Mittwoch, 12. Oktober 2022

Diese Entlassung tut richtig weh.

 Also allein schon, weil Armin Veh damit weiterhin Stuttgarts erfolgreichste Trainer der Moderne bleibt. (Und ja, Felix Magath war nie ein moderner Trainer). 2 Tage hätte Pellegrino Matarazzo noch im Amt halten müssen, damit er Veh überholt. Aber die Gefahr, dass man gegen Bochum gewinnt, obwohl sich eigentlich nichts geändert hat und man den dann noch 2 weitere Wochen behalten "muss", war halt zu groß.

Aber Materazzo brachte eine dringend benötigte Stabilität in den Verein. Er war der erste Trainer seit Bruno Labbadia, der länger als 2 Jahre oder deutlich mehr als 50 Spiele im Amt war. Labbadia wurde 2013 entlassen. Danach gab es laut Transfermarkt.de mit Interimslösungen 7 Trainer in 6 Jahren. Und keiner von denen erlebte mehr als eine Saisonvorbereitung. Also selbst Hannes Wolf übernahm mitten in der 2016/17er-Saison und musste im Januar 2018 wieder gehen. Aber der erlebte wenigstens 2 Winterpausen.

Da ist es auch kein Wunder, dass Matarazzo den Verein in der 2. Liga vorgefunden hat. Aber das war halt ein richtiger Glücksgriff. Also vor allem, wenn man bedenkt, dass er keinesfalls eine "sichere Anlage" war, sondern eher aus der Thomas Schneider, Alex Zorniger, Jürgen Kramny oder eben Hannes Wolf Kategorie kommt: Der VfB hat es seit Labbadia so oft mit nachgewiesenen Jugendtrainern versucht, dass man nicht zwingend erwarten konnte, dass sie weiterhin auf diese Karte setzen.

Materazzo führte den Verein zurück in die Bundesliga und dort souverän auf Platz 9. Er gab dem Verein eine klare Spielphilosophie und passte perfekt zu den von Sven Mislintat gescouteten Spielern. So erwirtschafteten die beiden während der Pandemie ein Transfer plus von 52 Millionen Euro. Für dieses Geld bekamen sie aber einen dramatischen Abstiegskampf bis zur allerletzten Sekunde... den man aber wenigstens auf das Verletzungspech schieben konnte, mit einem fitten Sasa Kalajdzic wäre ihnen das nie passiert.

Jetzt ist der Kader weitestgehend fit, steckt aber wieder ganz tief in der Scheiße, weil man den 2. großen Aderlass in Folge nicht verkraften kann. Da kommt dann selbst ein Materazzo an seine Grenzen. Aber man muss da nochmal festhalten: Dass Stuttgart selbst als Tabellenfünfzehnter noch Spieler im Wert von 38 Millionen verkaufen kann, sagt viel über die Arbeit des Duos Materazzo/Mislintat aus. Dass sie dies aber auch musste, ist dann bezeichnend für die Leute, die da vorher gewirtschaftet haben.

Irgendwann hat man auch keine andere Option mehr, als den Trainer zu entlassen. Und nach 1 1/2 Jahren im permanenten Abstiegskampf ist dieses "irgendwann" dann jetzt. Das ist einerseits richtig, andererseits auch richtig schlecht. Denn zunächst mal muss man für den kurzfristigen Effekt einen besseren Trainer finden, damit man die Klasse hält. Und danach muss man darauf hoffen, dass es nicht nur ein "Dead Coach Bounce" wird, sondern man tatsächlich auch einen ähnlich guten Trainer gefunden hat. Sonst droht einem wieder die "Jede Sommervorbereitung macht ein Neuer" Spirale, die langfristig in der 2. Liga enden muss.

Und auf der anderen Seite sind sich alle nach wie vor einig, dass Materazzo ein guter Trainer bleibt. Den spült man jetzt in den Arbeitsmarkt. Und ganz sachlich betrachtet, wird er jetzt überall im Gespräch sein, wo Thomas Tuchel ablehnt. Also falls ich nicht irgendjemanden übersehe, ist er die Nummer 3 der arbeitslosen deutschen Trainer. Deutlich vor Domenico Tedesco. Aber knapp hinter Peter Neururer. Adi Hütter dürfte nach seiner Leistung in Frankfurt noch genügend Kredit haben, dass er in einer ähnlichen Kategorie angesiedelt wird.

Das bedeutet halt auch, dass Materazzo im Sommer zur Konkurrenz wechseln wird. Also der wird definitiv ein gutes Angebot von einem ordentlichen Bundesligisten bekommen. Und das sind wiederum schlechte Nachrichten für Niko Kovac, der wahrscheinlich gerade der schlechteste Trainer bei einem halbwegs ordentlichen Verein ist. Noch schlimmer für den VfB wäre es ja, wenn er sich von Schalkes Mythos locken lässt und nach Gelsenkirchen locken lässt. Also zu einem auch auf längere Sicht direkten Konkurrenten für die Stuttgarter: Eine Mannschaft, die auch auf einen sicheren Mittelfeldplatz hofft. Um die Saisonziele optimistisch auszudrücken.

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