Donnerstag, 27. März 2025

80 Millionen der ehrenamtlichen deutschen Bundestrainer sind unfähig.

 Schockierend, ich weiß. Obwohl... da auch 8 von 10 bezahlten Bundestrainern eher scheiße sind, passt das statistisch sogar: Warum sollen die ehrenamtlichen besser sein, als die Profis? Das Absurdeste an der Nations League Woche: Man braucht nur eine viral gehende Szene, um diesen Fakt zu beweisen. Nehmen wir Antonio Rüdigers Aktion gegen Italien. Als er plötzlich bis zum gegnerischen Torwart durchpresste

Fangen wir da erstmal mit den richtig dummen an: den Rassisten. Die sehen hier einen wild gewordenen Affen, der planlos losstürmt und damit das Land in Gefahr bringt. Die Verlogenheit dieser Rassisten kann man ganz einfach offen legen: Wenn Nico Schlotterbeck diese Aktion bringen würde, würden sie das solidarisch feiern: "Der zerreißt sich richtig für die Deutsche Nationalmannschaft! Der setzt bei Rückstand ein Zeichen und rüttelt seine Mitspieler wach und versucht diese mitzureißen! Genau das wollen wir sehen!" Nur halt nicht von einem Schwarzen. Aber prinzipiell wollen wir genau das sehen.

Aber auch die vernünftigen Menschen bekommen Angst, wenn sie diese Pressingsszene sehen: "Jedes Mal, wenn ich so was sehe, rutscht mir das Herz in die Hose!" Denn wenn man keine Ahnung von Fußball hat, sieht man eine potenzielle Gefahrensituation, wenn ein Verteidiger hoch anläuft.

Dabei muss ich an der Stelle zugeben: Mir macht diese Szene auch Angst. Aber hauptsächlich, weil ich offen dazu stehe, ein Anti-Fan zu sein. Ich sehe diese Mannschaft halt gerne verlieren. Dass die jetzt schon solche Aktionen drauf haben, macht mir Sorgen. Denn das beweist, dass sie gut trainiert werden. Und wenn eine talentierte Mannschaft auf einen guten Trainer trifft, verspricht das meistens große Erfolge.

Denn das Wichtigste an dieser Szene ist, dass die deutsche Mannschaft kollektiv auf den Ausflug von Rüdiger reagiert. Leon Goretzka lässt sich direkt ein wenig zurückfallen. Der Rest schiebt mit hoch, sodass hinter Rüdiger kein freier Raum entsteht, der bespielt werden kann. Vor allem dieser Fakt spricht dafür, dass es kein "wilder Ausflug" war, sondern eine abgesprochene Aktion. Denn nur, wenn es vorher Absprachen gab, kann eine derartige Reaktion folgen.

Es gab also das Signal "Jetzt hoch pressen" und Rüdiger war in diesem Moment der "freie Spieler", der dieses Pressing auslösen konnte. Das wurde dann einwandfrei durchgezogen, aber die Italiener konnten sich trotzdem befreien. Sie konnten aber keinen ruhigen Angriff einleiten, deswegen gab es praktisch das "Worst-Case-Szenario": Einen Einwurf tief in der italienischen Hälfte.

Also ich verlinke hier mal demonstrativ einen scheinbar sichereren, aber realistisch viel gefährlicheren Pressing-Versuch: beim Spiel Dortmund läufen gegen Leverkusen hoch an. Aber Julian Brandt geht nur halbherzig drauf, der Raum hinter der Pressinglinie ist schlecht besetzt und ein einziger Pass reicht, damit Bayer plötzlich mit viel Raum auf die Viererkette zulaufen kann. In fast schon logischer Konsequenz fällt das 3:1. 

Obwohl das Pressing von den Angreifern initiiert wird, ist es wesentlich gefährlicher als der Ausflug von Rüdiger, weil eben nicht konsequent und kollektiv gepresst wird. 

Natürlich lässt Deutschland mir noch genügend Hoffnungsschimmer, schließlich haben sie gerade 3 Tore gegen Italien bekommen. Aber der erste Gegentreffer entstand aus einem krassen Fehler um Aufbauspiel. Beim dritten produzierte man einen Elfmeter nach einer Ecke. Lediglich der 2. Treffer wurde tatsächlich von den Italienern heraus gespielt.  Und dort zeigte sich dann: Es ist eher gefährlich, wenn man nicht presst.

Denn in der 2. Halbzeit begann man ja, sich zu schonen. Diese Schonung zeigte sich einerseits in den Wechseln im zentralen Mittelfeld, die eher semigut verkraftet wurden. Aber sie zeigte sich eben auch darin, dass man nicht mehr all die Meter in letzter Konsequenz ging, die man braucht, um ein effektives Pressing aufzuziehen. Das wichtigste hier ist aber: Während der WM wird sich niemand schonen.

Wen man mal bedenkt, wie oft in den letzten 10 Jahren das Wort "Restverteidigung" benutzt wurde, um Gegentore der deutschen Nationalelf zu erklären, ist diese Pressingssituation ein deutlicher Fortschritt.

Montag, 24. März 2025

Wie man das freie Zeitfenster geschickt nutzt

 Denn wenn sich die "Ultras" angeblich nicht für die Nations League interessieren, muss man das ja ausnutzen... und eine Gegendemonstration in die Nische bringen.

Da der Herren-Fußball ja so unfassbar dominant in unserem Programm ist, dass er beinah alles platt macht, ist das unfassbar schwierig. Aber der Frauen-Fußball hat diese Chance tatsächlich ergriffen. Sie haben der "Warum spielt dann nicht wenigstens die 2. und 3. Liga" Fraktion eine andere Option gegeben.

Die Antwort auf diese dämliche Frage lautet nebenbei: Weil auch diese Vereine Nationalspieler haben, die sie abstellen müssen. Du willst doch nicht, dass dieses verdammt enge Aufstiegsrennen dadurch entschieden wird, dass ein wichtiger Spieler auf Reisen ist?

Wenn man diesen Leuten dann mit einem "Dann guck doch Frauen-Fußball, die haben richtig interessante Spiele im Kalender" kommt, lachen die einen natürlich aus. Da kann man dann aber elegant mit einem "Die heulen und simulieren dir wahrscheinlich zu wenig..." kontern. Aber dass Ultras eigentlich Frauen-Fußball gucken müssten, weil es dort all das gibt, was sie ständig fordern, belegt ja nur ihre Bigotterie...

Dabei haben die echt richtig gute Spiele in die Lücke platziert. Bayern und Wolfsburg hatten ihre Heimspiele im Champions League Viertelfinale. In Wolfsburg kamen 13.000 Zuschauer ins Stadion, obwohl die eigentlich im Werk sein mussten... Also das war ja immer die Ausrede, warum die Champions League Spiele der Herren so schlecht besucht sind. 

Die Bayern-Damen müssen derweil auch im Champions League Viertelfinale weiterhin auf dem Campus vor 2.500 Zuschauern spielen. Das ist halt auch der Unterschied zwischen Bayern und Wolfsburg, da ist ein Viertelfinale nur die Pflichterfüllung und die Feiertage beginnen ab dem Halbfinale.

Vor allem zeigte sich tatsächlich ein anderes Problem: Beide Mannschaften waren in ihren Heimspielen weitestgehend chancenlos. Während man die ersten Jahre in diesem Wettbewerb noch krass dominiert hat, wurde man mittlerweile von den Engländerinnen und Spanierinnen überholt. Und Turbine Potsdam, die den Wettbewerb 2 Jahre infolge gewinnen konnten, stehen sieglos am Ende der Tabelle.

Die Bundesliga-Tabelle zeigt nebenbei wahrscheinlich den einen Fehler, der dort gerade gemacht wird. Denn man hat sich ja für eine Aufstockung auf 14 Mannschaften entschieden. Deswegen steigt dieses Jahr nur eine Mannschaft ab. Aber das könnte dazu führen, dass Carl Zeiss Jena ohne einen einzigen Sieg den Klassenerhalt feiern kann.  Und das Ende der Tabelle ist ja regelmäßig völlig absurd. Letzte Saison holte der MSV Duisburg 4 Punkte. Den absoluten Tiefpunkt lieferte Borussia Mönchengladbach 2018/19 mit einem einzigen Punkt.

So schön das Wachstum des Frauen-Fußballs ist, es findet ausschließlich an der Spitze statt. In der Breite schafft man es konstant nicht, 12 wettbewerbsfähige Teams zusammenzustellen. Deswegen versucht man es jetzt mit 14 Mannschaften. Das klingt sinnvoll.

Einer dieser potenziell 14 Mannschaften spielte dann am Sonntag im Volkspark vor 57.000 Zuschauern. Denn der DFB zog direkt mit dem Pokal-Halbfinale nach. Man bekam dort ein klassisches Nordderby geschenkt: Hamburger SV - Werder Bremen. Und das war direkt eine Pokal-Klassikerin. Also ein Spiel, über das man noch Monate reden würde, wenn es die Herren ausgetragen hätten:

Die auch bei den Damen höherklassigen Bremerinnen dezimierten sich unmotiviert selbst. Der HSV kämpfte aufopferungsvoll und warf alles in die Wagschale, konnte der Vereins-DNA aber nicht komplett aus dem Weg gehen: Ein krasser Patzer der Torhüterin in einer Pressing-Situation schenkte dem Favoriten die Führung. Aber der Ausgleich von Sarah Stöckmann in der 90. Minute brachte das Stadion zum Explodieren. Direkt hätte Hamburg fast das nächste, diesmal wirkliche Eigentor produziert, aber Inga Schuldt bekam tatsächlich die Chance, ihren krassen Fehler vor dem 0:1 wieder gutzumachen. In der Verlängerung vergab Lisa Baum die große Chance den HSV tatsächlich in Führung zu bringen, bevor der Kommentator feststellte, dass ein Treffer jetzt wohl die Entscheidung bringen könnte... also nicht nur die Dramatik, sondern sogar die völlig bescheuerten Kommentare waren auf Herren-Niveau. Diesen Treffer erzielte Sophie Weidauer nach einer starken Kombination. Und gegen nun alles verzweifelt nach vorne werfende Hamburgerinnen gelang ihnen noch das 3:1. 

Aber ganz ehrlich und trotz all der Verlängerungen in der Nations League: Dieses Pokal-Halbfinale war das eine Spiel, welches man als deutscher Fußball Fan gesehen haben sollte. Also bevor man verzweifelt im Kalender guckt, ob die Dritte Liga vielleicht doch spielt. Es lieferte all das, was einen guten Pokal-Fight ausmacht.

Und der DFB hat das tatsächlich bewusst und langfristig geplant. Denn eigentlich sollte der HSV an diesem Wochenende in der 2. Liga gegen den SV Weinberg spielen. Das Spiel wurde aber auf Mittwoch, den 5.3. vorverlegt. Anstoß 12 Uhr... Da kommen dann nur die wirklichen Ultras. Alle 160. Dass der HSV während des Pokal-Wochenendes dann Platz 3 wieder an den SV Meppen abgeben musste, ist dem richtig seriösen Kommentator natürlich auch nicht aufgefallen. Das ist der Qualitätsjournalismus, den an den uns Béla Réthy so gewöhnt hat.

Jetzt könnten Kritiker natürlich anmerken, dass ich selbst, wenn ich den Frauen-Fußball so richtig ernst nehmen würde, auch wissen muss, dass die HSV-Damen durchaus in der Lage sind, aufzusteigen. Also noch nicht in die Bundesliga, aber die sind 2023 in die 2. Liga aufgestiegen. Stimmt. Und das mache ich jetzt auch nur bedingt besser, wenn ich jetzt behaupte, dass ja "sogar die Frauen" das mit dem Aufstieg schonmal hinbekommen haben, da kann das ja alles nicht so schwer sein... Ja, der HSV ist "nur" der einzige Verein in Deutschland, dessen Herren-Mannschaft noch nie aufgestiegen ist. 

Im 2. Pokal-Halbfinale war die TSG 1899 Hoffenheim auf dem Weg, den Titelfavoriten aus München aus dem Wettbewerb zu werfen, bevor auch hier ein Fehler der Torhüterin den Weg zum Comeback öffnete. Und das ist dann wahrscheinlich die eine Szene, die ihr mit sexistischen Kommentaren in den sozialen Medien zu sehen bekommen habt. Was dabei aber total unfair ist: Der Kontext wird komplett ignoriert. Denn die 21-jährige Laura Dick musste in der 51. Minute eingewechselt werden, weil sich Stammtorhüterin Martina Tufekovic in der 49. Minute verletzt hat. Sie konnte sich also 2 Minuten lang "warm" machen. Dann wurde sie direkt und aus der völligen Kalten in eine unangenehme Situation geschickt, in der sie dann verkackt hat. Das ist eben nicht "typisch Frau", sondern etwas, dass jungen Menschen passiert, wenn sie unerwartet und unvorbereitet in eine extreme Stresssituation geschickt werden.

Es gäbe genügend Ansätze, diesen Aussetzer zu erklären, ohne irgendwie das Geschlecht ins Gespräch zu bringen. Aber dann wäre Mann ja kein sexistisches Arschloch....

Donnerstag, 20. März 2025

Endlich wieder Länderspielpause

 Das wird sogar Xabi Alonso so sehen. Auch wenn sein Comeback-Bayer gerade ein großes Comeback gefeiert hat. Nur halt leider zu spät, um für diese Saison noch relevant zu sein. Aber besser spät als nie.

Aber wir haben wieder mal den Punkt erreicht, wo selbst die Vereine nicht mehr darüber jammern, dass es mal eine Länderspielpause gibt. Denn für die Spieler der Spitzenteams klingen "nur 2 Spiele in 10 Tagen" fast wie Urlaub. Und die Trainer können sich mal neu sortieren und mental auf den Schlussspurt vorbereiten.

Und klar, weil man dieses mal aufs komplette versagen verzichtet hat und stattdessen an der K.O. Phase der Nations League teilnimmt, ist es nur fast wie Urlaub. Denn die Spiele haben ja plötzlich eine gewisse Relevanz.

Nebenbei ist das so ein Faktor, der bei der "Aufblähung" der Turniere im Sommer gerne ignoriert wird. Also es wird da ja gerne behauptet, dass das für die Spieler scheiße ist, weil die jetzt ein Spiel mehr absolvieren müssen, um Weltmeister zu werden. Und kurzfristig betrachtet stimmt dies sogar: Es wurde eine zusätzliche K.O. Phase eingeführt. Wenn man aber nicht nur den Horizont eines Flat Earthers hat, sondern ein bisschen über den Tellerrand hinausschaut... Wenn Deutschland sich für das "Final 4" Turnier qualifiziert, landen sie in einer 4er Gruppe mit Nordirland, der Slowakai und Luxemburg. Wenn sie sich dann, wovon man ja ausgehen sollte, als Gruppenerster qualifizieren, brauchen sie dafür "nur" 6 Spiele.

Für die WM in Katar spielte man in einer 6er Gruppe mit Nordmazedonien, Rumänien, Armenien, Island und Liechtenstein. Damals brauchte man 10 Spiele. Selbst im Worst Case Szenario mit einer Niederlagegegen Italien braucht man "planmäßig" 2 Spiele weniger, um sich für die WM in Nordamerika zu qualifizieren, Im Idealfall sind es sogar 4 Spiele weniger. Da kann man ja glatt ein weiteres Spaßturnier für die Vereine einführen.

