Donnerstag, 20. Mai 2021

Passives Abseits vs Tradition Teil 9: Ein Gütesiegel ohne Verfallsdatum

Erinnert ihr euch noch an diese kleine Serie? Nun ja, Traditionen muss man pflegen, sonst gehen sie verloren... oder tun sie genau das nicht und bleiben so oder so für die Ewigkeit.

In der dritten Liga passiert gerade etwas wirklich Erstaunliches: Die Traditionsvereine arbeiten an ihrem Comeback. Dynamo Dresden ist schon sicher aufgestiegen. Hansa Rostock hat zumindest die Relegation sicher. Und 1860 München muss die bösen Emporkömmlinge aus Ingolstadt schlagen um diese zu erreichen.

Und ja, Ingolstadt sind in dieser Konstellation für den Gemeinen Fan die Bösewichte, weil sie halt keine offensichtliche Tradition haben. Der Verein wurde schließlich erst in diesem Jahrtausend durch eine Fusion "gegründet". 1860 ist dagegen noch älter als die TSG Hoffenheim.

Aber sind die Löwen wirklich noch ein Traditionsverein? Oder ist dieser nicht gestorben, als Hasan Ismaik den Verein übernommen hat? Denn machen wir uns nichts vor: Ismaik steht für alles, was die Traditionsfans bekämpfen wollen: Ein Investor, der permanent versucht das Prinzip 50+1 auszuhebeln. Kein treuer Fan, der seinen Verein (wieder) nach oben führen will, wie Dietmar Hopp, sondern ein Spekulant, der mit diesem Verein seinen Reichtum vermehren will. Und ein Ignorant, der immer wieder versucht möglichst brachial vorzugehen.

Trotzdem wurde nur Hopp im Fadenkreuz abgebildet. Großflächige Aktionen gegen Ismaik bleiben bis jetzt aus. Der einzige Widerstand gegen ihn kommt aus dem Fanlanger der 60er, denn die kriegen ja direkt mit, was dieser Mensch mit ihrem Verein vorhat. 

Stellen wir uns mal vor, wenn Ismaik sein Geld nicht in einen ehemaligen Deutschen Meister stecken würde, sondern in die Ingolstädter. Dann müssten sie sich ständig den Vorwurf gefallen lassen, dass sie ja nur künstlich nach oben gepumpt werden und gar nichts in der 2. Liga zu suchen habe.
Aber praktisch ist Ingolstadt doch der Verein, in dem weitgehend gut gearbeitet und seriös gewirtschaftet wird. Deswegen haben sie in den letzten 10 Jahren mehr Bundesligasaisons gespielt, als Dynamo, Hansa und 1860 zusammen. Aber die Münchener und genau genommen auch die Rostocker mit Rolf Elgeti sind die Vereine, die am Tropf des Investors hängen und ohne diesen kaum überlebensfähig war.

Aber anstatt die seriöse Arbeit der Ingolstädter zu schätzen, wünscht man sich lieber die Rückkehr des Chaosklubs 1860 in die 2. Liga. Obwohl die doch jahrelang intensiv daran gearbeitet haben, dass der Verein in der Versenkung verschwindet. 

Für mich persönlich ist der Traditionsverein 1860 in dem Moment gestorben, als sie ihre Seele an Ismaik verkauft haben. Vor allem, weil die ja nicht wegen einer unglücklichen Saison und einer falschen Schiedsrichterentscheidung in die beschissene Lage gerutscht sind, dass sie einen Investor brauche. Nein, in dem Verein wurde jahrelang darauf hingearbeitet, dass man sich entweder verkauft oder pleite geht. Also selbst die Führungskräfte des Hamburger SV wirken im Vergleich zu 1860 kompetent und seriös.

Sie sind damit auf demselben Status wie RB Leipzig. Nur ist mir das halt relativ egal, solange sie gut spielen, sollen sie aufsteigen. Wenn Ingolstadt besser ist, haben sie es halt verdient. Am Ende braucht ja jeder Profiverein externe Gelder um erfolgreich zu sein. Bei dem einen kommen sie von Audi, beim anderen von VW...

Aber 1860 hat halt eine Sonderposition, denn es hätte ja einen Alternativweg gegeben. Den Pfad, den Lokomotive Leipzig nach ihrem letzten Konkurs eingeschlagen haben. Damals wurde der Verein einfach neu gegründet und begann in der Kreisklasse. Aber man kehrte dank des Rückhalts der Fans auf einem gesunden Fundament in die Regionalliga zurück. Natürlich ist der Etat eines Regionalligisten immer auf Kante genäht und das man den Aufstieg in die dritte Liga verpasst hat, hat ihnen richtig weh getan. Trotzdem ist das Fundament so solide, dass man besser durch die Krise kommt, als Schalke 04, Werder Bremen oder Real Madrid.

Natürlich müsste man dann als 1860 Fan auch anerkennen, dass die Regionalliga wahrscheinlich das Limit ist. Vielleicht steigt man mal in die 3. Liga auf, aber da kann es dann nur noch um den Klassenerhalt gehen. Aber Liebe kennt ja keine Ligazugehörigkeit. Nebenbei soll in der Fanszene auch genau dieser Diskurs geführt worden sein.

Und es gibt ja genügend Beispielen von Traditionsvereinen, die eben nicht von der Landkarte verschwinden, sondern von den Fans getragen in der Regionalliga ihre Nische finden. Ich verlinke hier mal demonstrativ das Duell zwischen Rot-Weiss Essen und Alemannia Aachen. Das schwierigste war es ja immer für diese Vereine, anzuerkennen, dass sie nicht mehr ganz oben mitspielen können. Aber sie müssen dies halt auch gar nicht tun, denn dank ihrer festen Verwurzelung in der Region überleben sie auch in tieferen Ligen, solange sie vernünftig wirtschaften. Und klar, Aachen und Essen haben ihre Insolvenzverfahren durchgemacht. Aber diese sind ja eher der jahrelangen Misswirtschaft, die sie erst in die Regionalliga geführt hat, geschuldet. Wenn die früher anerkannt hätten, dass sie auch in der Regionalliga den Rückhalt der Fans haben würden, hätten sie sich nicht so verschulden müssen... 

Also gerade bei Lok sieht man ja, dass ein vernünftiger Neustart möglich ist. Und das man nicht unbedingt nach Profifußball streben muss um als Traditionsverein zu überleben.

1860 entschied sich dagegen und wollte doch lieber den Investor bei seiner Idee mit dem Verein Geld zu verdienen unterstützen. Das finde ich ja auch legitim. Nur sollten die Fans es dann vermeiden über andere von Investoren abhängigen "Vereine" zu lästern. Oder gar gegen solche Kunstprodukte zu protestieren. Und ja, die Fans von 1860 hätten auch ihr "United of Manchester" gründen und genau das durchziehen können. Sie entschieden sich dafür doch lieber den Investorenverein weiter zu unterstützen.

Als Freund von Konsequenz wäre es natürlich auch angemessen, wenn die "Ordnungshüter" aus nehmen wir mal Dortmund 1860 auf die Liste der zu bekämpfenden Vereine setzt. Aber dann müssten sich die Borussia-Anhänger ja damit auseinandersetzen, dass sie Fans einer Kommanditgesellschaft auf Aktien sind... 

RB Fans haben da einen entscheidenden Vorteil: Sie sind einfach ehrlich. Die müssen keine moralischen Verrenkungen vollziehen um zu erklären, dass der Investor hinter ihrem Verein ja nicht so schlimm ist, sondern können offen zugeben, dass sie einfach nur guten Fußball sehen wollen. So wie 90 % der Fußballfans weltweit...

2 Kommentare:

  1. Ich als Profi im Business muss mal nachfragen, wer hat den Stimmrecht bei "TSV München von 1860 GmbH & Co. KGaA" ? Das ist ja das Teil was gekauft wurde vom Investor.

    Da hätte man sich ja zu erst beschweren müssen, oder?

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  2. Darauf erstmal ne Dose ��

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