Montag, 10. Februar 2020

Das wäre genau die Gelegenheit für Thomas Müller gewesen.

Was schlecht für ihn ist, weil es eventuell nicht mehr all zu viele davon gibt.

Also das Lieblings-Narrativ aller Kommentatoren ist ja "Alle außer Jogi Löw wollen Thomas Müller zurück in der Nationalmannschaft sehen!" Und wenn ihr jetzt fragt: Wirklich alle? Sage ich: Selbst ich. Denn mir ist bewusst, dass Müller der sicherste Weg ist einen EM Titel zu verhindern.

Dieses Narrativ basiert natürlich wie immer auf den überragenden Statistiken, die Müller gerade auflegt. Und das stimmt sogar: 12 Vorlagen sehen wirklich gut aus. Dazu 3 Tore aus den ersten 3 Rückrundenspielen.

Das Problem daran ist halt: Müller holt seine Statistiken gegen Mannschaften, die gegen die Bayern vor Ehrfurcht zur Salzsäule erstarren. Borussia Dortmund zum Beispiel.

Dazu muss er den Ball am Ende auch nur auf Robert Lewandowski spielen um einen Assist zu bekommen. Und der macht auch aus dem nichts seine Tore. Vor allem muss er sich immer Vorwürfe gefallen lassen, wenn er gegen die ganz großen Klubs in der Luft hängt und keine Tore schießt.

Dass Spiel gegen RB Leipzig war zumindest in der 2. Halbzeit anders. Da traf man auf einen Gegner, der sich nicht nur wehren wollte, sondern dies auch konnte. Ein Spiel, in dem die Räume auf ein Mal eng wurden. Und wo ein junger Müller durchaus die raren Räume gefunden hätte.

2020... lautet die Einzelkritik: "Emsig, aber technisch unsauber und nicht effektiv." Und ich habe irgendwie das Gefühl, dass man genau so fast jedes relevante Spiel von Müller zusammenfassen kann.
Vor allem bestätigt das irgendwie meine eigene Wahrnehmung. Immer, wenn sich in der 2. Halbzeit über rechts eine Lücke auftat, brauchte Müller zu lange um seine Gräten zu sortieren und die Chance verpuffte. Und das ist ein schlechtes Zeichen für die Bayern.

Denn im lustigen Scheibenschießen, welches die Bayern Bundesliga Alltag nennen, hat sich Müller halt schon wieder den Rang des unverzichtbaren erspielt. Aber ich persönlich habe noch nichts gesehen, wo vor Chelsea London Angst haben wird. Und selbst wenn es für Chelsea noch reicht, danach wird die Luft nur noch dünner.
Und wenn Müller nach Jahren in genau diesen Spielen plötzlich doch wieder den Unterschied ausmacht... wäre das schon eine kleine Sensation. Denn seine Bilanz gegen Europas Elite ist seit Jahren bescheiden.

Dieses Dilemma lässt sich halt für Müller auch einfach nicht lösen. Da kann er gegen die Plebs aus der Liga noch so überragend spielen. Für die deutsche Nationalmannschaft bleibt er ein Spieler, der einem vielleicht dabei hilft das Viertelfinale zu erreichen. Und dieses "VIELLEICHT" muss man groß schreiben, denn bei seinen 2 EM Teilnahmen hat er noch kein einziges Tor erzielt. Nun kann es ja schlecht das Ziel sein irgendwie das Viertelfinale zu erreichen. Auch wenn Löw uns das gerne verkaufen würde. Und 2 Jahre später ist bei der WM er dann schon 32 Jahre alt.

Nun können die ersten natürlich mit einem "Ja, aber Timo Werner. Der hat sich doch für den Titel Gomez der Woche beworben! Stimmt. Aber Werner ist, so absurd das klingt, weil er gefühlt schon ewig dabei ist, erst 23. Und wie er selber sagte "Top-Stürmer wie Suarez und Lewandowski waren mit 23 auch noch nicht auf dem Niveau, das sie dann mit 28 erreichten." Im Gegensatz zu Müller, der seinen Höhepunkt höchstwahrscheinlich schon hinter sich hat, kann man bei Werner noch mehrere Entwicklungsstufen erwarten.

Da ist schon eher die Frage, warum Marco Reus so viel anders behandelt wird als Müller. Warum der für Jogi Löw immer noch zu den Jungen, die jetzt mal eine Chance verdient haben, gehört, ist einfach nur eines dieser unlösbaren Rätsel. Aber wenn euch erst jetzt auffällt, dass Löw immer wieder und kaum nachvollziehbar mit zweierlei Maß misst, dann frage ich euch, was ihr die letzten 12 Jahre eigentlich gemacht habt?

Und ja, ich schreibe diesen Beitrag ein Mal im Jahr, denn es gibt da eigentlich wenig neues: Müller profitiert seit einigen Jahren von der Stärke der Kollegen und der Schwäche der Konkurrenz, wenn letzteres aber nicht mehr gegeben ist, stößt er an seine Grenzen und hält die Mannschaft eher zurück anstatt sie voranzubringen. Um jetzt was neues zu erzählen:

Einen guten Grund Müller mitzunehmen, gibt es dann natürlich doch. Und das sind seine Aussagen nach dem Abpfiff.
Das war nebenbei die eigentliche Überraschung dieses Spitzenspiels: Die Bayern waren zu Hause mit einem Unentschieden zufrieden. Das gibt es in der Form nur äußerst selten. In der Bundesliga sollte so was eigentlich nie vorkommen. Aber dennoch haben wir es am Wochenende gesehen.

Der eigentliche Grund für den angeblichen "Bayern-Dusel" ist ja, dass die Bayern die einzige Mannschaft sind, die immer bis zum Schluss auf Sieg spielt. Die wirklich versuchen ein Tor zu erzielen anstatt nur zu verhindern eventuell einen Punkt zu verlieren. Da wird das Glück buchstäblich erzwungen. Und genau das fehlte am Sonntag.
Jetzt fehlte diese Gier in einem Bundesliga Heimspiel. Und zwar in dem wichtigsten Liga Heimspiel des Jahres. Der eine, der sich daran störte, war Thomas Müller.

Das ist ja dieses "Mia san Mia" oder die Siegermentalität, von der immer gesprochen wird. Der einzige, der diese vermisste, war Müller. Joshua Kimmich oder Manuel Neuer wirkten auf den ersten Blick zufrieden. Nun steht man irgendwie vor der Frage, ob so eine Einstellung in einem Viertelfinale der EM wichtiger ist als die Qualität. Und ob Neuer und Kimmich das nicht an allen anderen Wochenenden des Jahres doch auch vorleben.

Die nächste spannende Frage: Kann Müller diese Mentalität von der Bank aus in eine Mannschaft bringen? Denn auf dem Feld gibt es im Jahr 2020 definitiv bessere Optionen.

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