Freitag, 22. Dezember 2023

Wo der Kicker mich schon triggert

Weil der uns daran erinnert, dass da mal journalistisch hochwertige und kritische Arbeit geleistet wurde. Also vor 25 Jahren halt. Seitdem kommt da ja eher wenig bis nichts.

Aber eigentlich muss man dieses Jubiläum ja mal als Anlass nehmen, um auf die absurde Doppelmoral der Dortmund Fans hinweisen... um mich da richtig unbeliebt zu machen.

Denn die Fans einer Kommanditengesellschaft auf Aktien führen sich als die moralische Instanz und bewahrer der traditionellen Werte auf. Auch jetzt gerade wieder, wenn es um den Investor für die Bundesliga geht. Oder jedes Jahr, wenn RB Leipzig zu Gast ist. Es kann ja nicht sein, dass dieses ätzende Konstrukt und diese Werbeplattform in unserem Stadion spielen darf, dass von unseren Renditen erweitert wurde... ich meine natürlich durch unsern Schweiß und unsere Tränen.

Also wenn man wirklich die traditionellen Werte hochhalten will, dann muss man halt beim eigentlichen Sündenfall anfangen. Dann muss man sich mit dem Moment auseinandersetzen, an dem es nicht mehr nur um Fußball geht, sondern ein Produkt verkauft wird, welches Rendite verspricht. Und das ist nun mal der 31. Oktober 2000. Der Tag, an dem die Borussia Aktie an der Börse gehandelt und damit zum Spekulationsobjekt wurde.
Dieses "An der Börse gehandelt" ist auch ein entscheidender Zusatz, denn genau das geht eben beim FC Bayern nicht. Also abgesehen davon, dass die Bayern sich einfach auch etwas mehr Zeit gelassen haben. In Dortmund wurde das e.V. als erstes gestrichen.

Wobei das natürlich nur der 2. Schritt war. Denn zunächst hat die DFL ja im Jahr 1998 überhaupt die Möglichkeit erschaffen, dass auch Kapitalgesellschaften am Spielbetrieb teilnehmen können. Aber allein schon dass Dortmund als erste von dieser Möglichkeit gebraucht machten, kann darauf hinweisen, welche Rolle der Verein beim Schreiben dieser Regel gespielt hat. Die Borussia hat die Kommerzialisierung des Fußballs als Vorreiter aktiv vorangetrieben.

Widerstand im Namen der Traditionellen Werte sieht definitiv anders aus. Die Trophäen, die als Ergebnis der fortschreitenden Kommerzialisierung im Schrank stehen, werden trotzdem in Ehre gehalten. Der BvB darf das halt, weil sie zu den Guten gehören.

Jetzt muss sich de Ko.GaA halt für die weitere Kommerzialisierung einsetzen, weil man halt profitorientiert arbeiten muss. Also für die Aktienkurse. Und der einzige legitime Protest von Dortmund Fans wäre es, sich vom eigenen Verein abzuwenden und eine Dortmunder Borussia zu gründen. Oder zu Rot Weiß Essen zu gehen. Man hätte Wattenscheid retten können, indem man sich dort 30.000 Dauerkarten kauft. Oder nehmt einen Oberligisten aus Dortmund. Und dann guckt, wie weit so ein Verein alleine durch den Fan Support kommt.

Aber solange die all die Dortmund Fans weiter ins Stadion gehen, tragen sie dieses gesammte "Scheiß-System" mit. Und dann können sie nicht dagegen sein, dass andere auch mitspielen wollen. Die dürfen das nicht. Die sind böse!

Und diese ganze Verlogenheit wird gerade ja auch auf die Probe gestellt, weil ausgerechnet Dortmund, Stand 22.12.2023, von der Erweiterung der Champions League profitieren würde. Diese quasi Einführung der Superleague ist auch etwas, wo man konsequent dagegen sein müsste. Und konsequent wäre halt, dass man dann 2024 einfach nicht hingeht und die Spiele vor leeren Rängen abgehalten werden. Aber das wird nicht passieren. Man wird wieder grundlegend dagegen sein, aber für seinen eigenen "Verein" eine Ausnahme machen. Aber eigentlich müsste man hier die "Wenn wir uns über die Liga nicht qualifizieren, haben wir es nicht verdient, dabei zu sein." Schiene fahren.

