Dienstag, 7. Juli 2015

Um noch etwas tiefer in die Materie einzudringen

Was bedeutet eigentlich ein Fußball-Verein für eine Region.

Im Wesentlichen Identifikation und Wirtschaftliche Potenz. Beides will man im Zweifelsfall eher ungern aufgeben.

Um mal kurz das extreme Gegenbeispiel zu Bremen und ihrem Bundesligisten zu präsentieren: Ich bin ja gebürtiger Mecklenburger. Damit bin ich logischer Weise auch Hansa Rostock Sympathisant. Wir in Mecklenburg hatten einfach keine andere Wahl. Bei uns gibt es Tourismus, Schiffswerften und blühende Landschaften. Also wild blühende Landschaften, weil sich keiner drum kümmert.

Und in ganz Mecklenburg hast du abgesehen von Hansa Rostock... nichts. Die Schweriner Volleyball Damen haben mal Champions League gespielt. Die Stralsunder Handballer mal ein Jahr Bundesliga. Das war's... und das sind alles keine Sportarten, die Menschenmassen anziehen.

An sonsten ist das dichteste... Berlin und Hamburg. Du hast im Umkreis von 250 Km einfach keinerlei Konkurrenz. Ernsthaft, wenn du in Rostock 250Km in jede Richtung fährst und ein Sport-Graffiti an einer Wand siehst, wird da garantiert Hansa Rostock als Schriftzug auf der Bushaltestelle stehen.

Nur um das mal zu vergleichen: Wenn sich Borussia Dortmund in ihrer Wirtschaftskrise aufgelöst hätten... wären die Fans innerhalb von 10 Jahren halt zum VfL Bochum oder zu Rot Weiß Essen weitergegangen. Und die Sponsoren auch. Das Ballungsgebiet Ruhrgebiet ist halt wirtschaftlich und bevölkerungstechnisch mittlerweile so stark, dass es sich halt 2 gute Bundesligisten leisten kann, wenn nicht sogar muss.

Wenn sich Hansa Rostock dieser Tage auflösen würde, gäbe es einfach nichts mehr. Mecklenburg hat auch einfach nicht die Kraft einen neuen Dritt- oder Zweitligisten aufzubauen. Und der Markt ist auch nicht groß genug, dass sie einen Investor a la Red Bull anzuziehen. Wenn Hansa Rostock aufgelöst wird, war's das mit Profifußball in Mecklenburg Vorpommern. Das ist schon mal grundlegend eine Situation, die mit keinem anderen Bundesland (außer vielleicht Brandenburg mit Energie Cottbus... wenn man Berlin außen vor lässt.) so vorfinden wird.

Um nur mal einen Beweis zu nennen: Wenn ein Popstar wie Materia ein großes Benefiz-Spiel veranstaltet um den Verein zu retten... und (gemeinsam mit Stefan Beinlich) alle möglichen deutschen Musikstars, die sonst Rostock meiden wie die Pest (ernsthaft, ich habe dort gelebt, du hättest Max Herre nie davon überzeugen können, ein Konzert in Rostock zu spielen... aber mit Materia Hansa retten, klar, da ist er dabei...) davon überzeugt, mitzumachen. Das sollte doch verdeutlichen, was der Verein einem gebürtigen Rostocker bedeutet, auch wenn er die Stadt schon längst verlassen hat.

Nun ist Mecklenburg ungefähr so pleite wie Bremen. Und Rostock ist auch nur eine Hansestadt wie Bremen. Trotzdem unternehmen beide Institutionen alles, um den Verein am Leben zu erhalten. Ich kann schon gar nicht mehr Mitzählen, wie viele Schuldenschnitte es für den Verein schon gab. De Facto ist Hansa Rostock Mecklenburgs Griechenland: Du musst jedes Jahr Unsummen reinpumpen, damit die nicht gnadenlos zu Grunde gehen.

Aber es gibt halt gute Gründe, warum man denen immer wieder Geld gibt. Und nur um mal zu beweisen, dass das keine reine Wohlfahrt ist: Das MAU, der größte Liveclub in Mecklenburg (in dem ich nebenbei mal Aston Barrett von DEN Wailers Live gesehen habe... Nostalgie und so) musste um 35.000 Euro regelrecht betteln. Obwohl sie die einmalig brauchten. Wenn man das mit den 8 Millionen Verbindlichkeiten vergleicht, die Hansa Rostock beim Land Mecklenburg mittlerweile hat...

Aber zum einen weiß das Land halt: wenn wir den Verein pleite gehen lassen, sehen wir das Geld auch nur nie wieder. Weg ist es quasi so oder so. Wenn wir den Verein aber pleite gehen lassen, fällt die Identifikation komplett weg. Und die potenziellen langfristigen Einnahmen, die ein Zweitligist für Stadt und Land halt bringen würden.
Weil sie das (im Gegensatz zur Stadt Bremen, um den Bogen zu schlagen) verstanden haben, was ein erfolgreicher Verein für eine Region bedeutet, versuchen sie alles in ihrer Macht stehende um den Verein zu retten.

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