Denn dass Larrionda Frank Lampard's Treffer zum Ausgleich die Anerkennung verweigerte, führte langfristig zur Einführung des Video-Assistent-Referees. Die Geister, die wir alle jahrelang gerufen haben, wurden endlich erhört.

Also für Kontext: Über technische Hilfsmittel ist gefühlt schon seit 1966 diskutiert worden. Das ist zwar etwas übertrieben, aber zumindest wurde seit dem hinterher versucht, mit technischen Hilfsmitteln die jeweils passende Wahrheit herauszufinden.

Aber die Fifa hat alle Möglichkeiten zur Einführung kategorisch ausgeschlossen. Die haben immer auf Tatsachenentscheidungen bestanden. Vielleicht haben die doch mehr Ahnung, als wir dachten, weil die vielleicht einfach wussten, dass der Fußball aus Auslegungen und Tatsachenentscheidungen basiert und dass ein VAR die Debatten eher verschlimmern wird.

Da der Weltfußball aber abgefuckt ist, kann einzig und alleine die Fifa eine derartige Revolution einführen. Die hüten die Regeln, nach denen wir alle spielen müssen. Das ist auch eine recht einzigartige Konstellation. Also nicht ganz, denn in allen anderen nicht in Amerika relevanten Sportarten wird es das auch geben. Also Handball zum Beispiel. 

Wenn der NBA irgendwas nicht passt, dann ändern die das halt... und es ist ihnen egal, was die Fiba dazu sagt. Denn die nennen ihren Sieger ja eh "World Champion". Das macht die Einführung neuer Technologie wesentlich einfacher. Und wenn dann die größte und erfolgreiche Basketball-Liga Dinge vorgemacht hat, zieht die Fiba halt nach.

Wenn jetzt die Premiere League eine derartige Revolution eingeführt hätte, wäre die Fifa eskaliert... und hätte denen gesagt: Lasst das, oder wir schließen euch aus. Und die UEFA hätte wohl nachgezogen. Deswegen wurde immer wieder laut nachgedacht. Es wurde darauf hingewiesen, dass verdammt viel Technologie da wäre. Aber niemand hat gesagt: Wir machen das einfach, lebt damit.

Der Fifa ist der ganze "Kleinscheiß" relativ egal. Schön, dass es euch gibt, aber wir interessieren uns eigentlich nur für die Weltmeisterschaft. Das ist unsere Goldgrube, solange die funktioniert, ist uns der Rest egal. Damit sind ihnen auch all die anderen Fehlentscheidungen egal.

Praktisches Beispiel: Stefan Kießlings "Phantomtor". Klar, war 3 Jahre später. Und laut dem Sportschau HisTORie Bericht, soll das ja der Schlüssel zur Torlinientechnologie gewesen sein. Aber praktisch war das der Fifa vollkommen egal. Also die hatten in dem Moment schon bei ihren eigenen Wettbewerben mit der Technik experimentiert und beschlossen, dass es zur Weltmeisterschaft 2014 offiziell eingeführt wird. 

Denn dass eines ihrer wichtigen Spiele durch so eine krasse Fehlentscheidung beeinflusst wird, geht nun mal gar nicht. Da muss man dann reagieren. Und da hat dann die Fifa auch überraschend schnell reagiert. Also am 5. Juli 2012 kam das "Go" von der Fifa. Dann fing die Premiere League mit der Einführung an. Und bei der nächsten WM war es dann schon der Standard.

Klar, die DFL brauchte noch ein paar Jahre und das Phantomtor... weil wir Deutschen es eben nicht so mit Innovation haben. Wir träumen ja still und heimlich noch vom Libero. Aber der Dosenöffner war die Fehlentscheidung von Larrionda. Ohne den hätte die DFL nach Kießlings Phantomtor nicht mal darüber nachdenken können.
Dass technische Hilfsmittel, die in anderen Sportarten schon Jahrzehntelang genutzt wurden, im Fußball verboten waren, lag ausschließlich an der Ignoranz der Fifa. Eine Ignoranz, die sie ablegen mussten, als eines ihrer wichtigsten Spiele durch ein nicht gegebenes Tor beeinflusst wurde.

