Donnerstag, 27. Februar 2025

Das kann ja so nicht geplant gewesen sein.

Es ist ja alles wie immer: Wenn man ein Mal nicht aufpasst, wird schon wieder irgendeine Änderung vorgenommen, um die Übersättigung des Marktes weiter voranzutreiben. Anscheinend ist dem DFB aufgefallen, dass man ja noch eine freie Woche im Rahmenterminkalender hat. Eine Woche, in der tatsächlich nichts ansteht und man einfach mal runterfahren könnte... oder...

Man teilt das DFB-Pokal-Viertelfinale auf 2 unterschiedliche Wochen auf... und lässt zwischen den Spielen 20 Tage ins Land streichen.  Da kann dieser Wettbewerb ja mal so richtig strahlen. Da kann man dann bestimmt haufenweise gute Bundesligaspiele im frei empfangbaren Fernsehen senden.

Stattdessen bekommt man... Arminia Bielefeld gegen Werder Bremen und RB Leipzig gegen den VfL Wolfsburg...

Und versteht mich bitte nicht falsch: Dieses David gegen Goliath macht ja die Würze im Pokal aus. Dass Bielefeld jetzt im Halbfinale steht, ist etwas Wunderschönes. Aber brauchen wir dafür wirklich 2 Tage, an denen wirklich nur in Bielefeld gespielt wird und der Ball jetzt ruht? Wäre es wirklich schlimm gewesen, wenn diese Sensation zeitgleich (oder wenigstens am selben Tag wie) Stuttgart - Augsburg stattgefunden hätte?

Ich musste nebenbei wirklich nachschlagen, wer die anderen Pokalteilnehmer waren, weil das so verdammt lange her ist, dass in meinem Kopf wirklich kein Zusammenhang zwischen dem einen und den anderen Pokalspielen entstand. Das kann nicht gut sein. 

Wie schlimm ist die Lage? Das ehemalige Fachmagazin muss eine übertriebene Headline über Werder Bremen veröffentlichen, damit sie irgendwie Traffic generieren. Und die verstecken sie dann hinter einer Paywall. Werder Bremen ist dabei das Paradebeispiel für ein sogenanntes "Small Market" Team. Also die Mannschaften, die der Liga schon guttun, die aber eigentlich nur in den Vordergrund geraten, wenn sie richtig Scheiße bauen. Das liegt in Bremen auch an der einfach nur seriösen und rationalen Arbeit, die da angeboten wird. Aber es liegt halt auch daran, dass Werder im kleinsten Bundesland beheimatet ist. 

Dabei hat der Kicker irgendwie recht: Die Unzufriedenheit ist quasi spürbar, wenn Leonardo Bittencourt öffentlich einen seiner Mitspieler so direkt angreift. Und man ist gerade dabei, sich eine an sich ordentliche Saison mit Potenzial nach oben zu versauen. Da aber schon vom Untergang zu reden, ist völlig übertrieben. Gerade wenn man bedenkt, dass Werder de facto erst das dritte Jahr infolge Bundesliga spielt. Früher wäre man als Kicker damit sachlicher umgegangen. In diesem ominösen Früher war dies aber auch nicht das einzige Spiel, über das man berichten musste.

Es ist aber durchaus spannend, wie es jetzt bei Werder weitergeht. Ole Werner muss jetzt seinen nächsten Schritt auf der "Das ist wirklich ein guter Trainer" Leiter gehen. Bisher hat er Werder zum Aufstieg geführt, den Klassenerhalt gesichert und dann als Mittelfeldteam stabilisiert. Das ist eine gute Zwischenbilanz für einen Verein, der sich im dauerhaften und gar nicht mehr so schleichenden Niedergang befand. Jetzt steht aber die Frage im Raum, ob er während der Saison in einer richtig beschissenen Phase einen Stimmungsumschwung herbeireden kann. Wobei, reden will der ja gar nicht... Und Werder hat ja nur 1 seiner letzten 9 Pflichtspiele gewonnen. Jetzt wird sich zeigen, ob Werner das Schiff wieder auf Kurs bekommt. Obwohl er das ja in einer recht entspannten Ausgangslage machen kann, denn ein Abstieg erscheint ja ausgeschlossen. Nebenbei hat Werder genau die 30 Punkte, die man im Vorjahr zum selben Zeitraum auch hatte. Und letztes Jahr konnte Werner in Ruhe arbeiten. Wie Werder allgemein arbeitet, halte ich eine Entlassung für ausgeschlossen. Wenn er diesen U-Turn aber anleiten kann, hat Werder seinen Trainer für die nächsten 10 Jahre gefunden und kann stabil weiterplanen.

 

Das andere Halbfinale hat auch nur bewiesen, wie real der "El Plastico" doch ist. Wenn irgendein anderer Verein aufgrund eines fragwürdigen Elfmeters ausgeschieden wäre, würde es einen riesigen Aufschrei geben. Wenn ausgerechnet RB davon profitiert, würden alle von der Fußballmafia DFB fantasieren. Da es aber nur die Werkself aus Wolfsburg war, interessiert das halt keinen.

Lustigerweise haben die Wolfsburg Ultras ja zum Boykott aufgerufen, weil sie ich keine extra App holen wollten... Ich wusste auch nicht, dass es Wolfsburg Ultras gibt, aber anscheinend existieren die. Aber wenn die dann irgendwas raushauen, interessiert das einfach keinen. Aber die sind halt auch ohne Boykott-Aufrufen nur auf Platz 17 der "Auswärtsfans" stehen, nimmt man einfach keinen Unterschied wahr. Die deutlichste Reaktion kam wahrscheinlich direkt von VW... die sich dachten: Cool, dann könnt ihr ja doch bei uns am Fließband stehen.

Wobei ich an der Stelle nochmal den Einschub bringen muss, dass trotzdem über 40.000 Leute im Stadion waren. Abgesehen vom Gästeblock war das Stadion also quasi voll. Und man hat auch in der ganzen Stadt gemerkt, dass gestern Abend RB gespielt hat, selbst wenn einen das Spiel nicht interessiert hat. Selbst ich, der zu einem Konzert wollte, habe davon profitiert, weil ich eine der "Die fahren nur, wenn Fußball ist" Verbindungen nehmen konnte. Ich erwähne das hier als "Augenzeuge" so explizit, um dem "Die lösen doch keine Emotionen aus" Gelaber der Traditionsfans entgegenzuwirken: In Leipzig tun sie das mittlerweile. Es ist mittlerweile auch völlig normal, dass man am allgemeinen Stadtbild wahrnimmt, ob RB ein Heimspiel hat, oder nicht. So wie das bei allen anderen Bundesligisten auch der Fall ist. Das war in den ersten Bundesligajahren noch deutlich anders. Da hat sich aber einiges getan.

