Mittwoch, 21. April 2021

Super League Gedanken Teil II: Dass Karlheinz Rummenigge sich jetzt als der "Gute" profilieren kann

 Dabei ist der Mann nur cleverer.

Hier wurde Karl-Heinz Rummenigge ja immer als das bezeichnet, was er ist: Ein Populist, der ausschließlich an die Vorteile seiner Bayern denkt, sich aber gerne als Moralapostel aufführt. Er ist dadurch auch zum Lieblingsfeindbild dieses Blogs geworden. Gerade, weil seine Aussagen so selten kritisiert worden sind. Und jetzt... steht dieser Mann auf ein Mal für das Gute im Fußball? Wie hat er denn das hinbekommen?

Nun ja... wahrscheinlich mit ein wenig Weitsicht. Also dass Kalle von der Super League nichts gewusst hat und von diesem Vorschlag überrumpelt wurde, kann mir keiner erzählen. Schließlich kennt er Florentino Perez seit Jahren "gut, er ist ein ausgesprochen seriöser Kaufmann." Er hat ja genau diese "Super League Drohkulisse" immer genutzt um seine Reformagenda in Sachen Champions League zu pushen.

Ihr erinnert euch noch? Diese Reform mit den "Schweizer System"? Mit den 10er Gruppen und den im Idealfall 100 zusätzlichen Spielen? Wogegen die Fans eigentlich in dieser Woche auf die Barrikaden gehen wollten? Genau diese Reform ist am Montag im Windschatten der Empörung durchgedrückt worden. Und sie wirkt ja auf ein Mal auch wie die bestmögliche Lösung.

Diese Champions League Reform wurde ja der UEFA mehr oder weniger von der ECA diktiert worden ist. Und wer soll der neue ECA Präsident werden? Da kommt ihr nie drauf: Der Kalle! Der hat nicht mal den Anstand ein paar Monate zu warten, bis sich die Wogen geglättet haben, sondern übernimmt direkt auf dem Höhepunkt der Eskalation das Ruder. Und wird uns, wenn dieser Schreck dann hoffentlich bald vorbei ist, erzählen, wie toll und im Sinne der Fans doch diese Reform ist. 

Was Rummenigge einfach besser abschätzen konnte als Perez, war das negative Feedback, was diese Idee auslösen würde. Das mag daran liegen, dass er sich in der Deutschen Fußballkultur ständig mit Protesten gegen das 50 + 1 beschäftigen muss. Und das die Fans hier gerade erfolgreich die Montagsspiele abgeschafft haben, während ja in England, Spanien und Italien seit Jahren hemmungslos an der Stellschraube "Mehr Einzelspiele" gedreht worden ist. Die Premiere League hat ja die Pandemie direkt genutzt um wirklich jedem Spiel seine individuelle Anstoßzeit zu geben. Und gerade in England wurden Investoren und die Ausrichtung am internationalen Markt von den Fans bisher immer geschluckt. Das war halt der Preis für den Titel "Beste Liga der Welt". Und still und heimlich wollen wir halt doch alle die Besten der Besten der Besten möglichst oft sehen.

Das ist halt auch die hässliche Wahrheit hinter diesem an sich sehr schönen "We wan't our cold nights in Stoke" Schild, welches ein Chelsea Fan zu den Demonstrationen brachte. Denn die bittere Wahrheit lautet: We wan't to see all those shiny Stars on that cold night and those are expensive...

Das eigentlich faszinierende an dieser Woche ist doch, wie überrascht die Bosse der 12 Super League Vereine über das allgemeine Feedback sind. Die werden mit dem Widerstand der UEFA gerechnet haben. Mit einem leisen Murren der Fans, wie die halt immer leise Murren, wenn was Neues kommt. Aber das die Fans laut aufschreien? Dass sich Jürgen Klopp und James Milner mit ihnen solidarisieren? Dass Jordan Henderson eine Krisensitzung seiner Kollegen einberuft? Dass Gary Neville fordert diesen Vereinen Punkte abzuziehen? Dass die Fans von Liverpool vor Ort ihren Verein zu Grabe tragen? DAMIT haben sie in der Heftigkeit garantiert nicht gerechnet. 

Und auch nicht damit, dass die Bayern, Paris St.Germain und Dortmund einfach nein sagen. Die werden schon mit genau diesen 3 Vereinen als "zusätzliche Gründungsmitglieder" gerechnet haben. Wobei... man muss ja etwas genauer hingucken... Während das Dosenprodukt RB Leipzig, die doch auf genau solche Projekte gewartet haben, werden plötzlich zum Verfechter des sportlichen Wettbewerbes. Während Dortmund genau genommen sagt: "Wir müssen erst Mal warten, was unsere Aktionäre dazu sagen und dann können wir die Meinung der Fans in Betracht ziehen"... Das trifft genau meinen Komiknerv. Das muss diese Wahre Liebe sein, von denen die Dortmunder immer reden.

Rummenigge hat genau damit gerechnet und sich deswegen aus diesen Planungen rausgehalten. Wohl wissend, dass seine Bayern am meisten profitieren, wenn dieses Vorpreschen kläglich scheitert, die Champions League Reform aber genau deswegen plötzlich sympathisch aussieht und durchgedrückt werden kann. Und wenn dann doch Widersprüche gegen "seine Ideen" kommen, zeigt er mit dem Finger auf diese Tage und sagt: Ich hab euch doch schonmal gewarnt, dass genau so was kommen wird! Hört auf mich! Ich und meine Reformen können so eine Eskalation verhindern.

Und das, obwohl auch Rummenigges Ideen den Fußball nur noch kaputter machen. Sie machen es nur etwas langsamer und weniger drastisch als es die Super League. Aber er lässt es halt in genau dem Tempo geschehen, in dem es den Bayern am meisten bringt.

Das ist wie immer auch gar kein Vorwurf an den Bayern Präsidenten. Sein einziger Job besteht darin die Überlegenheit der Bayern zu sichern. Und diesen Job macht er herausragend gut. Aber man sollte ihn halt nicht mit einem Samariter verwechseln, der das Beste für die Bundesliga im Auge hat. Oder sich wirklich um den kleinen, gemeinen Fan kümmert.

Mein absolutes Lieblingsszenario wäre es ja, wenn Chelsea, Real und Man City jetzt wirklich sofort aus der Champions League ausgeschlossen werden und dann durch den FC Bayern ersetzt werden, die wieder in den Wettbewerb integriert werden. Denn auf die Einnahmen wird man ja nicht verzichten wollen und das Stadion fürs Finale ist ja schon gebucht. Dieses Finale Bayern - Paris wird als Treffen der Retter der Champions League vermarktet: der ultimative Gipfel der ehrenvollen Ritter des europäischen Fußballs. Und Kalle guckt sich dann die Enthauptungsvideos von Systemkritikern oder Schwulen auf dem Handy von seines Logennachbarn aus dem Qatar an und lächelt gemeinsam mit diesem. Schöne neue Fußballwelt.

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