Mittwoch, 19. Dezember 2018

Jose Mourinho ist der Kanye West unter den Fußball-Trainern

Und sobald man sich dessen bewusst wird, fängt man einiges an zu verstehen.

Dieser Artikel war nebenbei gefühlt ein 3/4 Jahr in der Mache. Weil mir schon am Anfang des Jahres der Gedanke kam, dass es mit José Mourinho bei Manchester United nicht mehr lange gut gehen kann. Jetzt... haben sie ihn dann tatsächlich entlassen. Endlich muss man sagen. Und wenn man beim wohl besten Trainer dieser Generation von "endlich" sprechen muss, muss da vorher einiges falsch gelaufen sein.

Denn eines kann keiner in Frage stellen: Wir reden von echten Genies. Sowohl im Fall von Kanye West, also auch von Mourinho.
Ich muss mich da spontan daran erinnern, wie ich das erste Mal einen Kanye Beat gehört habe. Also wirklich gehört habe, so wie das vom Künstler ursprünglich mal geplant war: Auf ordentlich aufgedrehten, gut abgemischten Konzertboxen: Die Dialated People sprachen nach davon, die Party auf ein neues Level zu heben und spielten "This Way"... Und der Beat war Live im Island nicht von dieser Welt.

Das traf so ziemlich auf alles zu, was der junge Mr. West so veröffentlicht hat. Er war eine seltene Kombination aus herausragendem Rapper und Produzenten. Und er war damals in der Lage sozialpolitische Probleme anzusprechen und kohärent umzusetzen. Was heute unfassbar erscheint. Oh und er drehte 3 Videos zu Jesus Walks, von denen dann das dritte, welches er selbst bezahlen musste, die meisten Preise gewann... Aber so ist das halt, wenn es einem Künstler um Kunst geht.

Aber es zeigte sich auch schon in jungen Jahren eine gewisse Arroganz, die zu so einem Künstler dazugehört. Aber als er erklärte, der nächste Michael Jackson werden zu wollen, hat wahrscheinlich den Künstler gemeint, obwohl er mittlerweile auf dem Weg zum nächsten Menschen dieser Art ist. Denn irgendwann begann die Arroganz das Handeln zu dominieren.

Und mittlerweile sind die Ausfälle und Eskapaden, die man früher noch ertragen konnte, unzählbar geworden. Während das letzte wirklich gute Album von 2011 sein könnte. Also als ein gewisser Jay-Z ihn dazu brachte, sich nochmal auf das Wesentliche zu konzentrieren...
Dabei muss ich zugeben, dass ich die letzten 2 Kanye Alben auf Grund der Geschichten drum herum nicht mal mehr gehört habe. Das Ego dieses Künstlers hat dazu geführt, dass eines der größten Genies der Black Music Szene ein Album rausbringt und ich mir nur denke "I don't even care"... Weil dem eh schon beeindruckenden Ego die Erfolge endgültig zu Kopf gestiegen sind.


Bei José Mourinho sieht die Geschichte erschreckend ähnlich aus. Einfach war der nie, aber immer verdammt erfolgreich. Wir reden von dem Mann, der bereits mit dem FC Porto die Europa League UND die Champions League gewonnen hat. Einer Mannschaft, die zwar in einer kleinen Liga dominiert, die aber eigentlich im Internationalen Wettbewerb nichts mehr zu melden hat. Aber mit Mourinho holten sie nacheinander beide internationale Titel. Eine völlig absurde Geschichte...

Die dann bei Chelsea London auch gut weiter ging. Mourinho war im Endeffekt derjenige, der aus einer aufstrebenden Milliardärsmannschaft einen internationalen Spitzenverein formte. Der Chelsea seine erste Meisterschaft seit 50 Jahren bescherte. Natürlich reichte es am Ende nicht zum Sieg in der Königsklasse... aber man erreichte 2 mal das Halbfinale, scheiterte dort ein Mal im Elfmeterschießen und dazwischen am späteren Titelträger Barcelona.

Danach folgte die Station, die nach meiner bescheidenen und auf reinen Ferndiagnosen bestehenden Meinung zur Schlüsselstelle werden sollte: Im zweiten Jahr bei Inter Mailand holte er völlig überraschend und gegen jeden Trend das Tripple aus Meisterschaft, Pokal und Champions Leauge. Der eine oder andere Bayern-Fan erinnert sich daran, dass dies die weniger schlimme Finalniederlage in diesem Jahrzehnt war... Aber es war halt die Saison, in der Mourinho erkannte, dass er mit jeder Gurkentruppe der Welt den Champions League Titel holen kann. (Was sonst nur ein gewisser Louis van Gaal von sich behaupten kann... ernsthaft, guckt euch mal an, wer alles in diesem Champions League Finale gespielt hat... damn...) Schließlich hat er es 2 Mal mit Mannschaften geschafft, die nichts im Finale verloren hatten... dank seiner taktischen Brillanz.

Und das war auch genau der Moment, wo Mou sich selbst wichtiger nahm als seine Spieler. Und nicht die Spieler, sondern er war das entscheidende Puzzlestück...
Seit dem sind seine Erfolge... erschreckend überschaubar. Ein Meistertitel mit Real Madrid, einer bei seiner Rückkehr zu Chelsea. Dazu diverse Pokaltitel, mit denen er für sich enttäuschende Jahre retten musste, über die er aber vorher kaum ein Wort verloren hätte. Und die Rückkehr zum Europa League Titel mit Manchester United... allein schon, dass er in diesem Wettbewerb antreten muss, muss eine Erniedrigung für ihn gewesen sein.

Vor allem nahmen die Eskapaden und Streitereien am Seitenrand endgültig Überhand. Und man hatte irgendwann nicht mehr das Gefühl, dass es ihm bei diesen Skandalen um seine Mannschaft ging, sondern hauptsächlich um ihn selbst. Weshalb er, gerade bei Manchester, immer absurdere Pressekonferenzen gab, die sich teilweise selber widersprachen. Und er war endgültig in dem Stadium seiner Entwicklung angekommen, in der er die Kämpfe nicht mehr für sondern buchstäblich mit seinen Spieler austrug. Er ging davon aus, dass Paul Pogba (also vielleicht der einzige Weltklassespieler, den er im Kader hat... und Schlüsselspieler beim amtierenden Weltmeister) ihn braucht und nicht anders herum. Während man bei Iker Cassillas (also dem ersten Star in den eigenen Reihen, mit dem er sich scheinbar unmotiviert anlegte) noch behaupten kann, dass Mourinho einfach nur als erster erkannt hat, dass der Mann nicht mehr allerhöchsten Ansprüchen genügt, ist es einfach nicht nachvollziehbar, warum er anscheinend keine Verwendung für den jungen Franzosen hat...
Und er beharrte auf seinem Erfolgskonzept, welches auf höchstem Niveau seit Jahren entschlüsselt zu sein scheint... also von allen Trainern, die nicht Fernando Hierro oder Jogi Löw heißen...

Sobald Mourinho wieder versteht, dass Spieler die Titel gewinnen und die Trainer ihnen dabei im Wesentlichen nur helfen. Auch wenn diese Hilfestellung nie unterschätzt werden sollte... Und wenn er minimale Veränderungen an seiner Taktik vornimmt... dann kann er morgen wieder ein hervorragender Trainer sein...
Genau so wie Kanye West sofort wieder ein überragender Musiker sein könnte, wenn er sich auf das konzentriert, was ihn stark gemacht hat...
Aber bei beiden dürfte das eigene Ego so groß sein, dass ein Blick in den Spiegel keine Selbstreflektion zulässt..

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