Mittwoch, 28. Juni 2023

Wie kaputt der DFB eigentlich ist

 Sieht man ja an den Aussagen von Rudi Völler. Und damit auch an der gesamten Personalie "Rudi Völler". Der ist halt so was von eine Fehlbesetzung, wenn man eine Aufbruchsstimmung erzeugen will.

Also einer der sinnvollsten Sätze zur Nationalmannschaft kam ja von Didi Hamann, der gerne einen Carlo Ancelotti oder einen Zinedine Zidane als neuen Nationaltrainer. Auch wenn ich mir Zidane in der Rolle gar nicht vorstellen kann und man, so dumm das klingt, als Nationaltrainer vielleicht die Sprache sprechen sollte, die die alle verstehen... obwohl, das hat Jogi Löw ja auch nicht aufgehalten.

Aber die Logik, dass mal jemand von außen auf den DFB gucken sollte, ist mehr als nachvollziehbar. Das ist halt so was von dringend nötig. Aber die gesamten Strukturen sind halt so kaputt, dass dieser "jemand" nicht unbedingt auf der Trainerbank sitzen sollte.

Man müsste mal dringend auf der Position des Managers jemand externes einstellen, der wirklich kritisch auf all die Grundlagen guckt. Der ganz sachlich fragt, was "wir" früher anders gemacht haben und was "die anderen" jetzt besser machen. Es würde sogar helfen, wenn dieser jemand gar keine Fußballvergangenheit hat, sondern als reiner Logiker, Wissenschaftler oder Wirtschaftler da rangeht. Solange es nicht Friedrich Merz ist, der behaupten wird, dass der grüne Rasen Schuld ist, kann das nicht schaden.

Nebenbei haben selbst die Frauen gerade "nur" 2:1 gegen Vietnam gewonnen. Also ich persönlich hoffe ja darauf, dass sie die Kohlen aus dem Feuer holen und mit der Regenbogenbinde ein erfolgreiches Turnier spielen, damit allen auffällt, dass es gar nicht an der Binde lag... Aber das erste Testspiel reiht sich eher in die Leistungen der A- und U21-Nationalelf ein.

Und man muss auch an der Stelle festhalten, dass auch die Damen ihre absolut überragende Rolle im europäischen Fußball bereits eingebüßt haben. Die anderen Nationen haben da auf- und überholt. Sowohl auf Vereins, als auch auf Verbandsebene. Wenn jemand den Laden richtig aufräumt, könnte er da auch gleich mit kehren.

Und Rudi Völler ist, zur allgemeinen Überraschung von niemanden, nicht diese Person. Also er war am Ende nicht mehr die Person, die Bayer Leverkusen voranbringt, sondern wurde dort hauptsächlich in der Rolle des verwirrten, alten Onkels, der gelegentlich laut flucht, gebraucht. Oh und wo wir schon dabei sind: Der hat als Trainer, Sportdirektor, Teamchef, Geschäftsführer Sport und Klubrepräsentant 0 Titel geholt. Nicht eine einzige Trophäe durfte er sich in den Schrank stellen, seitdem er die Fußballschuhe an den Nagel gehängt hat. Das war vor 27 Jahren...

Und natürlich holt Bayer Leverkusen nicht unbedingt viele Titel. Also nicht im Fußball, bei Olympia sieht das anders aus. Trotzdem hatte man ja immer auch gutes Geld zur Verfügung. Und man wurde ja oft genug Zweiter, um den Titel "Vize-Kusen" zu patentieren. Gerade 2002 war es ja extrem bitter und knapp. Andererseits... war Völler da mit der Nationalmannschaft unterwegs, um auch dort "nur Zweiter" zu werden. 

Aber um das mal eiskalt zu sagen: Vor Völler wurde man 1988 Uefa-Cup Sieger und 1993 den DFB-Pokal. Und dann kam Völler erst als Spieler und dann als Verantwortlicher. Aber obwohl er nur das "Hallenmasters" mit dem Verein gewinnen konnte, galt er irgendwie als Legende, die man ins Management einbinden muss. Nur um dann mit seinem Verein das Scheitern im Titelrennen zu perfektionieren. Und dann ließ er als Nächstes die Konkurrenz an sich vorbeiziehen.

Denn Frankfurt, Wolfsburg, Leipzig, Borussia Dortmund, Schalke und Co. haben ja alle im DFB-Pokal bewiesen, dass man trotz der erdrückenden Dominanz der Bayern in der Liga den einen oder anderen Titel in 25 Jahren holen kann. Und abgesehen von Dortmund waren all diese Vereine in einer schlechteren Position als Bayer Leverkusen, als Rudi Völler ins Management wechselte. Verdammt viele dieser Vereine haben Leverkusen überholt. Und nur so für die Vollständigkeit: der 1. FC Nürnberg hat in den letzten 25 Jahren mehr Titel geholt, als Rudi Völler.

Es gibt also ganz sachlich gesehen keinerlei Hinweise darauf, dass Völler in leitender Position dir irgendwie dabei hilft, irgendwelche Titel zu gewinnen. Er kann nachweislich gut Brasilianer scouten lassen und schafft denen ein Umfeld, in dem sie funktionieren, selbst wenn sie vorher bei Real Madrid gescheitert sind... aber wie hilft einem das bei dem Ziel Europameister zu werden?

