Zeit für eine neue Serie... Vielleicht fällt ja noch irgendjemand ein besserer Name ein...
Wir sind uns ja alle einig, dass die klassischen Positionsbeschreibungen im Fußball völlig veraltet und unangebracht sind. Weil sie das, was auf dem Fußballplatz passiert, in keinster Weise abdecken.
Was die ganze Sache noch viel schlimmer macht: Es gibt gefühlt tausend unterschiedliche Interpretationen derselben Position. Da muss mal dringend jemand für Ordnung sorgen. Fangen wir also an.
Mit einem direkten Mea Culpa Martin Harnik. In Diskussionen über Diskussionen über meine Gedankengänge (Das sind mal Metaebenen) wurde mir bewusst, dass ich den Hannoveraner in die Marius Ebbers (Positionsbeschreibung folgt) Kategorie geschoben habe. Also ein Zweitligastürmer, der nach einer überragenden Saison aufsteigt, in der Bundesliga einfach überfordert ist. Das war nie meine Absicht.
Martin Harnik ist schon ein etablierter Bundesligaspieler. Seine Leistungsdaten lassen da keinerlei Zweifel zu: 5 Jahre in Folge sammelte Harnik Scorerpunkte im zweistelligen Bereich. Das schafft man als Ebbers-Spieler gerade so in seiner gesamten Karriere. Und dann ist da noch die eine anscheinend völlig absurde Saison, in der er 17 Tore erzielte? Was war denn da los?
Nun ja, das werden wir uns genau angucken. Und daran das eigentliche Problem des Martin Harnik Angreifers Allgemein festmachen.
In dem wir erst Mal auf die 4 Saisons nach den Ausreißer nach oben gucken.
Dass ist dann die Phase, in der es für den VfB konstant bergab ging. Bis man, wie jeder wissen sollte, in der 2. Liga angekommen ist. Und wer lieferte (abgesehen von der dann wirklich furchtbaren letzten Saison) konstant ab: Martin Harnik.
Das Problem war halt auch: Harniks Rolle im Angriff wurde in der Zeit immer wichtiger. Und das war halt das eindeutigste Symptom dafür, dass es bergab ging...
Lasst uns bei der Gelegenheit dann endlich mal einen genaueren Blick auf die überragende Saison werfen. Die ging eigentlich ganz normal los: In der Hinrunde erzielte Harnik seine erwartbaren 5 Tore. Und dann eskalierte er mit 12 Rückrundentreffern. Man könnte jetzt natürlich behaupten: Manchmal hat man halt nen Lauf... Und das hat da bestimmt mit rein gespielt.
Bei genaueren Hingucken ist in der Winterpause allerdings was anderes passiert: Vedad Ibisevic wurde von der TSG 1899 Hoffenheim verpflichtet. Und ja, es gab eine Zeit, wo der VfB die besten Spieler des Dorfvereines abwerben konnte... quasi als Retourkutsche für all die Jugendspieler, die den anderen Weg genommen haben...
Mit Vedad Ibisevic hatte der Martin Harnik auf ein Mal den Alpha-Angreifer, um den er herum spielen konnte. Und das funktionierte ( den "Wir kommen mit der Zusatzbelastung nicht zurecht" Faktor eingerechnet... und hey, man stand in der Saison im Pokalfinale) 2 Jahre sehr sehr gut. Bis Ibisevic einen Einbruch erlitten hat..
Der Tag, an dem dies passierte (und damit Harnik zum Sturmführer werden musste) lässt sich auch ziemlich genau festmachen: Am 29.01.2013 war Ibisevic der Spieler des Spiels. Weil er gegen die Bayern ein Tor erzielte... Was damals niemand ahnen konnte: Es sollte die letzte ordentliche Leistung des Bosniers im VfB Trikot bleiben.
Während Ibisevic ein Leistungsträger für den VfB war (an dem man sich dann als Harnik orientieren konnte), standen die Schwaben noch auf den 10. Platz. Sie hatten sich 2 Jahre in Folge fürs europäische Geschäft qualifiziert und orientierten sich eher nach oben als nach unten.