Das ist aber auch etwas, dass die UEFA nicht vermarktet und die Vereine suboptimal aushandeln. Also ein "Ja, wir erweitern die Turniere, aber dafür kürzen wir die Länderspiel-Pausen während der Saison etwas runter" wäre doch eine faire Verhandlungsgrundlage. Da müssten sich doch alle Nationen, außer die ganz kleinen, drauf einlassen. Und wo demnächst die halbe Welt zur WM eingeladen wird, kann das ja auch nicht an den mangelnden Stimmen scheitern.

Wenn man darauf hinweist, dass die Länderspiele gerade im Vergleich zur aufgeblähten Champions League gar nicht mehr geworden sind, würde man den jammernden Vereinen und Fans viel Wind aus den Segeln nehmen. 

Da kommen wir mal wieder zu meinem Lieblingsspiel: Lasst uns mal nachrechnen, wie viele Spiele Bayern München seit der letzten Länderspielpause absolviert haben. Stichtag ist der 19.11.2024. Die Bayern sind da bei 25 Pflichtspielen. Es hätten nebenbei sogar mehr sein können, wenn man sich nicht frühzeitig aus dem Pokal verabschiedet hätte.

Dann drehen wir die Uhr mal 20 Jahre zurück. Da ist die Länderspielbilanz immer schwierig, weil das ausgerechnet das Jahr ist, in dem die deutsche Nationalmannschaft als "Danke Schön" für die WM Vergabe im Dezember auf Asienreise war. Aber man kann ja trotzdem mal gucken, wie viele Spiele die Bayern zwischen dem 19.11., also dem Ende der offiziellen Rahmentermine für Landerspiele mit dem Freundschaftsspiel gegen Kamerun, und dem 26.03., einem Spiel  in Slowenien ausgetragen wurden. Man kommt dann auf 18 Spiele.

Drehen wir die Uhr weitere 20 Jahre zurück, kommen die Bayern in diesem Zeitraum auf 13 Spiele. Man könnte einen Trend erkennen. Also während sich die Anzahl der Länderspiele in einem "nicht Turnier Saison" von 11 auf 10 reduziert haben, hat sich die Zahl der Vereinsspiele quasi verdoppelt. Da fragt man sich echt, wie man als Vereinspräsident über die Länderspiele aufregen kann, wenn die ganz offensichtlich nicht das Problem sind. 

Das werden die Verantwortlichen der Vereine aber niemals erwähnen, denn dann müssten sie ja zugeben, dass aussschließlich ihre eigene Gier Schuld and der völligen überlastung des Rahmenterminkalenders ist.

Donnerstag, 13. März 2025

Hat ein einziger Transfer die Saison von Liverpool ruiniert?

 Und damit die Gruppenphase ad absurdum geführt? Kann ein einziger Transfer, der nicht mal vom designierten englischen Meister selbst getätigt wurde, wirklich so krassen Einfluss haben? Und wenn ja, muss Kylian Mbappé allein dafür den Ballon d'Or gewinnen?

Also der Reihe nach: Ich habe ja immer die These in den Raum geworfen, dass die Zwischenrunde praktisch egal sein wird, weil die Titelkandidaten in dem neuen System alle aus den Top 8 kommen werden. Jetzt stehen aber 3 der Playoff-Teilnehmer schon mal im Viertelfinale... und 2 von denen sehen wie echte Titelkandidaten aus. Dass die Bayern dies noch nicht sind, hat anscheinend sogar der Kicker erkannt, er versteckt diese Botschaft aber hinter einer Paywall...

Aber Real Madrid... nun ja. Tut halt Real Madrid Dinge. Das ist die einzige Mannschaft, die mehr Elfmeter als der Gegner verschießt und trotzdem nach Elfmeterschießen weiterkommt. Weil der Julian Alvarez sich selbst anschießt. Bei allen anderen Mannschaften der Welt würde man jetzt sagen, dass man sich nicht immer so durchmogeln kann. Das Glück muss doch irgendwann aufgebraucht sein. Aber Real macht das seit Jahren.

Und auch Paris St. Germain war in beiden Spielen einfach mal besser, als der in der Gruppenphase alles dominierende FC Liverpool. Also ja, ein Weiterkommen nach Elfmeterschießen ist immer glücklich. Aber Liverpool hatte sein Glück halt aufgebraucht, um dieses Elfmeterschießen zu erreichen. Beiden Mannschaften will man derzeit unbedingt aus dem Weg gehen. Beide gehen als Favorit ins Halbfinale gegen Arsenal und Aston Villa. Und beide treffen dann im Halbfinale aufeinander. 

Beide werden aber auch durch diesen einen Wechsel im Sommer definiert. Und beide haben wohl auch deswegen eine so bescheidene Hinrunde gespielt. Bei Real Madrid brauchte Mbappé einfach doch ein halbes Jahr, um anzukommen und seine neue Rolle in dem Starensemble zu finden. Jetzt ist er plötzlich bei 15 Toren im Jahr 2025. Und bei 28 auf die gesamte Saison gesehen. Wenn er das aktuelle Tempo beibehält, erzielt der in seiner Debütsaison über 40 Tore. 

