Montag, 1. September 2025

Zeit für Überreaktionen

Schließlich sind schon 2 Spieltage absolviert. Da kann man ja mal alles über Bord werfen und den frisch verpflichteten Trainer entlassen. Obwohl... damit will sich Bayer Leverkusen ja erst ab morgen beschäftigen, heute müssen sie noch Spieler für diesen Trainer einkaufen.  Oder sie entlassen den Trainer direkt nachdem ich auf "absenden" geklickt habe... passiert.

Ernsthaft: Ich war eine Woche offline und das Erste, was ich lese, ist: Erik ten Haag steht vor der Entlassung. Wie schafft man es bitte so schnell jeglichen Kredit zu vercoachen?

Und dann wurde auch noch Nick Woltemade verkauft. Für 90 Millionen an Newcastle United. Eine schmerzhafte Backpfeife für die Bayern, die sich anscheinend wirklich damit anfreunden müssen, die absurden Mondpreise zu bezahlen. Und das möglichst schnell. Denn wenn sie es nicht machen, kommt irgendein Premiere League Verein und legt noch mal 20 Millionen drauf. Man muss die Verhandlungen anscheinend dringend abschließen, bevor man sich zur Auslosung der Champions League trifft...

Die viel wichtigere Nachricht: RB Leipzig wird Meister. Die haben das erste Spiel im Absicht 0:6 verloren, die wollten sicher gehen, dass sie die Saison auf Platz 18 starten. Dass sie dafür gegen die Bayern und nicht gegen Augsburg mit 0:6 verlieren mussten, war nicht eingeplant, aber das "Von 18 auf die 1. RedMüll verleiht Flügel" Merch ist schon designt. Findet euch schonmal damit ab. 

Apropos Augsburg: Der Wagner Effekt ist schon deutlich spürbar: Der Verein bekam sein erstes Topspiel seit 10 Jahren! Also zumindest, wenn man dem Sportschau-Kommentator vertraut, ich mache das einfach mal... Nebenbei seht ihr in dem Video direkt, wie Luis Diaz sich direkt als "Gomez des Jahres" vorstellt. Dichter an das Original kann man quasi nicht rankommen. Ich finde es ja richtig gut, dass der Neuzugang erstmal die besten Szenen seiner Vorgänger raussucht und dann nachspielt. So funktioniert Integration. Vor allem, weil man Gomez legendären Fehlschuss mittlerweile nicht mehr als Video bei Youtube, sondern nur als Standbilder bei Dailymotion findet...

Anyhow, zurück zu den Augsburgern: 10 Jahre lang dachte die DFL sich anscheinend: Das tun wir den Fernsehstationen und Fans (in genau der Reihenfolge) nicht an. Wir wollen ja nicht, dass die Zuschauer zur Sportschau rennen... Diesen assig-giftigen Antifußball können wir einfach nicht am Samstag Abend zeigen. Wahrscheinlich gibt es sogar irgendein Gesetz dagegen, weil man um diese Zeit ja "Unterhaltung" und nicht "Folter" zeigen soll. (Gibt es nicht, die zeigen seit Jahren Schalke am Samstag Abend.) Dann übernimmt Sandro Wagner den Verein und schon an seinem 2. Spieltag laufen die um 18:30 auf. 

Und dann machen die etwas, womit die Bayern definitiv nicht gerechnet haben: Die wehren sich einfach, anstatt sich nach dem 3:0 noch weitere Tore einschenken zu lassen. Wie unfair! Wenn das die Runde macht, kann sich der Kicker nicht mehr 6 Monate lang einreden, dass die Bayern ja in der Champions League eine relevante Rolle spielen können. Das geht so nicht.

Letzter Random Fun Fact: Die Bayern erzielten das 2:0 in der 49. und das 3:0 in der 48. Minute. Sie haben also erfolgreich das Raum-Zeit-Kontinuum aufgelöst. Herzlichen Glückwunsch. 

Kommen wir aber zu einer ernst gemeinten Überreaktion: St. Paulis Offensive ist gut. Und zwar sofort. Ich ging davon aus, dass die mindestens 10 Spieltage brauchen, um 5 Tore zu erzielen. Nur so als Referenz: Letztes Jahr brauchten sie 7 Spiele. Und es gab eigentlich wenig Anzeichen, dass die über den Sommer deutlich besser geworden sind.
Das wichtigste dabei: Die Tore gegen den Hamburger SV sind reproduzierbar. Das waren keine überragenden Einzelleistungen und Sonntagsschüsse, sondern schnelle Umschaltmomente, die konsequent ausgespielt wurden. Und selbst wenn der Ausgleich gegen Dortmund einer dieser Sonntagschüsse war: Wie die sich vorher den Ball zuschieben, war ein ganz neues spielerisches Level. Letztes Jahr bestanden die Schlussoffensiven meistens aus hohen Flanken auf Jackson Irvine, jetzt schieben die sich den Ball auf engem Raum hin und her... 

Ganz ehrlich: Ich bin völlig verwirrt. Also selbst die größten Optimisten dürften zumindest eine schwierige Anpassungsphase erwartet haben, weil ja wirklich niemand die aus unterklassigen Ligen geholten Spieler kannte. Und jetzt spielen die direkt so einen Fußball. Wenn die das halbwegs durchziehen, spielen sie eine sorgenfreie Saison und dann muss Alexander Blessin zum Trainer des Jahres gewählt werden. Und ja, es ging "nur" gegen den HSV und Borussia Dortmund, die ja gerne mal umotiviert verkacken. Aber sie haben auch auf den einen "guckt mal, ich kann es doch, gebt mir noch eine Chance" Moment von Julian Brandt zu reagieren, anstatt sich nach dem 1:3 mit der Niederlage abzufinden. Ich bin wirklich beeindruckt. 

Donnerstag, 21. August 2025

Die "X- Faktoren der Bundesliga" Part 2

 Das Meisterrennen. Lasst uns einfach mal so tun, als hätten all diese Mannschaften und nicht nur der FC Bayern eine realistische Chance auf den Titel.

Niemand, VfL Wolfsburg: Das klingt jetzt brutal, ist aber genau genommen so. Die Zeit der richtigen Star-Transfers wie Kevin De Bruyne, Julian Draxler oder André Schürrle sind halt seit 10 Jahren vorbei. Trotzdem investiert man in Wolfsburg jedes Jahr 15-20 Millionen mehr auf dem Transfermarkt, als man einnimmt. Aber man kauft halt nur gehobenes Mittelmaß. Lovro Majer ist einer dieser Paradebeispiele. Solide, aber nicht überragend. Und wenn Spieler wie Micky van de Ven oder Felix Nmecha doch der Durchbruch gelingt, sind die verdammt schnell wieder weg. Diese Spieler betrachten den VfL auch nur als Durchgangsstation. Man ist quasi ein Borussia-Abklatsch, nur ohne Tradition und den regelmäßigen Europacup Teilnahmen.
Aus dieser Falle gibt es auch kein entkommen. Volkswagen wird ja doch noch so viel Geld in den Verein pumpen, dass ein Abstieg utopisch erscheint. Auf der anderen Seite dürfte man sich alle 5 Jahre für einen europäischen Wettbewerb qualifizieren, aber die Konkurrenz hat, gerade wenn es um die Champions League geht, wesentlich größere Möglichkeiten. Aber hier ist das viel größere Problem: Selbst wenn es dieses Jahr, und man wäre ja mal wieder dran, für den Europacup reicht, wird das niemanden interessieren...

Shuto Machino, Borussia Mönchengladbach: Ok, ganz ehrlich: Eigentlich ist die wichtigste Frage, ob man den Saisonstart in Abwesenheit von Tim Kleindienst so krass verkackt, dass Gerardo Seoane endlich entlassen wird. Und hier muss man wirklich "endlich" sagen, denn alle seine Saisons verliefen irgendwie gleich: Ein ordentlicher Start lässt seinen Verein von Europa träumen. Ein verkackter Schlussspurt beerdigt diese Träume. Wenn eine Mannschaft regelmäßig zum Saisonende so nachlässt, wie Gladbach in den letzten 2 Jahren, ist dies ein verdammt schlechtes Zeugnis für den Trainer. 
Aber Machino könnte all das verhindern. Denn der Japaner war für Holstein Kiel genau der 11 Tore-Stürmer, den die anderen Abstiegskandidaten unbedingt brauchen. Und 11 Tore in einer chronisch überforderten Mannschaft zu erzielen, ist eine bemerkenswerte Leistung. Jetzt ist aber die große Frage: Ist Machino wirklich ein guter Spieler, der unter einem besseren Umfeld richtig aufblühen wird? Oder ist er, um das Extrembeispiel zu bringen, der nächste Theofanis Gekas? Ein Spieler, der nur bei einem Abstiegskandidaten funktioniert, weil da alles auf ihn zugeschnitten ist und er sich nirgends unterordnen muss.

Nick Woltemade, VfB Stuttgart: Offensichtlich. Für mich gibt es da, solange nicht doch noch ein Wechsel zustande kommt, 3 Szenarien: Woltemade bestätigt seine starken Leistungen der Rückrunde, schießt den VfB in die Champions League und Deutschland ins historische erste Achtelfinale bei einer WM seit Ewigkeiten. Er wechselt dann für 100 Millionen in die Premiere League.
2.) Woltemade spielt eine, für einen Nationalstürmer, durchschnittliche Saison mit 10 Toren und 5 Torvorlagen. Er wird nach der Saison als der neue Hoffnungsträger in Dortmund vorgestellt.
3.) Er wird ein One-Season-Wonder. Er schießt immer gerade so seine 6 Tore, die dazu führen, dass er den Rest seiner Karriere im Schwabenland verbringen kann. Und immer, wenn er dann mal trifft, kommen die melancholischen Erinnerungen an den Sommer 2025 hoch, als man ihn für 45 Millionen verkaufen konnte, aber auf eine Weiterentwicklung gesetzt hat. 
Und ich halte alle 3 Szenarien für annähernd gleich wahrscheinlich. Es ist schließlich kein Zufall, dass ein 22-jähriger Woltemade ablösefrei zu haben war...

David Raum, RB Leipzig: Klar, für die Highlights werden andere sorgen. Hoffentlich, für den allgemeinen Unterhaltungswert, Xavi Simons. Aber talentierte Offensivspieler wird der Dosenklub immer finden. Also einfach nur, weil sie verdammt gut darin sind, solche Spieler zu scouten und dann zu entwickeln. Ob jetzt Xavi oder Baumgartner den Taktstab im Mittelfeld schwingt, wird am Ende nicht den Unterschied ausmachen. Meister wird man dieses Jahr eher nicht, für Platz 4 sind beide gut genug. Aber diese Talente brauchen halt ein stabiles Gerüst, um konstant zu spielen. Letztes Jahr hat man gesehen, was passiert, wenn dieses Gerüst nicht funktioniert. Raum soll mittlerweile der Kapitän dieser Truppe sein, er ist also die Stütze. Xaver Schlager und Willi Orban sind weitere Namen. 

Julian Schuster, SC Freiburg: Lasst uns einfach mal festhalten, was für eine unfassbare Leistung Schuster vollbracht hat: Er hat Christian Streich nahtlos ersetzt. Bereits im Oktober konnte Streich ganz entspannt ins Stadion gehen, ohne mit einem "Wann kommst du zurück" konfrontiert zu werden. Wenn man bedenkt, dass historisch alle Vereine (Freiburg nach Volker Finke und Werder Bremen nach Otto Rehagel und Thomas Schaaf sind ja die einzigen Fallbeispiele) genau daran gescheitert und mehr oder weniger krass abgestürzt sind, ist das mehr als herausragend. Jetzt kombiniert man schon wieder den "Wir haben einen der besseren Trainer" Faktoren mit dem ruhigsten und stabilsten Umfeld. Da ist es am Ende fast egal, wer auf dem Platz steht.

Julian Brandt, Borussia Dortmund. Ok, eigentlich Jobe Bellingham, denn solange Brandt noch dein Schlüsselspieler ist, hast du ein verdammtes Problem. Aber wenn Bellingham komplett einschlägt, hat man ja die Lösung für dieses Problem. Zumindest für die 18 Monate, die Bellingham überragend abliefern wird, bevor er weiterzieht. 
Absurderweise ist Bellingham echt der einzige Transfer, den man in Dortmund getätigt hat. Die neue Küche wird ja nicht auf dem Platz stehen und Yan Couto war ja bereits ausgeliehen. Man hat mit Niko Kovač auch einen eher durchschnittlichen Trainer an der Seitenlinie. Und nur Gittens wurde abgegeben. Wenn man bedenkt, dass alle im Winter von einem großen Umbruch geredet haben, ist das ganz schön mickrig. Vor allem deutet das auf eine ähnliche Saison wie im Vorjahr hin. Nur halt nicht mit ganz so extremen Ausschlägen. Aber es ist ja nur die Bundesliga, für Platz 2 bis 4 wird es reichen.

Mario Götze, Eintracht Frankfurt: Hier kommt eine Statistik, die mich selbst schockiert: Götze ist der 2. dienstälteste Offensivspieler der Eintracht nach Ansgar Knauff. Der kam auch nur ein halbes Jahr vorher. Nicht nur das: Im gesamten Kader sind nur noch Jens GrahlTuta und der ewige Timothy Chandler länger im Verein. Das habe ich so nicht kommen sehen, als der 2022 ablösefrei verpflichtet wurde.
Götze ist aber auch der am schwierigsten einzuschätzen Spieler des Landes. Einerseits hatte er seine extremen Highlights in den jüngsten Jahren. Ich bleibe dabei: dass der "nur" ein guter Bundesligaspieler geworden ist, ist eine Enttäuschung. Der hatte eigentlich eine Weltklasse Karriere vor sich. Er ist aber auch der einzige Spieler, der sich mit einem jungen Götzen vergleichen muss, was auch irgendwie unfair ist.
Dazu kommt, dass sein Einfluss aufs Spiel nicht so mega offensichtlich ist. Er ist eher der Einfädler im Zentrum, der den vorletzten Pass spielt. Deswegen kommt er in 3 Jahren "nur" auf 9 Tore und 6 Vorlagen in der Bundesliga. Trotzdem ist er, wenn er fit ist, unumstrittener Stammspieler. Damit ist er irgendwie auch die Grundlage für diese fantastische Offensive, die dem Verein fast 400 Millionen Euro eingebracht hat. Dass all diese Stürmer so gut einschlagen konnten, muss irgendwie auch an Götze liegen.
Mittlerweile ist der 33 und er muss irgendwann den Taktstock an Can Unzun weitergeben. Andererseits sollte Götzes Spiel, da ihm seit Jahren die absolute Spritzigkeit fehlt und er mehr übers Auge kommt, gut altern.
Eigentlich lautet die Frage natürlich, ob Burkhardt so einschlägt, dass Frankfurt wieder Champions League spielt. Aber es sollte bedacht werden, welch wichtige Rolle Götze bei diesem Einschlag spielen wird.

Malik Tillman, Bayer Leverkusen: Also unter anderem. Dass eine Mannschaft in einer Saison so auseinanderbricht, ist außergewöhnlich. Es werden zwar alle sofort auf die Dortmunder Meisterelf zeigen, aber zwischen dem Abgang von Mario Götze 2013 und dem Wechsel von Mats Hummels 2016 lagen 3 Jahre. Das Schlüsselquartett Götze, Lewandowski, Gündoğan und Hummels gingen mehrere Jahre ins Land. Leverkusen muss in diesem Sommer Florian Wirtz ersetzen, was alleine schon unmöglich ist. Und dazu noch Xhaka, Tah und Frimmpong. Dazu ging auch noch der Trainer und der offizielle Stammtorwart. Wer wirklich glaubt, dass dieser Verein ganz oben angreifen kann, muss sehr naiv sein. Tillman ist der offensichtlichste 1 zu 1 Ersatz für Wirtz. Das wäre selbst dann unmöglich, wenn die Achse dahinter erhalten bliebe. Ein weiterer Rückschritt muss bei der Werkself so oder so eingeplant werden. Aber wenn Tillman voll einschlägt, spielt man weiter in der Champions League. Wenn nicht, geht es nur in die Europa League, was ich für wahrscheinlicher halte.

