Donnerstag, 22. Februar 2024

Herzlich Glückwunsch, Ultras.

 Ihr habt gewonnen. Ich bin beeindruckt. Wirklich. Wenn ihr euch jetzt als Nächstes auf die Relegation stürzen würdet und diese auch abschafft, werden wir vielleicht noch Freunde.

Ich hoffe, ihr habt auch die Sneak-Preview genossen, die ihr in den letzten Wochen in der Champions League gesehen habt. Denn genau so dürfte das in Zukunft aussehen: Für die Gruppenphase reicht's noch, aber im Achtelfinale wird die Luft verdammt eng. Da gewinnt man nicht mal gegen PSV Eindhoven, einem Vertreter aus Holland!!! Wenn's um Fußball geht, hass ich Holland wie die Pest

Und klar, im Rückspiel lässt sich das alles noch drehen. Dortmund und Bayern sollten im Rückspiel definitiv favorisiert sein. Trotzdem ist es kein gutes Zeichen, dass die Bundesliga kein einziges Spiel gewinnen konnte. Vor allem gibt es wenig Hoffnung, dass das langfristig besser wird.

Aber da ich ja gerne Kontra gebe, wollte ich mal mit einem anderen Mythos aufräumen: Dass die Ultras, die die Opposition gegen die DFL organisieren, ja für "die Fans" sprechen. Der Slogan ist ja: "Der Fußball gehört den Fans". Hier ist das große Problem: Wer Fan ist und wer nicht, entscheiden die selber. Jeder, der nicht zu ihren Positionen steht, gehört einfach nicht dazu. Dass man damit 60 % aller Fans ausgrenzt, ist egal.

Fangen wir mit dem offensichtlichen Beispiel an: RB Leipzig. Dass zum ersten Mal mehr Fans in der 2. als in der 1. Liga in den Stadien waren, lag nämlich nicht an den Leipzigern. Die hatten ihre stabilen 44.000 Zuschauer, gut genug für den 4. Platz in der Wochenendtabelle. Das Problem dabei ist: Es strömen halt wöchentlich 44.000 Leute ins Stadion, die mit Investoren prinzipiell kein Problem haben. Aber das sind ja alles keine richtigen Fans, die zählen nicht.

Lasst mich da mal einen persönlichen Einschub geben: Ich diskutiere regelmäßig mit einem 1860 Ultra bei Bier über Fußball und Fankultur. Das ist ein hochintelligenter Mensch, der sich aber beim Fußball alle Sicherungen rausknallt. Der erzählt mir dann, wie schön es ist, wenn es zwischen Bayern und den 60ern aufs Maul gibt, dass das aber auch alles zivilisiert abgeht. Also dass der 1860 Fan sich gleichzeitig keine Sorgen machen muss, dass er alleine in der Bahn angegriffen wird, weil man das ja nicht macht.
Dann erklärt mir genau dieser Mensch 5 Minuten später, dass das bei RB ja keine richtigen Fans sind, weil die ja nie richtig gelitten haben...
Und ich sage dem: Du willst mir sagen, dass Leute, die von Lokisten und Chemikern durch ihre eigene Stadt gejagt wurden, weil sie einen RB-Schal trugen, nicht gelitten haben? Oder Leute, die auf Auswärtsfahrten mit Mülltonnen beworfen wurden und ins Krankenhaus mussten? Dann schluckt der 3 Mal und muss mir recht geben: Die haben schon verdammt viel durchgemacht. Dann haben wir noch 3 Bier getrunken, damit er diese Erkenntnis wieder vergessen kann.

Ich kenne als Leipziger halt RB Fans der ersten Stunde. Ich kenne Leute, die damals beim ersten Auswärtsspiel in Dortmund dabei waren und persönlich angegriffen wurden, obwohl sie eigentlich nur friedlich Fußball genießen wollten. Aber das sind ja keine Fans, die zählen nicht.

Nächstes Beispiel: Es gibt in diesem Land 9 Millionen Bayern-Fans. Auch wenn das jetzt eine reine Hochrechnung ist: Die haben definitiv die meisten in diesem Land. Denn es gibt halt verdammt viele Menschen, die hauptsächlich guten Fußball sehen wollen und deswegen Fans der erfolgreichen Mannschaften werden. Deswegen ist es ja plötzlich auch so schwierig, Karten für Bayer Leverkusen zu bekommen.
Diese 9 Millionen träumen aber auch mehr oder weniger offen vom Gewinn der Champions League. Und wenn es dafür einen externen Investor braucht... Also die Bayern-Fans haben in Bochum ein paar Tennisbälle geworfen, in der Hoffnung, dass das für einen Spielabbruch reicht, denn das wäre weniger peinlich gewesen. Aber im besten Fall kann man die Unterstützung aus diesem Lager als "zurückhaltend" beschreiben... wie die Stimmung in der Allianz-Arena halt.
Aber die haben ja keine Fans, sondern "Kunden oder besser gesagt Event Geile Erfolgsmitläufer!" Die muss man also auch rausrechnen, wenn man von allen Fans redet, die man vertritt und beschützt.

Lustigerweise würde ich selber aus der Sicht der Ultras nicht als Fußball-Fan gelten, obwohl ich seit viel zu langer Zeit viel zu lange Beiträge über Fußball verfasse und mich viel zu oft und viel zu intensiv mit der schönsten Nebensache der Welt beschäftige. Mein Ausleben dieser Passion passt aber nicht in deren sehr eng gestricktes Muster, deswegen bin ich eben kein Fan. Dabei zünde ich doch immer Bengalos, wenn ich vor dem Rechner sitze...

Spoiler: Auch wenn das für Schalke-Fans unvorstellbar ist, aber es gibt in diesem Land unfassbar viele Menschen, die einfach nur guten Fußball gucken wollen. Die sich über ein spannendes Meisterschaftsfinale freuen würden. Die Florian Wirtz solange wie möglich in der Liga sehen wollen, denn es macht einfach Spaß, dem beim Kicken zuzugucken. Auch das sind Fans. Denen gehört nach euer Logik der Sport, genauso wie er euch gehört. Niemand kann sachlich abschätzen, wie diese Menschen zu einem Investor stehen, weil die Debatte ja nur von dem extrem lauten Teil der Fans geführt wird, die extrem dagegen sind.

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