Damit wurden halt auch die Fluttore für die Technologie geöffnet. Warum bei der Torlinientechnologie aufhören, wenn man die 50.000 Kameras auch für Abseits- und Fehlentscheidungen nutzen kann? Das Kind war in den Brunnen gefallen.

Hier muss man nochmal festhalten, wie unfassbar ungünstig die Sternenkonstellation sein musste, damit diese Fehlentscheidung diese Auswirkungen haben konnte. Zunächst mal ist so eine WM halt nur alle 4 Jahre. Es sind immer noch verdammt wenige Spiele und damit verdammt wenige Möglichkeiten derart heftig zu verkacken. Es sei hier mal Thierry Henry's Handspiel in der Quali 7 Monate vorher verlinkt. In herausragender Auflösung und mit versetzter Tonspur. 

Der Aufschrei war riesig... die Reaktion der Fifa war nur ein Schulterzucken. Wenn Henry sich das aber während der WM erlaubt hätte... in der K.O. Phase.
Und es gibt halt erschreckend wenige, so richtig offensichtlich krasse Fehlentscheidungen in diesen Spielen. Also um das mal zu verdeutlichen: Selbst das nationale Propagandablatt schrieb nicht "Weltklasse, wie Manuel Neuer den Ball von Lampard aus dem Tor guckte." sondern "Unfassbar, das klare Tor von Lampard nicht zu geben". Wenn selbst der Kicker von einer Fehlentscheidung für Deutschland schreibt, weiß man, was die Stunde geschlagen hat.

Mir fällt spontan nur die "Hand Gottes" ein. Das war 1986. Und das originale Wembley Tor im Jahr 1966. Der Fakt, dass die Schiedsrichter Angst davor hatten, gegen Musolinis Italien zu pfeifen 1934. Italien - Südkorea im Jahr 2002 ist noch so ein Beispiel, dass mir spontan einfällt. Und laut Kicker war der Schiedsrichter damals besser, als Larrionda 2010. Aber dass da eine asiatische Mannschaft möglichst weit kam, war ja der Sinn der Veranstaltung. Im Schnitt alle 20 Jahre passieren so krasse Fehlentscheidungen, über die noch Jahrzehnte später diskutiert werden.
Und hier muss man auch nochmal festhalten: Natürlich glauben die Argentinier bis heute, dass sie 1990 im Finale verpfiffen wurden. Der Elfmeter war unberechtigt und beide Roten Karten waren übertrieben. Darauf schwören die bis heute. Aber die deutschen Kommentatoren sehen dies komplett anders.
Deswegen empfehle ich ja an der Stelle immer, bei den großen Turnieren auf die Reportagen unbeteiligter dritter Nationen zu setzen. Wenn Deutschland gegen England spielt, gucke ich bei den Franzosen, was die dazu schreiben. Wenn Deutschland gegen England spielt, bei ESPN. Usw.-

Auch wenn es viele Fehlentscheidungen gab, so warne die meisten doch irgendwie Auslegungssache und damit für die Fifa im Rahmen der Tatsachenentscheidungen gedeckt. Aber dass ein klares Tor nicht gegeben wurde, war halt schon ein einmaliger Vorgang. Da gibt es wirklich nur Bloemfontein. Und dann gibt es halt 3 Beispiele, in denen Tore gegeben wurden, die nicht oder nicht regulär erzielt wurden... und haufenweise Fehlentscheidungen, die kein direktes Tor zur Folge hatten.
Und mit dieser Fehlentscheidung wurde halt die Tür zu den technischen Hilfsmitteln geöffnet. Ohne die hätte sich die Fifa weiterhin geweigert, bis es irgendwann bei einer WM wieder zu so einem offensichtlichen Moment gekommen wäre. Wir würden also bis heute über die Fehlentscheidungen auf dem Platz und nicht im Kölner Keller diskutieren.

Wobei man da nochmal festhalten muss, dass die Torlinientechnologie etwas Sinnvolles ist. Da so selten Tore fallen, ist es verdammt wichtig, dass jedes zählt. Aber man hat damit halt auch die Büchse der technischen Pandora geöffnet.