Serge Gnabry, Bayern München: Es gibt eigentlich nur ein Szenario für eine halbwegs spannende Meisterschaft. Und halbwegs spannend heißt hier auch nur "Sie ist nicht schon im März entschieden": Die Bayern zahlen die Zeche für die Klub-WM und stolpern deswegen müde durch die Liga. Und diese Zeche lässt sich am besten an ihrem Besten festmachen: der Verletzung von Jamal Musiala. Langfristig könnte das sogar gut sein, weil ein frischer und auskurierter Musiala Deutschland dann im Sommer ins historische Achtelfinale bei der WM führen könnte. Dafür muss aber Serge Gnabry liefern. Der ist plötzlich die erste Option im zentralen offensiven Mittelfeld. Damit ist er der Fixpunkt des Angriffs. Und der Kader ist so dünn besetzt, dass er kaum noch Alternativen bietet. Also man könnte Michael Olise ins Zentrum setzen, aber dann muss Gnabry halt auf dem Flügel ran... Damit sind Gnabrys Leistungen plötzlich nicht nur für diese Saison relevant.
Ganz praktisch gerechnet: Wenn die schwächelnden Bayern im November oder Dezember hinter dem FC St. Pauli auf Platz 2 und in der Champions League nur auf Platz 14 liegen, könnte die daraus resultierende Nervosität dazu führen, dass Musiala so schnell wie möglich auf den Platz zurückkehren muss.
Wenn man dagegen 6 Punkte Vorsprung auf Platz 2 hat und in der Champions League um Platz 8 mitspielt (also im Worst-Case-Szenario in der Zwischenrunde auf einen leichteren Gegner trifft) kann man Musiala bis März ganz behutsam und vorsichtig an die erste Mannschaft heranführen. Das könnte dann einen massiven Einfluss auf Musialas weitere Karriere haben, denn es wird allgemein nur ganz wenige Möglichkeiten für den geben, sich vernünftig auszukurieren und ein ordentliches Aufbautraining zu absolvieren. 

Butter bei die Fische: Auf die Meisterschaft wird das keinen Einfluss haben. Die holen die Bayern. RB wird 2., wie groß der Abstand ist, hängt vom Xavi verbleib ab. Dortmund und Frankfurt landen auf Platz 3 und 4, Bayer und Stuttgart in der Europa League, weil einer der 4 den DFB Pokal holt. Und Wolfsburg darf in der Conference League über die europäischen Dörfer ziehen... irgendjemand muss doch.

Dienstag, 19. August 2025

Die "X-Faktoren" der neuen Bundesligasaison

 Wo es so langsam Zeit ist, sich auf die neue Bundesligasaison zu freuen... Steht ja auch die Frage im Raum, welche Persönlichkeiten diese Saison prägen werden. Und weil ich nicht mehr in der Position bin, eine Saisonvorsschau zu jedem einzelnen Verein zu schreiben, wird das jetzt mein Aufhänger. Wir fangen bei den Abstiegskandidaten an:

Yussuf Poulsen, Hamburger SV: Der HSV hatte die Weitsicht, den "Marius Ebbers AngreiferDavie Selke ablösefrei ziehen zu lassen. Und ja, technisch gesehen gehört der nicht zwingend in diese Kategorie, da er tatsächlich mehr Bundesliga- als Zweitligatore erzielt hat. Aber er hat auch nur eine einzige Saison mit 10 Bundesligatoren im Lebenslauf stehen. Interessanterweise zieht der jetzt in eine schwächere Liga, um dort Europa League zu spielen und ordentlich abzukassieren. Clevere Entscheidung.
Ersetzen soll in die einzige RB Leipzig Ikone. Und der wird auch gleich zum Kapitän befördert. Und auch wenn dessen Mentalität nicht infrage gestellt werden kann, so kommt er doch mit einigen Fragezeichen. Zum einen hat er auch nur ein mal geschafft, mehr als 10 Bundesligatore zu erzielen. Das ist zwar nicht ganz so lange her, wie bei Selke... Aber er erzielte seine Tore in einem wesentlich konstruktiveren Umfeld.
Und machen wir uns nichts vor: Die fußballerischen Limitierungen eines Poulsen wurden durch das ihn umgebende Talent überdeckt. Jetzt ist er zumindest der am höchsten dekorierte Spieler im Kader. 
Dazu kommt, dass Poulsens letzter Einsatz über 90 Minuten verdammt lange her ist. Am 16.12.2023 spielte er gegen Hoffenheim als Kapitän durch. In der darauf folgenden Wintervorbereitung verlor er seinen Stammplatz und stand nur noch 5-mal in der Startelf. Und natürlich ist er "erst" 31 Jahre (damit aber älter als Selke...), aber ob er eine Offensive selber tragen kann, muss sich erst zeigen. Wenn er 10 Tore erzielt, hält der HSV die Klasse ohne die Relegation. Trifft er nur 3 Mal, steigt man ab.

Thomas Kessler, 1. FC Köln: Wer? Nun ja, der aktuelle Sportdirektor halt. Und damit der Nachlassverwalter von Christian Keller. Die Kölner waren ja dank ihres ehemaligen Managers in einer besonderen Situation: Sie mussten ihren Abstiegskader zwangsweise zusammenhalten, weil sie keine Neuverpflichtungen tätigen durften. Erst in der Winterpause durfte man nachjustieren. Random Fun Fact: Der Spieler, um den es dabei ging, ist gerade an Essen ausgeliehen. Der wird diese Saison also nicht helfen. Thomas Kessler kommt mit der perfekten Qualifikation: Seine gesamte Karriere war er 2. Torhüter, er weiß also genau, wie es ist, von der Bank aus nicht ins Spiel eingreifen zu können. Und er wurde jetzt halt befördert, weil man nach seiner spontanen Panikattacke kurz vor Saisonende jemanden brauchte. Der, man muss es so formulieren, Novize durfte oder musste in diesem Sommer aber ordentlich zuschlagen: 22 Millionen allein in Ablösen. Mehr gab man zuletzt 2017/18 aus. Das Problem: Man bekommt für diesen Betrag keine gestandenen Spieler mehr, sondern nur Akteure aus der Kategorie "Noch nicht holländischer Nationalspieler" oder "War in Dänemark oder der 2. Liga gut". Und Köln hat ja auch eine ziemlich gute Idee davon, was mit den "Alten" so möglich ist. Von den 5 Millionen-Transfers müssen mindestens 2 sitzen, wenn man die Klasse halten will. 

Leonardo Scienza, 1. FC Heidenheim: Die Lage hier ist recht einfach: Neuzugänge brauchen eh immer ein Jahr, um das System Frank Schmidt zu verinnerlichen. Deswegen verzichtet man dieses Jahr anscheinend auch komplett auf neue Spieler... Scienza ist ja als Relegationsheld schon der einzige Grund, warum man überhaupt mitspielt... jetzt bleibt die Frage, ob er endlich richtig ankommt und komplett einschlägt, damit sich Heidenheim überhaupt Hoffnungen auf den Klassenerhalt machen darf. Aber aufgrund der deutlich gestiegenen Konkurrenz bleibe ich da skeptisch.

Dietmar Hopp, TSG 1899 Hoffenheim: Hat der überhaupt noch was zu sagen in Hoffenheim? Wird er sich raushalten, falls er eigentlich nichts mehr zu sagen hat? Wer kann das schon sagen. Hopp steht aber eher demonstrativ für die gesamte Vereinsführung. Denn eigentlich ist der Kader immer viel zu gut für den Abstiegskampf. Die Frage ist, ob man auch ein produktives Arbeitsumfeld für diesen Kader schafft. Das Chaos der letzten Jahre verdeutlicht sich am ehesten an 2. Faktoren: Nach der eigentlich unmotivierten Entlassung von Pellegrino Matarazzo sicherte Christian Ilzer zwar den Klassenerhalt... aber das war so wenig überzeugend, dass er schon angezählt in die neue Saison geht. Er muss also von Tag 1 an liefern.
Dazu kommen einige "Altlasten" wie Megrim Berisha und Florian Grillitsch. Beide Spieler galten mal als Hoffnungsträger und kommen jetzt von wenig produktiven Leihen zurück. Im 34 Spieler starken Kader dürften das nicht die einzigen Spieler sein, die man lieber abgeben würde. 
Jetzt darf ein angeschlagener Trainer in einem chronisch unruhigen Umfeld diesen aufgeblähten Kader betreuen... ich sehe nicht, wie das schiefgehen könnte.

Andréas Hountondji, FC St. Pauli: St. Pauli Sommer ist ein absolutes Mysterium: Sie sicherten sich den Klassenerhalt mit einer historisch guten Defensivleistung. Dass die zweitbeste Defensive vom billigsten Kader gestellt wird, dürfte ein einzigartiger Vorgang sein. Auf der anderen Seite präsentierte man aber eine oft erschreckend harmlose Offensive. Trotzdem muss man jetzt Ersatz für Elias Saad und Morgan Guilvavogui finden, während man den Defensivverbund, abgesehen vom Linksverteidiger Philipp Treu komplett halten konnte. Gerade das unfassbar stabile Zentrum konnte man komplett halten und so kann man sich jetzt auf die eingespielten Automatismen verlassen. 
Fakt ist aber: 28 Tore reichen nur in Hamburg zum Klassenerhalt. Bedeutet auch nur: Die Transfers für den Angriff müssen zünden, sonst wird es ganz schnell ganz finster. Und wenn man das Pokalspiel gesehen hat, bekommt man nicht den Eindruck, als würde diese Offensive wenige Chancen in viele Tore umwandeln können.

Andrej Ilic, 1. FC Union Berlin: Ja, es ist ein langweiliger Trend erkennbar. Aber was soll ich sagen: Der offensichtlichste Unterschied zwischen einem Abstiegskandidaten und einer sorgenlosen Saison ist oftmals ein Stürmer, der dir 10+X Tore garantiert. Genaugenommen hat Steffen Baumgart nach seiner Amtsübernahme eine relevante Veränderung vorgenommen: Er katapultierte den Fehlgriff Ilic von der Tribüne in die Startelf. Und 7 Tore in 16 Spielen beweisen, wie offensichtlich richtig das war. Wenn Ilic der endgültige Durchbruch gelingt, kann man ihn im nächsten Sommer für 20 Millionen verkaufen und die nächste Bundesligasaison planen. 
Wirklich interessant ist hierbei, dass Ilic von Ilyas Ansah, Livan Burcu und Oliver Burke unterstützt wird. Innerhalb von nur 6 Monaten hat Baumgart damit die Angriffsreihe komplett umgekrempelt.
Die eine Frage ist, ob Baumgart aus dieser Mannschaft eine funktionierende, hart arbeitende Mannschaft formen kann. Zuletzt zeigte er ja doch recht schnell gewisse Abnutzungserscheinungen. Die andere, ob das in Berlin noch reicht. Wenn man dort erwartet, dass Baumgart junge Spieler und einen attraktiven Spielstil entwickelt, wird man enttäuscht werden.

Sandro Wagner - FC Augsburg: Vielleicht hätte ich, anstatt ständig Stürmer aufzuzählen, doch einfach die Trainer nehmen sollen. Sandro Wagner hat eine überraschend undankbare Aufgabe: Er soll Aschenputtel in eine Prinzessin verwandeln. Denn wenn solides Arbeiten und das Vermeiden des Abstiegskampfes in Augsburg genügen würden, wäre Jess Thorup noch da. Der hat zuletzt 2 weitestgehend sorgenfreie Jahre im Angebot gehabt, es aber am Ende verpasst, die Mannschaft spielerisch weiterzuentwickeln. Auf dem Transfermarkt wurde diese Mannschaft aber nicht offensichtlich verbessert. Praktisches Beispiel: Elias Saad soll die Offensive beleben. Was sein Ex-Verein St. Pauli da angeboten hat, habt ihr gerade gelesen. 
Aber Augsburg hat weiterhin einen Kader, der Mittelmaß und Graue Maus schreit. Was prinzipiell für den Klassenerhalt reichen sollte, wenn man einen verlässlichen und etablierten Trainer an der Seitenline hat. Wagner ist aber de facto ein Novize. Seine einzige Erfahrung als Cheftrainer hatte er als Regionalligist in Unterhachingen. Seine Bilanz als Co-Trainer unter Julian Nagelsmann ist, verglichen mit seinem Vorgänger im Geiste Hansi Flick, eher dürftig. Trotzdem gehen irgendwie alle gnadenlos optimistisch davon aus, dass der als Cheftrainer im Profibereich richtig einschlagen wird. 
Und versteht mich nicht falsch: Ich traue Wagner durchaus zu, dass er langfristig ein guter Bundesligatrainer wird. Aber ich gehe nicht selbstverständlich davon aus, dass er  dies schon ist, sondern erwarte einiges an Anpassungsschwierigkeiten und Wachstumsschmerzen. Diese werden mit einem überraschenden, aber am Ende erfolgreichen, Abstiegskampf ausgedrückt werden.

Michael Zetterer und Romano Schmid, Werder Bremen: Wie jetzt, 2 Spieler, die vielleicht gar nicht mehr da sein werden? Genau. Zetterer dürfte spontan nach Frankfurt gehen. Schmid ist schon den ganzen Sommer in England im Gespräch. Meine persönliche Meinung: Beide sind gut, aber nicht überragend. Zetterer ist für mich einer dieser Torhüter, die ahbängig von ihren Vorderleuten sind, anstatt diesen Halt zu geben. Ein durchschnittlicher Bundesligatorwart halt. Die schwierige Frage ist da eher, ob der junge Mann im Hintergrund auch schon ein durchschnittlicher Bundesligatorwart ist. Und dass Romano Schmid der kreativste Kopf im Mittelfeld ist, sagt für mich mehr über deren Mittelfeld als über Schmid aus. Und klar, der hat hin und wieder richtig starke Phasen, in denen man sich einredet, dass der große Durchbruch doch noch kommt. Aber auf diese Phasen folgen dann doch wieder 5 Wochen ohne jeglichen Scorerpunkt. Aber das Geld, welches man für beide bekommt, kann man dann in die dringend benötigte Breite investieren. Denn schon das Pokalspiel gegen Bielefeld hat ja gezeigt, dass es problematisch ist, einen Leo Bittencourt ins defensive Mittelfeld zu stellen. 
Dass man allerdings 1 Woche vor dem Saisonstart noch vor solchen grundlegenden Fragen steht, spricht für eine richtig schwere Saison.

