Es scheint tatsächlich zu passieren: Thomas Müller kann sich entweder nochmal ein anderes Trikot suchen, oder unfreiwillig in den Vorruhestand gehen. Einen würdigen Abschied nach seinen Vorstellungen wird es nicht geben. Und alle sind schockiert!
Hier ist der Beitrag von NTV. Für die Podcastfans unter euch verlinke ich demonstrativ die Bohndesliga. Den englischsprachigen Markt deckt RabonaTV ab. Müller selber hält bewusst fest, dass der Verein "sich bewusst dafür entschieden" hat. Also dagegen. Er hätte gerne noch weiter gemacht.
Und ja, ich bin auch ein wenig überrascht. Denn ich selbst schrieb ja vor wenigen Wochen, dass der FC Bayern sich die paar Millionen, die ein Mentor Müller kosten würde, doch einfach leisten kann. Das war naiv von mir. Das hätte ich besser wissen können.
Denn jetzt behaupten natürlich viele, dass Müller als wichtigster Bayern-Spieler der Geschichte einen Sonderstatus genießt. Aber er ist aber höchstens der Zweitwichtigste. Und wenn selbst ein Franz Beckenbauer seine Karriere beim Hamburger SV beendet hat, gibt es keinen Grund zur Annahme, dass es für einen Müller, der sich in Beckenbauers gemachtes Bett gelegt hat, anders ausgeht.
Das "Mia san Mia" besteht halt auch daraus, Vereinslegenden eiskalt fortzuschicken. Was hier bereits 2020 festgestellt wurde. Die Ausnahmen sind Torhüter und Phillip Lahm. Uli Hoeneß ist halt doch eher Pate als fürsorglicher Familienvater... auch wenn er öffentlich gerne so tut, als würde er das anders handhaben.
Wobei man auch an der Stelle erwähnen muss: Nach der Karriere hat sich Hoeneß durchaus um die eine oder andere Bayern-Legende gekümmert und ihnen Jobs in der 2. oder 3. Reihe verschafft. Aber wenn du auf dem Platz nicht mehr helfen kannst, und das mit einigen Jahren Verzug auch offensichtlich wird, schickt er dich einfach fort. Da kennt er keine Gnade.
Das war bei Bastian Schweinsteiger so. Bei Franck Ribéry und Arjen Robben. Und bei Miroslav Klose. Gut, nur Schweinsteiger war wirklich auf dem Weg zum ewigen Bayern, aber er ist auch der lebende Beweis, dass selbst das nicht hilft. Wenn man bei den Bayern in den Ruhestand gehen will, muss man mit 34 aufhören... Wenn man das nicht will, wird diese Entscheidung irgendwann für einen getroffen. Das ist ja auch irgendwie fair, weil am Ende alle gleich behandelt werden.
Nur sollte es endgültig niemanden mehr überraschen. Vor allem sollte jetzt niemand Max Eberl einen Vorwurf machen. Denn der hat jetzt ja die Arschkarte, dass er diese Entscheidung verkaufen muss. Eine Entscheidung, die mit ziemlicher Sicherheit eine Etage höher getroffen wurde. Also ich lehne mich mal weit aus dem Fenster und behaupte, dass seine jetzt so kritisch gesehene Aussage aus dem Januar damals ehrlich gemeint war. Als er nach den auch ganz schön teuren Verlängerungen mit Kimmich, Musiala und Davies hat er sich mit dem Vorstand abgestimmt, was er jetzt noch dem Müller anbieten kann. Und die so "nix". Und viel Spaß dabei, das dem Müller zu vermitteln. Aber in den Pressemeldungen immer schön vom "wir" sprechen...
Also ich gehe davon aus, weil es bei all den anderen Leuten, die im Spätherbst ihrer Karriere mit Hoeneß, Karl-Heinz Rummenigge und Herbert Hainer verhandeln mussten, so ergangen ist. Und Eberl war ja für all diese Verhandlungen mit den oben erwähnten Legenden in Gladbach. Für ihn ist diese Situation also neu, für Hoeneß nicht. Deswegen ging er davon aus, dass man sich mit Müller schon einigen wird. Das ist der Nachteil, wenn man den Verein in der B-Jugend verlässt, da bekommt man solche Details nicht wirklich mit.
Jetzt versuchen natürlich alle das Traumszenario zu erstellen: als Jamal Musiala Ersatz führt Müller die Bayern jetzt ins "Finale Dahoam" und erzielt das entscheidende Tor. In der 93. Minute. Mit dem Schienbein. Aber der Lack ist mittlerweile so ab, dass allen irgendwie bewusst ist, wie unrealistisch das ist. Also nur wegen Musialas Verletzung ist eine Startelf-Nominierung überhaupt eine Option und allen ist bewusst, dass dies eine krasse Schwächung für das Team ist.
Nur wegen Musialas Verletzung die "Muss Müller in die Startelf" Debatte überhaupt auf. Denn still und heimlich saß der zuletzt in der heißen Phase meistens auf der Bank. Also in 5 von 6 Duellen mit der absoluten Elite. Mittlerweile sorgt das auch nicht mehr für "Unruhe", sondern wird allgemein als "vernünftig" einsortiert.
Jetzt stehen halt diese Viertelfinale an, in denen Müller mittlerweile meistens auf der Bank sitzt. Zuletzt hat Müller 2021 auf diesem Niveau getroffen. Das war jetzt nicht "vorgestern", sondern mehr so "Während Corona"... Auch für Müller ist Musialas Verletzung damit wahrscheinlich ein Worst-Case-Szenario. Gerade WEIL seine Chance auf Einsatzzeiten jetzt steigen. Denn der Idealfall für ihn hätte ja so ausgesehen: Er macht als Einwechselspieler den entscheidenden Treffer. Das ist sowieso schon das realistischere Szenario, denn für 90 Minuten reicht es einfach nicht mehr. Oder er hilft am Ende mit einer beherzten Grätsche, den Sieg über die Zeit zu retten. Genau so könnte er nachweisen, dass er als Mentor und Ergänzungsspieler weiterhin verdammt wichtig sein kann. Und das würde ihm eher in Sachen "Vertragsverlängerung" helfen, als der nächste Beweis, dass es für die erste Reihe nicht mehr reicht.
Und natürlich wird er jetzt die Bayern ins Halbfinale schießen, nur um mich zu widerlegen...