Das war ziemlich gut.
Also außer Kathrin Hendrich, die fürs Haare ziehen einen Platzverweis bekommen hat. Das wurde als Tätlichkeit gewertet. Solange Knowles approves. Aber die Deutschen hatten das mit der Unterzahl ja trainiert. Also unter Wettbewerbsbedingungen...
Die Französinnen hatten anscheinend den Anstand, darauf zu warten, dass die Open-Air-Konzerte beendet waren, bevor sie richtig aufs Tempo drückten. Pünktlich um 10 fingen die dann an, das deutsche Tor ins Visier zunehmen. Und dann haben sie nicht mitbekommen, dass das 2:1 vom VAR kassiert wurde und sie nach 5 starken Minuten wieder in den Verwaltungsmodus schalteten.
Nebenbei muss an der Stelle auch noch erwähnt werden, dass Deutschland doch eine dritte Weltklassespielerin hat. Denn was Ann-Katrin Berger so alles rausgefischt hat, war beeindruckend. Auch wenn es bei der Parade des Turniers die eigene Spielerin war, die sie zur Großtat zwang. Mit einer anderen Torhüterin scheidet man hier aus.
Am Ende reichte das zum Weiterkommen im Elfmeterschießen, obwohl Christian Wück alles versucht hat, um das zu sabotieren. Also um mal die Absurdität vorzuführen: Deutschland spielte, inklusive Nachspielzeiten, 125 Minuten lang in Unterzahl. Dass die das so gut verteidigt haben, ist eine absurde Leistung. Aber Wück gönnte sich trotzdem den Luxus, Linda Dallmann und Sara Däbritz erst in der 120. Minute zu bringen. Exklusiv fürs Elfmeterschießen.
Gerade bei Däbritz ist das völlig absurd. Die Frau war mal zumindest mal Weltklasse, bevor sie durch schwere Verletzungen gestoppt wurde. Die Frau war beim letzten Europameister-Titel zumindest dabei. Dann hat sie eine olympische Goldmedaille zu Hause. Sie hat zuletzt für Olympique Lyon gespielt und wechselt jetzt zu Real Madrid. Und klar, sie war da zuletzt nicht unbedingt Stammkraft, aber das ist ein Niveau, welches Jule Brandt erst noch nachweisen muss. Dann traut ein Wück dieser Superveteranin nicht mal zu, das Spiel für 15 Minuten zu stabilisieren. Und das obwohl eine Elisa Sneß für 2 kämpfen musste. Natürlich landete der erste Ballkontakt von Däbritz an der Latte.
Wie viele in allerletzter Sekunde Eingewechselte müssen eigentlich noch verschießen, bis die Trainer endlich merken, dass dies fahrlässig ist? Nur so als Vergleich: Frankreich brachte die letzten frischen Kräfte in der 112. Minute.
Nun kann man natürlich behaupten, dass 50 % doch eine gute Erfolgsquote ist... Und Dallmann hat ja getroffen. Das liegt aber nur an der absurden Geschichte, dass bei dieser EM die gestern vorgeschlagenen Coca-Cola Eckbälle durch Coca-Cola Elfmeter ersetzt werden müssten. Die absurd schlechte Elfmeterbilanz dieses Turniers rechtfertigt aber Wücks Entscheidungen nicht wirklich. Aber wie das im deutschen Fußball so üblich ist, werden schlechte Trainerentscheidungen durch überragende Torhüter ausgeglichen.
Random Fun Fact: Die restlichen Viertelfinale sind schon nicht mehr auf der Startseite von Kicker.de vertreten. Nicht nur das, auch auf der Unterseite "Frauen-EM" finde ich sie nicht. Ich muss auf 2 Links klicken, um eine Seite zu finden, auf der ich die Spiele aufrufen kann... Aber Spanien - Deutschland aus dem Jahr 1966 finde ich sofort. Ich muss mal dringend zu Sportschau.de wechseln... Anyhow.
Spanien gegen Schweiz war das langweiligste Viertelfinale. Das hatte 2 Gründe: Zum einen gingen die Schweizerinnen ihren Gegenspielerinnen auf die Socken und auf die Nerven. Das ist also tatsächlich machbar. Vor allem, und das ist eher beängstigend, verteidigten dir Spanierinnen mit einer ganz neuen Seriosität. In der Vorrunde konnte man denen durchaus Arroganz vorwerfen. Aber gegen die Schweiz haben sie etwas von der offensiven Brillianz aufgegeben, um hinten gar nichts zuzulassen.