Jonathan Burkardt, 1. FSV Mainz 05: Wie jetzt, der ist doch gar nicht mehr dabei. Und Mainz ist doch viel zu weit weg vom Abstiegskampf. Wirklich? Die letzten 2 Jahre lassen sich auf einen einfachen Faktor runterbrechen: Wenn Burkardt fit und in Form war, spielte man wie ein Europacup Teilnehmer. Aber als er nach seiner schweren Knie OP ein halbes Jahr brauchte, um wieder ins Laufen zu kommen, stand man plötzlich auf Platz 17 und sah wie ein sicherer Absteiger aus.
Es behaupten ja alle gerne, dass Bo Henriksen der entscheidende Mann am Mainzer Aufschwung war. Aber bevor Burkardt wieder die Kurve bekam, startete der mit 1 Sieg in 4 Spielen. Der eigentlich entscheidende Faktor: Burkhart erzielte plötzlich wieder Tore. 24 Treffer seit dem Januar 2024. Und das, obwohl er auch letztes Jahr 5 Spiele verpasste. Von den 5 Spielen verlor man 3: In Hoffenheim, Berlin und Bremen. 
Burkart war ganz offensichtlich ein Spieler, der viel zu gut für Mainz war. Auf einer Stufe mit Shinji Okazaki und Mohamed Zidan. Mit 41 Toren ist er der All Time Top-Torjäger der Mainzer. Da wird er auch noch eine Weile bleiben. Dass der überhaupt so lange da war, hat man seinen ständigen Verletzungen "zu verdanken". Jetzt hat man zwar 22 Millionen mehr auf dem Konto, aber keine Chance einen gleichwertigen Ersatz zu verpflichten. Also ein Benedict Hollerbach ist solide, kein Thema. Aber eben auch nicht mehr und trotzdem schon ein Jahr älter als Burkardt. Dazu kommt die Zusatzbelastung Europacup, die den Mainzern den Alltag erschweren wird. Im Regelmäßigen Auf und Ab dieses Vereins steht halt wieder ein Jahr Abstiegskampf auf dem Spielplan.

Meine Prognose ist dabei aber einfach: Heidenheim und St. Pauli sind zu schwach besetzt und werden damit als einzige absteigen. Union Berlin sichert sich den Klassenerhalt über die Relegation. Es sei denn, Werder gibt noch Schmid und Zetterer ab, dann spielen die Relegation.

Montag, 18. August 2025

Endlich wieder richtiger Fußball!

 Nicht diese Eventscheiße mit dem friedlich zahlenden Publikum. Richtiger Sport, mit richtigen Emotionen und einer richtigen Konferenz. Darauf haben wir doch gewartet. So nett die Frauen-EM war, genau das haben wir doch vermisst.

Leider scheinen die wesentlichen Emotionen Hass und Rassismus zu sein. Das ging praktisch schon los, bevor die Bundesligisten eingreifen. Die Fans von Hannover 96 und Rot-Weiß Essen trafen sich am Bahnhof zu einem kleinen Scharmützel... Das gehört sich halt so, wenn Traditionsfans sich lange nicht gesehen haben.

Die Fans von Hansa Rostock vielen zur Abwechslung mal nur im Zug und noch nicht im Stadion negativ auf. Wir haben den Punkt erreicht, wo Spieler in Testspielen rassistisch beleidigt werden. Und dann wurde am DFB-Pokal Wochenende direkt doppelt nachgelegt. In Potsdam und bei Lok Leipzig wurden Spieler rassistisch beleidigt.

Alles bedauerliche Einzelfälle. Also das kann man sich zumindest als RSV Eintracht Stansdorf einreden, wo der Täter gestellt und aus dem Stadion entfernt wurde, während die Fans Nazis Raus brüllten. In Leipzig... wurde der Betroffene Christopher Antwi-Adjei für den Rest des Spiels konsequent ausgepfiffen. Das ist anscheinend die logische Konsequenz auf eine "unterlasst rassistische Beleidigungen": eine rassistisch motivierte Kollektivstrafe. Also vom Kollektiv ausgeführt.

Und machen wir uns nichts vor: Wenn ein Deutscher mit afrikanischen Wurzeln dafür ausgepfiffen wird, dass er sich über eine rassistische Beleidigung beschwert, ist auch dies Rassismus. Und es beweist, dass dies bei Lok eben kein Einzelfall ist, sondern die ganze Gruppe so denkt. Was mich zu der offensichtlichen Frage bringt: Warum wurde dieses Spiel, in dem ein Spieler konstant rassistisch motiviert angegriffen wird, überhaupt zu Ende gespielt? Die solidarische Reaktion des Lok-Blocks wäre doch ein Anlass gewesen, dieses Elend zu beenden, wenn man wirklich gegen Rassismus wäre und nicht die Konsequenzen fürchten würde. So musste der Spieler da halt durch. War ja auch alles nicht so schlimm, der ist Schalker. Der würde sich wahrscheinlich eher wundern, wenn er nicht unmotiviert ausgepfiffen wird. Oder so.

Die Bundesligasaison hat noch nicht mal angefangen und wir hatten schon genug Vorfälle für das gesamte Jahr. Warum können wir uns da nicht mal an den Trendsetterinnen des Sommers orientieren und Fußball in ein friedliches und stimmungsvolles Familienfest verwandeln?

Stattdessen übernehmen wir die dämlichen Trends des Sommers: das Versagen vom Punkt. Jetzt nehmen die uns auch noch die Grundlage für all die sexistischen Sprüche. Wie fies ist das denn. 
Um das mal nachzuvollziehen: TomiakBux und Bero verschossen ihre Elfmeter "aus dem Spiel heraus". Nur einer von denen ist ein Amateur, die anderen spielen für Hannover und Bochum. Der Fehlschuss in Cottbus besiegelte sogar das Ausscheiden. 
Illertissen und Nürnberg vergaben in der Summe 3 Mal beim Elfmeterschießen. Das ist fast noch gut. Und Eintracht Norderstedt und der FC St. Pauli sammelten 4 Fehlschüsse in den ersten 3 Versuchen. Richtig gelesen: Joel Chima Fujita durfte nach seinem ersten Elfmeter nochmal antreten und verschoss erneut. Das schaffen nicht mal die Frauen.

Maarten Vandevoordt und das Torwortproblem. Der Belgier soll ein guter Torwart sein. Und ein noch besserer Torwart werden. Aber er ist im Moment anscheinend schlechter als Péter Gulácsi, weshalb er jetzt im DFB-Pokal spielt. Ich halte das auf 2 Ebenen für problematisch: Zum einen erschwert man sich selbst unmotiviert das Saisonziel. Und bei RB geht ja alles darum, nächstes Jahr wieder international zu spielen. Und der einfachste, 2 Mal erfolgreich absolvierte Weg, wäre ein Sieg im DFB-Pokal. Dazu holt man auch noch einen Titel, was sich immer gut auf dem Briefkopf macht. Und Arminia Bielefeld hat erst letzte Saison bewiesen, wie man sich in einen Rausch spielen kann. Der VfB Stuttgart hat eine mäßige Saison mit einem Pokalsieg gecrosst. In dem Fall ist es erlaubt, ein mäßiges Graffiti einfach zu übermalen. Aber überraschend viele Bundesligisten entscheiden sich mittlerweile dafür, auf einer sensiblen Position zu rotieren und sich selbst in den Fuß zu schießen, wie es sonst nur der HSV macht.
Das bringt mich zum Übergang: Das HSV-Mitglied Yannick Grieß erzielte das 1:0 für den FK Pirmasens. Die hätten fast die Sensation geschafft. Und genau um diese Geschichten geht es doch.
Aber man sollte diese Geschichten auch als Bundesligist mit dem nötigen Anstand angehen. Also der DFB-Pokal ist ja quasi das Bonuslevel zum Tag der Amateure. So unwahrscheinlich das ist: Es ist die einzige Möglichkeit für Normalsterbliche, ein Pflichtspiel gegen Manuel Neuer zu absolvieren. Und auch wenn dies das Extrembeispiel ist: Genau darum geht es an diesem Wochenende. Nur damit der Torhüter dann sagt "Vielleicht bin ich gar nicht Manuel Neuer"... weil wir uns dafür entschieden haben, im Pokal auf den Ersatztorhüter zu setzen... ist für mich irgendwie ein Vertragsbruch. Macht das von mir aus in den späteren Runden, wenn ihr gegen die Bundesligisten antretet. Aber nicht gegen die Amateure.

Vor allem, wenn der Ersatztorwart ganz realistisch nichts von diesem Spiel haben kann. Er kann dieses Spiel nichjt gewinnen. Im Normalfall hält er 2 Bälle, die er aber auch halten muss. Selbst wenn die Amateure sich überraschend widerspenstig zeigen, wird niemand in deinem Verein jemals das Video zu diesem Spiel wieder auspacken. Und wenn die Kollegen vor dir sich richtig dumm anstellen, hast du den Makel einer epischen Blamage in deinem Lebenslauf stehen... Obwohl die 90 Minuten und 30 Torschüsse Zeit hatten, um deinen Patzer zum 1:0 zu revidieren. Though Luck, jetzt viel Spaß auf der Bank.