Ganz ehrlich: Solange es bei unproblematischen Plakaten bleibt, habe ich da ja auch gar kein Problem mit. Aber wenn dann Menschen angegriffen werden. Also Menschen, die einfach nur friedlich Fußball gucken wollen, aber aus einer Gegend kommen, in der es das halt nicht gibt. Leipziger halt.
Und ich muss da nochmal erwähnen, dass ich Leute kenne, die damals dabei waren. Die 30 Jahre lang darauf gewartet haben, endlich mal als Fan einer Mannschaft in dieses wunderbare Stadion fahren und ein Fußballspiel genießen kann... und dann wird man mit Mülltonnen beworfen und es gibt 10 Verletzte.
Viele von denen sind danach auch einfach nicht mehr zu Auswärtsspielen gefahren, weil sei ja genau das nicht mehr wollten. Da hätten sie ja auch einfach zu Lok oder Chemie gehen können.

Also um mal diese immer wieder als Konsumenten verschmähten Fans zu vermenschlichen: Die wollen im Wesentlichen nur guten Fußball sehen. Also im Kern dasselbe, wie die Dortmund Ultras. Sie kommmen aber aus einer Stadt, in der das auf dem traditionellen Weg einfach nicht geht. Also weil die Vereinsstruktur nach der Wende so kaputt gemacht wurde, dass er Vorsprung niemals aufgeholt werden kann. Und weil die Fanszene so kaputt ist, dass man sich auch einfach nicht sicher fühlt.

Parallel zum Versagen von Lok und Chemie hat ausgerechnet Dortmund die Kommerzialsierung vorangetrieben, die es praktisch unmöglich macht, ohne extrene Investoren in die Bundesliga zu kommen. Also ja, es gibt die Ausnahmen aus Heidenheim oder Paderborn, aber die können sich halt auch nicht in der ersten Liga halten. Oh und Heidenheim hat gerade für den DFL Investor gestimmt...
Aber dass ein eingetragener Verein wie Mainz oder Freiburg sich als Stammgast in der Bundesliga etabliert, ging 2004 noch. Mittlerweile können sie sich in der Liga halten, weil sie einen extremen Vorsprung gegenüber der potenziel nachrückenden Konkurrenz haben. Und Union Berlin hat als e.V. halt trotzdem einen Investor im Hintergrund, ohne den die es nie in die Bundesliga geschafft hätten.

Und auf der dritten Ebene hat die Turbokommerzialisierung, die auch eindeutig vom BvB forciert und vorangetrieben wurde, den Sport als Werbeplattform für RB überhaupt erst interessant gemacht. Und man profitiert selber extrem von dieser Entwicklung, nachdem man sich fast die Finger verbrannt hat.
Eigentlich gibt es da nur 2 Wege: Entweder man akzeptiert, dass man als Dortmund Fan Teil der Kommerzialisierung ist und toleriert dann auch die Geister, die man rief... oder man wendet sich von dem Verein und der Bundesliga im allgemeinen ab, weil man diese Kommerzialisierung nicht länger mittragen will.
Dass die Bundesliga so durchkommerzialisiert ist, was sich auch einfach nicht mehr aufhalten lässt, ist halt auch Dortmund zu verdanken.

Aber weil Fußballfans nie rational agieren oder argumentieren, entscheiden sie sich für Option 3: Wir ignorieren all die Probleme im eigenen Umfeld und führen uns bei anderen als moralische Instanz auf.

1 Kommentar:

  1. Das ist ein sehr guter Artikel!
    Vielen Dank für deine Arbeit und ein frohes Weihnachtsfest.

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