Mittwoch, 29. März 2023

Wie dämlich ist eigentlich der DFB?

 Ok, etwas haben diese Testspiele doch noch bewiesen: Der deutsche Fußball wird von inkompetenten Vollidioten geführt. Deswegen hat man sich ja auch für Rudi Völler entschieden. Aber Gute Besserung an der Stelle. Also an Rudi, beim DFB soll das bitte so bleiben.

Mir ist beim Feed durchscrollen gerade ein dummes Meme entgegengekommen. Das lautete ungefähr: Die Bayern würden Hansi Flick jetzt entlassen. Und meine erste Reaktion wäre: Die Bayern hätten Flick schon am 24.11. entlassen. Dem Tag nach der unglücklichen Niederlage gegen Japan

Lasst es mich anders ausdrücken: Hansi Flick hat die WM dermaßen verkackt, dass selbst Frank Baumann und Werder Bremen den entlassen hätten. Vielleicht sogar, Götterdämmerung incoming, der SC Freiburg. Denn ein Vorrundenaus kommt einem Abstieg gleich.

Und ja, ich weiß, Christian Streich ist schon mal abgestiegen, aber das ist Jahre her. Mittlerweile hat sich der Verein so weit weiterentwickelt, dass Streich wahrscheinlich selber gehen würde, bevor ein weiterer Abstieg eintritt.

Der DFB ist der einzige große Verein, bei dem man derartig verkacken und trotzdem weiterwursteln darf. Also ich hab das mal recherchiert. Hier sind die anderen Nationen, die trotz Vorrundenaus ihren Trainer behalten haben: Serbien, Kamerun, Kanada, Costa Rica, Saudi-Arabien, Wales und Dänemark. Was fällt da auf? Das sind fast alles "Wir sind froh, dass wir dabei sind" Länder. Also außer Dänemark, die nach der überraschend erfolgreichen EM vorher eine zu hohe Erwartungshaltung hatten. Aber Kasper Hjulmand war vorher halt für das erfolgreichste Turnier seit 30 Jahren verantwortlich.

Random Fun Fact: Dänemark hat gerade sein Quali-Spiel gegen Kasachstan verloren. Nur um festzuhalten, dass es auch da bescheiden läuft. Aber zum Glück muss man ja nur in einer Gruppe mit Slowenien, Nordirland, Finnland, Kasachstan und San Marino Zweiter werden...

Man kann das nebenbei wunderbar an den Belgiern nachvollziehen. Ohne dass Domenico Tedesco jetzt Begeisterungstürme auslöst, aber immerhin ist es ein neuer Name, der da die Verantwortung trägt und der jetzt einen guten Start hingelegt hat. Ein neues Gesicht, eine neue Ansprache, neue Aufnahmekriterien. Wenn man etwas dermaßen in den Sand setzt, dann ist das halt einfach notwendig und logisch.

Aber halt nicht beim DFB. Da wird die Lage kritisch analysiert und man macht dann weiter so. Also man versucht es weiter so. Und als Dank bekommt man einer der schlechtesten Halbzeiten aller Zeiten. Zumindest klingt so die Zusammenfassung der ersten 30 Minuten. 

Und das Faszinierende daran ist ja: Man hätte ja lernen können. Es ist ja nicht das erste Vorrundenaus. Genaugenommen könnte man sogar Berti Vogts als Lehrbeispiel nehmen. Also damals, 1998, als ein Ausscheiden im Viertelfinale noch als katastrophales Ergebnis eingestuft wurde. Auch damals entschied man sich in klassischer DFB-Manier fürs Weiterwursteln... nur musste man dieses Projekt nach eine "ernüchternd verlaufenden Lehrgang", in dem man gerade so Malta besiegen konnte, beenden. Klingt bekannt?
Vielleicht ist Didi Hamanns "Flick muss entlassen werden" Forderung doch gar nicht so absurd.

Natürlich könnte man auch das aktuellere Beispiel nehmen: Selbst Weltmeistertrainer Jogi Löw war nach dem Vorrundenaus so beschädigt, dass er die EM nicht retten konnte. Man hat in jüngster Verbandsgeschichte genau dieses Experiment schonmal ausprobiert, man erwartet jetzt aber einen anderen Ausgang... weil... ähm... Hansi Flick doch diese eine starke Saison betreut hat. Andere nennen so etwas wahnsinnig.