Apropos Bonuslevel: VfB Stuttgart - Bayern München: Dass die DFL in Kooperation mit dem DFB diesen Bonustag der Amateure kapert, um seinen völlig irrelevanten Supercup auszutragen, ist ein dreister Arschloch-Move. Dieses Jahr hatte man wenigstens das Losglück, dass beide im Pokal gegen Profimannschaften antreten. Aber Teutonoa Ottensen hat ja schon die Erfahrung machen müssen, wie beschissen es für eine Amateurmannschaft ist, wenn die plötzlich unter der Woche ihr Pokalspiel austragen müssen. Da wird aus dem größten Fest der Vereinsgeschichte ein trostloses Auswärtsspiel. Trotzdem muss der Supercup weiterhin am Pokalwochenende ausgetragen werden. 

Dass der Rahmenterminkalender zu voll ist, um einen vernünftigen Termin zu finden, ist tragisch. Aber daran kann man ja nichts ändern. Und wenn keine Klub-WM gewesen wäre, wären die Bayern freiwillig nach Amerika geflogen, also kann man den Pokal "schlecht" am 10.08. austragen. Aber dann legt doch den irrelevanten Spaß-Wettbewerb auf einen Mittwoch und nicht den einen Berührungspunkt zwischen Amateuren und Profis.

Dienstag, 12. August 2025

Das größte Drama des Sommers dürfte eigentlich gar nicht stattfinden.

 Und keinen interessiert es.

Um dann mal den Fokus zurück auf den Männerfußball zu lenken, auch wenn der jetzt die wichtigsten Trends der EM übernimmt: Im englischen Ligapokal wurden 5 Elfmeter verschossen. Selbst ein Harry Kane reiht sich in die Liste der Fehlschützen ein. Kick it like Beckham! Diesen Fehlschuss hatte ich erst für den 14.07.26 auf dem Zettel...

Aber die dominierende Nachricht des Bundesliga-Sommers ist der Flirt der Bayern mit Nick Woltemade. Der hat halt eine gute Rückrunde gespielt und seitdem die Bayern Spieler wie Wirtz oder Havertz nicht mehr selbstverständlich bekommen, müssen sie Spieler nach einem guten Halbjahr und einer starken U21 EM verpflichten. Also einigt man sich am 27.06. mit dem Spieler. Gehalt, Vertragslaufzeit... wahrscheinlich hat man sich mit dem Spieler sogar auf eine Ablöse geeinigt, die man dann an den VfB Stuttgart überweist. So 30 Millionen sollten reichen.

Und der VfB dann so: Das ist ja ganz schön viel Geld, welches die euch bei der Klub-WM hinterhergeworfen haben, wäre doch schade, wenn irgendein Premiere League Klub deswegen absurde Ablöseforderungen stellt und das alles nach England fließt... gebt uns mal 100 Millionen.

Nebenbei finde ich es ja faszinierend, dass die Bayern überall laut rausposaunen, dass die gerade kein Geld haben... obwohl sie gerade für relativ wenig Aufwand 54 Millionen verdient haben. Und klar, 2 Millionen muss man abziehen, weil man Jonathan Tah zur Klub-WM mitnehmen wollte. Ich frage mich in dem Moment, wie die Bayern ohne diese Finanzspritze überhaupt durch die nächste Saison gekommen wären, wenn jetzt kein Geld da ist.

Nebenbei sind die Bayern plötzlich in genau der Falle, in der sonst die anderen Vereine immer sitzen, wenn die Bayern einen ihrer Spieler kaufen: plötzlich ist angeblich verdammt viel Geld vorhanden, also verlangen wir direkt mal mehr Geld für den Spieler, über den wir seit 2 Wochen verhandeln. Ihr habt es ja.

Die allgemeine Reaktion war: 100 Millionen für Woltemade ist doch absurd, der kam doch erst letzten Sommer ablösefrei. Dann fällt plötzlich auf, dass der ja noch 3 Jahre Vertrag hat. Genau deswegen verlangen die Stuttgarter so viel Geld.

Die wissen auch 2 Dinge ganz genau: Woltemade sollte sich in seiner 2. Saison im Verein weiter verbessern. Wir reden hier einerseits von einem Spieler, der "nur" 12 Saisontore erzielt hat... allerdings erzielte er 9 davon in diesem Kalenderjahr. Eine 20 Tore Saison ist da durchaus realistisch.
Dann wird er als Speerspitze in die Weltmeisterschaft gehen. Und da wird Deutschland ja nicht schon wieder in der Vorrunde ausscheiden. Bei einem noch weiter aufgeblähtem Turnier, mit noch mehr Saudi-Arabien und einem Freilos im Sechszehntel-Finale, ist es durchaus möglich, dass Woltemade den Miroslav Klose gibt... und 5 Tore erzielt, ohne in den relevanten Spielen irgendwie aufzufallen.

Jetzt fragt euch mal, wie viel Geld ein Woltemade mit 20 Saison- und 5 WM-Toren wert sein wird... bestimmt zahlt dann irgendein englischer Klub 100 Millionen.
Selbst wenn er "nur" eine durchschnittliche Bundesliga-Saison und eine Joker-WM spielt... dann bleibt der dem VfB als Worst-Case-Szenario ein weiteres Jahr erhalten und hat danach dann immer noch einen laufenden Vertrag. Dann kann man immer noch mit einem mehr als soliden Stürmer weiter planen. Und da man für Woltemade keinen Cent Ablöse bezahlt hat, muss man beim Weiterverkauf auch nicht unbedingt an die Gewinnmaximierung denken. Nur um wirklich zu verdeutlichen, warum der VfB wirklich gar kein Interesse an einem Verkauf hat. 

Aber kommen wir mal zum eigentlichen Problem: Die Bayern haben sich mit dem Spieler offiziell geeinigt. Sie haben die Verhandlungen direkt vor dem U21 EM Finale geführt, was an sich schon ein richtiger Arschloch-Move ist. Auch wenn ich ja ganz klar der Meinung bin, dass es egal ist, wer dieses Turnier gewinnt. Wichtig für die Entwicklung der Spieler, worum es ja eigentlich geht, ist eine gute Leistung, die hat man auf jeden Fall gezeigt. Aber als DFB darf man trotzdem richtig pissed sein. Und das sollte man die Bayern auch wissen lassen. Ich würde denen als Erstes das "wir laden eure Spieler nicht ein, damit die auch mal eine Pause bekommen" Privileg streichen. Das wäre mal eine angemessene Reaktion auf so ein Verhalten. Selbst wenn die nicht spielen, anreisen und durchtrainieren müssen die. Auch im an sich unbedeutenden Sommer 2027...

Was aber alle ignorieren: Woltemade hat, wie schon erwähnt, einen Vertrag bis 30.06.2028. Was auch nur bedeutet: Die Bayern dürfen sich mit dem Spieler erst am 01.06.2028 einigen. Das ist jetzt nicht in ein paar Monaten, sondern noch verdammt lang hin. Noch länger als damals bei Robert Lewandowski, der lange vor dem Auslaufen seines Vertrages beschloss, nicht mehr mit den Dortmundern zu verhandeln. 

Also hier wird das entscheidende in einem Nebensatz auf Transfermarkt.de erklärt: "Ab dem 1. Januar können Fußballer mit Vertragsende 2024 offiziell mit interessierten Klubs verhandeln oder schon bei einem neuen Verein unterschreiben, ohne Rücksicht auf den aktuellen Arbeitgeber nehmen zu müssen." Soweit ich weiß, hat sich daran nichts geändert. Die Bayern hätten sich also, anstatt die Vorbereitung aufs Finale zu stören, mit dem Verein und nicht mit dem Spieler grundlegend einigen müssen. Dann hätten sie festgestellt, dass der VfB gar kein Interesse daran hat, den Spieler für eine vernünftige Summe abzugeben. Und dann hätte man das akzeptiert und sich anderweitig umgeschaut. Wenn beim FC Bayern Anstand existieren würde, hätten wir nie was von deren Interesse erfahren, weil das alles hinter verschlossenen Türen geklärt worden wäre. Aber was will man von einem Verein mit Hoeneß und Rummenigge an der Spitze erwarten...

