Donnerstag, 15. Juni 2023

Und jetzt etwas komplett anderes

 Wobei man bei den derzeitigen Leistungen ja doch hinterfragen muss, ob die Energie Cottbus schlagen würden... Aber ja, heute kümmern wir uns um die Aufstiegsregelung der Regionalligen und kommen dabei auf das eigentliche Problem.

Claus Dieter Wollitz flucht ja schon vorher auf den DFB, weil die Aufstiegsregelung für alle halt brutal ist. Man muss an der Stelle auch fairerweise einschieben, dass er nach dem Scheitern nur die eigenen Fehler durchgeht, was ein vernünftiger Ansatz ist. Aber es ist schon lustig, dass das inhaltlich sinnvolle Interview in einer bescheidenen Audioqualität kommt.

Aber Wollitz schlägt damit in dieselbe Kerbe, in die ja alle immer wieder schlagen: Der Meister der Regionalligen muss aufsteigen. Alles andere ist unfair. Das muss sich doch was tun.

Und dann wird allen aber bewusst, dass man dafür die Ligen auf 4 herunter kürzen müsste. Denn 4 Absteiger aus einer 20er-Liga scheint vernünftig, aber ein Viertel der gesamten Liga herunterzuschicken ist halt keine Option. Allein deswegen wird der 5. Absteiger niemals kommen. Die Drittligisten werden das verhindern. Also müsste man die Regionalligen neu aufteilen.

Der nächste auf den ersten Blick logische Schritt ist es ja, dann die Regionalliga Bayern abzuschaffen. Also das war auch immer mein erster Impuls: Warum gönnen die sich eine eigene Regionalliga, wenn das alles nur unnötig kompliziert macht. Das ist doch total unfair.

Aber dann wurde mir halt auch bewusst, dass die Bayern den mitgliederstärksten Landesverband beim DFB stellen. Die haben 1,6 Millionen Mitglieder. Und klar, andere Bundesländer haben ihre Verbände in kleinere Zellen unterteilt... Also in Nordrhein-Westfalen spielen in der Summe mehr Spieler. Dafür, dass die ihre Macht lieber aufteilen, können aber die Bayern nichts.

Nordrhein-Westfalen bringt uns zu einem anderen Problem. Denn in diesem Bundesland leben mehr Menschen, als in all den eigentlich gar nicht mehr so neuen Bundesländern und Berlin zusammen. Trotzdem hat die ehemalige DDR ihre eigene Regionalliga, das ehemalige Braunkohlegebiet aber nicht...

Und hier kommt jetzt der ganz harte Cut: Die Aufteilung der Regionalligen ist eines dieser "Wir haben halt die Wiedervereinigung verkackt" Symptome. Dass 30 Jahre später die aus der DDR hervorgegangenen Verbände auf ihre eigene Liga bestehen, kann halt einfach nicht funktionieren, wenn die Infrastruktur und die Bevölkerungszahlen diese Liga einfach nicht hergeben.

Also all die Leute, die für eine 4-gleisige Regionalliga sind, denken wahrscheinlich, dass man die Linien irgendwo in der Mitte ansetzen würde und dann geografisch faire Grenzen zieht. Auf der DFB Karte scheint das ja auch einfach machbar. Dann bleibt der Nord/Osten so, wie er ist. Bayern, Baden-Württemberg und Hessen machen den Süden, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und das eine Fußballfeld, welches wir das Saarland nennen, machen den Westen und der Norden besteht aus Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Hamburg und Bremen. Klingt doch direkt fair.

Bis einem bewusst wird, dass im NOFV 13 Millionen Menschen leben, und in Bayern und Baden-Württemberg 23 Millionen. Sprich: Eine faire Aufteilung ist so nicht möglich.

Diese "Faire Aufteilung" würde halt sachlich gesehen eher so aussehen: Sachsen und Thüringen gehen zu den Bayern und bilden mit denen eine Regionalliga. Sachsen-Anhalt, Brandenburg, Berlin und Mecklenburg-Vorpommern wechseln in den Norden. Der Südwesten besteht aus Baden-Württemberg und Hessen. Der Rest nennt sich Regionalliga West. Dann würde jede Regionalliga ungefähr 1/4 der deutschen Bevölkerung repräsentieren.

Dass diese Aufteilung so niemals kommen wird, liegt aber nur bedingt an den Bayern, sondern auch ganz klar am NOFV. Denn die Vereine dort wollen nicht, dass ihnen die ganzen lukrativen Ostdebys genommen werden. Aber sprecht mal auf einem DFB Bundestag an, dass der NOFV gesprengt und anders aufgeteilt werden müsste. Oder dass sie zumindest ihre eigene Regionalliga aufgeben und sich da aufteilen müssten. Die Vereine und Vertreter würden auf die Barrikaden gehen.

Vor allem geht es ja auch viel zu vielen Vereinen im NOFV mit dieser Regelung viel zu gut. Also als de facto Leipziger kann ich euch sagen, dass sowohl Chemie als auch Lok extrem froh darüber sind, dass sie mittlerweile 2 bis 3 Mal im Jahr auf halbwegs ordentlichem sportlichen Niveau und weitestgehend friedlich ihre Derbys vor 5.000 Fans austragen können. Die wollen gar nicht aufsteigen, die wollen nur ganz entspannt in der Regionalliga spielen. Und ja, die würden natürlich in dieselbe Regionalliga eingeteilt werden, aber ob beide das Niveau haben, um dort dann auch die Klasse zu halten, ist fraglich. Mich würde es schon überraschen, wenn sich mehr als 6 der derzeitigen Teilnehmer der Regionalliga Nord/Ost in der Neuaufteilung langfristig etablieren würden.

Man muss sich dann auf ein Mal mit Vereinen messen, die ganz andere wirtschaftliche Voraussetzungen haben. Da würden verdammt viele dieser NOFV Vereine in der Oberliga verschwinden. Wollitz sagt da, bevor er zu seinem DFB Rant ausholt, eine ganz bittere Wahrheit: Energie Cottbus ist halt der einzige Verein, der sich vorher den Aufstieg als Ziel "auf die Fahnen geschrieben" hat. Alle anderen würden einen Aufstieg vielleicht mitnehmen, aber sie arbeiten gar nicht gezielt darauf hin.

Was auch vernünftig ist, gerade in Leipzig hat dieses Verlangen unbedingt aufsteigen zu wollen zu verdammt vielen Pleiten und Konkursverfahren geführt. Es tut halt allen Beteiligten in der Stadt gut, dass RB Leipzig den "Hier muss doch eigentlich was mit Profifußball gehen" Druck vom Kessel genommen hat. So können Lok und Chemie einfach und wirtschaftlich gesund in der Regionalliga existieren.

Natürlich würde man, siehe BFC Dynamo letztes Jahr, trotzdem über die Aufstiegsspiele flucht, wenn man sie denn bestreiten darf. Auf die Idee, dass man in einer fair aufgeteilten Regionalliga nie Meister geworden wäre, kommt halt auch niemand.

Wenn jetzt der DFB die eine Lösung gefunden hat, von der 17 der 18 NOFV Mitglieder in der Regionalliga profitieren, dann sind das keine Arschlöcher, sondern dann machen die ihren verdammten Job. Und zwar an der Stelle sogar mal richtig und vernünftig.

Aber für Wollitz und Christian Beck ist es halt einfacher, das leichte Feindbild "DFB" anzugreifen, als praktisch alle Vereine in seiner Liga ans Bein zu kacken. Es ist halt auch leichte, das ganze emotional rauszukotzen, anstatt eine wirkliche Debatte über die eigentlichen Probleme zu reden. Vor allem, wenn alle dieses grundlegende Problem lieber ignorieren.

Und ja, dass die schwachsinnige Aufstiegsregelung existiert, liegt halt auch ganz klar an der Regionalliga Nord/Ost. Das traut sich halt nur keiner zu sagen.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen