Montag, 25. März 2024

Das traurigste ist ja, dass sich der Hass jetzt so offenbart.

 Das alles ohne irgendwelche Hemmungen. Und immer auf Kosten von Minderheiten oder fremden Menschen. Wir sind halt als Nation anscheinend doch homophobe und fremdenfeindliche Arschlöcher. Wer hätte das gedacht?

Wobei man hier natürlich sachlich einschieben muss, dass der sehr laute Teil der Gesellschaft sich jetzt öffentlich demaskiert und als homophobes und ausländerfeindliche Arschlöcher outen. So funktioniert das Internet halt: Es ist ein Katalysator für Hass und alles Schlechte in der Welt. 

Meine beiden "Lieblingsmemes" sind ja folgende: Die Aufstellung der 90er-Mannschaft mit dem Spruch: Das war noch eine richtige deutsche Mannschaft mit deutschen Trikots. Und erfolgreich... obwohl Bodo Illgner ein Trikot getragen hat, welches überraschend dicht am aktuellen Design ist. Andere haben dasselbe Bild, mit Zoom auf den Torhüter, genutzt, um darauf hinzuweisen, dass man "in solchen Trikot" durchaus Weltmeister werden kann.

Das 2. besteht aus dem guten Arier mit griesgrämigen Blick und dem Spruch "Von der 50er bis in die 90er". Daneben dann der Schönling, der sich im pinken Trikot die Haare macht, mit einem "... und heute."

Das zeigt auch einfach nur, wie dumm diese Menschen sind. Und das ist keine Übertreibung. Nehmen wir mal die 72er-Nationalmannschaft, die in diesem Bild zu den "guten Ariern" gezählt wird. Und das ist keine willkürliche Auswahl, weil sie von einigen als "die beste deutsche Nationalmannschaft aller Zeiten" betitelt wird. Noch besser, als die 74er-Weltmeisterelf. Was nebenbei beweist, dass es definitiv die erfolgreichste Generation war. 

Aber die 72er-Elf soll noch besser gewesen sein, weil sie den wesentlich schöneren Fußball gespielt haben. Denn die 74er haben sich durchs Turnier gequält. Sie haben gegen die DDR verloren und unterwegs den Trainer entmachtet. Und sie haben gegen bessere Holländer gewonnen. Mit anderen Worten: Sie waren so richtig Deutsch. Aber die 72er-Mannschaft war auf einem anderen Level. Die verzauberten die Fans und den Gegner.

Angeführt wurde sie von Franz Beckenbauer. Den nannte man nicht "den Kaiser", weil er so rustikal zu Werke ging, sondern weil er mit einer einzigartigen Eleganz und Gelassenheit die Außenrisspässe zelebrierte.

Man hatte Günter Netzer im Mittelfeld. Ein Rebell. Eine Stilikone. Der Mann hat nebenbei "Lover's Lane" als Nachtklub betrieben und dicke Schlitten gefahren.

Man hatte den fukking Afro von Paul Breitner. Das waren alles Schönspieler und Stilikonen. Hätte es damals schon sozialen Netzwerke gegeben, wären sie nach jedem Spiel "Schwuchteln" beschimpft worden. Bei einem Sieg durch die gegnerischen Fans... und bei einer Niederlage halt von den eigenen.

Nehmen wir als Nächstes die wehende blonde Mähne, mit der Jürgen Klinsmann die Niederländer durcheinanderwirbelte. "Damals" war genau dieser Haarschnitt halt der neuste Scheiß, deswegen haben die Fußballer sie getragen. Oder es war der heiße Scheiß, weil die Fußballer so aufliefen. Aber auch Klinsmann trug eben nicht den militärisch korrekten 3 mm Schnitt. Und auch der wird sich bewusst dafür entschieden haben, die Haare genau so zu tragen und er wird sie entsprechend gepflegt haben. Nur haben wir uns halt als Gesellschaft weiterentwickelt. Damit sind die rebellischen Haare von damals nichts Besonderes mehr. Das verdeutlicht sich ja nirgends so gut, wie an dem Pilzkopf, den Netzer damals getragen hat. Als Anlehnung an die Beatles, falls das nicht offensichtlich ist. Dass das "damals" als "obszön" gilt, kann man anscheinend niemanden mehr erklären, denn selbst die Leute, die dabei waren, haben es mittlerweile vergessen. Mich würde es ja wirklich freuen, wenn zum Beispiel ein Uli Hoeneß da mal auf den Tisch hauen würde und für alle deutlich feststellt, dass auch die angeblich guten Generationen teilweise aus Rebellen und Stilikonen bestand.

Das ist nebenbei das wirklich faszinierende: Es wird entweder darüber gejammert, dass es keine echten Charaktere mehr gibt und alles so weichgespült wirkt. Die Aussagen werden vom Berater diktiert, alle spielen denselben Stiefel und keiner traut sich mehr was. 5 Minuten später regen sich wahrscheinlich dieselben Menschen darüber auf, dass Fußballer mit bunten Haarschnitten und Tätowierungen ihren Charakter zum Ausdruck bringen. Und wir lachen über das Kurzzeitgedächtnis von Goldfischen...

Die aktuelle Generation an Fußballnationalspielern hat ein einziges Problem: Sie haben 3 Turniere infolge kein einziges K.O. Spiel gewonnen. Eine derart desaströse Bilanz hat es noch nie gegeben. Also um das mal festzuhalten: Die warten seit dem 2.7.2016 auf einen Sieg in der K.O. Phase. Selbst "damals" brauchte man das Elfmeterschießen, statistisch gesehen war das ein Unentschieden... Und ja, ich ignoriere den Confed Cup, weil selbst die Fifa eingesehen hat, dass dieses Turnier belanglos ist.

Die nächste Chance zum Ausmerzen diese Scharte, gibt es planmäßig am 29.06.. Wenn die Humor haben, werden sie "nur" Dritter in der Gruppe und spielen dann am 2.7. gegen den Sieger der Gruppe E. Dann wären es auf den Tag genau 8 Jahre. 2922 Tage. Das hat es in der Nachkriegszeit noch nie gegeben. Also seit wir den Fußball als Kriegsersatzdroge gefunden haben.

Nur deswegen wird die deutsche Mannschaft jetzt für jeden Scheiß angefeindet. Wenn die erfolgreich spielen würden, wäre allen alles egal. Jetzt wird ihnen vorgeworfen, dass sie sich aufs Spielen konzentrieren sollten, anstatt ständig politische Nebenkriegsschauplätze aufzumachen... so als hätten die Spieler dieses Trikot designt. Die Idioten sind es, die hier den Nebenkriegsschauplatz aufmacht, weil ihr politische Bedeutung sucht, wo es keine gibt. Und weil sie sich durch pinke Trikots in eurer Männlichkeit bedroht fühlen.

Der letzte faszinierende Nachtrag für mich ist ja, dass bei diesem ganze "erfolgreiche Ariermannschaften" Gelaber die 2014er-Generation komplett außen vor gelassen werden muss. Und das, obwohl sie eine der erfolgreichsten Generationen aller Zeiten war. Die haben 5 Turniere infolge mindestens im Halbfinale gestanden. Von der Heim-WM 2006 bis zum Titel 2014. Diese Bilanz kann sich mit den 70er Jahren vergleichen. Und die Mannschaft stand für ein neues, modernes Deutschland. Und sie beweist halt nebenbei, dass die ganzen "Migranten" eben nicht das Problem sind. Man kann mit Podolski, Klose, Boateng, Khedira, Gomez, Mustafi und Özil erfolgreichen Fußball spielen.

Die sind nicht das Problem, Oliver Bierhoff war es eher. Und der Fakt, dass die Nationalmannschaft allgemein schlecht gemanagt wird... und das, wohl sie doch ausschließlich von alten, richtig deutschen Männern gemanagt wird. 

Random Fun Fact: Die 2014er-Weltmeister hatten mehr Spieler, die nicht in Deutschland geboren wurden (Klose und Podolski halt), als die aktuelle Generation... Denn selbst Jamal Musiala, der zur Hälfte Engländer ist, wurde in Stuttgart geboren. Und falls das nächste Mal jemand mit einem "Danke Merkel" um die Ecke kommt, weist bitte darauf hin, dass die Eltern der aktuellen (und auch der U-19 Europameister Mannschaft) Generation lange vor Merkel eingewandert ist. Und dass all diese Spieler auf deutschen Boden geboren wurden.

Dass die deutsche Nationalmannschaft nicht mehr so arisch aussieht, wie in den 90ern und vorher, liegt halt an der fortschreitenden Globalisierung. "Wir" haben halt von den zahllosen Gastarbeitern, die wir ins Land geholt haben, profitiert. Ein nicht unwesentlicher Teil unseres Reichtums basiert auf diesen billigeren Arbeitskräften. Teilweise bis heute, denn guckt mal auf die Spargelfelder oder in die private Altenpflege. Ein Sohn italienischer Gastarbeiter hat uns das schon 1992 vorgerechnet... Aber "wir" dachten anscheinend wirklich, dass "die" dann nach getaner Arbeit wieder nach Hause gehen, und nicht, dass die hier Familien gründen. Was erlauben die sich? Das war so nicht abgemacht! Aber genau deswegen ist "unsere Nationalmannschaft" jetzt so "bunt". Das ist einfach nur eine logische Konsequenz aus der gesellschaftlichen Entwicklung der letzten 50 Jahre.

1 Kommentar:

  1. Man kann ihn aus anderen Gründen wie der Unterstützung eines Diktators kritisch sehen, aber da muss ich spontan an Özils Aussage denken: ""Für Grindel bin ich Deutscher, wenn wir gewinnen, aber Einwanderer, wenn wir verlieren"

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