Was aber total faszinierend ist: Dieses offensichtliche Ignorieren des Transferrechts wird einfach so hingenommen. Eigentlich sollte die DFL jetzt den Bayern eine saftige Strafe auflegen. Nehmen wir einfach mal die Hälfte der geforderten Ablösesumme. Ich sage bewusst absurde 50 Millionen, damit auch noch so 10 übrig bleiben, wenn der FC Bayern sich durch alle Instanzen geklagt hat. Und bis man sich da mit dem VfB, an den als geschädigte Partei die Summe zu zahlen ist, geeinigt ist, darf man keine Neuzugänge mehr registrieren.

Ob diese Strafen realistisch sind, sei mal dahin gestellt. Wahrscheinlich würden diverse Gerichte sie wieder einkassieren. Aber es würde wenigstens dazu führen, dass wir mal über die Regeln im Transfermarkt regeln und feststellen, dass die Bayern auf diese komplett geschissen haben...

Andererseits spricht ja nicht mal der VfB als direkt geschädigte Partei dieses Vergehen überhaupt an. Die könnten ja mal ein "Die haben sich mit einem Spieler geeinigt, mit dem sie gar nicht verhandeln dürfen." fallen lassen. Oder sie haben ihr OK gegeben, dann wäre es jetzt aber absurd, so eine extrem hohe Ablöse zu verlangen.

Wahrscheinlicher ist es halt, dass sich der VfB nicht beschweren darf, weil sie selber an vielen Stellen genau so verhandelt haben und es wieder machen wollen. Was auch nur bedeutet, dass diese Regelung, die die Verhandlungsmöglichkeiten einschränkt, nur auf dem Papier existiert. Und bei den PC-Simulationen... Gut, dass wir das diesen Sommer mal geklärt haben.

Mittwoch, 30. Juli 2025

Zurück zur Bundesliga

 Wo die 2. und 3. Liga schon fast wieder anfangen.

Aber ich muss doch noch kurz erwähnen, dass die Kulisse bei Brasilien - Uruguay echt traurig war. Die spielten in einem 40.000er-Stadion, in dem vielleicht 2.000 Fans auf der Gegentribüne saßen. In den Kurven und hinter dem Tor saß niemand. Das Spiel war zu schnell entschieden, als dass ich dafür die ganze Nacht wach bleibe, aber die 15 Minuten, die ich gesehen habe, waren sehr unterhaltsam. Marta kann da aber immer noch mithalten. Ich habe aber zu wenig Überblick über dieses Turnier, um mehr als einen Absatz zu schreiben.

Also doch wieder Bundesliga. Und eine extrem verspätete Reaktion zum "Trainerbeben" im Sommer. Denn da hat sich ja doch einiges bewegt. Ole Werner ist zu RB LeipzigHorst Steffen übernimmt für den in BremenErik ten Haag heuert bei Bayer Leverkusen an. Paul Simonis bei der anderen Werkself in WolfsburgSandro Wagner geht zum FC Augsburg. Und Lukas Kwasiok übernimmt beim Aufsteiger in Köln

Ein Drittel der Liga hat einen neuen Trainer. Aber das sind allesamt relativ innovative Lösungen. Die einzigen "Langweiler" sind die Leipziger, die sich mit Werner den wahrscheinlich besten jungen deutschen Trainer sicherten. Werner wollte Werder ja von sich aus nach der Saison entlassen und wurde nur deswegen beurlaubt.

Bayer Leverkusen holt mit Erik ten Haag den einzigen Trainer mit einem internationalen Profil. Dazu ist er der einzige Trainer, der auf seiner letzten Station ganz klassisch entlassen wurde. In Leverkusen sind die Ansprüche nach Xabi Alonso halt andere.

Dass man den neuen Trainer nicht beim Arbeitsamt sucht, ist nicht unbedingt neu. Es gab ja schon den Sommer 2021, in dem Oliver GlasnerAdi Hütter und Marco Rose innerhalb der Bundesliga wechselten. Das war aber nur bedingt erfolgreich.

Was diese Situation jetzt besonders macht, ist, dass Ole Werner als einziger bereits Bundesligaerfahrung auf der Trainerbank sammeln konnte. Der Rest folgt aber nicht dem einen offensichtlichen Trend.

Sandro Wagner hat sich irgendwie zum heißesten Trainertalent gemausert, ohne jemals wirklich in diesem Job zu arbeiten. Aber als Co-Kommentator war der gut. Sein einziger wirklicher Arbeitsnachweis ist ein Aufstieg in die dritte Liga mit der SpVgg Unterhachingen. Aber er verzichtete dort darauf, seine Fähigkeit auf einem höheren Niveau nachzuweisen und wurde stattdessen Co-Trainer beim DFB. Ein Job, bei dem niemand so wirklich weiß, was man da tut und wie viel Einfluss man da hat. Aber er saß neben Rudi Völler auf der Bank, dessen Heiligenschein färbt anscheinend ab.
Man muss aber grundlegend festhalten, dass Wagner im Wesentlichen überall im Gespräch war, weil er als Experte so freundlich und kompetent wirkte. Jetzt muss er unter den überraschend schwierigen Bedingungen nachweisen, dass es nicht nur heiße Luft war, sondern er auch in der Praxis eine Spielidee entwickeln kann. Denn das soll ja der Anspruch in Augsburg sein, wo man mit dem markanten Assi-Fußball der letzten Jahre nicht mehr so wirklich zufrieden ist und raus aus der grauen Maus Image will. Einfach und solide den Klassenerhalt erarbeiten, wird da also nicht reichen.
Und ganz ehrlich: ich habe keine Ahnung, ob das ein gigantischer Crash oder ein faszinierendes Projekt wird. Beides ist möglich.

Horst Steffen und Lukas Kwasiok haben am ehesten einen vergleichbaren Werdegang. Und das nicht nur, weil beide im Saarland angestellt waren. Die waren im Jahr 2020 also Nachbarn und haben sich den Trainingsplatz geteilt, während der eine bei Elversberg und der andere in Saarbrücken angestellt ist. Und ja, ich gehe fest davon aus, dass das Saarland zu klein für 2 getrennte Trainingsplätze ist...

Danach haben aber beide in relativ kleinen Vereinen mit bescheidenen Mitteln konstant gut gearbeitet. Kwasniok folgte auf Steffen Baumgart. An dessen Übererfolg mit dem Aufstieg kam er nicht ganz ran, aber er etablierte die Mannschaft im oberen Drittel. 4 Jahre zwischen Platz 7 und 4 klingen vielleicht nicht nach viel, aber es war die konstanteste Phase der Vereinsgeschichte. Wenn man bedenkt, dass die Paderborner jedes Jahr ihre besten Spieler verkaufen und einen Transferüberschuss erwirtschaften mussten, ist das eine beeindruckende Leistung. Aber es fehlte halt der Glaube, dass er mit diesem Verein aufsteigen kann und er wollte doch in die Bundesliga... möglichst mit dem Ausblick auf einen Klassenerhalt, während Paderborn ja bisher immer auf Platz 18 landete...

Die Leistungen von Horst Steffen waren viel beeindruckender. Er führte den SV 07 Elversberg von der Regionalliga in die Relegation zur Bundesliga. Das schwierigste war dabei aus dem Nadelöhr Regionalliga auszubrechen. Das ist normalerweise der Moment, wo man bei Anstoß 3 die Schwierigkeit hochstellt. Was Steffen über einen Wechsel in die Bundesliga auch macht. Er entscheidet sich aber für den Hardcore Modus, weil er bei Werder Bremen ja in relativer Ruhe arbeiten kann... und wenn er ein Mal 8. wird, verehren die ihn auf Ewigkeiten.

Beide haben nachgewiesen, dass sie in der 2. Liga sehr gute Arbeit abliefern können. Jetzt müssen sie aber nachweisen, ob sie dies auch in der Bundesliga können. Die Frage ist im Wesentlichen, ob sie der nächste Andre Breitenreiter oder der nächste Baumgart werden. Sie wären nicht die ersten Trainer, für die die Bundesliga dann doch eine Nummer zu groß ist, aber es gibt auch genügend positive Beispiele.

Paul Simonis ist quasi dasselbe Prinzip auf Niederländisch. Der hat seine gute Vorarbeit im Ausland abgeliefert. Aber das halt wirklich in der niederländischen Provinz bei Go Ahead Eagles. Er hat auch nur eine einzige Saison als Cheftrainer im Lebenslauf stehen, sein Aufstieg zum Bundesligatrainer ging also extrem schnell. Das war also wirklich ein "Wen haben die da verpflichtet" Moment für mich. Da hat die Scoutingabteilung entweder überragende Arbeit geleistet... oder sie haben einfach mit einem Dartpfeil auf die Europakarte geworfen. Gibt es eine "Random Coach Entry" Option auf Transfermarkt.de? 

Was diese Verpflichtungen vereint? Sie sind mutig und innovativ. Man hätte ja auch bei Marco Rose oder Roger Schmidt anrufen können, da hätte man gewusst, was man bekommt. Bo Svensson und Jess Thorup haben schon bewiesen, dass sie im Abstiegskampf erfolgreich bestehen können. Köln war ja kurz davor, Friedhelm Funkel davon zu überzeugen, weiterzumachen. Man ist also immer nur kurz davor, doch rückfällig zu werden.

Für den Optimisten in mir sind das gute Nachrichten. Das Trainerkarussell dreht sich doch immer schneller. Also es wirft die Kandidaten am Rand schneller ab und sortiert sie aus. Eine Karriere wie die von Bruno Labbadia, der immer wieder ordentliche, aber nie überragende, Arbeit abgeliefert hat und so auf 7 Trainerstationen in der Bundesliga kommt, wird es nicht mehr geben. Ein Florian Kohfeldt beweist dagegen, wie schnell man plötzlich nur noch zweitklassige Angebote bekommt.

Die einzige Ausnahme könnte da Niko Kovač sein. Aber, und das ist ein wichtiger Unterschied, dieser Kovač ist "erst" auf seiner 4. Station in der Liga und er hat 3 relevante Titel geholt. Und auch für ihn dürfte die Luft eng werden, wenn er in Dortmund dieses Jahr nicht liefert. Also nicht nur als Dortmund Trainer, sondern als Trainer im Allgemeinen.

Für die Bundesliga als Ganzes kann es nur gut sein, dass man die mittelmäßigen Trainer schneller aussortiert und stattdessen neuen Talenten die Möglichkeit gibt, sich zu beweisen. Denn das sollte das allgemeine Niveau auf der Bank heben. 

Montag, 28. Juli 2025

Die könne alles, außer Elfmeter

 Und sich an mein Skript halten. Aber ich hätte bedenken sollen, dass die Damen unsere Aufmerksamkeit so lange wie möglich genießen wollen und natürlich zumindest in die Verlängerung gehen. Das lief ja quasi die gesamte K.O. Phase schon so.

Aber wer nach diesem Turnier weiterhin behauptet, dass man sich diesen Sport ja nicht angucken kann, ist entweder extrem voreingenommen, oder ein Troll. Obwohl die natürlich in der Sache Recht haben: Das ist kein "richtiger Fußball", schließlich haben 2 Arsenal-Angreifer getroffen... in einem internationalen Finale. Das gab es bei den Herren so noch nie.

Dann kommt am Ende noch raus, dass Lucy Bronze mit einer Fraktur im Schienbein gespielt hat. Die ist hart im Nehmen... Dass der Kicker es dann als "Manko" bezeichnet, dass die willensstärkere Mannschaft gewonnen hat, ist absurd. Also ja, Spanien war technisch deutlich besser. Die hatten teilweise wunderbare Ballstafetten im Angebot. Die waren aber oft auch wunderbar ineffizient. Das war ja auch erwartbar. Dafür war England immer in der Lage physisch dagegenzuhalten und suchte den direkten Weg zum Tor. Gerade ab der 80. Minute, als Spanien doch etwas an Präzision verlor, lag eher ein englisches Tor in der Luft. Dieses Mal wurde aber Vicky eingewechselt und in der Verlängerung hatten die Spanierinnen wieder ein deutliches Übergewicht.

Nebenbei wäre das kein "Manko", sondern eine großartige Geschichte, wenn die deutsche Mentalität diesen Titel errungen hätte. Aber wenn England gewinnt, ist das was anderes. Also nur um mal festzuhalten, wie unterschiedlich die Maßstäbe sein können.

Claudia Neumann fiel nebenbei auf, dass beide Trainerinnen in der 120. Minute noch Wechseloptionen hatten, aber auf den klassischen "Ich wechsele extra jemanden ein, damit die dann verschießt" Kniff verzichteten. Natürlich, das sind halt 2 gute Trainer. Denen war bewusst, dass Elfmeterschießen in diesem Turnier so schon schwer genug ist, da muss man das nicht künstlich noch komplizierter machen, in dem man völlig kalte Spielerinnen in diese Situation zwingt.

Irgendwann werden wir Männer das auch noch erleben: Ein Finale, in dem beide Trainerinnen versuchen, mit ihren Wechseln das Spielgeschehen zu beeinflussen, anstatt nur ein Elfmeterschießen vorzubereiten... aber bis dahin werden noch einige Turniere ins Land ziehen.

Nebenbei... steht noch gar nicht fest, wo diese nächste EM ausgetragen wird, während wird das bei den Herren schon fürs übernächste Mal geklärt haben. Das sind so die Details, die einem verdeutlichen, wie weit weg wir noch von einem Equal Play sind.

Weiteres Beispiel? Es findet ja nicht nur die EM der Frauen statt, sondern auch die Afrika-Meisterschaft... und das Turnier in Südamerika. Was ja völlig absurd ist, weil ja mit Edina Alves Batista die wahrscheinlich beste Schiedsrichterin dieses Kontinents in Europa weilt. Wahrscheinlich verdient sie hier einfach deutlich mehr Geld. Stellt euch mal vor, das würde bei einer Herren-EM passieren. Da würden alle aufschreien, wie das denn sein kann...

Lustigerweise veröffentlicht Kicker.de dann einen Kommentar, der darauf hinweist, dass diese schöne neue Turnierwelt nur in Europa existiert, während die Zustände auf den anderen Kontinenten eher bescheiden sind... Während man es noch nicht mal schafft, einen halbwegs ordentlichen Ergebnisdienst auf seiner Startseite einzubetten. Also ja, wenn man gezielt danach sucht, findet man die Daten auf deren Seite. Man muss aber wirklich gründlich danach suchen. Und wir reden hier von einer Seite, die jedes noch so irrelevante Testspiel einbettet, aber für diese wichtigen Turniere war kein Platz. 

Dass man selber Teil dieses Problems ist, welches sie in diesen Kommentar beschreiben, wird ihnen nicht auffallen. Aber denen fällt ja auch nicht auf, dass sie die Leistungen der Engländerinnen grundsätzlich anders bewerten, als die der Deutschen... Aber gut, wenn es schon kein wirkliches Equal Play gibt, muss doch wenigstens die Berichtserstattung genauso erbärmlich sein...

Alles in allem war das aber ein richtig schönes Turnier. Jetzt muss man halt nur 2 Jahre warten, um endlich wieder Fußball in seiner reinen Form zu genießen. Aber die Zeit werden wir schon irgendwie rumkriegen, ohne deswegen jetzt die Frauenbundesliga zu gucken...