Das zeigt aber auch, dass selbst die besten Fußballer eine gewisse Zeit brauchen, um sich abzustimmen und die Automatismen zu erarbeiten. Was alle, die jetzt schon behaupten, dass Florian Wirtz und Jamal Musiala nicht zusammenpassen können, mal zur Kenntnis nehmen könnten. Jetzt, wo der Integrationsprozess abgeschlossen scheint, ist Real wieder verdammt gefährlich. Und sie dürften es für die nächsten 5 Jahre bleiben. 

Paris St. Germain musste dagegen den Abgang ihres Fixpunktes verkraften. Man reagierte auf das Beinah-Aus mit einer taktischen Umstellung: Ousmane Dembélé zog nach Jahren auf der rechten Außenbahn ins Zentrum. Dazu, das soll hier nicht verschwiegen werden, gelang ihnen mit der Verpflichtung von Chwitscha Kwarazchelia ein echter Coup. Das dürfte genau der selbstlose Offensivspieler sein, den Paris die letzten Jahre, in denen sich alles um Mbappé, Neymar und Messi drehte, gefehlt hat. Aber im Wesentlichen gilt hier das Gegenprinzip zu den Vorgängen bei Real Madrid: Man brauchte einfach ein halbes Jahr, um herauszufinden, wie man ohne den absoluten Superstar spielen kann, will und muss. Und auch ohne den Neuzugang konnte man ja schon das Spiel gegen Manchester City drehen. Die Fortschritte waren also schon vor dem Liverpool Spiel deutlich wahrnehmbar.

Uns sollte das vor allem beibringen, dass wir nicht zu schnell über Spieler und Mannschaften urteilen sollten. Das selbst richtig teure Mannschaften einfach ihre Zeit brauchen. Da der derzeit beste Spieler der Welt eher selten im Sommer das Team wechselt, wird ein derartiger Saisonverlauf aber eher eine Ausnahme bleiben.

Dienstag, 11. März 2025

Dann springe ich halt über meinen Schatten

 und verteidige Thomas Müller. Am Ende werde ich ihn wahrscheinlich sogar loben. Nachdem ich den jahrelang kritisiert habe, weil er nicht mehr den allerhöchsten Ansprüchen genügt. Und nebenbei habe ich darauf hingewiesen, dass jeder Trainer, der nicht bedingungslos auf Müller gesetzt hat, zeitnah die Kabine verloren hat. Und wenn man Müller in den wirklich wichtigen Spielen nicht aufgestellt hat, wurde das sofort von den Medien aufgegriffen, auch wenn es seit spätestens 2020 eine sinnvolle Entscheidung war. Trotzdem war es nach wie vor alternativlos, auf Müller zu setzen.

Lustiger Einschub: Frank Lußem kommentiert gerade hinter einer Paywall, dass man als Reporter von Sky, DAZN und Co. auch dann noch kritisch bleiben muss, wenn man ganz nah an den Profis dran ist. Dass die Kicker-Redakteure sich seit Jahrzehnten alle Sicherungen rausknallen, wenn sie über zum Beispiel einen Thomas Müller sachlich berichten sollen, ist ihm dabei anscheinend entgangen. Denn man hätte die Rolle von Müller und seine Leistungen ja mal kritisch durchleuchten können, aber dass der ohne ein einziges EM Tor in den Ruhestand gehen wird, ist jahrelang auch beim Kicker niemanden aufgefallen.

Jetzt hat Müller aber eine neue Rolle eingenommen: die des Veteranen und des Mentors. Er sitzt mittlerweile meistens auf der Bank. Das ist kaum noch eine Schlagzeile wert. Er kommt auf 6 Scorerpunkte. So viel hat er früher alleine gegen den Hamburger SV gesammelt. Mittlerweile hat sich Müller aber mit dieser neuen Rolle angefreundet. Man hört ja wirklich gar kein Grummeln, sondern volle Unterstützung für Trainer und Team. Er macht einfach alles, was er kann, um seiner Mannschaft zu helfen, hat aber anscheinend auch begriffen, dass er dies zumindest nicht mehr über 90 Minuten auf dem Platz machen kann.

Und dann kommen die Experten und eskalieren trotzdem: Michael Rummenigge und Mario Basler raten Müller unabhängig voneinander zum Karriereende. Lothar Matthäus nennt die späte Einwechslung gegen Celtic eine Demütigung.

Wobei ich an der Stelle auch erwähnen muss, dass die Fans die Rolle von Müller auch nicht einordnen können. Denn in den sozialen Medien habe ich erschreckend häufig gelesen, dass Vincent Kompany den ja gebracht hat, um in der Verlängerung was zu reißen. Die (und nach deren Meinung auch der Trainer) hatten also so viel Vertrauen in die eigene Defensive, dass sie fest davon ausgingen, dass Celtic in den 60 Sekunden, die Müller mitwirken durfte, noch ein Tor erzielen wird... Ich sollte weniger Bahn fahren, da scrollt man immer sinnlos durch die Kommentarspalten.

