Montag, 30. Dezember 2024

So dumm ist nicht mal Didi Hamann

 Die Netzabdeckung in Deutschland, über die man sich sonst ja gerne beschwert, ist am Ende doch einfach zu gut. Denn wenn man 5 Stunden durch die eher öderen Gegenden des Landes Bahn fährt... muss man sich halt irgendwann gelangweilt durch die Kommentarspalten und Social Media klicken, um sich irgendwie zu beschäftigen. Und dabei trifft man dann aussagen, bei denen selbt Didi Hamann sich fremdschämen würde.

Einer dieser Kommentare kam dann von Chris Lugert und wurde auf ran.de veröffentlicht. Das ist ein Brett. Die wesentliche Logik: Weil Beyoncé eine Halbzeitshow in den USA liefert, die höhere Einschaltquoten als das Spiel selber produziert, müssen wir jetzt in der Bundesliga auch an Weihnachten spielen... Oder weil das in England seit Jahrzehnten erfolgreich funktioniert. Da müssen wir das auch kopieren.

Wisst ihr, was es in England und den USA auch gibt? Montagsspiele. Genau die Montagsspiele, deren Einführung an den Protesten der Fans gescheitert sind. Es gab da eine quasi öffentliche Abstimmung: Der deutsche Fan will diese totale Durchkommerzialisierung nicht. Deswegen pfeift er, wenn Helene Fischer beim DFB-Pokal Finale auftritt... obwohl die so erfolgreich ist, dass verdammt viele sie heimlich zu Hause hören und den Text zu Atemlos mitgrölen würden, wenn er im Club läuft...

Ein Bundesliga-Spieltag an Weihnachten könnte echt zum ultramativen Breakingpoint werden. Also dass alle Ultras der Bundesliga sich an diesem Tag vereinen und einen kollektiven Spieltagsabbruch provozieren. In jedem Stadion und aus jedem Block... außer bei den Bayern, die auf Grund der 3 Punkte Meister werden... mit 15 anstatt 12 Punkten Vorsprung. Und ja, ich traue den Ultras zu, dass sie das koordinieren und durchziehen. Einfach um sicherzustellen, dass es diese Ansetzung nur ein einziges Mal gibt.

Zumindest werden sie dafür sorgen, dass wir (und die ganze Welt) am Fernseher 30 Minuten lang den Helfern dabei zuschauen können, wie sie Tennisbälle vom Platz sammeln. Diese Extraminuten sollte man bei den Übertragungen definitiv einplanen. Obwohl das ja eher ein Pro-Argument ist, denn man könnte die "Rechte" an den Spielunterbrechungen ja an entsprechende Vermarkter verkaufen. This pyrotechnik break is brought to you by Stabilo. Because Bürotechnik ist kein Verbrechen!

Und ob das jetzt vernünftig oder verlogen ist, kann an der Stelle völlig egal sein. Denn das Deutschland an dieser Stelle einen besonderen Markt hat, ist am Ende Fluch und Segen zugleich. Einerseits behindert diese Fankulutur den grenzenlosen Wachstum, andererseits sorgt er auch für eine einzigartige Bindung und Stimmung, die man dann doch wieder ausbeuten kann. Fakt ist aber, dass diese besondere Stellung bedacht werden muss, wenn man irgendwelche Neuerungen einführen will. 

So absurd das klingt: Das ist noch nicht mal das Dümmste an diesem Beitrag. Denn danach schadroniert der Mann dann von den armen Weihnachtsmuffeln, die sich nicht aus den Weihnachtsfilmen machen, die man über diese Tage in den Rachen geschoben bekommt, auch wenn man gar nichts für dieses Fest überig hat. Wie furchtbar. Diesen armen Menschen muss geholfen werden, indem man Fußball anbietet. Also nicht nur Sport im Allgemeinen, denn davon gibt es ja genug, sondern explizit Bundesligafußball.

Aber der arme Tropf arbeitet ja auch beim linearen Fernsehen. Der muss halt das gucken, was kommt und wenn er gerade arbeiten muss, wenn sein Lieblingsfilm läuft, muss er ein Jahr warten, bis er den wieder sehen kann... Der Rest der Welt hat entweder Netflix... oder weiß, wie das Internet funktioniert. Und wenn man dann lieber alle Teile vom Hobbit und Lord Of The Rings im Extended Cut gucken will, als unterm Weihnachtsbaum zu sitzen... dann macht man das halt einfach. Wenn man alle Star Wars Teile gucken will, gibt es da halt ein Holiday Special, was es kompliziert macht. 

Nebenbei will ich an der Stelle auch mal, abseits der Proteste der Fans, auf ein komplett ignoriertes Problem hinweisen: Ein Bundesligaspielt ist auch ein riesiges wirtschaftliches Projekt. Das fängt bei der Polizei an, mit der ich noch am wenisten Mitleid habe... Die Secu im Stadion, die all die Tennisbälle mit dem Gesicht abfangen müssen. Die Leute hinter der Bar, die sich die Beleidigungen fürs überteuerte und alkoholfreie Bier anhören müssen... weil natürlich auch ein Hochsicherheitsspiel für die Internationale Einschaltquote an den Weihnachtstag gelegt werden muss. Die Leute am Merchstand, die dann die hässlichen Weihnachtssweaters verkaufen, die ihr alle trotzdem kauft. Die Extrabusse und Sonderzüge müssen auch gelenkt und betreut werden. Die Leute vor und vor allem hinter der Kamera, die uns die Bilder ins Wohnzimmer bringen. Das ist ein riesieger Apparat, der da jedes Wochenende am Arbeiten ist. Und die Arbeitszeiten sind halt entweder am Wochenende... oder unter der Woche Abends bis Nachts. Denn wenn ein Champions League Spiel ansteht, ist vor um 2 keiner von denen zu Hause. Jetzt sagt denen mal, dass sie auch noch am Heiligabend um 20 Uhr ein Spiel ins Stadion bringen sollen... weil das ein paar Millionen mehr für die Liga bringen dürfte. Und dann dürfen die alle auch noch zusätzliche Stunden schieben, weil das Ende durch die Proteste auf ungewisse Zeit verschoben wird.

Und natürlich ist es schwierig, die genaue Zahl der "für die Bundesliga angestellten" zu beziffern. Denn wenn man im Arena Komplex in Leipzig angestellt ist, arbeit man viel bei den Bungesligaspielen, aber halt auch wenn Helen Fischer im Stadion spielt... oder bei Deichkind, wenn die nebenan spielen. Dieser Faktenfuchs kommt auf 110.000. Er ignoriert aber komplett die Fernsehproduktion, den Polizeieinsatz und dass die LVB Extrafahrten anbieten muss. Es würde mich überraschen, wenn weniger als 60.000 Menschen in Rahmen eines Bundesligawochenendes arbeiten müssen.

Es ist schon vernünftig, dass es an Weihnachten selber keinerlei Großevents gibt. Und selbst die kleineren Weihnachtskonzerte werden mittlerweile auf den 27. bis 29. Dezember gelegt. Es ist ja auch kein Zufall, dass die Weihnachtsmärkte am 23. und nicht erst am 27. schließen. Denn es könnte auch echt schwierig werden, genügend Menschen zu finden, die dann an diesen Tagen arbeiten wollen. Und die paar freien Tage haben die sich auch verdient. Gönnt denen das einfach mal.

Sonntag, 29. Dezember 2024

Nur bei den Romantikern

 Den Alternativen. Den Guten... wird Weihnachten, also zum Fest der Liebe, der Trainer entlassen. Natürlich. Am Ende sind die halt auch brutale Realisten.

Aber ganz ehrlich: Auf den zweiten Blick ergibt das nicht nur Sinn... es ist sogar das, was ich sonst immer fordere: Die Trainer nicht dann zu entlassen, wenn man in einer brenzligen Situation steckt, sondern sobald man merkt, dass die Zusammenarbeit nicht in die richtige Richtung geht und man mangelnde Fortschritte beanstanden muss. Zumindest wenn es nicht danach aussieht, als würde der Trainer langfristige Lösungen für diese Probleme präsentieren können.

Lasst uns an der Stelle eines festhalten: Union Berlin wäre auch mit Bo Svensson nicht abgestiegen. Und solange sie nicht Jürgen Klinsmann holen, werden sie es auch mit dem neuen Trainer nicht... Den Trainer als relativ junger Erstligist mit 7 Punkten Vorsprung auf den Relegationsrang zu entlassen, scheint absurd.

Aber im ehemaligen Fachmagazin wurde gemutmaßt, dass Svensson "die verbleibenden zwei Hinrundenspiele gegen die in der Tabelle schlechter dastehenden Teams aus Augsburg und Heidenheim bekommt, um den Negativtrend zu stoppen." Aber... da drohen Union ja 2 Siege. Auch wenn gar nichts besser geworden ist. Dann muss man den Trainer plötzlich behalten, das kann ja nicht wirklich der Plan sein.

Also zumindest nicht, wenn sich die Vorstellungen vom Fußball nicht decken, was hier halt der Fall ist. Bo Svensson will aggressives und aufwändiges Pressing sehen... der Kader gibt aber nur die bestmögliche Imitation von Real Madrids absurder Spielphilosophie her. Das passt einfach nicht zusammen.

Dazu konnte Svensson schon in Mainz nicht wirklich nachweisen, dass er eine Mannschaft wirklich weiterentwickeln kann. Sie stabilisieren? Garantiert. Ihnen ein halbwegs stabiles, funktionales System aufzwingen? Auch. Aber sein erwartbares Limit hat er in Berlin auch erreicht. Und Union bleibt ein Verein, der nach Höherem strebt.

Das lässt sich ja auch daran festmachen, dass er keinen Platz für László Bénes findet. Das ist der kreativste Mittelfeldspieler, den die haben. Wenn es spielerische Fortschritte geben soll, was zwingend notwendig ist, damit es weiter nach oben gehen kann, muss Union Bénes integrieren. Und Svensson ist es nicht zuzutrauen, dass er diese Entwicklung anleiten kann.

Wobei man hier natürlich auch festhalten muss, dass das vielleicht auch ein Bénes Problem sein kann. Der scheitert ja nicht zum ersten Mal beim Versuch, sich in der Bundesliga durchzusetzen und war bisher nur in der 2. Liga wirklich gut. Vielleicht ist das die Mittelfeldversion eines Marius Ebbers Angreifers. Aber an der Stelle ist Bénes auch "nur" das offensichtliche Symptom und nicht das einzige Problem.

Vor allem fällt einem jetzt ein weiteres Problem auf: Die nächste Transferperiode steht an. Würden Bénes und Svensson vielleicht einen Wechsel des Spielers forcieren, wenn der Trainer im Amt bleibt? Unwahrscheinlich, weil der ja erst seit 6 Monaten da ist. Viel relevanter: Svensson würde jetzt auf die Einkäufe Einfluss nehmen. Die würden Spieler verpflichten, die in sein Spielsystem passen, obwohl man von diesem System nicht überzeugt ist. Oder man holt Spieler, die nicht zum Trainer passen, was auch ungeschickt ist. Und man hat dann einen Trainer, der 3 Spieler hat, die in sein System passen, die restlichen aber nicht weiter entwickeln kann, damit sie auch und damit das Ganze stabil funktioniert. Das kann auch keine Lösung sein.

Da ist die unromantische Lösung mit dem kalten, harten und etwas überraschenden Cut schon die Beste. Auch wenn dir die Journalisten dann mangelnde Langfristigkeit vorwerfen, zeigt es auch, dass der Verein gewillt ist, proaktiv zu handeln, anstatt nur zu reagieren. Das ist an sich etwas Gutes.

Oh und Steffen Baumgart ist gerade verfügbar... Auch wenn der dieselben Probleme mit der unpassenden Spielphilosophie und der mangelnden Weiterentwicklung mit sich bringt, wird Union dieser Traumkonstellation kaum aus dem Weg gehen können. Da kickt dann doch wieder die Romantik rein.

Montag, 23. Dezember 2024

Worst of des "Und dann gewinnen die einfach alle!"

 Also wirklich alle Sorgenkinder dieses Blogs. Inklusive der Bayern gegen eine gute Mannschaft am Freitag. Und Bayer Leverkusen als Tabellenzweiter, wo das doch die Position ist, die traditionell verkackt. Ihr könnt mir doch nicht mein sorgfältig aufgebautes Narrativ kaputt machen. Auch wenn dieses Wochenende die Spitze nur noch weiter zementiert: Die Bayern stehen deutlich auf Platz 1, Bayer Leverkusen auf Platz 2 hat aber auch schon ordentlich Abstand zum Rest der Liga. Und dann kommt das große Hauen und Stechen um die letzten beiden Champions League Plätze... mit zahllosen Kandidaten, die alle eine Gemeinsamkeit haben: Sie sind nicht wirklich gut...