Völler hat halt einfach einen legendären Ruf, weil er 1990 Weltmeister wurde. "Beide ham wir unsern Rudi, wir haben ihren nie bespuckt." Das ist aber auch alles. Oh und er hat die erste Ausgabe der Champions League gewonnen, Ehre, wem Ehre gebührt. Aber man muss am Ende auch festhalten, dass "nur 3 Titel" in seiner Vita stehen. Die holt ein İlkay Gündoğan in einer Saison... (Auch wenn es mehr Titel sind, als Harry Kane geholt hat...) Er war sicherlich ein guter Spieler, aber war er wirklich so überragend, dass man den auch mit Mitte 60 noch vergöttern muss? Anscheinend.

Aber da sind wir ja wieder bei dem ewigen Grundproblem: Unser Faszination mit schlechten Trainern. Oder der Frage, ob gute Trainer einfach nicht zur Nationalmannschaft wollen. Wobei man festhalten muss, dass ein Ralf Rangnick, der für die Position des aufräumenden Sportdirektors perfekt gewesen wäre, nach Österreich zu deren Verband gegangen ist. Den hätte man haben können. Garantiert. 

Fun Fact: Die 11 Freunde haben in einem Kommentar geschrieben, dass "ein Bes­serer war zum dama­ligen Zeit­punkt auch nicht auf dem Markt" gewesen sein soll... während Thomas Tuchel arbeitslos war. Ich wiederhole mich da gerne: Dass der DFB es anscheinend nicht mal versucht hat, Tuchel von der einzigartigen Chance "seine Nationalmannschaft" bei einem Turnier "im eigenen Land" zu betreuen, beweist nur, wie dumm die Verantwortlichen da sind. Und dass dann ein Fachmagazin den Namen Tuchel komplett ausblendet, wenn es um den Posten des Nationaltrainers geht, und so einen Scheiß schreibt, ist bezeichnend für den Zustand des Fachjournalismus in diesem Land.

Jedenfalls, und auch das ist hier keine Neuigkeit, ist es für den DFB wichtiger Welt- oder Europameister geworden zu sein. Eine erfolgreiche Vergangenheit, egal in welcher Funktion, ist wichtiger, als eine tatsächliche Qualifikation als Trainer oder Manager. Die einzigen Ausnahmen sind Sepp Herberger und Erich Ribbeck. Ribbeck wurde aber sicherheitshalber mit Uli Stielike ein Europameister zur Seite gestellt. Denn ohne diese Turniererfahrung kann man ja kein erfolgreicher Nationaltrainer sein.

Und jetzt fällt es einem halt endgültig auf die Füße, dass man sich einfach weigert, ordentliche und kompetente Menschen einzustellen. Unabhängig von ihrer Verbindung zum Verband. Einfach nur, weil die nachgewiesen gute Arbeit geleistet haben. Und das halt auch auf der Manager-Ebene.

Deswegen wird der Nachfolger von Hansi Flick halt auch Stefan Kuntz werden, auch wenn der in der Türkei gerade böse verkackt. Aber der wurde halt 1996 Europameister... und hat die U21 erfolgreich betreut. Was will man mehr? Denkt an mich, wenn diese Entscheidung nach der EM getroffen wird...

Um nochmal deutlich zu machen, wie verwirrt Rudi Völler mittlerweile ist: Bei seinem Amtsantritt war er noch sehr optimistisch, dass man um den EM Titel mitspielen kann. Nach dem Kolumbien Spiel spricht er der Mannschaft dann die nötige Qualität ab. Jetzt ist "Das Material" doch gut genug, um "im September die Kurve zu kriegen." Was denn nun?

Völler dreht sich da komplett im Kreis... und den einzigen, den er von der Kritik ausnimmt, ist halt der Trainer, obwohl das doch genau die Personalie ist, die er am ehesten unter die Lupe nehmen sollte. Also zumindest, wenn er seinen Job ordentlich macht.

Als Nächstes fällt mir auf, dass die nächsten Testspielgegner Japan und die USA sind. Die USA haben sogar ein Heimspiel. Da frage ich mich doch auch wieder, wer diese Pläne macht. Vielleicht hat man ja irgendwelche Verpflichtungen... aber ist es wirklich notwendig, ein Jahr vor einem Turnier in der Heimat Werbung für den Sport auf einem anderen Kontinent zu machen? Es wird vor allem dann lustig, wenn auch das Team USA hauptsächlich aus Europa-Legionären besteht. Die können dann im selben Flugzeug um die Welt fliegen. Das wird schön. Und nebenbei wird so viel geflogen, dass man nur ein Testspiel absolvieren kann. Hey, immerhin kann man sich damit auch nur ein Mal blamieren, dass wäre doch ein Fortschritt.

Aber ganz ehrlich: Wäre es nicht sinnvoller, vor der EM... radikale Idee... gegen Gegner zu spielen, auf die man auch beim Turnier treffen könnte? Oder die einen ähnlichen Stil und auf einem ähnlichen Niveau spielen, wie die Konkurrenz im Turnier? Also, damit man sich auf genau dieses Turnier vorbereitet.
Und klar, das ist etwas schwieriger, wenn man als einziger keine Qualifikation spielen muss.

Aber gut, wenn man gegen die europäische Konkurrenz keine Chance mehr hat, muss man sich halt das Selbstvertrauen gegen andere Gegner holen... Aber auch diese Ansetzungen sollte man mal kritisch hinterfragen. Aber dafür ist Völler halt definitiv der falsche Mann.

1 Kommentar:

  1. Ralf Rangnick war nicht nur auf dem Markt sondern hat, meine ich, sogar öffentlich Interesse an dem Job als Bundestrainer bekundet ...ich finde den Link nicht mehr, aber so nach dem Motto "Ja, das ist natürlich ein interessanter Job"

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