Müller selbst hat das völlig entspannt hingenommen. Der versteht halt, dass seine Rolle auch mal reines Zeitspiel beinhaltet. Und der nimmt die Einsätze für die Statistik einfach mal mit. Wenn man nämlich in 10 Jahren auf die Karriere zurückschaut, wird niemand darauf achten, wie wenige Minuten Müller am Ende gespielt hat, sondern es werden alle nur die 160+X Champions League Spiele erwähnen. Müller ist nebenbei in der All Time Liste auf Platz 4. 3 weitere Einwechslungen in den letzten Sekunden und er hat Lionel Messi eingeholt. Um Iker Cassillas und Cristiano Ronaldo einzuholen, muss er noch einige Jahre dran hängen. Aber das ist rein statistisch das Niveau, auf dem Müller immer noch mitspielt. Als einziger "1 Club Spieler", nebenbei. Von einer "Demütigung" zu sprechen, wenn er diese Bilanz weiter ausbauen kann, ist schon absurd.

Genauso absurd ist es, einem Profispieler das Karriereende nahezulegen. Solange Müller noch Bock hat und seine eigenen, mit dem Alter kommenden, Limitierungen akzeptiert, kann er auch noch weiterspielen. Die paar Millionen kann sich der FC Bayern locker leisten, das tut niemanden weh. Und ja, wenn er die Rolle als Mentor voll annimmt, profitieren davon auch die jungen Spieler, obwohl er einen Platz auf der Bank besetzt.

Und klar, es gibt genügend Beispiele für Profis, die nicht den rechtzeitigen Absprung geschafft haben. Hätte sich ein Bastian Schweinsteiger wirklich die Intermezzos bei Manchester United und in Chigaco antun müssen? Aber diesem Dilemma scheint Müller ja aus dem Weg zu gehen. Also im Gegensatz zu Schweinsteiger, Ribbery, Robben, Klose, Rummenigge, Gerd Müller und Beckenbauer wird er ja seine Karriere irgendwann bei den Bayern beenden. Nur halt etwas später und etwas entspannter als sein Vorgänger im Geiste Philipp Lahm.

Und natürlich kämpft ein Müller nur noch um absurde Statistiken. Individueller Rekordmeister bleiben ist so eine. Dafür kann er aber einfach nicht vor Manuel Neuer in den Ruhestand gehen. Und ein Auge auf Josip Stanisic werfen, der ist mit seinen 24 Jahren schon bei 4 Meisterschaften. Wenn der jetzt 10 Jahre lang den Rollenspieler bei den Bayern gibt, wird das eng für Thomas, da sollte er sich lieber noch einen Puffer aufbauen...

Müller ist echt in der luxuriösen Position, dass er selbst entscheiden kann, wie lange er in einer auf dem Rasen kleineren Rolle noch auf Titeljagd gehen will. Und wie lange es ihm noch Spaß macht, sich jeden Tag im Training zu schinden. Müller glaubt wahrscheinlich sogar daran, dass er von der Bank aus noch zu einem weiteren Champions League Titel beitragen kann, solange Harry Kane seine Elfmeter trifft. Und wenn ihm das "Meisterschale in den Himmel recken" irgendwann wirklich zu langweilig oder das Training zu anstrengend wird, dann kann er sofort in den Ruhestand gehen. Ihm sollte aber niemand vorschreiben, wann er diesen Punkt erreicht.

Vor allem kein Mario Basler. Also Basler merkt ja selber, wie bescheiden das ist, wenn man plötzlich raus aus dem gewohnten Scheinwerferlicht ist. Er hat das so sehr vermisst, dass er zu Big Brother gegangen ist. Und da geht es nicht mal, wie bei dem einen oder anderen ehemaligen Profi, ums Geld, sondern wirklich nur darum gesehen werden. Deswegen sitzt er auch als C-Experte bei Sport1: Das Scheinwerferlicht kann halt auch süchtig machen.
Nun macht Müller nicht den Eindruck, als würde er nach der Karriere abstürzen können. Ihm aber zum Karriereende zu raten, während man selbst krampfhaft versucht, nicht in der kompletten Bedeutungslosigkeit zu verschwinden, ist schon dreist.

Montag, 10. März 2025

Weil das ja letzte Woche nicht absurd genug war

Legt die Bundesliga dieses Wochenende kollektiv nach: zum 2. Mal infolge gab es keinen einzigen Heimsieg. Da die Spieltage mittlerweile so schön aufgesplittet sind, haben wir 19 Bundesligaspiele am Stück ohne einen einzigen Heimsieg. Wenn mir jemand gesagt hätte, dass das 4:0 der Bayern gegen Eintracht Frankfurt so ein historisches Event werden würde, hätte ich vielleicht sogar eingeschaltet. Und als Nächstes gibt es St. Pauli gegen Hoffenheim. Die Kiezkicker stehen bisher bei 2 Heimsiegen in der Saison, diese Serie könnte also locker noch ausgeweitet werden.