Viel krasser: Kiel, Bochum und St. Pauli haben am selben Spieltag ein Bundesligaspiel gewonnen... Wer das im Januar auf seinem Fußball-Bingo hatte, kann jetzt fett abkassieren. Jetzt sind das auf einmal nicht mehr die schlechtesten Tabellenletzten seit der Einführung der Drei Punkte Regel, sondern ganz normale Abstiegskandidaten... wie langweilig.

Gerade das Kiel plötzlich 5 Tore in einem Spiel erzielt... Das ist mehr als ein Viertel ihrer insgesamt erzielten Tore. Und löst in Augsburg eine gewisse Panik aus. Augsburg hat nebenbei nur eines der letzten 7 Bundesligaspiele gewonnen... und das gerade so gegen Bochum. Da ist es schon mutig, eine Jess Thorup im Januar "an der Wende versuchen" darf. 

Auch wenn es, was hier eingeschoben werden muss, sachlich vernünftig ist, denn Augsburg liegt 6 Punkte vor dem Relegationsrang und damit voll im Soll. Nur wurden sie auch von einer Mannschaft abgeschossen, die in den letzten Wochen hoffnungslos überfordert war. Beide Aussagen können gleichzeitig wahr sein...

St. Pauli bediente sich des Standardplots des Samstag Nachmittags: Der Gegner lies einfach nur so viele Chancen aus, dass sie quasi gewinnen mussten, obwohl sie eigentlich gar nicht wollten. Mainz gewann nach demselben Prinzip in Frankfurt. Beide Mannschaften können sachlich nicht erklären, wie sie diese 3 Punkte geholt haben... Aber sie haben die Punkte jetzt halt auf dem Konto.

Das ist halt das absurde am Fußball: Man kann als deutlich schlechtere Mannschaft trotzdem gewinnen. Also nicht immer, aber ein Mal pro Saison. Außer man ist Real Madrid, dann geht das immer.

Die eigentlich schlimmste Erkenntnis ist ja, dass Heidenheim mittlerweile genauso schlecht ist, wie Bochum und Kiel. Also sie haben gegen beide verloren. Und 9 der letzten 10 Bundesligaspiele. Nur gegen das ebenfalls nur dürftig abliefernde Hoffenheim gab es einen Punkt. Es fällt halt nur keinem auf, weil es halt auf dem Dorf passiert.

Dabei lässt sich der Einbruch in Heidenheim genau festhalten: Es begann nach dem ersten Gruppenspiel in der Conference League. Der im Sommer beachtliche Aderlass mit den Abgängen von Kleindienst und Beste lässt sich anscheinend nur kompensieren, wenn man nicht unter der Woche antreten muss. Da ist es schon sehr ungeschickt, dass man sich für die Bonusrunde qualifiziert hat. 

Jetzt bleibt die spannende Frage im Raum, ob man sich bis zum 21. Spieltag ein ordentliches Polster aufbauen kann, damit man sich ein Weiterkommen in Europa überhaupt leisten kann. Andererseits... stehen Union Berlin, Werder Bremen, St. Pauli und Augsburg in den nächsten 4 Spielen auf dem Plan. Das könnte also wirklich klappen.

Wobei man an der Stelle nochmal festhalten muss: Werder Bremen ist wirklich gut. Das habe ich nicht unbedingt kommen sehen. Aber Ole Werner sichert sich gerade sein Einkommen für die nächsten 6 Jahre... weil er wirklich ein guter Trainer ist. Er hat aus einem angehenden Marius Ebbers Angreifer einen Topscorer gemacht. Marvin Duksch ist bei 14 Torvorlagen im Jahr 2024. Mitchell Weiser macht im plötzlich nochmal Fortschritte, die es nicht vollkommen lächerlich erscheinen lassen, dass er mal zur Nationalmannschaft eingeladen werden könnte... aber er hat sich ja für Algerien entschieden. Jens Stage trifft plötzlich als zentraler Mittelfeldspieler konstant...

Das sind alles Entwicklungsschritte, die nicht unbedingt erwartbar waren. Also verglichen mit einem Romano Schmid, der noch relativ jung ist und bei dem man noch deutliche Fortschritte erwarten konnte. Der nächste Schritt ist es dann, diese Leistungen als Mannschaft konstant anzubieten. Aber Werder könnte echt auf einem richtig guten Weg sein. 

Montag, 16. Dezember 2024

Worst of des "Und dann pfeifen die kollektiv" Wochenendes

 Das ist ja wie beim Verfassungsschutz hier: Das sind alles bedauerliche Einzelfälle.

Gebt mir ein EINZELFALL! EINZELFALL!

Ernsthaft, was gerade um den Feuerzeugwurf von Berlin abgeht, ist absolut erbärmlich. Ich habe den Scheiß nebenbei Live bei Sky gesehen. Das einzige, was da entschuldbar ist, war die direkte Reaktion des Berliner Blocks, aus dem das Feuerzeug kam. Also dass die dann lautstarke Gesänge angestimmt haben, könnte man noch als deeskalierendes Ablenkungsmanöver werten. Und immerhin haben sie den Täter nicht vor Ort geschützt, sondern an die Ordner übergeben.

Aber alles, was danach kam. Das begann mit dem wilden Gestikulieren von Bo Svensson in Richtung Bochumer Bank... der damit quasi direkt den Vorwurf einer übertriebenen Reaktion in den Raum gebracht hat. Vielleicht sollte man dem einfach mal ein vergleichbares Feuerzeug aus 20 Metern an den Kopf werfen...
Und nur um das mal festzuhalten: Die Bochumer haben weitergespielt, um eine Eskalation im Stadion zu verhindern... und dann macht der Trainer des Tätervereins das exakte Gegenteil und eskaliert?

Was die Union Fans dann auch sofort aufnahmen... denn die entschieden sich, den Nichtangriffspakt mit einem Pfeifkonzert zu begleiten. Damit solidarisieren die sich mit dem angeblichen Einzeltäter und nicht mit dem Opfer. Großartige Idee.
Eine angemessene und reife Reaktion wäre es gewesen, dieses Spiel stillschweigend zu begleiten. Aber von Fußballfans ein Mindestmaß an Anstand zu erwarten, ist halt übertrieben.

Deswegen sind die Kommentarspalten auch voll mit "Das war doch nur ein Schauspiel!" "Der ist doch nicht schlimm getroffen worden!" "Das war doch nichts!" Ähm... der ist am Kopf getroffen worden. Von einem ziemlich großen Feuerzeug, dass aus 20 Metern geworfen wurde. Macht das einfach mal in euerer Freizeit, und dann guckt, ob da noch mehr kaputtgeht...

Nebenbei ist es auch völlig egal, wie schlimm der Treffer wirklich war. Er wurde halt am Kopf getroffen. Damit sollten sich jegliche Debatten erledigt haben. Ganz ehrlich: Die DFL sollte einfach mal eine Regel einführen, dass ein Spiel automatisch mot 3:0 gewertet wird, wenn ein Spieler von einem aus dem Fanblock geworfenen Gegenstand am Kopf getroffen wurde. Anstatt dass man erst auf eine Platzwunde nach einem Golfball wartet.  

Und das ist auch der Moment, wo der Mythos des "Einzelnen" von dem Horst Heldt natürlich schwadroniert, zusammenbricht. Erstens gibt es verdamm viele, die diesen Vorfall verharmlosen und das ganze Stadion hat sich fürs Pfeifkonzert entschieden. 2. ist es halt auch nichts ungewöhnliches, dass Gegenstände in Richtung der gegnerischen Spieler geworfen werden. Bei einigen, polarisierenderen Spielern wäre es eher ungewöhnlich, wenn bei einem Eckball nichts in ihre Richtung geworfen werden würde. Deswegen gibt es extra Ordner mit Schirmen. Ja, das passiert so regelmäßig, dass die Ordner extra Schutzschirme parat haben.

Das ungewöhnliche ist hier nur der Kopftreffer. Abgesehen davon ist es ein ganz normaler Vorgang. Dass Gegenstände auf den Gegner geworfen werden, ist kaum noch eine Nachricht wert, so sehr haben wir uns daran gewöhnt. 

Im Großen und Ganzen ist es natürlich egal. Also außer bei der Frage, wer 18. wird. Da könnte Bochum jetzt am Grünen Tisch zu Holstein Kiel aufschließen... deren Leistung am Wochenende mit einem Die "Hoffnungen auf den Klassenerhalt schwinden" zusammengefasst wurden... Die sind SIEBZEHNTER und haben trotzdem jetzt schon keine realistische Chance mehr auf den Klassenerhalt. Nach 14 Spieltagen! Die Hinrunde ist noch nicht mal durch und trotzdem haben wir schon 2 Vereine, für die es hauptsächlich darum geht, nicht den Rekord von Tasmania Berlin zu knacken...

Falls es noch irgendwelche Beweise brauchte, dass die Schere in der Liga immer weiter auseinander geht. Dass der Tabellensiebzehnte nach 14 Spieltagen bereits 5 Punkte Rückstand aufs Rettende Ufer hatte, gab es zuletzt 2007/08. Weil das rettende Ufer damals noch Platz 15 war... 

Groteskerweise hat der FC Augsburg 2012/13 8 Punkte auf Platz 15 aufgeholt... aber die waren damals nach 14 Spieltagen Letzter. Damit steigen statistisch gesehen die Chancen der Kieler auf den Klassenerhalt, falls Bochum die 3 Punkte gutgeschrieben bekommt und damit an ihnen vorbeizieht.

Das andere Highlight der Konferenz war ja, wie Schimso und Bachi ein spannendes Meisterrennen herbeireden wollten... weil Leverkusen nach der Niederlage der Bayern in Mainz nur noch 4 Punkte Rückstand hat. Dabei ist sachlich gesehen nur geklärt worden, dass die Bayern nicht ohne Niederlage durch die Saison gehen werden.
Und natürlich ist Bayer jetzt zurück in der Spur. Aber am Ende werden ihnen die 4 Punkte, die sie gegen Kiel und Bochum liegen gelassen haben, fehlen. 

Um mal diese 4 Punkte ad absurdum zu führen: In der Zweiten Liga ist das der Abstand zwischen dem Tabellenführer und dem Zehnten. Und irgendwie ist Elversberg Tabellenführer.So sieht eine spannende Tabelle aus. Aber ganz sachlich ist es extrem unwahrscheinlich, dass die Bayern den derzeitigen Vorsprung noch aus der Hand geben werden. Nicht unmöglich, aber Journalisten sollen ja eigentlich die realistischen Szenarien darstellen, nicht irgendwelche absurden Ausnahmen herbeireden.

Da sind wir aber wieder an dem Punkt, dass die Kommentatoren im Fernsehen eben eher Verkäufer als Journalisten sind: Deren Existenz hängt halt ein wenig davon ab, dass wir weiterhin einschalten, und das ist wahrscheinlicher, wenn wir an ein spannendes Meisterrennen glauben...

Freitag, 13. Dezember 2024

Das Hamann Mysterium

 Kurz gesagt: Warum hat der Mann noch einen Job? Ganz einfach: Weil er verdammt gut in seinem Job ist.

Das klingt erstmal absurd. Denn kein anderer Experte wird so oft kritisiert, wie Didi Hamann. Von den Verantwortlichen der Bayern, die natürlich ihre Spieler schützen. Von anderen Experten, die ihm direkt widersprechen. Und unter jeder Kommentarspalte, wenn eine seiner Hot Takes wieder viral geht.

Um da mal selber ein Hot Take loszulassen: Seine Aussagen wirken auf mich oft wie KI Generiert. Der tippt vor der Live-Sendung bei ChatGPT die Frage ein "Wie kann ich zu diesem Spiel oder jenem Spieler was richtig krasses sagen, was alle triggert?" Und ChatGPT so: Harry Kane trifft in den wirklich wichtigen Spielen nicht.

Dass Kane in der K.O. Phase der Champions League auf 4 Tore kommt, ist da egal. Denn wirklich wichtig waren ja die Rückspiele gegen Dortmund und Leverkusen...

Sein neustes Beispiel: Jamal Musiala und Florian Wirtz passen einfach nicht zusammen. Das hat man ja im Sommer gesehen. Dass das 2 verdammt junge Spieler sind, die noch lange nicht am Ende ihrer Entwicklung sind, ignoriert er genau so, wie den Fakt, dass beide alle Positionen in der offensiven Dreierreihe spielen können.

Hier muss man auch einen technischen Aspekt einwerfen: Wie bei einer guten Verschwörungstheorie gibt es einen kleinen, wahren Kern. Also praktisches Beispiel: Die ganzen Studien zum Klimawandel sind doch bezahlt!!! Ja, es gab Studien, die von der Wirtschaft in Auftrag gegeben wurden, damit Ergebnisse herausgefunden werden, die denen passen. Und wenn die Ergebnisse nicht passen, werden sie geheim gehalten. Nur kommen diese Studien halt von Ölkonzernen und nicht von den Grünen. Ein weiteres bekanntes Beispiel sind großen Tabakfirmen, die ebenfalls jahrelang die Gefahr von Zigaretten verheimlichen wollten. Das, was jetzt "Den Grünen" vorgeworfen wird, ist halt durchaus auch mal passiert.

Zurück zu Hamann: Ja, Kane war im Rückspiel gegen Dortmund und Leverkusen schlecht. Ja, das Zusammenspiel von Musiala und Wirtz während der EM blieb hinter den Erwartungen zurück. Deswegen haben diese Aussagen einen gewissen Zusammenhang zur Wirklichkeit. Man muss sich halt nur auf 2 Wochen konzentrieren und die restlichen 50 ignorieren, dann passt das schon. Auch wenn eine sachliche Analyse eher ein "Selbst Musiala und Wirtz müssen sich einspielen, deswegen ist die Nations League zum Testen doch verdammt wichtig" wäre. Aber mit sachlichen Takes sorgt man nicht für Umsatz.

Jetzt macht Hamann vor allem eins: Er sorgt für Takes, die Viral gehen. Und genau das will Sky, denn dadurch kommt man ja ins Gespräch. Dabei gilt wieder: Es gibt keine schlechte Presse. Praktisches Beispiel: Rammstein sind dank der Vorwürfe gegen Lindemann mit all ihren Alben wieder in den Charts eingestiegen. Die haben davon profitiert, dass ihrem Liedsänger sexuelle Übergriffe vorgeworfen wurden.

Und Hamann ist der eine Experte, den jeder in diesem Land kennt. Der Mann wird ständig auf allen Plattformen zitiert. Einfach nur, weil seine Aussagen so krass sind, dass alle darauf reagieren. Dass die meisten mit "Was für ein Spinner" antworten, ist sowohl Sky, als auch der Welt egal. Sie haben es nicht nur geschafft, dass man auf ihre Artikel klickt, sondern auch noch, dass Leute kommentieren, was die Artikel weiter verbreitet. Für die ist Hamann ein Heiland.

Das ist nüchtern gesehen auch nichts Neues. Also ich habe mich schon vor Jahren aufgeregt, warum alle Netzer und Delling als Duo feiern, wenn die als Experten eigentlich furchtbar war. Also man hat da ganz selten etwas neues gelernt, während man denen zugehört hat. Aber die waren halt unterhaltsam, wenn sie gegeneinander gesitchelt haben... obwohl die privat richtig gut miteinander klar kamen... Aber die waren auch damals schon darauf angelegt, dass sie viral gehen, und nicht darauf aus, Fußball sachlich zu erklären. Nur war es damals halt schwerer, "viral zu gehen", wenn es die Videos nur verpixelt gab...

Neu ist nur der technische Aspekt, dass jeder Hamann Kommentar kommentiert wird. Hier noch eine lustige Episode aus den Sozialen Medien: Dort pusht Chip.de regelmäßig den Artikel, dass immer mehr Vegane Speisen in den Stadien angeboten werden. Die Leute, die selber vegan essen, nicken da kurz zustimmend und scrollen weiter. Deswegen sind dann 80 % der Kommentare negativ. Weil die Leute dann auch nicht verstehen, dass dies ein Zusatzangebot ist und die Wurst deswegen nicht aus dem Stadion verschwindet. Und dann fragt jemand ernsthaft "Wie oft wollt ihr diese Studie noch pushen?" Die sachliche Antwort: Solange ihr da draufklickt und damit interagiert, wird es immer wieder geschaltet und gepusht. Wenn das alle schulterzuckend mit einem "Ist halt so, wen interresiert's" zur Kenntnis nehmt, werden diese Posts auch irgendwann verschwinden.

Das würde auch bei Hamann helfen. An dem Tag, an dem Max Eberl jegliche Aussagen von Hamann einfach ignoriert. An dem wir alle einfach anerkennen, dass weghören die einzige Lösung ist. Und klar, mein kleiner und irrelevanter Beitrag hilft da jetzt kurzfristig auch nicht, denn ich interagiere jetzt ja auch mit Hamann. Deswegen habe ich dieses Thema das ganze Jahr vor mir hergeschoben und habe seinen Namen (ein Hoch auf die Suchfunktion) in den letzten 12 Monaten 2 Mal verwendet. So kommen wir nie in die Charts. Obwohl ich ja eigentlich der ursprüngliche Hamann-Hater bin, weil ich den mit Carsten Ramelow gleichgestellt habe... also als Spieler, der zur unfähigsten Generation aller deutsches Fußballer gehörte. An der Stelle ist es faszinierend, dass Hamann als Experte das komplette Gegenteil des Spielers ist, der allgemein eher eine Spaßbremse und ein absurder Bürokrat im Mittelfeld war, als jemand, der ins Risiko ging.

Ich kann mir aber auch durchaus vorstellen, dass dies eine bewusste Entscheidung von Hamann ist und er diese Rolle am Ende nur spielt. Der könnte einfach verstanden haben, dass man so am einfachsten Reaktionen hervorruft und dass sich niemand wirklich für sachliche und tiefgründige Analysen interessiert... für die er bei Sky auch einfach keine Zeit hätte. Der halt halt Stephen A. Smith und Skip Bayless studiert und verstanden. Das waren 2 Amerikanische Sportexperten, die für genau die krassen Takes bekannt sind, die Hamann jetzt auch verbreitet. Und die Millionen verdient haben, weil sie sich im amerikanischen Fernsehen angeschrien haben. Beide lagen eigentlich so oft daneben, dass sie von jeglicher Diskussion ausgeschlossen werden sollten. Stattdessen wurde Smith zum Gesicht von ESPN und Bayless zum Gesicht von Fox Sports. So funktionieren die Medien halt und genau das muss man verstehen.

Wenn man aber zumindest verstanden hat, dass Hamann auch nur seinen Job macht, fällt es einem einfacher, diese Aussagen mit einem milden Lächeln zur Kenntnis zu nehmen. Und wenn das alle irgendwann machen, wird das auch vorbei gehen.

Und wenn ihr bewusst was gegen Hamann machen wollt, dann klickt ihr einfach auf die Beiträge mit den tiefgründigen Analysen. Kommentiert dort, damit der Algorhytmus verwirrt ist. Hier ist ein Beispielvideo, in dem erklärt wird, wie eine an sich irrelevante Regeländerung das (Aufbau-)Spiel verändert hat. Ihr könnt da auch "Hamann ist ein Vollidiot" reinschreiben, denn es ist dem egal, was ihr schreibt.

Vor allem ist auch wichtig, dass Hamann nicht das Problem ist, sondern nur ein Sympthom für ein größeres Priblem: In unseren Medien geht es mehr darum, richtig und sachlich zu berichten, sondern möglichst krasse Schlagzeilen zu produzieren. Don't hate the player, hate the game.

Montag, 9. Dezember 2024

Worst of des "Auch die Eintracht legt nach" Wochenendes

 Die einzige Hoffnung darauf, dass die Meisterschaft nicht schon im März entschieden ist... leistet sich direkt ein Unentschieden im eigenen Stadion gegen die aktuell ultimative Graue Maus aus Augsburg. Mit freundlicher Unterstützung vom Nationaltorwart Kevin Trapp. Genau so macht man allen klar, dass man nicht am Rennen um die Meisterschaft teilnehmen will. Was kein Vorwurf ist, die Frankfurter haben realistisch gesehen ganz andere Ansprüche. Es ist eher ein Problem für Dortmund, Leipzig und Leverkusen, dass die nicht mal mit den Frankfurtern Schritt halten können.

An der Stelle müssen wir aber über eine viel wichtigeres Problem reden: Kopfverletzungen und ihre Verharmlosung. Denn ich sag das mal so: Jeder vernünftige Arzt wird dich mit Verdacht auf Gehirnerschütterung für ein paar Tage krank schreiben, wenn du nach einem Sturz kurz bewusstlos liegen bleibst. Oder wenn du nach einem Zusammenprall mit einem anderen Schädel eine heftige Platzwunde davonträgst. Einfach, das Gehirn das empfindlichste Organ ist. Und weil die zweite Erschütterung noch viel gefährlicher ist.

Hugo Ekitiké und Phillip Tietz spielten jeweils weiter und erzielten ein Tor. Was für Helden. In den Kommentaren wird so was dann immer mit "Da werden Erinnerungen an Dieter Hoeneß 82 wach." verharmlost... obwohl die Medizin seit 1982 extreme Fortschritte gemacht hat und wir alle wissen könnten, wie gefährlich es sein kann, sich in solchen Momenten kurz zu schütteln und weiterzuspielen.

Natürlich wurde bei allen 3 Spielern keine Gehirnerschütterung diagnostiziert. Aber sie wurden ja auch nicht gründlich untersucht. Fahrlässig ist es trotzdem. Oder gerade deswegen. Absurderweise verweist Dino Topmöller auf einen Vorfall in Florenz... dass er seinen eigenen Spieler aber in solchen Situationen auch schützen könnte, fällt ihm nicht ein. 

Und ja, wir müssen an der Stelle auch über die Schiedsrichter reden. Also gar nicht so sehr über Bastian Dankert. Der muss sich zwangsweise von Ekiteké wegdrehen und den Ball im Blick behalten. Und die traurige Wahrheit ist halt auch, dass zu viele Stürmer nach Zweikämpfen liegen bleiben, obwohl sie nichts haben. Und die Fans pfeifen auch unabhängig davon, ob da jetzt wirklich was passiert ist.
Die Frage ist eher: Was macht der Assistent den in dem Moment? Der muss doch sehen, wie die Mit- und Gegenspieler reagieren und das da gerade wirklich was im argen ist. Der sollte eingreifen und das Spiel unterbrechen. Im Zweifelsfall hinter dem Rücken des Schiedsrichters das Spiel unterbrechen und die Ärtze aufs Spielfeld rufen. Um die Konsequenzen kann er sich hinterher kümmern. Den Schiedsrichter anfunken, falls das technisch mittlerweile möglich ist. Aber wenn all das keine Option ist, sollte er zumindest mit der Fahne wedeln, um Dankerts Aufmerksamkeit zu erlagen. Und der... popelt sich in der Nase?

Dass Niels Nkounkou dann auch noch Gelb sieht, ist die Kirsche auf der Torte der Schiedsrichter-Inkompetenz. Das muss man Dankert wirklich vorwerfen, er sollte wenigstens die Größe haben und seinen Fehler einsehen, indem er die Verwarnung sofort zurücknimmt. Was er technisch gesehen kann, solange das Spiel nicht fortgesetzt wird.

Zum Glück blieb diese Gelbe Karte ohne größere Konsequenzen. Technisch gesehen hätter Dankert Nkounkou, weil der den Schiedsrichter anfasst, auch Rot zeigen können, ich erwähne es nur. Und eine falsche Reaktion sorgt nicht dafür, dass die neue Regel schlecht ist. 

Was mich zu meinem Lieblingskommentar der Woche bringt: "Schiedsrichter Tobias Welz macht ernst mit der Regel, dass nur der Kapitän mit dem Schiedsrichter sprechen darf." 5 Gelbe Karten für Union Berlin in einer Minute. Stark. Respekt. Ich hoffe, es ist den Unionern wenigstens ein bisschen peinlich, dass sie sich derart über eine offensichtliche Schwalbe aufregen. Wo wir schon dabei sind: Frederik Rönnow bekam schon zur Pause eine Verwarnung, weil er sich, Zitat Kicker-Ticker, "über irgendwas bei Tobias Welz beschwert hat." Man hätte als Union also ahnen können, dass Welz diese Regel anwendet. 6 Gelbe Karten für Schwalben und Meckern dürften ein trauriger Bundesligarekord sein... Was für ein sympathischer Verein...

Im Keller gab es derweil einen großen Gewinner: Hoffenheim. Weil sie als einzige der letzten 5 nicht verloren haben. Herzlichen Glückwunsch, so baut man sich ein beruhigendes Punktepolster.
Den Heidenheimern ist dagegen aufgefallen, dass ihr Polster fast aufgebraucht ist, weil sie in den letzten 8 Spielen einen einzigen Punkt geholt haben... und unter anderem gegen Holstein Kiel verloren haben. Aber hier ist das völlig bekloppte: Auf die direkten Abstiegsplätze haben sie immer noch 5 Punkte Vorsprung. FÜNF! Obwohl sie seit dem Sieg am 5. Spieltag EINEN EINZIGEN Punkt geholt haben. Das sollte praktisch unmöglich sein.

Aber... Kiel hat halt auch nur gegen Heidenheim gewonnen und sonst nix geholt. Also nur um nochmal festzuhalten, wie unmöglich es ist, auf die letzten beiden Plätze abzustürzen.
In der Bochum-Zusammenfassung fiel nebenbei der Satz, dass noch keine Mannschaft, die nur 2 Punkte in den ersten 12 Spielen geholt hat, hinterher die Klasse halten konnte. Falls noch irgendjemand irgendwelche Hinweise brauchte, wie hoffnungslos die Lage im Keller ist.

Mittwoch, 4. Dezember 2024

Und die Bayern legen nach

 Falls noch irgendjemand daran gezweifelt hat, dass die Bayern dieses Jahr nicht oben stehen, weil sie wirklich gut sind...

Mein persönliches Highlight war ja die Frage in der Sportschau, was ein "Prime-Manuel Neuer" gemacht hätte. Das beste Zitat: "Kurz kommen WM 2014 Vibes auf." Hey, darauf hinzuweisen, dass Neuer im Finale vom Platz fliegen müsste, ist meine Aufgabe!!! Eure Aufgabe ist es, ihn dafür mit sinnlosen Wichsvorlagen zu feiern. Also falls ihr das damals im Rausch verpasst habt: Das Einsteigen in der 57. Minute damals war wesentlich heftiger, als die Aktion gestern... Da nimmt er eine Verletzung des Spielers billigend in Kauf... ich sag's ja nur...

Anyhow, Neuer flog gestern wirklich vom Platz und deswegen... hat Max Eberl jetzt eine Ausrede. Vielleicht sollte Uli Hoeneß den mal zur Seite nehmen und ihn darauf hinweisen, dass er nicht mehr in Gladbach oder Leipzig angestellt ist. Die Zeit nach Ausreden zu suchen, ist für ihn vorbei, jetzt muss er Titel holen. Also mehrere. Und die erste Chance ist schon wieder weg. 

Was nebenbei auch nur ein Teil des Problems ist. Denn wenn man "nur" gegen Leverkusen in Unterzahl verloren hätte, würde es die Debatte, auf die Eberl dann extrem dünnhäutig reagiert, gar nicht geben. Dann hätte man sich auf die gute Leistung trotz Unterzahl berufen können.

Aber die Bilanz der Bayern gegen die Großen ist allgemein... ausbaufähig. In der Liga gab es Unentschieden gegen Leverkusen, Frankfurt und Dortmund. Dass Duell mit RB Leipzig steht noch aus. Da wird einem dann wieder bewusst, dass die Bayern einen extremen Vorsprung haben, obwohl sie die direkte Konkurrenz nicht schlagen konnten. 

Dazu kommt ein Sieg gegen Paris St. Germain in Überzahl. Und ein Paris, dass sich nach dem Abgang von Kylian Mbappé im Umbruch befindet. Die sind gerade 25. in der neuen Tabelle. Das ist zwar ein großer Name, aber genau genommen kein internationales Spitzenteam. Da ist de facto Aston Villa gerade besser... und gegen die hat man verloren. Genau so wie gegen ein wieder erstarktes Barcelona

Wenn man sich die 4 Spiele gegen die Top 5 in der Bundesliga und die 5 Spiele in der Champions League anguckt, fällt einem auf, dass Platz 13 in der europäischen Zwischentabelle schon ganz angemessen ist. Und klar, man hat noch 3 leichtere Gruppenspiele gegen Donezk, Rotterdam und Bratislava vor der Brust, man muss diese 3 Spiele aber auch zwingend gewinnen, um unter den besten 8 zu landen. Und in diesen Spielen kann man den derzeitigen Status eher kaschieren, als ihn überzeugend zu widerlegen.

Dieser Status lautet: Die Bayern sind nicht besser, als vor 12 Monaten. Im Gegenteil, man hat 2 Punkte weniger auf dem Konto. Der Rest der Liga ist nur deutlich schwächer. Was halt faszinierend ist, weil Vincent Kompany gefeiert wird, als hätte er einen riesigen Umsturz vollbracht. Dabei liefert er nicht mal auf dem Niveau von Tuchel, der ja diese Mannschaft ins Halbfinale der Champions League geführt hat und nur einen Neuer-Patzer vom Finale entfernt war...

Es ist schon faszinierend, wie dieselben Bayern, die bei Tuchel alles schlecht geredet haben, jetzt bei Kompany alles rosig sehen. Und wie dünnhäutig Eberl reagiert, wenn die Leistungen kritisch hinterfragt werden. 

Dass ist ja auch der Grund, warum mich die aktuelle Situation in der Liga so frustriert. Wenn die Bayern an der Spitze einsam ihre Kreise ziehen würden, weil sie überragend spielen, wäre das ja was anderes. Aber sie sind da so isoliert, weil die anderen einfach nicht gut sind. Also nicht konstant gut sind, denn sie lassen ja das Potenzial hier und da aufblitzen.

Montag, 2. Dezember 2024

Zeit für nen Winterschlaf

 Denn sein wir ehrlich... in der Bundesliga wird bis Ende April wenig relevantes passieren. Klingt hart, ist aber so.

Ich würde ja gerne Uli Hoeneß für seine Arroganz abstrafen... aber er hat halt vollkommen recht: Die Meisterschaft ist quasi durch. Das liegt nur bedingt an den überragenden Bayern, denn die würden ja auch international marschieren, wenn sie wirklich so gut wären... aber:

Bei Bayer Leverkusen schlägt das Pendel dieses Jahr wieder in die "normale" Richtung aus. In den Momenten, in denen sie letzte Saison all die Siege eingefahren haben, pennen sie dieses Jahr konsequent. Gegen RB Leipzig, Werder Bremen und dem VfL Bochum kassierte man bereits Treffer in der Schlussviertelstunde. Das sind 5 Punkte, die am Ende definitiv fehlen werden. Absehen davon, dass eine Mannschaft, die gegen Kiel UND Bochum nicht gewinnt, auch nicht Meister wird.

Borussia Dortmund sortiert seine Führungsspieler neu. Man hat dieses Wochenende gemerkt, dass es keinen Unterschied macht, ob die Kapitäne an Bord sind, oder nicht.

RB Leipzig bricht gerade komplett ein. Da gucken sogar die Hater mal hin, schließlich gibt es was zu lachen, wenn die in Back2Back "El Plasticos" 9 Gegentore kassieren. Das beste an deren Defensivleistung ist ja, dass sie sich konsequent von jeglischer Homophobie distanziert haben. Beim Stand vorn 1:4 kann man sich das auch leisten, selbst wenn man einen Behrens dann treffen lassen muss.

Der Aderlass beim VfB Stuttgart ist offensichtlich doch einfach zu krass. Gerade in der Defensive fällt halt jetzt auf, dass die Stabilität nicht von Alexander Nübel kam, sondern er von den guten Verteidigern profitierte. 

Eintracht Frankfurt ist definitiv die positivste Überraschung der Saison. Das ist aber auch ein Problem, weil die auch weit weg davon sind, wirklich um den Titel zu spielen.

Hier ist das grundlegende Problem an den "Spitzenmannschaften": Alle 4 haben die Qualität die Bayern über 90 Minuten zu nerven. Leverkusen, Frankfurt und Dortmund haben bereits gegen den designierten Meister gepunktet. Aber allen fehlt die Konstanz und die nötige Ernsthaftigkeit um die Bayern über die gesamte Saison zu nerven. 

Und ich will da auch gar nicht zu pessimistisch sein: Alle 4 haben theoretisch das Niveau, um sich für die Champions League zu qualifizieren. Oder RB und die Borussia mangelt es an der Qualität, um sich deutlich von Frankfurt zu distanzieren. Die Frage, ob eine junge Frankfurter Mannschaft das derzeitige Level halten, oder doch minimal einbrechen wird, werden wir aber erst im April feststellen. Dasselbe gilt für die Frage, ob Marco Rose oder ein neuer Trainer die Probleme in Leipzig lösen kann. Oder ob sich in Dortmund neue Führungskräfte etablieren.

Im Keller sieht es, wie immer, auch nicht besser aus. Bochum und Kiel sind halt nur sehr bedingt bundesligatauglich. Das macht ja die Punktverluste von Leverkusen so frustrierend. Beide Mannschaften kommen zusammen auf einen Sieg und 7 Punkte in 24 Spielen. Und die haben schon gegeneinander gespielt, es kann also durchaus sein, dass es bei diesem einen Sieg bleibt. Das ist ungefähr auf dem Niveau von Greuther Fürth und Arminia Bielefeld aus der Saison 2021/22. Die stiegen am Ende beide kläglich ab. Dabei hatte Bielefeld zum gleichen Zeitpunkt schon 9 Punkte auf dem Konto... Also alleine mehr, als diese beiden Spezialisten zusammen.

Dem unwesentlich besser spielenden 1.FC St. Pauli könnten also 12 Punkte aus den 4 Spielen gegen Kiel und Bochum reichen, um sich zumindest die Relegation zu sichern.

Dazwischen hat es sich der 1.FC Heidenheim "gemütlich" gemacht. Hoffenheim scheint alles zu versuchen, um abzusteigen... was dann wenigstens Häme hervorrufen würde. Aber die Konkurrenz dürfte zu schwach sein.
Gerade die Häme ist ein nicht zu unterschätzender Faktor. Denn sein wir mal ganz ehrlich: Der gemeine Fußballfan wird einen Abstieg von Bochum, Kiel, St. Pauli oder Heidenheim eher schulternzuckend zur Kenntnis nehmen, als dass er sich wirklich in den Abstiegskampf hineinsteigert.
Und das soll jetzt keine Beleidigung sein. Das sind Vereine, die sich mit überragender Arbeit diese für sie miese Situation verdient haben. Aber es sind auch Vereine, die abgesehen von ihrer kleinen Fanbase relativ wenige Emotionen auslösen.
Was bei St. Pauli irgendwie überrascht, weil es ja schon der Alternativverein für alle unentschlossenen Fans ist. Dieses "Wenn es bei meinem Verein gerade nicht läuft, kann ich ja mal gucken, wie Pauli sich im Aufstiegskampf anstellt" ist für alle Fußballfans diesseits vom Hamburger SV eine veritable Option. Aber all diesen Fans ist halt auch irgendwie bewusst, dass dieser Verein spielerisch und wirtschaftlich einfach in die 2. Liga gehört. Es gibt einfach Gründe, warum St. Pauli zuletzt 1996 den Klassenerhalt in der Bundesliga feiern durfte.

Und dass sie jetzt mit minimalen Leistungen eine realisitsche Chance auf diesen Klassenerhalt haben, verdeutlicht am Ende allen, wie krass der Aderlass gerade wieder ist. Wie sehr Köln, Schalke und Hertha der Liga fehlen. Selbst der HSV... Da ist einfach richtig viel Qualität und Potenzial verloren gegangen und es wird jedes Jahr deutlicher, dass dies nicht kompensiert werden kann.

Also gerade am HSV kann ich das Problem ja gerade sehr schön verdeutlichen: Ich gucke gefühlt häufiger auf die Tabelle der 2. Liga, weil ich wissen will, ob und wie der HSV die Mission Aufstieg dieses Jahr verkackt. Dann fällt mir auf, dass die Tabelle da verdammt eng ist. Und dann stelle ich ernüchtert fest, dass am Ende, so wie es derzeit im deutschen Fußball läuft, Sandhausen und Paderborn aufsteigen. Aber ein Blick auf die Tabelle löst bei mir Emotionen aus... während ich bei der Bundesliga nur denke "Fragt mich im April nochmal."

Donnerstag, 21. November 2024

San Marino hat das unfassbare geschafft:

 Sie sind aufgestiegen, bevor der Hamburger SV dies jemals geschafft hat. Nur um mal zu verdeutlichen, dass das echt jeder hinbekommt, außer eben jener HSV.

Vor allem aber: PassivesAbseitsleserwissenesfrüher: Die Nations League ist etwas wunderbares. Dort können die kleineren Nationen ihre eigenen emotionalen Geschichten schreiben, ohne dass irgendetwas verloren geht. Denn für die "großen Nationen" werden halt "nur" die Testspiele ersetzt.

Checkt einfach mal den offiziellen Fan Account von San Marino aus. Vorsicht an alle St. Pauli und Werder Fans: der Link geht zu Twitter. Aber wie die da in der 2. Halbzeit abgehen, ist nicht von dieser Welt. Es ist aber auch der größte Erfolg in deren Verbandsgeschichte.

Wahrscheinlich werden die jetzt nächste "Saison" jedes Mal abgeschossen, aber hey, sie haben sich das Recht gegen diese besseren Gegner anzutreten, erarbeitet. Das ist doch schön.

Und alle die jetzt über die zusätzlichen Termine heulen. Ich habe mal eine fortgeschrittene Matheaufgabe für euch: Zählen. Hier sind 2 unterschiedliche Listen. Eine aus dem Jahr 2024. Die andere ist aus dem Jahr 2004. (Vorsicht, die Links gehen zum Kicker...)

Ihr werdet dann völlig entsetzt feststellen, dass Deutschland im Jahr 2004, trotz des gar nicht so überraschenden Vorrundenaus, 16 Länderspiele absolviert hat. 2024 waren es, obwohl man das Viertelfinale erreicht hat, 15. Das macht, nach Adam Riese, ein Spiel weniger, als vor 20 Jahren.

Vor diesen 20 Jahren wäre Deutschland in einem Paralelluniversum mit guten Spielern mit 19 Länderspielen Europameister geworden. 2024, in einem Paralelluniversum mit der aktuellen Handspielauslegung, hätte es dafür 18 Spiele gebraucht.

Das Deutschland mehr Spiele absolviert hat, lag nebenbei an den 3 Spielen während der Asien Reise zum Jahresausklang. Das sollte fairerweise erwähnt werden: Ohne dieses legale organisieren von Stimmen für die Heim WM 2006 wären es nur 16 mögliche Länderspiele gewesen. Trotzdem gilt für alle anderen: In den letzten 20 Jahren sind nur 2 Termine dazugekommen. Das ist nicht dramatisch.

Und wenn ihr jetzt rumheult, dass ja die Endrunde der Nations League zu mehr Spielen führen wird: Nein, wird es nicht. Denn die 8 Teilnehmer an dieser Veranstaltung werden dafür in die 5er Gruppen der WM Quali landen. Das wird kein Zufall sein, sondern ist Absicht. Falls man das Finale erreicht, hat man tatsächlich ein einziges zusätzliches Spiel.Das ist, verglichen mit der Eskalation bei den Vereinsmannschaften, lächerlich wenig. Und wenn man im Viertelfinale ohne Wirtz ausscheidet, ersparrt man sich sogar ein Spiel...

Man muss an der Stelle nochmal zwingend festhalten: Die Nations League hat nicht wesentlich zur Erhöhung der Allgemeinen Belastung beigetragen. Für die großen Nationen hat sie die Testspiele, die Aufgrund der ständigen Absagen als Reaktion auf die extreme Belastung am Ende eine Zumutung für alle Fans waren, ersetzt. Und sie haben den kleinen Nationen eine Möglichkeit gegeben, sich in einem für sie ernstzunehmenden Wettbewerb zu messen.

Lasst uns mal spaßeshalber nochmal 20 Jahre zurückgehen: Im Jahr 1984 gab es tatsächlich weniger Länderspiele. Deutschland trat nur 11 mal an. Wenn man Europameister geworden wäre, wären es 13 Spiele gewesen. In diesen 40 Jahren ist die Anzahl der EM Teilnehmer von 8 auf 24 gestiegen. Trotzdem kamen in diesen 4 Dekaden ganze 5 Spiele pro Jahr dazu.

Hier ist aber das völlig absurde: In dieser Saison gewann der FC Liverpool den Europapokal der Landesmeister... mit 8 Siegen in 9 Partien. Mittlerweile wäre die 9. Partie das erste K.O. Duell. Insgesamt braucht man 15 bis 17 Spiele. Von den 36 Mannschaften, die an der Gruppenphase teilnehmen, werden 24 mehr internationale Spiele absolvieren, als die beiden Finalteilnehmer von 1984.

Dazu kommen dann nochmal bis zu 8 Spiele über die Klub-WM. In den 4 Dekaden, in denen für die Nationalspieler 5 Termine dazu kamen, wurde der Vereinsspielplan um bis zu 14 Spiele erweitert....

An der Stelle muss man auch nochmal erwähnen, dass 1984 lediglich 2 Mannschaften die kompletten 9 Spiele absolvierten. Für die Hälfte der Teilnehmer war der Spaß am 28. September schon wieder beendet. Nicht nur die erfolgreichsten Mannschaften spielen wesentlich mehr Spiele... auch die relativen Gurkentruppen. Da ist die Quote sogar noch viel schlimmer: 1984 brauchte man 2 Spiele, um das Achtelfinale zu erreichen (oder, im Fall des HSVs, gar keins, weil die ein Freilos hatten.) 2024 braucht man 8 bis 12. Die 12 zähle ich dazu, weil ja theoretisch Mannschaften gibt, die sich über die Playoffs für die Gruppenphase und dann über die Zwischenrunde fürs Achtelfinale qualifizieren könnte. Lille ist gerade 14. und würde damit Bayern und Real gerade so aus dem Weg gehen und auf Benfica Lissabon treffen. Lille und Dinamo Zagreb sind aber die einzigen Mannschaft aus der Qualifikation, die ernsthaft um einen Einzug in die Zwischenrunde kämpfen... Lille ist nebenbei schon in der Qualirunde 3 eingestiegen. Wenn die, was natürlich nicht passieren wird, ins Finale einziehen, hätten die dafür unfassbare 23 Spiele absolvieren müssen. Aber die 2 zusätzlichen Länderspiele seit 2004 sind das Problem... ganz bestimmt.

Dieses "Boah schon wieder Länderspielpause" ist also faktisch gesehen totaler Bullshit. Eigentlich müsste es nächste Woche Mittwoch "Boah, schon wieder Champions League" heißen, denn da sind die ganzen zusätzlichen Spiele aufgetaucht. Da kommt die krasse Zusatzbelastung her. Da kommt auch diese extreme Dauerbeschallung her. Mittlerweile ist ja der Montag der einzige Tag in der Woche, an dem es keinen Fußball auf gehobenem Niveau zu sehen gibt. Zumindest nicht jede Woche, nächsten Montag gibt es die Premiere League im Angebot.

Die Nationalmannschaften sind hier nicht das Problem. Im Gegenteil, sie geben uns mal die Gelegenheit, aus dieser Endlosschleife auszubrechen und mal was vernünftiges zu machen... Oder eine neue und aufregende Geschichte wie den Aufstieg von San Marino zu erleben.

Montag, 18. November 2024

Um mal wieder mit einem Mythos aufzuräumen: Die Mentalität war "früher" nicht besser

 Das ist ja eine meiner Lieblingsbeschäftigungen. Also die Ansätze dieses Beitrages findet ihr bereits hier. Es wird jetzt nur noch weiter ausgeführt.

Einer der Lieblingsmythen der "Früher war alles besser" Generation sind ja die "deutschen Tugenden". Dieses "Wir waren nie individuell die Besten, aber unsere Mentalität hat uns immer geholfen!" Wir waren immer eine Turniermannschaft... auch wenn das nur ein Mal, bei der WM in Südkorea und Japan 2002 wirklich gestimmt hat. Also das war das einzige Turnier, bei den Deutschland wirklich ihre eigentlichen Möglichkeiten* übertroffen hat.

* Ok, genau genommen hat man "nur" Saudi Arabien, Kamerun, Paraguay, die USA und Südkorea geschlagen. Bei genauerem Hinsehen haben sie gegen den ersten richtigen Gegner verloren, auf den traf man aber erst im Finale... Hat man wirklich besser abgeschnitten als erwartet? Oder hatte man nur extremes Losglück? Alles nur ne Frage der Perspektive.

Nun muss hier erstmal ein Disclaimer rein: Ich nicht alt genug, um die 54er Generation zu bewerten. Das dürfte der einzige Titel sein, bei dem die "Mentalität schlägt Qualität" Geschichte wirklich wahr ist. Das ist aber auch Ewigkeiten her. Es hat sich aber als Gründungsmythos verfestigt, da bekommt man es nicht mehr raus.

Aber schon die 70er Generation... Fun Story: ich hatte letztens im Plattenladen die Neuauflage von Franz Beckenbauers Größten Hits in der Hand. Klar, das sind nur 2 Singles und 4 Songs... aber das sind auch 4 Songs mehr als die aktuelle Generation in der Diskografie hat...
Franz Beckenbauer war halt auch eine Stilikone. Und sie nannten ihn den "Kaiser", weil er auf dem Platz ein Kampfschwein war diese absolute Eleganz ausstrahlte.

Günther Netzer war ein linksgrünversifter Freigeist. Und ein Genie am Ball. Gerd Müller war der beste Abschlussspieler der Welt. Und nebenbei eine Mimose, denn nachdem er ein einziges Mal bei den Bayern ausgewechselt wurde, ist er sofort weggerannt. Das ist die Mentalität, die immer beschrien wird. Denn das war ja die beste und erfolgreichste Fußballergeneration aller Zeiten.

Die 80er wurden von Karl-Heinz Rummenigge geprägt. Einem Menschen, der so bescheiden ist, dass er hier quasi seine eigene Kategorie hat. Bernd Schuster nannten sie den "Blonden Engel", weil er... ähm... so ein Kampfschwein war? Oder er war so eitel, dass er zurückgetreten ist, als ihm nicht seine Wunschposition versprochen wurde. Europameister wurde er trotzdem. Oder genau deswegen.

Die 90er Generation, die ebenfalls Welt- und Europameister wurden, bestand aus Lothar Matthäus und Matthias Sammer gewannen im Jahr der Triumphe jeweils den Ballon d'Or... weil das individuell überragende Fußballer waren. Es waren natürlich auch die letzten Deutschen, die den gewinnen konnten. Während man 1972 noch die ersten 3 Plätze untereinander aufteilte.

Dazu kam ein Andy Möller, der, wenn er nicht gerade mit dem Adler auf der Brust auflief, als Heulsuse verschrien war. Und als Schwalbenkönig. Ein Thomas Hässler funktionierte am besten im Biotop Karlsruhe. Bei den "richtig großen Vereinen" wie Juventus oder Borussia Dortmund konnte er sich dagegen nicht durchsetzen. Beide waren aber auch überragende Techniker und sind Welt- und Europameister.
Jürgen Klinsmann wurde in England "Diver" genannt, was nur bedingt an seinem Torjubel lag, sondern primär am Vorwurf zu schnell zu fallen.

Die 2014er Generation wurde auch von Mesut Özil und Lukas Podolski geprägt. Özil hat so wenig mit "deutschen Tugenden" zu tun, dass er sich mittlerweile öffentlich als Türke geoutet hat. Wenn Poldi einen Funken dieser angeblichen Mentalität gehabt hätte, hätte er sich in München durchgesetzt, anstatt zurück nach Köln zu fliehen. Dasselbe gilt für den Siegtorschützen Mario Götze. Beides waren Spieler, die auf Vereinsebene nie die Widerstandskraft hatten, sich gegen echte Probleme durchzusetzen. 

Und jetzt kommt ihr mit eurem "Ja, aber": Berti Vogts, Guido Buchwald, Dieter Eilts und Miroslav Klose. Ja, natürlich. Natürlich hatte Deutschland auch ihre Mentalitätsmonster, die über ihr eigentliches Talentlevel erfoglreich für Deutschland gespielt haben und damit ihren entscheidenden Anteil an den Titeln hatten. Da kann man in jeder Generation mehrere nennen. Selbstverständlich. Das stellt keiner infrage. Aber, schockierende Neuigkeit, das ist kein deutsches Phänomen.

Der "deutscheste" Spieler bei der WM 1994 war Carlos Dunga, und der führte die brasilianischen Künstler als Kapitän zum Titel. Frankreichs Goldene Generation hatte natürlich einen Zinedine Zidane. Aber es gab eben auch einen "General" mit Didier Deschamps, der im Mittelfeld alles souverän abräumte und dann den 5 Meter Pass auf eben jenen Zidane spielte. Oder einen Lilian Thuram, der sich vor jedem Spiel in Knoblauch einrieb und dann 90 Minuten am Gegenspieler hing. Man hatte mit Marcel Desailly einen Schrank in der Innenverteidigung. Thuram kommt nebenbei auf 2 Länderspieltore in 142 Einsätzen. Desailly auf 3 in 116. Die sind mehr Jürgen Kohler als unserer Jürgen Kohler...  Man wurde mit den Mentalitätsmonstern, aber ohne Topstürmer 1998 Weltmeister. 2000 hatte man dann mit Henry und Trezuguet auch gute Stürmer.

2002 war es für die Brasilianer ein riesiger Schock, als man kurz vor dem Turnier Emerson ersetzen musste. Nicht, weil das ein überragender Techniker war, da hätte man Alternativen gehabt. Aber es war ihr Vorzeigearbeiter und genau deswegen ihr Kapitän. Diese Rolle übernahm dann Kléberson, ein grundsolider Aufräumer, der sich aber nie in Europa durchsetzen konnte. Die gesamte brasilianische Taktik lässt sich nebenbei auf ein "Wir stellen 6 Arbeiter auf, damit Ronaldinho, Rivaldo und Ronaldo zaubern können." Und nutzen Roberto Carlos als Wildcard. Und ja, auch ein Rekordhalter wie Cafu war immer eher ein Arbeiter als ein Künstler. Deswegen ist sein persönliches Highlightvideo auch keine 10 Minuten lang und besteht zur Hälfte aus Tacklings... Aber er konnte sein "gehobenes, aber nicht überragendes" Niveau aufgrund seiner herausragenden Einstellung über Jahrzehnte halten. Klingt schon sehr nach "Mentalität" für mich.

Italien hatte 2006 nicht nur Totti und del Piero, sondern auch Cannavaro und natürlich Grosso. Grosso war nie ein überragender Individualist, lief aber genau in diesem Sommer plötzlich richtig heiß und spielte das Turnier seines Lebens. Und natürlich wurde er vom Feingeist Andrea Pirlo perfekt freigespielt... Aber das wichtigste Tor erzielt eben einer der Arbeiter.

Die Spanier spielten ihre abgefuckte Version von Barcas Tiki Taka und verteidigten das eigene Tor mit dem Ball, bis der Gegner müde wurde. Dann erzielten sie irgendwann das 1:0 und wir feierten das alle als großartigen Offensivfußball. Warum auch immer. Vor allem hatten sie aber auch Charles Puyol und Sergio Ramos in der Innenverteidigung. Sergio Ramos hat es geschafft, in seiner Karriere 29 Mal vom Platz zu fliegen! NEUNUNDZWANZIG. Und das, obwohl er den Großteil seiner Spiele für Real Madrid absolviert hat, wo er im Schnitt 3 Zweikämpfe pro Spiel führen musste. Der nie auf sich oder den Gegner Rücksicht genommen. 

Die "aktuelle" Generation der Franzosen hatte mit N'Golo Kante einen der besten Wasserträger aller Zeiten. Und mit Olivier Giroud den ultimativen "Arsenal-Angreifer", denn der Mann wurde Weltmeister, ohne ein einziges Mal AUFS TOR zu schießen. So aufopferungsvoll spielt nicht mal Miro Klose.

Ihr erkennt einen Trend? Alle Mannschaften, die bei den großen Turnieren große Erfolge eingefahren haben, hatten die perfekte Mischung aus Talent und Einstellung. Sie hatten einige Spieler, die individuell überragend waren und sich ihre Sonderrechte rausnehmen durfte. Diese wurden dann perfekt durch die Arbeitstiere ergänzt, die mit ihrer Einstellung den Künstlern den nötigen Freiraum schaffen. Das könnt ihr auf jede Mannschaft dieser Welt anwenden.

Was passiert, wenn diese Mischung nicht stimmt und man "nur Mentalität" zu bieten hat, konnte man bei den Europameisterschaften 2000 und 2004 sehen, wo es den Deutschen nicht an der nötigen Einstellung, sondern ausschließlich an der fußballerischen Qualität mangelt. Und wenn man nur auf "Qualität" setzt... also die amtierenden Weltmeister Frankreich, Italien, Spanien und Deutschland haben sich bei den Folgeturnieren blamiert. Das lag nicht an der individuellen Klasse. Es ist schon faszinierend, dass die Titelträger 4 Turniere infolge in der Gruppenphase ausgeschieden sind und erst Frankreich 2022 diesen "Fluch" beendete. Das hatte aber jeweils auch viel damit zu tun, dass man es sich in seinem Weltmeistersessel zu bequem gemacht hat und man die Grundtugenden vernachlässigt hat. Und man hat auch die schlechte Angewohnheit, zu lange an den Weltmeistern festzuhalten, auch wenn die mittlerweile nachgelassen habem. Aber auch das ist kein "rein Deutsche Tugend" sondern passiert überall.

Nichts an der deutschen Mentalität und dieser Nationalmannschaft ist irgendwie besonders. Wie alle anderen Nationen müssen sie die perfekte Mischung finden, um sich bei den großen Turnieren zu behaupten. Und wie alle anderen Nationen gehen sie nach einem Triumph durch ein Wellental, weil sie es verpassen, die alten Weltmeister rechtzeitig auszusortieren. Das war schon immer so und wird auch immer so bleiben.

Mittwoch, 13. November 2024

Vollidiot des Jahres: Pellegrino Matarazzo.

 Nicht, dass der wirklich etwas falsch gemacht hat. Aber er war halt loyal. Im Profisport. Als Trainer, wo man immer das schwächste Glied in der Kette ist. Und das, obwohl das Ende lange absehbar war. Denn das war ja eine Trennung mit Ansage. Die einzige Überraschung ist, dass Matarazzo nicht als Erstes entlassen worden ist, sondern Peter Zeidler.

Um das mal kurz nachzuvollziehen: Pellegrion Matarazzo übernahm Hoffenheim im Februar 2023 von Andre Breitenreiter. Er hatte einen schwierigen Start mit 5 Niederlagen infolge und wäre fast direkt wieder entlassen worden. Aber er schaffte den Umschwung nach dem Absturz auf Platz 18 und führte die TSG zum souveränen Klassenerhalt. Platz 13 in der Endabrechnung.

In der folgenden Saison führte er Hoffenheim auf Platz 7, was zur Qualifikation für die erneuerte Europaleague reichte. Klar, es reichte auch nur, weil dieses Jahr fast die Hälfte aller Bundesligisten europäisch spielen dürfen. Es war aber auch die beste Platzierung seit 2009/10. Das war aber schon eine ordentliche Leistung. Vorallem, wenn man bedenkt, dass Hoffenheim 50 Millionen auf dem Transfermarkt erwirtschaftet durfte... Das Kader sollte also eigentlich schwächer sein, als in der Vorsaison.

Trotzdem wurde seine Arbeit schon im Sommer hinterfragt. Es fehlte einem jungen Kader halt an der nötigen Konstanz um noch mehr zu erreichen... Wer hätte das ahnen können?

Stattdessen ging zum dümstmöglichen Zeitpunkt Alexander Rosen. Der Manager wurde genau zu dem Moment entlassen, in dem er den größten Einfluss auf die Saison hatte: Mitten in die Verhandlungen des Transfersommers. Einfach nur, weil Dietmar Hopp und Roger Wittmann ihn nicht wollten. Die beiden wollten nebenbei schon im Februar einen anderen Trainer. Also nur um zu verdeutlichen, wie lange dieser Konflikt schon gärt und dass Materazzo schon die Skepsis von ganz oben entgegenkam, bevor er überhaupt aus dem Zug gestiegen war.

Eine Aktion, die so dumm war, dass Hopp die TSG Ultras gegen sich aufbrachte. Und dank der der Rest der Welt mitbekam, dass es diese Ultras überhaupt gibt. Die Ultras mussten nebenbei auch ihren Stimmungsboykott ankündigen, da der neutral und uninformierte Zuschauer sonst kaum einen Unterschied zu sonst gemerkt hätte. 

Das ist für einen Trainer eine richtig beschissene Ausgangslage. Denn die Spieler bekommen so was ja auch mit. Der einzige Unterstützer wurde abgesägt, die eigene Transferphase sabotiert und der Boss ganz oben ist mehr oder weniger dein direkter Gegenspieler.

Und dann... brachte die Brieftaube ein lukratives Angebot: Der Amerikaner sollte die eigenen Nationalmannschaft übernehmen. Nur die Herren, also deren 2. Beste Auswahl. Aber dafür sollte der die Mannschaft in ein Tunier in eigenem Land führen. Also quasi den Nagelsmann machen und denen die Heim-WM retten. Und Materazzo sagte denen ab.

Er blieb lieber in Hoffenheim, obwohl er wusste, dass der Boss ihn am liebsten ersetzen würde und dass eine schwierige Saison bevorsteht. Also obwohl abzusehen war, dass er die Saison nicht überstehen würde.

Für Hoffenheim war das nebenbei großartig. Auch wenn eine einvernehmliche Trennung im Sommer eigentlich wie die perfekte Lösung ausgesehen hätte, stünde man plötzlich in der Vorbereitung ohne Trainer und Manager da.

Die Kombination aus starker Vorsaison und Loyalität sollte eigentlich dafür sorgen, dass er bis zur Winterpause unkündbar ist. Stattdessesn wird er entlassen, obwohl er nicht mal auf einem Abstiegsrang steht.

Und natürlich sind die Leistungen, die Hoffenheim anbietet, nicht toll. Das war aber nach der konfusen Saisonvorbereitung auch nicht zu erwarten. Man steht aber über dem ominösen Strich und hat mit Bochum, Kiel und St. Pauli 3 herausragende Kandidaten, die noch deutlich schlechter sind, als man selbst. Es gibt also keinen Grund zur Panik.

Und natürlich zeigt die Tendenz gerade nach unten, das ist aber auch zu erwarten, wenn bei jeder Gelegenheit der Trainer hinterfragt wird. Das kommt alles einfach nicht überraschend.

Am Ende wird Materazzo für seine Loyalität bestraft und die Hoffenheimer kommen ohne größere Schäden davon. In einer gerechteren Fußballwelt würden die anderen Trainer jetzt geschlossen sagen "Nach Hoffenheim gehen wir nach der Nummer nicht.", aber da guckt, berechtigterweise, auch nur jeder auf sich selbst.

Montag, 11. November 2024

Worst of des "Im Westen immer noch nichts neues" Wochenendes

 Wo doch endlich wieder Normalität in der Bundesliga eintritt und die Bayern als beinah einzige Mannschaft von "da oben" gewinnt. Auch nur, weil der VAR Stuttgarts Ausgleich gegen Frankfurt zurücknimmt. Die hatten da im Kölner Keller eine einzige Aufgabe.

Nebenbei muss man hier St. Pauli ganz deutlich loben. Wenn man die Namensschilder ausgeblendet hätte, wäre man sich nicht sicher gewesen, ob da der Rekordmeister oder der FC Augsburg spielt. Das war schon ganz brutale Magerkost, die die Bayern da anbieten mussten. Also abgesehen von dem einen Geniestreich von Jamal Musiala, wo die Klasse ganz kurz aufgeblitzt ist, hat man da nichts gesehen, was "CHAMPIONS LEAGUE" gebrüllt hat. Ob das wirklich an St. Pauli lag, oder die Bayern einfach keinen Bock hatten, werden wir nie erfahren...

Aber es sind jetzt schon 5 Punkte. Die Meisterschaft dürfte also durch sein. Und das auch, weil Bayer Leverkusen dieses Jahr die "Uno Reverse Karte" gezeigt bekommt. Also nachdem sie letzte Saison all die späten Tore erzielt haben, haben sie jetzt schon gegen Bochum und Bremen in den Schlußminuten schmerzhafte Treffer kassiert. Dazu ein Tor in der 80. Minute gegen RB Leipzig. Da "fehlen" jetzt schon 5 Punkte.
Was halt auch nur nochmal verdeutlicht: Wenn die sich letztes Jahr nicht den Bayern-Dusel ausgeliehen hätten, wäre Thomas Tuchel da noch Trainer. Aber vielleicht war das ja eine bewusste Entscheidung von Uli Hoeneß, der den Tuchel halt nicht mochte. "Hier, könnt ihr für ein Jahr haben und den Stanisic gibt es oben drauf. Hauptsache ich hab einen Grund den Typen zu entlassen." Ergibt Sinn.

Aber das eigentliche ist natürlich mal wieder in Dortmund passiert. Tief im Westen halt. Das ist halt die Konstante in dieser Saison. Und auch allgemein in der Liga.
Nachdem die Führungsspieler, allen voran Emre Can, aber zumindest hier auch Julian Brandt, öffentlich angezählt wurden, haben die kurzzeitig eine Reaktion gezeigt. Sie haben allen bewiesen, dass sie es doch eigentlich können. Can lieferte 2 gute Spiele als Innenverteidiger ab. Unter anderem gegen den direkten Konkurrenten aus Leipzig. Genau das wird ja immer gefordert. Brandt lief so gut mit, dass er sogar wieder zur Nationalmannschaft darf. Auch wenn dich das jetzt so gar nicht nachvollziehen kann. Der wartet seit dem 6. Spieltag auf eine Torbeteiligung. Der war jetzt in den letzten Wochen nicht schlecht... aber auch nicht wirklich gut. Aber gut, wenn Paul Wanner keinen Bock hat, und dieser lettische Spieler doch nicht mitmachen darf, muss halt Brandt ran...

Dann ging es nach Mainz, wo man einen Aufschwung in eine Serie ausbauen könnte. Und wo man jegliche Debatten über einen Auswärtsfluch beseitigen könnte. Fun Fact: Dortmund ist erster in der Heimtabelle und 16. in der Auswärtstabelle. Sie haben jetzt, inklusive Pokal und Champions League, 6 Auswärtsspiele infolge verloren. Das ist dann kein Fluch mehr, sondern geballte inkompetenz.

Unterstützt durch Kapitän Can. Der dachte sich: das könnt ihr ohne mich, ich gehe dann mal nach 27 Minuten von Bord. Und Niko Schlotterbeck holte sich, um sich seinen eigenen Job noch schwerer zu machen, eine zusätzliche Gelbe Karte ab.
Um mal kurz festzuhalten, wie dumm diese Meckerei von Schlotterbeck war: Can als Übeltäter nimmt die angemessene Strafe widerspruchslos zur Kenntnis und geht lieber zum umgenieteten Gegner, um sich bei dem zu entschuldigen und zu checken, ob der sich was getan hat... Und Niko Schlotterbeck rennt dann zum Schiedsrichter und sagt "DAS WAR DOCH NICHTS!" Vielleicht sollte er an der Stelle mal auf die Reaktion desjenigen, der die allerbeste Sicht auf die Situation hatte, vertrauen. Nur so ein Gedanke.

Details. Kapitän Nummer 1 ging von Bord. So was nennt man einen Bärendienst. Genau das, was man von einem Führungsspieler erwartet. Kapitän Julian Brandt schwang sich dann zum Taktgeber auf un riß das Spiel an sich... natürlich nicht. Er läuft beim 1:0 nur mit. Er leistete sich einen Ballverlust tief in der eigenen Hälfte und ging dem Ball nicht mal zaghaft entgegen. Dazu kommt ein einziger zeigenswerter Pass in der gegenrischen Hälfte. Das sind seine persönlichen Highlights aus der Sportschau Zusammenfassung. Nach 74. Minuten des Mitlaufens musste er völlig erschöpft ausgewechselt werden, damit andere halbherzig hinterherlaufen können. Immerhin wurde es danach nicht besser. Das ist aber das einzige Positive in Brandts "Führungszeugnis": Immerhin wurde es nicht besser, nachdem er ausgewechselt wurde.

Und natürlich haben die Dortmunder gerade eine böse Verletzungsmisere. Aber genau das macht ja das Abtauchen von Can und Brandt so viel schlimmer. Denn in exakt diesen Phasen muss man als Führungsspieler vorneweg marschieren. Da muss man den jüngeren Leuten Halt geben. Das sind genau die Momente, in denen man den Unterschied ausmachen muss. Und das können beide halt nicht.

Die Verletzungsmisere ist nebenbei so schlimm, dass man sich jetzt auf die Länderspielpause freut. Denn danach wird alles besser. Da ist Can ja gesperrt und all die Spieler, an denen Brandt sich orientieren kann, sind wieder fit. Dann wird das auch wieder was.

Freitag, 8. November 2024

Schneiden sich die UEFA und die FIFA am Ende ins eigene Fleisch?

 Klar, darauf wartet man schon seit Jahren. Diese Übersättigung des Marktes sollte vor 15 Jahren einsetzen, stattdessen werden immer neue, immer hungrigere Märkte erschlossen. Und diese neuen Märkte interessieren sich auch hauptsächlich für die Champions League, da ist es ihnen egal, dass dieser Wettbewerb die nationalen Ligen kaputt gemacht hat.

Und diese Menschen freuen sich auch, aus ihrer Perspektive völlig zurecht, auf die neue Klub-WM. Denn für die Fußballfans in Asien ist die Aussicht auf ein ernst gemeintes Kräftemessen mit Real Madrid ein absoluter Fiebertraum... der demnächst wahr werden dürfte. Selbst wenn in Europa kein einziger Mensch einschaltet, werden sich in der restlichen Welt genügend Zuschauer finden, dass sich das für die Fifa lohnt.

Der Markt ist nicht das Problem. Die Spieler sind es. Denn die schlagen mittlerweile Alarm, dass sie einfach nicht mehr Einsätze ertragen können. Also weder mental noch physisch. Und direkt nachdem Rodri einen Streik ins Gespräch gebracht hat, zieht er sich einen Kreuzbandriss zu. Was auch nur verdeutlichen sollte, wie weit über dem Limit die mittlerweile sind.

Die UEFA buttert da mit ihrer Aufblähung der Champions League auch munter rein. Ich finde es ja an der Stelle lustig, dass sich die Dortmunder Fans nach dem ersten Auswärtsspiel über die Qualität der Toiletten aufgeregt haben. Ich dachte, das wäre genau die urige Form des Fußballs, die ihr unbedingt erhalten und erleben wolltet. Diese Woche hängen sie dann "UEFA MAFIA" Plakate auf. Was niedlich ist. Denn nur dank dieser "Mafia" und ihrer Machenschaften dürfen die Dortmunder dieses Jahr überhaupt mitspielen. Sie sollten also eigentlich den gesamten Wettbewerb boykottieren. Oder ihr sorgt für einen Spielabbruch. Aber so ein bisschen Aufregen beruhigt das eigene Gewissen, das reicht ja auch.

Die ersten Spieltage deuten an, dass einige Vereine begriffen haben, dass sie diese Spiele jetzt ernster nehmen müssen. Deswegen gibt es auf einmal so viele noch deutlichere Siege: Im alten Modus hätte den Bayern ein 3:0 gegen Dinamo Zagreb gereicht, jetzt gehen sie konsequent auf das 9. Tor. Und Dortmund gegen Celtic auf das siebte. 

Wie schlimm ist die Lage? Diego Simeone hat auf Sieg spielen lassen... weil er das musste. Für uns Fans ist das etwas Großartiges... für die Spieler ist es grausam. Dazu kommt halt für die Besten der Besten die Klub-WM.

Und ja, noch befindet sich der neue Modus in den Kinderschuhen. Und auch wenn es diese Woche viele überraschende Ergebnisse mit Niederlagen für Real Madrid, Paris St. Germain und Manchester City gab, nehmen alle diese Gruppenphase jetzt ernster. Oder lasst es mich korrigieren: Gerade an den Niederlagen erkennt man das. Denn die werden nicht einfach mit einem Schulterzucken zur Kenntnis genommen.

Im "alten Modus"  würde diesen Mannschaften ein Sieg im Rückspiel reichen, um den Ausrutscher auszumerzen und sich den ersten Platz in der Gruppe zu sichern. Und zumindest für Sporting wäre eine 0:4 Niederlage im Rückspiel eine bedrohlich reale Drohung...

Jetzt werden sie diese Ergebnisse bis in den April spüren. Real und den Bayern drohen 2 zusätzliche Spiele in der Zwischenrunde... und dann ein wesentlich härterer Spielplan für den Rest des Turniers.
Eines muss man der UEFA lassen: Dieser neue Modus ist für die Zuschauer genial.

Warum könnte das jetzt den Giganten schaden? Nun ja. Erinnert ihr euch noch daran, wie sich ein völlig übermüdeter Jamal Musiala sich zum Ende der Saison 2022/23 über den Platz geschleppt hat? Also klar, der hat am Ende das Tor zur Meisterschaft erzielt... nachdem er vorher für ihn unfassbare 11 Spiele am Stück nicht getroffen.
Oder ist euch aufgefallen, wie träge sich Florian Wirtz in diesem Sommer während er Heim-EM über den Platz geschleppt hat? Der war so müde, dass Julian Nagelsmann ihn im Achtelfinale auf die Bank gesetzt hat. Und auch im Viertelfinale kam er nur als Joker.
Dabei war Wirtz nicht mal wirklich schlecht. Er war nur nicht auf dem Niveau, dass er vorher in Leverkusen gezeigt hat... und welches er jetzt nach einer gewissen Pause wieder zeigt.
Ein weiteres offensichtliches Beispiel war Jude Bellingham. Klar, der konnte auch während der EM vereinzelt für geniale Momente sorgen. Aber zwischen diesen raren genialen Momenten frage man sich immer wieder, warum der nicht ausgewechselt wurde. Schließlich grenzte das an Leistungsverweigerung...

Diese 3 Spieler zeigten uns, wie sich die permanente Dauerbelastung auf das Leistungsniveau jetzt schon auswirkt. Und genau deswegen erwähne ich ja das "historische" Beispiel Musiala und dessen Wahnsinnspensum während der Pandemie. Fifa und Uefa denken sich derweil: 3 Jahre am Stück spielen? Das dürft ihr ab sofort immer.

Denn für die Spieler von Real Madrid, Bayern München und Manchester City wird es ab sofort völlig normal sein, dass sie 3 Jahre am Stück durchspielen: EM, Klub-WM, WM und erst dann gibt es wirklich eine Pause.

Wir haben jetzt schon den Punkt erreicht, an dem die größten Stars im Sommer so durch sind, dass die Qualität der Spiele darunter leidet. Zum Glück für die Uefa konnten das die jungen Stars wie Nico Williams und Lamine Yamal kompensieren. Aber kann man sich darauf verlassen, dass jedes Turnier die Jungstars so durchstarten?

Dazu kommen die zahlreichen verletzungsbedingten Ausfälle. Mittlerweile ist es völlig normal, dass das Invalidenteam ein absoluter Titelfavorit wäre, weil so verdammt viele richtig geile Spieler ausfallen.

Den Spielern ist ja bewusst, dass sie das nicht ewig so durchziehen können. Dass der Körper einfach seine Pausen braucht. Und wenn man sich diese Pausen nicht gönnt, nimmt der Körper sich die halt und fällt verletzt aus.

In logischer Konsequenz werden diese Spieler nach Möglichkeiten suchen, sich ihre Pausen zu gönnen. Und dann fällt ihnen auf, dass es da diese eine Option gibt, die sie finanziell nicht mal viel kosten dürfte.
Ich werfe jetzt mal folgende dreiste These in den Raum: Musiala, Wirtz und Bellinham werden ihre Nationalmannschaftskarriere vor dem 31. Geburtstag beenden. Die werden im Vollbesitzt ihrer Kräfte auf diese Zusatzbelastung verzichten. Und die Fifa oder Uefa werden nichts dagegen machen können.

Immer mehr Spieler werden einfach irgendwann sagen: "Ich würde gerne noch für die Nationalmannschaft auflaufen, aber ich kann einfach nicht mehr. Ich muss jede Gelegenheit zur Regeneration nutzen." Und wenn dann mit dem "Team Verletzt" und dem "Team Ruhestand" 2 Titelfavoriten auf der Couch sitzen, wird das der Strahlkraft der Turniere doch schaden. Und am Ende sind es diese beiden Turniere, die die Grundlage für die herausragende Stellung dieser Verbände sind. Selbst die Champions League hat nicht dieselbe Strahlkraft, wie eine Weltmeisterschaft. Also noch nicht.

Mich wundert es ja an der Stelle, dass ein Kevin de Bruyne noch nicht zurückgetreten ist. Es ist ja bei dem offensichtlich, dass er mit dem Zustand der Nationalelf unzufrieden ist. Und dass er seinen Höhepunkt mit dem Team schon erreicht hat. Allerdings ist de Bruyne auch offiziell die letzte Generation "vor der Klub-WM". Sobald bei den Spielern diese Zusatzbelastung wirklich in den Knien ankommt, werden sie sich auch früher zurückziehen. Und dass ein Ausnahmespieler wie de Bruyne dann als Ü31 Spieler noch für eine relativ kleine Nation spielt, wird die Ausnahme darstellen.

Mittwoch, 30. Oktober 2024

Suri Sahin zu entlassen, wird nicht wirklich helfen.

 Die Dortmunder Probleme sitzen tiefer. Was auch keine Neuigkeit ist.

Ich kam ja gestern pünktlich zum doch vermiedenen Elfmeterschießen nach Hause. Das Tor habe ich dann direkt gesehen. Was auch der erste Schuss aufs Tor war. Anscheinend haben die auf mich gewartet, wie nett von denen. Bei den Highlights fällt mir vor allem eines auf: Keiner der beiden Torhüter musste eine Parade zeigen, um bis die 117. Minute die 9 zu halten. Klar, Maximilan Beier traf den Pfosten, da hatte Kamil Grabara ein Mal Glück. Aber alle anderen Versuche gingen am Kasten vorbei. Das ist der ganz große Sport, der uns im frei empfangbaren Fernsehen geboten wurde.

Wirklich geil ist auch, dass das einzige Highlight des Spiels, also das Tor, mit dem Gewusel im Strafraum anfängt. Wer die Flanke zum Tor geschlagen hat, werden wir nie erfahren. 

Oder wie es Tom Bartels so schön ausdrückte: Dieses Spiel hätte ein Elfmeterschießen verdient gehabt. Das ist nur ein Kompliment, wenn ein großartiges Fußballfest mit 7 Toren gegeben hat. Wenn beide Mannschaften konsequent am Tor vorbeigeschossen haben, ist es eher eine 1 mit Stern im Armutszeugnis.

Die geilste Analyse kam dann zum Führungsspieler Emre Can: Der hat immerhin... nicht so viel falsch gemacht. Julian Brandt hat in der für ihn ungewohnten, tieferen Rolle ordentlich gespielt. Das war alles nicht schlimm. Also verglichen mit Marcel Sabitzer, der vor dem 1:0 eben nicht in den Zweikampf kommt.

