Montag, 16. Januar 2017

Das ist mir doch alles zu konstruiert.

Und zu weit weg von den Fakten vor Ort.

Das waren die beiden Vorwürfe nach meinem Prognose zum Stadionausbau. Und gerade zum ersten Kommentar kann ich nur sagen: Stimmt. Ich mache mir kritische Gedanken zu den Konstruktionsplänen in Leipzig... Die auch noch in der Frühphase sind. Und bei denen der Architekt komplett ignoriert wird. Natürlich ist das konstruiert. Vor allem habe ich aber halt das Gefühl, dass sich viel zu wenige Gedanken über die eventuell aufkommenden Probleme machen und das ganze auf der "Wird schon funktionieren" Basis entscheiden. Im wesentlichen hoffe ich ja wirklich darauf, dass ich von der Wirklichkeit widerlegt werde, denn das wäre für alle Beteiligten das Beste.

Aber bevor wir zu den angebliche fehlenden Fakten kommen: Ich habe meine Meinung zum Stadionumbau seit November (also als ich das erste Mal über dieses Thema mit Freunden diskutiert habe) komplett auf den Kopf gestellt. "Damals" hab ich noch gesagt, dass ein Stadionneubau völlig übertrieben ist. Ein Ausbau auf 50.000+ Zuschauer reicht vollkommen. So schnell kann RB gar nicht so groß werden, dass sie mehr brauchen.

Was habe ich seit dem gemacht? Ich habe mich mit den Menschen unterhalten. Also Menschen, die selber gar nicht zum Spiel gehen, sondern entweder auf der Ecke wohnen oder beruflich da zu tun haben. Die haben mir gesagt: "Mit 43.000 Leuten geht das noch... aber wenn das mehr werden... Ziehen wir um."

Und genau die Leute haben mir auch gesagt, dass es jetzt schon ein absolutes Chaos ist, wenn man da auf nen Samstagnachmittag durch will und die Jahnallee gesperrt ist. Als Fußballfan stört einem das nicht so, weil die ja alles für einen absperren. Genau so wenig wie es einem an nem Rosenmontagsumzug oder bei ner Pegida Demo stört, wenn man da als Teilnehmer mitmacht. Da denkt man halt relativ selten dran. Und wie sehr dein Umfeld durch solche Events eingeschränkt wird, kriegst du erst mit, wenn man selber als Privatperson diese Events kreuzt.

Das nächste Problem, was halt auch keiner bedenken will: Ab nächster Saison werden da Spiele um 20:45 angepfiffen. Wochentags. Da kollidiert das Park and Ride System dann mit Ruhestörungen. Wir reden quasi davon, dass SO WAS gefühlt alle 14 Tage passiert. Und ja, für den Fußballfan in mir ist das wunderschön. (Random Thought: Warum hat den Glasgow Rangers Fans niemand gesagt, dass man RB boykottieren muss?) Ich bin aber nicht sicher, ob ich das regelmäßig am Dienstag und Mittwoch Nacht vor meiner Haustür haben will, wenn ich um 6:30 aufstehen muss...

Und ja, diejenigen, mit denen ich noch nicht drüber gesprochen habe, sind die Stadträte. Aber hey, wenn ich (was frühestens in März der Fall sein wird) mal die Zeit habe zu ner Öffentlichen Sitzung zu gehen, werde ich genau das machen: Die mal fragen, ob sie eigentlich nen Plan haben, wie die Verkehrssituation an einem Mittwoch um 11 Uhr gelöst werden soll. Weil es mich selbst halt auch wirklich interessiert.

Nebenbei habe ich auch bewusst nicht angesprochen, wie An- und Abreise mit Autos geregelt wird. Ich würde halt nie auf die Idee kommen zu so einem Event mit nem Auto zu fahren. Deswegen kann ich mich auch nicht annähernd dazu äußern, ob die Situation in Leipzig da vergleichbar mit anderen Stadien ist. Und wie gut oder schlecht man da mit nem Auto hin und weg kommt.
Mein persönlicher Anreisetipp ist nebenbei: Nehmt nen Fahrrad und parkt das an der Sportwissenschaftlichen Fakultät. Aber das nur so am Rande.


Aber kommen wir mal zu den ominösen Fakten. Die sind, wenn man sich die 3 anstehenden Stadionprojekte anguckt, sogar recht einfach.
In Leipzig soll die RB Arena mitten im Zentrum auf 57.000 Mann ausgebaut werden.
In Freiburg soll das neue Stadion in unmittelbarer Nähe zum Flugplatz gebaut werden. Flughäfen sind normaler Weise (auch wenn ich garantiert nicht er einzige bin, der nicht mal wusste, das Freiburg überhaupt einen hat) die Orte, die relativ weit abseits liegen (wegen der Lärmbelästigung) und die gut ans öffentliche Verkehrssystem angeschlossen sind (mit einer eigenen S-Bahn Linie). Also in Leipzig ist letzteres auf jeden Fall gegeben, über die Lärmbelästigung der Anwohner nach dem Ausbau zum Drehkreuz der DHL wird noch gestritten...
Oder sie setzen doch das Konzept an der Messe um, aber auch Messegelände haben meistens die Eigenschaft, dass sie gut vernetzt sind.
Und zu guter Letzt will die Hertha ein Stadion bauen, das hauptsächlich schneller fertig wird als deren Flughafen... Obwohl sie gerade erst ganz am Anfang von der Planung stehen. Was aber bei dieser Planung sehr interessant ist: Die überlegen nach Brandenburg zu ziehen. Und wenn ihr euch den Artikel durchlest, wird euch der eine Absatz auffallen, in dem es schon jetzt um die Planung der Haltestellenanbindungen geht. Das ist dort quasi eines der ersten Dinge, die geklärt werden müssen. Und wir reden von Berlin, die gerade den Bau eins Flughafens so absolut über episch verkacken. Aber hier scheinen sie so was zu bedenken.
Vor allem natürlich, weil sie die Erfahrungswerte mit der Alten Försterei, die lediglich über die Straßenbahn erreichbar ist, schon gesammelt haben. Und ja, in Berlin, einer der chaotischsten Städte, die ich kenne (Immer, wenn ich da bin, streiken die Bahnführer... nur so am Rande), gilt 1 Km zur S-Bahnhaltestelle bei einem Zweitligisten als "grauenvoll". GoogleMaps hat mir für Leipzig die dreifache Strecke zur nächsten S-Bahn angegeben.

Was lernen wir, wenn wir diese 3 Projekte vergleichen? Die Stadt Leipzig ist die einzige, die ein derartiges Projekt in Zentrumsnähe im Jahr 2017 genehmigt. Also sie sind sogar die einzigen, die überhaupt darüber nachdenken. Bei allen anderen gibt es da ein kategorisches "Nein!".
Man wird ja mal fragen dürfen, warum die anderen Städte sich dagegen entschieden haben... und ob deren Entscheidung nicht weise war...

Und ja, es gibt auch jetzt in der Bundesliga andere Stadion, die sehr Zentrumsnah liegen. Aber der Metropolit wird die Orte, in dem diese Stadien stehen, kaum als Stadt bezeichnen, sondern als Wohnsiedlung neben einer Automobilfabrik. Und vor allem sind diese Stadion auf 30.000 Mann ausgelegt. Das ist halt ein elementarer Unterschied.
Oder sie liegen im Ruhrgebiet, wo du halt auch einfach keinen wirklich guten Ort für ein Stadion mehr hast, weil dort alles irgendwie ein große Stadt und damit auch alles irgendwie Zentrumsnah ist. Und ja, Schalke und Dortmund sind die einfachsten Gegenbeispiele. Aber diese beiden Stadien kommen mit eigener U-Bahn-Haltestelle und Autobahnabfahrt. Vor allem: genau so müsste das ausgebaute oder neue Leipziger Stadion eigentlich auch angeschlossen werden. Das ist aber nicht machbar.
Gerade Gelsenkirchen ist ja eine Stadt, bei der man mal nachfragen könnte, wie und warum sie sich damals für einen Neubau und den Abriss des alten Parkstadions entschieden haben. Denn das ist ja genau die Entscheidung, vor der Leipzig gerade steht.

Das ist ja das, was mich so ärgert: Wir hatten ja zur WM 2006 eine riesen Ausbauwelle, die Teil des Problems ist, weil das Stadion, was im Falle eines Neubaus dann keiner mehr braucht, damals für 90 Millionen ausgebaut worden ist. Womit ja auch indirekt der Grundstein für die Gründung von RB gelegt worden ist, denn du hast dieses moderne Stadion (in unmoderner Lage), aber lauter inkompetente Vereinsführungen, die mit dem Ding nichts anfangen können.

Jetzt... könnte man aber als Stadt Leipzig 13 Jahre nach der großen Ausbauwelle mal nachfragen, wie das bei den anderen Städten so gelaufen ist. Man könnte mal versuchen, an die Berichte aus München zu kommen, wie viel die Stadt in die Infrastruktur stecken musste um die Allianz Arena anzuschließen.
Man könnte auch in diesen Städten bei den Verkehrsverbünden und der Polizei nachfragen, wie das eigentlich so läuft, wenn man jedes Wochenende 55.000 Leute abwickeln muss. Denn Fakt ist auch: Leipzig hat ziemlich wenig Erfahrung im Umgang mit so vielen Leuten auf so kleinem Raum. Andere Städte machen das seit 10 Jahren alle 14 Tage. Wir hatten dies das letzte Mal vor 50 Jahren...

Im Gegensatz zu 2004, wo wir alle ganz schnell und ganz plötzlich WM taugliche Arenen herbei zaubern mussten und jegliches zögern einem Verzicht auf die WM Teilnahme als Stadt bedeutet hätte, sind Zeit und Erfahrungswerte jetzt vorhanden. Und man könnte anhand der Erfahrungswerte planen.

Die Stadt Leipzig scheint aber halt nur den einfachen Ausweg zu suchen. Die Lösung anzuwenden, die ihnen jetzt am wenigsten Aufwand macht: Wenn das Stadion an RB verkauft ist, ist es nicht mehr unser Problem das Ding auszubauen und der Rest wird schon irgendwie werden. Nachhaltige Planungen und Entscheidungen sehen irgendwie anders aus.

Wenn ich jetzt lese, dass der Stadtrat das Stadion über die Straßenbahnhaltestellen und einem Fußweg zum Hauptbahnhof für "verkehrlich gut erschlossen" hält... Allein schon das meine Rechtschreibprüfung dieses Wort "verkehrlich" beanstandet, macht mir sorgen. Wenn du den Satz dem Bürgermeister in Gelsenkirchen vorlegst, lacht der laut. "Eure Fans sollen was? Zum Hauptbahnhof laufen? Und das nennt ihr gut?"
Und an der Stelle sage ich halt: Für 43.000 Fans mag das sogar noch stimmen. Ich habe aber das Gefühl, dass sich noch niemand Gedanken darüber gemacht hat, wie sich 15.000 zusätzliche Menschen auswirken.
Und das sollte man schon mal machen, bevor man so ein Bauvorhaben genehmigt...

5 Kommentare:

  1. Hör doch auf,
    in der DDR sind 60- 100 Tausend Menschen zum Stadion gekommen und wieder weg.
    Von den anvisierten 57K kommen dann ca. von mir geschätzt 75% aus Leipzig oder (Strassenbahn,) + S-Bahn Pendel Bereich.
    Wie dass an der Neuen Messe funktionieren soll ist mir schleierhaft....
    Die Einzigen die dort schnell hin und wegkommen sins Autofahrer aus SA oder Thüringen.
    Die sollen zum HFC oder CFC gehen. Ende Ansage.
    Im RBFan Forum wurde das ausgiebig mir Argumenten untermauert diskutiert.
    Kann jeder den dass interessiert dort Seitenlang nachlesen.
    Ein Blogeintrag ist dazu viel zu kurz.

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  2. Link Pls, weil ich wirklich an einer Debatte interessiert bin... Und ja, früher war alles besser.

    Oh und das "die ganzen Wichser sollen sich doch woanders hingehen" (überspitzt, du hast Wichser nicht gesagt, sondern "Fremde" gemeint) Argumentation klingt verdammt nach... nun ja... Traditionsfans... Wir wollen euch halt nicht, dieser Verein ist nur für die echten Fans, die von Anfang an dabei waren... Wenn das wirklich stimmen würde, müssten wir die gesamte Debatte nicht führen, denn dann würden 43.000 dicke reichen.

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  3. Wenn man der Word Rechtschreibprüfung mehr vertraut als dem Duden, sollte man dies ggf. nicht an die große Glocke hängen...
    http://www.duden.de/rechtschreibung/verkehrlich

    Zum Vergleich mit der Entscheidung zum Parkstadion:
    Das war damals ja mitnichten ähnlich gelagert. Das Parkstadion war alt und ohne Dach, wenig zeitgemäß, dazu musste kein Gebiet neu erschlossen werden, da die Arena ja gleich nebenan gebaut wurde, eben dies wäre bei einem Neubau irgendwo am Flughafen oder so aber zwingend nötig. Viel mehr dürfte es für die Stadt Gelsenkirchen eine gewichtige Rolle gespielt haben, dass sich der Ort des Stadions nicht veränderte.

    Zu Freiburg:
    Das Stadion ist eh kleiner und daher kaum vergleichbar

    Zu Hertha:
    Der Link ist falsch:
    http://www.tagesspiegel.de/berlin/neues-stadion-fuer-hertha-bsc-die-hertha-will-ein-neues-zuhause/14884802.html
    Nehmen wir mal den und schauen auf die Fakten: Und da steht, dass eine S-Bahn Anbindung absolut notwendig ist und diese jedoch quasi nur am alten Standort (Maifeld) wirklich möglich wäre. Gerade eine Anbindung über Regionalbahnen (diese vergleichbar mit dem MDV S-Bahn Netz) wird als nicht leistungsfähig genug eingeschätzt. Was im Umkehrschluss bedeutet, dass dies in Leipzig extrem problematisch wäre.

    Zur Alten Försterei:
    Die Entfernung von der S-Bahn zur Alten Försterei ist über einen Kilometer, in Leipzig liegen Markt (2,3) oder Hbf (2,5) mitnichten die dreifache Strecke entfernt, sondern eher die doppelte. Abgesehen davon wird der Weg besonders deswegen als „grauenvoll“ charakterisiert, weil er durch den Wald führt, in Leipzig kann man aber vom Markt oder Hbf auf vielen verschiedenen gut ausgebauten Haupt- und Nebenstraßen zum Stadion laufen.

    Stadionausbau allgemein:
    Man könnte bspw. noch anführen, dass Barca ebenfalls ein bestehendes Stadion ausbauen will, umhin ebenfalls ein Innenstadtstadion.

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  4. WER WOHNT IM WALDSTRASSENVIERTEL SCHON LÄNGER, ALS DAS STADION STEHT? Wer dort weg will, sollte in das neue Viertel hinterm Bahnhof ziehen- vielleicht baut Leipzig einen neuen Bahnhof...

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