Das so verdammt viele mit einem "Das ist ja ein Torhüter, der muss das dürfen" reagieren...
Also... vergleicht einfach mal die Szene in Stuttgart mit dem Platzverweis für Naiby Keita bei Leipzig - Gladbach. Die Argumentation ist jedes Mal dieselbe: "War keine Absicht, er hat ihn halt nicht gesehen...tut ihm leid..."
Der entscheidende Unterschied ist: bei Feldspielern sehen dann alle Beteiligten (also sogar die Leipziger) ein, dass es dafür Rot gibt. Und 3 Spiele Sperre ohne jegliche Vorstrafe... Das ist für einen Ersttäter verdammt viel...
Für weniger... Bei Torhütern scheint es die Grundlage zu geben "Solange der keinen umbringt..."
Anders ausgedrückt: Stellt euch mal vor, was los gewesen wäre, wenn ein Angreifer so in den gegnerischen Torwart rauscht. Weil er eine scharfe Flanke unbedingt erreichen will. Ihr könnt mal bei Peter Cech nachfragen, wie das ausgehen kann... genau so hässlich.
In England hat da gerade jemand für Rot gesehen... Beim Spiel Liverpool - Manchester City. Auch darüber wollte niemand ernsthaft diskutieren...
Und ja, ich glaube Koen Casteels sofort, dass das keine Absicht war... der ist halt einer dieser Torhüter aus der Bremer Schule, bei denen sieht einfach nichts nach Absicht aus. Aber wenn wir ab sofort die Absicht bei Foulspiel Entscheidungen in den Mittelpunkt stellen... und bei der Verteilung von persönlichen Strafen...
Dann kommt Casteels sofort mit der "Das wird dir in der D-Jugend so bei gebracht, da müssen wir dann das Training umstellen." Worauf ich dann frage: Warum sollte es den Torhütern besser gehen, als dem dreckigen Rest?
Also... nur mal so als Beispiel... der Ellenbogen in Luftzweikämpfen wird mittlerweile konsequent abgepfiffen und mit Gelben Karten bestraft. Das sind auch Bewegungsabläufe, die du früher als Angreifer in der Jugend gelernt hast. Und dann gab es nicht mehr 2 Spieler im Jahr, die mit Gesichtsmaske auflaufen mussten, sondern 2 Spieler pro Monat. Also wurden die Regeln angepasst.
Dabei würde ich nicht mal davon ausgehen, dass die Fußballprofis heute im Luftzweikampf bösartiger zu Werke gehen, als vor 20 Jahren... aber sie gehen halt mit einer viel höheren Intensität in diese Zweikämpfe. Und diese Intensität hält der Schädel irgendwann nicht mehr aus. Also wurden die Regeln angepasst um die Gesundheit der Spieler zu schützen.
Das vergessen ja viele auch gerne. Aber der eigentliche Hauptgrund, warum man Schiedsrichter und Regeln braucht. ist ja die Gesundheit der Spieler.
Anders ausgedrückt: "Als gefährliches Spiel gilt jede Aktion beim Versuch den Ball zu spielen, durch die jemand verletzt werden könnte (einschließlich des Spielers selbst)"... warte was? Wie konnte so jemals ein Bundesligaspiel mit Beteiligung von Mario Gomez stattfinden? Einem Spieler, der sich selbst beim Torschuss verletzt... Ernsthaft, die Formulierung ist ziemlich... dämlich... Also technisch gesehen kann ich meinen Gegenspieler auch verletzten, wenn ich den Ball mit 100 km/h in seine Richtung schieße und ihn zufälliger Weise im Gesicht treffe... Also... ab sofort... Torschüsse abpfeifen?
Aber der grundlegende Geist der Regel ist natürlich trotzdem eine elementare Grundlage des Fußballs. Und dass die Gesichtsverletzungen zunehmen... kann man ignorieren, muss man aber nicht... Ich sage das mal so: Dieselbe Debatte haben wir vor 2 Jahren schon mal geführt. Damals war es Robert Lewandowski, der einen Termin beim Schönheitschirugen brauchte, nur damit er hinterher wieder so hässlich aussieht, wie vorher... Und all so "Dafür muss Mitch Langerak Rot sehen..." Wie kann man da weiter laufen lassen?
Die spannende Frage ist ja: Wie lange muss man bei solche Momenten von "tragisch" reden? Wie oft muss man sich das ansehen, damit man feststellt, dass es eine logische Konsequenz der gesteigerten Geschwindigkeit im Fußball ist? Und dann muss man sich halt auch fragen, wie man diese Konsequenzen wieder unterbindet.
Die einfachste und offensichtlichste Lösung für das Problem sind natürlich... Helme wie beim Rugby. Oder bei Chech.
Es ist schon absurd... Also die Rugby Spieler gelten immer als die härtesten Profis der Welt, weil sie diesen Vollkontakt quasi ohne Schutzkleidung bestreiten... aber einen Helm haben die trotzdem alle auf... Und dabei gibt es dort das Konzept "Kopfball" gar nicht... In 20 Jahren werden diese Helme selbstverständlich getragen werden... also zumindest, wenn wir uns jetzt fragen, was man eigentlich gegen solche Zusammenstöße unternehmen muss.
Um mal eine Prognose zu wagen: Das nächste neu arrangierte Gesicht eines Angreifers durch einen Torhüter wird nicht 2 Jahre lang auf sich warten lassen...
Was man dabei halt auch bedenken muss... diese "Ihr hebt das Linke Knie" Lehre... kommt ja genau genommen aus Zeiten, in denen man als Torwart nicht standardmäßig dieses Gesicht auf Kniehöhe hatte... Weil man als Torwart auch 10 CM weniger hoch kam... Und mit Spielern in einem Bereich kollidiert ist, in dem man auch den Schutz brauchte.
Die andere Option ist halt... sachlich über die Regeln zu reden. Da gehört halt auch dazu, den Mythos "Die Torhüter genießen einen besonderen Schutz" abzuschaffen. Es gibt genau eine einzige Sonderregel für Torhüter: Die dürfen den Ball im Strafraum mit der Hand spielen. Das war's.
Und wenn man die Regeln über Gliedmaßen und Gesichter anwendet... ist das halt ein Elfmeter... Und auf Grund der Intensität auch Rot...
Aber hey, warum von anderen Sportarten lernen, welche langzeitfolgen "Chronic traumatic encephalopathy"
haben, wenn man doch auch seine eigenen Idole an so einem Blödsinn
sterben lassen kann... Und ja, ich sage jetzt dasselbe wie vor 2 Jahren:
Bei der Anzahl von Gehirnerschütterungen, die Robert Lewandowski jetzt schon gesammelt hat, ist er einer der absoluten Spitzenkandidaten auf einen plötzlichen Hirntot mit 40 Jahren... Er wäre da auch nicht der erste... Aber solange es nur unbekannte Amerikaner oder Engländer trifft... who cares...
Das klingt jetzt natürlich total finster und deprimierend. Aber das ist die bittere Konsequenz der "Das gehört dazu, da muss man durch", "von Torhütern wird Präsenz und Dominanz verlangt" Argumentation...
Und ja, Langzeitschäden fürs Gehirn gehört zu den Sachen, die man beim Profisport immer im Hinterkopf haben sollte. Natürlich hoffe ich wirklich darauf, dass Lewandowski und Gentner nicht irgendwann an den Spätfolgen zu Grunde gehen. Aber ich befürchte halt auch, dass wir die eigentlich dringend notwendige Debatte erst führen werden, wenn ein bekannter, für die Bundesliga relevanter Spieler plötzlich umkippt.
Aber von CTE wird man im Kicker trotzdem nichts lesen. Wäre ja noch schöner... wenn das ehemalige Fachmagazin wirklich mal auf relevante Gefahren des Vollkontaktsports (zu dem Fußball halt mittlerweile gehört) hinweisen würde... Das fällt ja mal so gar nicht ihn ihren Aufgabenbereich...
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