Das ZDF so: Wenn wir das DFB-Pokalspiel früh genug anpfeifen, können wir hinterher noch die Frauen gegen Frankreich zeigen. Und die Männer so: "Was wollt ihr? Und aus der Primetime nehmen, um Frauenfußball zu zeigen? NICHT MIT UNS!"
Frankfurt und Dortmund einigten sich also auf ein Elfmeterschießen. Der Schiedsrichter spielte auch mit und ließ ein, wenn auch knappes, Abseitstor zählen. Und plötzlich war 21:20 als Anstoß ganz schön knapp bemessen. Hat aber anscheinend gerade so gepasst. Und wer braucht schon Nachrichten, wenn er Fußball gucken kann...
Irgendwie bin ich ja überrascht, dass die Dortmunder Fans keine
Tennisbälle auf den Platz geworfen haben, um das Spiel zu unterbrechen
und eine künstliche Nachspielzeit zu erschaffen. Die demonstrieren doch sonst gegen jeden Blödsinn.
Und auch auf St. Pauli dachte man anscheinend, dass danach noch ein Frauenfußball Spiel angepfiffen werden soll. Oder wie erklärt man sich sonst, dass die 17 Elfmeter brauchten um eine Entscheidung herbeizuführen.
Das Lustigste an dieser Woche sind ja die ganzen VAR-Diskussionen. Also diese Runde ist der ultimative Beweis, dass Fußball-Fans eh jammern würden. Eigentlich müssten die sich jetzt mit den doch recht zahlreichen Fehlentscheidungen arrangieren, weil das ja genau der ehrliche und emotionale Fußball ist, dessen Verlust sie angeblich betrauern. Stattdessen jammern sie jetzt, dass der VAR nicht eingreifen konnte.
Ein bisschen absurd ist es aber schon. Also der Fakt, dass diese Hilfestellung in den ersten 2 Runden nicht genutzt wird, danach aber schon. Und nebenbei nutzt man in den Stadien, die das hergeben, die Torlinientechnologie. Man ändert also de facto mitten im Turnier die Regeln und die technischen Voraussetzungen. Das widerspricht doch irgendwie der Grundidee von so einem Event.
Und wäre es nicht sogar besser, wenn man, auch als Geste für genau die Fans, die das immer fordern, komplett auf den VAR verzichtet? Mit einem "Hier habt ihr den Fußball in der urigen Form, die ihr angeblich so vermisst". Und dann stimmt der Satz "Der Pokal hat seine eigenen Gesetze" wenigstens auch.
Die Profi-Vereine können sich da auch nicht so wirklich beschweren. Die nehmen den Pokal doch sowieso nicht so wirklich ernst. Oder wie wollt ihr mir sonst erklären, dass so viele Ersatztorhüter gespielt haben?
Ron-Robert Zieler, Jonas Urbig (auch wenn der, fairerweise, spielen musste, weil Neuer noch gesperrt ist), Daniel Peretz, Marius Müller, Timon Weiner, Maarten Vandevoordt, Nediljko
Labrovic, Ben Voll, Fabian Bredlow, Simon
Simoni, Silas
Prüfrock und Florian Müller standen unter der Woche im Tor, obwohl sie in der Liga nicht die Nummer 1 sind. 12 Torhüter verteilt auf diverse Erst- und Zweitligisten. Haben die alle kein Bock auf einen legendären Pokallauf?
Es gibt natürlich eine Variante, in der ich das irgendwie einsehe: Wenn du international vertreten bist, macht es wahrscheinlich Sinn, seinem Torwart ein wenig Ruhe zu gönnen. Da wird der Spielplan echt voll. Aber in Köln, Augsburg, Hamburg und Wolfsburg? Die haben jetzt nur noch die Liga vor sich, weil sie im Pokal ausgeschieden sind. Wolfsburg und Augsburg sind so bescheiden in die Liga gestartet, dass sie eigentlich jedes Erfolgserlebnis gebrauchen könnten, trotzdem schwächen sie ihre eh schon verunsicherte Mannschaft freiwillig selbst.
Zumindest in Köln hat der Torhüter seinen Anteil am Ausscheiden. Also an 2 der 4 Gegentore hatten Zieler seine Hand im Spiel. Oder eben nicht, weil er zu zaghaft rausging. Es sagen ja immer alle, dass man selbst einen perfekten Tag braucht, wenn man die Bayern schlagen will. Und man muss darauf hoffen, dass der Rekordmeister einen schlechten erwischt. Wieso erschwert man sich den ersten Teil, in dem man auf seinen besseren Torwart verzichtet?
Natürlich feiert St. Pauli jetzt Voll ab, weil er im Elfmeterschießen zum Helden wurde. Aber zum einen fand dieses Elfmeterschießen nur statt, weil der Torhüter vorher das 1:1 verschuldet hat. Er hatte Glück, dass er die Chance bekam, das noch zu reparieren. Vor allem hat man aber mit Nikola Vasilj einen verifizierten Elfmetertöter auf der Bank sitzen. Bei dessen Quote wäre das ganze wesentlich schneller durch gewesen. Aber wer gewinnt, hat ja recht.
Ganz bekloppt wird das Ganze bei Fürth gegen Kaiserslautern. Die einen setzten auf ihren 5. Torwart, die anderen auf ihren Pokal-Keeper... Als Zweitligisten.
Das ist ja der weitere Punkt, warum ich es nachvollziehen kann, dass Europacup-Teilnehmer auf die Ersatztorhüter setzen: Die haben wesentlich wichtigere Wettbewerbe, bei denen es um deutlich mehr Geld geht. Aber für den Rest geht es auch um richtig viel Geld. Im Achtelfinale gibt es 847.544 Euro vom DFB. Dazu die Hoffnung auf das große Los mit einem Live-Spiel, dass deutlich mehr Fernsehgelder bringt. Dieses Live Spiel könnte auch noch ein Heimspiel sein. Selbst bei einem Auswärtsspiel werden die Einnahmen geteilt. Da kommt man ganz schnell auf eine Million Euro. Das sind 2 Millionen Mark. 2000000000000000000000000000000000000 Reichsmark zur Zeit der Inflation.
Das ist Geld, auf das man als Bundesligist sonst nur ungern verzichtet. Als Zweitligist ist es am Ende genau das Geld, von dem du zur Winterpause den entscheidenden Spieler holen kannst, der dir dein Saisonziel rettet. Oder du begleichst damit deine Schulden, aber gerade wenn man die hat, sollte man so viel Geld nicht leichtfertig aufs Spiel setzen.
Das ist nebenbei auch ein neuerer Trend. Also früher hat man das vielleicht in der ersten Runde gegen die Amateure gemacht, hat sich danach aber sehr schnell für den Stammtorwart entschieden. Also praktisches Beispiel: 2017/18 sagte man sich auf Schalke nicht, dass ein Alexander Nübel ja die Spielpraxis benötigt und deswegen im Pokal auflaufen darf. Der saß auch da konsequent auf der Bank. Und im Gegensatz zu vielen Namen, die ich vorhin aufgezählt habe, wurde aus Nübel zumindest ein verlässlicher Bundesligatorwart. Und sein Konkurrent war Ralf Fährmann, der ja gefühlt alle 6 Monate seinen Stammplatz verloren hat. Da hätte man diese Rotation wirklich nachvollziehen können. 2025 sitzt Nübel dann für Bredlow auf der Bank. Einem Spieler, dessen persönliche Leistungsgrenze "Ersatztorwart in der Bundesliga" ist. Auch wenn das in dem Fall ein Teil der Totalrotation der Europacup Teilnehmer war: Ein bisschen absurd ist es schon.
Ursprünglich war das ja nur ein kleiner Trend, der von den Engländern
übernommen wurde. Aber plötzlich spielen mehr Ersatz- als Stammkeeper im
Pokal. Aber inzwischen muss man seinem Ersatztorwart anscheinend einreden, dass man ja 2 gleich gute Torhüter hat und dass es nur Nuancen sind, die beide Spieler trennen... auch wenn Köln in der Liga nie freiwillig auf Zieler setzen würde. Und diese Aussage muss man dann auch mit Spielen im Pokal unterfüttern, damit der Spieler das auch glaubt. Am Ende sagt man damit aber nur, dass man nicht wirklich daran glaubt, dass man diesen Pokal gewinnen kann. Denn sonst würde man da seine beste Mannschaft aufbieten.
Jetzt erzählt der alte Mann noch Geschichten von "Früher", aber es gab echt mal eine Zeit, in der die Trainer vor jedem Pokalspiel darauf hingewiesen haben, dass dies der kürzeste Weg nach Europa ist. Man muss nur 5 Spiele gewinnen und hoffen, dass man im Finale auf die Bayern trifft, und schon ist man international dabei. Ok, war man früher, mittlerweile muss man auch das Finale gewinnen, dafür trifft man dort irgendwie seit 2020 nicht mehr auf die Bayern.
Mittlerweile ist der letzte Eintrag, den man zu dieser Aussage findet, aus dem Jahr 2014. Allerdings werden in dieser Kolumne auch gleich 3 Beispiele genannt, wie Außenseiter ins Finale einziehen: Wolfsburg, Aachen und Duisburg. Alemannia Aachen war ja auch der Verein, der den Traum "Europacup als Zweitligist" wirklich lebte. Aber sie liefen auch mit ihrer besten Elf in diesem Wettbewerb auf.
Wirklich nicht mehr nachvollziehbar wird das Ganze, wenn man bedenkt, dass mit dem 1. FC Kaiserslautern und Arminia Bielefeld zuletzt 2 unterklassige Mannschaften ins Finale eingezogen sind. Fun Fact: Julian Krahl, der "damals" in Berlin im Tor stand, saß jetzt gegen Fürth nur auf der Bank. Während er in der ersten Runde gegen die Amateure noch auflaufen musste.
Anscheinend dachten die Verantwortlichen auf dem Betzenberg sich: "Den Stress tun wir unseren Fans nicht nochmal an, da schwächen wir uns gegen Fürth lieber selbst. Der Plan ging leider daneben, weil der Ersatztorwart eine gute Leistung zeigte. Mist.