Allgemein steht RB jetzt vor der Frage, ob sie sich von der theoretischen Chance auf einen Titel blenden lassen und Marco Rose behalten, oder ob sie doch in die Champions League wollen. Rose selber sieht es ja positiv, dass man in der Jägerrolle ist, weil die Gejagten in dieser Bundesliga ja eh nie gewinnen. 

Fakt ist: Gegen Wolfsburg war man besser als in den letzten Wochen, aber eben auch nicht wirklich gut. Rose holt gerade relativ gesehen noch weniger aus seiner Mannschaft, als Ole Werner. Nach den angebotenen "Vorleistungen" muss RB jetzt hoffen, dass sie auf Bielefeld treffen, denn gegen die Anderen sind sie derzeit definitiv nur Außenseiter. Und auf einen dieser anderen müssen sie dann im Finale spielen. Und Wolfsburg war jetzt auch nicht in überragender Form. Im Gegenteil: Der Fakt, dass die nur 1 ihrer letzten 7 Bundesligaspiele gewonnen haben, ist der Grund, warum Leipzig wenigstens noch auf Platz 6 steht...

Es ist irgendwie faszinierend, dass Rose jetzt weitermachen darf, weil man einen fragwürdigen Elfmeter bekommen hat. Denn darauf läuft es ja hinaus. Gerade bei RB hätte ich eine derartige Abhängigkeit von zufälligen Ereignissen nicht erwartet... aber die wollen anscheinend doch ein richtiger Bundesligist werden und dafür muss man halt dumme Entscheidungen treffen. 

Der Fakt, dass Wolfsburg ebenfalls so schwach ist, hat Rose jetzt doppelt den Job gerettet, weil er sie im direkten Duell schlagen konnte und sie in der Liga trotz der eigenen Negativserie immer noch hinter RB stehen. Das ist doch eine gute Arbeitsgrundlage...

Freitag, 21. Februar 2025

Aber auch gerade so.

 Mit Ruhm bekleckert haben sich unsere Champions League Teilnehmer ja nicht. Als würden sie ihrem neusten Slogan direkt widersprechen wollen: Für Europa reicht es auch nicht wirklich.

Das für mich faszinierendste an dieser Runde war nebenbei das Hinspiel zwischen Manchester City und Real Madrid. Da hat man gesehen, wie europäischer Spitzenfußball aussehen soll. Beide Teams waren technisch und taktisch auf einem Niveau, das kaum jemand erreicht. Und das in allen anderen Fällen höchstens von einer der beiden Mannschaften erreicht worden ist. Was ja im Rückspiel auch auf Manchester City zutraf, denn da war ja wenig bis nichts von ihnen zu sehen. Aber Omar Marmoush durfte ein Mal in der Champions League ran, da hat sich der Wechsel schon gelohnt.

Lustig ist auch, dass Kylian Mbappé im Herbst schon als Fehleinkauf galt, weil er... nun ja... ein paar Monate brauchte, um sich bei seinem neuen Verein zu akklimatisieren. Wie dreist von dem, dass der erst nach einem halben Jahr richtig zündet. Jetzt erzielt er 4 Tore gegen City. Plötzlich könnte damit tatsächlich doch eine der Playoff-Mannschaften zu einem Titelkandiaten aufsteigen.

Wobei Real jetzt auf Atlético Madrid trifft. Es wird nicht wirklich leichter. Für die Uefa ist das Verkacken der beiden nebenbei das Best Case Szenario. Denn die Duelle haben dieser Playoff-Runde eine Relevanz gegeben, die ihr sonst echt gefehlt hätte. Und klar, das doch überraschende Ausscheiden der Italiener war nett. Für die war das schon eine katastrophale Runde. Aber wenn wir ehrlich sind, war keiner von denen wirklich ein Kandidat auf den Titel. Oder gar aufs Halbfinale. 

Spätestens beim 3:3 von Benfica gegen Monaco fällt mir dann auch einfach auf, dass die Übersättigung zumindest bei mir wirklich eingesetzt hat: Klar, das waren schon spannende Spiele. Da sie aber keinerlei Einfluss auf den Ausgang des Turnieres haben werden, interessieren sie mich irgendwie auch nicht.

Was nebenbei auch nicht schlimm ist. Denn Benfica und Monaco spielen ja nicht für mich, sondern für die portugiesischen und französischen Fans. Für die dürfte dieses Spiel DAS Highlight der Saison gewesen sein. Und es muss ja nicht immer nur um mich gehen.

Aber kommen wir zu den Deutschen: Borussia Dortmund hat da gerade ein strategisches Päuschen eingelegt. Deren Grundproblem ist ja, dass auf jedes gute Spiel ein schlechtes folgt. Und dass die schlechten Spiele gerade auf die Bundesliga fallen, die eventuell wichtiger ist, als dieses Playoff Rückspiel. Also bieten sie gegen einen uninspirierten Gegner eine uninspirierte Leistung an und können damit am Wochenende wieder Vollgas gehen. So kann man sich das als Optimist schönreden. Der Pessimist denkt eher, dass Dortmund halt wirklich nur dann was macht, wenn es auch wirklich um was geht. Sobald man mit einem souveränen Vorsprung in die Partie geht, macht man auch nicht mehr als nötig.

Emre Can hat ja hinterher auch offen zugegeben, dass genau dies der Anspruch war. Nach den herausragenden Vorleistungen hatte man es sich aber auch einfach mal verdient, in einem Champions League Heimspiel, für das die treuen Fans die teuren Tickets geholt haben, auf die Bremse zu treten...

Eher besorgniserregend ist aber die Form der Bayern gerade. Jamal Musiala scheint es sich zur Aufgabe gemacht zu haben, Niko Kovač doch wie ein Genie aussehen zu lassen: Er spielt seit seiner Vertragsverlängerung wirklich in der Range von Julian Brandt. Und das ist nebenbei gar kein soo neuer Trend. Laut Kicker-Noten hat der noch kein gutes Bundesligaspiel im Jahr 2025 abgeliefert. Jetzt bekommt er 2 Mal die Note 5. Wer also dachte, dass Musiala nach dem Ende des Vertragspoker befreit aufspielt, muss sich weiter gedulden. 

Ohne einen Musiala in Topform sieht das Offensivspiel der Bayern erschreckend fad aus. Der beste Spieler war Leon "Wir wollen den unbedingt abgeben" Goretzka. Also es war kein Zufall, dass sein Einsatz das Kacktor heraufbeschwor. Andererseits sah man auch bei seiner vergebenen Großchance vorher, dass er jetzt kein Mann für die ganz großen Spiele ist. 

Natürlich hat Joshua Kimmich am Ende recht, wenn er behauptet, dass das kein Dusel war. Celtic hätte sich glücklich in die Verlängerung gerettet. Nach der Führung hat man schon viel Druck aufgebaut. Dass diese Möglichkeit aber überhaupt bestand, ist das eigentliche Problem. Und dass die Bayern 45 Minuten lang am Stück keinen Abschluss im Strafraum hatten, ist das nächste Problem.

Wie schlimm ist die Lage? Selbst die Hofberichterstatter vom Kicker bezweifeln, dass diese Mannschaft international etwas holen kann. Und wenn ein Weiterkommen selbst die überraschen würde, weiß man, was die Stunde geschlagen hat.

Zu guter Letzt reihte sich auch Heidenheim ein. Die sind sogar ausgeschieden, was strategisch sehr clever war. Zum Glück geht diese Runde anscheinend nicht in die 5-Jahres-Wertung ein. Das ist echt das beste, was man zu dieser internationalen Woche sagen kann.

Montag, 17. Februar 2025

Die Partei DIE PARTEI ist eine Satire-Partei

 Deren Wahlprogramm kann also nur in einer Satire-Liga umgesetzt werden. Also hier die Worst of "Für Europa reicht's" Edition:

 Heidenheim nimmt das gerade am wörtlichsten. Also die verkacken in der Liga nur. 5 Niederlagen infolge. Nur 1 Sieg aus den letzten 17 Bundesligaspielen. Selbst gegen Borussia Dortmund verlieren die... Das muss man als Abstiegskandidat erstmal schaffen. Das Krasseste daran: Bevor der Verein Europa für sich entdeckt hatten, sah es so aus, als hätte Tim Kleindienst sich verwechselt. Denn Heidenheim startete mit 3 Siegen aus den ersten 5 Spielen in die Saison. Aber dann begann die Gruppenphase der Conference League und da dachte man sich: Ist ja viel spannender hier.

Die rationale Antwort ist, dass diese Mannschaft einfach nicht mit der Doppelbelastung klarkommt. Wäre das nicht der Moment, in dem man den europäischen Wettbewerb ab schenken und seine B-Elf schicken sollte... Nun ja... das versuchte Heidenheim mehr oder weniger schon übers gesamte Jahr, indem man heftigst rotiert. In Kopenhagen stand sogar der Ersatztorwart Frank Feller im Tor. Wie schon im Hinspiel in der Qualifikation. Frank Schmidt versucht echt alles, um endlich auszuscheiden und die Mission Klassenerhalt anzugehen... nur nützt es halt nichts, denn für Europa reicht's. In 2 Jahren spielen sie dann als Drittligist in der Champions League, obwohl sie krampfhaft seit Jahren versuchen, einfach nur auszuscheiden.

Selbst die glorreichen Bayern haben sich mit diesem Virus infiziert. Zumindest zeigen sie leichte Symptome. So krass dominiert wie an diesem Wochenende wurden sie in der Bundesliga jedenfalls seit dem letzten Besuch in Leverkusen nicht mehr. Das ist immerhin schon ein Jahr her! Und klar, Bayer perfektioniert gerade das "Am Tor vorbeischießen" besser als jede andere Mannschaft. All die Chancen sind schon Hochkaräter, aber meistens gehen die Bälle ganz knapp neben den Kasten. Wenn man die Bundesliga durchgespielt hat, kann man auch so Nebenmissionen wie "Treibe deinen Expected Goals Wert nach oben, ohne dass der Torhüter eingreifen muss" annehmen. Und nach dieser Statistik hat man 2,65 zu 0,06 gewonnen. Viel wichtiger für diesen Beitrag ist allerdings der Fakt, dass die Bayern einen Wert von 0,06 hatten. Das ist der niedrigste Wert in dieser Saison. Also um das mal zu verdeutlichen: Die hoffnungslos unterlegenen Hoffenheimer waren bei ihrem 0:5 neulich dichter an einem Treffer, als die Bayern an diesem Samstag.
Das ist nebenbei tatsächlich der beste Wert der Saison. Also wenn man das Ziel hatte, keinerlei Torgefahr auszustrahlen. Gefolgt von den 0,14, die sich Augsburg gegen die Bayern erarbeitet hat... und dem Hinspiel, wo Bayer Leverkusen mit 0,16 erwartbaren Toren ein 1:1 holte.

Natürlich kann das den Bayern völlig egal sein, denn die Meisterschaft ist ihnen spätestens nach dieser Leistung nicht mehr zu nehmen. Kein Harry Kane Fluch kann das verhindern. Und in der Champions League hat man ja gewonnen. Die können also mit gutem Gewissen behaupten: Für Europa reicht's, aber für die Liga auch.

Optimiert wird dieser Slogan gerade bei Borussia Dortmund. Die sind halt einfach nicht in der Lage, 2 gute Spiele nacheinander abzuliefern, was schlecht ist, wenn man ständig am Mittwoch ran muss. Jetzt haben sie ihre Niederlage bei Holstein Kiel mit einer Niederlage in Bochum veredelt. Sie haben also wirklich gegen den Tabellenletzten UND -vorletzten verloren. Aber Sporting Lissabon souverän geschlagen. Was soll man dazu noch sagen?

Hier muss man nebenbei das Missverständnis der Woche aufklären. Denn Niko Kovač hat ja anscheinend gesagt, dass sich ein Julian Brandt in der "Range" von Jamal Musiala und Florian Wirtz befindet. Also nicht von der Range, die Musiala an diesem Wochenende auf den Rasen gezaubert hat. Und die Kommentarspalten eskaliert und wirft Kovač totale Ahnungslosigkeit vor. Transfermarkt.de will ja in dieser Aussage sogar ein "Lob" gehört haben. Dabei fällt das wichtigste unter den Tisch: „Natürlich muss er es Woche für Woche beweisen.“ Aber Kovač dürfte das nicht als Lob, sondern als Challenge gesehen haben. Denn an den guten Tagen ist diese Aussage durchaus seine Berechtigung. Brandt hat schon 8 Saisons mit mehr als 10 Scorerpunkten in seinem Lebenslauf stehen. Sein Höhepunkt waren 7 Tore und 14 Vorlagen in 33 Spielen. Das war noch im Trikot von Bayer Leverkusen, ist aber einfach beeindruckend. Denn selbst Wirtz kam in seiner bisher besten Saison auf 23 Scorerpunkte

Brandt hatte durchaus die Anlagen, um den deutschen Fußball zu prägen. Er hat aber seine beste Saison mit Anfang 20 gespielt. Das macht ja seine Stagnation und sein totales Abtauchen in dieser Saison so frustrierend. Und Kovac versucht jetzt den Youngstar, der ja noch irgendwo in diesem Spieler stecken muss, wieder herauszukitzeln. 

Da muss ich dann auch Lothar Matthäus und seinem "Der ist immer Talent geblieben" widersprechen. Denn spätestens in dieser Saison muss man in Dortmund zugeben, dass Brandt sich zurück- anstatt weiterentwickelt hat. Als Talent war er wesentlich besser.

Die 3 Europacup-Teilnehmer erzielten also zusammen 0 Tore und holten einen Punkt. Das sind Bilanzen, die wir sonst nur von Abstiegskämpfern kennen. Aber das ist ja nur die eine Ebene des "Für Europa reicht's" Konzepts.

Denn RB Leipzig spiegelt das Ganze: Sie haben sich in der Champions League mehr oder weniger blamiert und verpassten frühzeitig die K.O. Phase. Es reichte halt nicht. Aber in der Liga liegt man trotzdem auf Platz 4. Nicht nur das man hält diese Position, obwohl man nur eines seiner letzten 6 Spiele gewonnen hat. Aber hier ist das völlig absurde: Diese Serie begann ja mit der Niederlage gegen den VfB Stuttgart am 17. Spieltag. In der Rückrundentabelle steht RB Leipzig trotzdem VOR dem VfB und auch der Borussia aus Dortmund. Also haben sie mit einem Sieg in 5 Spielen ihren Vorsprung auf die realistisch härtesten Konkurrenten ausgebaut. Auch auf die wirklichen Verfolger aus Mainz hat man auf Distanz gehalten. Auf Freiburg hat man lediglich 2 Punkte verloren.

Und ja, Mainz und Freiburg haben gerade Platz 4 im Visier, weil offensichtlich keiner nach Europa will. Selbst bei den Nurgrünversiften Radfahrern und dem Karnevalsverein heißt es gerade: Für Europa könnte es reichen.

Dienstag, 11. Februar 2025

Weil ja sonst nichts los ist

 Also um das Bundesligawochenende in 3 Sätzen zusammenzufassen: Im Keller wird nicht mal gewonnen, wenn 2 direkte Konkurrenten aufeinandertreffen.
Bayer Leverkusen hat dann mal extrem viel Druck aus dem Spitzenspiel genommen, weil sie jetzt nicht mal Meister werden, wenn sie die Bayern am Wochenende schlagen sollten.
Es ist noch zu früh, um jetzt schon festzustellen, wer von der breiten Masse zwischen Platz 4 und 11 am Ende noch einen Lauf hinlegt und auf die Wenger Trophy gewinnt.

Haben wir also erledigt. Dann können wir noch mehr Borussia Dortmund machen. Wobei Dortmund nur der Ausgangspunkt sein soll, um deren Grundproblem zu verdeutlichen. Aber rechnen wir das nochmal kurz nach, wie die in die Saison gegangen sind:

Lars Ricken war, bevor er in seine jetzige Position gestolpert ist, 34 Jahre am Stück als Spieler und Jugendkoordinator im Verein.
Sebastian Kehl kam 2002 nach Dortmund und wurde 2022 zum Nachfolger von Michael Zorc befördert. Das sind auch schon wieder 20 Jahre...
Sven Mislintat war 11 Jahre als Scout in Dortmund angestellt. Dann ging er immerhin 6 Jahre auf Wanderschaft, bevor er als Technischer Direktor zurückkam.
Nuri Şahin war 11 Jahre als Spieler in Dortmund beschäftigt. Nach 6 Jahren bastelte er einen kurzen Europatrip in seine Vita, scheiterte aber sachlich gesehen in Madrid und Liverpool. Danach verbrachte er seinen Vorruhestand in Bremen und Antalyaspor. Er war dann 2 1/2 Jahre "Teamchef" in der Türkei, bevor er im Winter 2024 als Co-Trainer zurückkehrte. Er hat zwar von allen die beste Quote, aber trotzdem mehr als die Hälfte seiner Karriere in Dortmund verbracht.

Zusammen kommen diese 4 Legenden also auf  76,5 Jahre in ihren vorherigen Funktionen. Da bekommt "Ein ganzes Leben für den BvB" eine komplett neue Bedeutung. Gleichzeitig kommen sie auf zusammen 13 Jahre "externe Erfahrung". Das ist ein völlig absurdes Verhältnis.

Also ja, Leute mit der Vereins-DNA anstellen, ist eine gute Idee. Aber ausschließlich Leute anzustellen, die beinah nur diesen einen Verein kennen, ist es anscheinend nicht. Also vergleichen wir das mal mit der Konkurrenz.

Der enteilte FC Bayern wurde natürlich jahrzehntelang von Hoeneß und Rummingge geprägt. Das ist ein unfairer Wettbewerbsvorteil. Aber die derzeitigen leitenden Angestellten heißen Christoph Freund, Max Eberl und Vincent Kompany. Eberl hat als einziger von denen mal für die 2. Mannschaft des Rekordmeisters gespielt. Vor allem war er aber 14 Jahre "Sportdirektor" bei Borussia Mönchengladbach. Danach war er beim wahrscheinlich größten Konkurrenten aus Leipzig. Geholt hat man den, weil er über Jahrzehnte nachgewiesen hat, dass er ein richtig guter Manager ist. Auch wenn Stefan Effenberg das nicht glauben wollte.
Bei Christoph Freund hat man sich den Umweg über Leipzig gespart. Den holte man direkt von der Originalfiliale aus Salzburg. Bei den Bayern hat man halt verstanden, dass verdammt viel Expertise bei den Dosenklubs schlummert.
Und Vincent Kompany ist ein interessantes Experiment, dass man auch eingehen musste, weil alle anderen ebenfalls externen Kandidaten abgesagt haben. Anstatt auf irgendeinen arbeitslosen ehemaligen Spieler zu setzen, holt man aber lieber das risikoreiche Talent.
Jeder von denen hat in seiner Karriere als Fußballer und Funktionär mehr externe Erfahrung, als alle 4 Dortmunder Köpfe zusammen.

RB Leipzig musste den Aderlass von Freund und Eberl zu den Bayern ertragen. Genauso, wie sie vorher Julian Nagelsmann ziehen lassen mussten. Dafür holte man sich Marco Rose, Marcel Schäfer und Mario Gomez. Nur Rose hat da einen gewissen Stallgeruch, weil er 6 Jahre lang die Trainerleiter in Salzburg emporkletterte. Aber auch dieses Konstrukt, das ja gerade zu prädestiniert dafür ist, Leute durch die eigenen Reihen zu schleusen, holte sich in der Bundesliga verdammt viel externe Expertise. Oh und sie bezahlen jetzt mit Jürgen Klopp einen der begehrtesten Charaktere. Aber wenn wir alle Glück haben, macht der da einen auf Matthias Sammer und kassiert nur ab, ohne wirklich was zu bewegen.

Bayer Leverkusen hat mit Simon Rolfes zumindest einen Akteur in den eigenen Reihen, der schon als Spieler auf seine spätere Rolle im Management vorbereitet wurde. Der kam 2005 als Spieler und wurde praktisch der Ziehsohn von Rudi Völler. Aber umgeben ist er von einem Xabi Alonso, dessen Verpflichtung als wichtigster Transfer der letzten 10 Jahre gelten dürfte. Mit Fernando Carro sitzt ein weiterer Spanier im Vorstand, der genaugenommen überhaupt keinen Hintergrund als Fußballer hat. Niemand weiß genau, wo die den aufgegabelt haben und wie sie auf die Idee kamen, den überhaupt zu holen. Also bei Herbert Hainer als Bayern-Präsident gibt es wenigstens die Verbindung über Adidas. Zwischen Carro und Bayer gab es keinerlei offensichtliche Verbindung. Dazu kommt Thomas Eichin, der in Bremen vielleicht erkennen musste, dass er in der vordersten Reihe ein wenig überfordert ist. Aber in Leverkusen muss er auch nicht in dieser vordersten Reihe agieren.
Man hat also nicht nur eine Xabi Alonso geholt und dann lief es plötzlich. Man hat sich unter Carro seit 2018 Stück für Stück neu aufgestellt.

Bleibt die Eintracht aus Frankfurt, die ja gerade an den Dortmundern vorbeiziehen. Die holten Dino Topmöller, dessen offensichtliche Verbindung zum Verein darin besteht, dass sein Vater dort schonmal Trainer war. Vor allem war er aber zuletzt mit Nagelsmann unterwegs. Dazu holte man Markus Krösche und Timmo Hardung aus Leipzig. Gerade Ersterer wollte sich nicht hinter Eberl verstecken. Mit Pirmin Schwegler, Christoph Preuß und Karl-Heinz Körbel hat man dann in den kleineren Rollen ehemalige Spieler angestellt.

Wir merken: Die Vereine, die entweder schon an Dortmund vorbeigezogen sind oder jetzt gerade zum Überholmanöver ansetzen haben sich allesamt auch auf der Führungsebene verstärkt, Sie haben nie einfach nur geguckt, wer bei ihnen gerade in den Ruhestand geht, sondern haben sich gefragt, wer bei der Konkurrenz gute Arbeit geleistet hat und deswegen für eine Arbeit in ihrem Verein ein passender Kandidat wäre. Xabi Alonso, Schäfer, Topmöller und Krösche sind alles Leute, die auch in Dortmund arbeiten könnten. Aber dort hat man halt nur in den eigenen Reihen nach Verstärkungen gesucht.

Das tut den Dortmundern jetzt doppelt weh. Denn einerseits sind die "eigenen Talente", auf die man bedingungslos gesetzt hat, nicht so wirklich gut, andererseits ist die Konkurrenz durch all die verpflichteten Leute deutlich besser geworden.

Donnerstag, 6. Februar 2025

Das Niko Kovac Experiment, Teil 2

 Oder: Joachim Watzke liest meinen Blog! Zumindest geht er plötzlich auf all das ein, worauf ich hingewiesen habe. Die Zusammenarbeit des Führungstrios ist also "optimierungsbedürftig". Und man könnte auch 2 Jahre ohne Champiosn League überleben

Eigentlich ist es nicht überraschend, weil ich ja hier gerade nur versuche, die allgemeinen Schlagzeilen und Debatten aus einem etwas anderen Winkel zu betrachten. Eher überrascht es, dass wir beide von den Aussagen auf dem neuen Textor-Album irritiert sind. Was sagt denn der Philosoph Andi Brehme dazu?

Wobei das Kleingedruckte in dem "wir halten 2 Jahre ohne Champions League aus" interessant ist. Denn das Zitat geht mit einem "Dann macht der BVB ein oder zwei Transfers, dann ist wieder alles im Lot. Wir haben ein, zwei Spieler, die schon sehr begehrt sind in Europa" weiter. Damit spricht Watzke relativ offen aus, dass der BvB ans Tafelsilber muss, wenn man die Champions League verpasst. Dann verkauft man halt Jamie Gittens und Niko Schlotterbeck. Dass man dann das Geld nicht in neue Spieler stecken kann, könnte problematisch werden. Dass diese neuen Spieler dann auch eher auf dem Julian Brandt Niveau sind, als der nächste Erling Haaland, wird das nächste Problem, dass Watzke ignoriert.

Aber hier möchte ich, obwohl ich vorgestern selber noch den Vergleich gezogen habe, festhalten: Die Lage wird nicht annähernd so dramatisch, wie bei der fast Insolvenz 2005. Ich glaube nicht, dass die Dortmunder kurzfristig in eine extreme Schieflage gelangen könnten, dafür wirtschaften die zu seriös. Ich befürchte eher einen schleichenden Niedergang.

Also mein Szenario sieht eher so aus: Im Sommer ist dann, weil man schon wieder nur auf Platz 5 landete, Gittens weg. Man kommt aber, weil der Kader trotzdem durchaus gut besetzt ist, in der Europa League überraschend weit. Nur verdient man halt im Halbfinale dieses Wettbewerbes weniger, als im Achtelfinale der Champions League. Aber die Zusatzbelastung hat man ja trotzdem und so landet man dieses Mal sogar nur auf Platz 6. Man redet sich ein, dass das aufgrund der komplizierten Vorbereitung mit der Klub-WM und dank der Halbfinalteilnahme gar nicht schlecht war. Aber Schlotterbeck geht, weil er konstant in der Champions League spielen will. Wie auch vorher Gittens wird er nicht gleichwertig ersetzt. Dafür bietet man Julian Brandt immerhin einen leistungsbezogenen Vertrag an, was ein Fortschritt ist. 

So scheidet man Jahr für Jahr etwas früher aus der Europa League aus. Beim einmaligen Comeback in der Champions League ist auch schon nach den Playoffs Schluss, weil man halt den Anschluss verpasst hat. Plötzlich muss man froh sein, dass man überhaupt an der Europa League teilnimmt. Aber Julian Brandt steigt 2034 in Management auf, weil der ja schon immer da war.

Wenn RB und Bayer nicht nachlassen, wird Dortmund zeitnah "nur noch" um den 4. Startplatz in der Champions League kämpfen. Also der legendären Wenger Trophy. Und die Voraussetzungen in Frankfurt sind, was Umfeld und Infrastruktur betrifft, nicht schlechter als in Dortmund. RB und Bayer haben als Dosen-Werks-Elf wirtschaftlich klare Vorteile. Irgendwann müssen die Borussen beten, dass Beyoncé im Signal Iduna Park spielt und bezahlen mir dann das VIP Ticket. Dass genau dieses Szenario eintritt, soll Niko Kovač verhindern.

Und hier kommt etwas völlig Absurdes: Kovač ist der erste externe "Neuzugang" im leitenden Personal seit Marco Rose. Rose war dabei ja eher ein einjähriges Intermezzo, dass die Ära Edin Terzić unterbrochen hat. 5 Jahre mit nur einem kurzfristig beschäftigten externen Mitarbeiter? Das wäre selbst im hintersten Bayern zu inzestuös. 

Also ja, sie folgen damit technisch gesehen dem Vorbild der Bayern. Aber die hatten halt einen Uli Hoeneß. Mit dem besten Manager aller Zeiten kann man das machen.
Nebenbei hat ein Hoeneß einen Christian Nerlinger auch sehr schnell entlassen, als er merkte, dass der nicht in seine Fußstapfen passt. Auch Oliver Kahn und Hasan Salihamidžić waren sehr schnell wieder weg vom Fenster. Hoeneß gibt ehemaligen Spielern eine Chance und die Möglichkeit, sich zu profilieren. Aber sobald er merkt, dass das nichts wird, greift er auch ein. Und vor allem holt er sich dann doch externe Hilfe: Matthias Sammer und Max Eberl. Und ja, technisch gesehen war Eberl auch mal kurz Bayern-Spieler. Aber geholt haben sie den, weil er in Gladbach überragende Arbeit geleistet hat. Und weil man nebenbei RB Leipzig schwächen konnte.

Und vor allem hat man, wenn man das Management weitgehend "intern" besetzt hat, dafür immer externe Trainer geholt. Louis van Gaal, Pep Guardiola, Carlo Ancelotti und Thomas Tuchel waren international extrem anerkannte Namen, die keinerlei Verbindung zum Verein hatten, Jupp Heynckes kam das erste Mal als Ende der 80er als externer Trainer. Und zwischen den Amtszeiten legte er eine verdammt erfolgreiche Karriere hin und gewann unter anderem die Champions League mit Real Madrid. Kovač holte vorher wenigstens einen Titel. So kam immer wieder externe Expertise in den Verein.

Der einzige in Dortmunds Führungsriege, der relevante externe Erfahrungen vorweisen kann, ist Sven Mislintat. Und der hat primär in Erfahrung gebracht, dass seine exzentrische und komplizierte Art nur in Dortmund toleriert wird. Bei Arsenal London und dem VfB Stuttgart konnte er nie wirklich Fuß fassen. In Amsterdam wurde er verdammt schnell vom Hof gejagt. Dortmund hat ihn wieder mit offenen Armen empfangen, weil man sich auf sein Diamantenauge verlassen muss. Da muss man aber auch festhalten: der ist nur wieder da, weil er auf allen anderen Stationen gescheitert ist.

Sebastian Kehl kennt 22 Jahren ausschließlich den BvB. Der hat seine "gute Kinderstube" aus der Freiburger Zeit doch schon längst verdrängt. Lars Ricken hatte nicht mal eine gute Kinderstube. Der kam als 14-jähriger zum BvB und hatte seit dem de facto keinen anderen Arbeitgeber. Ok, er war 3 Jahre Experte bei Sky. Aber das war's.

Das hat bei Michael Zorc damals natürlich gut funktioniert. Aber das ist kein Grund, diese einmalige Idee bedingungslos zu kopieren. Und vor allem sollte man dieses Konzept nicht auf alle Positionen anwenden.

Kovač ist jetzt der Erste, der dieses Inzest-Konstrukt komplett aufbricht. Der nicht einfach nur in seine derzeitige Position befördert wurde, weil er ja schon immer da war und sonst keiner konnte. Allein deswegen wird er einen frischen Wind in diese Büros bringen.

Die aufmerksamen Zyniker werden hier jetzt anmerken, dass Dortmund doch beim Trainer das macht, was ich ihnen bei den Führungsspielern vorwerfe: Sie holen den Kandidaten, der bei den Bayern gewogen und als zu leicht empfunden wurde. Das stimmt. Trainer haben halt eine wesentlich geringere Halbwertszeit als Spieler in einem Verein, da ist es nichts Ungewöhnliches, dass man sich den ehemaligen Cheftrainer der Konkurrenz holen kann. Aber dass Kovač Karriere seit der Entlassung bei den Bayern eher auf dem absteigenden Ast war, ist suboptimal. Wenn man Anfang Januar plötzlich einen Trainer sucht, findet man nur ganz selten die optimale Lösung. 

Kovač bringt etwas anderes mit, was den Dortmundern gerade chronisch fehlt: Titel. Und eben nicht nur Titel mit dem FC Bayern, wo ja außer Jürgen Klinsmann jeder was holt. Er hat den DFB-Pokal gegen die Bayern gewonnen. Das ist jemand, der nicht in Ehrfurcht erstarrt, wenn der Rekordmeister vor ihm steht.

Also um das mal zu verdeutlichen: Seit der Saison 2017/18, als dem offiziellen Ende der Ära Zorc, hat der BvB einen einzigen Titel geholt: den DFB Pokal 2021. Im selben Zeitrahmen haben RB Leipzig, Bayer Leverkusen und Eintracht Frankfurt je 2 Trophäen in ihre Vitrinen gestellt. Nur um festzuhalten, dass "Die Bayern sind ja so übermächtig" keine Ausrede ist. Niko Kovač selbst hat 3 Titel geholt. 

Kovač wird sich nicht mit Finalteilnahmen und Vize-Meisterschaften zufriedengeben, wenn es am Ende um die Wurst geht. Er wird auch nicht nach Ausreden suchen, warum es am Ende nicht klappen konnte. Und das hat den Dortmundern, die es sich in ihrer Rolle als "Nummer 2 in Deutschland" bequem gemacht haben, wirklich gefehlt hat.

Dienstag, 4. Februar 2025

Das Niko Kovac Experiment wird interessant.

 Auch wenn der Fußball eher nicht schmecken wird.

Zunächst mal müssen wir dafür nochmal einen letzten Blick auf die Azubi-Ära Nuri Şahins werfen. Denn der kommt mir tatsächlich gerade etwas zu gut weg. Das Narrativ fokussiert sich ja doch schon stark darauf, dass die Führungsebene in Dortmund gerade kaputt ist. Bei den ständigen Streitigkeiten mit verwirrenden Fronten kann man gar nicht gut arbeiten. Die ganzen Konfliktherde zwischen Joachim Watzke, Matthias Sammer, Sebastian Kehl, Lars Ricken und Sven Mislintat sind schuld an der ganzen Misere. Şahin ist da nur das Opfer.

Und die haben ihren Anteil. Gerade im Dreieck Kehl - Ricken - Mislintat scheint ja jeder gegen den anderen zu arbeiten, damit er dessen Platz übernehmen kann. Ein gutes Dreieck funktioniert halt anders: "Zwei Punkte bilden die Basis, der in der Mitte die Spitze. Welcher das ist, hängt davon ab, wo sich der Betrachter befindet." Gute Gruppen funktionieren so. Und ja, für einen Trainerneuling sind das keine optimalen Bedingungen.

Trotzdem kann das keine Ausrede für die tägliche Arbeit mit der Mannschaft sein. Und da wirkt das Zeugnis für Sahin eben richtig beschissen. Lasst uns das mal an einem scheinbar unwichtigen Detail festmachen, der es aber trotzdem in die Sportschau Zusammenfassung geschafft hat: Waldemar Anton blieb gegen Heidenheim am Ende mit einem Krampf am Boden liegen. Der Optimist sieht da einen aufopferungsvollen Kampf. Die Mannschaft hat alles gegeben und alles reingeworfen. Großartig. Und das stimmt auch irgendwie. Aber das dieses "alles" so verdammt wenig ist, ist ein verdammtes Problem.

Überlegt einfach mal, wie oft ihr Krämpfe in einem "normalen Bundesligaspiel" seht. Das passiert sowieso nur sehr selten. Denn das sind ja Profis, die bereiten sich monatelang darauf vor, diese Belastung zu überstehen.
Und wenn es doch mal einen Krampf gibt, dann kommt der meist auf der Außenseiter-Seite. Bei der Mannschaft, die sich aufopferungsvoll in jeden Zweikampf geworfen hat. Die den ganzen Tag lang dem Ball hinterherjagen mussten. Und eben nicht bei der Mannschaft, die in der ersten Halbzeit 80 % Ballbesitz hatte. 

Dortmund hatte das Spiel komplett im Griff. Sie beherrschten Ball und Gegner. Trotzdem ging ihnen nach 60 Minuten die Luft aus und Heidenheim konnte die individuellen Nachteile immer besser kaschieren. Am Ende hätte Anton fast noch den Ausgleich erzielt.

Und Anton ist halt auch "nur" 11 Kilometer gelaufen. Das spricht nicht für die körperliche Verfassung dieser Mannschaft. Şahin hatte ja am Ende Glück, dass seine Vorgesetzten so zerstritten war, denn wenn die sich früher mit der Verfassung dieser Mannschaft beschäftigt hätten, wäre ihnen vielleicht aufgefallen, dass der Trainer mit einer seiner Grundaufgaben "Fitness" überfordert ist. Dann hätten sie vielleicht rechtzeitig reagiert. Denn der körperliche Zustand dieser Mannschaft ist einfach inakzeptabel.

Das ist ja nicht nur der Krampf von Anton. Wenn man sieht, wie die versuchen, den sprintenden Gegnern zu folgen. Es sei da nochmal demonstrativ auf das 1:0 der Frankfurter verwiesen. Ich habe da nicht den Eindruck, dass Ramy Bensebaini da nicht hinterher sprinten will, weil er gegen den Trainer agiert. Ich habe eher den Eindruck, dass der einfach nicht schneller kann, was ein vernichtendes Urteil für die Arbeit des Trainers ist. Und dass die Dortmunder in ungefähr dem Tempo nachsetzen, wenn die Pressinglinie überspielt worden ist, war ja kein bedauerlicher Einzelfall.

Die Mannschaft in dieser Verfassung gegen spielstarke Gegner wie Bayer Leverkusen hoch pressen zu lassen, ist taktischer Wahnsinn. Das die Mannschaft physisch nicht in der Lage ist, dieses Pressing zu spielen, ist ein ganz anderes Problem.

Da muss man dann ja auch noch all die Muskelverletzungen erwähnen, die irgendwie pro Şahin ausgelegt wurden. Der kann ja nichts dafür, dass seine Mannschaft nicht fit ist. Ist ein Software-Problem, da kann man nichts machen. Aber es ist selbst Sport1 aufgefallen, dass es kein Zufall sein kann, wenn 10 Spieler gleichzeitig mit leichten Verletzungen ausfallen. Die stehen jetzt nicht für tiefgründige Analysen und gründliche Recherche.

An der Stelle muss man festhalten, dass bereits Nuri Şahins Spielerkarriere durch viele kleine Verletzungen ausgebremst worden ist. Man musste irgendwie einplanen, dass der zwischen 2 und 5 Spielen wegen Kleinigkeiten verpassen wird. Nur 2017/18 war er offiziell immer einsatzbereit. Also als er in Dortmund meistens auf der Bank saß, hat er sich beinah nicht verletzt. Immerhin. Und oftmals standen irgendwelche, nicht näher definierten "Probleme" in der Krankenakte. Genau diese Kleinigkeiten hat der von ihm trainierte Kader jetzt auch ständig. Aber da gibt es bestimmt keine Zusammenhänge.

Die Dortmunder Mannschaft ist offensichtlich nicht fit genug, um die für sie ganz normale Belastung zu überstehen. Überrascht es da jemanden, dass in der einen Verlängerung, die sie spielen mussten, nichts mehr von ihnen kam? Und all diese Probleme waren schon im November offensichtlich, da ist es eher Wahnsinn, dass der überforderte Şahin so lange weiterwursteln durfte. Die Streitereien in der Vereinsspitze haben ihm also eher geholfen.

Und da kommt jetzt Niko Kovač. Das ist schon eher der Typ Schleifer. Jemand, der eine Büffelherde auf die Gegner loslässt. Bei ihm war die körperliche Fitness immer die nicht verhandelbare Grundlage. Mit einem Laissez Faire Profi wie Max Kruse konnte er noch nie was anfangen. Und langfristig ist das gut für die Dortmunder. Aber die spannende Frage: kann ein Dead Coach Bounce die Fitness einer Mannschaft reparieren? Kann ein Kovač während der Saison die vernachlässigte Grundlagenarbeit nachholen, ohne dass es weitere Verletzte gibt? Wenn er planmäßig in den ersten 6 Wochen 4-mal in der Champions League antreten "darf"? Also davon ausgehend, dass man sich zumindest gegen Sporting Lissabon durchsetzt, hat Kovač erstmal nur 2 komplette Trainingswochen zur Verfügung, um die grundlegenden Probleme zu lösen. 

Dabei halte ich Kovač, tatsächlich für die beste Option, um Stabilität, Disziplin und Zug in diese Mannschaft zu bringen. Mir würde aus dem Stegreif keine andere Option einfallen, der ich das zutrauen würde und die verfügbar ist. Außer dem, der nicht genannt werden darf, weil sich selbst das unheilige Dreieck einig ist, dass man jetzt nicht über Edin Terzić nachdenken darf. 

Dortmund MUSS jetzt ja irgendwie Vierter werden. Vielleicht kann man dank der Klub-WM eine Saison ohne Champions League finanzieren. Das wäre aber eher ein Notfallplan. Und eine erfolgreiche Klub-WM bedeutet dann wiederum eine komplizierte Vorbereitung auf 2026. In diesem Sommer die fehlenden Grundlagen aufzuarbeiten wird auch nicht leicht. Wenn man dann erstmal raus ist aus der Champions League, könnte die Rückkehr plötzlich schwierig werden. Denn die Offensivdiamanten werden im Zweifelsfall, Stand jetzt, lieber nach Frankfurt gehen, als in Dortmund Europa League zu spielen. Denn die kommen ja alle nicht nach Dortmund, weil die Landschaft so schön restauriert wurde, sondern weil sie sich in der Champions League präsentieren wollen. Das ist, nüchtern betrachtet, das einzige, was Haaland und Bellingham ins Ruhrgebiet gezogen hat.

Das klingt alles nach übertriebener Panik, aber Dortmund wäre nicht der erste Verein, der durch das Verpassen der Königsklasse in eine Negativspirale gerät. Genaugenommen ist es Dortmund selbst schonmal passiert.

Ob Kovač der diese total kaputte Mannschaft reparieren kann, ist plötzlich die spannendste Frage der Rückrunde. Oder ob er wenigstens einen brutal pragmatischen Fußball präsentieren kann, mit dem man dann irgendwie die nötigen Punkte für Platz 4 holt. Und wenn diese Mission scheitert, wird die 2025-26er Saison die wichtigste der letzten 20 Jahre. Denn in der Saison muss man sich zwingend wieder für die Champions League qualifizieren, sonst ist man faktisch in der Abwärtsspirale.

Aber warum Kovač da der richtige Mann sein dürfte, kläre ich morgen. Man kann ja nicht nur negatives über Dortmund schreiben.

Montag, 3. Februar 2025

Worst of "Genau mein Abstiegskampf!"

 Das ist doch der Stillstand, den ich erwartet habe. Eine Woche, in der die letzten 4 in der Tabelle kollektiv verlieren... sich aber zumindest 2 doch wie Sieger fühlen:

Die TSG 1899 Hoffenheim darf den Fakt feiern, dass sie eine weitere Woche überstanden haben, ohne dass sich der Abstand zum Relegationsrang verringert hat. Nur darum geht es doch. Zusätzlich können sie den Fakt feiern, dass sie alle englischen Wochen für die Saison 2024/25 relativ schmerzfrei überstanden haben. Das ist ein Wettbewerbsvorteil gegenüber den Heidenheimern, die mindestens noch 2 Spiele auf europäischen Paket vor sich haben.

Das muss man aber an der Stelle nochmals festhalten: Der unbedingt zu entlassende Pellegrino Matarazzo hat diesen Verein ins internationale Geschäft geführt... Jetzt ist man froh, wenn man nicht noch in eine K.O. Phase zum Saisonende muss. Wirklich besser geworden ist, abgesehen vom Dead Coach Bounce Sieg gegen RB Leipzig, nichts bis wenig. 2 Siege aus den restlichen 9 Spielen... sollte eigentlich nicht reichen. Aber die Konkurrenz ist noch schlechter, deswegen hat man gemütliche 4 Punkte Vorsprung. Dass man auch mit Matarazzo gegen Kiel gewonnen hätte.

Kiel darf sich wie der moralische Sieger des Spieltages fühlen, weil... nun ja... die Bayern nach 54 Minuten den Spielbetrieb eingestellt haben. Und man selber dann bis zur 90. Minute brauchte, damit man das auch wirklich merkt. Triggerwarnung für alle anderen Vereine: Wir haben 2025. Wenn Thomas Müller eingewechselt wird, könnt ihr davon ausgehen, dass die Bayern das Spiel nicht mehr wirklich ernst nehmen. Und wenn sie den von Anfang an aufstellen, seid ihr halt Hoffenheim. Das ist jetzt nebenbei kein wirkliches Müller-Bashing, denn der nimmt die Rolle als Einwechselspieler und Veteran in der Kabine ja vorbildlich an... womit ich nur bedingt gerechnet habe. Aber die Zeiten, wo ein Raunen durch die Medien ging, wenn Müller auf der Bank sitzt, sind halt vorbei. Stattdessen spielt er so etwas wie die menschliche Siegeszigarre

Wenn die Kieler das früher begriffen hätten... Aber hey, jetzt können sie sich einreden, dass sie ja eine echte Chance auf den Klassenerhalt haben, wenn sie immer so auftreten, wie in der Nachspielzeit gegen den Betrieb dann komplett einstellende Bayern. Nebenbei ist dies das 2. Mal in diesem Jahr, dass die in den letzten 5 Minuten in den "Bayer Leverkusen" Modus schalten und 2 Tore erzielen... Schließlich gelang ihnen das schon in Freiburg. Nur liegt man halt, im Gegensatz zum amtierenden Meister, mit 3 Toren zurück, da bringt das nichts.

Ok, beinah nichts. Die Kieler kommen aus den Duellen mit dem Rekordmeister mit einer Bilanz von -6 Toren. Das könnte unter den letzten 4 Mannschaften die beste Bilanz des Jahres werden. Bochum und Hoffenheim sind nach einem Spiel schon bei -5. Bochum muss noch in die Allianz-Arena. Heidenheim verlor ebenfalls "nur" 4:2, aber haben halt auch noch ein Gastspiel im Kalender. Am Ende bekommen die Kieler einen versteckten Bonus, weil sie bei Punktgleichheit in München nur mit einem Tor Unterschied verloren haben und deswegen das bessere Torverhältnis im Portfolio stehen haben.

Das sind so die theoretischen Bewegungen im Abstiegskampf. Denn sonst tut sich ja wenig. Zusammen haben diese 4 in den letzten 3 Spieltagen 3 Punkte geholt. Was auch nur bedeutet: Der gute Start in die "englische Woche" relativiert sich wieder. Denn in dieser englischen Woche holte jeder der 4 mindestens einen Sieg. Gegen Dortmund, St. Pauli, Union Berlin wurde sogar gegen "externe Konkurrenz" gewonnen. Und Hoffenheim gewann gegen Kiel. Aber seit dem... kamen wenige Punkte dazu.

Wobei die Ergebnisse bei den Unentschieden ja echt absurd waren: Bochum erzielte 3 Tore gegen RB Leipzig. Heidenheim 3 gegen Werder Bremen. Und Hoffenheim 2 gegen Eintracht Frankfurt.
Bochum hat seit Dieter Heckings Debüt 8 Tore in 11 Spielen erzielt. Davon 3 in den 15 völlig wahnsinnigen Minuten beim Dosenklub. Und eines in der Nachspielzeit gegen Leverkusen. So sehr man es loben kann, dass Hecking die Mannschaft defensiv stabilisiert hat... Offensiv sind 4 Tore in 9 Spielen einfach viel zu wenig.

Das ist vor allem gut für die DFL. Schließlich können sie da beruhigter ihr Urteil im Fall Union Berlin fällen, ohne auf den Abstiegskampf wirklich Einfluss zu nehmen.

Gut, eigentlich ist es schlecht für die DFL, denn es verdeutlicht, wie chancenlos die Kellerkinder mittlerweile sind.