Die Bayern zeigten uns nebenbei, wie ernst sie die Bundesliga noch nehmen, als sie Thomas Müller aufgestellt haben. Wobei ich noch einer Einschätzung zur Müller Situation abliefern muss. Sie wollten anscheinend nachweisen, dass man doch Meister werden kann, wenn man Punkte gegen den VfL Bochum liegen lässt. Noch deutlicher kann man Bayer Leverkusen nicht vorführen. 

Die wirkliche Arroganz zeigte sich aber auf der anderen Seite des Feldes: Man hatte da die Gelegenheit, dass sich ihr neuer, junger Torwart mit der sowieso eher wackligen Abwehr einspielen kann. Stattdessen bot Vincent Kompany eine Viererkette auf, die garantiert so nie wieder zusammenspielen wird.
Wenn man da noch bedenkt, dass selbst den plötzlich völlig harmlosen Leverkusenern am Mittwoch eine Großchance auf dem Silbertablett serviert wurde...

Und ja, auch wenn Florian Wirtz jetzt ausfällt, so lieferten die Bayern allen Fans der spannenden Spiele einen schönen Hoffnungsschimmer. Denn sie haben mal wieder nachgewiesen, dass sie gegen jede Mannschaft der Welt 3 Gegentore kassieren können.

Der VfL Bochum hat damit nebenbei die Bayern geschlagen. Und vorher Borussia Dortmund. Dazu haben sie gegen RB Leipzig und Bayer Leverkusen ein Mal unentschieden gespielt. Nur gegen den VfB Stuttgart konnte man noch keinen Punkt ergattern, das Rückspiel steht aber noch aus. Damit hat die Mannschaft, die die gesamte Hinrunde über wie ein sicherer Absteiger aussah, 8 Punkte gegen die 5 Champions League Teilnehmer geholt. 8 von 20. Und nebenbei hat man 10 Tore erzielt. Wenn die gegen alle Vereine so gut abschneiden würden, könnte man glatt in die Conference League einziehen...

An der Stelle muss ich aber mit höchstem Respekt die Entwicklung der hier häufig kritisierten Bochumer loben. Ich hatte mich da ja relativ weit aus dem Fenster gelehnt und behauptet, dass die 3 Punkte am grünen Tisch aus dem Berlin Spiel am Ende egal sein werden. #PassivesAbseitsleserwissenesexklusiv. Denn das war ja der erste Sieg nach 14 Spieltagen. Das sah halt nicht so aus, als würden die 2 zusätzlichen Punkte am Ende den Unterschied ausmachen. Jetzt hat Bochum nur eines seiner letzten 5 Bundesligaspiele verloren. Sie haben in dieser Phase 6 Punkte geholt. Da sind sie tatsächlich auf Augenhöhe mit RB Leipzig und Borussia Dortmund. Eintracht Frankfurt hat im selben Zeitrahmen nur 4 Punkte geholt. 

Und es ist ja nicht so, dass man eine günstige Phase im Kalender abgegriffen hat und gegen direkte Konkurrenten in Heimspielen die Punkte geholt hat. Im Gegenteil: Das Heimspiel gegen Hoffenheim war die einzige Niederlage in dieser Serie. Selbst der FC St.Pauli hat mittlerweile gemerkt, dass sie doch wieder was machen müssen, um doch die Klasse zu halten. Deren Plan war es ja anscheinend, den Klassenerhalt ohne eigene Treffer zu sichern. Diesen Sidequest haben sie jetzt doch abgebrochen.

Aber "Tore schießen" scheint ja gerade eher ein zweitrangiges Ziel zu sein. Serien ohne Gegentreffer sind der neue, heiße Scheiß. Denn sowohl der FC Augsburg als auch der SC Freiburg haben da gerade einen neuen Vereinsrekord aufgestellt. BEIDE sind seit 6 (!) Spielen ohne Gegentreffer. Das ist noch absurder als die 19 Spiele am Stück ohne Heimsieg. In Asien soll man ja auf alles wetten können...

Bleibt noch als letztes Highlight die neuste Aussage vom besten Führungsspieler aller Zeiten, Emre Can. Der hielt diese Woche essenzielles fest: "Den Fans kann man auf keinen Fall etwas vorwerfen." Die Kurve hat er gerade noch so bekommen. Die Fans in Dortmund gehen im Gegensatz zur Mannschaft auch dahin, wo es weh tut... ins Stadion halt. Und sie haben noch nie nur das Nötigste getan.

Dann spielt er noch das "Bloß nicht von Mentalität reden" Bullshit-Bingo: "Das liegt alles im Kopf. Das hat mit der Einstellung zu tun." Gut, dass wir das mal geklärt haben. Wo sie in Dortmund jetzt, also nach 9 Monaten, endlich erkannt haben, woran sie arbeiten müssten, könnte es ja endlich auch Fortschritte geben.

Donnerstag, 6. März 2025

Die sind halt doch nur ein ganz normaler Bundesligist.

 Auch wenn sie sich in den letzten 2 Jahren als etwas bessere getarnt haben. Wenn Bayer Leverkusen dann die Chance hat, wirklich eine Wachablösung in Deutschland anzukündigen, erstarren sie doch einfach in Ehrfurcht und schlagen sich effektiv selbst.

Xabi Alonso kratzt sein eigenes Denkmal an, weil er in dem wichtigsten Spiel einfach mal den Ersatztorwart aufstellt, der dann kritisch patzt. Florian Wirtz spielt in derselben Range wie Julian Brandt. Nordi Mukiele's Platzverweis an der Seitenlinie in der gegnerischen Hälfte war eine der absurdesten Aktionen des Jahres. Also wie Mukiele selbst schon vor dem Kontakt mit dem gegnerischen Knöchel erkennt, dass er jetzt gleich vom Platz fliegt, den Tritt aber nicht mehr verhindern kann. Dass Edmond Tapsoba für 5 Sekunden vergisst, dass der VAR existiert und man bei Ecken einfach nicht mehr so am gegnerischen Trikot zerren darf. Und dann gewinnt Bayern plötzlich mit 3:0. Für die war das ein ganz gewöhnliches Spitzenspiel: Der direkte Konkurrent schlägt sich einfach selbst. Man muss nur daneben stehen und abwarten.

Schon zur Halbzeit war ja abzusehen, dass Leverkusen heute nicht seine Topform auf den Platz bringen wird. Was, das muss an der Stelle auch mal erwähnt werden, durchaus auch an der taktisch hervorragenden Leistung der Bayern lag. Joshua Kimmich bot sein erstes wirklich überragendes Spiel als 6er seit Jahren ab. Der DAZN Kommentator laberte da gleich etwas von "Wie 2020 spielen Goretzka und Kimmich auf der Doppel-6.", was mich natürlich komplett triggerte: Warum kommentieren Leute, die offensichtlich keinen Fußball gucken, diese Spiele? Kimmich spielte im Finale als Rechtsverteidiger. Wie er dies im gesamten "Finalturnier" gemacht hat. Dass jetzt Leute die Karriere von Kimmich wegen eines guten Spieles komplett neu schreiben wollen und einfach behaupten, dass der ja schon immer ein international überragender Sechser war, kotzt mich so was von an. Das beweist einfach nur, wie weit weg wir von einem seriösen Journalismus und kritischer Berichtserstattung sind.

Wenn Kimmich solche Leistungen in den wichtigsten Spielen häufiger angeboten hätte, würde auch ein Thomas Tuchel, der direkt nach der falschen Bemerkung infrage gestellt wurde, auf ihn als 6er setzen. Und wenn man die Leistungen von Kimmich kritisch durchleuchten würde, könnte einem auffallen, dass der eigentlich "nur" als Rechtsverteidiger wirklich richtig gut war. Dann würde man auch verstehen, warum sich die Bayern mit einer Vertragsverlängerung so schwertun. Denn die sind sich anscheinend bewusst, dass man mit Kimmich "nur" die nationalen Erfolge feiern kann, er aber die internationalen Ansprüche im Zentrum nicht erfüllt. Aber gut, bis zum Halbfinale wird das niemanden auffallen und wenn man das erreicht hat, wird man sich doch eine Vertragsverlängerung einreden lassen. Und nach dem Halbfinale gucken alle wieder entsetzt.

Vielleicht durchlebt Kimmich aber auch gerade ein "Contract Year Phenomenon". Also vielleicht hat sich bei ihm die Erkenntnis breit gemacht, dass er sich mal richtig am Riemen reißen muss, wenn er sich weiterhin als international anerkannter 6er verkleiden will und spielt die Rolle deswegen gerade einiges seriöser, als wir es von ihm gewohnt waren. Oder, auch der Gedanke muss zugelassen werden, er hat trotz oder wegen seiner 30 Jahre nochmal einen Entwicklungsschritt gemacht. Oder es war nur ein einziger Ausreißer. Wir werden es erfahren...

Beim dritten deutschen Teilnehmer wurde einem wieder bewusst, was für ein toller Führungsspieler Emre Can doch ist. Der moniert nach ihrem Hinspiel, dass die Dortmunder "nicht dahin gegangen sind, wo es weh tut." In einem Heimspiel. In der Champions League. Wer sich da nicht weh tun will, dem ist nicht zu helfen. Andererseits ist das halt derselbe Führungsspieler, der nach dem letzten Champions League Heimspiel ganz ruhig festgestellt hat, dass man halt nicht mehr gemacht hat, als nötig. Zwischen diesen beiden Aussagen könnte ein Zusammenhang bestehen. Vor allem fassen sie die grundlegenden Probleme in Dortmund wunderbar zusammen. Mittlerweile lösen sie aber auch nur noch ein lethargisches Schulterzucken aus. 

Aber damit steht das Skript für die nächsten Tage ja auch schon fest: am Samstag gibt es einen uninspirierten Auftritt gegen Augsburg. Die Fans trauen sich aber nicht, zu pfeifen, weil ja am Mittwoch das wichtige Spiel in Lille ansteht. Da kommt man dann nach einer epischen Schlacht in die nächste Runde, um mal wieder anzudeuten, was alles in dieser Truppe schlummern könnte. Nur um dann beim neuen Erzfeind aus Leipzig endgültig alle Chancen auf die Champions League zu verspielen. Dass dieses Szenario viel zu realisitsch ist, sollte die Dortmund Fans beunruhigen...