Dienstag, 10. Juli 2012

EM Wrap up: Jetzt fehlt es uns also an "Typen"

Wie das halt immer so ist in diesem Schönen Land: wenn man (als jüngste Mannschaft des Turniers) im Halbfinale scheitert, fehlt es auf einmal an Charakter. Nicht an Erfahrung, nein, es fehlt ein Arschloch. Jemand, der in schwierigen Momenten vorne Weg gehen kann.

Stellvertretend für diese Meinung sei der Leserbrief Dr. Daniel Eckardt genannt. (Lesebefehl: Jetzt vorletzte Seite im Kicker aufschlagen (und wer keinen Kicker kauft jetzt schnell in einen Zeitungsladen gehen und sich das anschauen)):
"Ein Jeremies und ein Effenberg (sicherlich keine begnadeten Techniker) mögen als Charaktere nicht einfach gewesen sein, aber die bescherten Deutschland den letzten europäischen Titel, 1996 in England."
Ich hoffe Dr. Eckardt hat bei seiner Doktorarbeit besser recherchiert als bei diesem Leserbrief... (oder er hat halt einen Doktortitel in Guttenbergologie...) eine der (vielen) Gemeinsamkeiten (neben der Technik) von Effe und Jeremies ist: Beide spielten 96 nicht für die Nationalelf. Effenberg flog 1994 während der WM wegen der berüchtigten Stinkefingeraffäre aus der Nationalmannschaft. Jeremies Nationalmannschaftskarriere begann erst nach der EM... er gehört quasi zu der berüchtigten "Das werden wir unseren Kindern erklären müssen" Generation.

Aber unabhängig von den beiden Beispielen. Fehlt es unserer Mannschaft natürlich an Charakterköpfen. Schließlich ist Spanien gerade mit einem All-Arschloch-Team Europa-Welt-Europameister geworden. Angeführt von einem Mark van Bommel, der sich mit Nigel de Jong die Drecksarbeit teilte. Hinten hielt Tim Wiese zumindest die Quote an Wiese-Rollen hoch. Vorne wirbelten Zlaten Ibrahimovic und Mario Balotelli (euer Rechner sollte eigentlich einen Bluescreen kriegen, wenn er diesen Satz anzeigen soll...) Über die Flügel war Slawomir Pezko teilweise nur von Taxifahrern zu stoppen. In der Innenverteidigung prügelten sich Lucio, Pepe und Khalid Boulahrouz (jeweils in ihrer jungen, wilden Form) regelrecht um die Startplätze. Und über Linksaußen bekam Cristian Ronaldo wuderbare Haltungsnoten, aber nicht einen gefährlichen Freistoss zustande... Der Trainer Jose Mourinho würde ja gerne Mal wechseln, aber seine Optionen wie Sami Nasri und Carlos Tevez fühlen sich für solch nieder Aufgaben einfach zu gut...

So ein überragendes Team mit so viel Charakter... Da hatte unser Knabenchor um den vorzeige Klassensprecher Mats Hummels und den Grundschüler Phillip Lahm keine Chance...

Oh, wartet... die beiden besten Mannschaften der Welt bestehen im Wesentlichen  aus Spielern, die von Barca ausgebildet wurden... Und irgendwie hat man die noch nie mehr sagen hören, als "ja" und "Amen" und "Hauptsache meine Mannschaft gewinnt"...

Das man in irgendeiner Form diesen ominösen "schwierigen Charakter" dringend braucht... ist eine glatte Lüge... Sonst hätten die Spanier kaum alles gewonnen, was so geht (Alles, nein... ihnen fehlt der Confed Cup...) Und selbst ein Exzentriker wie Mourinho (der alleine in den Superclassico so viel Hass gebracht hat, wie 100 Jahre Geschichte... zumindest unter den Spielern) kann diese Charaktere nicht versauen. Im Gegenteil... er setzt genau genommen doch lieber auf die "braven" Mesut Özil und Sami Khedira, während er einen Mario Balotelli "untrainierbar" nennt.

3 Kommentare:

  1. Hallo Fussballfreunde,

    ich sehe, was mein "Leserbrief" im kicker von diesem Montag für hohe Wellen schlägt. Fakt ist, dass der abgedruckte Leserbrief nicht mit dem übereinstimmt, was ich dem kicker übermittelt habe. Dies kann ich bei Bedarf so vorlegen. Ich meinte natürlich den Sieg von Bayern München 2001. Dies habe ich jedoch so explizit nicht geschrieben, da ich der Meinung war das Aufführen von Effenberg, Jeremies sowie "bescherten Deutschland den letzten europäischen Titel einer deutschen Mannschaft" eigentlich selbsterklärend ist. Der Zusatz "1996 in England" ist nachträglich und zusätzlich durch einen "Redakteur" des Kickers eingefügt worden.
    Ich werde mir in Zukunft aufgrunddessen überlegen, ob ich mich in einem solchen Magazin an dieser Stelle noch so äußern werde und hoffe die Verwirrung ein wenig beseitigt zu haben. Vielen Dank.

    mfg
    Dr. Daniel Eckardt

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    1. Krass... jetzt muss ich auf einmal hoffen, dass sie den Guttenberg-Vergleich nicht so persönlich genommen haben, sondern als Pun in Richtung unseres Ex-Ministers verstanden haben... Falls nicht... ähm sorry... es stand mir in keinster Weise zu ihren Doktortitel in irgendeiner Form zu hinterfragen...

      Oh, und wenn der Original-Brief anders aussah als das, was dann im Kicker gedruckt wurde... würde mich das schon interessieren.. Ich würde den dann mit ein paar Worten von mir drum herum sogar "abdrucken"... um die entstandedne Verwirrung endgültig aufzuklären und die wahren Ahnungslosen zu bennen...

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  2. Guten Morgen,

    den Vergleich nehme ich nicht persönlich und bin in meiner Antwort auch bewusst nicht darauf eingegangen. Ich wollte damit auch sofort die Aufgeregtheit aus diesem speziellen Thema nehmen. Daher musst (ich bin jetzt mal beim Du) du dich auch nicht in diesem Rahmen entschuldigen. Alles ganz easy. Die Wellen schlagen dennoch ein wenig hoch. Ich gebe mal den link zu einem anderen forum an, ich dem ich mich ja nun auch notgedrungen rumtreiben muss (da steht auch das Original des Kommentars von mir drin), um etwas klarzustellen.

    http://www.kigges.de/forum/index.php?mode=thread&id=167087

    Dort habe ich mich auch schon eingehend geäußert. Von daher hoffe ich nun dieses Thema ein wenig aufzulösen. Nun möchte ich aber zum Kern meiner Aussagen kommen. Denn zu denen stehe ich ja immer noch.

    Was mein Kommentar nur andeuten soll, ist mein Empfinden über die Entwicklung der deutschen Nationalelf. Im Jahr 1998-2000 waren die generellen Meinungen "Wir haben keine Techniker", "Wir haben keine Jugend" und "Wir schlauchen durch die Turniere nur aufgrund unserer Tugenden". Beim letzten Kommentar denke ich an: Härte, Grätschen, verbale Aggression auf dem Platz, etc.. Nun hat sich für mein Empfinden (hier eröffne ich die Diskussion) dies komplett gewandelt
    1. Wir haben geile junge Spieler --> super
    2. Die können sogar auch noch am Ball all das, was vielen verwehrt bleibt --> noch besser
    3. Wir kommen spielerisch durch die Turniere mit Ergebnissen wie 4:1 gegen England 2010 (ein Sieg unabh. davon ob nun dieses Tor von Lampard gewertet wird oder nicht). ---> Was will man mehr

    Also, eigentlich alles super. In dieser Entwicklungsphase wurde auch immer wieder über flache Hierarchien gesprochen. D.h. hier ist auch etwas passiert. Und so denke ich kommt das Entscheidende. Wir haben evtl. die deutschen Tugenden ein wenig zu sehr heruntergefahren. Kann es daher sein, das in bestimmten Spielphasen (Rückstand, Gegner drückt) es schwerer fällt für die DFB-Elf den Schalter umzulegen? Als im Jahr 2012 Philipp Lahm sich offensiv vor und während des Turniers gegenüber Ballack als Kapitän positionierte, habe ich ihm diese Rolle eher nicht so richtig abgenommen. Einem Kahn in gleicher Rolle wohl eher. Meine Überlegung geht auch in die Richtung, dass es nat. für einen Verantwortlichen (Trainer, Manager) einfacher ist, unpopuläre Maßnahmen (Heute gehts für Dich auf die Bank) einer Mannschaft zu verkaufen, in denen solche Charaktere eher nicht vertreten sind. Einem Charakterkopf unpopuläre Maßnahmen zu verkaufen kann jeder an seinem Arbeitsplatz sowie Umfeld/Freundeskreis ja nachvollziehen (einfach malausprobieren). So schweife ich nun zu den Abservierungen von Frings 2009, Ballack 2010 und Kahn 2006 ab. Das waren alles mehr oder weniger Charaktere, wodurch dieses Abservieren ja auch nicht geräuschlos ablief. Das war in dem Zusammenhang auch für Trainer und Manager anstrengend. Der Umgang untereinander gestaltete sich eher schwierig (verständlich). Nun haben wir meiner Meinung nach eine Mannschaft in der es nun viel einfacher ist auch verdiente Spieler (Würde Klose an die Decke gehen? Rolfes hat nicht gezetert. Cacau war nicht zu hören. Kießling gabs ja auch mal., usw.) rauszuwerfen, da diese eher weniger die Tendenz haben aufzumucken. Und für die Verantwortlichen läuft alles geräuschloser und entspannter ab. Ob dies so aber eine langfristige positive Entwicklung bedeutet, kann ich nicht abschätzen. Fehlen gerade diese Typen nicht in den spielentscheidenden Phasen? Nen Ball sollten sie aber auch noch treffen können.

    mfg
    Daniel

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