Montag, 20. April 2020

Re-Worst Of: Die Fußballweltmeisterschaft 1994

Was soll's ich fange das einfach an. Teil 1.

Also ich überlege seit einigen Tagen, wie man diesen Blog in diesen Zeiten füllen kann, ohne nur schlechte Stimmung zu verbreiten. Dabei hatte ich eine Serie im Hinterkopf, die so gar nichts mit Sport zu tun hat, auf die ich aber vielleicht trotzdem zurück komme. It might be fun. Und dann schlug mir Youtube dieses Video vor


und ich dachte: Warum eigentlich nicht. Ein ReWorst Of könnte unterhaltsam werden. Also allein schon beim schreiben.

Und wir nehmen die WM 1994 als Testlauf... weil es das erste Turnier ist, an welches ich wenigstens grobe Erinnerungen habe, die man teilen kann. Auch wenn irgendwo noch Bilder von dem Finalsieg Dänemarks aus dem Jahr 1992 gibt.
Aber woher die kommen. 94 sind die Bilder irgendwie etwas klarer. Das bringt mich dann direkt zur Kategorie 1.:

Wie habe ich es so gesehen? Das war damals halt noch um einiges komplizierter. Vor allem, weil ich die Sommerferien, in die das WM Finale halt fiel, traditionell auf einem Campingplatz auf Rügen verbrachte. Und weil das so lange her ist, dass damals nicht jeder 2. Wohnwagen ein Fernsehempfangsgerät hatte... weil es auch so richtig kaum Wohnwagen gab. Das war die Zeit vor dem Luxuscampen mit Stromanschluss... es dürfte aber schon die Zeit nach den Plumpsklos gewesen sein...
Dazu war diese Weltmeisterschaft halt in den USA und lief halt zu eher ungünstigen Zeiten. Aber es war halt WM Finale, da gibt es halt nichts.
Also fuhren wir zum nächstbesten Campingplatz, wo unsere Strandfreunde ihren Wohnwagen und eine Fernsehantenne hatten. Grillen und ein gesamtes Fußballspiel live sehen. Inklusive Verlängerung. Und all das für ein Finale, in dem so richtig nichts passierte. Dafür gab es eine nicht eingeplante Verlängerung und ein Elfmeterschießen. Bei dem dann Roberto Baggio den Ball Richtung Amerikanischen Sternenhimmel jagte... Einer dieser "Den Ball suchen sie heute noch" Fehltritte. Oder wie meine Generation das nennt: Kick it like Beckham. Und hinterher ging es im Dunkeln mit Fahrrädern durch den Wald.

Wie dumm hat sich Deutschland angestellt? Ich bin halt aus dem Alter, in dem die Deutsche Nationalmannschaft sich regelmäßig bei Turnieren... sagen wir es so... ungünstig präsentiert hat. Franz Beckenbauer sagte ja nach dem WM Titel 1990 den legendären Satz, dass die Deutschen auf Jahre unschlagbar sein würden... aber dann kam halt Berti Vogts. Und wir Deutschen haben halt die Angewohnheit irgendwelche Deppen zum Nationaltrainer zu befördern und dann Ewigkeiten an den festzuhalten. Es ist eigentlich unfassbar, wie erfolgreich die Deutsche Nationalmannschaft war und ist, wenn man sich die Resümees der verantwortlichen Trainer jenseits ihrer Tätigkeit für den DFB anguckt... Also rein logisch gesehen war Erich Ribbeck der qualifizierteste Nationaltrainer der letzten 50 Jahre. Alle anderen sind irgendwie in diesen Job hineingestolpert... Aber alles zu seiner Zeit.
Jedenfalls hatte Berti Vogts das Problem, dass er noch an zu vielen Weltmeistern fest hielt und den nötigen Umbruch verweigerte. Das verdeutlichte sich am ehesten an der Personalie Bodo Illgner, der einem Andreas Köpke vorgezogen worden ist. Das Ergebnis: Bulgarien, also eine dieser Nationen, die wir vor Vogts in Badelatschen besiegt haben, warf uns im Viertelfinale raus... Unter anderem weil wir den auch damals schon kleinen Thomas Hässler in ein Kopfballduell mit dem damals schon Halbglatze tragenden Jordan Letchkov schickte. Hätte man kommen sehen können. Ich bin mir nebenbei echt nicht sicher, ob ich das Bulgarien Spiel damals auch Live gesehen habe, oder ob ich die Szene danach so oft gesehen habe, dass ich glaube sie Live gesehen zu haben.
Aber das war ja noch nicht mal die schlimmste Vorstellung. Denn bei diesen Turnier verdiente sich ein Stefan Effenberg den Spitznahmen "Stinkefinger", weil er sich entsprechend von dem amerikanischen Publikum in Dallas verabschiedete. Aber immerhin reichte es damals noch gerade so für Südkorea... immerhin etwas. A propos Dallas:

Interessante Storylines: Einer der faszinierendsten Geschichten war praktisch das Klima. Denn die USA sind, große Überraschung, verdammt groß. Und es machte einen riesigen Unterschied, ob man in Dallas bei extreme Hitze spielt, oder in Chicago bei halbwegs angenehmen Temperaturen spielte.
Also um das vielleicht etwas zu verdeutlichen... die Verhältnisse in Texas im Sommer sind ungefähr so angenehm, wie die im Katar... wo man ja offensichtlich keine WM im Sommer spielen kann, weil es da zu heiß ist. Das ganze wird dann 2026 auf die Spitze getrieben, wenn die WM in Mexiko (wo es schon legendäre Hitzeschlachten gab) und Canada ausgetragen werden soll. Also ja, theoretisch müsste die WM 2026 im Sommer und im Winter ausgetragen werden... Oder die Mexikaner bauen sich klimatisierte Hallen, wie sie in den USA schon reihenweise stehen. Hier ist das lustige: Wenn sie da im Katar drüber nachdenken, sagen alle "Was für eine Dekadenz"... dass die Amerikaner aber immer die Könige im Bauen dekadenter Stadien waren... und versteht mich nicht falsch, ich durfte mal in einer der relativ alten Multifunktionsarenen Fußball spielen. Die Amis beherrschen das Stadion bauen richtig gut. Und im Gegensatz zu sagen wir Brasilien werden die Stadien da hinterher auch nicht verkommen. Aber ich werde es halt nie verstehen, warum man es als verwerflich betrachtete, wenn Ölscheiche sich ähnliche Arenen bauen wollen... Weiter im Text.

Der erste große Auftritt: Diese Kategorie fiel mir direkt ein, als ich einen Blutjungen Ronaldo im Finale durchs Bild hüpfen sah. Denn eine WM ist ja immer die Gelegenheit für aufstrebende Stars sich der Welt zu präsentieren... oder ihre ersten Gehversuche als Ergänzungsspieler zu  machen und Erfahrungen zu sammeln... Und ja, der darf sich technisch gesehen Doppelweltmeister nennen. Und hatte drum herum alle Möglichkeiten den Fußball in Europa zu prägen, Aber am Ende reichte es "nur" zum Uefa Cup Titel... Aber er war halt in Brasiliens dominantester Zeit ihr bester Mittelstürmer. Umgeben von noch besseren Spielern. Und so wurde er Rekordtorschütze und Doppelweltmeister... blieb aber irgendwie auch ein unvollendetes Versprechen. Ich persönlich bezeichnete ihn als "Schlechtesten Weltklassestürmer aller Zeiten." Aber 94 tauchte sein Name das erste Mal auf. Allerdings nicht nur seiner.
Ein gewisser Henrik Larsson spielte ebenfalls sein erstes Turnier und landete mit Schweden auf einem nie wieder erreichten Dritten Platz. Larsson ist so was wie der Anti-Ronaldo. Oder der Anti-Ibrahimovic. Er spielte persönlich nie in der vordersten Front der Superstars mit. Unter anderem weil er seine besten Jahre bei Celtic Glasgow verbrachte. Aber seine Vereine erreichten trotzdem ungewöhnliche Höhen. Und am Ende stehen da so viele Titel in seiner Vita, dass ein verlorenes Uefa Cup Finale mit Celtic 2003 nicht mal mehr aufgeführt wird. Obwohl er in dem Finale doppelt traf... An sonsten wurde er überall Meister... außer in Schweden. Spielte einen absolut genialen Pass in einem Champions League Finale. Und wurde als Schwede für seine Leistungen in Schottland zum "Member of the British Empire"... Trotzdem dürfte er auf keiner Bestenliste auftauchen...
An sonsten muss noch dringend Cafu erwähnt werden, der als einziger Spieler in 3 WM Finalen auf dem Platz stand. Das "Problem" bei Cafu: hatte zu dem Zeitpunkt schon 2 Mal den Weltpokal und die Copa Libertadores gewonnen... der war quasi praktisch damals schon "alt"... Und seit 4 Jahren Nationalspieler. Aber den einem oder anderen Europäer dürfte er trotzdem bei diesem Turnier gesehen haben.

Das letzte große Hurra: Auf der Gegenseite sieht man bei solchen Turnieren jede Menge alternde Stars, die sich ein letztes Mal auf der ganz großen Bühne präsentieren... Wo einem dann auffällt, dass ihre ganz große Zeit irgendwie vorbei ist. Bei 1994 denkt man da natürlich an Diego Maradona. Schließlich endete seine internationale Karriere abrupt während des Turniers wegen eines positiven Dopingtestes. Maradona dürfte echt der einzige Fußballer der Geschichte sein, der während eines Turniers mit einen positiven Dopingtest aufgefallen ist. Gerade wo uns Fußballern Doping doch so was von egal ist. Aber ausgerechnet bei Maradona hat man wirklich mal auf so einen Test geguckt und die Bestrafung dann auch noch durchgezogen... Was halt faszinierend ist, weil Fußball halt sonst so lasche Dopingkontrollen hat, dass es eigentlich unmöglich ist aufzufliegen... ich meine, weil wir uns ja alle einig sind, dass Doping im Fußball gar nichts bring und es dementsprechend auch unnötig ist einen gedopten Weltstar zu sperren...

Mein persönliches Fazit: Seltsam. Also einerseits ist das WM Finale 1994 eines der ersten Spiele, an das ich mich erinnern kann. Von denen ich weiß, wo ich das gesehen habe. Gleichzeitig war das Interesse meines Vaters an diesem Spiel wahrscheinlich größer als mein eigenes. Es war definitv das letzte Finale bei einem großem Turnier, bei dem es mir egal war, wer gewinnt. Aber geguckt werden musste es natürlich trotzdem... Was halt seit dem auch nicht mehr verhandelbar ist.

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