Cata Coll musste nur ein einziges Mal eingreifen. Aber bei dem Schuss stand Alayah Pilgrim vorher, wie sie das meistens tat, im Abseits. Ansonsten hatten die Schweizerinnen nur Verzweiflungsversuche aus 30 Metern von Sydney Schertenleib im Notizblock.
Dabei war die "Die kassieren 2 Tore, kommen aber trotzdem weiter" Prognose von Kathrin Lehmann gar nicht so verkehrt. Also das erwähne ich primär, weil jetzt ja die ersten männlichen Kommentare jegliche Expertise absprechen. Die Leistungen der Vorrunde geben diesen Spielverlauf her. Dass die Spanierinnen einfach so den Hebel umlegen, war nicht zu erwarten. Deswegen gebe ich hier jetzt meine eigene Prognose ab: Spanien kassiert kein Gegentor mehr, trifft aber selbst erst ab der 60. Minute. Die sind in den Vincente del Bosque Modus gewechselt und spielen die Gegnerinnen in aller Ruhe müde, um dann irgendwann zuzuschlagen. Was, wenn man taktisch und technisch auf dem Niveau der Spanierinnen ist, eine effektive und sichere Variante ist, um Spiele und Turniere zu gewinnen.
Schweden - England war ein Instant Classic. Zunächst muss man festhalten, dass die Schwedinnen nicht nur DIE Traditionsmannschaft sind und die erste Frauen-EM gewannen, sondern sie sind auch immer noch richtig gut. Sie wurden halt nur ein wenig zu oft "nur" Zweiter oder Dritter. Bei der EM standen sie seit dem Titelgewinn 8 Mal im Halbfinale. Dazu kommen 4 Halbfinalteilnahmen bei einer WM und 2 olympische Silbermedaillen. Da würden die englischen Männer irgendwas von "30 years of hurt" heulen. Aber die Fans der Schwedinnen ertragen das einfach...
England ist dagegen die aufstrebende Supermacht. Die Professionalisierung der Liga geht in rasanten Schritten voran. Die Ausbildung ist nicht ganz auf Barca Niveau, aber es werden in der Breite mehr Topspielerinnen ausgebildet. Es wird kein Turnier mehr geben, bei dem die nicht zum Favoritinnenkreis gehören.
Und diese beiden Großmächte lieferten sich dann eine epische Schlacht. Schweden ging früh mit 2:0 in Führung und verteidigte diese beherzt und diszipliniert. England wurde aber immer dominanter. Und am Ende drehten die englischen Joker, vor allem Chloe Kelly, das Spiel, während die ebenfalls eingewechselte Smilla Holmberg bei beiden Gegentoren ein wenig überfordert war. Und ja, das ist die 18-jährige, die gegen Deutschland noch so extrem stark ausgesehen hat.
In der Verlängerung war das Spiel dann eher zerfahren, aber es wurde von extrem intensiven Zweikämpfen geprägt. Die Torhüterin Hannah Hampton beendete das Spiel mit einer blutigen Nase. Dass Lauren James nach all den Tritten immer wieder aufgestanden ist, beweist nur, wie hart frau im Nehmen ist... Und sie war nicht die einzige, die heftig einstecken musste, beide Mannschaften haben hart ausgeteilt, aber wenig gejammert. Beide Mannschaften gingen weit über das vernünftige Belastungslevel hinaus, was, neben der extremen Drucksituation, erklärt, warum das Elfmeterschießen eher grotesk war.
Bei Norwegen - Italien waren die Emotionen praktisch durch den Fernseher greifbar. Ada Hegerberg verschoss zunächst ihren zweiten Elfmeter, erzielte direkt danach den Ausgleich. Aber dem Außenseiter aus Italien gelang in letzter Minute durch die fast schon ausgewechselte Cristina Girelli der Siegtreffer. Und wie die Spielerinnen und das Stadion dann eskalierten, war ganz großes Kino.
Vor allem gab es kein Geplänkel mehr, sondern in jedem Spiel ging es heftig zur Sache. Spanien war die einzige Mannschaft, die wirklich dominieren und das Spiel frühzeitig entscheiden konnte. Frühzeitig heißt hier auch nur in der 71. Minute. Aber die Chauvinisten werden alles auf die Elfmeter reduzieren und einfach behaupten, dass die Frauen krass unfähig sind, anstatt das an sich großartige Turnier zu genießen. Aber das ist ja deren Verlust...
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