Man muss an der Stelle auch nochmal festhalten: Flicks gesamte Erfolge basieren auf einem Dead Coach Bounce... und dem Fakt, dass man gegenüber den französischen Gegnern einen extremen Wettbewerbsvorteil hatte, weil die eigene Liga fortgesetzt, die französische aber abgebrochen wurde.

Es gibt keinerlei Nachweise, dass Flick interne Probleme erkennen und lösen kann. Also zumindest nicht in vorderster Front. Aber jetzt gehen wir alle davon aus, dass er das schon hinbekommen wird... Vor einer HEIM-EM, die das größte Sportevent seit 18 Jahren werden soll... (Und so wie die Fifa gerade tickt und der DFB sich dort präsentiert, wird es das einzige Turnier auf deutschem Boden für mindestens 50 Jahre werden... just saying.)

Aber beim DFB wird halt eine Kultur gepflegt, bei der Leistung und Ergebnisse sekundär sind. Man braucht irgendwelche anderen Fähigkeiten. Also hauptsächlich eine Vergangenheit im Verband, der Rest ist egal. Und natürlich war das schon immer so, aber früher (also genau genommen in den 70ern und in den 90ern) war der Vorsprung vor den anderen Nationen so groß, dass man sich das leisten konnte. Diese Zeiten sind haöt vorbei.

Aber genau diese Anti-Kultur führt dann zu den bescheidenen Ergebnissen. Wir reden ja nicht von einem einzigen Turnier, wir reden von 3 Turnieren in Folge, die komplett verkackt wurden. Und wir reden hier von einer Nation, die sonst immer mindestens das Halbfinale erreicht hat. Also bei jedem 2. Turnier. Wenn man die WM 1994 in den Sand gesetzt hat, konnte man sich die Tickets fürs EM Finale 2 Jahre später schon mal reservieren und die Flüge nach London. Und wir wollen nochmal festhalten: "In den Sand gesetzt" bedeutete damals ein Aus im Viertelfinale. Von so einem beschissenen Turnierverlauf träumen die Gastronomen mittlerweile... denn das letzte K.O. Spiel wurde am 2.7.2016 gewonnen... nach Elfmeterschießen. Da war Putin noch ein lupenreiner Demokrat und Donald Trump noch nicht im Amt. 

Gerade da wird der Bayern-Vergleich halt wirklich interessant: Ja, Oliver Kahn hätte Hansi Flick trotz gemeinsamer, erfolgreicher Vergangenheit entlassen, wenn er beim DFB was zu sagen hätte, denn die aktuelle Leistung steht da halt über allem. Und wenn man keine Leistung bringt, wird man halt vom Hof gejagt und der Nächste übernimmt. Diese absolute "es gibt keine Ausreden" Mentalität hatte der deutsche Fußball früher auch, jetzt gibt es sie aber nur noch bei den Bayern. Deswegen galt man ja immer als "Turniermannschaft". Deswegen hat sich die grottenschlechte "Das werden wir unseren Kindern erklären müssen" Generation um die Jahrtausendwende trotzdem in ein WM-Finale gekämpft... oder gemogelt, je nach Betrachtungsweise.
Aber um das mal festzuhalten: Die Generation Hamann, Ramelow, Nowotny, Wörns war ganz sachlich erfolgreicher, als die Generation Kimmich, Goretzka Rüdiger, Gündoğan. Zumindest bisher, ein Turnier haben die ja noch.

Diese Haltung ist uns aber in den letzten Jahren abhandengekommen. Sie wurde durch eine arrogante Selbstgefälligkeit ersetzt. Und das wird ja von ganz oben vorgelebt: Es ist halt nicht so schlimm, komplett zu versagen. Man kann das ja in Ruhe erklären und dann findet man schon Gründe und es lag gar nicht an einem selbst. Es wird schon reichen, wenn man Oliver Bierhoff austauscht, diese ganze Wohlfühloase liegt nur an ihm.

Nebenbei muss man jetzt auch mal erwähnen, wie, genaugenommen, katastrophal und schizophren die kurzfristigen Entscheidungen waren, die Flick gerade getroffen hat. Und wie die auch nur beweisen, dass er doch eher wenig gelernt hat. Also Flick hat ja angekündigt, dass er keine Rücksicht auf das Spitzenspiel am Wochenende (oder auf die Ligen im Allgemeinen) nehmen wird. Trotzdem verzichtet er auf Rüdiger, Schlotterbeck, Musiala, Gündoğan, Havertz. Alles Spieler, die man hätte aufstellen können, wenn man wirklich gewollt hätte. Oder zumindest als Einwechselspieler wären auch Musiala und Havertz eine Option gewesen. Und gerade wenn man bedenkt, dass die DFB-Elf ganz dringend eine souveräne Defensivleistung gegen eine ordentliche Angriffsreihe gebraucht hätte, um die bösen Geister der WM zu vertreiben, ist es einfach nur fahrlässig, seine beiden besten Innenverteidiger nach Hause zu schicken. Aber wenn die Ergebnisse bei der WM egal sind, dann sind die Ergebnisse in Testspielen doch erst recht egal. 

Ganz ehrlich, als ich die Ansetzungen sah, dachte ich: Man gönnt sich das Spiel gegen Peru für die Experimente und richtet alles auf den Härtetest gegen den Weltranglistenvierten aus. Stattdessen kraulen sich Rüdiger und Schlotterbeck zu Hause die Eier. Nachdem Schlotterbeck nachgewiesen hat, dass er gegen schwache Südamerikaner gut aussieht... was aber niemand bezweifelt hat. Es wäre doch wesentlich sinnvoller gewesen, herauszufinden, wie der sich gegen Lukaku schlägt.

Natürlich habe ich erst gestern geschrieben, dass diese Spiele keine Auswirkung auf die EM haben werden. Das war aber mehr auf der individuellen Ebene gemeint. Da kann man ja auch die "Wachstumsschmerzen" bei Marius Wolf wunderbar anbringen: Der hat gezeigt, dass er in einem fremden Umfeld und gegen einen starken Gegner defensiv überfordert ist. Das ist eine wichtige Erkenntnis, an der er jetzt 1 1/2 Jahre arbeiten kann.

Und da ging ich nicht davon aus, dass man sich 30 Minuten lang komplett demontieren lässt. Dass man sich so komplett überforder präsentiert, sobald Belgien das Tempo anzieht. Aber stattdessen freuen sich alle, wie gut die Deutschen aussahen, als die Belgier den Fuß vom Gaspedal nahmen. Was geht hier eigentlich ab?

Wo ich gerade rausfinden wollte, warum Rüdiger nicht dabei war, ist mir folgendes aufgefallen: Die ersten beiden Google-Fragen zu ihm lauten "Warum hat Rüdiger einen deutschen Namen?" und "Wie heißt Rüdiger richtig?" Dazu fällt mir nur eines ein: Deutschland, du bist rassistisch! Einschub Ende.

Wenn man die Spiele jetzt im Nachhinein betrachtet, wurde diese Länderspielpause einfach verschwendet. Leichtfertig verschwendet. Obwohl die letzten Turniere nicht den Anlass geben, dass man sich das leisten kann. Und natürlich können wir nicht beurteilen, was die trainiert haben. Laut Hansi Flick, wie man sich im Gegenpressing verhalten soll, was dann aber gegen Belgien so gar nicht funktioniert hat. 

Allgemein verstärken die Reaktionen der Spieler nach dem Abpfiff, dass halt jegliches Leistungsverständnis in diesem Verband fehlt. Ja, war schon dumm, dass wir uns am Anfang so haben vorführen lassen, aber wenigstens haben wir eine Reaktion gezeigt, als Belgien in den Schongang schaltete...

Als letzter Gedanke wollte ich nochmal erwähnen: Man hätte, im Gegensatz zu sonst immer, sogar eine Alternative gehabt: Thomas Tuchel war vertragslos. Also normalerweise hat man ja das "Problem", dass die guten Trainer alle in einer festen Beziehung sind, wenn man nach dem überraschenden Ausscheiden einen neuen Verantwortlichen suchen muss. Und man hat beim DFB ja auch eine panische Angst davor, so was vor einem Turnier anzusprechen und zu klären. Jetzt hätte man die einzigartige Gelegenheit gehabt, einen Tuchel zu fragen, ob er sich die Heim-EM und die WM danach zutraut. Man hätte ihn für dieses Projekt begeistern können, eigentlich sogar müssen. Man hat es aber nicht mal versucht. Und ja, es wäre wirklich beängstigend, wenn ein Tuchel gesagt hätte: Ich mache das jetzt für 3 1/2 Jahre, danach kann dann der Nächste.

Es ist eigentlich faszinierend, dass die Deutschen überhaupt jemals was gerissen haben, wo ihre Führungsetage doch so was von inkompetent ist. Und obwohl da ständig vom "Umdenken" geredet wird, bleibt am Ende alles beim Alten.

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