Mittwoch, 22. April 2015

Das Dunkle Geheimnis des Thoms Tuchel

Zunächst mal muss man eines erklären: Thomas Tuchel ist die richtigste Wahl als Nachfolger für Jürgen Klopp bei der Borussia. Und ja, Tuchel wird sich ständig mit Klopps Arbeit vergleichen müssen... Aber das müsste in dieser Situation quasi jeder. Egal ob man Pep Guardiola oder Peter Neuruer heißt: Wer einem derart überragenden Trainer folgt, wird immer mit den Leistungen seines Vorgängers konfrontiert werden... und ja, die meisten Trainer scheitern daran. Selbst an sich gute Trainer wie Aad de Mos (seines Zeichens Europapokal Sieger) scheiterten an dem Projekt Otto Rehagel in Bremen zu ersetzen.

Und Dortmund hatte quasi die Freie Wahl: Man konnte sich für einen x-beliebigen Trainer entscheiden, der sich an Klopp misst, daran scheitert, und spätestens nach 16 Monaten ersetzt werden muss... oder man setzt auf den einzigen (verfügbaren) Kandidaten, dem es zuzutrauen ist, Klopp zu ersetzen... und es ist nicht davon auszugehen, dass Trainer von einem solchen Kaliber in 16 Monaten gerade verfügbar verfügbar... Genau genommen ist das eine einfache Entscheidung.

Aber: Thomas Tuchel hat ein dunkles Geheimnis: Er ist nicht gut darin, Spieler weiterzuentwickeln. Er entwickelt sein System weiter und schafft es, dass vorhandene Spielermaterial effektiv zu nutzen.

Glaubt ihr mir nicht? Guckt euch einfach mal die Bilanz der Spieler, die Tuchel ausgebildet hat, an. Das berühmteste Beispiel, an das sich jeder erinnert, sind die Bruchweg-Boys. Aber: Einzig Andre Schürrle wurde unter Tuchel so viel besser, dass er für andere Vereine interessant wurde und sich dort auch noch durchsetzen konnte. Und ja, Schürrle ist der einzige ehemalige Tuchel-Schüler, der im Sommer Weltmeister wurde.
Adam Szalai konnte sich in Schalke nicht durchsetzen und schafft es auch jetzt in Hoffenheim nicht, sich unumstrittener Stammspieler zu nennen... Lewis Holtby steht vor seinem 2. Abstieg in 2 Jahren... Keine gute Billanz.
Und das sind ja nur die Speerspitzen: Arisitde Bance sucht verzweifelt nach fußballerischen Halt, seit dem er Mainz für mehr Geld verlassen hat. Christian Fuchs ging als zweitbester Linksverteidiger nach Schalke... dort wartet man jetzt seit 2 Jahren darauf, dass sein Vertrag ausläuft, denn man hat sich halt entschieden, ihn dementsprechend zu bezahlen.
Eugen Polanski ist das strahlende Beispiel... weil er als einziger zumindest nicht schlechter geworden ist...
Und Nicolai Müller...

Ok, lasst es uns mal ganz konkret am Beispiel Nicolai Müller festmachen: Der kam 2012 vom Aufsteiger Fürth für relativ teures Geld nach Mainz. Und ging 2 Jahre später für mehr Geld nach Hamburg. Aber: Er ist genau genommen noch derselbe Spieler wie damals, als der Fürth verlassen hat: Ein brauchbarer, aber beschränkter Offensiver Außenspieler, der in einem funktionierendem System Mitlaufen kann, aber selber nicht so ein System prägen kann. Dementsprechend geht er in Hamburg mit unter.
Wenn sich Müller unter Tuchel wirklich weiter entwickelt hätte, wäre er jetzt ohne Tuchel ein besserer Spieler und könnte den Hamburgern weiter helfen. Aber Tuchel hat es halt nur hinbekommen, Müller in sein System und Matchplan zu integrieren, nicht ihn besser zu machen... er hat ihn so gut integriert, dass Müller sich sogar Nationalspieler nennen darf. Aber er hat ihn nicht so viel besser gemacht, dass er ohne den Matchplan funktioniert.

Und gute "Ausbilder" zeichnen sich aber auch dadurch aus, dass ihre Azubis jenseits ihrer eigenen Firma funktionieren. Thomas Tuchels Bilanz ist in dieser Hinsicht katastrophal.
Aber er ist der Beste darin, einen beliebigen Spieler in einem System zum Funktionieren zu bringen. Das Paradebeispiel ist doch die Mainzer Viererkette unter ihm: Tuchel ist wohl der einzige Trainer, der es schafft aus Nikolce Noveski und Niko Bungert ein brauchbares Innenverteidiger-Pärchen zu basteln. Und flankiert wurden die beiden von Junior Diaz und Zdenk Pospech... Diaz ging bei seiner Verpflichtung bereits auf die 30 zu, Pospech war bereits weit drüber... Dennoch waren es perfekte Transfers für Tuchel: Gestandene und souveräne Profis ist genau das, womit er am besten Arbeiten kann.
Und Mainz war im Durschschnittsalter der Startelf immer extrem weit vorne.
Denn Tuchel schaffte es lange nicht auf jüngere und talentierte Spieler zu setzen. Ein Noveski wurde erst unter Hjumland durch Stefan Bell, auf dem genau diese Attribute zutreffen, ersetzt. Unter Tuchel kam dieser nie am fitten Innenverteidiger Duo vorbei.
Nur so zum Vergleich: Klopp wurde damals mit einem legendären "Kinderriegel" um Hummels und Subotic Deutscher Meister... Dass Tuchel konsequent auf diese Talente gesetzt hätte, ist eher unwahrscheinlich. 
Ein weiteres Beispiel ist Yunus Malli, der auch erst diese Saison so aufblüht, dass er für größere Vereine interessant werden könnte. Tuchel konnte mit Malli, der seit 2011 in Mainz und auch schon 23 ist, nie wirklich was anfangen.

Das wichtige für Dortmund ist jetzt: sie müssen sich dessen Bewusst sein, wenn sie ihren Kader für die nächste Saison planen. Nehmen wir die vielleicht wichtigstes Personalien Henrikh Mkhitaryan und Ciro Immobile. Beides sind definitiv keine schlechten Fußballer, gelten aber als Fehleinkäufe... hauptsächlich, weil sie die best-möglichen Transfers waren, aber trotzdem keine Chance hatten, ihre wesentlich besseren Vorgänger zu ersetzen... das Problem daran: Einen Götze und Lewandowski kann halt niemand ersetzen... zumindest niemand, denn Borussia Dortmund bezahlen kann... Aber im Endeffekt ist Klopp an diesen beiden Personen gescheitert: er konnte sie nicht im System konstant zum funktionieren bringen, was seine Aufgabe war.

Jetzt hat Dortmund die Wahl: Sie können Mhkidingens als Verlustgeschäft verkaufen und sich jüngeren und talentierten Ersatz holen... und hoffen, dass Tuchel diese Spieler entwickelt. Oder sie können darauf setzen, dass Tuchel Mhkhitaryan effektiv in sein System integriert. Und ja, ich habe gerade Mhkitaryan und effektiv in einen Satz geschrieben. Aber wer wenn nicht Tuchel soll das schaffen?
Es ist auf jeden Fall wahrscheinlicher als die Alternative: Dass Tuchel Jonas Hofmann zu einem Spieler von internationalem Formart formt. Schließlich hat er Ersteres mit den Müllers dieser Liga oftmals geschafft, letzteres mit Andre Schürrle nur ein mal...

2 Kommentare:

  1. Interessanter Ansatz, allerdings welcher Spieler von Mainz 05 fällt dir ein der von Jürgen Klopp "verbessert" wurde das er sich bei einem "großen" Club durch setzen konnte. Am ehesten wäre da wohl Andrij Woronin zu nennen.
    Ich denke es ist schon gut das Schürrle soweit gekommen ist, wobei die Frage ist was weit gekommen ist. Bis er nach Wolfsburg gegangen ist, war Schürrle überall nur Ergänzungsspieler. Auch in der Nationalmannschaft.
    In Dortmund muss Tuchel zeigen ob er Junge Spieler weiter entwickeln kann, dort muss er sich mit Klopp's Leistungen messen.
    In Mainz sehe ich eher das beide ähnliches geleistet haben, wo bei Klopp die Ausgangssituation schwieriger war.

    Ansonsten netter Blog lese ich immer wieder gerne, weiter so :)

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  2. Auch von mir erstmal ein Kompliment an das Blog :)

    Interessante Gedanken, aber ich finde Klopp und Tuchel da nicht so verschieden. Zwar kann Klopp jüngere Spieler besser entwickeln und einbinden, aber wenn man sich die Transfers ansieht, funktionierten viele auch nur unter ihm richtig gut. Hat ja seinen Grund, dass Sahin und Kagawa zurückgeholt wurden, nachdem sie woanders total fehl am Platz waren (Barrios kann man auch noch dazuzählen) Lewy und Götze sind zwar nicht bei Bayern gescheitert, aber ich finde auch sehr weit von Dortmunder Leistungen entfernt.
    Ich denke, es wird extrem interessant, die Transferaktivitäten vom BVB diesen Sommer zu betrachten, keine leichte Aufgabe. Ich könnte mir vorstellen, dass sie Mhkitaryan behalten und es mit ihm dann auch besser klappt. V.a. haben sie überhaupt keine gute 10. Kagawa kann da eigtl keine Dauerlösung sein und mit Gündogan würde ich nicht unbedingt rechnen (mal abgesehen davon, dass sie dann wiederum keine gute 6 hätten).

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