Freitag, 22. Mai 2020

Das Borussia Dortmund Paradoxon

Nur um das nochmal fix festzuhalten. Und ja, es ist schon ein wenig absurd. Oder es sagt Leuten, die wesentlich mehr von Fußball, Trainingsdosierung und Medizin haben wirklich etwas. Für den Laien mit Master in Ferndiagnostik ist es jedenfalls einfach nur... interessant.

Also: Borussia Dortmund hatte ja genau genommen vor dem Derby gegen Schalke extreme Probleme mit der Muskulatur. Emre Can, Alex Witsel und Nico Schulz fielen frühzeitig mit größeren oder kleineren Wehwehchen aus. Frühzeitig heißt hier: Es stand bereits im Donnerstags-Kicker.
Dazu kamen dann "spontan" Jadon Sancho, den man als Vorsichtsmaßnahme zunächst mal auf der Bank ließ und Giovanni Reyna, dessen Startelf-Debüt, auf das sich gerade die Amerikaner besonders gefreut haben, spontan abgesagt werden musste. Also bei Reyna sind beim Aufwärmen "Probleme aufgetreten."

Nach einer "normalen Vorbereitung" sollten an der Stelle alle Alarmglocken schrillen. Wenn da zu dem "Jetzt sollten alle fit sein" Moment 5 Leute mit Muskelproblemen ausfallen, hat man in der Trainingsdosierung wohl etwas falsch gemacht... Werder Bremen würde an der Stelle irgendwann den Athletik-Coach austauschen, weil der ja allein dafür verantwortlich ist, in welchem körperlichen Zustand die Mannschaft ist... Auch wenn das Problem mit neuen Athletik-Coach noch nicht wirklich besser geworden ist. Aber was Werder dieses Jahr vor hat, wird eines der größten Rätsel der Fußballgeschichte bleiben...

Zurück zu Dortmund: Für den weiteren Saisonverlauf sollten diese Muskelverletzungen durch aus einen Anlass zur Sorge geben. Also wenn die bereits vor dem ersten Spieltag auftreten, wie soll das dann erst in den anstehenden englischen Wochen werden?

Auf der anderen Seite der Medaille lieferte Dortmund allerdings ein Feuerwerk, welches selbst Euphoriker Lucien Favre ein "War ganz okay" entlockte. Ernsthaft, Favres Reaktion nach dem Derby war so großartig, das kann man gar nicht genug erwähnen. Der würde wahrscheinlich vor Beyoncé Knowles Konzerten stehen und sagen "War ganz Ok." Die Pyramiden und die Große Mauer würde er wohl als "nett und interessant" beschreiben. Genug Füller.

Hier ist eine der spannenden philosophischen Fragen, die ebenfalls über den Re-Start schweben: War Dortmund trotz, oder wegen der Muskelverletzungen so gut? Das "Trotz" wäre die symapthischere Antwort. Denn an sonsten ist der logische Schluss folgende: Um in dieser Saison noch was zu reißen, muss man sich Muskeln reißen. Also mehr als sonst. Man musste sich in der Vorbereitung so sehr quälen, dass einige Spieler gesundheitliche Schäden von sich trugen. Und die Leistung, die man dafür anbieten konnte, geben der "Folter" sogar recht.

Nun ist das nur bedingt eine Neuigkeit. Dass Profisport an sich wirklich ungesund ist, kann einem jeder Toni Schumacher und Stefan Kießling bestätigen. Überraschend viele Fußballer sind hinterher froh, wenn sie nach der Karriere wenigstens noch Golf spielen können. Andere brauchen mit Ende 30 eine neue Hüfte... Oder tragen ewig die Narben der Karriere auf den Gelenken. Die derzeitige Situation in Dortmund könnte aber darauf hinweisen, dass dieser an sich normale Zustand jetzt noch extremer als gewöhnlich ist.

Oder aber Dortmund ist nur einfach wesentlich besser als Schalke... und in Zeiten ohne Fans könnte so was vielleicht noch relevanter sein als sonst...
Ernsthaft, dass der Kicker diese Woche tatsächlich eine "ob das Spielstärkeren Mannschaften mehr helfen könnte" Debatte lostreten will.
Natürlich profitieren fähige Mannschaften von den derzeitigen Umständen am meisten. Sie würden dies auch tun, wenn nach der Pause Fans ins Stadion dürften. Denn die Bayern sind halt in der Lage ein Bundesligaspiel zu gewinnen, in dem sie 9 Kilometer laufen. Weil sie als einer der wenigen Mannschaften der Bundesliga in der Lage sind den Gegner laufen zu lassen... ohne sich selber groß anzustrengen.
Die tapfer mit viel Aufwand dagegen haltenden Normalsterblichen Bundesligisten werden durch die Unterbrechung, die mangelnde Fitness und die für sie ungewohnten englischen Wochen noch schneller Müde als sonst. Und als gratis Bonbon für die an Theaterpublikum gewöhnten Bayern fehlt der emotionale Push der Fans, die den Außenseiter in den Schlussphasen über seine Grenzen hinausgehen lässt...
Natürlich werden die Bayern am aller meisten von den Geisterspielen und der Corona-Pause profitieren. Gefolgt von Dortmund. Deswegen werden die Bayern auch mit ziemlicher Sicherheit Meister. Die spannende Frage ist: Welcher der Konkurrenten um die Champions League Plätze präsentiert sich dahinter am Spiel stärksten? Und hat die nötige Reife in der Spielanlage. Wo sich RB Leipzig, Borussia Mönchengladbach und Bayer Leverkusen ja auch durchaus ordentlich präsentieren. Wer von denen kann seine Qualität am konstantesten auf den Platz bringen? Und wer von den 3en muss in die Europa League?

Und die andere spannende Geschichte wird sein: Welcher der Abstiegskandidaten versetzt sich auch ohne Publikum in dieses absurde Delirium, in dem man dann doch die nötigen zusätzlichen Meter geht um die nötigen Punkte irgendwie zu erreichen? Oder wer hat dann doch die nötige Fußballerische Qualität um sich durchzusetzen?
Diese beiden Punkte könnten den Abstiegskampf noch ein Mal ordentlich durch wirbeln. Wenn man halt zum Beispiel die vorherige negative Tendenz der Frankfurter mit der bekannten Diskrepanz zwischen Heim- und Auswärtsspielen kombiniert... ähm... ich sag das mal so: Da sollten die Frankfurter hoffen, dass sich Rune Bratseths Meinung doch nicht durchsetzt.

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