Aber wenn im Arbeitsnachweis deiner Führungsspieler "hat immerhin nichts falsch gemacht" steht, ist das kein gutes Zeichen. Das ist genau eines dieser Spiele, in denen Can und Brandt vorne weg marschieren müssen. Also zwingend, denn das sollen ja deine Führungsspieler sein. Wenn man gemeinsam Titel holen will, müssen sie in solchen Momenten gute bis überragende Leistungen zeigen. Nicht einfach nur Mitlaufen. Aber in Dortmund laufen die Führungsspieler einfach nur mit.

Das zeigt aber auch das strukturelle Problem dieses Kaders. Man scoutet und kauft immer wieder hochtalantierte Spieler, die aber zu schnell weiterziehen. Übrig bleiben nur die ordentlichen Talente, die nicht gut genug sind, für den Sprung zu den Bayern. Oder es kommen die Spieler, die es bei Juventus Turin langfristig nur zum Ergänzungsspieler schaffen. Julian Brandt und Emre Can halt. Und weil diese Spieler dann nach dem plötzlichen und überraschenden Abgang von Marco Reus am längsten im Verein sind... werden sie zu Führungsspielern gemacht. Und das, obwohl sie auf dem Niveau, auf den Dortmund mitspielen will und die überragenden Talente mitspielen müssen, nur Mitläufer sind.

Wenig überraschend kamen Can und Brandt bei den Niederlagen gegen Union Berlin und dem FC Augsburg auf einen gemeinsamen Notenschnitt von 4,875. Beim 5:1 gegen den VfB Stuttgart geht Brandt mit einer 5,0 mit unter. Es ist also keine große Überraschung, dass von den beiden in den wichtigen Momenten viel zu wenig kommt. Es ist deren Modus Operandi.

Und zumindest bei Brandt hätte man das ja erahnen können. Also ja, der lässt seine unfassbar guten technischen Fähigkeiten immer wieder aufblitzen. Aber er taucht auch in aufeinanderfolgenden Spielen gegen Bayern und Stuttgart komplett ab und bekommt 2 mal infolge eine 5,0. In genau den Spielen, in denen es am wichtigsten wäre, vorne weg zu marschieren. Gegen den VfB Stuttgart, also einem der plötzlichen Hauptkonkurenten kommt er auf 3 unsichtbare Spiele inklusive Pokal. Und der BvB verliert alle 3 Duelle. Gegen RB Leipzig kam er bei 2 Niederlagen immerhin auf 2 Assist. Aber wirklich gut war er bei der 2:3 Hinspielniederlage laut Kicker trotz der 2 Vorlagen nicht. Das muss man erstmal schaffen, normalerweise bekommen alle Spieler mit 2 Vorlagen mindestens eine 2,5. Bei den beiden Unentschieden gegen Bayer Leverkusen war seine Leistung in Ordnung, aber nicht überragend. Und so gewinnt man, auch wenn man als einzige Mannschaft nicht gegen Leverkusen verloren hat, nur eines der 9 Spiele gegen die Top 4 in der Tabelle. Und Brandt liefer, laut Kicker Noten, in diesen 9 Spielen nicht ein Mal eine gute Leistung ab. 

Und als Belohnung wird er Vize-Kapitän und Führungsspieler. Das ist dann der Mann, an dem sich all die Talente aufrichten sollen, wenn es mal nicht funktioniert... Großartige Idee. Und ja, es gab den absurden Lauf durch in Champions League Finale, in dem sich die Dortmunder in einen Rausch steigerten und auch Brandt auf internationaler Bühne wirklich gute Spiele hatte. Aber sollte man die 3 Spiele gegen Paris St. Germain und Atletico Madrid höher einschätzen, als die jahrelange Erfahrung, die man in der Liga gemacht hat? Und das Brandt in wichtigen Ligaspielen immer wieder abtaucht, ist keine neue Erkenntnis. 

In seiner gesamten Karriere hat er insgesamt 2 gute Spieler gegen die Bayern (also Kickernote 2,5 oder besser) im Zeugnis stehen: am 4.12.21 war er wirklich gut, auch wenn es am Ende eine Niederlage gibt. Bester Dortmunder. Und beim 3:1 Sieg von Bayer Leverkusen bekam er eine 2,0. Richtig gelesen: Sein 2. gutes Spiel war noch nicht mal im Dortmunder Trikot, sondern stammt aus der Saison 2018/19. Im Gegensatz bekam er 8 mal die Note 5,0 oder schlechter. Inklusive einer 6,0 bei einem 4:0 in München.

Das ist ja die nächste wichtige Erkenntnis: Brandt ist kein junger Spieler mehr. Der kann dem Tod gelassen ins Auge sehen. Und er hat schon in verdammt jungen Jahren verdammt viel Erfahrung gesammelt. Er hatte viele verschiedene Trainer... und keiner von denen schaffte es, dieses ständige Abtauchen abzustellen. 

Damit will ich nicht sagen, dass Brandt per se ein schlechter Spieler ist. Für 14 Bundesligisten wäre er eine ganz klare Verstärkung. Und wenn er, umgegeben von Führungsspielern, ein stabiles System vorfinden würde, könnte er auch auf gehobenem Niveau mitlaufen. Er ist aber ganz offensichtlich nicht der Spieler, der für dieses stabile System sorgen kann.

Dass er zum Führungsspieler hochgestolpert ist, war aber auch alternativlos. Irgendjemand musste es ja machen. Marcel Sabitzer ist so ein wenig das Gegenteil von Brandt, weil er an den Feiertagen groß aufspielen kann... aber ihm fehlt auch definitiv die Konstanz. Pascal Groß hat mit 32 den Schritt vom englischen Mittelklasseverein in die Königsklasse geschafft. Der muss primär erstmal froh sein, dass er überhaupt in der Champions mitspielen darf. Emre Can ist der lebende Beweis, dass dieses Mentalitätsding ja ganz nett ist, dass man aber ab einem gewissen Niveau auch ordentlich kicken können muss. Nilas Süle musste sich erstmal selbst aus seinem persönlichen Motivationsloch herausarbeiten. Ramy Bensebaini ist nur ein Ergänzungsspieler. Serhou Guirassy spielt ebenfalls seine erste Champions League Saison und ist halt mehr der Vollstrecker, als ein Vorneweg Marschierer. Alle anderen Feldspieler sind jünger als Brandt. Teilweise deutlich jünger. 

Die kurzfristigste Lösung wäre ja ein Nico Schlotterbeck, dem ich den Sprung zum Führungsspieler mit seinen noch 24 Jahren am ehesten zutrauen würde. Aber wenn der Junge wirklich den Sprung zum Innenverteidiger auf gehobenen internationalem Niveau macht, macht er als nächstes auch den Absprung zu einem besseren Verein. Die einzige Hoffnung ist und bleibt, dass sich Schlotterbeck so in diesen Verein verliebt, dass er bleibt, obwohl er zu einem besseren Verein gehen kann. Was halt relativ unwahrscheinlich ist, weil er seine Wurzeln halt in Freiburg und nicht in Dortmund hat.

Bleibt also die langfristige Hoffnung, dass Dortmund das Problem löst, indem sie selber einen Jungen aus dem Ruhrpott ausbilden, der die BvB DNA mit der Muttermilch aufgenommen hat und deswegen, wie ein Marco Reus, die Angebote der größeren Konkurrenz ausschlägt. Man muss dann nur noch darauf hoffen, dass der Körper dieses Spielers der Belastung auch standhält, was ja bei Reus auch immer ein Problem war. Also realistisch bedeutet dies, dass sie Tom Rothe und Felix Passlack so entwickeln, dass man die in 2 Jahren für jeweils 30 Minuten zurückkaufen muss... Geiler Plan.

Denn da sind wir aber schon wieder an dem Punkt, dass seit 15 Jahren kein Dortmunder Junge den Durchbruch bei den Profis geschafft hat. Und ja, dass Rothe jetzt bei Union so durchstartet, ist ein ganz schlechtes Zeichen für die "Wir haben denen doch eine Perspektive aufgezeigt" Fraktion im Verein. Denn anscheinend ist der Junge schon gut genug, um die Außenbahn in der Bundesliga zu beackern. Aber im eigenen Verein wurde er halt nicht geschätzt und man setzt weiter auf andere, eingekaufte Spieler wie Julian Ryerson. Und Ryerson ist auch einer der Spieler aus der Kategorie "Nett, aber nicht gut genug für die Bayern". Rothe könnte das vielleicht noch werden, man entschied sich aber dafür, ihn zu verkaufen. 

Dortmund wird es also nie schaffen, die Führungsspieler, die sie zwingend brauchen, einzukaufen, weil sich diese Spieler immer für einen größeren Verein entscheiden werden. Sie werden es aber auch nie schaffen, diese Spieler selbst auszubilden, weil ihre eigene Jugendarbeit beschissen ist und sie lieber auf ausländische als auf eigene Talente setzen. 

Damit wird man sich auch in den nächsten 5 Jahren in genau dieser Endlosschleife befinden: Man hat eine hochtalentierte Mannschaft, die an guten Tagen fast jeden Gegner an die Wand spielen kann, der es aber an Stabilität mangelt, um auch an nicht so guten Tagen die Spiele konstant zu gewinnen. So wird der Vorstand immer denken, dass da eigentlich mehr gehen müsste, aber nie begreifen, dass es dafür ein grundlegendes Umdenken an der Akademie geben muss.

Dass Nuri Sahin anscheinend kein wirklich guter Trainer ist, hilft in diesem Moment nicht wirklich weiter. Einen Azubi mit dieser beinah unlösbaren Aufgabe zu beauftragen, ist aber auch naiv. Zu glauben, dass ein anderer Trainer dieses Problem lösen kann, ist aber ebenfalls naiv.

Freitag, 25. Oktober 2024

Da schreiben sich die Witze ja von alleine

 Von "Das sieht ja wieder aus wie bei Flick" zu "Das sieht ja aus, wie bei Klinsmann" in 90 Minuten... das ist schon stark. Macht echt Spaß, da ins Stadion zu gehen.

Ich fand die ganzen Loblieder auf Vincent Kompany etwas übertrieben. Klar, mehr Spektakel und so... aber am Ende wird er entlassen, wenn er keine Titel holt. Und bisher...

Hat der Dynamo Zagreb und den VfB Stuttgart geschlagen. 2 Siege gegen Champions League Teilnehmer... Dazu kommen 2 Unentschieden gegen Leverkusen und Stuttgart und die Niederlagen gegen Aston Villa und Barca. Und das, obwohl Barca jahrelang quasi ein Freilos für die Bayern waren. Ist schon nicht sooo überzeugend. Jetzt rechnet man schon nach, wieviele Punkte man eigentlich fürs weiterkommen braucht... Und Zagreb ist an ihnen vorbeigezogen.

Damit sind wir bei Eberl und selbst schreibende Witze: Der Kicker titelte nach der Klatsche, dass das auch neben dem Platz nicht Bayern-like war. Unter anderem, weil Eberl ja nach der Partie scharf austeilte. Und ich dachte so: Stimmt, die Schuld wurde gar nicht bei Julian Bernat gesucht.

Ganz ehrlich: Ich war überrascht, wie schnell Eberl sich da integriert hat. Wie gut er jetzt schon von Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge gelernt hat. Denn sinnlos und scharf gegen andere zu schießen, ist doch deren Modus Operandi. Das hat beim Kicker nur niemals jemand mitbekommen, da kritisch über die beiden berichten dort nie eine Option war. Deswegen gingen die Shit Storms auch meistens an Georg Holzner vorbei. Deswegen ist der jetzt auch überrascht, wenn Bayern Verantwortliche Bayern-Dinge tun. 

Lustiger war ja nur... Real Madrid. Die dachten sich "Uns reichen auch 30 Minuten, um Dortmund 5:0 abzuschießen. Und um das zu verdeutlichen, haben sie Dortmund erstmal 2 Tore gegönnt. Das ist die Arroganz eines Champions...

Nebenbei hat dieses Wochenende echt nur der VfB Stuttgart gewonnen. Das war ihr erster RB Leipzig wartet nach 3 Spieltagen noch auf den ersten Sieg. Bayerl lässt gegen Brest Punkte liegen und Dortmund stellt nach 60 Minuten die Arbeit ein. Das sieht nicht so wirklich gut für die Dortmunder aus. Wenn das so weiter geht, müssen die dieses Jahr echt Vierter werden, um sich nächste Saison für die Königsklasse zu qualifizieren. Und wirkliche Fortschritte sind unter Nuri Sahin ja nicht zu erkennen, da ist das schon eine ernst zunehmende Hürde.

Aber es bleibt dabei: Der neue Modus macht schon Spaß. Also zumindest für zynische Arschlöcher wie mich.