Als Harnik dann den besten Angreifer gegen musste... In der Rückrundentabelle landete man schon auf dem Relegationsrang...
Während Ibisevic neben einem Salomon Kalou seine Karriere reanimierte und wieder in die Europa League einziehen durfte... weil er selber die Harnik Rolle übernommen hat.
Dies ist das wirklich faszinierende an einem Martin Harnik: Er kann ein richtig erfolgreicher und verdammt wichtiger Bundesligastürmer sein. Aber halt nur als Rollenspieler und nicht als Alphatier.
Und solche Angreifer aus der Kategorie "Martin Harnik" sind verdammt wichtig für eine Mannschaft. Denn einerseits: solange man nicht Real Madrid oder Barcelona heißt, oder einen Scheich in der Hinterhand hat, kann man es sich einfach nicht leisten nur absolute Superstars fürs die Offensive zu verpflichten.
Andererseits sind solche Rollenspieler auch im Angriff wichtig für die Balance einer Mannschaft...
Denn still und heimlich... fällt selbst ein Thomas Müller in diese Kategorie. Nur halt auf Champions League Niveau: Wenn Müller dein bester Offensivspieler ist, wirst du im internationalen Vergleich nicht sonderlich gut abschneiden. Wenn du aber richtig gute Offensivspieler durch einen Müller (die Version, die in Form ist, natürlich) ergänzen kannst, wirst du sehr häufig sehr weit kommen.
Weitere aktuelle Beispiele sind Maximilian Phillip, Yuya Osako, Fin Bartels, Lars Stindl und Stefan Kießling... Nur um an den letzten beiden mal zu verdeutlichen, dass man in dieser Rolle in der Hierarchie der Mannschaft auch noch ziemlich weit nach oben rutschen kann, wenn man sich seiner Rolle bewusst ist...
All diese Spieler machen eine Mannschaft besser, wenn sie von guten Spielern umgeben sind. Aber du willst sie nicht als bester Angreifer in deiner Mannschaft sehen... es sei denn du willst um den Abstieg mitspielen...
Und ja, diese Perspektive kannst du technisch gesehen auf jede Mannschaft der Welt bis runter zur Kreisklasse anwenden: Habe ich meinen Martin Harnik Angreifer in meinen Reihen? Und wenn ja, kann ich ihn auch richtig einsetzen, oder überfordere ich ihn vielleicht doch eher? Wenn man beide Fragen mit Ja beantworten kann, kann man sorgenfrei ins Offensivspiel gehen.
Es ist halt auch verdammt wichtig, solche Spieler zu identifizieren... und dann richtig um sie herum zu planen. Also auf 2 Ebenen: Einerseits, wenn man darüber nachdenkt, einen Angreifer zu verpflichten, der all seine Offensivprobleme lösen soll... dann wird man mit ziemlicher Sicherheit scheitern. Wenn man dagegen einen Spieler sucht, der das vorhandene Offensivpersonal geschickt ergänzt, sucht man halt genau einen Harnik.
Aktuelles Beispiel ist hier halt der 1.FC Köln, die ihren "der kann neben einem Anthony Modeste wunderbar funktionieren und bringt diesen auch zum funktionieren" Osako mit Jhon Cordoba kombinieren wollten... nur um festzustellen, dass Cordoba mit Glück und vielleicht in die Harnik Kategorie fällt... und schon bricht da alles zusammen.
Auf der anderen Seite muss man sich auch seinen eigenen Kader kritisch angucken: Wie ist meine Offensive aufgestellt? Habe ich den Fixpunkt in der Offensive bereits im Kader oder sollte ich mir da nicht doch Hilfe suchen?
Genau das hat Hannover ja überragend erkannt und gemacht: Anstatt sich zu sagen "Ach, das wird schon gut gehen, hat ja in Liga 2 auch funktioniert" hat man mit 9 Millionen Euro Ablöse richtig viel Geld in die Hand genommen (also für Hannoveranische Verhältnisse...) und sich mit Jonathas genau den Fixpunkt für seine Offensive geholt.
Da habt ihr es: Den Martin Harnik Angreifer. Ein wichtiger Baustein für eine Offensive... aber halt auch nicht mehr.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen