Muss man mal so festhalten. Das steht gar nicht zur Debatte. Vor 5 Jahren wäre Thomas Müller auch in der Nachspielzeit noch die nötigen 3 Zentimeter höher gesprungen und hätte Druck auf den Ball ausüben können. So gab es eher ein tragisches "Es sollte halt nicht sein" Ende.
Aber die Szene verdeutlicht halt auch, wie alt Müller mittlerweile ist. Wie auch das gesamte Spiel. Dabei war er in der ersten Halbzeit nicht mal schlecht. Der Pass in der ersten Halbzeit war schon richtig stark. Er hatte auch einige Abschlussmöglichkeiten... das Problem hierbei: Bis auf den Kopfball in der Nachspielzeit brachte er keinen Ball aufs Tor. Und es ist schwer, ein Tor zu erzielen, wenn man den Ball nicht aufs Tor bringt. Die allgemeine Zusammenfassung der Müller-Chancen im Kicker Ticker war schon ein: "Da war mehr drin." Kritisch könnte man behaupten, dass ein Stürmer auf diesem Niveau den Ball in der 55. Minute aufs Tor bringen MUSS.
Viel Schlimmer: Von der 55. bis zur 95. Minute gab es nichts von ihm zu sehen. Das sah wieder wie der Müller aus, den ich aus den letzten Champions League Jahren kenne. Und das war ja im Kern genau die Phase, in der die Bayern verzweifelt anrannten. Da einen frischen Müller auf dem Platz zu haben. Also die Kompany-Kritiker aus dem Hinspiel müssten jetzt eigentlich fragen, warum der den Müller nicht später gebracht hat, damit er in der entscheidenden Phase nochmal entscheidende Impulse setzen kann. Und sie müssten anerkennen, dass Müller in diesem Spiel endgültig bewies, dass es für 90 Minuten nicht mehr wirklich reicht. Damit müssten sie aber ihre eigenen, komplett Pro-Müller ausgelegte Berichtserstattung hinterfragen und das wird nicht passieren.
Der Kicker schreibt plötzlich davon, dass "die Spieler, die für die Misserfolge der vergangenen Jahre verantwortlich waren, auch diesmal nicht übers Viertelfinale hinauskamen." Das stimmt sogar. In 4 von 5 zuletzt in genau dieser Runde Feierabend. Das Problem: Derselbe Kicker will uns seit Jahren einreden, dass ein Joshua Kimmich gut genug für das Halbfinale ist. Oder dass ein Thomas Müller hier immer noch den Unterschied ausmachen könnte. Sie warten immer bis nach dem Ausscheiden, um uns dann zu sagen, dass sie das ja schon vorher wussten. Das macht doch echten Qualitätsjournalismus aus.
Nebenbei muss man auch nochmal festhalten: 5 Jahre infolge zu den 8 besten Mannschaften in Europa zu gehören, ist kein "Misserfolg". Genauso wenig sind es 4 Meisterschaften in 5 Jahren. Und natürlich braucht die Mannschaft noch gewisse Impulse, um in die Top 4 aufzusteigen. Aber darauf hätte man auch hinweisen können, bevor der Vertrag von Joshua Kimmich verlängert worden ist. Doch dass Kimmich nur als Rechtsverteidiger allerhöchsten Ansprüchen genügt und er im Zentrum in den wichtigsten Spielen nur ein Mitläufer ist, erfährt man nicht beim Kicker, sondern eher hier bei mir.
Denn Kritik an den Bayern ist auch beim Kicker selbst unerwünscht. Zumindest ich habe keine kritische Einordnung der letzten Vertragsverlängerungen gelesen. Anscheinend planen die Bayern bis 2029 mit Kimmich als zentralen Mittelfeldspieler. Damit planen sie in meinen Augen auch bis 2029 nicht mit einem Erreichen eines Champions League Finales. Das Halbfinale ist mit viel Losglück drin, aber mehr halt nicht.
Nebenbei bewies Kimmich vor dem 1:1 ja auch, dass die Leute von absoluter internationaler Spitze im Kopf einfach die Millisekunde schneller sind. Er ist der Spieler, der den Ausgleich verhindern kann, ist aber zu langsam, um einzugreifen. Natürlich reden wir hier vom allerhöchstem Niveau, aber genau da wird für ihn die Luft seit Jahren dünn. Trotzdem nannte genau der Kicker, der jetzt Veränderungen fordert, diese Verlängerung eine vernünftige Entscheidung.
Am anderen Ende des Emotionsspektrums hat Dortmund tatsächlich die 4 nötigen Tore für die Verlängerung erzielt... nur halt nicht alle in das richtige Tor. Es ist schon faszinierend, was die alles leisten können, wenn die wirklich wollen. Darauf kann sich der FC Augsburg jetzt freuen. Also hauptsächlich darauf, dass der BvB sich am Wochenende nicht mehr an dieses Spiel erinnern können und ganz anders auftreten wird.
Wobei man eigentlich eine Schicht tiefer schauen muss. Denn Barcelona und Paris St. Germain wirkten eigentlich in diesem Jahr deutlich besser, als der Rest. Barca war schon in der Gruppenphase verdammt dominant. Nach der Auftaktniederlage gab es 10 Spiele ohne eine Niederlage. Bei einem einzigen Unentschieden. Paris brauchte nach dem Abgang von Kylian Mbappé ein Weilchen um ins Laufen zu kommen. Aber sie gewannen die letzten 3 Vorrundenspiele. Sie fertigten Stade Brest mit 10:0 Toren ab. Sie kamen gegen Liverpool, der drittbesten Mannschaft Europas, am Ende weiter. Und ja, wenn sie das Elfmeterschießen verloren hätten, wäre Liverpool jetzt der Top-Favorit. Und sie waren auf einem Weg zu einem 5+X:1 gegen Aston Villa. Dann kassierten diese beiden Mannschaften plötzlich jeweils 3 Tore und mussten ums Weiterkommen zittern.
Die eigentliche Lektion zeigt uns, wie krass das Niveau in der Champions League wirklich ist. Denn wenn diese beiden richtig guten Mannschaften gegen im besten Fall gehobenen Durchschnitt den Fuß auch nur minimal vom Gas nehmen, bekommen sie sofort 3 Tore eingeschenkt. Das ist schon krass.
Die optimistischen Fans beider Lager werden sich jetzt einreden, dass sie ihren einen Fehltritt, den man in so einer Saison halt immer drin hat, jetzt abgearbeitet haben und trotzdem weiter sind. Die Wahrscheinlichkeit, dass beide noch mal solche Nachlässigkeiten zeigen, ist eher gering.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen